PV-Beiträge für Rentner mit Kindern

Zum 1. Juli 2023 ändert sich die Höhe des Beitrages zur Pflegeversicherung. Das gilt auch für den Beitrag zur Pflegeversicherung für Rentnerinnen und Rentner. Für Versicherte ohne Kinder erhöht sich der Beitragssatz zum 1. Juli 2023 von bisher 3,4 auf 4,0 Prozent. Für Versicherte mit Kindern steigt er von bisher 3,05 Prozent auf 3,4 Prozent. Der Beitragssatz von 3,4 Prozent gilt auch für Rentner, die erwachsene Kinder haben (25 Jahre und älter). Ebenso für Rentner, die ein Kind haben, das noch keine 25 Jahre alt ist.

In allen diesen Fällen wurde im Juli schon die Rente mit den veränderten PV-Beiträgen überwiesen.

Rentenbescheid wirft Fragen auf

Rentner, die zwei oder mehr Kinder im Alter unter 25 Jahren haben, waren allerdings vermutlich über ihren letzten Rentenbescheid verwundert. Dort fanden sie unabhängig von der Anzahl ihrer Kinder einen einheitlichen PV-Beitrag von 3,4 Prozent. Der vom Gesetzgeber vorgeschriebene Abschlag von 0,25 Prozent pro Kind ab dem zweiten Kind findet nicht statt.

Keine Auskunft erhältlich

Eine Nachfrage bei der Deutschen Rentenversicherung Bund ist telefonisch fast unmöglich. Hat man nach viel Mühen die Hürden des Telefoncomputers soweit überwunden, dass man das erlösende: „Ich verbinde mit einem Mitarbeiter“ hört, fliegt man aus der Leitung. Eine schriftliche Nachfrage wurde zwar beantwortet, allerdings nur mit der lapidaren Feststellung, der PV-Beitrag betrage 3,4 Prozent.

Google hilft

Auf der Homepage der Deutschen Rentenversicherung kommt man auch nicht weiter. Erst über eine Suchmaschine mit der Eingabe: „Neuer Beitrag zur Pflegeversicherung“ führt zu einer gut versteckten Seite der Deutschen Rentenversicherung Bund.

Dort findet sich tatsächlich eine genaue Beschreibung der PV-Beiträge einschließlich der Ermäßigungen für Kinder. Und hier findet sich auch der Grund, warum, das ganze noch nicht umgesetzt ist.

Rückzahlung Mitte 2025

Die DRV wartet auf ein digitales Verfahren, dass es „voraussichtlich“ geben wird. Damit sollen dann die neuen Regelungen „schnell und effizient von den Verwaltungen umgesetzt werden“. Die Entwicklung brauche aber Zeit. Daher könne bis zum 30.6.2025 für Eltern zunächst der reguläre Beitragssatz von 3,4 % erhoben werden. „Abschlagsberechtigte“ hätten jedoch einen Anspruch auf Erstattung der zu viel gezahlten Beiträge. Da können sich die Rentner in knapp zwei Jahen auf eine Rückzahlung freuen.

Geburtsurkunden

Die Elternschaft und das Alter der Kinder muss allerdings nachgewiesen werden. Am besten mit den Kopien der Geburtsurkunden.

Quellen: DRV-Bund, FOKUS-Sozialrecht

Abbildung:  Fotolia_99094355_Subscription_XXL.jpg

PV-Beiträge: es wird kompliziert

Die von der Bundesregierung vorgelegte Pflegereform hat im Bundestag zu einer kontroversen Grundsatzdebatte über die langfristige Organisation und Finanzierung der sozialen Pflegeversicherung geführt. Es fand am Donnerstag die erste Lesung des Gesetzentwurfs statt.

Erhöhung des Beitragssatzes

Die Ampelkoalition will mit der Pflegereform die Pflegebedürftigen entlasten und die Einnahmen der sozialen Pflegeversicherung stabilisieren. Der Gesetzentwurf der Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP sieht  zum 1. Juli 2023 eine Anhebung des Pflegebeitrags um 0,35 Punkte auf 3,4 Prozent vor. Das soll Mehreinnahmen in Höhe von rund 6,6 Milliarden Euro pro Jahr bringen. Der Arbeitgeberanteil liegt paritätisch bei 1,7 Prozent. Die Bundesregierung soll außerdem dazu ermächtigt werden, den Beitragssatz künftig durch Rechtsverordnung festzusetzen, falls auf einen kurzfristigen Finanzierungsbedarf reagiert werden muss.

Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts

Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 7. April 2022 zugunsten einer besseren Berücksichtigung der Kinderzahl bei den Pflegebeiträgen wird der Beitragssatz nach der Zahl der Kinder weiter ausdifferenziert. Der Beitragszuschlag für Kinderlose soll von derzeit 0,35 auf 0,6 Beitragssatzpunkte steigen.

Lebenslange Berücksichtigung der Elterneigenschaft

Eltern zahlen dann generell 0,6 Beitragssatzpunkte weniger als Kinderlose. Bei kinderlosen Mitgliedern gilt ein Beitragssatz in Höhe von 4%. Bei Mitgliedern mit einem Kind gilt demgegenüber nur ein Beitragssatz von 3,4%.

