Behindertenpauschbetrag

Das Finanzministerium hat einen Referentenentwurf zur Erhöhung der Be­hin­der­ten-Pausch­be­trä­ge und An­pas­sung wei­te­rer steu­er­li­cher Re­ge­lun­gen (Be­hin­der­ten-Pausch­be­trags­ge­setz) vorgelegt,

Nach § 33b EStG wird wegen der außergewöhnlichen Belastungen, die behinderten Menschen unmittelbar infolge der Behinderung erwachsen, ein Pauschbetrag vom Einkommen abgezogen. Für Steuerpflichtige mit einer Behinderung besteht damit die Möglichkeit anstelle eines Einzelnachweises für ihre Aufwendungen für den täglichen behinderungsbedingten Lebensbedarf einen Behinderten-Pauschbetrag zu beantragen.

Unverändert seit 45 Jahren

Die Behinderten – Pauschbeträge sind seit 1975 nicht mehr angepasst worden. Deswegen soll es jetzt nahezu eine Verdoppelung geben.

Darüber hinaus sollen verschiedene Steuervereinfachungen die Steuerpflichtigen mit einer Behinderung von Nachweispflichten und die Verwaltung von Prüfungstätigkeiten entlasten.

Zur Anpassung der Behinderten-Pauschbeträge und Steuervereinfachung sind die folgenden Maßnahmen vorgesehen:

  • die Verdopplung der Behinderten-Pauschbeträge inkl. Aktualisierung der Systematik,
  • die Einführung eines behinderungsbedingten Fahrtkosten-Pauschbetrags und
  • der Verzicht auf die zusätzlichen Anspruchsvoraussetzungen zur Gewährung eines Behinderten-Pauschbetrags bei einem Grad der Behinderung kleiner 50.

Pauschbeträge

Vorgesehen sind die Beträge:

  • bei einem Grad der Behinderung von 20      384 EUR
  • bei einem Grad der Behinderung von 30     620 EUR
  • bei einem Grad der Behinderung von 40     860 EUR
  • bei einem Grad der Behinderung von 50  1.140 EUR
  • bei einem Grad der Behinderung von 60   1.440 EUR
  • bei einem Grad der Behinderung von 70  1.780 EUR
  • bei einem Grad der Behinderung von 80  2.120 EUR
  • bei einem Grad der Behinderung von 90   2.460 EUR
  • bei einem Grad der Behinderung von 100 2.840 EUR
  • bei hilflosen und blinden Personen              7.400 EUR

GdB kleiner als 50

Derzeit wird der Pauschbetrag Steuerpflichtigenmit einem Grad der Behinderung kleinervon 50 (sog. „Minderbehinderten“) nur gewährt, wenn die Behinderung zu einer dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit geführt hat, die Behinderung auf einer typischen Berufskrankheit beruht oder dem Steuerpflichtigen wegen seiner Behinderung eine gesetzliche Rente oder Bezug zusteht. Diese Zusatzvoraussetzungen sollen ab dem Veranlagungszeitraum 2021 auch aus Gründen der Steuervereinfachung ersatzlos entfallen. Im Ergebnis können alle Steuerpflichtigen mit einem anerkannten Grad der Behinderung – unabhängig davon, ob es sich um „Minderbehinderte“oder „Schwerbehinderte“ (Grad der Behinderung mindestens 50) handelt die Gewährung eines Behinderten-Pauschbetrags beantragen, wenn ein Grad der Behinderung von mindestens 20 anerkannt wurde.

Fahrtkosten-Pauschbetrag

Anstelle des bisherigen individuellen und aufwändigen Einzelnachweises der behinderungsbedingt entstandenen Fahrtkosten wird eine Pauschbetragsregelung in Höhe der bisher geltenden Maximalbeträge eingeführt. Der Pauschbetrag beträgt

  • 900 Euro bei geh- und stehbehindertenSteuerpflichtigen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 80 oder einem Grad der Behinderung von mindestens 70 und dem Merkzeichen „G“.

Für Menschen mit einer außergewöhnlichen Gehbehinderung (Merkzeichen „aG“), Blinde (Merkzeichen„Bl“) und hilflose Menschen (Merkzeichen „H“) können nach den bisher geltenden Regelungen in den Grenzen der Angemessenheit nicht nur Aufwendungen für durch die Behinderung veranlasste unvermeidbare Fahrten, sondern auch für Freizeit-, Erholungs- und Besuchsfahrten berücksichtigtwerden.

  • Aus diesem Grund wird für diese Fallkonstellationen ein Pauschbetrag von 4 500 Euro normiert.

Behinderungsbedingte Fahrtkostenwerden zukünftig nur noch im Rahmen des Fahrtkosten-Pauschbetrags berücksichtigt. Dem Steuerpflichtigen wird dadurch der aufwändige Einzelnachweis erspart. Bei Erfüllen der allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen werden die Aufwendungen in Höhe der in der Verwaltungspraxis bislang maximal möglichen Beträge vereinfacht und pauschaliert anerkannt. Sollten die Anspruchsvoraussetzungen für beide Pauschbeträge (Nummer 1 und Nummer 2) erfüllt sein, ist immer nur der höhere Pauschbetrag zu gewähren.

Quellen: Bundesfinanzministerium, FOKUS-Sozialrecht, SOLEX

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Grundrentengesetz verabschiedet

Der Bundesrat hat am 3. Juli 2020 der Grundrente zugestimmt: Damit erhalten rund 1,3 Millionen Menschen mit kleinen Renten ab 2021 einen Zuschlag zu ihrer Altersversorgung.

