Opferentschädigung und Kindergeld

Wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 20.04.2023 III R 7/21 entschieden hat, ist eine Grundrente, die das Opfer einer Gewalttat bezieht, nicht zu den Bezügen eines behinderten Kindes zu rechnen und steht daher der Gewährung von Kindergeld nicht entgegen.

Opfer einer Gewalttat

Der Kläger ist der Vater einer volljährigen Tochter, bei der eine Behinderung vorliegt. Die Tochter wurde Opfer einer Gewalttat und erhielt deshalb eine Beschädigtengrundrente nach dem Opferentschädigungsgesetz. Der Kläger bezog für die Tochter wegen der vorliegenden Behinderung auch nach deren Volljährigkeit Kindergeld. Da die Tochter verheiratet ist, berücksichtigte die Familienkasse bei der Berechnung der der Tochter zur Verfügung stehenden Einkünfte und Bezüge auch den der Tochter gegen ihren Ehemann zustehenden Unterhaltsanspruch. Unter Hinzurechnung der Beschädigtengrundrente und weiterer Sozialleistungen kam die Familienkasse zu dem Ergebnis, dass sich die Tochter ab Oktober 2019 selbst unterhalten könne. Die Kindergeldfestsetzung zugunsten des Kläger hob sie deshalb auf. Das Finanzgericht gab der dagegen gerichteten Klage statt.

Kindergeld nur, wenn das erwachsene behinderte Kind sich nicht selbst unterhalten kann

Der BFH hielt die Revision der Familienkasse für unbegründet. Volljährige Kinder, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, werden kindergeldrechtlich u.a. dann berücksichtigt, wenn sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande sind, sich selbst zu unterhalten, und die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes). Ob das Kind außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, bestimmt sich anhand eines Vergleichs zwischen dem Grundbedarf und dem behinderungsbedingten Mehrbedarf auf der einen Seite und den Einkünften und Bezügen des Kindes auf der anderen Seite.

Opferentschädigung auch für immaterielle Schäden

Das Opferentschädigungsgesetz sieht für die Opfer von Gewalttaten verschiedene Versorgungsleistungen vor, die es dem Bundesversorgungsgesetz entnimmt. Danach kommen insbesondere Heilbehandlungen der Schädigung, einkommensunabhängige Rentenleistungen aufgrund der bleibenden Schädigungsfolgen sowie einkommensabhängige Leistungen mit Lohnersatzfunktion in Betracht. Im Streitfall erhielt das Kind eine Beschädigtengrundrente. Eine solche Grundrente dient in erster Linie dazu, den immateriellen Schaden abzudecken, den das Opfer durch die Gewalttat erlitten hat. Insoweit dient sie nicht dazu, den Lebensunterhalt des Opfers und seiner Familie sicherzustellen.

Leistungskomponenten nicht trennbar

Selbst wenn die Beschädigtengrundrente daneben auch materielle Schäden des Opfers abdecken sollte, wären die verschiedenen Leistungskomponenten zum einen nicht trennbar. Zum anderen dürften dann nicht nur entsprechende Rentenbezüge angesetzt werden, sondern die Familienkasse hätte berücksichtigen müssen, dass das Kind auch einen entsprechend höheren behinderungsbedingten Mehrbedarf hat, der die Rente wieder ausgleicht.

Quellen. Bundesfinanzhof, SOLEX

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Warten auf die Kindergrundsicherung

Angesichts des Stillstands bei der Ausarbeitung einer armutsfesten Kindergrundsicherung fordert ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis aus Sozial-, Wohlfahrts-, Verbraucher- und Kinderschutzverbänden sowie Jugendorganisationen und Gewerkschaften Bundesarbeitsminister Hubertus Heil auf, die im Koalitionsvertrag vereinbarte Neudefinition des Existenzminimums für Kinder anzugehen und so den Weg freizumachen für eine Kindergrundsicherung, die vor Armut schützt.

Unterstützer

Arbeiter-Samariter-Bund, Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ, Bund der Jugendfarmen und Aktivspielplätze, Bundesforum Männer, Bundesverband für Kindertagespflege, Der Paritätische Gesamtverband, Deutsche Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie, Deutscher Bundesjugendring, Deutscher Kinderschutzbund, Deutsches Jugendherbergswerk, Deutsches Kinderhilfswerk, Diakonie Deutschland, foodwatch Deutschland, Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Grüne Jugend, Internationale Gesellschaft für erzieherische Hilfen, pro familia, Sanktionsfrei, Save the Children, SOS Kinderdorf, SOVD Sozialverband Deutschland, Tafel Deutschland, Verband alleinerziehender Mütter und Väter, Verband berufstätiger Mütter, Verband bi-nationaler Familien und Partnerschaften, Volkssolidarität Bundesverband, Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland, Zukunftsforum Familie.

