SGB-Anpassungen an das Bürgergeld

Infolge der Änderungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) durch das Bürgergeldgesetz vom 16. Dezember 2022 seien Anpassungen in anderen Gesetzen notwendig, damit sich alle Regelungen widerspruchslos in die bestehende Rechtsordnung einfügen und Wertungswidersprüche vermieden werden, schreibt die Bundesregierung in ihrem Gesetzentwurf. Daneben seien Änderungen in bereits verkündeten Gesetzen erforderlich, da einige noch nicht in Kraft getretene Regelungen aufgrund aktueller Gesetzesvorhaben angepasst werden müssten.

Gleichlauf

Unter anderem wurden im Rahmen des Bürgergeldgesetzes den Angaben zufolge nicht alle Änderungen des SGB II bei der Berücksichtigung von Einkommen auf das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) übertragen. Die unterbliebenen Angleichungen bei der Berücksichtigung von Einkommen an Änderungen im SGB II sollen nun im SGB XII nachgeholt werden. Zugleich ist vorgesehen, die Änderungen des SGB XII bei der Berücksichtigung von Einkommen „aus Gründen des Gleichlaufs“ im Bundesversorgungsgesetz nachzuvollziehen und unter anderem die ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt unpfändbar zu stellen.

Auch andere Sozialgesetzbücher betroffen

Von den angestrebten Änderungen betroffen sind neben dem Zwölften und Vierzehnten auch das Zweite, Dritte, Sechse, Neunte und Elfte Buch Sozialgesetzbuch. Weitere Anpassungen sollen dem Gesetzentwurf zufolge unter anderem im Bundesversorgungsgesetz, dem Soldatenversorgungsgesetz, dem Gesetz zur Regelung des Sozialen Entschädigungsrechts, dem Wohngeldgesetz und dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erfolgen.

Kritik bleibt bestehen

Dass die vorgelgten Anpassungen bei weitem nicht ausreichen, haben wir hier schon im letzten Mai dargelegt. Tatsächlich werden einige restriktive Regelungen aus dem SGB II ins SGB XII übernommen. In den Punkten, wo eine Gleichbehandlung dringend erfolgen müsse, passiere aber nichts, schreibt der Verein Tacheles e.V. in seinem Newsletter vom 17. September 2023. acheles hatte im Gesetzgebungsverfahren eine umfassende Stellungnahme geschrieben und insbesondere diese Ungleichbehandlung herausgearbeitet. Hier zum Nachlesen.

Quellen: Bundesag, tacheles e.v., FOKUS-Sozialrecht

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SGB XII- und SGB XIV-Anpassungsgesetz

Im Rahmen des Bürgergeldgesetzes vom 16. Dezember 2022 wurden nicht alle Änderungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) bei der Berücksichtigung von Einkommen auf das SGB XII übertragen. Einige der unterbliebenen Angleichungen sollen mit diesem Gesetz nachgeholt werden.

Der vorliegende Gesetzentwurf beinhaltet begrenzte Änderungen in den Sozialgesetzbüchern II, XII, IX, XIV, dem Bundesversorgungsgesetz, dem sozialen Entschädigungsrecht sowie dem Soldatenversorgungsrecht. Der Gesetzentwurf strebt allerdings keine weitreichenden inhaltlichen Änderungen an.

Geringfügige Einkünfte von unter 25jährigen

Um die Regelungen im § 82 SGB XII (Einkommensbegriff) mit dem SGB II gleichzustellen, wird in Abs.1 Nr.7 der bisher geltende Betrag in Höhe von 520 Euro durch eine dynamische Verweisung auf § 8 Absatz 1a SGB IV (Gerindfügigkeitsgrenze) ersetzt. Dies stellt sicher, dass künftige Anhebungen der Geringfügigkeitsgrenze auch bei den anrechnungsfreien Beträgen nachvollzogen werden.

Zudem wird klargestellt, dass sich der Betrag nur auf Einnahmen aus Erwerbstätigkeit bezieht. Die Regelung wird zudem auf Personen beschränkt, die das 15., aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben.

Zusätzlich geregelt wird festgelegt, dass Einnahmen aus Erwerbstätigkeit dann kein Einkommen sind, wenn diese auch nach dem Besuch allgemeinbildender Schulen bis zum Ablauf des dritten auf das Ende der Schulausbildung folgenden Monats erworben worden sind.

