13. Existenzminimumbericht

Das Bundeskabinett hat am 23. September 2020 den Bericht über die Höhe des steuerfrei zu stellenden Existenzminimums von Erwachsenen und Kindern für das Jahr 2022 beschlossen. Entsprechend dem Beschluss des Deutschen Bundestags vom 2. Juni 1995 legt die Bundesregierung alle zwei Jahre einen Bericht über die Höhe des von der Einkommensteuer freizustellenden Existenzminimums von Erwachsenen und Kindern vor.
Der Existenzminimumbericht ist dabei prognostisch angelegt.

Rechtliche Grundlage

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 87, 153 [169]) muss dem Steuerpflichtigen nach Erfüllung seiner Einkommensteuerschuld von seinem Erworbenen zumindest so viel verbleiben, wie er zur Bestreitung seines notwendigen Lebensunterhalts und – unter Berücksichtigung von Artikel 6 Absatz 1 des Grundgesetzes (GG) – desjenigen seiner Familie bedarf (Existenzminimum).

Diese Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts gelten sinngemäß auch für die Ermittlung des sächlichen Existenzminimums (Sachbedarf) eines Kindes.

Der nun beschlossene Existenzminimumbericht erklärt unter Punkt 4 die jüngst bekannt gewordene Absicht, die Regelsätze im SGB XII und SGB II stärker zu erhöhen als ursprünglich vorgesehen.

weitere Anpassung nötig

Auch die im 2. Familienentlastungsgesetz vorgesehenen Zahlen müssen überarbeitet werden. Danach sollen

  • der Grundfreibetrag ab dem Veranlagungszeitraum 2021 um 288 Euro auf 9.696 Euro und
  • ab 2022 um weitere 288 Euro auf 9.984 Euro sowie
  • der Kinderfreibetrag ab 2021 um 288 Euro auf 5.460 Euro angehoben werden.

Das bedeutet für die Überarbeitung

  • Der vorgesehene Kinderfreibetrag (5.460 ab 2021) entspricht also dem errechneten Exisenzminimum für 2022.
  • Der vorgesehene Grundfreibetrag für 2021 (9.696 Euro) liegt dagegen unter dem Ergebnis des Existenzminimuberichts (9.744 Euro).
  • Der vorgesehene Grundfreibetrag für 2022 (9.984 Euro) überschreitet das Ergebnis des Existenzminimuberichts (9.888 Euro).

Überblick des Existenzminimumberichts

Alleinst.Alleinst.EhepaareKinderKinder
Jahr20212022202220212021
Regelsatz5.3525.4009.7203.7803.816
Bildung und Teilhabe324324
Kosten der Unterkunft3.6123.6845.5201.0921.104
Heizkosten7808041.080216216
sächliches Existenzminimum9.7449.88816.3205.4125.460
steuerlicher Freibetrag
(aktuell)
9.4089.40818.8165.1725.172
Darstellung der steuerfrei zu stellenden sächlichen Existenzminima und der entsprechenden einkommensteuerlichen Freibeträge (in Euro)

Abschließend stellt der Bericht fest, dass in den Jahren 2021 und 2022 mit den geltenden steuerlichen Regelungen und den vorgesehenen Gesetzesänderungen den verfassungsrechtlichen Anforderungen hinsichtlich der steuerfrei zu stellenden Existenzminima von Erwachsenen und Kindern entsprochen wird.

Quellen: Bundesfinanzministerium

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Mehr Zuschuss für Zahnersatz

Ab 1. Oktober bekommen gesetzlich Krankenversicherte für Zahnersatz jedoch mehr Geld von der Krankenkasse. Der Festzuschuss wird dann von 50 auf 60 Prozent der Kosten für die sogenannte Regelversorgung erhöht.

Die Erhöhung wurde schon im Frühjahr 2019 im Rahmen des Terminservice und Versorgungsgesetz (TSVG) beschlossen.

Zahnersatz im § 55 SGB V

Versicherte haben Anspruch auf medizinisch notwendige Versorgung mit Zahnersatz (zahnärztliche Behandlung und zahntechnische Leistungen). Der Zahnersatz umfasst auch Zahnkronen. Bei großen Brücken ist die Versorgung auf den Ersatz von bis zu vier fehlenden Zähnen je Kiefer und bis zu drei fehlenden Zähnen je Seitenzahngebiet begrenzt. Bei Kombinationsversorgungen ist die Versorgung auf zwei Verbindungselemente je Kiefer, bei Versicherten mit einem Restzahnbestand von höchstens drei Zähnen je Kiefer auf drei Verbindungselemente je Kiefer begrenzt.