Das Existenzminimum abdecken

„Die Kindergrundsicherung wird sich schlussendlich daran messen lassen müssen, ob sie in der Leistungshöhe das soziokulturelle Existenzminimum der Kinder tatsächlich abdeckt und sie damit vor Armut schützt“, heißt es in einem gemeinsamen Aufruf. „Mit Ausnahme einiger deskriptiv-unverbindlicher Papiere seien jedoch keinerlei Bemühungen des Arbeitsministeriums erkennbar, seiner Verpflichtung nachzukommen, das kindliche Existenzminimum neu zu definieren.“ Weiter mahnen die Verbände in dem Appell: „Es wäre nicht hinnehmbar, wenn die für die Kindergrundsicherung entscheidende Frage des ‚Was und wieviel braucht ein Kind‘ auf die lange Bank geschoben und das Projekt damit zum Scheitern gebracht würde.“

Die Minister und die Hausaufgaben

Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischer Gesamtverbandes: „Wenn Hubertus Heil seine Hausaufgaben nicht macht und Christian Lindner die Mittel blockiert, droht nichts weniger als das Scheitern der Kindergrundsicherung. Die Folgen müssten Millionen von Kindern in Armut tragen, denen dringend nötige Hilfe verweigert würde. Ein weiterer Stillstand wäre ein unbegreifliches politisches Versagen. Schon jetzt zeichnet sich ein weiterer Anstieg der Kinderarmut ab. Bei allen politisch Verantwortlichen müssten die Alarmglocken angehen.“

Quellen: Paritätischer Gesamtverband, tacheles e.V.

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Pflegestudiumstärkungsgesetz

Das Pflegestudiumstärkungsgesetz liegt jetzt dem Bundesrat vor. Es erscheint allerdings noch nicht auf der Tagesordnung der Sitzung des Bundesrates am 16.06.2023.

2020: Reform der Pflegeberufe

Die Reform der Pflegeberufe ist am 1. Januar 2020 in Kraft getreten. Mit dem Pflegeberufegesetz wurden die neuen Pflegeberufeausbildungen inhaltlich und hinsichtlich ihrer Finanzierung auf eine neue Grundlage gestellt. Ergänzend zur Reform der fachberuflichen Pflegeausbildung wurde eine bundesgesetzliche Grundlage für eine primärqualifizierende hochschulische Pflegeausbildung mit Bachelorabschluss geschaffen. Hochschulisch ausgebildete Pflegefachpersonen sollen zu einer weiteren Verbesserung der Qualität in der Pflege durch den Transfer von forschungsgestützten Lösungsansätzen und innovativen
Konzepten in die Pflege beitragen.

Duales Studium

Mit dem aktuellem Gesetzentwurf soll die hochschulische Pflegeausbildung entscheidend dadurch gestärkt werden, dass die Finanzierung des praktischen Teils der hochschulischen Pflegeausbildung in das bestehende Finanzierungssystem der beruflichen Pflegeausbildung integriert wird. Auch wird eine Regelung geschaffen, dass Studierende in der Pflege eine angemessene Vergütung für die gesamte Dauer des Studiums erhalten, die ebenfalls über die Ausgleichsfonds in den Ländern finanziert wird. Dazu wird die Struktur der Organisation und Koordination der Praxiseinsätze in Zukunft anders gestaltet und das Pflegestudium als duales Studium ausgestaltet. Der Rückgriff auf die bewährten Verfahren zur Finanzierung des praktischen Teils der beruflichen Ausbildung gewährleistet die schnelle Umsetzbarkeit der verbesserten Finanzierung. Mit Übergangsvorschriften wird dabei sichergestellt, dass eine auf der bisherigen Grundlage begonnene hochschulische Pflegeausbildung beendet werden kann und diese Studierenden zukünftig ebenfalls einen Anspruch auf eine Ausbildungsvergütung über einen Vertrag erhalten.

Geplante Regelungen

Der Entwurf sieht außerdem folgende Regelungen vor:

  • Digitalisierung, gendermedizinische Aspekte und die Möglichkeit von Auslandsaufenthalten sollen in der Pflegeausbildung stärker berücksichtigt werden.
  • Anerkennungsverfahren für ausländische Pflegefachkräfte werden vereinheitlicht und vereinfacht, insbesondere durch bundesrechtliche Regelung des Umfangs und der erforderlichen Form der vorzulegenden Unterlagen.
  • Zudem soll die Möglichkeit geschaffen werden, auf eine umfassende Gleichwertigkeitsprüfung, zugunsten einer Kenntnisprüfung oder eines Anpassungslehrgangs, zu verzichten.
  • Daneben werden die rechtlichen Rahmenbedingungen der beruflichen Pflegeausbildung weiter verbessert und an aktuelle Entwicklungen, z.B. im Bereich der Digitalisierung, angepasst.
  • Neben den bisherigen Berufsbezeichnungen „Pflegefachfrau“ bzw. „Pflegefachmann“ kann zukünftig eine geschlechtsneutrale Berufsbezeichnung „Pflegefachperson“ gewählt werden. Dies gilt entsprechend für Personen, die bereits über eine Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung verfügen.

Weiterführende Informationen

Mehr zum Inhalt des Gesetzentwurfs hier im Beitrag vom April 2023 und auf der Homepage des Bundesministeriums für Familien, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ).

