Soziale Absicherung im Renten-Nebenjob

Es war wohl eine gute Nachricht, dass die Hinzuverdienstgrenzen bei Altersrenten wegfallen oder bei Renten wegen Erwerbsminderung gestiegen sind. Oder etwa doch nicht?

Anhörung zu Hinzuverdienstgrenzen

In einer Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales zum Gesetzentwurf (20/3900) der Bundesregierung für ein Achtes Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze am Montag wurden zwar vielfach die positiven Wirkungen einer solchen Regelung betont. Gleichzeitig wurde aber auch auf die Gefahren hingewiesen.

Rentner verlieren Krankengeldanspruch

Wenn jemand trotz Rente noch mehr als geringfügig arbeitet, tut er dies in der Regel, um seinen Lecensunterhalt abzusichern. Er ist dann also sowohl auf Rente als auch auf den Zusatzjob angewiesen. Im Krankheitsfall, vor allem bei längerer Krankheit, fällt aber das Einkommen aus dem Zusatzjob weg. Fatalerweise haben Rentner nach den §§ 50 und 51 SGB V aber keinen Anspruch auf Krankengeld mehr. Gerade bei älteren Beschäftigten steigt das Risiko einer längeren Erkrankung naturgemäß.

DGB fordert Absicherung

Daher fordert beispielsweise der DGB in seiner Stellungnahme, sichergestellt sein müsse, dass allen Beschäftigten das Krankengeld unabhängig davon gezahlt werde, ob sie eine Vollrente, eine Teilrente oder keine Rente beziehen. Dies schließe auch ein, dass die Krankenversicherungen die Bezieher*innen von Krankengeld vor der Regelaltersgrenze künftig nicht mehr auf eine (Alters)Rente verweisen dürfen können. Dies müsse gleichermaßen auch für eine Erwerbstätigkeit nach der Regelaltersgrenze gelten. Wer eine Teilrente oder keine Rente beziehe, zahle jenseits der Regelaltersgrenze den vollen Krankenkassenbeitrag inkl. Beitragsanteil für das Krankengeld, könne im Falle des Krankengeldbezugs aber mit Frist von zehn Wochen zur Beantragung der Vollrente aufgefordert werden und verliere mit Beginn der Vollrente den Krankengeldanspruch vollständig. Dies erscheine aus Gleichheitsgründen wie auch der Zweckbindung der Beiträge rechtlich problematisch.

Bundesregierung weist Bedenken zurück

Den Hinweis, dass die Arbeit neben der Rente nicht genügend abgesichert sei gegen Risiken wie Krankheit und Arbeitslosigkeit, ließ die Bundesregierung nicht gelten. Für eine zusätzliche Absicherung gebe es derzeit keinen Bedarf, man werde das aber im Zuge der Evaluierung überprüfen und gegebenenfalls nachbessern, hieß es.

Quellen: Bundestag, DGB

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Einbürgerungsrecht

Die Pläne der Bundesinnenministerin zum Einbürgerungsrecht sorgen mal wieder für Aufregung. Nicht nur die üblichen Verdächtigen aus CDU und AFD bekommen bei dem Gedanken an die vielen Ausländer überall auf der Welt Schnappatmung, besonders, wenn sich einige davon feiwillig oder gezwungenermaßen dazu entschließen, dauerhaft in Deutschland bleiben zu wollen. Auch die verzweifelt nach einem Profil suchende FDP macht es ihrer eigenen Koalition mal wieder möglichst schwer, zu vernünftigen Lösungen zu kommen. Koalitionsvertrag hin oder her.

