Koordinierte Versorgung bei Long-COVID

Im Dezember 2023 hatte der G-BA (Gemeinsame Bundesausschuss der Krankenkassen) definiert, was unter Long-Covid und ähnlichen Krankheitsbildern zu verstehen ist und Versorgungspfade beschrieben. Die jetzt veröffentlichte Richtlinie regelt das Abrechnungsverfahren, so dass ab 2025 eine Versorgung der Patienten umfassend geregelt ist.

Versorgung bei Verdacht auf Long-COVID

Die Richtlinie des Gemeinsamen Bundesauschusses (G-BA) für eine koordinierte berufsgruppenübergreifende Versorgung bei Verdacht auf Long-COVID oder eine Erkrankung, die eine ähnliche Ursache oder Krankheitsausprägung aufweist, kann ab dem 1. Januar 2025 ihre Wirkung entfalten. Der Bewertungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen hat zu diesem Stichtag nun die bislang noch ausstehenden Abrechnungsziffern für die in diesem Rahmen von Vertragsärztinnen und Vertragsärzten zu erbringenden Leistungen festgelegt. Ziel der Long-COVID-Richtlinie des G-BA ist es u.a., dass die oft unspezifischen Symptome standardisiert abgeklärt werden und je nach Schweregrad und Komplexität der Erkrankung die ambulanten Strukturen und Angebote bedarfsgerecht genutzt werden. Damit dies gelingt, soll eine ärztliche Ansprechperson, in der Regel wird das eine Hausärztin oder ein Hausarzt sein, die notwendigen Untersuchungen und Behandlungs- und Unterstützungsmöglichkeiten koordinieren.

Was versteht man unter Long-COVID und Post-COVID?

Länger als vier Wochen anhaltende oder neu auftretende Symptome ab vier Wochen nach einer Corona-Infektion werden als Long-COVID bezeichnet. Von Post-COVID spricht man bei Erwachsenen mit Symptomen, die länger als zwölf Wochen nach einer Corona-Infektion andauern oder auftreten, bei Kindern und Jugendlichen länger als acht Wochen.

Sehr häufige Symptome bei Long-/Post-COVID sind*:

  • Müdigkeit und krankhafte Erschöpfung („Fatigue“)
  • Eingeschränkte Belastbarkeit
  • Kurzatmigkeit/Atemnot bei Belastung
  • Kopfschmerzen
  • Muskel-/Gelenkschmerzen
  • Schlafstörungen

Typisch dabei ist ein wellenförmiger Verlauf der Beschwerden.

Zu den weiteren Erkrankungen mit ähnlicher Symptomatik zählen das Post-Vac-Syndrom und die Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom (ME/CSF).

Drei Ebenen der Versorgung

Erste Anlaufstelle bei Long-/Post-COVID-Beschwerden ist in der Regel die Hausärztin bzw. der Hausarzt, bei Kindern und Jugendlichen eine Fachärztin oder ein Facharzt der Kinder- und Jugendmedizin. Sie oder er übernimmt die standardisierte Eingangsdiagnostik, die in der Long-COVID-Richtlinie festgelegt ist und koordiniert, u.a. und falls erforderlich, die Einbindung weiterer Gesundheitsfachleute. Die koordinierende Ärztin oder der koordinierende Arzt bindet nach Bedarf weitere Facharztgruppen und Gesundheitsberufsgruppen in die Behandlung mit ein. Als dritte Ebene unterstützen Spezialambulanzen die Schwerstbetroffenen und Patientinnen und Patienten mit einem komplexen Versorgungsbedarf.

Mehr Informationen dazu auf der Homepage des G-BA.

Quellen: G-BA, FOKUS-Sozialrecht

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Zwischen Gesetzgebung und Wahlkampf – Ungewisse Zukunft der Betreuervergütung: Kabinett legt Formulierungshilfe vor

Mit dem Ende der Ampel-Koalition und der anstehenden Neuwahl des Deutschen Bundestages stehen viele Gesetzesvorhaben vor einer ungewissen Zukunft. Noch nicht verabschiedete Gesetzesvorhaben verfallen mit dem Ende der Legislaturperiode (sog. Diskontinuitätsprinzip).

Trotz #Ampelaus und geplanter Beantragung der Vertrauensfrage tagt das Bundeskabinett wöchentlich und beschließt weiterhin fleißig die Einbringung von Gesetzesvorhaben. Dies war auch in der Kabinettssitzung am 11.12.2024 wieder der Fall. Beschlossen wurde u. a. eine Formulierungshilfe zum „Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Vormünder- und Betreuervergütung und zur Entlastung von Betreuungsgerichten und Betreuern“ – genauer gesagt eine „Formulierungshilfe für die Koalitionsfraktionen für einen aus der Mitte des Deutschen Bundestages einzubringenden Gesetzentwurf“.

Was bedeutet das vom Gesetzgebungsprozess her?