Kernstück des Gesetzes ist die Einführung einer Grundrente für langjährig Versicherte, die an bestimmte Bedingungen geknüpft ist: Wenn mindestens 33 Jahre Grundrentenzeiten vorliegen (aus Beschäftigung, Kindererziehung oder Pflegezeiten), soll die Rente um einen Zuschlag erhöht werden, wenn die Entgeltpunkte des Erwerbslebens unterdurchschnittlich, aber nicht ganz gering waren. Dabei soll der Zuschlag in einer Staffelung von 33 bis 35 Jahren ansteigend berechnet werden. Allerdings sollen diejenigen keine Grundrente erhalten, deren Arbeitsentgelte häufig lediglich die Bedeutung eines ergänzenden Einkommens hatten (zum Beispiel durch Minijobs).

Die Höhe des Zuschlags soll durch eine Einkommensprüfung ermittelt werden. Dabei soll zunächst ein monatlicher Einkommensfreibetrag in Höhe von 1.250 Euro für Alleinstehende und 1.950 Euro für Eheleute oder Lebenspartner gelten. Für die Einkommensprüfung soll auf das zu versteuernde Einkommen abgestellt werden. Gleich hohe Renten sollen gleichbehandelt werden. Daher soll das zu versteuernde Einkommen unter Hinzurechnung des steuerfreien Teils der Rente beziehungsweise eines Versorgungsfreibetrages und der Einkünfte aus Kapitalvermögen zugrunde gelegt werden. Die Übermittlung des zu versteuernden Einkommens soll durch einen automatisierten Datenabgleich zwischen der Rentenversicherung und den Finanzbehörden erfolgen.

Das Gesetz sieht in einem weiteren Aspekt die Einführung von Freibeträgen im Wohngeld in der Grundsicherung für Arbeitsuchende des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II), in der Hilfe zum Lebensunterhalt, in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) und in den fürsorgerischen Leistungen der Sozialen Entschädigung vor.

Änderungen zum ursprünglichen Entwurf behandeln vor allem rechtstechnische Anpassungen und die Einführung einer Widerspruchsabweisung gegen Bescheide bis Ende 2022. Diese Zeit brauche die Rentenversicherung für die Einführungsphase, so die Begründung. Ebenfalls neu ist eine Anhebung der Einkommensgrenze beim BAV-Förderbetrag (Betriebliche Altersvorsorge) von 2.200 auf 2.575 Euro und auf eine Anhebung des BAV-Förderbetrags auf 288 Euro ab 2020. Damit haben auch 2,5 Millionen Geringverdiener einen Zugang zu dieser Vorsorge, ohne Beiträge einzahlen zu müssen.

Die Opposition kritisiert mangelnde Zielgenauigkeit, überbordende Bürokratie beim Verfahren der Einkommensprüfung und eine ungeklärte Finanzierung.

Das Gesetz wird nun über die Bundesregierung dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung vorgelegt. Danach kann es im Bundesgesetzblatt verkündet werden. Es soll zum 1. Januar 2021 in Kraft treten.

Quellen: Bundestag, Bundesrat, FOKUS-Sozialrecht

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Reform des Betreuungsrechts: Referentenentwurf veröffentlicht

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat am 23.06.2020 seinen fast 500 Seiten starken Entwurf für ein Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts veröffentlicht.

Das vorgelegte Gesetzespaket sieht einschließlich aller Folgeanpassungen eine Änderung von 46 Gesetzen vor. Es umfasst insbesondere folgende Vorschläge:

Eigene Regelungsbereiche für Vormundschaftsrecht und Betreuungsrecht

Das Vormundschaftrecht und das Betreuungsrecht werden insgesamt neu strukturiert. Die Vorschriften des geltenden Vormundschaftsrechts zur Vermögenssorge, zu Fürsorge und Aufsicht des Gerichts sowie zum Aufwendungsersatz und zur Vergütung werden ins Betreuungsrecht eingeordnet und, soweit erforderlich, an das Betreuungsrecht angepasst. Damit soll die derzeit – eher komplizierte – Verweistechnik aufgelöst werden.

Mehr Selbstbestimmung, Autonomie und Einbindung

  • Im Betreuungsrecht sind die Änderungen zentral darauf ausgerichtet, das Selbstbestimmung und die Autonomie unterstützungsbedürftiger Menschen im Vorfeld und innerhalb einer rechtlichen Betreuung im Sinne von Artikel 12 UN-Behindertenrechtskonvention zu stärken.
  • Es wird klarer geregelt, dass die rechtliche Betreuung in erster Linie eine Unterstützung des Betreuten bei der Besorgung seiner Angelegenheiten durch eigenes selbstbestimmtes Handeln gewährleistet und der Betreuer das Mittel der Stellvertretung nur einsetzen darf, soweit es erforderlich ist.
  • Der Vorrang der Wünsche des Betreuten wird als zentraler Maßstab des Betreuungsrechts normiert, der gleichermaßen für das Betreuerhandeln, die Eignung des Betreuers und die Wahrnehmung der gerichtlichen Aufsicht gilt.
  • Die betroffene Person soll zudem in sämtlichen Stadien des Betreuungsverfahrens besser informiert und stärker eingebunden werden, insbesondere in die gerichtliche Entscheidung über das Ob und das Wie der Betreuerbestellung, in die Auswahl des konkreten Betreuers, aber auch in dessen Kontrolle durch das Betreuungsgericht.