Kernpunkte

Dort, im Koalitionsvertrag, steht nämlich genau das drin, was Frau Fazer jetzt umsetzen will. Kernpunkte sind:

  • In Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern sollen automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten, wenn ein Elternteil seit fünf Jahren „seinen rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt“ in Deutschland hat.
  • Die für eine Einbürgerung von Ausländern erforderliche Aufenthaltsdauer im Land solle von derzeit acht auf nur noch fünf Jahre verkürzt werden. Bei „besonderen Integrationsleistungen“ sei eine Einbürgerung bereits nach drei Jahren möglich.
  • Eine doppelte Staatsbürgerschaft soll ermöglicht werden.

schwache Gegenargumente

Die FDP argumentiert dagegen, dass es mit den Abschiebungen ja noch nicht klappe. Ein ähnlich stringentes Argument wie: Tempolimit ist nicht möglich, weil nicht genug Schilder da sind. Bei den Einwanderungsregeln geht es nicht um die Rückführung illegal in Deutschland lebender Menschen deht, sondern in der Regel um Menschen, die schon seit Jahren bei uns leben, zum Teil seit Generationen und oft gut integriert sind.

Auch die Befürchtung, das die Sozialkassen zu stark belastet würden, zieht nicht. Eingebürgert kann nur jemand werden, der für seinen Lebensunterhalt selbst aufkommen kann. Daran wird sich auch nichts ändern. Im Gegenteil zahlen die Menschen, um die es hier geht schon kräftig Steuern und Sozialbeiträge und könnten helfen, den akuten Mangel an Arbeitskräften abzubauen.

demokratisches Defizit

Millionen Menschen leben zur Zeit in Deutschland ohne deutsche Staatsangehörigkeit. Sie zahlen Steuern, Versicherungen, sind aber von den Wahlen auf Bundesebene und teilweise auch auf kommunaler Ebene ausgeschlossen. Das bedeute ein gravierendes demokratisches Defizit, so der Paritätische Gesamtverband.

Verbot ist realitätsfern

Die Verbotsparteien CDU und FDP fordern das Verbot der Mehrfachstaatsangehörigkeit beizubehalten. Dazu der Paritätische Gesamtverband: „Die Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit(en) ist ein Hindernis für ein Einbürgerungsverfahren, nicht nur aus identifikatorischen und psychologischen Aspekten, sondern auch aus sehr praktischen Gründen. Die Aufgabe einer Staatsangehörigkeit ist immer mit Zeit- und Kostenaufwand für die Betroffenen verbunden. In 2021 wurden 69% der Einbürgerungen mit der Beibehaltung der bisherigen Staatangehörigkeit durchgeführt, da es zahlreiche Ausnahmen gibt, z.B. für EU-Bürger*innen, oder für Menschen aus Drittländern bei der die Entlassung der bisherigen Staatangehörigkeit nicht zumutbar ist, oder bei der ihr Land einfach nicht ausbürgert. Insofern geht die Forderung die Hinnahme der Mehrfachstaatsangehörigkeit weiterhin zu verbieten bereits an der Realität vorbei.

Quellen: Bundesinnenministerium, Paritätischer Gesamtverband, Tagesschau

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„Sonderbedarfsstufe“ im AsylbLG ist verfassungswidrig

Mit dem „Migrationspaket“ der alten GroKo-Regierung wurden zum 1. September 2019 die Regeln für Asylbewerber verschärft. Unter anderem wurde seitdem mit dem § 2 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG), eine eigene Bedarfsgruppe für Asylbewerber in Sammelunterkünften geschaffen, deren Leistungen aufgrund des „Synergieeffektes“ geringer ausfallen. Dabei wurde einfach mal angenommen, dass Menschen aus völlig unterschiedlichen Herkunfts- und persönlichen Hintergründen, von Natur aus so gut miteinander können, dass sie sich auch gegenseitig unterstützen.

Unvereinbar mit dem Grundgesetz

Diese Regelung hat das Bundesverfassungsgericht nun kassiert. Mit dem am 24. November 2023 veröffentlichtem Beschluss hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts entschieden, dass § 2 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) mit dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) unvereinbar ist.

„Sonderbedarfsstufe“

Die Entscheidung betrifft alleinstehende Erwachsene, die in sogenannten Sammelunterkünften wohnen und sich seit mindestens 18 Monaten rechtmäßig in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Ihnen hat der Gesetzgeber ab dem 1. September 2019 einen um 10 % geringeren Bedarf an existenzsichernden Leistungen zugeschrieben, indem nicht mehr die Regelbedarfsstufe 1, sondern die in § 2 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 AsylbLG neu geschaffene „Sonderbedarfsstufe“ der Regelbedarfsstufe 2 zugrunde gelegt wird. Dies ist mit dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums unvereinbar.