  • „Formulierungshilfe“: Eine Formulierungshilfe ist ein Textenwurf, der von der Bundesregierung, in der Regel von den zuständigen Ministerien, erarbeitet wird. Dieser Text dient als Grundlage für einen späteren Gesetzentwurf.
  • für die Koalitionsfraktionen“: Diese Formulierung weist darauf hin, dass die Bundesregierung den Entwurf speziell für die Fraktionen der Parteien, die die Regierung bilden (die Koalitionsfraktionen), erarbeitet hat.
  • für einen aus der Mitte des Deutschen Bundestages einzubringenden Gesetzentwurf“: Diese Formulierung bedeutet, dass der Gesetzentwurf formell von Abgeordneten der Koalitionsfraktionen und nicht von der Bundesregierung eingebracht werden soll. Ein Gesetzesvorhaben, das „aus der Mitte des Bundestages“ kommt, muss von einer Fraktion oder von mindestens fünf Prozent der Bundestagsabgeordneten unterzeichnet und eingebracht werden. Dies bestimmt die Geschäftsordnung des Bundestages in § 76 Absatz 1.

Was bedeutet das zeitlich?

  • Es müssen sich genügend Bundestagsabgeordnete (oder eine Fraktion) finden, die den Gesetzentwurf in die Hand nehmen und in den Bundestag einbringen. Ist dies geschehen, nimmt das Gesetzgebungsverfahren seinen Lauf:
  • Initiativen aus dem Bundestag gehen an den Bundesrat, der dazu Stellung nimmt, diese Stellungnahme geht dann zurück an die Initiatoren. Dies geschieht in der Regel innerhalb von sechs Wochen. Besonders eilige Vorlagen können bereits nach drei Wochen dem Bundestag zugeleitet werden, die Stellungnahme des Bundesrates wird nachgereicht.
  • Nun beginnen die Lesungen im Bundestag. In der ersten Lesung (Beratung) findet eine allgemeine Aussprache über die Notwendigkeit und den Zweck eines Gesetzes statt.
  • Nach der ersten Beratung wird der Gesetzentwurf zur weiteren Beratung und Bearbeitung an den zuständigen Ausschuss überwiesen und dort ausführlich beraten (im Rahmen von Anhörungen, teilweise mit externen Sachverständigen). Am Ende steht ein schriftlicher Bericht mit einer Beschlussempfehlung, der dem Plenum des Bundestages zur zweiten Beratung vorgelegt wird.
  • In der zweiten Beratung findet eine Aussprache über den Gesetzentwurf, den Bericht des Ausschusses und dessen Änderungsanträge statt. Anschließend wird abgestimmt. Unmittelbar daran schließt sich die dritte Beratung an. Sie endet mit der Schlussabstimmung.
  • Der Bundestagspräsident leitet den Gesetzesbeschluss dem Bundesrat zu. Dort wird er einem oder mehreren Ausschüssen des Bundesrates zur Beratung zugewiesen, über deren Beschlussempfehlung dann das Plenum des Bundesrates abstimmt (zweiter Durchgang im Bundesrat).

Warum diese ausführliche Beschreibung?

Trotz Pressemitteilungen oder Social-Media-Aktivitäten: Ein Gesetzgebungsverfahren folgt einem strikten Ablauf … und der braucht seine Zeit. Und das ist angesichts der angestrebten Bundestagswahl am 23.2.2025 ein echtes Problem.

Schaut man sich die Terminpläne von Bundestag und Bundesrat an, wird deutlich, dass die Verabschiedung des Gesetzes im Bundestag eine enge Kiste wird. Diese Plenumssitzungen sind terminiert:

16.12. Vertrauensfrage

17.12.-20.12. Plenum; nach derzeitiger Tagesordnung findet sich noch kein Topic für den Gesetzentwurf

Weitere Plenarsitzungen sind terminiert für den 27.01.-31.01. und 10.02.-11.02.2025.

Dann ist „Schicht im Schacht“. Wenn am 11.02.2025 das Gesetz nicht in 2./3. Lesung durch ist, dann unterliegt es der Diskontinuität.

Freilich .. theoretisch wäre es möglich, dass sich der Bundestag zu außerordentlichen Sitzungen im Plenum zusammenfindet. Da aber ab Januar 2025 der Wahlkampf auf Hochtouren läuft, ist das eher unwahrscheinlich.

Wäre das so schlimm … oder … die Hoffnung stirbt zuletzt

Verbände, Berufsbetreuerinnen und Berufsbetreuer sind sich einig: So wie der Referentenentwurf und nun die fast unveränderte Formulierungshilfe dazu aussehen, sind sie nicht geeignet, den Beruf des Berufsbetreuers attraktiver zu machen oder die Kostensteigerungen der letzten Jahre auszugleichen. Viele haben nach dem Entwurf nicht nur keine Einkommenssteigerung, sondern sogar ein Einkommensminus errechnet.

Vielleicht ist es ganz gut, wenn sich eine neue Bundesregierung der dringend notwendigen Reform der Betreuervergütung annimmt. Vielleicht nimmt sie dann die vielen Einwände und Verbesserungsvorschläge auf und schafft ein wirklich zukunftsfähiges Vergütungssystem.

Wer die Formulierungshilfe und die Synopse zur bestehenden Rechtslage einsehen möchte, findet diese auf den Seiten des Bundesministeriums der Justiz:  https://www.bmj.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/DE/2024_Neuregelung_Betreuerverguetung.html?nn=110490

Rentenversicherungsbericht 2024

Der Rentenversicherungsbericht 2024 gibt einen umfassenden Überblick über die aktuelle und zukünftige Entwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung in Deutschland. Er liefert wichtige Informationen für alle, die sich für ihre Altersvorsorge interessieren oder beruflich mit dem Thema befasst sind.