Quellen: Bundesrat, BMFSFJ, FOKUS-Sozialrecht

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LGBTIQ-Rechte weltweit

In vielen Ländern der Erde ist Diversität selbstverständlich geworden, immer mehr Länder führen die Ehe für alle ein, die Rechte der queeren Community werden gestärkt und weltweit gehen zahlreiche Menschen am Christopher Street Day auf die Straßen. Doch auf der anderen Seite werden diese Fortschritte von reaktionären Kräften erbittert bekämpft, die zu einer vermeintlich konservativen Gesellschaftsordnung zurückwollen. Natürlich spielen dabei die radikal-terroristischen Auswüchse der großen Weltreligionen wie immer eine entscheidende Rolle. (LGBTIQ = Lesbian, Gay, Bisexual, Trans, Inter, Queer)

USA

In den USA will der religiöse Eiferer DeSantis Präsident werden. Er ist als Gouverneur Floridas schon mehrfach unangenehm aufgefallen, weil er die Lösung aller Probleme in der Unterdrückung von Menschen sieht, die nicht der Norm entsprechen. Sogar darüber reden darf man nicht mehr. Unterricht über sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität in Schulen ist mittlerweile verboten.

Erbe des Kolonialismus

„In 69 Staaten wird Homosexualität strafrechtlich verfolgt, in zehn Staaten droht Lesben und Schwulen sogar die Todesstrafe“, schreibt das Auswärtige Amt in den Leitlinien zur feministischen Außenpolitik. Mit Blick auf den Globus fällt auf, dass sich fast die Hälfte der Staaten mit Anti-Queerer-Gesetzgebung auf dem afrikanischen Kontinent befinden. Was aber viele nicht wissen: Gesetze gegen Homosexualität stammen oft noch aus der britischen Kolonialzeit. Heute stehen in 32 Ländern des Kontinents queere Handlungen unter Strafe. Erst vor kurzem sorgte Uganda für Entsetzen. Ende März erließ das afrikanische Land ein Gesetz, dass die Lage von queeren Menschen noch katastrophaler macht als zuvor. Ihnen droht künftig eine lange Haftstrafe. Das Gesetz sieht als letzte Instanz gar die Todesstrafe vor.

Ausschuss für Menschenrechte im Bundestag

Am 24. Mai tagte der Bundestrags-Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe zum Thema „LGBTIQ-Rechte weltweit“. Der Ausschuss plädiert für ein stärkeres LGBTIQ-Engagement in der Außen- und Entwicklungspolitik.

Queere Menschen werden nicht nur für sexuelle Handlungen kriminalisiert, sondern bereits aufgrund ihrer Geschlechtsidentität und ihres Geschlechtsausdrucks. Häufig seien LGBTI-Personen Polizeimissbrauch und Misshandlungen ausgesetzt. Durch die Kriminalisierung legitimierten Staaten gesellschaftliche Diskriminierung, das hat Einfluss auf alle Bereiche des Lebens.

Russland

Mikhail Tumasov, ehemaliger Vorsitzender des Russian LGBT Network, berichtete über die Situation in Russland. Das „Anti-Homosexuellen-Propaganda Gesetz“, verabschiedet im Dezember 2022, habe Russland „Raum für einen Krieg gegen die Community“ gegeben. Ziel des Gesetzes sei nicht, die russische Gesellschaft vor den angeblich negativen Auswirkungen liberaler, westlicher Werte zu schützen, sondern Gewalt und Hassverbrechen gegen sexuelle Minderheiten zu schüren, so der Experte in seiner Stellungnahme. Laut einem Bericht von Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch und Amnesty International hätten die Übergriffe nach Verabschiedung des Gesetzes erheblich zugenommen.

Deutschland

Auch in Deutschland leben queere Menschen gefährlich. In Asylbewerberunterkünften seien die Menschen vor erneuter Diskriminierung nicht sicher, da die „übrigen Bewohner in gesellschaftspolitischen Fragen nicht unbedingt liberale Werte vertreten, wenn sie aus muslimisch oder anderen traditionell geprägten Gesellschaften kommen“, so der Sachverständige. Inzwischen gebe es zwar in einigen deutschen Städten wie Frankfurt am Main oder Nürnberg solche separaten Unterkünfte, doch gebe es zu wenige Plätze.

Selbstbestimmungsgesetz verändert

Als „sehr besorgniserregend“ bezeichnete der querpolitische Experte und Aktivist Fabian Grischkat die „globale Zunahme queerfeindlicher, antifeministischer und rechtspopulistischer Bewegungen“. Dieses Wachstum der international vernetzten Anti-Gender-Bewegung sei nicht zufällig, sondern werde seit Jahren strategisch koordiniert und finanziert. Teil davon seien „rechtsextreme Denkfabriken und korrupte Oligarchen“. Die Effekte der querfeindlicher Tendenzen könne man auch in Deutschland beobachten, warnte Grischkat mit Blick auf die Debatte um das geplante Selbstbestimmungsgesetz der Bundesregierung. „Radikalfeministinnen und Neue Rechte“ hätten den „Diskurs so verschoben“, dass der ursprüngliche Gesetzentwurf radikal geändert worden sei.

