Pflegerin hilft altem Mann aus dem Bett

Pflegekosten steigen weiter

Nach aktuellen Zahlen des Verbandes der Ersatzkassen e. V. (vdek) ist die finanzielle Belastung Pflegebedürftiger in Pflegeheimen erneut stark gestiegen. Nach der Datenerhebung stieg die monatliche Eigenbeteiligung innerhalb eines Jahres bundesweit im Durchschnitt um 348 Euro auf aktuell 2.548 Euro.

73,3 Millionen Menschen waren 2021 in der sozialen Pflegeversicherung (SPV) versichert. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl stabil geblieben. Die Zahl der Leistungsempfänger:innen hingegen stieg um rund 284.000 von etwa 4,3 auf 4,6 Millionen 2021. Das entspricht einer Steigerung von circa 6,6 Prozent.

Defizit und Rücklagenschwund

Diese Entwicklung machte sich auch bei den Ausgaben der SPV bemerkbar. Diese erhöhten sich 2021 auf nahezu 53,9 Milliarden Euro (+9,7 Prozent). Die Einnahmen betrugen hingegen nur 52,5 Milliarden Euro (+3,7 Prozent). Damit verblieb 2021 ein Defizit von rund 1,4 Milliarden Euro (entspricht 1,65 Monatsausgaben). Die Rücklagen der SPV nahmen von 8,2 auf rund 6,9 Milliarden Euro ab.

Steigende Kosten

Auch die privaten Ausgaben für die pflegerische Versorgung in Heimen stiegen weiter an. Durchschnittlich betrug die Summe aus der Kenngröße des „Einrichtungseinheitlichen Eigenanteils“ (EEE), den Kosten für Unterkunft und Verpflegung sowie den Investitionskosten zum Jahresbeginn 2023 2.468 Euro pro Monat (Vorjahr: 2.179 Euro). Von diesen Kosten abzuziehen ist jedoch der neue Vergütungszuschlag nach § 43c SGB XI. Denn seit dem 1. Januar 2022 beteiligt sich die Pflegekasse mit einem zusätzlichen Leistungszuschlag an den Pflegekosten in der vollstationären Pflege. Die Höhe dieses Leistungszuschlags ist nach der Dauer des Heimaufenthalts gestaffelt und beträgt in den ersten zwölf Monaten fünf Prozent. Nach zwölf Monaten liegt die Zuschlagshöhe bei 25 Prozent, nach 24 Monaten bei 45 Prozent und nach 36 Monaten bei 70 Prozent des EEE. Der effektive Eigenanteil ist also von der individuellen Bezugsdauer der vollstationären Pflege abhängig.

Löhne und Ernährung

Preistreiber sind vor allem steigende Löhne für dringend benötigte Pflegekräfte, aber auch Kosten für Unterkunft, Essen und Trinken. Seit September 2022 müssen alle Einrichtungen Pflegekräfte nach Tarifvertrag oder ähnlich bezahlen, um mit den Pflegekassen abrechnen zu können. Die Vorgabe hatte noch die schwarz-rote Vorgängerregierung auf den Weg gebracht – auch um Pflegekräfte im Beruf zu halten und zu gewinnen. Die Kosten dieser dringend erforderlichen Verbesserungen werden nun auf den Schultern der Pflegebedürftigen abgeladen.

Höhere Entlastungsbeträge senken Kosten nicht

Die Pflegeversicherung übernimmt lediglich einen Teil der Pflegekosten. Für Kosten der Unterkunft, Verpflegung und Investitionen müssen die Versicherten selbst aufkommen. Durch die steigenden Energiekosten und die überfälligen Lohnerhöhungen für Pflegekräfte sind die Summen zuletzt deutlich gestiegen.

Auch die leichte Erhöhung der Entlastungsbeiträge ab dem nächsten Jahr wird die Situation nicht grundlegend ändern. Denn auch diese gibt es nur für den Eigenanteil bei der Pflege, aber nicht weitere Kosten des Aufenthalts im Pflegeheim.

Maßnahme der Bundesregierung

Finanzminister Lindner will im kommenden Haushalt den gesetzlichen Zuschuss zur Pflegeversicherung von 1 Milliarde Euro streichen.

Appell der Sozialverbände

Einmal mehr fordern die Sozialverbände die Politik auf, die Pflegeversicherung endlich zu einer Vollversicherung umzubauen, die alle pflegebedingten Kosten übernimmt – unabhängig davon, ob es sich um stationäre, teilstationäre oder ambulante Pflege handelt. Sämtliche durch einen unabhängigen pflegerischen – medizinischen Dienst für bedarfsgerecht erachtete Pflegeleistungen müssen in vollem Umfang und ohne Eigenanteile vollständig von den Kassen finanziert werden.

Vollversicherung wäre nötig

Eine langfristig wirksame, tragfähige und für alle verlässliche Lösung bietet einzig eine Vollversicherung in der Pflege: Wenn alle pflegebedingten Kosten künftig von der Pflegeversicherung übernommen und die Ausbildungskosten als gesamtgesellschaftliche Aufgabe aus Steuermitteln finanziert würden – wie im Koalitionsvertrag vereinbart –, halbierten sich die von den Pflegeheimbewohner*innen selbst aufzubringenden Kosten. Das wäre für eine große Mehrheit finanziell leistbar.

Armutsrisiko

Pflegebedürftigkeit ist inzwischen ein echtes Armutsrisiko geworden: Immer weniger Menschen können sich die eigene Pflege leisten. Inzwischen ist fast ein Drittel aller Pflegebedürftigen in Heimen auf Sozialhilfe angewiesen.

Quellen: Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek), Tagesschau, Sozialverband Deutschland, Paritätischer Gesamtverband

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