Es ist nicht erkennbar, dass in den Sammelunterkünften regelmäßig tatsächlich Einsparungen durch gemeinsames Wirtschaften erzielt werden oder werden können, die eine Absenkung der Leistungen um 10 % tragen würden. Daneben kann der Gesetzgeber zwar im Sinne des Nachrangs staatlicher Leistungen grundsätzlich auch eine von den Bedürftigen nicht genutzte, ihnen aber an sich tatsächlich eröffnete und zumutbare Möglichkeit von Einsparungen berücksichtigen. Doch fehlt es an hinreichend tragfähigen Anhaltspunkten für die Annahme, dass die Voraussetzungen dafür in den Sammelunterkünften tatsächlich gegeben sind.

Quellen: Bundesverfassungsgericht, FOKUS-Sozialrecht

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Wohngeld Plus im Bundesrat

Am kommenden Freitag, dem 25.11.2023 berät der Bundesrat abschließend über das Wohngeld-Plus-Gesetz. Sehr wahrscheinlich wird der Bundesrat das Gesetz durchwinken und damit der Empfehlung des des Ausschusses für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung folgen.

Ausschuss-Empfehlung

Der Ausschuss empfiehlt allerdings nicht nur die Zustimmung, sondern auch eine begleitende Entschließung. Darin wird die Bundesregierung aufgefordert das Inkrafttreten des Wohngeld-Plus-Gesetzes auf den 1. April 2023 zu verschieben, um dessen Umsetzung administrierbar zu gestalten. Darüber hinaus wird die Bundesregierung aufgefordert, noch in der ersten Hälfte dieser Legislaturperiode eine umfassende Reform auf den Weg zu bringen, die über die wenigen, im Wohngeld-Plus-Gesetz enthaltenen Regelungen zur Reduzierung des Verwaltungsaufwands hinaus wesentliche Verfahrensvereinfachungen und Nachweiserleichterungen im Wohngeldrecht umsetzt.

Ursprünglicher Entwurf kaum geändert

Die Anregungen des Bundesrats seien nur geringfügig berücksichtigt worden. Insbesondere der Forderung nach einer Erhöhung des Bundesanteils bei den Wohngeldausgaben folgt die Bundesregierung mit Verweis auf die bereits beim Heizkostenzuschuss vollständig übernommene finanzielle Verantwortung nicht.

Die vom Deutschen Bundestag beschlossenen Änderungen zum Gesetzentwurf
betreffen unter anderem die Einführung von Bagatellgrenzen im Falle von Rückforderungen sowie die Möglichkeit der Verlängerung des Bewilligungszeitraums von 18 auf 24 Monate. Auch sollen die Effekte der neuen, dauerhaften Komponenten für Heizkosten und Klima nach zwei Jahren evaluiert werden.

Wesentliche Inhalte

Das Gesetz verfolgt das Ziel, angesichts steigender Wohnkosten, drastisch steigender Energiekosten sowie des starken Anstiegs der allgemeinen Lebenshaltungskosten, die dadurch bedingten Mehrbelastungen der Wohngeldempfänger abzufedern. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen folgende Maßnahmen ergriffen werden:

Heizkosten

Es soll eine dauerhafte Heizkostenkomponente eingeführt werden, die als Zuschlag auf die zu berücksichtigende Miete oder Belastung in die Wohngeldberechnung eingeht.

Klimakomponente

Durch die Einführung einer Klimakomponente im Wohngeld soll ein Zuschlag auf die Höchstbeträge der zu berücksichtigenden Miete oder Belastung in der Wohngeldberechnung erfolgen. Damit können strukturelle Mieterhöhungen im Wohngeld aufgrund energetischer Maßnahmen im Gebäudebereich im gesamten Wohnungsbestand oberhalb der bisherigen Höchstbeträge berücksichtigt werden.