Die Krankenkassen gewähren zu den Aufwendungen für Zahnersatz befundbezogene Festzuschüsse. Patientinnen und Patienten können beim Zahnersatz zwischen jeder medizinisch anerkannten Versorgungsform wählen (vgl. § 55 Abs. 1 SGB V). Der Festzuschuss beträgt 60 % der festgelegten Kostenobergrenzen für bestimmte Zahnersatzleistungen. Gute Zahnpflege und nachgewiesene regelmäßige Kontrolluntersuchungen führen zu höheren Zuschüsse. Wer seine Zähne in den letzten fünf Jahren jeweils jährlich hat untersuchen lassen, kann den Zuschuss seinem Bonus von 70 % steigern. Bei Minderjährigen ist zur Erlangung dieses Vorteils der Nachweis einer halbjährlich Untersuchung erforderlich. Gelingt der Nachweis der regelmäßigen Untersuchung sogar in den letzten 10 Jahren, so erhöht sich der Bonus noch auf 75 % des Festbetrages.
 In begründeten Ausnahmefällen kann die Krankenkasse auch dann den Zuschuss auf 75 % erhöhen, wenn der Versicherte seine Zähne regelmäßig gepflegt und in den letzten zehn Jahren vor Beginn der Behandlung die Kontrolluntersuchungen nur einmal ausgelassen hat.

Beispiel

Dies bedeutet im Falle eine Zahnkrone zum Preis von 375 EUR beispielsweise:

bis 30.9.ab 1.10.
Festzuschuss ohne Bonus 50 %187,50 EUR60 %225,00 EUR
Festzuschuss mit Bonus60 %225,00 EUR70 %262,50 EUR
Festzuschuss mit erhöhtem Bonus65 %243,75EUR75 %281,25 EUR

Geringes Einkommen

Versicherte mit einem geringen Einkommen (zum Beispiel Sozialhilfeempfänger), die Zahnersatz benötigen, bekommen von ihrer Krankenkasse einen zusätzlichen Festzuschuss; damit erhalten sie die Regelversorgung kostenfrei. Dies gilt auch für Versicherte, die in einem Heim oder einer ähnlichen Einrichtung leben, deseen Kosten von einem Träger der Sozialhilfe oder der Kriegsopferfürsorge getragen werden. Als geringes Einkommen gelten 40% der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV, das heißt für das Jahr 2020 monatliche Bruttoeinnahmen bis zu 1.274,00 EUR für Alleinstehende. Die Einkommengrenze erhöht sich für den ersten im Haushalt lebenden Angehörigen um 477,75 EUR und für jeden weiteren Angehörigen um 318,50 EUR (vgl. § 55 Abs. 2 SGB V).

Übersteigt das Einkommen diese Einkommensgrenzen, so steigen die einzubringenden Eigenmittel kontinuierlich an. Versicherte mit höherem Einkommen müssen bis zum Dreifachen des Betrages selbst leisten, um den ihr Einkommen die maßgeblichen Einkommensgrenze übersteigt (vgl. § 55 Abs. 3 SGB V).

Quellen Bundestag, SOLEX

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Reform des Betreuungsrechts: Gesetzgebungsverfahren eröffnet

Jetzt geht das offizielle Gesetzgebungsverfahren los

Am 23.09.2020 hat das Bundeskabinett den Gesetzentwurf gebilligt. Er wird nun in Bundestag und Bundesrat eingebracht.

Dem voraus ging das Einholen von Stellungnahmen der Verbände und von Sachverständigen.

Die Liste dieser Stellungnahmen ist auf der Homepage des Bundesministeriums der Justiz zu finden: https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/DE/Reform_Betreuungsrecht_Vormundschaft.html

Digitalisierung des Gesundheitswesens

Der Bundesrat hat am 18. September 2020 das Patientendatenschutzgesetz gebilligt, das der Bundestag Anfang Juli verabschiedet hatte. Es dient der weiteren Digitalisierung des Gesundheitswesens.

Bereits nach geltendem Recht müssen die Krankenkassen den Versicherten ab 2021 eine elektronische Patientenakte anbieten.

Elektronische Patientenakte (ePA)

Die elektronische Patientenakte (ePA) ist das zentrale Element der vernetzten Gesundheitsversorgung und der Telematikinfrastruktur. Spätestens ab Januar 2021 müssen die gesetzlichen Krankenkassen ihren Versicherten eine solche ePA anbieten. Eingeführt wurde der Anspruch es durch das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) im § 291a SGB V. Folgende Informationen über einen Patienten können in der ePA gespeichert werden:

  • Befunde
  • Diagnosen
  • Therapiemaßnahmen
  • Behandlungsberichte
  • Impfungen

Damit ist eine fall- und einrichtungsübergreifende Dokumentation möglich. Die ePA unterstützt außerdem den Notfalldatensatz und den elektronischen Medikationsplan sowie elektronische Arztbriefe. Die ePA ersetzt nicht die Kommunikation unter den Ärzten oder zu anderen Einrichtungen des Gesundheitswesens.

Grundvoraussetzung dafür ist der Wunsch des Patienten zur Führung einer ePA, denn es handelt sich dabei um eine freiwillige Anwendung.

