Klimageld wird gebraucht

Während die Fossil-Multis weiter Milliardengewinne anhäufen, wartet Otto Normalverbraucher weiter auf das lange versprochene Klimageld.

CO2-Bepreisung

Die Energiepreiskrise hat sich inzwischen etwas entspannt. Langfristig sind vorhersehbare Preisentwicklungen für fossile Energieträger wichtig, um Verbraucher*innen Planungssicherheit beim Umstieg auf klimaschonende Technologien zu bieten. Ein wirkungsvolles Instrument dafür ist die CO2-Bepreisung durch den europäischen und nationalen Emissionshandel. Denn wenn die erlaubten Emissionsmengen sukzessive verringert werden, steigen die CO2-Preise und dadurch auch die Preise der fossilen Energieträger. Dies setzt breite wirtschaftliche Anreize zum Umstieg auf klimaschonende Alternativen.

zusätzliche Staatseinnahmen

Höhere Energiepreise bedeuten stärkere Belastungen der Verbraucher*innen. Dies betrifft untere Einkommensgruppen relativ stärker, da deren Energiekosten einen deutlich größeren Anteil am Haushaltsbudget ausmachen. Anders als bei der Energiekrise, die durch deutlich höhere Importpreise ausgelöst wurde, entstehen bei der CO2-Bepreisung zusätzliche Einnahmen des Staates. Diese können für Entlastungen bei Steuern und Abgaben, für höhere Sozialleistungen – etwa auch eine pauschale Klimageldzahlung an alle Privatpersonen – oder für Anpassungshilfen zur Energieeinsparung verwendet werden.

DIW-Studie zu Klimageld

In einer Studie des DIW Berlin (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung) wurden die Verteilungswirkungen von langfristig erhöhten Preisen fossiler Energieträger, einschließlich der CO₂-Bepreisung, bei privaten Haushalten untersucht.

Einkommensschwache zahlen mehr

Wenn der Preis langfristig betrachtet bei 150 Euro pro Tonne in den Sektoren Wärme und Verkehr liegt, müssten die zehn Prozent der Haushalte mit den geringsten Einkommen knapp sechs Prozent mehr, also zusätzlich, ihres Nettoeinkommens fürs Heizen und für Kraftstoffe ausgeben. Für die einkommensstärksten zehn Prozent der Bevölkerung beträgt diese zusätzliche Belastung lediglich 1,5 Prozent ihres Einkommens.

Bereits heute geben die einkommensschwächsten Haushalte durchschnittlich knapp sieben Prozent ihres Nettoeinkommens alleine für Heizkosten aus. In Zukunft werden wohl alleine die Heizkosten aufgrund der steigenden CO₂-Steuer circa zwölf Prozent des Nettoeinkommens verschlingen.

Geringere Chancen auf Anpassung

Die ungleiche Verteilung betrifft aber nicht nur die zusätzliche Belastung durch die CO₂-Bepreisung. Haushalte mit höherem Einkommen haben mehr Möglichkeiten mit höheren Preisen umzugehen. Sie können in der Regel leichter Energie und damit verbundene Kosten einsparen. Sie können leichter Kredite aufnehmen und bedienen, um Haus oder Wohnung klimataugllicher machen. Einkommenschwache Familien können unter Umständen selbst mit höchstmöglichen Zuschüssen den trotzdem noch verbliebenen Eigenanteil nicht aufbringen und sich damit vor den fossilen Preissteigerungen zu schützen.

All dies unterstreicht, dass die auch durch den CO₂-Preis verursachte Steigerung der Energiepreise ein Motor für soziale und wirtschaftliche Ungleichheit ist und sein wird. Ein wachsender CO₂-Preis wird diese Benachteiligung weiter verstärken.

Koalitionsvertrag umsetzen

Umso wichtiger ist es, dass die Bundesregierung ihr Versprechen des Koalitionsvertrags zügig erfüllt und die zusätzlichen Einnahmen aus der CO₂-Steuer als Klimageld an die Bürgerinnen und Bürger zurückgibt.

Die Studie des DIW zeigt, dass ein einheitliches Pro-Kopf-Klimageld einen großen Teil der zusätzlichen Kosten von Haushalten mit geringen Einkommen abdecken und sie somit sehr effektiv entlasten könnte.

Regierung blockiert

Die Bundesregierung bleibt die Antwort schuldig, wann und wie sie dies umsetzen will. Die Vermutung liegt nahe, dass sie dies auf absehbare Zeit auch nicht tun wird. Statt auf ein Klimageld hinzuarbeiten hat Bundesfinanzminister das zusätzliche Geld aus der CO2-Bepreisung erst einmal dazu verwendet, durch ein sogenanntes Inflationsausgleichsgesetz die kalte Progression bei der Besteuerung von Einkommen mit 15 Milliarden Euro im Jahr abzusenken, wovon hauptsächlich Spitzenverdienende profitieren und Haushalte mit geringen Einkommen so gut wie keinen Euro erhalten.

Der grüne Teil der Ampel hat dem finanzpolitischem Amoklauf der FDP offenbar nichts mehr entgegenzusetzen. Und der SPD-Kanzler? Dem hats offenbar seit seiner „Zeitenwende“-Ankündigung die Sprache verschlagen.

