Verordnung zur Personalbemessung in Krankenhäusern

Die Diskussion um die Personalsituation im Pflegedienst der Krankenhäuser wird seit mehreren Jahrzehnten geführt. Bereits in den achtziger Jahren haben verschiedene Entwicklungen, unter anderem

  • die Zunahme diagnostischer und therapeutischer Verfahren durch den technischen Fortschritt und damit
  • eine Leistungsausweitung in der stationären Pflege,
  • demographische Entwicklungen und ein ständig wachsender Anteil älterer Patienten

dieses Thema in den Mittelpunkt in der sozialpolitischen Auseinandersetzung gerückt.

Verordnung der Bundesregierung

Mit der „Verordnung über die Grundsätze der Personalbedarfsbemessung
in der stationären Krankenpflege (Pflegepersonalbemessungsverordnung – PPBV)“, der der Bundesrat am 26. April 2024 zugestimmt hat, beabsichtigt die Bundesregierung, eine bedarfsgerechte Pflege von Patientinnen und Patienten sicherzustellen und die Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte im Krankenhaus zu verbessern. So soll gewährleistet werden, dass auch in Zukunft genügend Fachkräfte im Bereich der Pflege zur Verfügung stehen.

Regelungen zu den folgenden Bereichen:

  • Personalbemessung auf Normalstationen für Erwachsene,
  • Personalbemessung auf Normalstationen für Kinder,
  • Personalbemessung auf Intensivstationen für Kinder,
  • Übermittlung der erhobenen Daten an das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK)

Bereits im Jahr 2019 hatten sich die Deutsche Krankenhausgesellschaft, der Deutsche Pflegerat und die Gewerkschaft ver.di auf die Einführung des Pflegepersonalbemessungsinstruments PPR 2.0 verständigt und dieses im Jahr 2023 erprobt. Die Ergebnisse der Erprobung flossen in die Verordnung ein.

Bundesrat fordert weitere Maßnahmen

Der Bundesrat hat auf den Inhalt der Verordnung durch mehrere Maßgabe-Änderungsanträge, die vor allem den Anwendungsbereich und die Systematik der Regelungen betreffen, direkt Einfluss genommen.

In einer begleitenden Entschließung bittet er die Bundesregierung zu prüfen, ob die Verordnung nicht auch für Erwachsenen-Intensivstationen gelten müsse, um den Personalbedarf in Krankenhäusern vollständig zu ermitteln. Zudem kritisiert er die beschlossenen Regelungen als nicht ausreichend für bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege in Krankenhäusern und fordert schnellstmöglich weitere Maßnahmen, wie z.B. Bürokratieabbau und Steuererleichterungen für Pflegekräfte.

In-Kraft-Treten

Sofern die Bundesregierung mit den Maßgabe-Änderungen des Bundesrates einverstanden ist, tritt die Verordnung zum 1. Juli 2024 in Kraft. In einem späteren Verordnungsverfahren werden Regelungen zum Personalaufbau getroffen. Mit ihnen soll das Ziel der Erfüllung der Soll-Besetzung erreicht werden.

Quellen: Bundesrat, Bundestag

Abbildung: pixabay.com night-view-767852_1280.jpg

BAFöG im Bundesrat

Der Bundesrat beriet am 26. April 2024 den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur 29. Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG). In einer Stellungnahme fordert der Bundesrat Nachbesserungen. Mehr zum Entwurf hier.

Studienstarthilfe

Der finanzielle Rahmen der Reform von 150 Millionen Euro, den der Haushaltsausschuss des Bundestages vorgegeben hatte, wurde nicht ausgeschöpft. Es wäre möglich gewesen, die geplante Studienstarthilfe auf alle Studienanfänger auszudehnen, da man davon ausgehen könne, dass jeder, der BAföG beziehe, bedürftig sei. Das Prüfen weiterer Voraussetzungen und Nachweise für die Zahlung der Pauschale koste zusätzlich Geld und Zeit.

Bedarfssätze

Der Bundesrat hält es für erforderlich, im weiteren Gesetzgebungsverfahren die
Bedarfssätze mindestens auf das Bürgergeld-Niveau anzuheben. Der derzeitige BAföG-Bedarf für Studierende liegt mit 452 Euro deutlich unter dem Grundbedarf beim Bürgergeld in Höhe von 563 Euro. Eine derartige Ungleichbehandlung ist nicht zu rechtfertigen. Die gestiegenen Lebenshaltungskosten sollten bei den Bedarfssätzen berücksichtigt werden, damit das BaföG existenzsichernd ausgestaltet ist.