Kernpunkte des Berichts:

  • Finanzielle Entwicklung: Der Bericht prognostiziert die Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben der Rentenversicherung für die nächsten 15 Jahre. Hierbei werden Faktoren wie die demografische Entwicklung, die wirtschaftliche Lage und gesetzliche Änderungen berücksichtigt.
  • Rentenniveau: Es wird eine Prognose zum Rentenniveau abgegeben, das angibt, wie hoch die Renten im Verhältnis zu den durchschnittlichen Löhnen sind.
  • Beitragssatz: Der Bericht gibt Auskunft über den voraussichtlichen Beitragssatz, den Arbeitnehmer und Arbeitgeber zur Rentenversicherung zahlen müssen.
  • Nachhaltigkeitsrücklage: Die Entwicklung der Nachhaltigkeitsrücklage wird dargestellt. Diese Rücklage dient als Puffer für Schwankungen in der Rentenversicherung.
  • Auswirkungen gesetzlicher Änderungen: Der Bericht analysiert, wie sich geplante oder bereits beschlossene Gesetzesänderungen auf die Rentenversicherung auswirken.

Wichtige Erkenntnisse aus dem Bericht 2024:

  • Stabiles Rentenniveau: Trotz der demografischen Herausforderungen wird ein stabiles Rentenniveau in den kommenden Jahren prognostiziert.
  • Beitragssatz stabil: Der Beitragssatz soll in den kommenden Jahren stabil bleiben.
  • Auswirkungen des Rentenpakets II: Die Auswirkungen des Rentenpakets II, das eine Stabilisierung des Rentenniveaus und den Aufbau eines Generationenkapitals vorsieht, werden im Bericht bewertet.

Rentenhöhe 2023

Im Jahr 2023 hat die gesetzliche Rente aus Altersgründen bei durchschnittlich 1.099 Euro im Monat gelegen (Männer: 1.346 Euro; Frauen: 903 Euro). Die durchschnittliche Erwerbsminderungsrente lag bei 972 Euro (Männer: 963 Euro; Frauen: 979 Euro). 

Mehrfachrenten

Aus dem Bericht geht auch hervor, dass von den rund 21,2 Millionen Rentnerinnen und Rentnern in der gesetzlichen Rentenversicherung 19,6 Prozent (rund 4,2 Millionen) mehr als eine Rente erhielten, also sogenannte Mehrfachrentnerinnen und -rentner waren. Diese Zahl hat sich gegenüber 2022 kaum verändert; 85 Prozent der Mehrfachrentner waren demnach Frauen.

Kleinstrenten

Zu den Kleinstrenten führt die Regierung aus, dass sowohl bei Paaren als auch bei alleinstehenden Personen jeweils nur vier bis acht Prozent der Haushalte Renten unter 500 Euro monatlich beziehen. Bei Paaren machen diese Kleinstrenten demnach aber nur sechs Prozent des gesamten Haushaltsbruttoeinkommens aus. Weitere Einkünfte neben der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung führen dazu, dass diese Gruppe sogar über ein überdurchschnittlich hohes Bruttoeinkommen verfügt. Dies gilt auch für alleinstehende Männer mit Renten unter 500 Euro. Der Anteil dieser Renten am Gesamteinkommen beträgt bei ihnen zehn Prozent, ihr Bruttoeinkommen ist ebenfalls überdurchschnittlich. Bei alleinstehenden Frauen mit Kleinstrenten liegt das Bruttoeinkommen unter dem Durchschnitt. Bei ihnen ist auch die Bedeutung der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung mit einem Anteil von 17 Prozent am Gesamteinkommen höher.

Quelle: Bundestag, Bundesregierung

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Weihnachtsgeschenke im Bürgergeld

Weihnachtsgeschenke fallen im Bürgergeld unter den § 11a Absatz 5 SGB II. Dort heißt es: Zuwendungen, die ein anderer erbringt, ohne hierzu eine rechtliche oder sittliche Pflicht zu haben, sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen, soweit ihre Berücksichtigung für die leistungsberechtigte Person entweder grob unbillig wäre oder sie die Lage der Empfängerin oder des Empfängers nicht so günstig beeinflussen würden, dass daneben Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht gerechtfertigt wären.

Weihnachtsgeschenke nur für Kinder?

In den Fachlichen Weisungen dazu macht die Bundesagentur für Arbeit (BA) deutlich, dass damit nur Geschenke – zu Weihnachten oder zum Geburtstag – von Verwandten an minderjährige Kinder gemeint sein können.

Dementsprechend wollte ein Jobcenter in Norddeutschland das Weihnachtsgeschenk von 400 Euro an zwei Bürgergeldbeziehende (in einer Bedarfsgemeinschaft) als Einkommen anrechnen und das Bürgergeld entsprechen kürzen. Dagegen wehrten sie sich vor dem Sozialgericht, das ihnen recht gab.

Sozialgericht widerspricht

Das Sozialgericht Kiel entschied, dass in diesem Fall die oben genannte Ausnahmeregelung nach §11a Abs. 5 SGB II greife. Bei der Zahlung der 400 € handelte es sich um eine Zuwendung, zu deren Erbringung keine rechtliche oder sittliche Pflicht bestand.