Quellen: DIW, Marcel Fratscher in der ZEIT

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Im Sozialbereich wird gespart

Die Kindergrundsicherung verkommt zu einer Verwaltungsreform, das Klimageld ist in weiter Ferne, Programme gegen rechtsradikale Strömungen werden gestrichen, Eine Milliarde für die Pflegeversicherung entfällt.

Drastische Mittelkürzungen

Dazu kommen noch drastische Mittelkürzungen für soziale und zivilgesellschaftliche Organisationen, die zu massiven Einschnitten bei sozialen Angeboten: von Freiwilligendiensten über die psychosoziale Versorgung Geflüchteter bis hin zur Unterstützung Arbeitsuchender führen.

Brief an die Abgeordneten

Das sind die Inhalte des geplanten Bundeshaushaltes für das Jahr 2024. Um das schlimmste zu verhindern, hat der Paritätische einen Brief an die Abgeordneten der Bundestagsfraktionen von Bündnis 90/Die Grünen, CDU/CSU, FDP, Die Linke und SPD

  • im Haushaltsausschuss,
  • im Ausschuss für Familien, Frauen,
  • Senioren und Jugend,
  • im Ausschuss für Arbeit und Soziales,
  • im Ausschuss des Inneren

veröffentlicht. Darin drückt Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider seine Bestürzung und sein Unverständnis aus über der im Kabinett beschlossenen Entwurf des Bundeshaushaltes 2024.

Verheerende Pläne

Er enthalte drastische Kürzungen für soziale und zivilgesellschaftliche Organisationen und zwinge zu massiven Einschnitten bei den Hilfen für besonders unterstützungsbedürftige Menschen. Bestehende Infrastruktur, die in Krisenzeiten eine kurzfristige Ausweitung der Kapazitäten ermögliche, drohe nachhaltig beschädigt zu werden oder gleich ganz verloren zu gehen. Würden die Pläne umgesetzt, wäre das verheerend: für die soziale Infrastruktur, für freiwilliges Engagement und das partnerschaftliche Miteinander – vor allem aber für unser Gemeinwesen und all jene Menschen, die in schwieriger Lebenslage auf Hilfe, Beratung, Unterstützung und einen stabilen Sozialstaat angewiesen seien.

Steuerausfälle bei den Kommunen

Eine weitere massive Gefährdung der sozialen Infrastruktur vor Ort droht durch die Ausfälle, insbesondere bei den Gewerbesteuern, die das von Bundesfinanzminister Lindner vorgelegte Wachstumschancengesetz bewirken würde. Neben den gravierenden Steuerausfällen bei Bund und Land wären gerade die Kommunen von Steuerausfällen durch dieses Gesetz betroffen. Auf etwa 1,9 Milliarden Euro jährlich können sich die Einnahmeausfälle der Kommunen in den nächsten Jahren summieren, wird geschätzt. Würde das Gesetz beschlossen, könnten aber noch größere Steuerausfälle die Folge sein. Der Entwurf des Gesetzes liegt bereits vor, er soll bereits am 16. August 2023 im Bundeskabinett beschlossen werden. Das gilt es zu verhindern: Die Ausgaben für die Sozialpolitik vor Ort zählen zu den grundlegenden Bedarfen, um den sozialen Zusammenhalt zu sichern. Städte und Gemeinden sind vor allem Lebensorte, nicht nur Wirtschaftsstandorte.

Parlamentarische Beratung ab September

Ab 5. September beraten Bundestag und Bundesrat die Haushaltspläne.

Quelle: Paritätischer Gesamtverband

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Inflationsausgleich für Betreuerinnen und Betreuer geplant

Der Druck der Fachverbände hat Wirkung gezeigt. Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann hat heute (24.07.2023) einen Gesetzentwurf vorgestellt, nach dem Betreuerinnen und Betreuer eine Sonderzahlung erhalten sollen, um ihre inflationsbedingte finanzielle Mehrbelastung abzufedern.

Von der Sonderzahlung sollen Betreuungsvereine, selbständige berufliche Betreuerinnen und Betreuer und auch ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer profitieren.

Das geplante „Betreuer-Inflationsausgleichs-Sonderzahlungsgesetz (BetrInASG)“ sieht für berufliche Betreuerinnen und Betreuer pro geführter Betreuung eine monatliche Sonderzahlung in Höhe von 7,50 Euro vor. Bei eh­ren­amt­li­chen Be­treu­un­gen soll es eine jährliche Zahlung in Höhe von 24 Euro pro geführter Betreuung geben.

Um keinen zusätzlichen Verwaltungsaufwand entstehen zu lassen, soll dieser Inflationsausgleich zusammen mit der quartalsweisen Vergütungsfestsetzung beim zuständigen Betreuungsgericht geltend gemacht werden.

Die vorgesehene Zahlungshöhe orientiert sich am Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen vom 22. April 2023 entsprechend der im Vergütungsgesetz 2019 herangezogenen Bemessungsgrundlage TVöD SuE. Durch die Ausgestaltung als monatsweise Zahlung pro geführte Betreuung soll eine gerechte Mittelverteilung erreicht werden.

Die gesetzlich vorgegebene Evaluation des Vergütungssystems, wird durch die Inflationsausgleichs-Sonderzahlung nicht ausgehebelt. Sie wird bis Ende 2024 durchgeführt. Mit dem Inkrafttreten eines auf Basis des Ergebnisses der Evaluierung angepassten Vormünder- und Betreuervergütungsgesetzes (VBVG) ist frühestens
Mitte bis Ende 2025 zu rechnen. Die Inflationsausgleichs-Sonderzahlung ist daher als eine Art „Zwischenfinanzierung“ zu verstehen; sie soll daher auch nur für die Jahre 2024 und 2025 gelten.

