Unfallversicherungs-Weiterentwicklungsgesetz

Mit dem Gesetzentwurf soll das Recht der gesetzlichen Unfallversicherung an die veränderte Lebens- und Arbeitswelt angepasst werden und auf neue Schutzbedarfe reagieren. Außerdem werden Verwaltungsverfahren beschleunigt und bürokratische Lasten abgebaut.

Probleme und Ziele

In Zeiten multipler Krisen, einer zunehmenden Globalisierung und einer veränderten Lebens- und Arbeitswelt haben sich in der gesetzlichen Unfallversicherung veränderte Schutzbedarfe ergeben. Gleichzeitig ermöglicht
insbesondere die fortschreitende Digitalisierung, Bürokratie abzubauen. Die Änderungsbedarfe betreffen im Wesentlichen folgende Bereiche:

  • Unfallversicherungsschutz im Ausland
  • Unfallversicherungsschutz auf dem Weg zu Schulen und Kindertagesstätten,
  • Unfallversicherungsschutz von Studierenden und bei
  • Früh- und Jungstudierenden, (besonders begabte oder interessierte Schüler, denen von einer HOchschule ein Studium angeboten wird)
  • Unfallversicherungsschutz von Bewerberinnen und Bewerbern bei Auswahlverfahren,
  • Anpassung des Sterbegeldes

Ausland

Der zunehmend fragilen Sicherheitslage im Ausland wird dadurch begegnet, dass für alle Personen, die im Ausland vergleichbare Tätigkeiten erbringen, ein vergleichbares Schutzniveau im beruflichen und im beruflich veranlassten privaten Bereich ermöglicht wird.

Weg zu Schule und Kita

Neuen familiären Realitäten bei der Kinderbetreuung wird dadurch Rechnung getragen, dass der Wegeunfallversicherungsschutz bei der Begleitung von Kindern zur Schule oder Kita an das Umgangsrecht im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs geknüpft wird.

Studierende

Künftig sollen Studierende unfallversichert sein, wenn sie für die Erbringung von Studien- oder Prüfungsleistungen außerhalb des räumlichen Bereichs ihrer Hochschule tätig werden. Dies kann für Studierende eine verbesserte Absicherung gegen die gesundheitlichen und finanziellen Folgen eines Unfalls bedeuten. Infolgedessen kann das Abschließen einer privaten Unfallversicherung entfallen.

Frühstudierende

Der Unfallversicherungsschutz für Studierende soll künftig in gleichem Umfang für Früh- und Jungstudierende bestehen.

Bewerberinnen und Bewerber

Bewerberinnen und Bewerber sollen gesetzlich unfallversichert sein, wenn sie an einem Personalauswahlverfahren teilnehmen, zu dem der potentielle Arbeitgeber auffordert bzw. darin eingewilligt (§ 2 Abs. 1 Nr. 3b SGB VII). Dies kann junge Menschen, die sich eigeninitiativ auf eine Stelle beworben haben, vor potentiell hohen Kosten infolge eines Unfalls bewahren und für sie eine qualitativ hochwertige medizinische Versorgung im Falle eines Unfalls bedeuten.

Freiwilligendienste im Ausland

Freiwilligendienstleistende des Programmes „weltwärts“ und des Internationalen Jugendfreiwilligendienstes sollen während ihrer Freizeit unfallversichert sein, wenn der Unfall auf ein auslandsspezifisch erhöhtes Risiko zurückzuführen ist (§ 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 6 SGB VII). Dies könnte dazu beitragen, dass junge internationale Freiwilligendienstleistende auch während ihrer Freizeit umfassender vor den gesundheitlichen und finanziellen Folgen eines Unfalls geschützt werden und infolgedessen ggf. keine zusätzlichen Versicherungskosten aufbringen müssten.

Sterbegeld

Das Sterbegeld wird angehoben, um dem erheblichen Anstieg der Bestattungskosten in vergangenen Jahren gerecht zu werden. Hierdurch wird gewährleistet, dass die Höhe des Sterbegeldes die regelmäßig anfallenden Aufwendungen der Bestattung eines Verstorbenen ersetzt.

Quellen: BMAS, Jugend-check.de

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Freiwilligen-Teilzeitgesetz

Die Bundesregierung hat den Entwurf eines Gesetzes zur Erweiterung der Teilzeitmöglichkeit in den Jugendfreiwilligendiensten sowie im Bundesfreiwilligendienst für Personen vor Vollendung des 27. Lebensjahres und zur Umsetzung weiterer Änderungen (Freiwilligen-Teilzeitgesetz) vorgelegt.