Bessere Unterstützung ehrenamtlicher Betreuer

  • Zur Verbesserung des Informations- und Kenntnisniveaus bei ehrenamtlichen Betreuern wird die Möglichkeit einer engen Anbindung an einen anerkannten Betreuungsverein im Wege einer Vereinbarung über eine Begleitung und Unterstützung neu eingeführt.

Arbeitsvoraussetzungen für Berufsbetreuer

  • Zur Sicherstellung einer einheitlichen Qualität der beruflichen Betreuung soll ein formales Registrierungsverfahren mit persönlichen und fachlichen Mindesteignungsvoraussetzungen für berufliche Betreuer eingeführt werden.
  • Der Entwurf sieht verschiedene Maßnahmen zur effektiveren Umsetzung des Erforderlichkeitsgrundsatzes im Vorfeld der Betreuung, insbesondere an der Schnittstelle zum Sozialrecht, vor.
  • Die Verwaltung des Vermögens soll modernisiert werden und künftig grundsätzlich bargeldlos erfolgen.

Vertretungsrecht für Ehepaare

  • Ehegatten sollen in Angelegenheiten der Gesundheitssorge für die Dauer von drei Monaten gegenseitig vertreten können, wenn ein Ehegatte aufgrund von Bewusstlosigkeit oder einer Krankheit seine Angelegenheiten der Gesundheitssorge vorübergehend rechtlich nicht besorgen kann.

Aus dem Referentenentwurf selbst ergibt sich nicht, wann ein Inkrafttreten der novellierten Vorschriften geplant ist. Da das Modernisierungsvorhaben aber im Koalitionsvertrag festgelegt wurde, bleibt zu hoffen, dass das Gesetzespaket noch in dieser Legislatur – also spätestens bis zum Herbst 2021 – verabschiedet wird. Als nächster Schritt nehmen die Bundeländer und Verbände Stellung.

Auf den Seiten des BMJV kann der Entwurf abgerufen werden: www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/RefE_Vormundschaft_Betreuungsrecht.html

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Pfändung in das Taschengeldkonto eines Heimbewohners teilweise möglich

Ein Heimbewohner bekam Unterstützung von der Sozialhilfe. Darin enthalten war auch der sogenannte Barbetrag. Die monatlich eingehenden Beträge hat das Heim für den Bewohner auf einem „Taschengeldkonto“ verwaltet. Das so angesparte Geld wollte ein Gläubiger des Bewohners pfänden. Das lehnten Amts- und Landgericht jedoch ab.

Der Bundesgerichtshof hingegen gab dem Gläubiger mit einer am 10. Juni 2020 veröffentlichten Entscheidung – jedenfalls teilweise – Recht (Beschluss vom 30. April 2020, Az. VII ZB 82/17). Dem Bewohner muss lediglich der monatliche Barbetrag verbleiben; bei einem Regelbedarf von aktuell 432 Euro sind das 116,64 Euro.

Zweckbindung ist zu beachten

Das Beschwerdegericht war noch der Auffassung, der Anspruch des Schuldners gegen den Drittschuldner auf „Auszahlungen vom Taschengeldkonto“ sei unpfändbar. Dies gelte unabhängig davon, ob Sozialhilfe im Sinne des § 27b Abs. 2 SGB XII (seit dem 1. Januar 2020: § 27b Abs. 3 SGB XII) oder ein entsprechender Betrag von der übergeleiteten Rente eines Selbstzahlers auf das vom Drittschuldner verwaltete „Taschengeldkonto“ gezahlt werde.

Dies sieht der BGH nicht uneingeschränkt so. Er differenziert und argumentiert mit der Zweckbindung. Nach § 851 Abs. 1 ZPO ist eine Forderung der Pfändung nur insoweit unterworfen als sie übertragbar ist. Damit verweist § 851 Abs. 1 ZPO unter anderem auf die Regelung des § 399 1. Fall BGB. Danach kann eine Forderung nicht abgetreten werden, wenn die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger nicht ohne Veränderung ihres Inhalts erfolgen kann. § 399 1. Fall BGB erfasst Forderungen, die aufgrund ihres Leistungsinhalts eine so enge Verknüpfung zwischen den Parteien des Schuldverhältnisses herbeiführen, dass mit einem Wechsel in der Gläubigerposition ein schutzwürdiges Interesse des Schuldners verletzt würde oder die Identität der Forderung nicht gewahrt bliebe, etwa weil die Leistungshandlung im Hinblick auf den Empfänger einen besonderen Charakter annimmt. Hierzu gehören zweckgebundene Forderungen, soweit der Zweckbindung ein schutzwürdiges Interesse zugrunde liegt.

Barbetrag unpfändbar

Eine solche rechtlich beachtliche Zweckbindung ist gegeben, soweit die vom Heimträger auf dem „Taschengeldkonto“ verwalteten Geldbeträge der Höhe nach dem angemessenen Barbetrag gemäß § 27b Abs. 3 SGB XII entsprechen. Aus der genannten Vorschrift ergibt sich, dass der notwendige Lebensunterhalt des Bewohners einer Pflegeeinrichtung neben den in dieser Einrichtung gewährten Leistungen auch einen angemessenen Barbetrag für seine darüber hinausgehenden persönlichen Bedürfnisse umfasst. Der vom Gesetzgeber in § 27b Abs. 3 SGB XII festgelegte angemessene Barbetrag zur persönlichen Verfügung dient damit der Sicherung eines menschenwürdigen Daseins. Da es den Bewohnern einer Pflegeeinrichtung nicht in allen Fällen möglich ist, sich in ausreichendem Maße persönlich um die Verwaltung der Barbeträge zu kümmern, kann diese Aufgabe von dem Heimträger übernommen werden. Die Verwaltung erfolgt in diesem Fall treuhänderisch für die betreffenden Bewohner der Pflegeeinrichtung. Der Heimträger darf Auszahlungen von dem „Taschengeldkonto“ nur zugunsten des betreffenden Bewohners oder zur Begleichung von Forderungen, die zur Deckung dessen persönlichen Bedarfs entstanden sind, vornehmen. Als Beitrag zum notwendigen Lebensunterhalt des Bewohners einer Pflegeeinrichtung ist dessen Auszahlungsanspruch gegen den Heimträger in dem sich aus § 27b Abs. 3 SGB XII ergebenden Umfang zweckgebunden. Dies gilt unabhängig davon, ob der auf dem „Taschengeldkonto“ verwaltete Geldbetrag aus Mitteln der Sozialhilfe oder aus einer Rente stammt.