Zweck eines Weihnachtsgeschenkes ist es, dass sich der Beschenkte zu Weihnachten einen Wunsch erfüllen kann, der über die bloße Existenzsicherung hinausgeht. Genau dieser Zweck würde aber durch eine Anrechnung des Weihnachtsgeschenkes verunmöglicht, denn der Kläger hätte hierdurch zu Weihnachten nicht mehr als ohne das Geschenk.

Im Übrigen beeinflusste der Betrag von 400 € die Lage des Klägers und dessen Partnerin auch nicht so günstig, dass daneben die Zahlung von Bürgergeld nicht mehr gerechtfertigt wäre. Angesichts der großen Bedeutung des Weihnachtsfestes sowie der geringen Bürgergeldleistungen erachtete das Sozialgericht Kiel die Nichtberücksichtigung eines Betrages in Höhe von 400 € für zwei Personen für angemessen.

Quellen: Sozialgericht Kiel, Bundesagentur für Arbeit, tacheles e.V.

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Neuregelung des § 218 im Bundestag

Bis zum Ende der zwölften Schwangerschaftswoche soll ein Abbruch der Schwangerschaft grundsätzlich nicht mehr rechtswidrig sein. Das fordert eine fraktionsübergreifende Gruppe von Abgeordneten in einem Gesetzentwurf zur Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs (20/13775), der auf eine Initiative von Grünen und SPD zustande gekommen ist und am Donnerstag, 5. Dezember 2024in erster Lesung beraten wurde. 

Beratung im Rechtsausschuss

Im Anschluss an die Aussprache wurde der Gesetzentwurf zusammen mit dem Antrag einer Gruppe von Abgeordneten mit dem Titel „Versorgungslage von ungewollt Schwangeren verbessern“ (20/13776) zur Weiterberatung an die Ausschüsse überwiesen. In beiden Fällen übernimmt der Rechtsausschuss die Federführung. 

Nach der 12. Woche rechtswidrig

Der Entwurf (20/13775) läuft auf eine Neuregelung von Paragraf 218 Strafgesetzbuch hinaus. Laut Gesetzentwurf soll der Abbruch einer Schwangerschaft nach Ende der zwölften Woche grundsätzlich rechtswidrig bleiben, jedoch wie nach bisheriger Rechtslage, bei Vorliegen einer medizinischen Indikation nach deren ärztlicher Feststellung bis zum Beginn der Geburt rechtmäßig sein. Die Initiatoren erläutern im Entwurf: „Aufgrund der praktischen Auswirkungen stellt die geltende Regelung des Schwangerschaftsabbruchs eine erhebliche Einschränkung der Selbstbestimmung, der persönlichen Integrität und der körperlichen Autonomie Schwangerer dar und kann ihrer körperlichen und seelischen Gesundheit Schaden zufügen

Ausgleich grundrechtlicher Positionen

Ziel dieses Gesetzentwurfs ist es, Regelungen über den Schwangerschaftsabbruch widerspruchsfrei so in die Gesamtrechtsordnung zu integrieren, dass die grundrechtlichen Positionen in einen verhältnismäßigen Ausgleich gebracht werden. Das erfordert die Akzeptanz eigenverantwortlicher Entscheidungen Schwangerer über die Schwangerschaft jedenfalls in den ersten Wochen der Schwangerschaft. Die verfassungsrechtliche Schutzpflicht zugunsten von Embryonen und Feten steht einem solchen Konzept nicht entgegen. Die Schutzpflicht adressiert den Staat, nicht die Schwangere. Die Grundrechte der Schwangeren setzen staatlichem Handeln Grenzen.“

Antrag einer Gruppe von Abgeordneten

Eine Studie, die durch das Bundesministerium für Gesundheit gefördert und im April veröffentlicht wurde, habe gezeigt, dass fast 60 Prozent der befragten Frauen, die eine ungewollte Schwangerschaft abbrechen, Schwierigkeiten haben, den Schwangerschaftsabbruch zu organisieren, insbesondere weil sie den Schwangerschaftsabbruch geheim halten wollen oder müssen, heißt es in dem Antrag (20/13776). Fast 60 Prozent der Befragten hätten demnach Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Informationen, zitiert der Antrag die Studienergebnisse weiter.

Finanzierung durch die Krankenkassen

Die Abgeordneten fordern von der Bundesregierung unter anderem, sicherzustellen, dass Schwangerschaftsabbrüche kostendeckend durch die Krankenkassen finanziert werden und Teil des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenkassen werden. Den Krankenkassen müsse möglichst gleichzeitig ermöglicht werden, Verhütungsmittel als Satzungsleistung zu erstatten und für eine Kostenübernahme bei Geringverdienenden zu sorgen. Ebenfalls möglichst gleichzeitig soll der Zugang zu nicht verschreibungspflichtigen Notfallkontrazeptiva wie der sogenannten Pille danach gewährleistet werden. Auch sollen mehr Forschungsmittel für Verhütungsmittel für alle Geschlechter, gerade auch für Männer, im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt werden.