Flexibilitätssemester

Die Intention der Einführung eines Flexibilitätssemesters ist zwar begrüßenswert, greift jedoch mit der Verlängerungsmöglichkeit um ein Semester zu kurz. Um die Studienrealität der meisten Studierenden besser abzubilden und zur Vereinfachung des BAföG-Vollzugs bittet der Bundesrat daher, stattdessen die Förderungshöchstdauer um zwei Semester zu verlängern. Die Einführung eines Flexibilitätssemesters ist mit zusätzlichem bürokratischem Aufwand verbunden, der durch die pauschale Verlängerung der Förderungshöchstdauer um zwei Semester vermieden werden kann. Darüber hinaus berücksichtigt eine Verlängerung um zwei Semester die tatsächlichen Studienverläufe der meisten Studierenden.

Bundesregierung muss reagieren

Die Stellungnahme des Bundesrates wird der Bundesregierung zugeleitet, die darauf reagieren kann. Der Bundestag entscheidet, ob und in welcher Form er das Gesetz beschließt. Dann kommt es erneut im Bundesrat auf die Tagesordnung.

Quellen: Bundesrat, FOKUS-Sozialrecht

Abbildung: bafoeg-digital.jpg (Startseite des online-portals BAFöG-Digital)

vdek-Studie: Finanzielle Belastung von Pflegebedürftigen in Pflegeheimen nimmt zu

Dass Pflege in Deutschland immer teurer wird, beweist eine kürzlich vom Spitzenverband der Ersatzkassen (vdek) veröffentlichte Auswertung, in der die finanzielle Belastung Pflegebedürftiger in vollstationären Einrichtungen untersucht wurde. Dabei ist vor allem der sogenannte Eigenanteil im Zeitraum vom 01.01.2023 bis 01.01.2024 gestiegen.

Zwar gelten seit dem 01.01.2024 für die vollstationäre Pflege höhere Leistungszuschläge, in der Realität bedeutet dies jedoch keineswegs eine finanzielle Entlastung für pflegebedürftige Personen. Denn die Eigenanteile steigen schneller als die Zuschläge.

Zusätzlich zu den steigenden Eigenanteilen sind auch die durchschnittlichen Investitionskosten sowie die Kosten für Unterkunft und Verpflegung angestiegen. Eine mögliche Lösung des Problems wäre eine Übernahme der Investitionskosten durch die Bundesländer, wie von den Pflegekassen und vom Bundesgesundheitsministerium bereits mehrfach gefordert wurde. Dadurch könnten Bewohner vollstationärer Pflegeeinrichtungen im Durchschnitt monatlich 485 Euro einsparen. Eine gesetzliche Verankerung auf Übernahme der Investitionskosten durch die Bundesländer besteht aktuell nicht, könnte jedoch bei der für dieses Jahr durch das Bundesgesundheitsministerium angekündigten Finanzreform der sozialen Pflegeversicherung eine Rolle spielen.

 (Grafik entnommen aus dem Beraterbrief Pflege 2024/08)

Reform des Aufstiegs-BAföG

Das Ministerium für Bildung und Forschung hat im März einen Gesetzentwurf zur Änderung des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes vorgelegt. Ziel des Fünften Gesetzes zur Änderung des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes ist es, das Leistungsangebot des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes (AFBG) weiter zu verbessern, um stetig hochqualifizierte Fachkräfte zu gewinnen und die höherqualifizierende Berufsausbildung damit insgesamt in ihrer Attraktivität zu steigern.

Worum geht es?

Angehörige aller Berufsfelder – ob Handwerksgesellen oder Facharbeiter und Techniker in der Industrie, Fachwirte, Kaufleute, Beschäftigte in Gesundheits- oder Pflegeberufen oder Erzieher und Erzieherinnen – können altersunabhängig an Aufstiegsfortbildungen teilnehmen. Diese Weiterbildungsmaßnahmen können berufsbegleitend in Teilzeit oder als Vollzeitfortbildung gestaltet sein.