Ebenso werden Personen unter 25 Jahren, die einen Freiwilligendienst nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder dem Jugendfreiwilligendienstegesetz absolvieren, unter die Regelung gefasst. Zudem soll klargestellt werden, dass das gezahlte Taschengeld für Freiwilligendienste nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz beziehungsweise Jugendfreiwilligendienstegesetz als Einkommen aus Erwerbstätigkeit gilt. Damit soll sichergestellt werden, dass das
Taschengeld in Höhe des Betrages nach § 8 Absatz 1a des SGB IV zum Einkommen gehört.

Einmalige Einnahmen

Änderung von § 82 Absatz 7. Einnahmen werden zukünftig wie beim Bürgergeld im Zuflussmonat berücksichtigt. Bedarfsübersteigende Beträge werden dem Vermögen zugeschlagen. Die bislang für einmalige Zahlungen geltende Aufteilung auf sechs Monate erfolgt mit der Neuregelung nur noch in Fällen einer Nachzahlung.

Weitergehender Reformbedarf

Der Paritätische Gesamtverband weist auf weitergehenden Reformbedarf im SGB XII hin. Dieser Reformbedarf ergibt sich vor allem aus grundlegenden Defiziten der Grundsicherung in Bezug auf die angemessene Bedarfsdeckung und aus den weiterhin bestehenden zentralen Unterschieden zwischen den Regelungen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) gegenüber der Sozialhilfe (SGB XII). Die vielfach gegebene Schlechterstellung der Bedingungen im SGB XII – d.h. vor allem ältere und erwerbsgeminderte hilfebedüftige Menschen sind betroffen – gegenüber dem SGB II lässt sich mit dem zentralen Unterscheidungsmerkmal „erwerbsfähig / nicht-erwerbsfähig“ nicht rechtfertigen. Die Schlechterstellung im SGB XII wird daher vielfach von den Betroffenen als diskriminierend empfunden. Der Paritätische fordert die Bundesregierung daher zu einer grundlegenden Reform des SGB XII auf. 

Unterschiede SGB II / SGB XII

In einer Vielzahl von Regelungen gibt es Nachteile der SGB XII – Leistungsberechtigten gegenüber den Leistungsberechtigten nach dem SGB II.

SGB IISGB XII
Schonvermögen15.000 EUR10.000 EUR
Angemessenes Kfz15.000 EUR10.000 EUR
Geschontes selbstgenutztes Eigentum
für ein und zwei Personen:
SGB II: 130/140 m²80/90 m²
Freibetrag aus Erwerbseinkommen bei
100 EUR
100 EUR33,64 EUR
Einkünfte in Geldeswertanrechnungsfreianzurechnen
Zeitraum zur Antragsstellung einer
Heizkostennachzahlung und
Bevorratungskosten für
Nichtleistungsbeziehende
drei Monateein Monat

Ausführlich beschrieben werden die Unterschiede in einer Stellungnahme des Vereins Tacheles e.V. Gleichzeitig werden die geplanten Änderungen des Gestzentwurfs kommentiert und gesetzestaugliche Vorschläge zur Verbesserung des SGB XII gemacht.

Quellen: Tacheles e.V., Paritätischer Gesamtverband, Bundesregierung

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Regelsatzverordnung für 2022

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat den Entwurf einer Verordnung zur Fortschreibung der Regelbedarfsstufen nach § 28a des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch für das Jahr 2022 (RBSFV 2022) vorgelegt. Die Regelsätze sollen demnach so aussehen:

Regelbedarfsstufen nach § 28 in Euro

Gültig

ab
Regel
bedarfs
stufe 1
Regel
bedarfs
stufe 2
Regel
bedarfs
stufe 3
Regel
bedarfs
stufe 4
Regel
bedarfs
stufe 5
Regel
bedarfs
stufe 6
1.1.2022449404360376311285
Das wären in allen Stufen jeweils 3 Euro mehr als 2021,
Kinder unter 6 Jahren bekommen nur einen Zuschlag von 2 Euro.