Quelle: Bundestag

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Geringfügigkeitsgrenze 2025

Die Geringfügigkeitsgrenze wird definiert als dynamische Obergrenze für eine geringfügig entlohnte Beschäftigung. Sie orientiert sich an einer Wochenarbeitszeit von zehn Stunden zum gesetzlichen Mindestlohn, der zum 1.1.2025 auf 12,82 Euro steigt. Die Geringfügigkeitsgrenze ist das im Rahmen einer geringfügig entlohnten Beschäftigung höchstens zulässige Arbeitsentgelt im Monat.

Berechnung der Geringfügigkeitsgrenze:

Für die monatliche Geringfügigkeitsgrenze braucht man die monatliche Anzahl der Wochen. Das sind durchschnittlich 4 1/3 Wochen, also 13/3 Wochen. Diese werden mit den 10 Arbeitsstunden multipliziert, man erhält also 130/3. Die vereinfachte Rechnung lautet also: Mindestlohn mal 130, geteilt durch 3. Es erfolgt eine Aufrundung auf volle Euro.

Die aktuelle Geringfügigkeitsgrenze ab 01.01.2025 beträgt:

12,82 EUR mal 130, geteilt durch 3, gleich 556,00 EUR.

Beschäftigung im Übergangsbereich

Mit der Geringfügigkeitsgrenze steigt auch die Untergrenze bei den sogenannten Midijobs. Das ist der Einkommensbereich von 556,01 EUR bis 2000 EUR. In diesem Einkommensbereich steigt der Arbeitnehmerbeitrag für die Sozialversicherung von Null an der Geringfügigkeitsgrenze linear auf den vollen Anteil von ca. 20 % am Ende der Übergangsbereichs an. Der Arbeitgeberanteil für die Sozialversicherung bleibt unverändert bei ca. 20 %.

Quelle: SOLEX, FOKUS-Sozialrecht

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Auskunftspflicht beim Elternunterhalt

Das Bundessozialgericht hat sich am 21.11.2024 mit der Frage beschäftigt, wie weit die Auskunftspflicht von Angehörigen gegenüber dem Sozialamt greift.

Angehörigen-Entlastungsgesetz

Mit dem Angehörigen-Entlastungsgesetz hat der Gesetzgeber zum 1. Januar 2020 unter anderem unterhaltsverpflichtete Kinder entlastet. Ein Unterhaltsrückgriff durch den Sozialhilfeträger auf ein erwachsenes Kind, dessen Eltern vom Sozialamt Leistungen erhalten, ist mit dem neu eingeführten § 94 Absatz 1a SGB XII gegenüber dem früheren Recht beschränkt worden: Ein möglicher Unterhaltsanspruch der Eltern gegen ihre erwachsenen Kinder geht erst dann auf den Sozialhilfeträger über, wenn das Einkommen des Kindes einen Jahresbetrag von 100 000 Euro übersteigt. Dabei wird gesetzlich vermutet, dass diese Einkommensgrenze nicht überschritten wird. Erst wenn die Vermutung wiederlegt ist, kann Auskunft vom unterhaltsverpflichteten Kind verlangt und anschließend ein Unterhaltsrückgriff vom Sozialhilfeträger geltend gemacht werden. Dabei ist gegebenenfalls auch vorhandenes Vermögen zu berücksichtigen.

Sozialgericht für den Kläger, Landessozialgericht dagegen

Der Vaters des Klägers erhielt Leistungen der Hilfe zur stationären Pflege von dem beklagten Sozialhilfeträger. Zur Prüfung einer etwaigen Unterhaltspflicht forderte der Beklagte den Kläger im Jahr 2020 gestützt auf Internetrecherchen über dessen berufliche Tätigkeit im Management einer Aktiengesellschaft auf, Auskünfte über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erteilen. Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landessozialgericht hat dieses Urteil und den Auskunftsverwaltungsakt aufgehoben. Das Auskunftsverlangen richte sich nach dem zum 1. Januar 2020 in Kraft getretenen Angehörigen-Entlastungsgesetz, wonach vermutet werde, dass das Einkommen der unterhaltspflichtigen Angehörigen die seither maßgebliche Jahreseinkommensgrenze in Höhe von 100 000 Euro nicht erreiche. Zwar lägen hinreichende Anhaltspunkte für das Überschreiten dieser Grenze vor und die Vermutung sei widerlegt. Der Beklagte habe zunächst aber nur Auskünfte zum Einkommen erfragen dürfen. Vermögensauskünfte könne er erst verlangen, wenn die Einkommensgrenze tatsächlich überschritten werde. Das umfassende Auskunftsverlangen sei deshalb rechtswidrig. Eine geltungserhaltende Reduktion scheide im vorliegenden Fall aus.

Hiergegen richtet sich die Revision des Beklagten. Da § 94 Absatz 1a Satz 5 SGB XII auf 117 SGB XII verweise, der nicht zwischen Einkommens- und Vermögensauskünften unterscheide, finde das gestufte Verfahren im Gesetz keine Stütze.