Wohngeldformel

Durch eine ergänzende Anpassung der Wohngeldformel soll auch an den Einkommensrändern des Wohngeldes eine durchschnittliche Wohnkostenbelastung von rund 40 Prozent gewährleistet und zusätzlichen Haushalten ein Anspruch auf Wohngeld ermöglicht werden. Insgesamt werden diese Maßnahmen dazu führen, dass das Wohngeld ab dem 1.Januar 2023 durchschnittlich um 190 Euro pro Monat auf 370 Euro steigt.

Kosten teilen sich Bund und Länder

Die Kosten für das Wohngeld werden insgesamt rund 1,85 Milliarden Euro betragen, die Bund und Länder je zur Hälfte übernehmen.

Quellen: Bundesrat, Bundestag, FOKUS-Sozialrecht

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Energiepauschale für Studenten

Das Bundeskabinett hat den Gesetzentwurf des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) zur Einmalzahlung (Energiepreispauschale) in Höhe von 200 Euro für Studierende sowie Fachschülerinnen und Fachschüler beschlossen. Mit der Zahlung sollen rund 3,5 Millionen junge Menschen in Ausbildung entlastet werden.

Beantragung online

Die Einmalzahlung muss online beantragt werden. Und zwar auf einer digitalen Plattform. Allerdings gibt es die Plattform noch nicht. Laut Ministerin Bettina Stark-Watzinger arbeiten Bund und Länder aber intensiv daran. Trotzdem verspricht Frau Ministerin, dass die 200 Euro noch in diesem Winter ausgezahlt werden, also spätestens Mitte März 2023. BAFöG-beziehende Studenten bekommen zusätzlich noch die zweite Heizkostenpauschale (345 Euro), die wahrscheinlich schon im Januar/Februar gezahlt wird.

Wer hat Anspruch?

Alle Studierenden, die zum 1. Dezember 2022 an einer Hochschule in Deutschland immatrikuliert sind, können die Einmalzahlung beantragen; auch ausländische Studierende, die in Deutschland wohnen und zum 1. Dezember an einer Hochschule in Deutschland immatrikuliert sind, können die Einmalzahlung beantragen. Ebenfalls berücksichtigt werden Teilzeitstudenten, Promotionsstudierende, Studierende in einem Urlaubssemester und Studierende in einem dualen Studium.

Berufsschüler

Anspruchsberechtigt sind auch die etwa 450.000 Fachschülerinnen und Fachschüler sowie Berufsfachschülerinnen und Berufsfachschüler in Bildungsgängen mit dem Ziel eines mindestens zweijährigen berufsqualifizierenden Abschlusses, wenn sie zum Stichtag an einer Ausbildungsstätte in Deutschland angemeldet sind.

Keine Anrechnung bei anderen Hilfen

Auch Studenten, die wegen Erwerbstätigkeit schon die 300 Euro Energiepreispauschale für Arbeitnehmer erhalten haben, können als Studierende zusätzlich die Studentenpauschale beantragen. Im Gegensatz zur Energiepauschale für Erwerbstätige und der für Rentner und Rentnerinnen sind die 200 Euro für die Studierenden steuerfrei.

Armutsgefährdet

Wer nun meint, jetzt können die Studenten und Studentinnen ja mal richtig absahnen, sollte bedenken, dass sie zu den armutsgefährdeten Gruppen in Deutschland gehören. Liegt der Anteil der armutsgefährdeten Menschen in Deutschland insgesamt bei 15,8 Prozent, so ist er laut Statistischen Bundesamt bei Studierenden mit 37,9 Prozent mehr als doppelt so hoch.