Ärzte müssen in die ePA eintragen

Durch den nun gebilligten Bundestagsbeschluss erhalten die Versicherten ab 2022 auch einen Anspruch darauf, dass Ärzte die Patientendaten darin eintragen. Dort lassen sich zum Beispiel Befunde, Arztberichte oder Röntgenbilder speichern, aber auch Angaben aus Impfausweis, Mutterpass, Vorsorgeuntersuchungen für Kinder im sogenannten U-Heft und Zahn-Bonusheft. Bei einem Wechsel der Krankenkasse können Versicherte ihre Daten aus der elektronischen Patientenakte übertragen lassen.

E-Rezept auf dem Handy

Patienten können künftig elektronische Rezepte auf ihr Smartphone laden und in einer Apotheke einlösen. Die dazu nötige App soll als Teil der Telematikinfrastruktur im Laufe des Jahres 2021 zur Verfügung stehen. Ab 2022 ist die elektronische Verordnung von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln in der Telematikinfrastruktur verpflichtend vorgegeben.

Elektronische Facharztüberweisung

Auch Überweisungen zu einem Facharzt lassen sich künftig elektronisch übermitteln. Ab 2022 sollen die Versicherten über ihr Smartphone oder Tablet für jedes in der Akte gespeicherte Dokument einzeln bestimmen können, wer darauf zugreifen darf. Personen ohne Smartphone können ihre elektronische Akte bei ihrer Krankenkasse einsehen.

Verwendung der Daten

Die Versicherten sollen dem Patientendatenschutzgesetz zufolge eigenverantwortlich über die Verwendung ihrer Gesundheitsdaten entscheiden: Die Nutzung der ePA bleibt freiwillig. Die Versicherten bestimmen, welche Daten gespeichert oder gelöscht werden. Sie entscheiden auch darüber, wer auf die Akte zugreifen kann. Die Patienten selbst können jederzeit auf ihre Daten zurückgreifen und diese einsehen.

Datenspende für Forschungszwecke

Ab 2023 können die Versicherten ihre Daten auch der Forschung freiwillig zur Verfügung stellen. Die Datensicherheit soll in der Telematikinfrastruktur jederzeit gewährleistet sein. So sind Ärzte, Kliniken und Apotheker für den Schutz der jeweils verarbeiteten Patientendaten verantwortlich, heißt es in der Gesetzesbegründung

Quellen: Bundesrat, Bundestag, Kassenärztliche Bundesvereinigung, FOKUS-Sozialrecht

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Intensivpflegegesetz mit Bedenken zugestimmt

Nun ist es amtlich: Wer Intensivpflege benötigt, verliert unter Umständen auch noch sein Grundrecht auf Selbsbestimmung.

Der Bundesrat stimmte am 18.9.2020 dem Intensivpflegegesetz (IPReG) zu. In einer begleitenden Entschließung weist der Bundesrat aber darauf hin, dass die Rechte von Menschen mit Behinderung auf Selbstbestimmung und gleichberechtigte Teilhabe eingeschränkt werden könnten – insbesondere bei der Entscheidung über ihren Wohnort. Die Befürchtungen seien auch durch die Änderungen im Bundestagsverfahren nicht komplett ausgeräumt worden.
Der Vermittlungsausschuss soll aber nicht angerufen werden. Damit winkt der Bundesrat ein Gesetz durch, dass die UN-Behindertenrechtskonvention missachtet und vermutlich auch das Grundgesetz.

Ziel: Kostenreduzierung

Vorgeschobener Anlass für das Gesetz waren einige Abrechnungsbetrugsfälle in der Intensivpflege. In Wirklichkeit geht es aber um Kostensenkungen, wie schon die Gesetzesbegründung des ersten Entwurfs unter dem Namen „Reha- und Intensivpflegestärkungsgesetz (RISG)“ sagt. Gegen Betrug durch Abrechnungen in so genannten Beatmung-WGs gibt es allerdings schon Strafgesetze, die konsequent angewendet werden müssen.

Offensichtlich ist es so, dass Minister Spahn, gemeinsam mit den Lobbyisten der Pflegebranche und Krankenkassen, die außerklinische Pflege als Auslaufmodell betrachtet, weil in Kliniken fachliche Betreuung kostengünstiger gebündelt werden kann.

Auf großen Druck der Öffentlichkeit, der Fachverbände, der Opposition und einer Petition konnten wenigstens einige Erleichterungen in das Gesetz eingebaut werden.