Zunächst dürfen nur Auskünfte zum Einkommen erfragt werden

Der Senat hat die Revision des Beklagten zurückgewiesen. Das Landessozialgericht hat zu Recht angenommen, dass der angegriffene Auskunftsverwaltungsakt die Grenzen der gesetzlichen Ermächtigung zur Einholung von Auskünften gegenüber Angehörigen überschreitet. Ein möglicher Unterhaltsanspruch der Eltern gegen ihr erwachsenes Kind geht nach § 94 Absatz 1a SGB XII erst dann auf den Sozialhilfeträger über, wenn die Summe seiner Einkünfte im Sinne des Einkommenssteuerrechts einen Jahresbetrag von 100 000 Euro übersteigt. Um diese Voraussetzungen zu klären, ist das erwachsene Kind einer leistungsberechtigten Person zur Auskunftserteilung verpflichtet, wenn “hinreichende“ Anhaltspunkte vorliegen, dass es die maßgebliche Jahreseinkommensgrenze in Höhe von 100 000 Euro überschreitet. Dies ist hier der Fall; denn nach vorläufiger Prüfung der Sachlage aufgrund erkennbarer Indizien aus öffentlich zugänglichen Quellen bestand eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass die maßgebliche Einkommensgrenze überschritten wird. § 94 Absatz 1a Satz 5 SGB XII, der auf die Auskunftspflichten nach § 117 SGB XII verweist, ist nach seinem Sinn und Zweck aber dahin auszulegen, dass in einem ersten Schritt vom Angehörigen nur Auskünfte über das jährliche Gesamteinkommen erteilt werden müssen. Der gezielt auch auf Auskünfte zum Vermögen gerichtete Verwaltungsakt war deshalb rechtswidrig. Umfassende Auskünfte auch zum Vermögen müsste der Kläger in einem zweiten Schritt erst erteilen, wenn die 100 000-Euro-Grenze überschritten wäre. Vorliegend scheidet auch eine geltungserhaltende Reduktion des Auskunftsverwaltungsakts aus.

Quellen: Bundessozialgericht, FOKUS-Sozialrecht

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Düsseldorfer Tabelle 2025

Die zum 1. Januar 2025 aktualisierte Düsseldorfer Tabelle ist ab sofort auf der Internetseite des Oberlandesgerichts Düsseldorf abrufbar. Gegenüber der Tabelle 2024 sind im Wesentlichen die Bedarfssätze minderjähriger und volljähriger Kinder angehoben worden. Außerdem sind die Anmerkungen zur Tabelle teilweise neu gefasst worden, womit aber keine inhaltlichen Änderungen verbunden sind.

Angemessener Unterhalt

Die Düsseldorfer Tabelle ist ein allgemein anerkanntes Hilfsmittel für die Ermittlung des angemessenen Unterhalts im Sinne des § 1610 BGB. Die in der Tabelle ausgewiesenen Richtsätze sind Erfahrungswerte, die den Lebensbedarf des Kindes ausgerichtet an den Lebensverhältnissen der Eltern und an seinem Alter auf der Grundlage durchschnittlicher Lebenshaltungskosten typisieren, um so eine gleichmäßige Behandlung gleicher Lebenssachverhalte zu erreichen (BGH, Beschluss vom 20.09.2023 – XII ZB 177/22 –, Rn. 33).

Die Tabelle wird von allen Oberlandesgerichten zur Bestimmung des Kindesunterhalts verwandt. Das Oberlandesgericht Düsseldorf gibt sie seit dem 1. Januar 1979 heraus. Sie wird unter Beteiligung und in Abstimmung sämtlicher Oberlandesgerichte und der Unterhaltskommission des Deutschen Familiengerichtstages e.V. erarbeitet und erstellt.

Einkommensgruppen

Die Tabellenstruktur ist gegenüber 2024 unverändert. Es verbleibt bei 15 Einkommensgruppen und dem der Tabelle zugrundeliegenden Regelfall zweier Unterhaltsberechtigter. Die erste Einkommensgruppe endet weiterhin bei 2.100 EUR, die 15. Einkommensgruppe bei 11.200 EUR.

1. Bedarfssätze

a) Minderjährige

Die Anhebung der Bedarfssätze minderjähriger Kinder (1. bis 3. Altersstufe) beruht auf der Erhöhung des Mindestbedarfs gemäß der Siebten Verordnung zur Änderung der Mindestunterhaltsverordnung vom 21.11.2024 (BGBl. 2024 I Nr. 359). Danach beträgt der Mindestunterhalt gemäß § 1612a BGB ab dem 1. Januar 2025 

–       für Kinder der 1. Altersstufe (bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres) 482 EUR (Anhebung gegenüber 2024: 2 EUR), 

–       für Kinder der 2. Altersstufe (bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres) 554 EUR (Anhebung gegenüber 2024: 3 EUR), 

–       für Kinder der 3. Altersstufe (vom 13. Lebensjahr bis zur Volljährigkeit) 649 EUR (Anhebung gegenüber 2023: 4 EUR).

