Elektronische Patientenakte

Der Deutsche Bundestag hat am 14.12.2023 das „Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens“ (Digital-Gesetz – DigiG) sowie das „Gesetz zur verbesserten Nutzung von Gesundheitsdaten“ (Gesundheitsdatennutzungsgesetz – GDNG) in 2./3. Lesung beschlossen. Ziel ist, mit digitalen Lösungen den Versorgungsalltag und die Forschungsmöglichkeiten in Deutschland zu verbessern.

Als Kernelement des Digital-Gesetzes wird die elektronische Patientenakte (ePA) ab 2025 für alle gesetzlich Versicherten bereitgestellt. Sie wird den Austausch und die Nutzung von Gesundheitsdaten vorantreiben und die Versorgung gezielt unterstützen – im ersten Schritt durch die Einführung eines digital unterstützten Medikationsprozesses. Zudem wird das E-Rezept als verbindlicher Standard in der Arzneimittelversorgung eingerichtet.

Mit dem Gesundheitsdatennutzungsgesetz – (GDNG) können künftig Gesundheitsdaten für Forschung und Entwicklung von Innovationen besser erschlossen werden und damit zu einer besseren Versorgung beitragen. Kern des Gesetzes ist die erleichterte Nutzbarkeit von Gesundheitsdaten für gemeinwohlorientierte Zwecke. Dazu wird eine Gesundheitsdateninfrastruktur mit dezentraler Datenhaltung und einer zentralen Datenzugangs- und Koordinierungsstelle für die Nutzung von Gesundheitsdaten aufgebaut.

Die Gesetzesinhalte im Einzelnen

Digital-Gesetz

  • Die elektronische Patientenakte (ePA) wird ab Anfang des Jahres 2025 für alle gesetzlich Versicherten eingerichtet. Wer die ePA nicht nutzen möchte, kann dem widersprechen (Opt-Out). Für privat Versicherte können die Unternehmen der PKV ebenfalls eine widerspruchsbasierte ePA anbieten.
  • Mit der ePA erhalten die Versicherten eine vollständige, weitestgehend automatisch erstellte, digitale Medikationsübersicht. In enger Verknüpfung mit dem E-Rezept können so ungewollte Wechselwirkungen von Arzneimitteln besser erkannt und vermieden werden. Zudem werden Ärztinnen und Ärzte im Behandlungsprozess unterstützt.
  • Von Beginn an werden in der ePA auch weitere wichtige Behandlungsinformationen, wie beispielsweise Arztbriefe, Befundberichte oder auch Entlassbriefe, verfügbar gemacht.
  • Menschen ohne eigenes Smartphone werden ihre ePA in ausgewählten Apotheken einsehen können. Außerdem werden die Ombudsstellen der Krankenkassen diejenigen Versicherten bei der Ausübung ihrer Rechte unterstützen, die ihre ePA nicht über eine ePA-App verwalten.
  • Das E-Rezept wird weiterentwickelt, als verbindlicher Standard in der Arzneimittelversorgung etabliert und ein weiterer Zugangsweg per ePA-App eröffnet.
  • Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) werden tiefer in die Versorgungsprozesse integriert und ihr Einsatz transparent gemacht. Mit der Ausweitung der DiGA auf digitale Medizinprodukte der Risikoklasse IIb werden sie auch für komplexere Behandlungsprozesse – z.B. für das Telemonitoring – genutzt werden können.
  • Damit die Telemedizin fester Bestandteil der Gesundheitsversorgung wird, werden die Mengenbegrenzungen aufgehoben und mit der Ausweitung der Telemedizin auf Hochschulambulanzen, psychiatrische Institutsambulanzen und psychotherapeutische Sprechstunden neue Versorgungsmöglichkeiten eröffnet. Mit der assistierten Telemedizin wird außerdem ein niedrigschwelliger Zugang zur Versorgung geschaffen.
  • Ein neuer Prozess für die Erstellung und Festlegung von Datenstandards sorgt dafür, dass Interoperabilitätsvorgaben von hoher Qualität und verbindlich einzuhalten sind.
  • Ein Digitalbeirat bei der gematik, der unter anderem mit Vertretern des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI), des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), der Medizin und Ethik besetzt sein wird, soll künftig die gematik bei all ihren Festlegungen mit abgewogenen Empfehlungen zu Fragen des Datenschutzes, der Datensicherheit, der Datennutzung und der Anwenderfreundlichkeit beraten.