Aufgrund dieser Zweckbindung scheidet eine Abtretung in dem genannten Umfang und damit auch eine Pfändung des Auszahlungsanspruchs aus. Gegenüber der Zweckbindung des der Deckung des notwendigen Lebensunterhalts und der Sicherung eines menschenwürdigen Daseins dienenden Auszahlungsanspruchs des Schuldners gegen den Drittschuldner hat die durch Art. 14 GG geschützte Rechtsposition der Gläubigerin zurückzutreten.

Übersteigende Beträge sind pfändbar

Dagegen ist eine zur Unpfändbarkeit führende Zweckbindung insoweit zu verneinen, als die vom Drittschuldner auf dem „Taschengeldkonto“ verwalteten Geldbeträge der Höhe nach den angemessenen Barbetrag zur persönlichen Verfügung gemäß § 27b Abs. 3 SGB XII (bis 31.12.2019:  § 27b Abs. 2 SGB XII) übersteigen. Denn insoweit dient der Auszahlungsanspruch des Schuldners gegen den Drittschuldner nicht mehr der Deckung seines notwendigen Lebensunterhalts und ein besonderes, schutzwürdiges Interesse des Drittschuldners an der Beibehaltung seines Gläubigers ist nicht ersichtlich. Allein die Vereinbarung einer Verwaltung von Geld auf einem „Taschengeldkonto“ – ohne Bezug zum notwendigen Lebensunterhalt des Bewohners einer Pflegeeinrichtung – kann daher eine Zweckbindung und damit eine Unpfändbarkeit des betreffenden Auszahlungsanspruchs gemäß § 851 Abs. 1 ZPO, § 399 1. Fall BGB nicht begründen. Anderenfalls hätte es ein Schuldner, der sich in einer Pflegeeinrichtung befindet, in der Hand, auf diese Weise die Teile seines Vermögens dem Zugriff seiner Gläubiger zu entziehen, derer er zur Deckung seines notwendigen Lebensunterhalts nicht bedarf.

Leitsatz des Gerichts

„Der Anspruch des sich in einer Pflegeeinrichtung befindlichen Schuldners gegen den Träger der Pflegeeinrichtung auf Auszahlung des gegenwärtig auf einem „Taschengeldkonto“ verwalteten Guthabens sowie die künftigen Ansprüche des Schuldners gegen den Träger der Pflegeeinrichtung auf Auszahlung der jeweils monatlich auf dem „Taschengeldkonto“ eingehenden Geldbeträge sind gemäß § 851 Abs. 1 ZPO, § 399 1. Fall BGB jeweils bis zu der Höhe unpfändbar, die in § 27b Abs. 3 SGB XII für den angemessenen Barbetrag geregelt ist. Diese Vorschriften stehen einer Pfändbarkeit indes grundsätzlich nicht entgegen, soweit das jeweils vorhandene Guthaben den sich aus § 27b Abs. 3 SGB XII für einen Monat anzusetzenden Betrag übersteigt.“

Zur BGH-Entscheidung: www.rechtsprechung-im-internet.de

Sonderregelungen bei Verordnung von Arzneimitteln und ambulanten SGB V-Leistungen

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat im Zusammenhang mit der Pandemie mit SARS-CoV-2 Ende März 2020 zeitlich befristete Sonderregelungen getroffen. Diese wurden Ende Mai 2020 zum großen Teil bis zum 30. Juni verlängert.

Die weiterhin befristet geltenden Sonderregelungen oder deren Aufhebung betreffen folgende Richtlinien bzw. Regelungen:

Verordnung von Arzneimitteln

Das Ausstellen einer neuen Verordnung von Arzneimitteln durch Arztpraxen ist weiterhin, befristet bis zum 30. Juni 2020, nach telefonischer Anamnese möglich, sofern die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt sich nach persönlicher ärztlicher Einschätzung vom Zustand der oder des Versicherten durch eingehende Befragung überzeugen kann. Dabei kann das Arzneimittelrezept auch postalisch übermittelt werden.

Für die Verordnungsmöglichkeiten von Krankenhäusern bei der Entlassung einer Patientin oder eines Patienten gelten weiterhin die flexibilisierten Regelungen, solange die epidemische Lage von nationaler Tragweite durch den Deutschen Bundestag festgestellt ist.

Verordnung von ambulanten Leistungen durch Krankenhäuser einschließlich der Feststellung von Arbeitsunfähigkeit

Krankenhausärztinnen und -ärzte können im Rahmen des sogenannten Entlassmanagements weiterhin nicht nur für eine Dauer von bis zu 7 Tagen, sondern bis zu 14 Tagen nach Entlassung aus dem Krankenhaus häusliche Krankenpflege, Spezialisierte ambulante Palliativversorgung, Soziotherapie, Heil- und Hilfsmittel verordnen sowie eine Arbeitsunfähigkeit feststellen. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn das zusätzliche Aufsuchen einer Arztpraxis vermieden werden soll und solange die epidemische Lage von nationaler Tragweite durch den Deutschen Bundestag festgestellt ist.