Diese Beträge entsprechen den Bedarfssätzen der ersten Einkommensgruppe (bis 2.100 EUR) der Düsseldorfer Tabelle. Die Anhebung der Bedarfssätze der ersten Einkommensgruppe gegenüber 2024 führt zugleich zu einer Änderung der Bedarfssätze der folgenden Einkommensgruppen. Wie in der Vergangenheit werden sie bis zur fünften Einkommensgruppe um jeweils 5 % und in den folgenden Gruppen um je 8 % des Mindestunterhalts angehoben und entsprechend § 1612a Abs. 2 Satz 2 BGB auf volle Euro aufgerundet.

b) Volljährige

Die Bedarfssätze volljähriger Kinder werden zum 1. Januar 2025 gleichfalls erhöht. Wie im Jahr 2024 beträgt der Bedarf in der ersten Einkommensgruppe 125 % des Mindestbedarfs der 2. Altersstufe. In den folgenden Gruppen wird er um je 5 % bzw. 8 % des Bedarfssatzes der ersten Einkommensgruppe angehoben.

c) Studierende

In Anlehnung an den zum 01.10.2024 gestiegenen Höchstfördersatz nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz wird der Bedarf eines Studierenden, der nicht bei seinen Eltern oder einem Elternteil wohnt, von bisher 930 EUR auf 990 EUR (einschließlich 440 EUR Warmmiete) angehoben. 

2. Anrechnung Kindergeld

Auf den Bedarf des Kindes ist nach § 1612b BGB das Kindergeld anzurechnen, und zwar bei minderjährigen Kindern in der Regel zur Hälfte und bei volljährigen Kindern in vollem Umfang. Das Kindergeld wird im Jahr 2025 vermutlich einheitlich je Kind 255 EUR betragen.

3. Selbstbehalte

Die Selbstbehalte – die den Unterhaltsschuldnern für ihren Eigenbedarf zu belassenden Beträge – werden zum 1. Januar 2025 nicht erhöht. Für eine Anhebung bestand insbesondere angesichts des unverändert gebliebenen sozialrechtlichen Regelbedarfs kein Anlass.

4. Anmerkungen 

Die teilweise Neufassung der Anmerkungen zur Tabelle soll dem Umstand Rechnung tragen, dass unterhaltsrechtliche Grundsätze (z.B. der Einkommensermittlung) in den Leitlinien der Oberlandesgerichte geregelt sind und die Düsseldorfer Tabelle primär darauf zielt, die Unterhaltsbedarfssätze und die Selbstbehalte festzulegen. Daher entfallen Anmerkungen zu den berufsbedingten Aufwendungen (bisher Anm. A. 3), zur Berücksichtigung von Schulden (bisher Anm. A. 4) und zur Anrechnung der Ausbildungsvergütung (bisher Anm. A. 8). Im Zuge dieser Umgestaltung ist Teil A. der Anmerkungen neu gegliedert worden. Zugleich wurden einzelne Formulierungen sprachlich angepasst. Inhaltliche Änderungen der Düsseldorfer Tabelle sind damit nicht verbunden. 

5. Ausblick 

Zunächst bleibt abzuwarten, ob und wann das Kindergeld für 2025 erhöht werden wird. Zum 1. Januar 2026 zeichnet sich auf der Grundlage der Siebten Verordnung zur Änderung der Mindestunterhaltsverordnung vom 15.11.2024 erneut ein moderater Anstieg des Mindestunterhalts und der darauf basierenden Bedarfssätze der Düsseldorfer Tabelle ab. Die künftige Festlegung des Selbstbehaltes wird maßgeblich davon abhängen, welche Regelungen zur Grundsicherung im kommenden Jahr getroffen werden.

Quellen: Oberlandesgericht Düsseldorf, FOKUS-Sozialrecht

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Mindestunterhalt und Unterhaltsvorschuss 2025

Grundsätzlich haben Kinder den Eltern gegenüber einen Anspruch auf Unterhaltsleistungen. Diese werden zunächst dadurch erbracht, dass die Eltern ihnen Wohnung, Kleidung und Essen gewähren und gegebenenfalls ein Taschengeld. Nichts anderes gilt zunächst bei der Trennung der Eltern. Beide bleiben weiterhin zu Unterhaltsleistungen für die Kinder verpflichtet, nur spaltet sich dann die Unterhaltsverpflichtung auf. Der Elternteil, bei dem die Kinder weiterhin wohnen, kommt für den sogenannten Naturalunterhalt auf, das heißt für die unmittelbare Betreuung, das Wohnen, Essen, Kleidung und die damit zusammenhängenden persönlichen Bedürfnisse.

Mindestunterhalt

Der nicht sorgeberechtigte Elternteil erbringt regelmäßig seine Unterhaltsleistungen durch den sogenannten Barunterhalt. Der finanzielle Unterhalt richtet sich nach der Mindestunterhaltsverordnung, die zuletzt am 21. November 2024 für die Jahre 2025 und 2026 angepasst wurde, und der die Mindesthöhe des finanziellen Anspruchs regelt.

Erhöhung des Mindestunterhalts

Der monatliche Mindestunterhalt eines Kindes erhöht sich ab 1. Januar 2025:

  • bis Ende des sechsten Lebensjahres von 480 auf 482 EUR, zum 1. Januar 2026 dann auf 486 EUR,
  • von siebten bis zum Ende des zwölften Lebensjahres von 551 auf 554 EUR, zum 1. Januar 2026 dann auf 558 EUR und
  • ab dem 13. Lebensjahr bis zur Volljährigkeit von 645 auf 649 EUR, zum 1. Januar 2026 dann auf 653 EUR.