Quellen: BMBF, Spiegel, FOKUS-Sozialrecht

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Telefonische Krankschreibung bis März 2023

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat seine Corona-Sonderregelung zur telefonischen Krankschreibung bis 31. März 2023 verlängert. Ohne diesen Beschluss wäre die Sonderregelung zur Bescheinigung einer Arbeitsunfähigkeit zum 30. November 2022 ausgelaufen. Nun gilt weiterhin: Versicherte, die aufgrund einer leichten Atemwegserkrankung arbeitsunfähig sind, können nach telefonischer Anamnese bis zu 7 Tage krankgeschrieben werden. Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte befragen die Patientin oder den Patienten dabei am Telefon zu ihren Beschwerden und bescheinigen dann gegebenenfalls die Arbeitsunfähigkeit. Eine Verlängerung der Krankschreibung auf telefonischem Wege ist einmalig für weitere 7 Kalendertage möglich.

Grippe, Erkältung, Corona

Begründet wird die Verlängerung mit der Unklarheit, wie sich die Fallzahlen von COVID-19-Erkrankten in den Krankenhäusern und Intensivstationen in den kommenden Monaten entwickeln werden. Erschwerend komme aber hinz, dass eine Erkältungs- und Grippesaison bevorstehe. Beide Punkte sprächen dafür, auf Sicherheit für Patientinnen und Patienten sowie für das Praxispersonal zu setzen und die telefonische Krankschreibung zu verlängern. Betroffen seien vor allem jene Patientinnen und Patienten, die chronisch krank seien, daher öfter als andere in Arztpraxen gehen müssten und aufgrund ihrer Grunderkrankung zugleich ein höheres Ansteckungsrisiko hätten. Sie gälte es besonders vor vermeidbaren Infektionen zu schützen. Mit der telefonischen Krankschreibung hätten Arztpraxen nun weiterhin eine einfach umsetzbare Möglichkeit, leichte und schwere Krankheitsfälle voneinander abzugrenzen und volle Wartezimmer zu vermeiden.

Verlängerung möglich

Die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bei Versicherten mit Erkrankungen der oberen Atemwege, die keine schwere Symptomatik vorweisen, darf für einen Zeitraum von bis zu 7 Kalendertagen auch nach telefonischer Anamnese und zwar im Wege der persönlichen ärztlichen Überzeugung vom Zustand der oder des Versicherten durch eingehende telefonische Befragung erfolgen; das Fortdauern der Arbeitsunfähigkeit kann im Wege der telefonischen Anamnese einmalig für einen weiteren Zeitraum von bis zu 7 Kalendertagen festgestellt werden.

Quelle: G-BA

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Heizkostenzuschuss ist in Kraft

Am 15. November 2022 wurde der zweite Heizkostenzuschuss im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und ist damit gültig. Der Heizkostenzuschuss ist Teil des dritten Entlastungspakets und soll einen Ausgleich für die erhöhten Heizkosten des Jahres 2022 bringen.

Wer hat Anspruch?

Den Zuschuss erhalten wohngeldbeziehende Haushalte, er ist nach der Anzahl der
berücksichtigten Haushaltsmitglieder gestaffelt. Auch nicht bei den Eltern wohnende Auszubildende, die Leistungen nach dem BAföG oder dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch beziehen, sowie Teilnehmende einer Aufstiegsfortbildungsmaßnahme, die einen Unterhaltsbeitrag nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz beziehen, sind anspruchsberechtigt.

Voraussetzung

Maßgebend ist die Wohngeldbewilligung, die Gewährung von Leistungen nach BAföG, des Unterhaltsbeitrags nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz oder die Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe oder Ausbildungsgeld nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in mindestens einem Monat im Zeitraum vom 1.September 2022 bis 31. Dezember 2022.

Höhe

Die Höhe des zweiten Heizkostenzuschusses ergibt sich auf der Grundlage von Beobachtungen der Preisentwicklung bei Heizenergie auf Basis amtlicher Daten. Nach Datenstand des Verbraucherpreisindex Juni 2022 werden die gewichteten Verbraucherpreise für die maßgeblichen Heizenergieträger Heizöl, Erdgas und Fernwärme unter Berücksichtigung einer linearen Trendfortschreibung von IW Köln bis Ende 2022 mit Blick auf das jahresdurchschnittliche Preisniveau 2022 um rund 60 Prozent steigen, verglichen mit dem Jahr 2020.