Fachkräfte, die an diesen Maßnahmen der beruflichen Aufstiegsfortbildung teilnehmen, erhalten einkommensunabhängig einen Beitrag zu den Kosten der Fortbildung. Bei Vollzeitmaßnahmen wird ein Beitrag zum Lebensunterhalt und gegebenenfalls zur Kinderbetreuung gewährt, sofern das eigene Einkommen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht ausreicht. Die Förderung erfolgt teils als Zuschuss, teils als zinsgünstiges Darlehen.

Wesentlicher Inhalt des Entwurfs

Die Leistungen des AFBG werden zur Unterstützung des persönlich motivierten lebensbegleitenden Lernens verbessert. Wie im Ampel – Koalitionsvertrag vorgesehen sieht der Entwurf folgende Maßnahmen vor:

  • Der maximale Gesamtbetrag der geförderten Lehrgangs- und Prüfungsgebühren
    wird von bisher 15 000 Euro auf 18 000 Euro angehoben.
  • Der maximale Gesamtbetrag der Förderung für die Erstellung des Meisterstücks oder vergleichbarer Arbeiten wird von bisher 2 000 Euro auf 4 000 Euro angehoben.
  • Der Bestehenserlass im Rahmen des Darlehens für die Lehrgangs- und Prüfungsgebühren wird von 50 auf 60 Prozent erhöht.
  • Die Anrechnung von zweckgleichen Arbeitgeberleistungen auf den Maßnahmebeitrag entfällt.
  • Der Kinderbetreuungszuschlag für Alleinerziehende in Vollzeit- und Teilzeitmaßnahmen wird von 150 Euro auf 160 Euro pro Monat je Kind erhöht.
  • Es wird klargestellt, dass die Vorbereitung auf Abschlüsse, die auf der Grundlage
    hochschulrechtlicher Regelungen geregelt werden, nicht als berufliche Aufstiegsfortbildung nach dem AFBG förderfähig ist.
  • Der Träger einer Fortbildungsmaßnahme wird im Gesetz definiert.

DGB-Stellungnahme

Der DGB kritisiert in seiner Stellungnahme, dass der Entwurf weit hinter den vereinbarten Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag zurückbliebe. Die Unterhaltsförderung des AFBG sei vor allen für Berufstätige in ihrer derzeitigen
Form nicht attraktiv. Die Förderung müsse an die Bedürfnisse von Berufstätigen angepasst werden, damit mehr Beschäftigte Ihre Weiterbildung berufsbegleitend machen könnten.

Quellen: BMBF, DGB, SOLEX, Kompetenzzentrum Jugendcheck

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Antrag zu nichtinvasiven Pränataltests

Der Bundestag berät am Mittwoch, 24. April 2024, erstmals über einen interfraktionellen Antrag von 121 Abgeordneten von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und der Gruppe Die Linke mit dem Titel „Kassenzulassung des nichtinvasiven Pränataltests – Monitoring der Konsequenzen und Einrichtung eines Gremiums“ (20/10515). Im Anschluss an die rund 45-minütige Aussprache soll der Antrag zur weiteren Beratung an den federführenden Gesundheitsausschuss überwiesen werden.

Systematische Auswertung

Die Abgeordneten fordern, die Folgen der Kassenzulassung des nichtinvasiven Pränataltests (NIPT) systematisch auszuwerten. Nach der Einigung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) sei der NIPT seit Juli 2022 eine Kassenleistung, sofern die Schwangere zusammen mit der Gynäkologin zu dem Schluss komme, dass der Test notwendig sei. 

Jedoch regele der G-BA weder in den Mutterschaftsrichtlinien (MuRL) noch in der „Versicherteninformation Bluttest auf Trisomien/Der nicht invasive Pränataltest (NIPT) auf Trisomie 13, 18 und 21“ ausreichend klar, wann dieser Bluttest zur Anwendung kommen sollte.

Es sei zu befürchten, dass den Schwangeren unabhängig von einer medizinischen Relevanz empfohlen werde, den NIPT vornehmen zu lassen, auch damit sich Ärzte absichern können. Dies könnte dazu führen, dass der Test so regelmäßig angewendet werde, dass es faktisch einer Reihenuntersuchung gleichkomme.