Der Gesetzentwurf sieht daneben eine Änderung von § 21 BtOG vor: danach kann die zuständige Behörde künftig für potentielle ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer die Auskunft aus dem zentralen Schuldnerverzeichnis nun ausdrücklich auch selbst einholen.

Der vorliegende Referentenentwurf (abrufbar auf den Seiten des BMI) soll nun als Formulierungshilfe der Bundesregierung in das parlamentarische Verfahren eingebracht werden. Länder und Verbände haben Gelegenheit, bis zum 31. August 2023 Stellung zu dem Entwurf zu nehmen.

Abbildung: pixabay.com, nattanan23

Zugang zu außerklinischer Intensivpflege

Außerklinische Intensivpflege ist ein komplexes, individuell abzustimmendes Leistungsangebot. Es richtet sich an Patientinnen und Patienten, bei denen täglich ein Risiko für lebensbedrohliche gesundheitliche Krisen besteht und die darum einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben. Pflegefachkräfte überwachen beispielsweise die Atem- und Herz-Kreislauf-Funktionen, bedienen ein Beatmungsgerät und setzen Inhalations- und Absauggeräte ein.

Übergangsregelung seit Oktober 2020

Der Leistungsanspruch auf außerklinische Intensivpflege beruht seit Oktober 2020 auf einer neuen gesetzlichen Grundlage (§ 37c SGB V). Der G-BA hat innerhalb dieses rechtlichen Rahmens in der Richtlinie zur außerklinischen Intensivpflege das Nähere zu Inhalt und Umfang der Leistungen bestimmt und konkretisiert, welche Voraussetzungen bei der Verordnung gelten. Mit Ablauf der Übergangsreglung in der Häusliche-Krankenpflege-Richtlinie ist die Richtlinie zur außerklinischen Intensivpflege ab 31. Oktober 2023 verbindlich anzuwenden. Zugleich entfällt der Leistungsanspruch auf außerklinische Intensivpflege über die Häusliche-Krankenpflege-Richtlinie; dieser Passus wird dort nach dem 31. Oktober 2023 gestrichen.

Änderung der Richtlinie

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat seine Richtlinie zur außerklinischen Intensivpflege geändert, um beispielsweise für beatmungspflichtige Patientinnen und Patienten eine kontinuierliche Versorgung zu ermöglichen. Der G-BA will damit möglichen Engpässen entgegenwirken, wenn ab dem 31. Oktober 2023 nach dem Willen des Gesetzgebers diese speziellen Leistungen zwingend nur noch nach der Richtlinie zur außerklinischen Intensivpflege (AKI) verordnet werden können. Konkret hat der G-BA die Vorschrift zur Erhebung des sogenannten Entwöhnungspotenzials zeitlich befristet gelockert. Zudem erweitert er dauerhaft den Kreis verordnender und potenzialerhebender Ärztinnen und Ärzte. Anlass für beide Schritte waren Hinweise aus der Versorgung, dass es zu wenige berechtigte Ärztinnen und Ärzte geben könnte.

Bis Ende 2024: Ausnahmeregelung zur Potenzialerhebung

Der Gesetzgeber sieht vor, dass bei beatmeten oder trachealkanülierten Patientinnen und Patienten vor jeder Verordnung von außerklinischer Intensivpflege eine sogenannte Potenzialerhebung stattfinden muss. Dabei wird geprüft, ob eine vollständige Entwöhnung der Patientinnen und Patienten oder ihre Umstellung auf eine nicht-invasive Beatmung bzw. die Entfernung der Trachealkanüle möglich ist. Die nun vom G-BA in seiner Richtlinie ergänzte Ausnahmeregelung gilt bis 31. Dezember 2024: Für den Fall, dass eine qualifizierte Ärztin oder ein qualifizierter Arzt nicht rechtzeitig verfügbar ist, ist die Potenzialerhebung in dieser Zeit keine zwingende Voraussetzung für die Verordnung außerklinischer Intensivpflege. Die Potenzialerhebung ist jedoch möglichst zeitnah und spätestens bis Ende 2024 nachzuholen.

Potenzialerhebende Ärztinnen und Ärzte bei Kindern, Jugendlichen und jungen Volljährigen

Für die Potenzialerhebung speziell bei beatmungspflichtigen Kindern, Jugendlichen und jungen Volljährigen hat der G-BA die Qualifikationsanforderungen angepasst. So sieht der G-BA neben Ärztinnen und Ärzten aus dem Fachgebiet Kinder- und Jugendmedizin hier auch Fachpersonen aus anderen Medizinbereichen vor – für alle gilt jedoch, dass sie eine pneumologische Zusatzqualifikation resp. mehrmonatige Berufserfahrung in der Behandlung der spezifischen Patientengruppe in hierfür spezialisierten Einrichtungen haben. Damit soll dem besonderen medizinischen Bedarf dieser Altersgruppen besser entsprochen werden.