Wohngeldhaushalte

Studenten und Auszubidende

Die Höhe des zweiten Heizkostenzuschusses für die Empfängerinnen und Empfänger von BAföG, Ausbildungs- und Berufsausbildungsbeihilfen beträgt 345 Euro. Dies entspricht wie bei den Wohngeldhaushalten einer Annahme von zusätzlichen 60 Prozent Preissteigerung, die mit Blick auf die angenommene Verdoppelung der Verbraucherpreise für Heizenergie im Jahresdurchschnitt 2022 gegenüber dem Jahr 2020 noch nicht durch den ersten Heizkostenzuschuss für diese Zielgruppe abgedeckt sind.

Keine Anrechnung

Eine Anrechnung des Heizkostenzuschusses bei anderen Sozialleistungen erfolgt nicht.

Kein Antrag

Der Zuschuss wird von Amtswegen ausgezahlt. Er muss also nicht beantragt werden und wird direkt auf das Konto überwiesen.

Wann wird gezahlt?

Geplant war, dass der zweite Zuschuss bis Ende 2022 gezahlt wird, doch daraus scheint nichts zu werden. Neuesten Angaben des Deutschen Städtetags zufolge ist mit der Auszahlung erst Ende Januar 2023 oder Anfang Februar 2023 zu rechnen.

Quellen: Bundestag, MDR, FOKUS-Sozialrecht

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Begleitung von Menschen mit Behinderungen im Krankenhaus

Aus eigener mehr als 35jähriger beruflicher Erfahrung weiß ich, welche schwer zu lösenden Probleme sich auftun, wenn ein Mensch mit Behinderung ins Krankenhaus muss. Oft können sie sich nicht verständlich machen oder verstehen die Aussagen des Krankenhauspersonals nicht. Alltägliche Unterstützungen, etwa bei der Korperhygiene, die sie brauchen und gewohnt sind, bekommen sie nicht vom Krankenhauspersonal, weil die Mitarbeiter dort nichts davon wissen oder es nicht leisten können. Dazu kommen die Verunsicherungen und Ängste in einer fremden Umgebung, die natürlich durch das „krank sein“ noch verstärkt werden.

Rattenschwanz

Klar ist, dass diese Menschen eine möglichst enge Begleitung brauchen. Wenn aber eine Assistenz organisiert werden musst, zog das einen Rattenschwanz an nachfolgenden Problemen mit sich nach. Angehörige haben unter Umständen Verdienstausfälle, Einrichtungen der Behindertenhilfe mussten zusätzliche Personalkosten stemmen.

In vielen Fällen war es den Angehörigen möglich, die Begleitung zumindest teilweise zu übernehmen. Oft musste aber das Betreuungspersonal der Einrichtung, in der der Patient lebte, die Aufgabe übernehmen. Das hatte natürlich massive Auswirkungen auf die „normale“ Arbeit, die Mehrarbeitsstunden häuften sich.

Neuregelung seit 1. November in Kraft

Lange bestand Unklarheit darüber, wer die Kosten trägt, wenn Menschen mit Behinderungen von einer vertrauten Bezugsperson im Krankenhaus begleitet werden müssen. Im vergangenen Jahr konnte endlich die Kostenträgerschaft geregelt werden. Die Neuregelungen sind nun zum 1. November 2022 in Kraft getreten.

Die Regelungen gelten für alle Menschen, die Leistungen der Eingliederungs­hilfe erhalten und auf Begleitung durch vertraute Bezugs­personen angewiesen sind, damit eine stationäre Kranken­hausbehandlung durchgeführt werden kann. Die Not­wendigkeit einer Begleitung kann beispielsweise gegeben sein, wenn Kommunikations­probleme bestehen oder Unterstützung im Umgang mit Belastungs­situationen erforderlich ist.

Was gilt?