Einerseits zeige die wissenschaftliche Auswertung zur Versicherteninformation des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG), dass die Mehrheit der Befragten angebe, sich frei für oder gegen den Test entscheiden zu können. Jedoch empfänden etwa 30 Prozent der Befragten die Versicherteninformation als klare Empfehlung zugunsten des Bluttests. Andererseits verließen sich vermehrt Schwangere nach einem negativen NIPT-Ergebnis darauf, dass sie ein gesundes Kind gebären werden und verzichteten etwa auf das Ersttrimesterscreening. 

Monitoring zu den Folgen der Kassenzulassung

Die Abgeordneten fordern in ihrem Antrag ein Monitoring zur Umsetzung und zu den Folgen der Kassenzulassung, um zeitnah belastbare Daten zu verschiedenen Aspekten erheben und auswerten zu können.

Zudem sollte ein interdisziplinäres Expertengremium eingesetzt werden, das die rechtlichen, ethischen und gesundheitspolitischen Grundlagen der Kassenzulassung des NIPT prüft.

Masterarbeit zu den Einstellungen

Interessant bei dem Thema ist auch die Masterarbeit von Johanna Martens an der Medical School Hamburg: „Einstellungen und Meinungen zu Trisomie 21, die auf den Entscheidungsprozess bei pränataler Diagnostik Einfluss nehmen“.

In der vorliegenden Arbeit werden Zusammenhänge zwischen den Einstellungen zu
Menschen mit Trisomie 21 und den etablierten nicht-invasiven pränatalen Tests (NIPT) in der Schwangerschaft untersucht.

Es konnten signifikante Zusammenhänge zwischen der Einstellung zu Menschen mit
Trisomie 21 und der Häufigkeit des Kontaktes zu ihnen ausgemacht werden. Im Klartext: Je weniger über Menschen mit Trisomie 21 bekannt ist und je weniger Kontakt zu diesen Menschen, desto häufiger wird ihnen – und ihren Angehörigen – ein qualitativ schlechtes, leiderfülltes Leben zugeschrieben. Menschen mit Trisomie 21 schätzen ihre Lebensqualität deutlich höher ein. Auch die Fremdbewertung der Lebensqualität von Menschen mit Trisomie 21 wird am höchsten von Personen mit häufigem Kontakt zu ihnen eingeschätzt.

Ohrenkuss

Wer wenig oder keinen Kontakt zu Menschen mit Down-Syndrom (Trisomie 21) hat, dem sein zum Einstieg Ohrenkuss empfohlen. Ohrenkuss ist ein 1998 gegründetes Magazin von Menschen mit Down-Syndrom.

Quellen: Bundestag, Medical School Hamburg, Ohrenkuss

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Entwicklungen im Pflegemarkt

Wegen der Insolvenzwelle im Pflegebereich stellte die CDU/CSU-Fraktion eine kleine Anfrage an die Bundesregierung zu ihrer Einschätzung der mittel- bis langfristigen Entwicklungen im Pflegemarkt.

Anstieg der pflegebedürftigen Menschen

In ihrer Antwort berichtet die Bundesregierung, dass den Ergebnissen der Pflegevorausberechnung 2023 des Statistischen Bundesamtes zufolge die Zahl der pflegebedürftigen Menschen in Deutschland von rund fünf Millionen Ende 2021 auf etwa 6,8 Millionen im Jahr 2055 ansteigen werde.  Dies entspreche einer Zunahme von rund 37 Prozent, führt die Bundesregierung weiter aus. Insofern sei zu erwarten, dass auch die Nachfrage nach Angeboten der pflegerischen Versorgung in den nächsten Jahren weiter ansteigen wird.

Pflege zu Hause stegt weiter

Dabei ist der Antwort zufolge zu beachten, dass hinsichtlich der prognostizierten Anstiege Unterschiede zwischen den Ländern beziehungsweise zwischen einzelnen Regionen zu erwarten sind. Die Entwicklung des Pflegemarkts wird zudem auch von den nachgefragten Versorgungsarten beeinflusst, wie die Bundesregierung des Weiteren schreibt. So sei der Anteil der pflegebedürftigen Personen, die in der eigenen Häuslichkeit versorgt wurden, in den vergangenen Jahren weiter angestiegen.