Gesundheitsdatennutzungsgesetz

  • Eine zentrale Datenzugangs- und Koordinierungsstelle für die Nutzung von Gesundheitsdaten wird bürokratische Hürden abbauen und den Zugang für die Forschung erleichtern. Hier werden erstmalig pseudonymisierte Gesundheitsdaten aus verschiedenen Datenquellen miteinander verknüpft werden können. Die Zugangsstelle soll als zentrale Anlaufstelle für Datennutzende fungieren.
  • Die federführende Datenschutzaufsicht für länderübergreifende Forschungsvorhaben wird auf alle Gesundheitsdaten ausgeweitet. Die datenschutzrechtliche Aufsicht für länderübergreifende Forschungsvorhaben im Gesundheitswesen kann durch eine/n Landesdatenschutzbeauftragte/n koordiniert werden.
  • Das Forschungsdatenzentrum Gesundheit (FDZ) beim BfArM wird weiterentwickelt. Für die Antragsberechtigung ist nicht mehr ausschlaggebend, wer beantragt, sondern wofür. Entscheidend sind die im Gemeinwohl liegenden Nutzungszwecke. Das FDZ kann pseudonymisierte Daten mit den Krebsregisterdaten sowie Daten weiterer gesetzlich geregelter medizinischer Register verknüpfen, wenn dies für den antragsgemäßen Forschungszweck erforderlich ist und die Interessen der Versicherten hinreichend gewahrt werden.
  • Für die Datenfreigabe aus der ePA gilt künftig ein Opt-Out-Verfahren. Damit können Behandlungsdaten für Forschungszwecke besser nutzbar gemacht werden. Es werden ausschließlich Daten übermittelt, die zuverlässig automatisiert pseudonymisiert wurden. Es wird eine einfache Verwaltung der Widersprüche eingerichtet, damit Patientinnen und Patienten über die Freigabe ihrer Daten für die Forschung oder weitere Zwecke an das FDZ entscheiden können. Versicherte können ihren Widerspruch auch bei den Ombudsstellen der Krankenkassen erklären, wenn sie die ePA nicht nutzen oder ihren Widerspruch nicht digital erklären können oder möchten.
  • Kranken- und Pflegekassen dürfen auf Basis von ihnen bereits vorliegenden Daten personalisierte Hinweise an ihre Versicherten geben, wenn dies dem individuellen Schutz der Gesundheit der Versicherten dient, zum Beispiel der Arzneimitteltherapiesicherheit, der Erkennung von Krebserkrankungen und seltenen Erkrankungen oder zur Verhinderung einer Pflegebedürftigkeit.
  • Leistungserbringer und deren Netzwerke werden befähigt, ihnen vorliegende Versorgungsdaten für Forschung, Qualitätssicherung und Patientensicherheit zu nutzen. Für die Nutzung von Gesundheitsdaten besteht ein Forschungsgeheimnis. Forschende dürfen also Gesundheitsdaten nur wie gesetzlich gestattet nutzen und weitergeben. Bei Verletzung dieser Geheimhaltungspflichten gilt künftig eine Strafnorm.

Quelle: Bundesgesundheitsministerium

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Holprige Digitalisierung

Neulich erschien im Spiegel eine Kolumne von Sascha Lobo unter dem Titel: „Deutschland ist das digitale Schilda“. Der Autor beklagt sich augenzwinkernd darüber, dass man als Normalbürger kaum den Überblick über die vielen gescheiterten Digitalprojekte in Deutschland behalten könne. Als ein Beispiel dafür nennt er die versuchte Einführung des E-Rezepts.

Einführung abgesagt

Patienten sollen elektronische Rezepte auf ihr Smartphone laden und in einer Apotheke einlösen können. Die dazu nötige App sollte als Teil der Telematikinfrastruktur ab 1.10. 2021 zur Verfügung stehen. Ab 2022 ist die elektronische Verordnung von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln in der Telematikinfrastruktur verpflichtend vorgegeben. Einen Tag vor der geplanten Einführung, am 30.9.2021 teilte die zuständige Firma Gematik mit, dass die Einführung verschoben werde.