§ 37c SGB V

Versicherte mit außerklinischen, intensivpflegerischen Versorgungsbedarfen erhalten künftig die Leistungen der medizinischen Behandlungspflege auf Grundlage des § 37c SGB V; Leistungen der häuslichen Krankenpflege werden in diesen Fällen nicht mehr nach § 37 SGB V erbracht. Der anspruchsberechtigte Personenkreis nach § 37c SGB V ist im Wesentlichen der Personenkreis, der nach bisherigem Recht aufgrund eines besonders hohen Bedarfs an medizinischer Behandlungspflege auch bei Unterbringung in stationären Pflegeeinrichtungen ausnahmsweise Anspruch auf häusliche Krankenpflege nach § 37 Absatz 2 Satz 3 SGB V hatte. Insoweit wird auf die bestehende, bewährte Abgrenzung des Anwendungsbereichs zurückgegriffen. Die Eigenanteile, die die Versicherten bei der Inanspruchnahme von Leistungen der außerklinischen Intensivpflege in vollstationären Pflegeeinrichtungen zu leisten haben, werden erheblich reduziert.

Grundrecht ja, aber nur gegen Geld

In der Gesetzesbegründung des Gesundheitsministeriums wird im Übrigen zynisch darauf hingewiesen, dass jeder sein Grundrecht ja wahrnehmen könne, bezahlen müsse er dann schon selbst. Immerhin gilt das Grundgesetz noch für Millionäre, die Intensivpflege brauchen.:
„Unabhängig von der gewählten Wohnform können die Leistungsorte, an denen außerklinische Intensivpflege erbracht wird, dem Schutzbereich von Artikel 13 Absatz 1 Grundgesetz unterfallen (Unverletzlichkeit der Wohnung), so dass für das Betreten durch den MD grundsätzlich eine Einwilligung des Schutzrechtsinhabers erforderlich ist. Erfolgt diese Einwilligung durch den oder die Versicherte, den oder die Hausrechtsinhaber oder -inhaberin oder den oder die an den Wohnräumen Berechtigten nicht, kann die Leistung an den Leistungsorten nach Absatz 1 Nummer 3 und 4 versagt werden.“

Anforderungen an die außerklinische Pflege

Die Anforderungen an die außerklinische Pflege sind so hoch, dass sie von den betroffenen Menschen kaum umgesetzt werden können. Überprüfen soll das der medizinische Dienst nach Richtlinien, die der Gemeinsame Bundesausschuss erlassen wird.

  • Intensivpflege darf nur noch von besonders qualifizierten Ärzten und Ärztinnen verordnet werden
  • strenge Qualitätsvorgaben gelten für die häusliche Intensivpflege
  • Pflegedienste werden zur Zusammenarbeit mit Fachärzten verpflichtet
  • medizinischer Dienst überprüft die Einhaltung der Vorgaben durch persönliche Begutachtung zu Hause

Was tun?

Offen bleibt, ob es Klagen gegen das Gesetz geben wird. Überlegungen dazu gibt es aber. Möglich bleibt den Betroffenen aber der Versuch, Einfluss auf die Begutachtungsrichtlinien zu nehmen. Nachdem ein erster Entwurf des G-BA dazu bekannt geworden ist, der die Schlimmes befürchten ließ, beeilte sich der G-BA darauf hinzu weisen, dass die endgüligen Richtlinien erst nach Beratung und Diskussion mit allen Beteiligten verabschiedet werde.

Fazit

Ein lesenswertes Fazit aus dem Kampf um das IPReG zieht die Autorin und Bloggerin Laura Mensch unter dem Titel: „Schluss, aus, vorbei – IPReG gefährdet die Selbstbestimmung jetzt aktiv“.

Quellen: Bundesrat, BMG, Change.org, Kobinet, FOKUS-Sozialrecht

Unsere bisherigen Beiträge zum Thema:

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Elterngeld-Reform

Das Bundeskabinett hat den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes beschlossen. Über den Entwurf berichteten wir im Februar 2020.

Vorgesehen Änderungen:

  • Die bisher geltende Höchstarbeitszeitgrenze wird für die Dauer des Elterngeldbezugs von 30 Wochenstunden auf 32 Wochenstunden erhöht.
  • Der Partnerschaftsbonus wird flexibler gestaltet. Zum Beispiel sollen höhere Teilzeitumfänge möglich sein und der Partnerschaftsbonus soll vorzeitig beendet werden können. Wenn in einzelnen Monaten die Voraussetzungen nicht vorlagen, sollen Eltern nicht den ganzen Partnerschaftsbonus verlieren.
  • Mehr Elterngeld für besonders frühgeborene Kinder. Eltern, deren Kind sechs Wochen oder früher vor dem voraussichtlichen Tag der Entbindung geboren wurde, erhalten einen weiteren Basiselterngeldmonat bzw. zwei weitere Elterngeld Plus – Monate.
  • Die Einkommensgrenze, ab der der Elterngeldanspruch entfällt, wird für Paare mit einem gemeinsamen Elterngeldanspruch abgesenkt von 500.000 auf 300.000 Euro. Bei einem derart hohen Einkommen, so die Begründung, ist davon auszugehen, dass Elterngeld für die Entscheidung, in welchem Umfang zugunsten der Betreuung des Kindes auf Erwerbstätigkeit verzichtet werden soll, unerheblich ist.