Teilzeit ohne spezielle Begründung

Das neue „Freiwilligen-Teilzeitgesetz“ soll jungen Menschen unter 27 Jahren ermöglichen, einen Freiwilligendienst in Teilzeit zu absolvieren, ohne dafür ein berechtigtes Interesse nachweisen zu müssen. Bisher konnten sie nur mit einem solchen Interesse einen Teilzeitdienst von mehr als 20 Stunden pro Woche leisten.

Mit der Änderung sollen die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden, dass die Dienste auch ohne berechtigtes Interesse in Teilzeit absolviert werden können. Voraussetzung ist eine wöchentliche Dienstzeit von mehr als 20 Stunden und das Einverständnis der Einsatzstelle, des Trägers und der Freiwilligen. Ein Anspruch auf eine Reduzierung der Dienstzeit wird jedoch nicht geschaffen.

Obergrenze für Taschengeld

Die Obergrenze für ein angemessenes Taschengeld ist seit der Einführung des Bundesfreiwilligendienstes und für die Jugendfreiwilligendienste dynamisch an die in der allgemeinen Rentenversicherung geltende Beitragsbemessungsgrenze gekoppelt. Der prozentuale Anteil ist jedoch seitdem unverändert und wird deshalb angehoben. Dadurch wird den Trägern und Einsatzstellen die Möglichkeit eröffnet, ein höheres angemessenes Taschengeld zu zahlen.

8% statt 6%

Aktuell beträgt die Obergrenze für ein angemessenes Taschengeld bei 6 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze, das sind bei der für 2024 geltenden monatlichen BBG von 7.550 Euro West und 7.450 Euro Ost 453 Euro, bzw. 447 Euro.

Geplant sind ab 2025 Obergrenzen von 8 Prozent der dann geltenden Beitragsbemessungsgrenzen. Bei den für dieses Jahr geltenden Zahlen wären dies 604 Euro, bzw. 596 Euro. Für Teilzeit-Dienstleistende reduziert sich die Obergrenze je nach Arbeitsumfang natürlich-

Weitere gesetzliche Klarstellungen und Verbesserungen:

  • Die Freiwilligen erhalten in der Praxis oftmals auch Mobilitätszuschläge von ihren Trägern oder Einsatzstellen. Dabei erfolgt mit Blick auf die Taschengeldobergrenze keine Anrechnung der neuen Mobilitätszuschläge auf das Taschengeld.
  • Zum Schutz und zur Anerkennung der Freiwilligen können durch die Teilnahme an einem Seminar dann dienstfreie Tage entstehen, wenn Seminarzeit auf in der Einsatzstelle dienstfreie Tage fällt.
  • Die Einsatzstellen sind bereits nach geltender Rechtslage verpflichtet, Beitragszuschüsse insbesondere zur freiwilligen gesetzlichen oder zur privaten Krankenversicherung an die betroffenen Freiwilligen zu zahlen. Es wird gesetzlich klargestellt, dass diese Ausgaben im Bundesfreiwilligendienst vom Bund im Rahmen der BFD-Zuschuss-Obergrenze ersetzt werden.

Quellen: Bundestag

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Ausschüsse zu Freiwilligendiensten

Am 18.9. tagte der Petitionsauschuss des Bundestags zu einer Petition gegen die geplanten Kürzungen bei den Bundesfreiwilligendiensten. Zwei Tage später hagelte es dazu auch im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Kritik.

Petition

Die Petentin, die 19-jährige Marie Sophie Elisa Beimen aus Schwerte (Nordrhein-Westfalen) sagte vor den Abgeordneten die Kürzungen führten zum Abbau von Einsatzstellen für Freiwillige. Auch sei mit der Einschränkung bei der für die Freiwilligen besonders wichtigen pädagogischen Betreuung zu rechnen. Der Freiwilligendienst werde dadurch noch unattraktiver als er aktuell ist. Angesichts der ohnehin schon vorhandenen Zugangsbarrieren seien die Kürzungen der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringe. Immer wieder, so die Petentin, werde von der Politik gefordert, dass sich junge Menschen mehr engagieren sollen. Dafür brauche es gute Rahmenbedingungen sowie einen Ausbau des Angebots, statt ein Wegstreichen und Einsparen.