Neue Wohnformen

„Laut aktueller Pflegestatistik werden etwa 84 Prozent der Pflegebedürftigen (4,17 Millionen) zu Hause durch pflegende An- und Zugehörige und/oder ambulante Pflegedienste versorgt“, heißt es in der Antwort ferner. Auch vor diesem Hintergrund sei zu beobachten, dass viele Träger neue Wohnformen aufbauen, die das Ziel verfolgen, Angebote klassischer Pflegeheime zu substituieren. In der Regel seien dies Angebote, die betreutes Wohnen, Tagespflege sowie Unterstützung durch ambulante Pflegedienste kombinieren.

Zentrale Rolle privater Träger

In Bezug auf den prognostizierten Ausbau der Pflegeinfrastruktur nehmen private Träger von Pflegeeinrichtungen der Bundesregierung zufolge eine zentrale Rolle ein. Bereits seit Einführung der sozialen Pflegeversicherung im Jahr 1995 trügen private Träger dazu bei, „dass das Angebot an Pflegeeinrichtungen den steigenden Bedarfen für pflegerische Leistungen entsprechen kann und die pflegerische Versorgung der Bevölkerung sichergestellt wird“.

Anteil der Privaten im ambulanten Bereich

Insbesondere im ambulanten Bereich sei der Anteil privater Träger dabei stetig gewachsen, schreibt die Bundesregierung. Dieser betrage laut der aktuellen Pflegestatistik rund 68 Prozent (10.430 von insgesamt 15.376 ambulanten Pflegediensten). Im stationären Bereich, wo ein weniger starker Anstieg der privaten Träger zu verzeichnen sei, betrieben private Träger laut aktueller Pflegestatistik zirka 43 Prozent aller stationären Einrichtungen (6.876 von insgesamt 16.115 Einrichtungen).

Vorrang privater Träger

Wie aus der Antwort zudem hervorgeht, besteht nach dem Recht der Pflegeversicherung die Verpflichtung, die Vielfalt der Träger von Pflegeeinrichtungen zu wahren sowie deren Selbstständigkeit, Selbstverständnis und Unabhängigkeit zu achten. Freigemeinnützige und private Träger haben den Angaben zufolge Vorrang gegenüber öffentlichen Trägern. Unabhängig von ihrer Trägerschaft haben alle zugelassenen Pflegeeinrichtungen laut Bundesregierung „die gesetzlichen und vertraglich vereinbarten Vorgaben und Nachweispflichten – insbesondere zur Personalausstattung und -entlohnung sowie zur Qualitätssicherung – einzuhalten“.

Quellen: Bundestag, Tagesschau

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Pflege-Mindestentgelte ab dem 1. Mai 2024

Auf Empfehlung der 5. Pflegekommission hatte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Sechste Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche (Sechste Pflegearbeitsbedingungenverordnung – 6. PflegeArbbV) erlassen. Sie sieht Steigerungen der Mindestentgelte in Pflegebetrieben für Pflegekräfte in drei Stufen vor.

Erste Erhöhung war im Februar

Die erste Erhöhung auf 14,15 Euro brutto je Stunde für Pflegehilfskräfte, auf 15,25 Euro brutto je Stunde für Pflegekräfte mit einer mindestens einjährigen Ausbildung und einer entsprechenden Tätigkeit, und auf 18,25 Euro brutto je Stunde für Pflegefachkräfte war bereits ab dem 1. Februar 2024 erfolgt.

Die nächste Erhöhung der Mindestentgelte auf 15,50 Euro brutto je Stunde / 16,50 Euro brutto je Stunde / 19,50 Euro brutto je Stunde steht nun ab dem 1. Mai 2024 an.

Eine dritte und letzte Erhöhung auf 16,10 brutto je Stunde / 17,35 Euro brutto je Stunde / 20,50 Euro brutto je Stunde wird ab dem 1. Juli 2025 wirksam werden.

Erhöhung

Die Erhöhungsschritte im Einzelnen:

Für Pflegehilfskräfte

Datum Höhe Steigerung
seit 01.02.2024 14,15 €
ab 01.05.2024 15,50 € 9,54 %
ab 01.07.2025 16,10 € 3,87 %

Für qualifizierte Pflegehilfskräfte (Pflegekräfte mit einer mindestens 1-jährigen Ausbildung und einer entsprechenden Tätigkeit)

Datum Höhe Steigerung
seit 01.02.2024 15,25 €
ab 01.05.2024 16,50 € 8,20 %
ab 01.07.2025 17,35 € 5,15 %

Für Pflegefachkräfte

Datum Höhe Steigerung
seit 01.02.2024 18,25 €
ab 01.05.2024 19,50 € 6,85 %
ab 01.07.2025 20,50 € 5,13 %

Quellen: Bundesgesetzblatt, FOKUS-Sozialrecht, Paritätischer Gesamtverband

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Geld gegen Populismus

In vielen EU-Ländern sind die Umfragewerte rechtspopulistischer Parteien hoch – bei der Europawahl im Juni könnten sie triumphieren. Wirtschaftswissenschaftler vom Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) haben erforscht, wie Regierungen gegensteuern können.