Verordnungsberechtigte Arztgruppen

Die derzeit vorgesehene Verordnungsberechtigung für Hausärztinnen und Hausärzte sowie bestimmte Facharztgruppen wird erweitert. Die Befugnis zur Verordnung kann von der Kassenärztlichen Vereinigung immer dann erteilt werden, wenn die Ärztin oder der Arzt über Kompetenzen im Umgang mit beatmeten oder trachealkanülierten Versicherten verfügt und diese nachweist. Somit können auch Vertragsärztinnen und Vertragsärzte anderer Facharztgruppen, die diese Versicherten bereits versorgen, weiterhin in der Versorgung gehalten werden.

Quelle: G-BA, FOKUS-Sozialrecht

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Erkennung und Steuerung epidemischer Gefahrenlagen

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) stellt in einer Pressemitteilung vom 18. Juli 2023 das Projekt „ESEG – Erkennung und Steuerung epidemischer Gefahrenlagen“ vor.

Echtzeitdaten aus Notaufnahmen

Das Projekt hat erforscht, wie Echtzeitdaten aus Notaufnahmen und dem Rettungswesen vernetzt, regional ausgewertet und bewertet werden können. Das Besondere: Anstatt bestimmte Infektionserkrankungen zu beobachten, werden Kombinationen von Krankheitsanzeichen erfasst, um Muster und Trends zu identifizieren (syndromische Surveillance). Einige Instrumente und Vorgehensweisen wurden bereits während der COVID-19-Pandemie unter diesen realen Bedingungen erprobt und erfolgreich eingesetzt. (Surveillance bedeutet epidemiologische Überwachung von Krankheiten)

Empfehlung des Innovationsausschusses

Der Innovationsausschuss beim Gemeinsamen Bundesausschuss empfiehlt, die gewonnenen Erkenntnisse aufzugreifen und für eine systematische Beobachtung, Analyse und Berichterstattung von Infektionsdaten zu nutzen.

Konzept zur Gesundheitsüberwachung

Das Projekt hat ein innovatives Konzept zur Gesundheitsüberwachung entwickelt und mit bereits vorhandenen Plänen verglichen. Ziel ist es, frühzeitig auf saisonale Krankheitsausbrüche oder andere gesundheitliche Bedrohungen wie Epidemien reagieren zu können. Zudem wurden Instrumente entwickelt, die beispielsweise bei Epidemien als Entscheidungshilfen dienen können.

Studiendatenbank

Die Daten aus den Notaufnahmen und dem Rettungsdienst flossen in eine Studiendatenbank und standen mit Hilfe einer spezifischen Software für verschiedene Auswertungen in Echtzeit zur Verfügung:

  • Das Notaufnahmesurveillance-System (SUMO) wurde in Zusammenarbeit mit dem Notaufnahmeregister des Aktionsbündnisses für Informations- und Kommunikationstechnologie in Intensiv- und Notfallmedizin entwickelt und etabliert. Es befindet sich seit April 2020 in der Pilotierungsphase und wird am Robert Koch-Institut (RKI) kontinuierlich weiterentwickelt. Mit SUMO steht eine übergeordnete IT-Architektur bereit, die während der COVID-19-Pandemie für den RKI-Wochenbericht zur Inanspruchnahme von Notaufnahmen genutzt wurde und auch künftig für die syndromische Surveillance eingesetzt werden kann (www.rki.de/sumo).
  • Es wurde ein „High consequence infectious diseases“-Tool (HCID-Tool) als Reiseanamnese-Modul implementiert und über eine randomisierte kontrollierte Studie evaluiert. Auch wenn die Aussagekraft dieser Studie eingeschränkt ist, gibt es Hinweise, dass der Einsatz des Tools vor allem bei ärztlichem Personal den Wissensstand verbessert hat. Die Nutzungszufriedenheit war hoch.
  • Das Monitoring-Tool SARS-CoV-2-Screening-Modul erlaubt die Visualisierung und statistische Auswertung der Daten speziell aus den Notaufnahmen.

Für den Innovationausschuss hat das Projekt die syndromische Surveillance entscheidend vorangebracht, auch wenn für übertragbare, reproduzierbare Ergebnisse weitere empirische Forschung nötig sein wird.

Projekterkenntnisse gehen an verschiedene Institutionen

Die Erkenntnisse aus dem Projekt werden an das Bundesgesundheitsministerium (BMG) weitergeleitet. Das BMG wird gebeten zu prüfen, inwieweit die entwickelten Instrumente und die Erkenntnisse aus dem Projekt gesetzlich aufgegriffen werden können, um die kontinuierliche und systematische Beobachtung, Analyse und Berichterstattung (Surveillance) von Infektionen auf Bevölkerungsebene weiterzuentwickeln.

Außerdem werden die Projekterkenntnisse an die Gesundheitsministerien der Bundesländer weitergeleitet. Auch sie werden gebeten in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich – wie beispielsweise dem Katastrophenschutz – zu prüfen, inwieweit die Entwicklungen und Erkenntnisse aus dem Projekt die bedarfsgerechte Surveillance unterstützen können.

Zur Information werden die Projektergebnisse ebenfalls an verschiedene Organisationen im Gesundheitswesen weitergeleitet: an den GKV-Spitzenverband, an die Deutsche Krankenhausgesellschaft, an die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin, an die Deutsche Gesellschaft Interdisziplinäre Notfall- und Akutmedizin, an die Deutsche Gesellschaft für Rettungsdienst und präklinische Notfallmedizin und an das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung.