Fristenregelungen und Vorgaben bei der Verordnung ambulanter Leistungen

Die Richtlinien des G-BA enthalten Fristen zur Gültigkeit von Verordnungen oder Angaben dazu, bis wann eine Verordnung zur Genehmigung bei der Krankenkasse vorgelegt werden muss. In folgenden Bereichen haben sich die Fristen oder Vorgaben verlängert oder wurden ganz ausgesetzt:

Die Vorgaben, in welchem Zeitraum Verordnungen von Heil- und Hilfsmitteln ihre Gültigkeit verlieren, bleiben vorübergehend ausgesetzt.

Im Bereich der häuslichen Krankenpflege können weiterhin, befristet bis zum 30. Juni 2020, Folgeverordnungen für bis zu 14 Tage rückwirkend verordnet werden, wenn aufgrund der Ausbreitung von COVID-19 eine vorherige Verordnung durch die Vertragsärztin oder den Vertragsarzt zur Sicherung einer Anschlussversorgung nicht möglich war. Auch die Begründung der Notwendigkeit bei einer längerfristigen Folgeverordnung von häuslicher Krankenpflege und die 3-Tages-Frist zur Ausstellung der Folgeverordnung bleiben ausgesetzt.

Zusätzlich bestehen bleibt bis 30. Juni 2020 die Regelung, dass die Frist zur Vorlage von Verordnungen häuslicher Krankenpflege bei der Krankenkasse von 3 Tage auf 10 Tage verlängert wird. Dies gilt auch für Verordnungen der Spezialisierten ambulanten Palliativversorgung sowie der Soziotherapie.

Nicht verlängert wird die Aussetzung der Beschränkung der Dauer der Erstverordnung von häuslicher Krankenpflege auf im Regelfall bis zu 14 Tage. Sie läuft zum 31. Mai 2020 aus.

Folgeverordnung von ambulanten Leistungen auch nach telefonischer Anamnese möglich

Ärztinnen und Ärzte können Folgeverordnungen auch nach telefonischer Anamnese für häusliche Krankenpflege, für zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel, Krankentransporte und Krankenfahrten sowie Heilmittel (letztere auch durch Zahnärztinnen und Zahnärzte) ausstellen. Voraussetzung ist, dass bereits zuvor aufgrund derselben Erkrankung eine unmittelbare persönliche Untersuchung durch die Ärztin oder den Arzt erfolgt ist. Die Verordnung kann dann postalisch an die Versicherte oder den Versicherten übermittelt werden.

Genehmigung von Verordnungen für Krankentransport

Krankentransportfahrten zu nicht aufschiebbaren zwingend notwendigen ambulanten Behandlungen von nachweislich an COVID-19-Erkrankten oder von Versicherten, die aufgrund einer behördlichen Anordnung unter Quarantäne stehen, bedürfen weiterhin nicht der vorherigen Genehmigung durch die Krankenkasse.

Nicht verlängert wird die Erweiterung der Fristen für die Verordnung von Fahrten zu einer vor- oder nachstationären Behandlung. Sie lief zum 31. Mai 2020 aus.

Quellen: G-BA, FOKUS-Sozialrecht

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Konjunktur- und Krisenbewältigungspaket

Am 3.6.2020 haben sich die Regierungsparteien auf ein Konjunkturpaket geeinigt, das auch in einigen Bereichen das Sozialleistungsrecht bzw. wichtige Bereiche der Sozialberatung betrifft. (Vereinbarung im Wortlaut) Dieses Konjunkturpaket muss noch in Gesetzesform gegossen werden – dies soll noch vor der parlamentarischen Sommerpause geschehen. Wichtige Neuerungen:

Stabilisierung der Sozialversicherungsbeiträge
Durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie steigen die Ausgaben in allen Sozialversicherungen. Um eine dadurch bedingte Steigerung der Lohnnebenkosten zu verhindern, sollen die Sozialversicherungsbeiträge bei maximal 40 % stabilisiert werden. Darüber hinaus gehender Finanzbedarfe werden aus dem Bundeshaushalt jedenfalls bis zum Jahr 2021 („Sozialgarantie 2021“) gedeckt.

Kurzarbeitergeld
Vorlage einer „im Lichte der pandemischen Lage“ neuen, „verlässlichen“ Regelung für den Bezug von Kurzarbeitergeld ab dem 1.1.2021 schon im September 2020.

Grundsicherung für Arbeitsuchende
Verlängerung des vereinfachten Zugangs in die Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) bis zum 30.9.2020 (aktuell bis 30.6.2020). Dazu gehören die Regelungen aus dem ersten Sozialschutzpaket. Unter anderem die befristete Aussetzung der Berücksichtigung von Vermögen, die befristete Anerkennung der tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung als angemessen und Erleichterungen bei der Berücksichtigung von Einkommen in Fällen einer vorläufigen Entscheidung.

Kinderbonus
Einmaliger Kinderbonus von 300 Euro pro Kind für jedes kindergeldberechtigtes Kind; dieser Bonus wird mit dem steuerlichen Kinderfreibetrag vergleichbar dem Kindergeld verrechnet. Er wird nicht auf die Grundsicherung angerechnet.