Quellen: Bundestag, Frankfurter Rundschau, Auswärtiges Amt, FOKUS-Sozialrecht

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Neues Einwanderungsrecht – neue Diskriminierungen

Herr und Frau C. kamen 2009 aus Rumänien nach Deutschland. Sie kamen mit ihren zwei kleinen Enkelkindern, deren Eltern beide bei einem Unfall ums Leben kamen.

Eine kleine Einwanderungsgeschichte

Herr C war Elektriker, fand aber keine Anstellung, vor allem, da Rumänien damals noch nicht EU-Mitglied war. Es gab zwar Arbeitgeber, die ihn eingestellt hätten, die mussten die Stelle aber zunächst einem Deutschen anbieten. Frau C. hatte an der Uni Bukarest als Angestellte gearbeitet. Sie fand auch keine Arbeit. Die ersten Jahre kamen sie mit Hilfe von Verwandten über die Runden. Herr C. machte sich nach drei Jahren mit viel Bauchschmerzen selbständig und bot haushaltsnahe Dienstleistungen an, vor allem Gartenpflege. Frau C beschloss, in einer Einrichtung der Behindertenhilfe eine Bundesfreiwilligendienststelle anzunehmen. Nach Beendigung des Bufdis wurde sie als Ungelernte eingestellt. Herr und Frau C. konnten mittlerweile eine Wohnung bezahlen, ihre Enkel gingen regulär zur Schule, in den Fußballverein und machen dieses Jahr Abitur. In der ganzen Zeit bezogen sie vom deutschen Staat ausschließlich Kindergeld. Herr C hatte schon in Rumänien deutsch gelernt, Frau C. holte dies in Deutschland in Integrationskursen nach.

Einbürgerung

Ab 2018 bemühten sie sich um die Einbürgerung. Es gab eine Menge Unterlagen, die sie beibringen mussten, vieles auf rumänisch. Die Ausländerbehörde verlangte dafür beglaubigte Übersetzungen. Allein für die Übersetzungen und beglubigten Kopien gaben sie etwa 500 Euro aus.

Endlich hatten sie alles zusammen und schickten es an die Behörde. Dann verging eine lange Zeit, in der sie nichts hörten. Bei der ersten Nachfrage sagte man ihnen, die Bearbeitung dauere halt lange. Danach trauten sie sich nicht mehr nachzufragen, um die „Sachbearbeiter nicht zu verärgern“.

Antrag verschwunden

Als aber 2022 immer noch keine Antowrt kam, fassten sie sich ein Herz und fragten nach dem Stand der Dinge. Sie bekamen zu hören, dass ein Antrag auf Einbürgerung niemals eingegangen sei. Wenn sie eingebürgert werden wollten, müssten sie alles noch mal schicken. Was mit den Unterlagen passiert ist, ist nicht mehr zu klären. Ehepaar C. ist sich sicher, dass die sie geschickt haben, die Behörde besteht darauf, sie habe nichts bekommen.

SGB XII -Bezug

Was aber noch viel gravierender ist: Herr und Frau C. waren mittlerweile Rentner. Beide bekommen eine mickrige Rente aus Rumänien, Frau C. noch ein paar Euro aus ihrer Tätigkeit in Deutschland, insgesamt reicht alles nicht zum Leben. Daher bentragten sie Grundsicherung und bekommen sie mittlerweile auch. Damit ist aber eine Einbürgerung gefährdet.

Denn im § 10 des Staatsbürgerschaftsrechts heißt es: „Anspruch auf Staatsbürgerschaft besteht, wenn man den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann.“ Hoffnung macht allein der Zusatz „oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat“. Immerhin bezogen sie zum Zeitpunkt der Antragstellung keine staatlichen Leistungen. Und jetzt – wenn das nicht zählt, weil die Unterlagen verschwunden sind -, könnte man immerhin argumentieren, dass sie nichts für die geringe Rente aus Rumänien können.

Neues Einwanderungsrecht

Nun gibt es aber das neue Einwanderungsrecht, wozu das BMI einen Referentenentwurf vorgelegt hat. Es enthält einige längst überfällige Verbesserungen bei der Einbürgerung, vor allem die regelmäßige Verkürzung der Voraufenthaltszeit von acht auf fünf Jahre und die Möglichkeit der doppelten Staatsangehörigkeit.
Allerdings enthält der Entwurf auch einige drastische Verschärfungen. So soll die oben erwänte Ausnahme bei „unverschuldetem Leistungsbezug“ weitgehend gestrichen werden.

Härtefälle abgeschafft

Sie soll künftig nur noch für Personen aus der ersten BRD-„Gastarbeiterinnen“- oder DDR-Vertragsarbeiterinnen-Generation gelten. Ansonsten soll man trotz SGB-II / SGB XII-Bezugs nur noch dann einen Anspruch auf Einbürgerung haben, wenn man in den letzten zwei Jahren 20 Monate in Vollzeit erwerbstätig war und weiterhin ist, oder der Ehegatte diese Voraussetzung erfüllt und man ein minderjähriges Kind hat. Weitere Ausnahmen sind nicht vorgesehen.