Stärkung der Freiwilligendienste

Die Petition, die noch vor dem Bekanntwerden der geplanten Kürzungen eingereicht wurde, hatte sich für eine Stärkung der Freiwilligendienste ausgesprochen und ein deutlich höheres Taschengeld, angelehnt an den BAföG-Höchstsatz, sowie einen Inflationsausgleich gefordert.

Jeder vierte Platz fällt weg

Die die Petentin begleitende Sprecherin des Bundesarbeitskreises FSJ, Kristin Napieralla, warnte angesichts der Kürzungen vor gravierenden Folgen für die Einsatzstellen und die Träger der Freiwilligendienste. „Jeder vierte Platz wird wegfallen“, sagte sie. Zwar werde keine Einsatzstelle zusammenbrechen, weil kein Freiwilliger da ist. „Spaziergänge mit älteren Leuten im Park, Ausflüge am Nachmittag ins Seniorenkino, das Zeitnehmen fürs Vorlesen – all diese Dinge werden wegfallen, wenn keine Freiwilligen vor Ort da sind“, sagte Napieralla.

Trotz der Einsparungen wolle das BMFSFJ die Freiwilligendienste unterstützen, betonte die Staatssekretärin und kündigte entsprechende gesetzliche Maßnahmen an. So soll es ihrer Aussage nach Verbesserungen bei den Teilzeitmöglichkeiten geben. Die Taschengeld-Höchstgrenze soll erhöht werden – von derzeit 438 Euro auf 584 Euro. Schon erfolgt seien Änderungen beim Bürgergeld. Jugendliche bis zu 25 Jahren könnten inzwischen 520 Euro hinzuverdienen.

Familien-Ausschuss

Sehr große Sorge quer durch die Fraktionen lösten die Kürzungen bei den Freiwilligendiensten aus (25 Millionen Euro beim Freiwilligen Sozialen Jahr und 53 Millionen Euro beim Bundesfreiwilligendienst). Man wolle versuchen, in den Haushaltsberatungen noch Änderungen zu erreichen, betonte unter anderem die FDP-Fraktion. Ministerin Paus betonte, dass die laufenden Freiwilligen-Programme bis Sommer 2024 abgesichert seien. Die Linke kritisierte den Haushalt deutlich als “absolute Mangelverwaltung„, sämtliche Kürzungen seien eine Katastrophe.

Aktionswoche

Vom 18. bis zum 22. September 2023 findet die bundesweite Aktionswoche #freiwilligen-dienststärken – kürzt uns nicht weg! statt. Ein Höhepunkt war am 18. September 2023 die Anhörung der erfolgreichen Petition Freiwilligendienste im Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages.

Die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben, dass sie die Freiwilligendienste nachfragegerecht ausbauen und stärken wollen. Die drohenden Kürzungen bewirken das Gegenteil und bedrohen die Existenz der Freiwilligendienste.

Quellen: Bundestag, Paritätischer Gesamtverband

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Bürgergeld-Freibeitrag bei FSJ und BFD

Freiwillige, die einen Bundesfreiwilligendienst (BFD) oder ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) leisten, hierfür ein Taschengeld bekommen und im Bürgergeld-Bezug stehen, erhalten ebenfalls einen Freibetrag für dieses Taschengeld. Die Höhe des Freibetrages für das Taschengeld im FSJ oder BFD ist abhängig vom Alter der Freiwilligen. Wenn die Freiwilligen unter 25 Jahre sind, so können sie das Taschengeld in voller Höhe behalten, denn es besteht ein Freibetrag von 520 Euro. Das Taschengeld im FSJ oder BFD erreicht diese Höhe nicht.

Sind die Freiwilligen 25 Jahre oder älter, so steht ihnen ein monatlicher Freibetrag in Höhe von 250 Euro zu.  Diese Regelung entspricht der bei der allgemeinen ehrenamtlichen Tätigkeit.

Vergessen, aber…

Die Bundesfreiwilligendienst-Leistenden über 25 Jahre wurden im ursprünglichen Bürgergeldgesetz schlichtweg vergessen. Erst eine nachträgliche Änderung, verpackt im „Gesetz zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarkts„, schaffte Abhilfe.

…keine Absicht

Zur Begründung schreibt die Bundesregierung, dass durch das Bürgergeld-Gesetz zum 1. Juli 2023 die Regelung zur Höhe des Absetzbetrages von dem Taschengeld, das junge Menschen nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder
Jugendfreiwilligendienstegesetz erhalten, geändert wurde. Für Leistungsberechtigte, die an einem Freiwilligendienst teilnehmen und die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, wurde der Grundabsetzbetrag auf derzeit 520 Euro angehoben. Im Zuge der Änderung wurde die bisherige Regelung des § 11b Absatz 2 Satz 6 SGB II
ersatzlos gestrichen. Dadurch entfiel auch der Freibetrag für Personen über 25 Jahren. Diese Schlechterstellung der Personen über 25 Jahren war nicht beabsichtigt.