Entlastungsbetrag für Alleinerziehende
Anhebung des einkommensteuerrechtlichen Entlastungsbetrags für Alleinerziehende von derzeit 1.908 Euro auf 4.000 Euro für die Jahre 2020 und 2021 zur Kompensation des höheren Betreuungsaufwands in Zeiten von Corona. Voraussetzung ist, dass die alleinerziehende Person mit einem minderjährigen Kind in einem gemeinsamen Haushalt als Hauptwohnsitz lebt. In diesem Haushalt darf keine weitere Person leben, die sich an der Haushaltsführung beteiligt. Für jedes weitere Kind erhöht sich der Entlastungsbetrag wie bisher um weitere 240 Euro.

Prämie für Ausbildungsangebot
Prämienzahlung für ein Ausbildungsplatzangebot für kleine und mittlere Unternehmen in 2020: für jeden neu geschlossenen Ausbildungsvertrag eine einmalige Prämie in Höhe von 2.000 Euro, für zusätzlichen Ausbildungsverträge je 3.000 Euro (Auszahlung der Prämien nach Ende der Probezeit).

„Sozial und Mobil“
Für Soziale Dienste wird ein auf die Jahre 2020 und 2021 befristetes Flottenaustauschprogramm „Sozial & Mobil“ aufgelegt, um Elektromobilität im Stadtverkehr zu fördern und die gemeinnützigen Träger bei der Flottenumrüstung zu unterstützen.

Überbrückungshilfen bei Umsatzausfall
Zur Sicherung der Existenz von kleinen und mittelständischen Unternehmen wird für Corona-bedingten Umsatzausfall ein Programm für Überbrückungshilfen aufgelegt. Das Volumen des Programms wird auf maximal 25 Mrd. Euro festgelegt. Die Überbrückungshilfe wird für die Monate Juni bis August gewährt. Angesprochen sind hier unter anderem als Sozialunternehmen geführte Übernachtungsstätten wie Jugendherbergen, Schullandheime, Träger von Jugendeinrichtungen des internationalen Jugendaustauschs und  Einrichtungen der Behindertenhilfe.

Antragsberechtigt sind Unternehmen, deren Umsätze Corona-bedingt in April und Mai 2020 um mindestens 60 % gegenüber April und Mai 2019 rückgängig gewesen sind und deren Umsatzrückgänge in den Monaten Juni bis August 2020 um mindestens 50 % fortdauern.
Bei Unternehmen, die nach April 2019 gegründet worden sind, sind die Monate November und Dezember 2019 heranzuziehen. Erstattet werden bis zu 50 % der fixen Betriebskosten bei einem Umsatzrückgang von mindestens 50 % gegenüber Vorjahresmonat. Bei einem Umsatzrückgang von mehr als 70 % können bis zu 80 % der fixen Betriebskosten erstattet werden. Der maximale Erstattungsbetrag beträgt 150.000 Euro für drei Monate. Bei Unternehmen bis zu fünf Beschäftigten soll der Erstattungsbetrag 9.000 Euro, bei Unternehmen bis 10 Beschäftigten 15.000 Euro nur in begründeten Ausnahmefällen übersteigen.

Geltend gemachte Umsatzrückgänge und fixe Betriebskosten sind durch einen Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer in geeigneter Weise zu prüfen und zu bestätigen. Überzahlungen sind zu erstatten.

Die Antragsfristen enden jeweils spätestens am 31.8.2020 und die Auszahlungsfristen am 30.11.2020.

Quelle: Bundesregierung

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Anhörung via Bild- und Tonübertragung geplant

In der Bundesratssitzung am 15. Mai 2020 wurde beschlossen, ein vom Land Nordrhein-Westfalen, Hessen, Niedersachsen und Saarland vorgeschlagenes „Gesetz zum Schutz vulnerabler Personen bei richterlichen Anhörungen im Betreuungs- und Unterbringungsverfahren“ im Bundestag einzubringen.

Zweck der Vorlage

§ 278 Abs. 1 FamFG sowie § 319 Abs. 1 FamFG für das unterbringungsrechtliche Verfahren sehen wegen des tiefen Grundrechtseingriffs einer möglichen freiheitsentziehenden Maßnahme grundsätzlich eine persönliche Anhörung und das Verschaffen eines persönlichen Eindrucks durch den Richter „im unmittelbaren Angesicht“ des Betroffenen vor. Nach dem Gesetzeswortlaut reichen hierzu weder telefonische oder schriftliche Anhörungen noch eine Anhörung per Videotelefonie.

Diese derzeitige gesetzliche Ausgestaltung der richterlichen Anhörungspflichten im Betreuungs- und Unterbringungsverfahren kann angesichts der hohen Ansteckungsgefahr des COVID-19-Virus zu einer ernsten gesundheitlichen Gefahr für besonders vulnerable Personen führen.

Zwar gibt es in engen Ausnahmen die Möglichkeit von einer persönlichen Anhörung des Betroffenen abzusehen Die Verpflichtung des Ge-richts, sich einen persönlichen Eindruck zu verschaffen, bleibt daneben grundsätz-lich bestehen. Ferner setzen die gesetzlichen Möglichkeiten, von der Anhörung bei Gefahr im Verzug durch Erlass einer einstweiligen Anordnung abzusehen, zwin-gend voraus, dass die Durchführung der persönlichen Anhörung des Betroffenen zeitlich nicht abgewartet werden kann. Zudem muss die Anhörung in solchen Fällen unverzüglich – also in der Regel noch vor dem Ende der Pandemie – nachgeholt werden, womit die dargestellte Problematik nicht gelöst wäre.