Seit dem 1. November 2022 gilt:

  • Erfolgt die Begleitung durch vertraute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eines Leistungserbringers der Eingliederungshilfe, übernehmen die für die Leistungen der Eingliederungshilfe zuständigen Träger die Kosten.
  • Soweit die Begleitung durch Personen aus dem familiären oder engsten persönlichen Umfeld erfolgt, zahlt die gesetzliche Krankenversicherung bei einem Verdienstausfall der Begleitperson Krankengeld.

Richtlinien

Um klarzustellen,

  • welcher Personenkreis von Menschen mit Behinderung beim Krankenhausaufenthalt begleitet werden kann,
  • wer als Begleitperson in Frage kommt,
  • wie und wo der Bedarf einer Begleitung gegenüber dem Krankenhaus bescheinigt werden kann und
  • wie der Begleitungsbedarf gegenüber Arbeitgeber und Krankenkasse nach zuweisen ist,

hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) mittlerweile eine Richtlinie erstellt, die ausführlich alle diese Fragen klärt.

Evaluierung

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird mit dem Bundes­ministerium für Gesundheit und im Einvernehmen mit den Ländern die Neuregelungen evaluieren. Ergebnisse der Evaluation sollen zum Jahresende 2025 vorliegen.

Quellen: BMAS, G-BA, FOKUS-Sozialrecht

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Und noch mal: Kindergeld

In den letzten Tagen und Wochen gab es – auch in den Beiträgen hier – Fragen zum Kindergeld.

Vor ein paar Tagen thematisierten wir hier die Stellungnahme des Bundesrats zu Lindners Inflationsausgleichgesetz, unter anderem, warum eine Kindergelderhöhung nur für die ersten drei Kinder einer Familie vorgesehen ist. Ein paar Tage vorher ging es um die Nachbesserungen am selben Gesetz wegen der steigenden Inflation, mit einer weiteren Erhöhung der Steuerfreibeträge und auch des Kinderfreibetrags. „Kindergeld? Vergessen, Herr Lindner?„, stand damals im Text.

Beschlussfassung im Bundestag

Nun wurde heute der veränderte Gesetzentwurf im Bundestag beraten und siehe da, das Kindergeld wurde nicht vergessen. Es soll ab 1. Januar für alle Kinder 250 Euro betragen. Das ist eine deutliche Erhöhung, (derzeit 219 Euro) allerdings bei aktueller Inflationsrate von über 10 Prozent auch dringend nötig.

Kindergeld für alle Kinder gleich

Geklärt ist jetzt endgültig, dass es keine Staffelung danach mehr geben wird, ob das Kind als erstes oder viertes geboren wurde. Dies wird damit begründet, dass die gestaffelten Kindergeldhöhen in der praktischen Anwendung kompliziert seien und zu zusätzlichem Bürokratieaufwand führten. Zur Vereinfachung und mit Blick auf die geplante Leistungsbündelung im Rahmen der Kindergrundsicherung sollen die unterschiedlichen Kindergeldhöhen deshalb angeglichen werden, damit das
Kindergeld für alle Kinder gleich hoch ist. Das sei auch deshalb sinnvoll, weil auch bei den Freibeträgen für Kinder keine Staffelung nach der Anzahl der Kinder erfolge.

Relevante Zahlen

Hier noch mal alle im Inflationsausgleichsgesetz nachgebesserten für Familien relevante Beträge:

  • Der Grundfreibetrag soll ab 2023 um 561 Euro erhöht werden auf 10.908 Euro und ab 2024 um weitere 696 Euro auf 11.604 Euro.
  • Der Kinderfreibetrag (einschließlich des Freibetrages für den Betreuung-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf) soll ab 2023 um 404 Euro auf 8.952 Euro erhöht werden und ab 2024 um weitere 360 Euro auf 9.312 Euro.
  • Das Kindergeld beträgt ab 2023 für alle Kinder 250 Euro im Monat.