Gesetzeskonforme Berechnung der Regelsätze

Grundlage für die Regelbedarfsermittlung ist die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS), die alle fünf Jahre vom Statistischen Bundesamt durchgeführt wird. Die EVS liefert statistische Angaben zu den Lebensverhältnissen der privaten Haushalte in Deutschland, insbesondere über deren Einkommens-, Vermögens- und Schuldensituation sowie die Konsumausgaben.
In Jahren, für die keine Neuermittlung von Regelbedarfen nach § 28 SGB XII erfolgt – so wie im letzten Jahr – wird eine Fortschreibung der Regelbedarfsstufen vorgenommen.
Die Höhe der jährlichen Fortschreibung der Regelbedarfsstufen ergibt sich aus der Berücksichtigung der Veränderungsraten zweier Größen, nämlich der Preisentwicklung regelbedarfsrelevanter Güter und Dienstleistungen einerseits und der Entwicklung der Nettolöhne und -gehälter je beschäftigten Arbeitnehmer andererseits (§ 28a SGB XII). Beide Entwicklungen münden in einen Mischindex, an dem die Preisentwicklung einen Anteil von 70 Prozent und die Nettolohn- und -gehaltsentwicklung einen Anteil von 30 Prozent hat.

  • Die Entwicklung der regelbedarfsrelevanten Preise beträgt +0,1 Prozent.
  • Die entsprechende Entwicklung der Nettolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer beläuft sich auf +2,31 Prozent.

Die Veränderungsrate für die Fortschreibung der Regelbedarfe beträgt demnach

70 Prozent von 0,1% = 0,07%
plus
30 Prozent von 2,31% = 0,69%
gleich:
0,76%.

Die aktuelle Berechnung ergibt also eine Erhöhung um 0,76%. Danach muss der Regelsatz 2022 für alleinstehende Erwachsene von 446 Euro auf 449 Euro steigen.

Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf

Der nach § 34 Absatz 3 SGB XII anzuerkennende Teilbetrag für ein erstes Schulhalbjahr eines Schuljahres wird kalenderjährlich mit dem in der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung bestimmten Prozentsatz fortgeschrieben. Der fortgeschriebene Wert wird kaufmännisch gerundet. Entsprechend steigt der Teilbetrag von bisher 103 Euro für das erste Schulhalbjahr auf 104 Euro (1,0076 X 103 Euro = 103,7828 Euro)). Der Betrag für das zweite Schulhalbjahr steigt dadurch auf 52 Euro.

Blanker Hohn

Der Paritätische hatte bereits früh vor einer ungenügenden Fortschreibung gewarnt und die zu geringe Erhöhung öffentlich kritisiert und die minimale Erhöhung gerade für Kinder als „blanken Hohn“ bezeichnet. Die Steigerung falle geringer aus als die Inflationsrate.

Quellen: BMAS, Paritätische

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Höhere Regelsätze

Nach Pressemeldungen, unter anderem in der Tagesschau und im Spiegel, werden die Regelsätze im SGB II und im SGB XII stärker angehoben als geplant.

Danach sollen ab 1.1.2021 folgende Regelsätze gelten:

  • Regelbedarfsstufe 1 / Alleinstehende von 432 € auf 446 € / + 14 €
  • Regelbedarfsstufe 2 / Partner innerhalb BG von 389 € auf 401 € / + 12 €
  • Regelbedarfsstufe 3 / U 25 im Haushalt der Eltern von 345 € auf 357 € / + 12 €
  • Regelbedarfsstufe 4 / Jugendliche von 15 bis 17 J. von 328 € auf 373 € / + 45 €
  • Regelbedarfsstufe 5 / Kinder von 6-14 J. von 308 € auf 309 € / + 1 €
  • Regelbedarfsstufe 6 / Kinder von 0 bis unter 6 Jahren von 250 € auf 283 € / + 33 €

Schon im Referentenentwurf zum Regelbedarfsermittlungsgesetz wurde in der Begründung zu § 7 darauf hingewiesen, dass die für die Fortschreibung zum 1. Januar 2021 benötigten Daten erst Ende August 2020 vollständig vorliegen werden.
Die zu Grunde liegenden Daten stammen aus dem Jahr 2018. In dem Entwurf wurde der zu erwartende Anstieg für die Jahre 2019 und 2020 mit insgesamt geschätzten 0,93 Prozent eingerechnet. Dies war auch schon ein Kritikpunkt der Sozialverbände am Entwurf.

Nun liegen die tatsächlichen Zahlen vor. Danach ergab sich für die Jahre 2019 und 2020 wohl ein tatsächlicher Anstieg um etwa 2,5 Prozent.

Die Erhöhung der Regelsätze ist unter anderem auch relevant für die Höhe der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Hier liegen aber noch keine konkreten Zahlen vor.

Quellen: Tagesschau, Spiegel, FOKUS-Sozialrecht

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