Die Rückmeldungen dieser Institutionen veröffentlicht der Innovationsausschuss – neben dem Beschluss und dem Ergebnisbericht – auf seiner Website.

Lehren aus der Pandemie

Über wesentliche erste Erkenntnisse aus der Corona-Pandemie berichtet Lars Fischer in einem Beitrag in der Zeitschrift Spektrum. Beispielsweise über neue Erkenntnisse

  • über die Ansteckungswege bei Viren-Erkrankungen,
  • über das Kontaktverhalten der Menschen während der Pandemie,
  • über die Wirkung oder Nicht-Wirkung von behördlichen Maßnahmen,
  • über die Schwächen der Gesundheitsinfrastruktur in Deutschland,
  • warum es so schnell Impfstoffe gab und
  • über die Entwicklung wertvoller neuer Werkzeuge für die Überwachung von Infektionserregern.

Quellen: G-BA, RKI, Spektrum

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Pflegekosten steigen weiter

Nach aktuellen Zahlen des Verbandes der Ersatzkassen e. V. (vdek) ist die finanzielle Belastung Pflegebedürftiger in Pflegeheimen erneut stark gestiegen. Nach der Datenerhebung stieg die monatliche Eigenbeteiligung innerhalb eines Jahres bundesweit im Durchschnitt um 348 Euro auf aktuell 2.548 Euro.

73,3 Millionen Menschen waren 2021 in der sozialen Pflegeversicherung (SPV) versichert. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl stabil geblieben. Die Zahl der Leistungsempfänger:innen hingegen stieg um rund 284.000 von etwa 4,3 auf 4,6 Millionen 2021. Das entspricht einer Steigerung von circa 6,6 Prozent.

Defizit und Rücklagenschwund

Diese Entwicklung machte sich auch bei den Ausgaben der SPV bemerkbar. Diese erhöhten sich 2021 auf nahezu 53,9 Milliarden Euro (+9,7 Prozent). Die Einnahmen betrugen hingegen nur 52,5 Milliarden Euro (+3,7 Prozent). Damit verblieb 2021 ein Defizit von rund 1,4 Milliarden Euro (entspricht 1,65 Monatsausgaben). Die Rücklagen der SPV nahmen von 8,2 auf rund 6,9 Milliarden Euro ab.

Steigende Kosten

Auch die privaten Ausgaben für die pflegerische Versorgung in Heimen stiegen weiter an. Durchschnittlich betrug die Summe aus der Kenngröße des „Einrichtungseinheitlichen Eigenanteils“ (EEE), den Kosten für Unterkunft und Verpflegung sowie den Investitionskosten zum Jahresbeginn 2023 2.468 Euro pro Monat (Vorjahr: 2.179 Euro). Von diesen Kosten abzuziehen ist jedoch der neue Vergütungszuschlag nach § 43c SGB XI. Denn seit dem 1. Januar 2022 beteiligt sich die Pflegekasse mit einem zusätzlichen Leistungszuschlag an den Pflegekosten in der vollstationären Pflege. Die Höhe dieses Leistungszuschlags ist nach der Dauer des Heimaufenthalts gestaffelt und beträgt in den ersten zwölf Monaten fünf Prozent. Nach zwölf Monaten liegt die Zuschlagshöhe bei 25 Prozent, nach 24 Monaten bei 45 Prozent und nach 36 Monaten bei 70 Prozent des EEE. Der effektive Eigenanteil ist also von der individuellen Bezugsdauer der vollstationären Pflege abhängig.

Löhne und Ernährung

Preistreiber sind vor allem steigende Löhne für dringend benötigte Pflegekräfte, aber auch Kosten für Unterkunft, Essen und Trinken. Seit September 2022 müssen alle Einrichtungen Pflegekräfte nach Tarifvertrag oder ähnlich bezahlen, um mit den Pflegekassen abrechnen zu können. Die Vorgabe hatte noch die schwarz-rote Vorgängerregierung auf den Weg gebracht – auch um Pflegekräfte im Beruf zu halten und zu gewinnen. Die Kosten dieser dringend erforderlichen Verbesserungen werden nun auf den Schultern der Pflegebedürftigen abgeladen.

Höhere Entlastungsbeträge senken Kosten nicht

Die Pflegeversicherung übernimmt lediglich einen Teil der Pflegekosten. Für Kosten der Unterkunft, Verpflegung und Investitionen müssen die Versicherten selbst aufkommen. Durch die steigenden Energiekosten und die überfälligen Lohnerhöhungen für Pflegekräfte sind die Summen zuletzt deutlich gestiegen.

Auch die leichte Erhöhung der Entlastungsbeiträge ab dem nächsten Jahr wird die Situation nicht grundlegend ändern. Denn auch diese gibt es nur für den Eigenanteil bei der Pflege, aber nicht weitere Kosten des Aufenthalts im Pflegeheim.

Maßnahme der Bundesregierung

Finanzminister Lindner will im kommenden Haushalt den gesetzlichen Zuschuss zur Pflegeversicherung von 1 Milliarde Euro streichen.

Appell der Sozialverbände

Einmal mehr fordern die Sozialverbände die Politik auf, die Pflegeversicherung endlich zu einer Vollversicherung umzubauen, die alle pflegebedingten Kosten übernimmt – unabhängig davon, ob es sich um stationäre, teilstationäre oder ambulante Pflege handelt. Sämtliche durch einen unabhängigen pflegerischen – medizinischen Dienst für bedarfsgerecht erachtete Pflegeleistungen müssen in vollem Umfang und ohne Eigenanteile vollständig von den Kassen finanziert werden.