Nach derzeitiger Rechtslage bestehen damit nicht unbeträchtliche Unsicherheiten, wieweit die Richterinnen und Richter dieser Gefährdungslage begegnen können.

Flexible Anhörung nur unter engen Voraussetzungen

Dem beschriebenen Problem ist durch eine gesetzliche Einschränkung der Erforderlichkeit von persönlichem Kontakt bei entsprechenden Anhörungen während einer epidemische Lage von nationaler Tragweite gemäß § 5 Infektionsschutzgesetz (IfSG) sowie in den Lebensbereichen zu begegnen, in denen regelmäßig besonders vulnerable Personengruppe betroffen sind.

Hierbei soll auf eine Anhörung nicht vollständig verzichtet werden, vielmehr soll diese lediglich auch mittels zeitgleicher Bild- und Tonübertragung an einen anderen Ort möglich sein. Um ggf. bestehenden Vorbehalten Rechnung zu tragen, darf diese Form der Anhörung nur unter engen Voraussetzungen erfolgen:

  • Grundlegende Voraussetzung ist zunächst, dass der Deutsche Bundestag eine epi-demische Lage nach § 5 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) von nationaler Tragweite festgestellt hat.
  • Weiter ist erforderlich, dass die Gefährdung im Einzelfall nicht hinreichend ausgeschlossen werden kann. Daher muss die persönliche Anhörung in der üblichen Form etwa dann durchgeführt werden, wenn Schutzausrüstung, medizinische Masken oder Ähnliches zur Verfügung stehen bzw. wenn ein ausreichender Sicherheitsabstand zuverlässig hergestellt werden kann. Nur wenn solche Sicherungsmaßnahmen nicht kurzfristig ergriffen werden können, darf die Anhörung im Wege der Bild und Tonübertragung durchgeführt werden.
  • Zudem soll das Gericht verpflichtet werden, nach Beendigung der epidemischen Lage im Sinne des Infektionsschutzgesetzes die Anhörung unverzüglich in der üblichen Form nachzuholen.

Quelle: Bundesrat, Gesetzantrag 211/20 vom 15.5.2020

Intensivpflege – Gesetz weiter in der Kritik

Das Gesetz zur Stärkung von intensivpflegerischer Versorgung und
medizinischer Rehabilitation in der gesetzlichen Krankenversicherung
(Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz – GKV-IPReG) war auf FOKUS Sozialrecht schon mehrfach Thema (hier, hier, hier)

In der kommenden Woche, am 27.5.2020, wird der Gesetzentwurf erneut im Bundestag beraten. Auch in seiner aktuellen Fassung ruft es Widerstand vor allem bei den Betroffenen und ihren Verbänden hervor. Hauptkritikpunkt bleibt, dass zukünftig der Medizinische Dienst im Wege der Beurteilung darüber, ob eine dauerhafte Versorgung in der eigenen Häuslichkeit sichergestellt sei, entscheidet, wo und wie ein Mensch die nötige intensivpflegerische Versorgung erhält.

Ziele des Gesetzes

Fehlanreize in der Intensivpflege beseitigen

Ziel des Regierungsentwurfs ist es, Intensiv-Pflegebedürftige besser zu versorgen, Fehlanreize in der Intensivpflege zu beseitigen und die Selbstbestimmung der Betroffenen zu stärken. Dazu soll ein neuer Leistungsanspruch auf außerklinische Intensivpflege in das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) aufgenommen werden.

Verordnen dürfen die außerklinische Intensivpflege nur besonders qualifizierte Ärztinnen und Ärzte. Damit Patientinnen und Patienten in der Intensivpflege dauerhaft qualitätsgesichert versorgt werden, ist vorgesehen, dass die Medizinischen Dienste im Auftrag der Krankenkassen im Rahmen einer persönlichen Begutachtung am Leistungsort jährlich prüfen, ob die medizinische und pflegerische Versorgung sichergestellt werden kann.

Zugang zur medizinischen Rehabilitation erleichtern

Außerdem soll der Zugang zur medizinischen Rehabilitation erleichtert werden: Die verordnenden Ärztinnen und Ärzte sollen die medizinische Notwendigkeit einer geriatrischen Rehabilitation feststellen. Die Krankenkassen sind laut Bundesregierung an diese Feststellung gebunden.

Mit dem Gesetz soll auch das Wunsch- und Wahlrecht der Versicherten gestärkt werden: Der Mehrkostenanteil, den Versicherte tragen müssen, wenn sie eine andere als die von der Krankenkasse zugewiesene Reha-Einrichtung wählen, soll halbiert und die Mindestwartezeit für eine erneute Reha von Kindern und Jugendlichen gestrichen werden.

Gegenposition und Änderungsvorschläge

Die Änderungsungsvorschläge stammen von AbilityWatch e.V.

§ 37c Abs. 2 Satz 2 soll so gefasst werden, dass einerseits gegen Abrechnungsbetrug, Missbrauch und ungenügende Versorgung vorzgegangen werden kann, andererseits die Autonomie und Selbstbestimmung der Versicherten zu gewährleistet werden.

§ 37c Abs. 2 Satz 5: Die Unverletzlichkeit der Wohnung gilt auch für Menschen mit Behinderungen. Eine Verweigerung des Eindringens in die Privatsphäre darf nicht mit einer Heimeinweisung sanktioniert werden.

§ 37c Abs. 4: Eine finanzielle Schlechterstellung der ambulanten Wohnform durch einen höheren Eigenanteil als im stationären Bereich darf nicht erfolgen.