Das Istitut

Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) ist ein Zentrum weltwirtschaftlicher Forschung mit Sitz in Kiel. Es zählt zu den sechs führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstituten, die als Mitglieder der Leibniz-Gemeinschaft zu gleichen Teilen vom Bund und der Gemeinschaft der Bundesländer finanziert werden.

Die Studie

Das Ergebnis der Studie, veröffentlicht im April 2924 in einem sogenannten „Policy Brief“, ist eindeutig: EU-Regionalpolitik verringert Unterstützung populistischer Parteien:

  • Insbesondere verringert EU-Regionalpolitik die Unterstützung populistischer Parteien vom rechten Rand des politischen Spektrums.
  • Entsprechende Investitionen in die Entwicklung randständiger Regionen reduzieren den Stimmenanteil rechtspopulistischer Parteien bei Europawahlen um 2–3 Prozentpunkte; im Durchschnitt entspricht das einer Reduktion von 15–20 Prozent.
  • Gleichzeitig erhöht sich das Vertrauen in demokratische Institutionen, und die Unzufriedenheit mit der EU nimmt ab.
  • Die Unterstützung linkspopulistischer Parteien wird nicht beeinflusst.

Investitionen wirken

Angesichts der anstehenden Europawahlen und der Präsidentschaftswahlen in den USA ist die Frage, wie der Aufstieg des Populismus gestoppt werden kann von breitem Interesse. Die Studie zeigt, dass regionalpolitische Maßnahmen die Unterstützung populistischer Parteien wirksam verringern. Investitionen der EU in die Entwicklung strukturschwacher Regionen führen dazu, dass der Stimmenanteil rechtspopulistischer Parteien bei Europawahlen um 15–20 Prozent sinkt. Darüber hinaus erhöht EU-Regionalpolitik das Vertrauen in demokratische Institutionen und verringert die Unzufriedenheit mit der EU.

Unterstützung strukturschwacher Regionen

EU-Regionalpolitik finanziert sich aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) sowie dem Europäischen Sozialfonds und dem Kohäsionsfonds. Die Autoren der Studie, Robert Gold und Jakob Lehr, konzentrierten sich auf die Hauptförderlinie zur Unterstützung strukturschwacher Regionen, dem sog. „Ziel-1“.

Ziel-1 folgt siebenjährigen Förderperioden. Untersucht wurden Politikeffekte für drei Perioden von 2000 bis 2020 für bis zu 27 Mitgliedsstaaten. Zu Beginn jeder Förderperiode definiert die EU-Kommission Regionen, die sich für Ziel-1-Förderung qualifizieren. Diese Regionen erhalten im Durchschnitt 1,4 Milliarden Euro an Ziel-1-Mitteln, das sind 530 Euro pro Einwohner*in.

200 Euro pro Kopf

Ziel-1-Investitionen in die Entwicklung strukturschwacher Regionen verringern den regionalen Stimmenanteil rechtspopulistischer Parteien bei Europawahlen. Im Durchschnitt verringert EU-Regionalpolitik den Stimmenanteil der Rechtspopulisten um 2–3 Prozentpunkte. Das sind 15–20 Prozent der Stimmen für diese Parteien. Entsprechend reduziert EU-Regionalförderung in Höhe von 200 Euro pro Kopf die Unterstützung der Rechtspopulisten um wenigstens einen Prozentpunkt.