Vollversicherung wäre nötig

Eine langfristig wirksame, tragfähige und für alle verlässliche Lösung bietet einzig eine Vollversicherung in der Pflege: Wenn alle pflegebedingten Kosten künftig von der Pflegeversicherung übernommen und die Ausbildungskosten als gesamtgesellschaftliche Aufgabe aus Steuermitteln finanziert würden – wie im Koalitionsvertrag vereinbart –, halbierten sich die von den Pflegeheimbewohner*innen selbst aufzubringenden Kosten. Das wäre für eine große Mehrheit finanziell leistbar.

Armutsrisiko

Pflegebedürftigkeit ist inzwischen ein echtes Armutsrisiko geworden: Immer weniger Menschen können sich die eigene Pflege leisten. Inzwischen ist fast ein Drittel aller Pflegebedürftigen in Heimen auf Sozialhilfe angewiesen.

Quellen: Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek), Tagesschau, Sozialverband Deutschland, Paritätischer Gesamtverband

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Klima-Anpassungsgesetz

Die Bundesregierung hat am 13. Juli 2023 den vom Bundesumweltministerium vorgelegten Regierungsentwurf für ein Klimaanpassungsgesetz beschlossen. Mit dem Gesetz soll erstmals ein strategischer Rahmen für eine vorsorgende Klimaanpassung auf allen Verwaltungsebenen in Deutschland geschaffen werden.

Messbare Ziele

Städte und Gemeinden sind in besonderer Weise betroffen, wenn es um konkrete Vorsorge für die Folgen der Klimakrise geht. Daher sollen mit diesem Gesetzentwurf die Länder beauftragt werden, für systematische und flächendeckende Klimaanpassungsstrategien in den Ländern und für Klimaanpassungskonzepte für die Gebiete der Gemeinden und Kreise zu sorgen. Zugleich verpflichtet sich die Bundesregierung mit dem Gesetz dazu, in Zukunft eine vorsorgende Klimaanpassungsstrategie mit messbaren Zielen zu verfolgen.

Vorsorge

Mit dem Gesetz verpflichtet sich die Bundesregierung, zudem eine vorsorgende Klimaanpassungsstrategie mit messbaren Zielen vorzulegen. Diese soll regelmäßig fortgeschrieben und entsprechend ihrer Zuständigkeit umgesetzt werden. Das bereits bestehende Berichtswesen zur Deutschen Anpassungsstrategie wird weiterentwickelt.

Die neue Strategie soll den vorsorgenden Aspekt stärker betonen: Neben der Anpassung an die bereits stattfindenden Klimaveränderungen soll mit Blick auf künftig häufigere, extremere und anhaltendere Folgen des Klimawandels mit entsprechenden Maßnahmen agiert werden. Solche künftige Folgen des Klimawandels, wie Hitzewellen, Dürren, Stürme, Anstiege der Meeresspiegel und Starkregenfällen, müssen jetzt angegangen werden.

Unsicherheiten kein Grund für Nichtstun

Explizit sind unvermeidbare Unsicherheiten in der Risikoabschätzung durch Vorsorgebestimmungen zu berücksichtigen. Wissenslücken hinsichtlich der Risikoabschätzung können mithin nicht als Grund für fehlendes Handeln zur Risikovermeidung und -minderung herangezogen werden.

Klimaanpassung fachübergreifend

Bei Planungen und Entscheidungen von Trägern der öffentlichen Hand soll Klimaanpassung fachübergreifend und integriert berücksichtigt werden. Praktisch soll dieses Berücksichtigungsgebot im Rahmen der ohnehin stattfindenden Abwägungsentscheidung umgesetzt werden. Es werden damit weder ein eigenständiges Prüfverfahren noch Dokumentationspflichten begründet.

Berücksichtigungsgebot

Mit dem Berücksichtigungsgebot soll unter anderem eine Gesetzeslücke geschlossen werden. Denn lange nicht alle Bereiche enthalten ein Berücksichtigungsgebot für Belange der Klimaanpassung. Zugleich enthalten zahlreiche Fachgesetze bereits das Gebot, die Klimaanpassung zu berücksichtigen; das Berücksichtigungsgebot verweist ausdrücklich auf diese bestehenden Fachgesetze. Andererseits sind jedoch nicht alle Planungen und Entscheidungen, die Träger öffentlicher Aufgaben vornehmen, von Belangen der Klimaanpassung betroffen. Das ist etwa der Fall, wenn keine gravierenden negativen Auswirkungen für Klimaanpassungsbelange zu erwarten sind, wie etwa bei Anlagen für Erneuerbare Energien und Netzen.

Nachhaltigkeitsziele

Der Gesetzesentwurf dient auch der Umsetzung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen. So hilft er konkret, immerhin zwölf von siebzehn Nachhaltigkeitszielen umzusetzen:

  • In erster Linie dient das Vorhaben dazu, Maßnahmen gegen die Folgen des bereits passierten und passierenden Klimawandels sowie der möglichen künftigen Folgen zu ergreifen. 
  • Außerdem dient er dazu, global Verantwortung wahrzunehmen, natürliche Lebensgrundlagen zu erhalten und nachhaltiges Wirtschaften zu stärken.
  • Nicht zuletzt bezweckt das Vorhaben, den sozialen Zusammenhalt in einer offenen Gesellschaft zu wahren und zu verbessern sowie Bildung, Wissenschaft und Innovation als Treiber einer nachhaltigen Entwicklung zu nutzen.