Stellungnahme der GGUA

Dazu schreibt Claudius Vogt von der GGUA (Gemeinnützige Gesellschaft zur Unterstützung Asylsuchender), veröffentlicht von tacheles e.V.:

Bei dieser Verschärfung habe sich die neoliberale Logik der FDP auf ganzer Linie durchgesetzt. Sie führe dazu, dass all diejenigen, die nicht Vollzeit arbeiten (können) und ergänzende Leistungen vom Jobcenter oder Sozialamt benötigen, vom Einbürgerungsanspruch ausgeschlossen werden.

Das könnten zum Beispiel sein:

  • Rentnerinnen mit normaler oder geringer Rente und aufstockendem Grundsicherungsanspruch,
  • Menschen, die aufgrund von Krankheit oder Behinderung nicht oder nur eingeschränkt erwerbsfähig sind,
  • Menschen mit Behinderung, die in stationären Einrichtungen leben und ihren Lebensunterhalt über das SGB XII vom Sozialamt erhalten,
  • Alleinerziehende, die aufgrund der Kinderbetreuung nicht (Vollzeit) arbeiten können und bei denen Unterhaltsvorschuss, Kinderzuschlag, Kindergeld und Wohngeld nicht ausreichen,
  • pflegende Angehörige, die nicht Vollzeit arbeiten können und deshalb Bürgergeld beziehen,
  • Schüler*innen, die ergänzende SGB-II-Leistungen erhalten,
  • Menschen, die unverschuldet arbeitslos geworden sind und ergänzend zum Arbeitslosengeld I noch SGB-II-Leistungen beziehen.

Nicht realitätsgerecht und diskrimnierend

Den Realitäten auf dem prekären Arbeitsmarkt mit Teilzeitbeschäftigungen und befristeten Verträgen werde diese Änderung also nicht ansatzweise gerecht. Die geplante Verschärfung stelle eine mittelbare Diskriminierung von älteren Menschen, Menschen mit Behinderung, Alleinerziehenden (Frauen), pflegenden Angehörigen, Menschen in prekären Beschäftigungsverhältnissen dar.

Gefordert wird daher, dass an der ursprünglichen Regelung in § 10 Abs 1 Nr.3 StaG festgehalten wird.

Quellen: BMI, Tacheles e.V., FOKUS-Sozialrecht

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Gesundheitsausschuss billigt Pflegereform mit Änderungen

Der Gesundheitsausschuss hat die geplante Pflegereform mit einigen Änderungen beschlossen. Insgesamt billigte der Ausschuss am Mittwoch, den 24.5.2023, zehn Änderungsanträge der Koalitionsfraktionen von SPD, Grünen und FDP. Änderungsanträge von Union und Linken fanden keine Mehrheit. Für den Gesetzentwurf (20/6544) votierten die Ampel-Koalition, die Opposition stimmte dagegen. Die Vorlage soll am Freitag im Bundestag beschlossen werden.

Entlastungsbudget

Die Abgeordneten verständigten sich in den Beratungen mehrheitlich darauf, dass die Zusammenführung von Kurzzeit- und Verhinderungspflege zu einem flexibel nutzbaren Gesamtbetrag doch kommen soll. Das sogenannte Entlastungsbudget soll zum 1. Juli 2025 wirksam werden. In der häuslichen Pflege können dann Leistungen der Verhinderungspflege (bisher bis zu 1.612 Euro) und Kurzzeitpflege (bisher bis zu 1.774 Euro) im Gesamtumfang von 3.539 Euro flexibel kombiniert werden.

Dynamisierung geringer

Für Eltern pflegebedürftiger Kinder mit Pflegegrad 4 oder 5 steht das Entlastungsbudget schon ab dem 1. Januar 2024 in Höhe von 3.386 Euro zur Verfügung und steigt bis Juli 2025 auf ebenfalls 3.539 Euro an. Dafür soll die ab 2025 geplante Dynamisierung der Geld- und Sachleistungen in der Pflege von 5 auf 4,5 Prozent abgesenkt werden.

Beitragssatz per Rechtsverordnung

Der Ausschuss ergänzte zudem eine Regelung, wonach die Bundesregierung dazu ermächtigt werden soll, den Beitragssatz in der Pflegeversicherung künftig durch Rechtsverordnung festzusetzen, falls auf einen kurzfristigen Finanzierungsbedarf reagiert werden muss. Eine solche Verordnung darf demnach nur unter bestimmten Voraussetzungen und bis zu einer bestimmten Größenordnung genutzt werden. Zudem muss die Verordnung dem Bundestag zugleitet werden, der sie ändern oder ablehnen kann. Damit werde einerseits die schnelle Reaktionsmöglichkeit gewährleistet, andererseits der Bundestag an dem Verfahren beteiligt, heißt es in der Begründung.

Kinder-Nachweis

Um die vom Bundesverfassungsgericht (BverfG) geforderte Differenzierung der Pflegebeiträge nach Kinderzahl möglichst unbürokratisch und effizient umsetzen zu können, soll bis zum 31. März 2025 ein digitales Verfahren zur Erhebung und zum Nachweis der Anzahl der berücksichtigungsfähigen Kinder entwickelt werden. Bis dahin soll ein vereinfachtes Nachweisverfahren gelten.