Wahlverhalten reagiert auf die Förderung

Die Analyse konzentriert sich auf den reinen Politikeffekt, unabhängig von zeitgleichen Einflüssen. Zunächst wurden ähnlich strukturschwache Regionen verglichen, die sich nur aufgrund regulatorischer Bestimmungen im Förderstatus unterscheiden. Dann werden strukturschwache Regionen analysiert, die aufgrund der EU-Osterweiterung ihren Förderstatus verloren. Schließlich wurden Regionen betrachtet, die nur (nicht) gefördert werden, weil sie arme (reiche) Nachbarregionen haben. Alle Resultate zeichnen dasselbe Bild: Regionalförderung reduziert die Unterstützung rechtpopulistischer Parteien, der Verlust von Regionalförderung erhöht sie, und das Wahlverhalten in strukturschwachen Regionen reagiert besonders stark auf die Förderung.

Eine Analyse von Befragungsdaten Hunderttausender von EU-Bürgerinnen erlaubt Rückschlüsse auf die zugrunde liegenden Wirkungskanäle. Ziel-1-Förderung erhöht das Vertrauen in die EU und in demokratische Institutionen. Dies scheint ein Grund zu sein, warum Wählerinnen in geförderten Regionen populistischen Parteien ihre Unterstützung entziehen.

Quellen: Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW). wikipedia, Bundeswirtschaftsministerium, Spiegel

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Wahlalter im Petitionsausschuss

Eine Petition, die sich gegen eine Absenkung des aktiven Wahlalters für Bundestagswahlen auf 16 Jahre ausspricht, fand bei der Sitzung am Mittwoch keine Mehrheit. Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen sowie der Gruppe Die Linke wurde eine Beschlussempfehlung an den Bundestag verabschiedet, die vorsieht, das entsprechende Petitionsverfahren abzuschließen. Die Fraktionen von CDU/CSU und AfD hatten hingegen für eine Überweisung der Petition an die Bundesregierung mit dem höchstmöglichen Votum „zur Berücksichtigung“ votiert.

verantwortliche Wahlentscheidung

In der aus dem Januar 2023 stammenden öffentlichen Petition (ID 144196) heißt es, mit Blick auf die Ereignisse in Berlin-Neukölln an Silvester 2022 könne nicht angenommen werden, dass Wählerinnen und Wähler mit 16 Jahren schon genügend Umsicht und gesellschaftliche Kenntnisse entwickelt hätten, um eine verantwortliche Wahlentscheidung treffen zu können. Die Gefahr der Verbreitung durch sich explizit auf diese Wähler einstellende neue Parteien mit demokratiezersetzenden Narrativen sei zudem zu groß, schreibt der Petent.

positive Erfahrungen bei Kommunalwahlen

In der Begründung zu seiner Beschlussempfehlung verweist der Petitionsausschuss unter anderem darauf, dass das aktive Wahlalter für Wahlen zum Europäischen Parlament (EP) bereits auf 16 Jahre gesenkt worden sei. Hintergrund der entsprechenden Entscheidung des Bundestages im Jahr 2022 sei gewesen, „dass das frühere aktive Wahlalter von 18 Jahren Menschen vom Wahlrecht ausgeschlossen hat, die an zahlreichen Stellen in der Gesellschaft Verantwortung übernehmen und sich in den politischen Prozess einbringen können und wollen“. Zudem habe sich der Gesetzgeber bei seiner Entscheidung für eine Absenkung des Wahlalters für die Wahlen zum EP auf die positiven Erfahrungen mit einer entsprechenden Absenkung bei Landtags- und Kommunalwahlen in mehreren Ländern gestützt.

Im Koalitionsvertrag vorgesehen

Für die im Koalitionsvertrag vorgesehene Absenkung des aktiven Wahlalters für Bundestagswahlen auf 16 Jahre sprechen aus Sicht der Ausschussmehrheit im Wesentlichen dieselben Gesichtspunkte wie für die bereits vollzogene Absenkung des Wahlalters auf europäischer Ebene. Auch auf nationaler Ebene sollten 16-jährige nicht vom Wahlrecht ausgeschlossen werden, wenn sie an zahlreichen Stellen in der Gesellschaft Verantwortung übernehmen und sich in den politischen Prozess einbringen können und wollen. Zudem gelte auch hier, dass gerade die junge Generation durch aktuelle politische Entscheidungen, insbesondere auf den Feldern des Klimaschutzes, der sozialen Sicherungssysteme, der öffentlichen Investitionen und der Regulierung des Internets, in besonderer Weise betroffen sein werde.