Nennenswert sind hierbei die Querverbindungen untereinander und deren integrierender Charakter. Synergien gilt es zu erkennen, sodann auch zu nutzen. Alle diese Wirkungen sind bedeutend für die Umsetzung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung von deutscher Seite aus.

Quellen: Bundesumweltministerium,Bundesregierung, Vereinte Nationen

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Unmittelbar vor Beginn

„Unmittelbar vor Beginn“ heißt nicht am Tag zuvor. Das entschied das hessische Landessozialgericht im Falle arbeitslosen Frau, die eine Reha-Maßnahme antreten wollte.

Anspruch auf Übergangsgeld

Während einer stationären Rehabilitation haben Versicherte gegenüber der Deutschen Rentenversicherung Anspruch auf Übergangsgeld. Voraussetzungen ist, dass sie unmittelbar vor Beginn der medizinischen Leistung Arbeitslosengeld oder eine vergleichbare Leistung bezogen haben und Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt worden sind. Rechtsgrundlagen sind

Neun Tage

Eine 54jährige Frau bezog bis Mitte April 2015 Arbeitslosengeld. Neun Tage später beiwilligte die Rentenversicherung medizinische Rehabilitation, welche nach weiteren fünf Wochen durchgeführt wurde. Die Gewährung von Übergangsgeld für die Zeit der Reha-Maßnahme lehnte die Rentenversicherung ab. Die Frau habe nicht unmittelbar vor Beginn der Reha-Maßnahme Arbeitslosengeld oder eine entsprechende Sozialleistung bezogen. Die Frau machte geltend, dass sie auf den Beginn der Reha keinen Einfluss gehabt habe.

Unmittelbarkeit sei aber auch dann gegeben, wenn zwischen dem Ende des Bezugs von Arbeitslosengeld und der Bewilligung der Reha-Maßnahme neun Tage liegen, so der 2. Senat des Hessischen Landessozialgerichts. Er verurteilte die Rentenversicherung, der Frau Übergangsgeld für die Zeit der medizinischen Reha-Maßnahme zu gewähren. 

kein nahtloser Übergang erforderlich

Der Begriff „unmittelbar vor Beginn“ erfordere keinen nahtlosen Übergang. Bei der Auslegung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs seien Systematik sowie Sinn und Zweck der Gesamtregelung zu berücksichtigen. Das Übergangsgeld solle während einer Reha die Entgelt- und Einkommensverhältnisse aufrechterhalten. Ein zeitlicher Abstand von vier Wochen zwischen dem Ende des früheren Leistungsbezuges und dem Beginn der Reha-Maßnahme sei regelmäßig unschädlich.

Versicherte haben keinen Einfluss

Vorliegend komme es zudem nicht auf den Beginn der Reha-Maßnahme an. Maßgeblich sei vielmehr, wann die Rentenversicherung diese bewilligt habe. Denn die Versicherten hätten regelmäßig keinen Einfluss darauf, wann sie die Reha-Maßnahme antreten könnten. Es hätte an der Rentenversicherung gelegen, der Frau unverzüglich nach der Bewilligung auch einen Platz in einer Reha-Klinik zu beschaffen.

Eine Revision wurde nicht zugelassen.

Quelle: Sozialgerichtsbarkeit Hessen

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Das Ende der Fallpauschalen?

Zu Beginn der Coronakrise 2020 wurde deutlich, dass die Finanzierung der Krankenhäuser mit dem System der Fallpauschalen keine gute Idee ist.

Nach langem Hin und Her haben sich Bundesgesundheitsminister Lauterbach und die Bundesländer auf Eckpunkte zur Krankenhausreform geeinigt. Die Fallpauschalen sollen tatsächlich der Vergangenheit angehören.

Vorhaltepauschalen

Stattdessen wird es „Vorhaltepauschalen“ geben. Damit sollen Kliniken Geld dafür erhalten, dass sie bestimmte Leistungen anbieten – selbst dann, wenn sie sie nicht immer erbringen. Das soll, so Lauterbach, den ökonomischen Druck von den Klinken nehmen, eine Entbürokratisierung bringen und für mehr Sicherheit und Qualität bei der medizinischen Versorgung von Patienten sorgen.

Existenzgarantie für kleine Kliniken

Nur Kliniken, die die Qualitätskriterien für bestimmte Leistungen auch erfüllen, sollen die Vorhaltepauschalen erhalten: „Die Patienten können sich darauf verlassen, dass die angebotenen Krankenhausbehandlungen auch immer nötig sind und vom Krankenhaus mit der entsprechenden Qualität durchgeführt werden können“ (K.Lauterbach). Außerdem sei die Vorhaltepauschale von 60% eine Existenzgarantie für kleine Klinken. So könne eine flächendeckende medizinische Versorgung vor allem auf dem Land gesichert werden – trotz einbrechender Fallzahlen.