Pflegebedürftigkeit per Telefon

Mit einer weiteren Änderung wird die Möglichkeit geschaffen, das Vorliegen einer Pflegebedürftigkeit regelhaft mittels strukturierter Telefoninterviews zu prüfen, jedoch nur bei Folgebegutachtungen und nicht bei einer Erstbegutachtung eines Antragstellers oder bei der Prüfung der Pflegebedürftigkeit von Kindern.

Quelle: Bundestag

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Europa schottet sich ab

Am 8. und 9. Juni 2023 treffen sich die EU-Innenminister*innen im Rat der Europäischen Union (EU), um sich politisch auf Regelungen zu einigen, die schwerwiegende Folgen haben würden: Unter anderem wird diskutiert, verpflichtende Grenzverfahren einzuführen, das Konzept der „sicheren Drittstaaten“ auszuweiten und am Dublin-System festzuhalten.

Vor 30 Jahren: Asylkompromiss

Wieder, wie schon vor 30 Jahren beim „Asylkompromiss„, ist die SPD maßgeblich an einer weiteren Einschränkung des Flüchtlingsschutzes beteiligt, diesmal in Gestalt von Bundesinnenministerin Nancy Faser.

Die Klimakatastrophe wird Flüchtlingsströme ungeheuren Ausmasses auslösen, was sollen Menschen machen, deren Heimat zunehmend lebensfeindlicher wird?

Klimaschutz und Flüchtlingsschutz?

Nun könnte man ja zunächst mal versuchen, mit allen Mitteln, die zur Verfügung stehen – und es stehen alle nötigen Mittel zur Verfügung – die Katastrophe zumindest abzumildern. Weiter sollte versucht werden, die Flüchtlingsströme zu kanalisieren, sichere Fluchtwege zu schaffen und allen, die ihre Heimat verlassen müssen, eine menschenwürdige Perspektive zu ermöglichen.

Nichts davon passiert. In einer besipiellosen Kampagne werden hierzulande auch die kleinsten Ansätze einer vernünftigen Klimapolitik verunglimpft. Flüchtlingspolitik beteht nur noch in der Aushöhlung und letztlichen Abschaffung des Grundrechts auf Asyl.

Fluchtgründe zählen nicht mehr

Bei Treffen der EU-Innenminister*innen am 8.Juni 2023 sollen Regelungen beschlossen werden, die schwerwiegende Folgen haben würden: Unter anderem wird diskutiert, verpflichtende Grenzverfahren einzuführen, das Konzept der „sicheren Drittstaaten“ auszuweiten und am Dublin-System festzuhalten.

In den geplanten verpflichtenden Grenzverfahren werden absehbar keine Fluchtgründe der Schutzsuchenden geprüft, sondern nur, in welchen außereuropäischen Drittstaat die fliehenden Menschen geschickt werden können. Schutzsuchende könnten dann in ein außereuropäisches Land abgeschoben werden, in dem sie möglicherweise nicht in allen Landesteilen sicher sind oder in dem sie noch nie waren. Flüchtlingsschutz gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention müsste dort ebenfalls nicht gewährt werden – nach der deutschen Position soll der Schutz zwar im Wesentlichen der Genfer Flüchtlingskonvention entsprechen und eine Verbindung zu dem Land soll bestehen, gemäß anderer im Rat diskutierter Vorschläge liegen die Anforderungen an den Schutz jedoch weit unter diesem Niveau. Setzt sich ein solcher Vorschlag durch, wird dies voraussichtlich massiv die Gefahr völkerrechtswidriger Kettenabschiebungen in Herkunftsländer wie Syrien oder Afghanistan erhöhen.

Haftlager außerhalb der EU

In Kombination mit der Anwendung des Konzepts der “Fiktion der Nicht-Einreise“ können die Grenzverfahren auch nur durch Inhaftierung der Schutzsuchenden umgesetzt werden.

Zudem soll am eigentlich gescheiterten Dublin-System – das zur Überlastung von Außengrenzstaaten führt – festgehalten und dieses sogar noch verschärft werden. Ein wirksamer Solidaritätsmechanismus bei dem Asylsuchenden auch von anderen Mitgliedstaaten als den Außengrenzstaaten aufgenommen werden, wird dagegen nicht ernsthaft verhandelt. Denn aktuell soll die „Solidarität“ auch durch Geldzahlungen oder materiellen Leistungen erbracht werden können – sogar in außereuropäischen Drittstaaten. Anstatt Flüchtlingsaufnahme, würde so also die Externalisierung des europäischen Grenzschutzes als Solidarität verbucht werden.

Appell an die Bundesregierung

Pro Asyl und 50 andere Organisationen richten daher einen gemeinsamen Appell an die Bundesregierung: Keine Kompromisse auf Kosten des Flüchtlingsschutzes bei der europäischen Asylrechtsreform!

Quellen: Pro Asyl, wikipedia

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Digitale Rentenübersicht

Im Februar 2021 setzte die Ampel-Koalition mit dem Digitalen Rentenübersichtsgesetz ein Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag um.