Kritik

  • Die fehlende Anhebung des seit 13 Jahren unveränderten Mindestbetrags von 300 Euro.
  • Zwar nehmen mittlerweile 40 Prozent der Väter Elternzeit, vor Einführung der Elternzeit waren es noch 3 Prozent. Allerdings bezogen Väter nur durchschnittlich (2019) 3,7 Monate Elterngeld, Mütter 14,3 Monate. (Antwort auf eine kleine Anfrage der Linksfraktion)

Änderungsvorschlag der Linksfraktion: 12 Monate Elterngeldanspruch pro Elternteil, und zwar nicht übertragbar. Für Alleinerziehende Anspruch auf 24 Monate Elterngeld geben.
Änderungsvorschlag der Grünen: Das Elterngeld sollte 24 Monate gezahlt werden. Beide Elternteile hätten jeweils acht Monate. Weitere acht Monate könnten flexibel aufgeteilt werden. Ab dem 14. Monat würde damit eine Reduzierung der Arbeitszeit finanziell abgefedert.

Oft bedingt die Höchstgrenze von 1.800 Euro Elterngeld, dass der besser verdienende der Eltern lieber auf Elterngeld verzichtet, weil die Einkommenseinbußen sonst nicht tragbar wären. Meistens ist der besser Verdienende immer noch der Mann.

Lebenspartnerschaften und Ehen

Im Gesetzentwurf wird die Formulierung „des Lebenspartners oder der Lebenspartnerin“ nach „Ehegatten“ gestrichen. Begründet wird das damit, dass im Gesetz über die Eingetragene Lebenspartnerschaft (Lebenspartnerschaftsgesetz – LPartG) seit 22.12.2018 § 21 gilt, der besagt, dass Regelungen zu Ehegatten und Ehen, die nach dem 22. Dezember 2018 in Kraft treten, entsprechend für Lebenspartner und Lebenspartnerschaften gelten, wenn nichts anderes bestimmt ist.

Quellen: Bundeskabinett, FOKUS-Sozialrecht

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Wohngruppenzuschlag

Der 3. Senat des Bundessozialgerichts hat am 10. September 2020 in drei Revisionsverfahren über den Anspruch auf einen Wohngruppenzuschlag nach § 38a Sozialgesetzbuch Elftes Buch – SGB XI – für pflegebedürftige Bewohner von Wohngruppen entschieden (Aktenzeichen B 3 P 2/19 R, B 3 P 3/19 R, B 3 P 1/20 R).

Die sämtlich den Zuschlag ablehnenden Urteile der Landessozialgerichte sind aufgehoben worden. Der 3. Senat misst dem gesetzlichen Ziel der Leistung, ambulante Wohnformen pflegebedürftiger Menschen unter Beachtung ihres Selbstbestimmungsrechts zu fördern, hohe Bedeutung bei und hält einen strengen Maßstab für die Anforderungen an den Wohngruppenzuschlag nicht für gerechtfertigt.

Wohngruppenzuschlag in ambulant betreuten Wohngruppen

Die Bedeutung ambulant betreuter Wohngruppen für die pflegerische Versorgung wächst. Diese Wohngruppen tragen dem Wunsch nach privater und häuslicher Pflege und Betreuung Rechnung. Vor allem ermöglichen sie es Menschen, die ihren Lebensalltag nicht mehr allein bewältigen können oder möchten, eine gemeinschaftliche Pflege in der Nähe ihres angestammten Wohnumfeldes zu erhalten. Das verhindert Brüche im sozialen Gefüge der Betroffenen. Die überschaubare Größe der Wohngruppen erleichtert es, die Ressourcen der Pflegebedürftigen zu nutzen und zu erhalten sowie Angehörige und das weitere soziale Umfeld der Pflegebedürftigen in den Alltag der Wohngruppe einzubeziehen.

Pflegebedürftige in ambulant betreuten Wohngruppen (sog. Pflege-WG), die Pflegesachleistungen oder Pflegegeld beziehen, erhalten seit 1.1.2017 einen Wohngruppenzuschlag in Höhe von 214 EUR je Monat.