Eckpunkte der Einigung:

  • Das überholte System der Fallpauschalen wird beendet. Stattdessen bekommen notwendige Kliniken Vorhaltepauschalen. Das heißt sie bekommen eine Art Existenzgarantie, selbst wenn sie vergleichsweise wenige Behandlungen anbieten.
  • Somit bestimmt die Qualität und nicht mehr die Quantität die Versorgung. Durch das neue System der Vorhaltepauschalen erhalten Krankenhäuser die Chance, zu überleben. Patient*innen können sich darauf verlassen, dass ihre Behandlung wirklich nötig ist und gut gemacht wird.
  • Der Bund legt nach der Sommerpause ein eigenes Gesetz zur Transparenz vor. Patienten haben ein Recht darauf zu wissen, welches Krankenhaus welche Leistungen mit welcher Qualität anbietet. Die Transparenz-Offensive soll am 1. Januar 2024 starten.

Gesetz im Herbst

Bis zum Herbst soll auf Grundlage der vereinbarten Eckpunkte der Gesetzentwurf erarbeitet und danach ins parlamentarische Verfahren eingebracht werden. Nachdem das Gesetz verabschiedet wurde, wird die Reform fortlaufend evaluiert, um die Wirkung beurteilen zu können.

Quellen: Bundesgesundheitsministerium, FOKUS-Sozialrecht

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Ersteinschätzungsverfahren in der Notaufnahme

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat Vorgaben für ein qualifiziertes und standardisiertes Ersteinschätzungsverfahren in Notaufnahmen von Krankenhäusern definiert.

Mindestanforderungen

Er beschloss unter anderem Mindestanforderungen an das Verfahren, das digitale Assistenzsystem und die Qualifikation des beteiligten medizinischen Personals. Mit Hilfe des Ersteinschätzungsverfahrens soll schnell und verlässlich beurteilt werden, wie dringend bei Hilfesuchenden der Behandlungsbedarf ist. Nur wenn ein sofortiger Behandlungsbedarf festgestellt wird, soll die Patientin oder der Patient ambulant im Krankenhaus behandelt oder ggf. auch stationär aufgenommen werden. In allen anderen Fällen soll die Behandlung grundsätzlich in der vertragsärztlichen Versorgung erfolgen. Der Beschluss des G-BA sieht für die Krankenhäuser verschiedene Übergangsfristen vor, um beispielsweise das benötigte Personal weiterzubilden und ein digitales Assistenzsystem zu implementieren.

Jetziges Verfahren

Bereits jetzt wird in Notaufnahmen die Dringlichkeit einer ärztlichen, unmittelbar notwendigen Behandlung mit Hilfe von sogenannten Triagesystemen festgestellt: So werden Hilfesuchende mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung oder Verletzung schnellstmöglich identifiziert und behandelt.

Erweitertes Verfahren

Bei Hilfesuchenden, bei denen kein sofortiger Behandlungsbedarf besteht, schließt sich zukünftig ein erweitertes Ersteinschätzungsverfahren an, das aufbauend auf dem Ergebnis der Triage das Zeitfenster bis zur Behandlung und die Versorgungsebene vorgibt. Je nachdem, ob eine ärztliche Behandlung innerhalb von 24 Stunden beginnen sollte oder nicht, werden zwei sogenannte Dringlichkeitsgruppen unterschieden:

  • Bei Dringlichkeitsgruppe 1 sollte die Behandlung innerhalb von 24 Stunden beginnen: Entweder ambulant im Krankenhaus oder in einer im oder am Krankenhaus gelegenen Notdienstpraxis der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) beziehungsweise einem entsprechenden Medizinischen Versorgungszentrum des Krankenhauses.
  • Bei Dringlichkeitsgruppe 2 ist keine Behandlung innerhalb von 24 Stunden erforderlich. Die Versicherten erhalten einen Vermittlungscode, mit dem sie über die Terminservicestelle der KV einen Termin buchen können.

Richtlinie muss ab 1. Juni 2024 erfüllt werden

Mit der neuen Richtlinie legt der G-BA vor allem die Qualifikation des medizinischen Personals, das die Ersteinschätzung durchführt, fest und macht Vorgaben, wann eine Ärztin oder ein Arzt einbezogen werden muss. Um das erforderliche Personal weiterzubilden, sind Übergangsfristen vorgesehen. Spätestens ab dem 1. Juni 2024 müssen Krankenhäuser die Anforderungen der Richtlinie erfüllen. Spätestens ab dem 1. März 2025 muss das Ersteinschätzungsverfahren durch ein digitales Instrument unterstützt werden. Ab 1. Januar 2024 bekommen Krankenhäuser von der zuständigen KV die Möglichkeit, einen Vermittlungscode für die Terminservicestelle zu erstellen.

Gesetzliche Grundlage

Gesetzliche Grundlage des Beschlusses zum Ersteinschätzungsverfahren ist § 120 Absatz 3b SGB V, zuletzt geändert durch das Pflegeunterstützungs und -entlastungsgesetz. Danach hat der G-BA Vorgaben zur Durchführung einer qualifizierten und standardisierten Ersteinschätzung des medizinischen Versorgungsbedarfs von Hilfesuchenden zu beschließen, die sich zur Behandlung eines Notfalls an ein Krankenhaus wenden.

Schaubild zum Verfahren

Eine Grafik zum zukünftigen Ersteinschätzungsverfahren veröffentlicht der G-BA auf seiner Homepage.

Quellen: G-BA, GKV-Spitzenverband

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