Rückwirkende Erhöhung des Kinderfreibetrags

Übrigens wird der aktuelle steuerliche Kinderfreibetrag rückwirkend zum 1.1.2022 um 160 Euro auf 5.620 Euro erhöht. Das war auch im ursprünglichen Entwurf so vorgesehen. Zusammen mit dem Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf (2.928 Euro) ergibt sich eine Anhebung des zur steuerlichen Freistellung des Kinderexistenzminimums dienenden Betrags von derzeit insgesamt 8.388 Euro um 160 Euro auf insgesamt 8.548 Euro.

Der steuerliche Grundfreibetrag wurde schon im Mai 2022 rückwirkend auf 10.292 Euro erhöht (Steuerentlastungsgesetz 2022).

Quellen: Bundestag, FOKUS-Sozialrecht

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Streit um das Bürgergeld

Die CDU droht beim Bürgergeld mit einer Blockade im Bundesrat. Zusammen mit Industrie-, Handwerks-, Mittelstands- und Arbeitgeberverbänden begann sie eine regelrechte Kampagne, um das Bürgergeldgesetz noch zu verhindern. Hierbei wird die Erhöhung der Regelsätze angesichts der aktuellen Inflationsraten zunehmend von der Kritik ausgenommen – ins Zentrum sind inzwischen die geplanten Regelungen zum Schonvermögen sowie zur Übernahme der Wohnkosten und die für die ersten Monate vorgesehene weitgehend sanktionsfreie Leistungsgewährung gerückt.

Neid-Kampagne, wie gehabt

Dabei sind die „Berechnungsbeispiele“, nach denen sich bei Einführung des Bürgergelds Arbeit nicht mehr lohne, sehr erfolgreich in den sozialen Medien und Teilen der Presse, allerdings oft falsch und irreführend. Wie die Fake-Berechnungen funktionieren und was daran falsch ist, hat der Volkswirt Dr. Johannes Steffen ausführlich in einem Interview mit der Frankfurter Rundschau beschrieben.

Mit ähnliche Kampagnen wurde schon bei Einführung des Arbeitslosengeldes II (2005) und man glaubt es kaum, schon bei Einführung der Sozialhilfe 1962, versucht die ärmsten Schichten der Bevölkerungen gegeneinander auszuspielen.

Konsens bei Regelsatzerhöhung

Trotz der „Arbeit muss sich lohnen“- Kampagne soll die Regelsatzerhöhung ja gar nicht verhindert werden. Die Regelsatzerhöhung könne man ja vom Gesetz abrennen und gesondert beschließen, so der Oppositionsführer Merz.

Dies hat die Ampelregierung natürlich abgelehnt, weil sie die Reform des SGB II als Gesamtpaket sieht mit den vebesserten Weiterbildungsangeboten und einer grundsätzlichen Strukturreform auch im Umgang mit den Leistuingsempfängern.

Wesentliche Teile erst im Juli 23

Wesentliche Teile des Gesetzes sollen ohnehin erst zum Juli 2023 in Kraft treten, unter anderem die neuen Regelungen zu

  • Kooperationsplan,
  • Vertrauenszeit und Kooperationszeit,
  • Schlichtungsverfahren,
  • Bürgergeldbonus,
  • Leistungsminderungen,
  • Weiterbildungsprämie und Weiterbildungsgeld.

Herausforderung für die Jobcenter

In der Anhörung im Auschuss Arbeit und Soziales zeigte sich auch die Vertreterin der Bundesarbeitsagentur darüber erleichtert, weil „die Arbeit im Jobcenter sich wesentlich verändern wird, dafür brauchen wir mehr Vorlaufzeit.“ Gefordert wurde dafür, auch von anderen Verbänden und vom DGB eine deutliche Aufstockung der Mittel im Haushalt 2023.

Abstriche möglich

Vermutlich wird Arbeisminister Heil nicht dran vorbeikommen, etwa bei den Plänen zum Schonvermögen sowie zur Übernahme der Wohnkosten und/oder bei den Sanktionsregelungen noch Abstriche zu machen. Was wiederum die Sozialverbände nicht begeistert hinnehmen werden. Es bleibt spannend.

Quellen: Bundesrat, Bundestag, Tagesschau, Frankfurter Rundschau, FOKUS-Sozialrecht

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