Empfehlung der Kommission

Der Ausschuss hebt außerdem hervor, dass auch die Kommission zur Reform des Wahlrechts und zur Modernisierung der Parlamentsarbeit in ihrem Abschlussbericht vom 12. Mai 2023 (20/6400) dem Bundestag mehrheitlich empfohlen habe, das aktive Wahlalter bei Bundestagswahlen von 18 auf 16 Jahre abzusenken.

mit 16 genügend Umsicht

Was den Einwand des Petenten angeht, es könne nicht angenommen werden, dass Wählerinnen und Wähler mit 16 Jahren schon genügend Umsicht und gesellschaftliche Kenntnisse entwickelt hätten, und die Gefahren der Beeinflussung durch demokratiezersetzende Narrative zu groß seien, so widersprächen dem sowohl empirische Befunde als auch rechtliche Wertungen, heißt es in der Vorlage. Die kognitive Entwicklungsforschung zeige, dass in der Altersspanne zwischen 12 und 14 Jahren bei fast allen Jugendlichen ein intellektueller Entwicklungsschub stattfinde, der sie dazu befähige, abstrakt, hypothetisch und logisch zu denken. Parallel hierzu steige in dieser Altersspanne auch die Fähigkeit an, sozial, ethisch und politisch zu denken und entsprechende Urteile abzugeben. „Wenn dies für 14-Jährige gilt, dann muss es für 16-Jährige erst recht gelten“, urteilt der Petitionsausschuss.

Quelle: Bundestag

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Gesetz zur Selbstbestimmung beim Geschlechtseintrag

Der Bundestag befasst sich am Freitag, 12. April 2024, abschließend mit Erleichterungen zur Änderung von Geschlechtseinträgen. Die Bundesregierung hat dazu einen Gesetzentwurf über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag und zur Änderung weiterer Vorschriften (20/9049) eingebracht.

Entwurf der Bundesregierung

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung (20/9049) sieht vor, dass Geschlechtseinträge und Vornamen künftig per Erklärung gegenüber dem Standesamt geändert werden können. Die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung soll entfallen. Die Neuregelung soll auch für nichtbinäre Personen gelten, die sich keinem Geschlecht zugehörig fühlen. Das bisher einschlägige Transsexuellengesetz soll aufgehoben werden.

Eine Voraussetzung soll sein, dass eine Änderung drei Monate vorher beim zuständigen Standesamt angemeldet werden muss. Für unter 15-Jährige soll nur der gesetzliche Vertreter die Erklärung abgeben können, über 14-Jährige sollen sie mit Zustimmung des gesetzlichen Vertreters selbst abgeben können. Stimmt dieser nicht zu, soll das Familiengericht die Zustimmung ersetzen können, „wenn die Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen dem Kindeswohl nicht widerspricht“.

Regelungen zur Wirkung der Änderungen

In dem Entwurf werden zudem Regelungen zur Wirkung der Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen aufgeführt. Danach sollen grundsätzlich der jeweils aktuelle Geschlechtseintrag und die jeweils aktuellen Vornamen im Rechtsverkehr maßgeblich sein. Ausdrücklich wird ausgeführt, dass „betreffend den Zugang zu Einrichtungen und Räumen sowie die Teilnahme an Veranstaltungen […] die Vertragsfreiheit und das Hausrecht des jeweiligen Eigentümers oder Besitzers sowie das Recht juristischer Personen, ihre Angelegenheiten durch Satzung zu regeln, unberührt [bleiben]“. Als Beispiel wird in die Begründung auf den Zugang zu Saunas verwiesen.

Normiert wird auch, welche Folgen die Änderung eines Geschlechtseintrags auf quotierte Gremien hat. Ferner wird angeführt, dass Rechtsvorschriften, die etwa künstliche Befruchtung, Schwangerschaft oder Entnahme von Samenzellen betreffen, unabhängig von dem im Personenstandsregister eingetragenen Geschlecht der jeweiligen Person gelten sollen, wenn die Person etwa gebärfähig ist. Weitere Regelungen betreffen unter anderem die Änderung von Registern und Dokumenten, das Offenbarungsverbot, das Eltern-Kind-Verhältnis sowie die Wehrpflicht im Spannungs- und Verteidigungsfall.

Langer Weg

Über den langen Weg zum Selbstbestimmungsgesetz und die kontroversen Diskussionen darüber haben wir hier mehrfach berichtet:

Quelle: Bundestag

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