Diese Beträge entsprechen den Bedarfssätzen der ersten Einkommensgruppe (bis 2.100 EUR) der Düsseldorfer Tabelle. Die neuen Zahlen der Düsseldorfer Tabelle wurden am 29.11.2024 traditionsgemäß vom Oberlandesgericht Düsseldorf bekanntgegeben. Wir werden darüber noch ausführlich berichten.

Unterhaltsvorschuss

Auch die Höhe des Unterhaltsvorschusses nach dem Unterhaltsvorschussgesetz richtet sich nach dem gesetzlichen Mindestunterhalt. Unterhaltsvorschuss verfolgt das Ziel, den allein stehenden Elternteil zu entlasten und den Ausfall an Unterhalt für sein Kind nicht entstehen zu lassen.

Ein Kind hat Anspruch auf Unterhaltsvorschuss, wenn es

1.das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet hat,
2.innerhalb des Geltungsbereichs des UVG wohnt,
3.den Lebensmittelpunkt bei einem Elternteil hat,
4.bei einem Elternteil lebt, der ledig, verwitwet, dauernd getrennt oder geschieden ist und nicht in nichtehelicher Lebensgemeinschaft mit dem anderen Elternteil lebt (Lebenssituation des Elternteils),
5.nicht oder nicht regelmäßig Unterhalt vom anderen Elternteil bzw. Waisenbezüge in Höhe des Regelbedarfs für nichteheliche Kinder erhält.

Kinder ab Vollendung des 12. Lebensjahres bis zur Vollendung des 18. Lebensjahrs

Hier gelten die Voraussetzungen (Ziffer 2 bis 5) wie oben. Zudem müssen aber noch die weiteren Voraussetzungen des § 1 Abs. 1a UVG vorliegen:

kein SGB II-Leistungsbezug des Kindes, oder
durch den Bezug von UVG-Leistungen kann Hilfebedürftigkeit nach den Grundsätzen des SGB II vermieden werden, oder
mindestens 600 Euro Bruttoeinkommen des alleinerziehenden Elternteils vorliegt.

Höhe des Unterhaltsvorschusses

Der Mindestunterhalt minderjähriger Kinder wird seit dem 1. Januar 2016 durch eine Rechtsverordnung festgelegt. Dies ist durch eine Änderung des § 1612a BGB möglich geworden. Damit ist der Mindestunterhalt unabhängig von den Kinderfreibeträgen.

Hat der Elternteil, bei dem das Kind lebt, Anspruch auf volles Kindergeld, so mindert sich die Unterhaltsleistung um das zu zahlende Kindergeld, also um 255 EUR.

Quellen: Bundesanzeiger, SOLEX, FOKUS-Sozialrecht

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Gewalthilfegesetz im Kabinett

Die Bundesregierung hat das Gesetz für ein verlässliches Hilfesystem bei geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt beschlossen. Im Mittelpunkt des Gesetzes steht ein kostenfreier und niedrigschwelliger Zugang zu Schutz- und Beratungseinrichtungen. Leider hat ein Kabinettsbeschluss in der aktuellen politischen Situation kaum mehr als symbolischen Charakter.

BKA-Lagebild

Geschlechtsspezifische und häusliche Gewalt, insbesondere gegen Frauen, ist in Deutschland nach wie vor alltägliche Realität und zieht sich durch alle sozialen Schichten. Das Lagebild „Geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichtete Straftaten“ für das Jahr 2023 zeigt, dass allein im letzten Jahr 360 Mädchen und Frauen durch ihren Partner getötet wurden. Das bedeutet, dass in Deutschland fast jeden Tag ein Femizid stattfand. Das Gewalthilfegesetz soll daher ein entscheidender Meilenstein für den Schutz von Gewaltopfern von geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt sein.

Bessere Vernetzung

Darüber hinaus sollen Hilfs- und Beratungseinrichtungen, insbesondere des Gesundheitswesens, der Jugendhilfe, der Polizei, der Justiz, von Bildungseinrichtungen oder zivilgesellschaftlichen Organisationen besser vernetzt werden. 

Istanbul-Konvention

Das Gesetz stellt einen entscheidenden Schritt zur nachhaltigen und vollständigen Umsetzung der Istanbul-Konvention, dem Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt, dar.

Beratung im Bundestag fraglich

Ob das Gesetz allerdings Bundestag verabschiedet wird, ist sehr fraglich. Zwar hat der Finanzminister (der neue) die Kosten (2 Milliarden) bewilligt, aber für eine Verabschiedung des Gesetzes im Parlament braucht die Restregierung Stimmen aus der CDU oder der FDP. Der Bundestag hält seine nächste Sitzung am 4. Dezember ab – bislang steht jedoch nur die Befragung der Bundesregierung auf der Tagesordnung. Dass das Gesetz dort zur Abstimmung stehen wird, ist nach jetzigem Stand unwahrscheinlich – auch, weil die Union angekündigt hatte, vor der Neuwahl keine inhaltlichen Entscheidungen mehr zur Abstimmung stellen zu wollen.

Stellungnahme des Paritätischen Gesamtverbands

Der Paritätische Gesamtverband begrüßt den Entwurf eines Gewalthilfegesetzes zur Stärkung des Hilfesystems bei geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt ausdrücklich.

Quellen: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Bundeskriminalamt, Tagesschau, Paritätischer Gesamtverband, FOKUS-Sozialrecht

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