Die Voraussetzungen für den Wohngruppenzuschlag und die Ausgestaltung von ambulanten Wohngruppen wurde mit dem Pflegestärkungsgesetzen I und II weiterentwickelt:

  • Der Pflegebedürftige hat Anspruch auf Wohngruppenzuschlag, wenn
  • Er mit mindestens zwei und höchstens elf weiteren Personen in einer ambulant betreuten Wohngruppe in einer gemeinsamen Wohnung zusammenlebt.
  • Davon sind mindestens zwei weitere Personen pflegebedürftig.
  • Die Bewohner müssen Pflegesachleistungen, Pflegegeld, Kombinationsleistungen, Angebote zur Unterstützung im Alltag oder den Entlastungsbetrag beziehen.
  • Zweck der Wohngemeinschaft ist die gemeinschaftlich organisierte pflegerische Versorgung.
  • Eine Person muss durch die Mitglieder der Wohngruppe gemeinschaftlich beauftragt werden, unabhängig von der individuellen pflegerischen Versorgung allgemeine organisatorische, verwaltende, betreuende oder das Gemeinschaftsleben fördernde Tätigkeiten zu verrichten oder hauswirtschaftliche Unterstützung zu leisten.
  • Es muss sicher gestellt sein, dass die ambulante Leistungserbringung nicht tatsächlich weitgehend den Umfang einer stationären oder teilstationären Versorgung erreicht, und somit eine Situation vermieden wird, in der ein Anbieter der Wohngruppe oder ein Dritter für die Mitglieder der Wohngruppe eine Vollversorgung anbietet. Das zentrale Merkmal einer ambulanten Versorgung ist, dass regelhaft Beiträge der Bewohnerinnen und Bewohner selbst, ihres persönlichen sozialen Umfelds oder von bürgerschaftlich Tätigen zur Versorgung notwendig bleiben.

§ 38a SGB XI gilt auch für Personen mit Pflegegrad 1.

Der Medizinische Dienst soll im Einzelfall prüfen, ob in Wohngruppen die Inanspruchnahme der Tages‐ und Nachtpflege erforderlich ist. Nur dann, wenn durch eine Prüfung nachgewiesen ist, dass die Pflege in einer ambulant betreuten Wohngruppe ohne teilstationäre Pflege nicht in ausreichendem Umfang sichergestellt werden kann, kann die Leistung in Anspruch genommen werden. 

Hinweise des BSG

Das Bundessozialgericht weist in seinem Urteil darauf hin, dass trotz der Zielrichtung des Gesetzes der Zuschlag allerdings zu versagen wäre, wenn es sich nicht im Rechtssinne um eine ambulant betreute Wohngruppe, sondern faktisch um eine (verkappte) vollstationäre Versorgungsform handelte, oder wenn die in der Wohngruppe erbrachten Leistungen nicht über diejenigen der häuslichen Pflege hinausgingen. Für gesetzlich begünstigte Wohn- und Versorgungsformen sei maßgebend, dass die Betroffenen im Sinne einer „gemeinschaftlichen Wohnung“ die Möglichkeit hätten, Gemeinschaftseinrichtungen zu nutzen, und dass sie die Übernahme einzelner Aufgaben außerhalb der reinen Pflege durch Dritte selbstbestimmt organisieren könnten.

Die „gemeinschaftliche Beauftragung“ einer Person zur Verrichtung der im Gesetz genannten, die Wohngruppe unterstützenden Tätigkeiten müsse sich an der Förderung der Vielfalt individueller Versorgungsformen und der Praktikabilität messen lassen. Deshalb unterliege eine gemeinschaftliche Beauftragung keinen strengen Formvorgaben und kann auch durch nachträgliche Genehmigung erfolgen. Dafür reiche es aus, wenn innerhalb der Maximalgröße der Wohngemeinschaft von zwölf Personen einschließlich der die Leistung begehrenden pflegebedürftigen Person mindestens zwei weitere pflegebedürftige Mitglieder an der gemeinschaftlichen Beauftragung mitwirken. Bei der beauftragten Person könne es sich auch um mehrere Personen und ebenfalls um eine juristische Person handeln, die dann wiederum durch namentlich benannte natürliche Personen die für die Aufgabenerfüllung nötige regelmäßige Präsenz sicherstelle. Auch schade es nicht, wenn die Beauftragten noch andere Dienstleistungen im Rahmen der pflegerischen Versorgung übernähmen, solange keine solch enge Verbindung zur pflegerischen Versorgung bestehe, dass diese als stationäre Vollversorgung zu qualifizieren wäre.

Quellen: Bundessozialgericht, SOLEXWohngruppenzuschlag

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Rechengrößen 2021

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales legt den Referentenentwurf zur Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2021 vor:

Die Rechengrößen werden jedes Jahr gemäß der Einkommensentwicklung angepasst. Maßgebend für 2021 ist das Jahr 2019. Bei der Ermittlung der jeweiligen Einkommensentwicklung zählen die Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer. So gab es 2019 eine Steigerung

  • im Bundesgebiet um 2,94 Prozent,
  • in den alten Bundesländern um 2,85 Prozent und
  • in den neuen Ländern wird zur Berechnung das Ergebnis für 2021 für die alten Bundesländer durch Wert der Anlage 10 zum SGB VI für 2021 (1,0560) geteilt.