Gesetz

Die Digitale Rentenübersicht soll jeder Bürgerin und jedem Bürger eine Übersicht über den Stand der individuellen Ansprüche der gesetzlichen, betrieblichen und privaten Altersvorsorge geben, auf einen Blick und digital abrufbar über ein Portal. Grundlage sind die Daten aus den regelmäßigen Informationen der Vorsorgeeinrichtungen. Herzstück wird eine übersichtliche Darstellung der bereits erreichten und bis zum Renteneintritt erreichbaren Altersvorsorgeansprüche und eine Zusammenfassung der Ansprüche in einem Gesamtüberblick.

Umsetzungsauftrag

Zur Umsetzung wurde unter dem Dach der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV) eine ‚Zentrale Stelle für die Digitale Rentenversicherung‘ errichtet. Vertreterinnen und Vertreter der drei Säulen der Alterssicherung, des Verbraucherschutzes sowie des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales und des Bundesministeriums der Finanzen wurden in einem Steuerungsgremium in die Umsetzung eingebunden. 

Umsetzung

Laut Pressemitteilung des DRV vom 11. Mai 2023 soll es ab Sommer 2023 möglich sein, per Mausklick eine einheitliche Übersicht über die persönliche Altersvorsorge zu erhalten. Die jährliche schriftliche Renteninformation soll es aber weiterhin geben.

Geplant ist der Start eines übersichtlich gestalteten „persönlichen Bereichs“ auf der DRV-Internetseite. Über ein Login werd es dort möglich sein, persönliche Daten einzusehen, zu ändern, Anträge zu stellen oder Rückfragen zu stellen – ähnlich wie beim Online-Banking. Dazu gehöre auch die geplante „digitale Rentenübersicht“.

Auf dieser Plattform solle es für jeden einen Gesamtüberblick über die gesetzliche, betriebliche und private Altersvorsorge geben. So könne sich jeder über die im Alter zu erwartende Finanzsituation informieren. Allerdings sei die Rentenversicherung hier darauf angewiesen, dass sich die privaten Altersvorsorge-Anbieter auch beteiligen und ihre Daten zur Verfügen stellen.

Das Login solle bei beiden Plattformen über die Online-Funktion des Personalausweises mit der dazugehörigen „AusweisApp2“ auf dem Smartphone möglich sein. Imke Petersen, bei der DRV für das Projekt digitale Rentenübersicht zuständig, versicherte, dass es auch weiterhin die jährliche schriftliche Renteninformation geben werde. Die digitale Übersicht sei ein zusätzliches Angebot.

Quellen: BMAS, DRV

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SGB XII- und SGB XIV-Anpassungsgesetz

Im Rahmen des Bürgergeldgesetzes vom 16. Dezember 2022 wurden nicht alle Änderungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) bei der Berücksichtigung von Einkommen auf das SGB XII übertragen. Einige der unterbliebenen Angleichungen sollen mit diesem Gesetz nachgeholt werden.

Der vorliegende Gesetzentwurf beinhaltet begrenzte Änderungen in den Sozialgesetzbüchern II, XII, IX, XIV, dem Bundesversorgungsgesetz, dem sozialen Entschädigungsrecht sowie dem Soldatenversorgungsrecht. Der Gesetzentwurf strebt allerdings keine weitreichenden inhaltlichen Änderungen an.

Geringfügige Einkünfte von unter 25jährigen

Um die Regelungen im § 82 SGB XII (Einkommensbegriff) mit dem SGB II gleichzustellen, wird in Abs.1 Nr.7 der bisher geltende Betrag in Höhe von 520 Euro durch eine dynamische Verweisung auf § 8 Absatz 1a SGB IV (Gerindfügigkeitsgrenze) ersetzt. Dies stellt sicher, dass künftige Anhebungen der Geringfügigkeitsgrenze auch bei den anrechnungsfreien Beträgen nachvollzogen werden.

Zudem wird klargestellt, dass sich der Betrag nur auf Einnahmen aus Erwerbstätigkeit bezieht. Die Regelung wird zudem auf Personen beschränkt, die das 15., aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben.

Zusätzlich geregelt wird festgelegt, dass Einnahmen aus Erwerbstätigkeit dann kein Einkommen sind, wenn diese auch nach dem Besuch allgemeinbildender Schulen bis zum Ablauf des dritten auf das Ende der Schulausbildung folgenden Monats erworben worden sind.

Ebenso werden Personen unter 25 Jahren, die einen Freiwilligendienst nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder dem Jugendfreiwilligendienstegesetz absolvieren, unter die Regelung gefasst. Zudem soll klargestellt werden, dass das gezahlte Taschengeld für Freiwilligendienste nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz beziehungsweise Jugendfreiwilligendienstegesetz als Einkommen aus Erwerbstätigkeit gilt. Damit soll sichergestellt werden, dass das
Taschengeld in Höhe des Betrages nach § 8 Absatz 1a des SGB IV zum Einkommen gehört.