Ab zwei Kindern wird der Beitrag während der Erziehungsphase bis zum 25. Lebensjahr um 0,25 Beitragssatzpunkte je Kind bis zum fünften Kind weiter abgesenkt.  Nach der jeweiligen Erziehungsphase entfällt der Abschlag wieder.

Es gelten somit folgende Beitragssätze:

Mitglieder ohne Kinder 4,00% (Arbeitnehmer-Anteil: 2,3%)
mit 1 Kind3,40% (lebenslang) (Arbeitnehmer-Anteil: 1,7%)
mit 2 Kindern3,15% (Arbeitnehmer-Anteil: 1,45%)
mit 3 Kindern2,90% (Arbeitnehmer-Anteil: 1,2%)
mit 4 Kindern 2,65% (Arbeitnehmer-Anteil 0,95%)
mit 5 und mehr Kindern2,40% (Arbeitnehmer-Anteil 0,7%)
Der Arbeitgeberanteil beträgt immer 1,7%.

Leistungsverbesserungen ab 2024

Die Verbesserungen beim Pflegegeld, bei den ambulanten Sachleistungsbeträgen und beim Pflegeunterstützungsgeld sollen ab 2024 gelten, ebenso wie die Erhöhung der Zuschläge an Pflegebedürftige in vollstationären Pflegeeinrichtungen.

Quelle: Bundesgesundheitsministerium

Abbildung: Fotolia_99094355_Subscription_XXL.jpg

Referentenentwurf Pflege

Der Referentenentwurf des Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) sieht höhere Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung noch im Jahr 2023 vor. So soll der gesetzliche Beitragssatz zum 1. Juli von derzeit 3,05 Prozent auf 3,4 Prozent steigen, der für Kinderlose von 3,4 auf 4,0 Prozent. Eltern mit mehr als einem Kind werden laut Entwurf weniger belastet: Ihr Beitrag würde ab dem zweiten Kind wieder um 0,15 Prozentpunkte pro Kind gesenkt, die Entlastung aber auf maximal 0,6 Prozentpunkte begrenzt. Damit setzt das Ministerium ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts um. 

Kein Steuerzuschuss

Wenn die Finanzierung der Pflegeversicherung gefährdet ist, will die Bundesregeierung die Beiträge zukünftig kurzfristig erhöhen können. Per Rechtsverordnung und ohne Zustimmung des Bundesrats. Ein dauerhafter Steuerzuschuss wie in der Krankenversicherung ist nicht vorgesehen.

Leistungserhöhungen

  • Das Pflegegeld steigt soll ab 2024 um fünf Prozent steigen.
  • 2025 und 2028 sollen die Geld- und Sachleistungen entsprechend der Preisentwicklung weiter angepasst werden.
  • Verhinderungs- und Kurzzeitpflege in der ambulanten Pflege sollen ab 2024 in einen Jahresbetrag zusammengeführt werden, den Pflegebedürftige für ihre Zwecke flexibel einsetzen dürften.
  • Arbeitnehmer, die wegen einer akut auftretenden Pflegesituation eines Angehörigen nicht arbeiten können, hätten künftig nicht nur pro Kalenderjahr insgesamt bis zu zehn Arbeitstage Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld, sondern je pflegebedürftiger Person.
  • Um Pflegebedürftige in Heimen zu entlasten, sollen 2024 die Zuschüsse zu den Eigenanteilen um fünf bis zehn Prozentpunkte steigen.

Modellvorhaben

Ein neu geschaffenes Förderbudget soll sicherstellen, dass Länder und Kommunen gemeinsam mit der Pflegeversicherung in Modellvorhaben investieren, um die Unterstützungsmaßnahmen und -strukturen für Pflegebedürftige zu erleichtern und den Zugang zu vorhandenen Hilfemöglichkeiten zu verbessern. Die Pflegeversicherung soll hierfür 50 Millionen Euro pro Jahr bereitstellen, wenn sich das jeweilige Bundesland beziehungsweise die jeweilige Kommune daran zur Hälfte beteiligt.

Digitalisierung

Ein Kompetenzzentrum Digitalisierung und Pflege soll Potenziale zur Stärkung der pflegerischen Versorgung sowohl für die Betroffenen als auch die Pflegenden heben. Das bereits laufende Förderprogramm für digitale und technische Anschaffungen in Pflegeeinrichtungen zur Entlastung des Pflegepersonals wird ausgebaut. Aus-, Fort- und Weiterbildungen zu digitalen Kompetenzen von Pflegebedürftigen und Pflegekräften in der Langzeitpflege sollen künftig auch förderfähig sein. Ambulante und stationäre Pflegeeinrichtungen sollen spätestens ab 1. Juli 2024 an die Telematikinfrastruktur angebunden sein sowie Zugriff auf die elektronische Patientenakte (ePA) bekommen.

Feststellung der Pflegebedürftigkeit

Das Verfahren zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit soll neu strukturiert und damit übersichtlicher werden. Um mehr Transparenz zu schaffen, sollen unter anderem die Landesverbände der Pflegekassen künftig ihre Landesrahmenverträge zur pflegerischen Versorgung veröffentlichen müssen.