Die Bezugsgröße, die für viele Werte in der Sozialversicherung Bedeutung hat (unter anderem für die Festsetzung der Mindestbeitragsbemessungsgrundlagen für freiwillige Mitglieder in der gesetzlichen Krankenversicherung und für die Beitragsberechnung von versicherungspflichtigen Selbständigen in der gesetzlichen Rentenversicherung), erhöht sich

  • im Westen auf 3.290 Euro/Monat (2020: 3.185 Euro/Monat),
  • im Osten auf 3.115 Euro/Monat (2020: 3.010 Euro/Monat).

Die bundesweit einheitliche Versicherungspflichtgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung (Jahresarbeitsentgeltgrenze) steigt auf 64.350 Euro (2020: 62.550 Euro).

Die ebenfalls bundesweit einheitliche Beitragsbemessungsgrenze für das Jahr 2021 in der gesetzlichen Krankenversicherung beträgt 58.050 Euro jährlich (2020: 56.250 Euro) bzw. 4. 837,50 Euro monatlich (2020: 4.687,50 Euro).

Die Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung steigt

  • im Westen auf 7.100 Euro/Monat (2020: 6.900 Euro/Monat) und
  • im Osten auf 6.700 Euro/Monat (2020: 6.450 Euro/Monat).

Zusammengefasst ergeben sich nach dem Referentenentwurf folgende Werte:

WestOst
MonatJahrMonatJahr
Beitragsbemessungsgrenze: allgemeine Rentenversicherung7.100€85.200€6.700€80.400€
Beitragsbemessungsgrenze: knappschaftliche Rentenversicherung8.700€104.400€8.250€99.000€
Beitragsbemessungsgrenze: Arbeitslosenversicherung7.100€85.200€6.700€80.400€
Versicherungspflichtgrenze: Kranken- u. Pflegeversicherung5.362,50€64.350€5.362,50€64.350€
Beitragsbemessungsgrenze: Kranken- u. Pflegeversicherung4.837,50€58.050€4.837,50€58.050€
Bezugsgröße in der Sozialversicherung3.290€*39.480€*3.115€37.380€
vorläufiges Durchschnittsentgelt/Jahr in der Rentenversicherung
41.541€
* In der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung gilt dieser Wert bundeseinheitlich.

Bevor die Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2021 im Bundesgesetzblatt verkündet wird, muss sie von der Bundesregierung beschlossen werden und der Bundesrat muss anschließend zugestimmt haben.

Quelle: BMAS

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Höhere Regelsätze

Nach Pressemeldungen, unter anderem in der Tagesschau und im Spiegel, werden die Regelsätze im SGB II und im SGB XII stärker angehoben als geplant.

Danach sollen ab 1.1.2021 folgende Regelsätze gelten:

  • Regelbedarfsstufe 1 / Alleinstehende von 432 € auf 446 € / + 14 €
  • Regelbedarfsstufe 2 / Partner innerhalb BG von 389 € auf 401 € / + 12 €
  • Regelbedarfsstufe 3 / U 25 im Haushalt der Eltern von 345 € auf 357 € / + 12 €
  • Regelbedarfsstufe 4 / Jugendliche von 15 bis 17 J. von 328 € auf 373 € / + 45 €
  • Regelbedarfsstufe 5 / Kinder von 6-14 J. von 308 € auf 309 € / + 1 €
  • Regelbedarfsstufe 6 / Kinder von 0 bis unter 6 Jahren von 250 € auf 283 € / + 33 €

Schon im Referentenentwurf zum Regelbedarfsermittlungsgesetz wurde in der Begründung zu § 7 darauf hingewiesen, dass die für die Fortschreibung zum 1. Januar 2021 benötigten Daten erst Ende August 2020 vollständig vorliegen werden.
Die zu Grunde liegenden Daten stammen aus dem Jahr 2018. In dem Entwurf wurde der zu erwartende Anstieg für die Jahre 2019 und 2020 mit insgesamt geschätzten 0,93 Prozent eingerechnet. Dies war auch schon ein Kritikpunkt der Sozialverbände am Entwurf.

Nun liegen die tatsächlichen Zahlen vor. Danach ergab sich für die Jahre 2019 und 2020 wohl ein tatsächlicher Anstieg um etwa 2,5 Prozent.

Die Erhöhung der Regelsätze ist unter anderem auch relevant für die Höhe der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Hier liegen aber noch keine konkreten Zahlen vor.

Quellen: Tagesschau, Spiegel, FOKUS-Sozialrecht

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Verkehrsminister und Rassismus

Am 9. Juni wurde hier darüber berichtet, wie das Verkehrsministerium mittels einer Verordnungsänderung zur Schiffsicherheit verhindern will, dass private Seenotretter Flüchtlingen im Mittelmeer das Leben retten.