Einmalige Einnahmen

Änderung von § 82 Absatz 7. Einnahmen werden zukünftig wie beim Bürgergeld im Zuflussmonat berücksichtigt. Bedarfsübersteigende Beträge werden dem Vermögen zugeschlagen. Die bislang für einmalige Zahlungen geltende Aufteilung auf sechs Monate erfolgt mit der Neuregelung nur noch in Fällen einer Nachzahlung.

Weitergehender Reformbedarf

Der Paritätische Gesamtverband weist auf weitergehenden Reformbedarf im SGB XII hin. Dieser Reformbedarf ergibt sich vor allem aus grundlegenden Defiziten der Grundsicherung in Bezug auf die angemessene Bedarfsdeckung und aus den weiterhin bestehenden zentralen Unterschieden zwischen den Regelungen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) gegenüber der Sozialhilfe (SGB XII). Die vielfach gegebene Schlechterstellung der Bedingungen im SGB XII – d.h. vor allem ältere und erwerbsgeminderte hilfebedüftige Menschen sind betroffen – gegenüber dem SGB II lässt sich mit dem zentralen Unterscheidungsmerkmal „erwerbsfähig / nicht-erwerbsfähig“ nicht rechtfertigen. Die Schlechterstellung im SGB XII wird daher vielfach von den Betroffenen als diskriminierend empfunden. Der Paritätische fordert die Bundesregierung daher zu einer grundlegenden Reform des SGB XII auf. 

Unterschiede SGB II / SGB XII

In einer Vielzahl von Regelungen gibt es Nachteile der SGB XII – Leistungsberechtigten gegenüber den Leistungsberechtigten nach dem SGB II.

SGB IISGB XII
Schonvermögen15.000 EUR10.000 EUR
Angemessenes Kfz15.000 EUR10.000 EUR
Geschontes selbstgenutztes Eigentum
für ein und zwei Personen:
SGB II: 130/140 m²80/90 m²
Freibetrag aus Erwerbseinkommen bei
100 EUR
100 EUR33,64 EUR
Einkünfte in Geldeswertanrechnungsfreianzurechnen
Zeitraum zur Antragsstellung einer
Heizkostennachzahlung und
Bevorratungskosten für
Nichtleistungsbeziehende
drei Monateein Monat

Ausführlich beschrieben werden die Unterschiede in einer Stellungnahme des Vereins Tacheles e.V. Gleichzeitig werden die geplanten Änderungen des Gestzentwurfs kommentiert und gesetzestaugliche Vorschläge zur Verbesserung des SGB XII gemacht.

Quellen: Tacheles e.V., Paritätischer Gesamtverband, Bundesregierung

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Bundesrat unzufrieden mit der Pflegereform

In seiner Stellungnahme zum PUEG (Pflegeunterstützungs- und Entlastungsgesetz) erheben die Länder eine Reihe von Forderungen. So verlangen sie unter anderem, dass der Bund künftig Zuschüsse zum Ausgleichsfonds der sozialen Pflegeversicherung leistet.

Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt

Zudem bittet der Bundesrat darum, dass der Bund die Leistungsausgaben bzw. Beitragszahlungen für die beitragsfreie Familienversicherung und die Beitragsfreiheit bei Mutterschafts- und Elterngeldbezug regelmäßig quantifiziert und in dieser Höhe jährlich als finanziellen Zuschuss aus dem Bundeshaushalt dem Ausgleichsfonds zuführt.

Auch die Leistungsausgaben für Rentenversicherungsbeiträge für häusliche Pflegepersonen sowie für das Pflegeunterstützungsgeld sollen durch Bundesmittel finanziert werden. Die Länderkammer fordert schließlich auch, die Pflegehilfsmittelpauschale zu erhöhen.

Subsidiaritätsprinzip

Nach § 11 Abs. 2 Satz 3 dürfen öffentliche Träger Leistungen nach dem SGB XI nur erbringen, wenn freigemeinnützige oder private Träger nicht tätig werden. Dies will die Länderkammer ändern.

In den vergangenen Jahren hat der Anteil der privaten Einrichtungen an der Versorgung deutlich zugenommen. Die Anzahl und damit die Vielfalt der dahinterstehenden Träger hat hingegen abgenommen und weist auf eine Konsolidierung zugunsten weniger, dafür umso größerer Pflegeunternehmen in Konzernstrukturen hin. Diese Entwicklung ist geeignet, den Wettbewerb und damit die Preisentwicklung zulasten der Pflegebedürftigen und der Träger der Hilfe zur Pflege zu beeinträchtigen. Den öffentlichen Trägern soll die Möglichkeit gegeben werden, sich aktiv beim Ausbau und der Weiterentwicklung der notwendigen pflegerischen Versorgungsstrukturen vor Ort einzubringen.

PUEG auf FOKUS-Sozialrecht

Über die geplante Pflegereform berichteten wir hier schon am 11. April und am 27. April.

Weiteres Verfahren

Die Stellungnahme des Bundesrates wurde der Bundesregierung zugeleitet, die eine Gegenäußerung dazu verfasst und dem Bundestag zur Entscheidung vorlegt. Verabschiedet dieser das Gesetz, so befasst sich der Bundesrat noch einmal abschließend damit.

Quellen: Bundesrat, FOKUS-Sozialrecht

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