§ 37d (neu): Einführung des Arbeitgebermodells in der gesetzlichen Krankenversicherung. Menschen mit Behinderungen, die ihr Leben durch Assistenz selbst organisieren, sind in der Lage eine eigene Einschätzung über die Sicherstellung ihrer Versorgung zu treffen. Die Beurteilung, ob eine Versorgung tatsächlich und dauerhaft sichergestellt ist, muss dieser Personengruppe selbst überlassen bleiben.

Quellen: AbilityWatch e.V., Bundestag, FOKUS-Sozialrecht

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CO2-Entlastung bei Heizkosten

Letzte Woche wurde das Wohngeld-CO2-Bepreisungsentlastungsgesetz (WoGCO2BeprEntlG) verabschiedet.

Wohngeldreform ohne Klimakomponente

Schon während des Gesetzgebungsverfahrens zur Wohngeldreform war von vielen Seiten bemängelt worden, dass es keine Klimakomponente enthielte. Die Klimakomponente sollte dazu dienen, Wohngeldhaushalten zu ermöglichen, Wohnungen mit höheren Energiestandards anzumieten bzw. ihre Wohnungen nach energetischen Sanierungen zu behalten. Nun soll es mit dem „Gesetz zur Entlastung bei den Heizkosten im Wohngeld“ immerhin eine Regelung geben, mit der Wohngeldempfänger/innen bei den Heizkosten entlastet werden sollen, wenn die CO2-Bepreisung durch das Klimaschutzprogramm 2030 steigt.

Das Klimaschutzprogramm 2030 sieht eine CO2-Bepreisung für die Sektoren Wärme und Verkehr ab 2021 vor. Um Wohngeldhaushalte entsprechend zu entlasten, plant der Gesetzentwurf eine nach Haushaltsgröße gestaffelte CO2-Komponente, um soziale Härten zu vermeiden. Dies soll ebenfalls ab 01.01.2021 geschehen. Da das Klimaschutzpaket nach Einschätzung aller Experten bei weitem nicht ausreicht, um die von der Regierung im Pariser Klimaabkommen befürworteten Ziele einzuhalten, wird sich gerade
in diesem Bereich in den nächsten Jahren noch so einiges tun – es sei denn, Deutschland verabschiedet sich auch offiziell aus dem Pariser Abkommen.

Monatliche Beträge

Als monatliche Beträge zur Entlastung bei den Heizkosten werden folgende Werte für die jeweilige Haushaltsgröße gelten:

Anzahl der zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder Betrag zur Entlastung bei den Heizkosten in Euro
1 14,40
2 18,60
3 22,20
4 25,80
5 29,40
Mehrbetrag für jedes weitere zu berücksichtigende Haushaltsmitglied 3,60

Quellen. Bundesrat, Thomas Knoche: „WoGG – Das neue Wohngeldrecht“, Walhalla-Verlag, 2020

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Sozialschutz-Paket 2 – Kosten der Mittagsverpflegung, Videoschaltungen

Eine Reihe vorübergehender Gesetzesänderungen soll sicherstellen, dass Kinder aus bedürftigen Familien in Zeiten von pandemiebedingten Kita- oder Schulschließungen weiterhin das kostenlose Mittagessen erhalten, das ihnen über das Bildungspaket zusteht. Auch Beschäftigte in Behinderten-Werkstätten sollen bei geschlossenen Einrichtungen weiterhin mit Mittagessen versorgt werden.

Mehrkosten werden übernommen

Im Gegensatz zum ersten Entwurf des zweiten Sozialschutz-Pakets wird jetzt klargestellt, dass auch pandemiebedingte Mehrkosten sowie die Kosten für die Lieferung des Essens übernommen werden.

Abgesehen von dieser Änderung hat der Gesetzgeber das Zweite Sozialschutz-Paket so durchgewunken, wie hier ausführlich beschrieben.

Entschließung des Bundesrats

Der Bundesrat verabschiedete zum Themenschwerpunkt Videoschaltung zur Vereinfachung von Gerichtsverhandlungen eine Stellungnahme.

Darin kritisiert er, dass die pandemiebedingten Vereinfachungen von Gerichtsverfahren nur für die Arbeits- und Sozialgerichte gelten sollen. Schließlich seien alle Gerichtsbarkeiten von der Ausbreitung betroffen. Ein Verfahrensstau drohe nicht nur bei den Arbeits- und Sozialgerichten, weshalb eine solche Insellösung nicht tragfähig sei.

Erhebliche Bedenken äußert der Bundesrat angesichts der Möglichkeiten des Bundessozial- und Bundesarbeitsgerichts, im schriftlichen Verfahren gegen den Willen des Beteiligten entscheiden dürfen. Bei rechtlichen Grundsatzfragen, die von den Gerichten entschieden würden, habe die Transparenz einer öffentlichen Verhandlung besondere Bedeutung.

Weiter unterstreicht der Bundesrat in der Entschließung, dass aus den erweiterten Möglichkeiten, Videoverhandlungen zu nutzen, kein Ausstattungsanspruch der Gerichte abzuleiten sei. Es sei vielmehr weiterhin Sache der Länder, ihm Rahmen ihrer technischen und finanziellen Möglichkeiten darüber zu entscheiden.

Vorsorglich weist der Bundesrat daraufhin, dass die Umsetzung der neuen Regelungen noch während der Corona-Pandemie in den meisten Ländern nicht möglich sein wird. Anders als in der Gesetzesbegründung ausgeführt, sei die für Videokonferenzen notwendige Ausstattung noch nicht flächendeckend vorhanden. Private Software dürfe sie nicht ersetzen, unterstreicht der Bundesrat.

Quellen: Bundesrat, FOKUS-Sozialrecht

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