Schildbürgerstreich

Sascha Lobo schreibt dazu: „…die verantwortliche Firma Gematik, die zu 51 Prozent dem Bundesgesundheitsministerium und ansonsten allen möglichen Gesundheitsverbänden wie der Bundesärztekammer oder der Kassenärztlichen Vereinigung gehört, hat einen Tag davor den Start abgesagt. Sicher nur Zufall, dass das erst in der Woche nach der Wahl bekannt gegeben worden ist. Besonders schildbürgerisch ist dabei, dass die Bundesregierung eine gesetzliche Pflicht zum E-Rezept bis spätestens 1. Januar 2022 festgeschrieben hat – aber ob der Termin gehalten werden kann, ist natürlich völlig unklar.“

Testphase verlängert

Die Gesellschafterversammlung der Firma Gematik teilte mit, dass die seit Juli laufende Testphase in einigen Praxen, Kliniken und Apotheken in Berlin und Brandenburg bis Ende November verlängert wird. Fest stehe aber weiterhin, dass im Januar 2022 die Einführungspflicht greife – dann sollten gesetzlich Versicherte für ihre Rezepte QR-Codes bekommen statt rosa Zettelchen. Grund für die Planänderung sei, dass viele Arztpraxen noch gar nicht die technische Möglichkeit hätten, Digitalverschreibungen auszustellen: Es mangele an zertifizierten Updates für ihre Praxisverwaltungssysteme. In Deutschlands Arztpraxen gäbe es eine Vielzahl an verschiedenen digitalen Verwaltungssystemen, insgesamt etwa 130. Zudem machten noch zu wenige Krankenkassen bei dem E-Rezept der Gematik mit, als dass eine flächendeckende Einführung aussichtsreich wäre. In den kommenden Wochen solle sich die Situation verbessern.

Bedenken von Ärzten und Apothekern

Ob sich in den nun gewonnenen paar Wochen Entscheidendes ändert, ist aber ungewiss. Ärztevertreter forderten schon eine Verschiebung der Einführung. Viele Vor-Ort-Apotheker befürchten zudem, dass sie Geschäft an den Online-Versand verlieren könnten. Die großen Online-Konkurrenten DocMorris und Shop Apotheke wittern hingegen Morgenluft, wenn sie künftig die Rezepte digital übermittelt bekommen und das Arzneimittel dadurch schneller beim Kunden ist als bisher – derzeit bekommen die Online-Händler die Verschreibung noch per Brief.

Zettelwirtschaft beenden

Mit dem E-Rezept soll die Zettelwirtschaft bei Rezepten beendet werden – derzeit bekommen gesetzlich Versicherte jedes Jahr etwa 500 Millionen Verschreibungen. Ab nächstem Jahr sollen sie einen QR-Code erhalten, entweder im Smartphone oder – falls man die Gematik-App «E-Rezept» noch nicht nutzt – ausgedruckt. Der Zugriff auf die Digitalverschreibung über die App kann praktisch sein, etwa wenn man eine Videosprechstunde wahrgenommen hat und der Arzt danach kein Papierrezept per Post zuschicken muss. Ganz verschwinden werden die Papierrezepte aber nicht, zum Beispiel bei Hausbesuchen soll es sie weiterhin geben. Für privat Versicherte gilt das Digitalrezept nicht.

Einführung erst nach und nach

In anderen EU-Staaten, insgesamt 17, gibt es das E-Rezept schon, das von der Bevölkerung gut angenommen werde, so Gematik-Chef Markus Leyck Dieken. Er wies auch gleichzeitig darauf hin, dass das E-Rezept, selbst wenn es beim 1.1.2022 als Starttermin bleibe, erst nach und nach zur Verfügung stehen werde. Bis in de Arztpraxen und Apotheken überall die technische Ausstattung vorhanden ist, kann es also noch dauern.

BER des Gesundheitssystems

Ähnliches passierte auch bei der geplanten Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) zum 1.1.2006, die immer wieder verschoben wurde. Die eKG gelte manchen als „Berliner Flughafen des Gesundheitssystems“ (Sascha Lobo). Die gesetzliche Grundlage für den eigentlichen Zweck der eGK, nämlich die Einführung der „elektronischen Patientenakte“ wurde im Sommer 2021 festgelegt.
Das hat 15 Jahre gedauert.