Mit der Änderung wird sichergestellt, dass der bislang im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch geregelte Absetzbetrag in Höhe von 250 Euro für erwerbsfähige Freiwillige, die einen Dienst nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz leisten und die das 25. Lebensjahr vollendet haben, erhalten bleibt.

Mehr Infos für Jugendliche und junge Erwachsene

Weitere Regelungen zu Einkommensanrechnung bei Ausbildung, Nebenjobs und Ferienjobs siehe hier.

Quellen: Bundestag, FOKUS Sozialrecht, Thomas Knoche: Grundlagen – SGB II: Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende, Walhalla Fachverlag; 3., aktualisierte Edition (28. Februar 2023)

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Im Sozialbereich wird gespart

Die Kindergrundsicherung verkommt zu einer Verwaltungsreform, das Klimageld ist in weiter Ferne, Programme gegen rechtsradikale Strömungen werden gestrichen, Eine Milliarde für die Pflegeversicherung entfällt.

Drastische Mittelkürzungen

Dazu kommen noch drastische Mittelkürzungen für soziale und zivilgesellschaftliche Organisationen, die zu massiven Einschnitten bei sozialen Angeboten: von Freiwilligendiensten über die psychosoziale Versorgung Geflüchteter bis hin zur Unterstützung Arbeitsuchender führen.

Brief an die Abgeordneten

Das sind die Inhalte des geplanten Bundeshaushaltes für das Jahr 2024. Um das schlimmste zu verhindern, hat der Paritätische einen Brief an die Abgeordneten der Bundestagsfraktionen von Bündnis 90/Die Grünen, CDU/CSU, FDP, Die Linke und SPD

  • im Haushaltsausschuss,
  • im Ausschuss für Familien, Frauen,
  • Senioren und Jugend,
  • im Ausschuss für Arbeit und Soziales,
  • im Ausschuss des Inneren

veröffentlicht. Darin drückt Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider seine Bestürzung und sein Unverständnis aus über der im Kabinett beschlossenen Entwurf des Bundeshaushaltes 2024.

Verheerende Pläne

Er enthalte drastische Kürzungen für soziale und zivilgesellschaftliche Organisationen und zwinge zu massiven Einschnitten bei den Hilfen für besonders unterstützungsbedürftige Menschen. Bestehende Infrastruktur, die in Krisenzeiten eine kurzfristige Ausweitung der Kapazitäten ermögliche, drohe nachhaltig beschädigt zu werden oder gleich ganz verloren zu gehen. Würden die Pläne umgesetzt, wäre das verheerend: für die soziale Infrastruktur, für freiwilliges Engagement und das partnerschaftliche Miteinander – vor allem aber für unser Gemeinwesen und all jene Menschen, die in schwieriger Lebenslage auf Hilfe, Beratung, Unterstützung und einen stabilen Sozialstaat angewiesen seien.

Steuerausfälle bei den Kommunen

Eine weitere massive Gefährdung der sozialen Infrastruktur vor Ort droht durch die Ausfälle, insbesondere bei den Gewerbesteuern, die das von Bundesfinanzminister Lindner vorgelegte Wachstumschancengesetz bewirken würde. Neben den gravierenden Steuerausfällen bei Bund und Land wären gerade die Kommunen von Steuerausfällen durch dieses Gesetz betroffen. Auf etwa 1,9 Milliarden Euro jährlich können sich die Einnahmeausfälle der Kommunen in den nächsten Jahren summieren, wird geschätzt. Würde das Gesetz beschlossen, könnten aber noch größere Steuerausfälle die Folge sein. Der Entwurf des Gesetzes liegt bereits vor, er soll bereits am 16. August 2023 im Bundeskabinett beschlossen werden. Das gilt es zu verhindern: Die Ausgaben für die Sozialpolitik vor Ort zählen zu den grundlegenden Bedarfen, um den sozialen Zusammenhalt zu sichern. Städte und Gemeinden sind vor allem Lebensorte, nicht nur Wirtschaftsstandorte.

Parlamentarische Beratung ab September

Ab 5. September beraten Bundestag und Bundesrat die Haushaltspläne.

Quelle: Paritätischer Gesamtverband

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