Personalbemessungsverfahren

In der stationären Pflege soll die Umsetzung des Personalbemessungsverfahrens durch Vorgabe weiterer Ausbaustufen beschleunigt und das Förderprogramm von 100 Millionen Euro pro Jahr bis zum Ende des Jahrzehnts verlängert werden. Ziel ist es, insbesondere die Vereinbarkeit von Pflege, Familie und Beruf zu verbessern.

Kritik kommt prompt

Der Verband Deutscher Alten- und Behindertenhilfe e.V. hält den Gesetzentwurf für „ein politisches Armutszeugnis der Hilf- und Ratlosigkeit“. In seiner Stellungnahme schreibt der VDBA, statt einer grundlegenden Strukturreform setze der Entwurf auf marginale Erhöhung der Geldleistungen der Pflegeversicherung, die die bereits eingetretenen Kostensteigerungen nicht ansatzweise kompensierten. Letztlich werde der Gesetzentwurf nicht das bewirken, was der Name suggeriert. Professionelle Pflege werde nicht unterstützt und der Versicherte auch nicht nachhaltig entlastet.

Quellen: AOK, VDBA, Fokus-Sozialrecht

Abbildung: Fotolia_99094355_Subscription_XXL.jpg

Beiträge zur Pflegeversicherung

Jedem ist klar, dass die Beiträge zur Pflegeversicherung in Zukunft steigen werden. Vor allem, wenn die Pflegeversicherung weiter ausgebaut werden soll in Richtung Vollversicherung, wie es viele Sozialverbände seit langem fordern. Selbst wenn dabei der Staat aus Steuermitteln zuschießt, werden wir um einen höheren Pflegeversicherungsbeitrag nicht herumkommen.

Immerhin hat das Bundesverfassungsgericht jetzt entschieden, dass dabei nicht nur – wie bisher – der Umstand berücksichtigt werden muss, ob der Versicherte Kinder hat oder nicht, sondern auch, wie viele Kinder vorhanden sind.

es geht um wenige Euro

Der Unterschied in der Beitragshöhe zwischen Kinderlosen und Familien mit Kindern ist nicht sehr groß. Er beträgt bei einem Durchschnittseinkommen etwa 7 Euro im Monat. So wird es bei der Staffelung nach Anzahl der Kinder, die laut Gesundheitsminister bis Mitte 2023 umgesetzt werden wird, auch nur um geringe Euro-Beiträge gehen, letztlich für eine Familie mit mehr als einem Kind auch nur ein Tröpfchen auf dem heißen Stein. Oder eine halbe Pizza mehr im Monat.

Ableitungen aus Artikel 3

Das Bundesverfassungsgericht begründet seine Entscheidung mit dem „Belastungsgleichheitsgebot“ und mit dem „Differenzierungsgebot“, dass aus Artikel 3, Absatz 1 („Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“) abzuleiten sei.

Wirkten sich staatlich geforderten Abgaben, wie Beiträge zur Sozialversicherung innerhalb der Gruppe der Familien zu Lasten bestimmter Familienkonstellationen nachteilig aus, so müsse der Staat den besonderen Schutz beachten, den er der Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG schuldet.

Differenzierung im Sozialversicherungsrecht

Eine Gleichbehandlung für alle sei nur dann rechtens, wenn nach der Verhältnismäßigkeitsprüfung tatsächlich für alle eine gleiche relative Belastung erfolge. Eine daraus folgende differenzierende Regelung zugunsten von Benachteiligten sei dann möglich, das angestrebte Regelungsziel ohne Belastung Dritter oder der Allgemeinheit gleich wirksam erreicht werden kann. Im Sozialversicherungsrecht müsse eine Differnzierung eben dort festgelegt werden. Die sei beispielsweise in der Krankenversicherung durch die Familienversicherung der Fall.

Mehr Kinder – mehr Belastung

Bei der Pflegeversicherung reicht den Verfassungsrichtern aber nicht die einfache Differenzierung nach Kinder oder nicht Kinder. Hier führe die die von der Kinderzahl unabhängige gleiche Beitragsbelastung von Eltern zu einer verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigten Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem. Daraus folgt, dass es eine Differenzierung auch nach der Anzahl der Kinder geben muss.

Quelle: Bundesverfassungsgericht

Abbildung: Fotolia_99640829_Subscription_XXL.jpg

Unterschiedliche Pflegebeiträge verfassungsgemäß

Kinderlose Versicherte, die das 23. Lebensjahr vollendet hätten, zahlen seit 2005 einen Beitragszuschlag von 0,25 Prozentpunkten bei der sozialen Pflegeversicherung. Ausgenommen davon sind nur kinderlose Versicherte, die vor dem 1. Januar 1940 geboren wurden. Diese unterschiedliche Behandlung von Versicherten mit oder ohne Kinder ist nach Ansicht der Bundesregierung im Einklang mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz im Grundgesetz. Unterschiedliche Pflegebeiträge verfassungsgemäß weiterlesen