Die Verordnung bestimmt, dass Schiffe ein Schiffsicherheitszeugnis brauchen, wenn sie nicht zu „Sport- und Erholungszwecken“ benutzt werden. Ursprünglich hieß es in der Verordnung „Sport- und Freizeitzweck“. Damit hatte das Rettungsschiff „Mare Liberum“ vor einem Jahr beim Oberverwaltungsgericht Hamburg durchsetzen können, dass der Begriff „Freizeit“ auch die „der persönlichen Entfaltung dienende politische Tätigkeiten, was gemeinnützige und humanitäre Tätigkeiten ohne weiteres einschließt, beinhaltet.“ 

Freizeit oder Erholung

In der Verordnung wurde nun der Begriff „Freizeit“ durch „Erholung“ ersetzt. Dass es dabei nicht um die Schiffsicherheit ging, wie offiziell begründet, sondern darum, Seenotrettung zu verhindern, belegt jetzt die Veröffentlichung der internen Schreiben des Bundesverkehrsministeriums und des Innenministeriums durch FragDenStaat.de, ein gemeinnütziges Projekt des Open Knowledge Foundation Deutschland e.V.

Empfehlung zur Rechtsänderung

Kurz nach der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts kommt folgende Empfehlung von Ministerialdirektor Dr. Norbert Salomon, Abteilungsleiter Schifffahrt im Bundesverkehrsministerium:

„Möglichkeit einer Rechtsänderung prüfen (Klarstellung, was unter den Begriff des Sport- und Freizeitzwecks zu subsumieren) entweder zu weiter laufendem Hauptsacheverfahren oder nach Abhilfe des Widerspruchs, d.h. ohne Hauptsacheverfahren und ohne weitere Festhalteverfügung gegen vergleichbare Schiffe.
Für die Prüfung einer Rechtsänderung ist anzuführen, dass ohne eine Änderung ein Betrieb bestimmter Schiffe zur Verfolgung professionalisierter Vereinszwecke (z.B. der Flüchtlingsrettung oder dem Umweltschutz) ohne Schiffssicherheitszeugnisse und damit faktisch ohne staatliche Kontrolle möglich wäre.
Dem ließe sich durch eine Änderung der Schiffssicherheitsverordnung entgegen wirken….“
„Eine solche Rechtsänderung sollte nur aus Sicherheitserwägungen heraus erfolgen
Eine Spezialregelung nur für Boote, die zur Beobachtung und Rettung von Flüchtlingen eingesetzt werden, würde das BMVI (Verkehrsministerium, JL) in den Fokus der allgemeinpolitischen Flüchtlingsdebatte ziehen und würde auch weit über den Zuständigkeitsbereich des BMVI hinausgehen.“ (Seite 44)

Formulierungsvorschlag mit Begründung

Eine konkrete Formulierung wird vom Ministerialrat Jan Reche vom Referat WS23 vorgeschlagen:

„Die Wörter ‚für Sport-und Freizeitzwecke‘ werden durch die Wörter ‚und ausschließlich für Sport- oder Erholungszwecke‘ ersetzt.“
Begründung: Eine Befreiung von Schiffssicherheitszeugnissen soll nur noch ausgestellt werden, „wenn der alleinige Einsatzzweck dieprivste sportliche Betätigung oder Erholung ist. In diesen Fällen kann von einem geringeren Risikoprofil ausgegangen werden….“
Bei der Verfolgung anderer Zwecke, auch wenn diese in der Freizeit erfolgt, kann ein geringeres Risikoprofil nicht generell angenommen werden. Dies gilt insbesondere auch für die von Vereinen zu anderen Zwecken professionalisiert eingesetzten Schiffe, zum Beispiel im Umweltschutz oder zur Flüchtlingsrettung.“ (Seite 86)

Keine Anhörung

Das Auswärtige Amt schlug vor, NGOs bei der Änderung der Verordnung anzuhören und zu beteiligen – sonst wolle es den Entwurf nicht mitzeichnen. Das BMVI lehnte dies ab und behauptete gegenüber dem AA, dass Seenotrettung nicht behindert werden solle. Eine Anhörung fand nicht statt. (Seite 679)

Rassismus

Aus den veröffentlichten Unterlagen geht hervor, dass die Verordnungsänderung eindeutig das Ziel hat, private Seenotrettung zu verhindern, in dem sie Sicherheitsvorgaben verlangt, die in absehbarer Zeit nicht zu erfüllen sind und finanziell für die Seenotretter kaum tragbar sind.
Da staatlicherseits keine Seenotrettung stattfindet, ist davon auszugehen, dass der Tod von Flüchtlingen billigend in Kauf genommen wird. Das ist Rassismus.

Die Fraktionen im Bundestag – inklusive Grüne, Linke – hatten keine Einwände gegen das Gesetz, falls sie es überhaupt zur Kenntnis genommen haben (die Tragweite der Änderung des Begriffs „Freizeit“ in „Erholung“ wurde vielleicht nicht erfasst?), der Bundesrat war nicht zustimmungspflichtig.

Quellen: fragdenstaat.de, mission-lifeline, FOKUS-Sozialrecht, Deutschlandfunk

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