Quellen: Haufe.de, Spiegel, wikipedia

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Digitalisierung des Gesundheitswesens

Der Bundesrat hat am 18. September 2020 das Patientendatenschutzgesetz gebilligt, das der Bundestag Anfang Juli verabschiedet hatte. Es dient der weiteren Digitalisierung des Gesundheitswesens.

Bereits nach geltendem Recht müssen die Krankenkassen den Versicherten ab 2021 eine elektronische Patientenakte anbieten.

Elektronische Patientenakte (ePA)

Die elektronische Patientenakte (ePA) ist das zentrale Element der vernetzten Gesundheitsversorgung und der Telematikinfrastruktur. Spätestens ab Januar 2021 müssen die gesetzlichen Krankenkassen ihren Versicherten eine solche ePA anbieten. Eingeführt wurde der Anspruch es durch das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) im § 291a SGB V. Folgende Informationen über einen Patienten können in der ePA gespeichert werden:

  • Befunde
  • Diagnosen
  • Therapiemaßnahmen
  • Behandlungsberichte
  • Impfungen

Damit ist eine fall- und einrichtungsübergreifende Dokumentation möglich. Die ePA unterstützt außerdem den Notfalldatensatz und den elektronischen Medikationsplan sowie elektronische Arztbriefe. Die ePA ersetzt nicht die Kommunikation unter den Ärzten oder zu anderen Einrichtungen des Gesundheitswesens.

Grundvoraussetzung dafür ist der Wunsch des Patienten zur Führung einer ePA, denn es handelt sich dabei um eine freiwillige Anwendung.

Ärzte müssen in die ePA eintragen

Durch den nun gebilligten Bundestagsbeschluss erhalten die Versicherten ab 2022 auch einen Anspruch darauf, dass Ärzte die Patientendaten darin eintragen. Dort lassen sich zum Beispiel Befunde, Arztberichte oder Röntgenbilder speichern, aber auch Angaben aus Impfausweis, Mutterpass, Vorsorgeuntersuchungen für Kinder im sogenannten U-Heft und Zahn-Bonusheft. Bei einem Wechsel der Krankenkasse können Versicherte ihre Daten aus der elektronischen Patientenakte übertragen lassen.

E-Rezept auf dem Handy

Patienten können künftig elektronische Rezepte auf ihr Smartphone laden und in einer Apotheke einlösen. Die dazu nötige App soll als Teil der Telematikinfrastruktur im Laufe des Jahres 2021 zur Verfügung stehen. Ab 2022 ist die elektronische Verordnung von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln in der Telematikinfrastruktur verpflichtend vorgegeben.

Elektronische Facharztüberweisung

Auch Überweisungen zu einem Facharzt lassen sich künftig elektronisch übermitteln. Ab 2022 sollen die Versicherten über ihr Smartphone oder Tablet für jedes in der Akte gespeicherte Dokument einzeln bestimmen können, wer darauf zugreifen darf. Personen ohne Smartphone können ihre elektronische Akte bei ihrer Krankenkasse einsehen.

Verwendung der Daten

Die Versicherten sollen dem Patientendatenschutzgesetz zufolge eigenverantwortlich über die Verwendung ihrer Gesundheitsdaten entscheiden: Die Nutzung der ePA bleibt freiwillig. Die Versicherten bestimmen, welche Daten gespeichert oder gelöscht werden. Sie entscheiden auch darüber, wer auf die Akte zugreifen kann. Die Patienten selbst können jederzeit auf ihre Daten zurückgreifen und diese einsehen.

Datenspende für Forschungszwecke

Ab 2023 können die Versicherten ihre Daten auch der Forschung freiwillig zur Verfügung stellen. Die Datensicherheit soll in der Telematikinfrastruktur jederzeit gewährleistet sein. So sind Ärzte, Kliniken und Apotheker für den Schutz der jeweils verarbeiteten Patientendaten verantwortlich, heißt es in der Gesetzesbegründung

Quellen: Bundesrat, Bundestag, Kassenärztliche Bundesvereinigung, FOKUS-Sozialrecht

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