Auftrag an die neue Regierung: Kindergrundsicherung

Ein breites Bündnis von 22 zivilgesellschaftlichen Organisationen, Verbänden und Gewerkschaften, darunter DGB, Diakonie, Der Paritätische, AWO, Kinderschutzbund, Kinderhilfswerk und VDK, haben in einer gemeinsamen Erklärung zur Bundestagswahl die Parteien aufgefordert, der Bekämpfung von Kinderarmut in der nächsten Wahlperiode höchste Priorität einzuräumen und eine Kindergrundsicherung einzuführen.

Drei Millionen

Zur Zeit leben fast 3 Millionen Kinder und Jugendliche von staatlichen Leistungen zur Existenzsicherung, davon 1,6 Millionen, obwohl ihre Eltern erwerbstätig sind. Sie sind auf Leistungen nach SGB II und SGB XII angewiesen, auf Kindergrundsicherung, Wohngeld oder Asylbewerberleistungen unter 18 Jahre.

Auswirkungen auf Zukunftschancen

Das Fatale an der Kinderarmut ist, dass sie nicht nur Auswirkungen auf die gegenwärtige Lage der Kinder hat, sondern ihnen auch in hohem Maße die Zukunftschancen verbaut.

Bürokratische Hindernisse

Viele familienbezogene Leistungen erreichen ihr Ziel nicht. Sie sind aufgrund bürokratischer Hürden nicht einfach zugänglich und vielfach nicht ausreichend aufeinander abgestimmt. Deshalb werden viel zu viele Kinder und ihre Familien nicht erreicht, beispielsweise hat der Kinderzuschlag eine sehr hohe Nichtinanspruchnahme und bei Leistungen von sogenannten „Aufstocker*innen“ spricht die Bundesregierung selbst von einer Dunkelziffer von bis zu 50 Prozent.

Kindergeld – einfach, aber ungerecht

Relativ leicht zu bekommen ist einzig das Kindergeld. Hier profitieren allerdings Familien mit hohen Einkommen durch den Kinderfreibetrag deutlich stärker als Familien, die nur das Kindergeld erhalten – dieser Vorteil kann sich bis zum 18. Geburtstag eines Kindes auf bis zu 20.000 Euro summieren.

Umfassende Reform

Die unterzeichnenden Organisationen fordern deshalb eine umfassende Reform zur Bekämpfung von Kinderarmut. Die Kindergrundsicherung gehört in den nächsten
Koalitionsvertrag und muss als prioritäres Vorhaben in der kommenden Legislaturperiode umgesetzt werden.

Anforderungen an eine Kindergrundsicherung

Die Kindergrundsicherung muss so ausgestaltet sein,

  • dass sie eine eigenständige Leistung für jedes Kind ist.
  • Sie soll bestehende kinderbezogene Leistungen bündeln und Kindergeld, den steuerlichen Kinderfreibetrag, den Kinderzuschlag, die Hartz-IV-Leistungen für Kinder und Jugendliche und die pauschalen Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets ersetzen.
  • Die Basis für eine Kindergrundsicherung muss ein neu berechnetes kindliches
    Existenzminimum sein, dazu gehören die notwendigen Ausgaben für den Lebensunterhalt genauso wie für Bildung und soziale Teilhabe. Notwendig ist eine
    Leistungshöhe, die deutlich über den Hartz-IV-Sätzen für Kinder und Jugendliche liegt.
  • Sie muss sozial gerecht ausgestaltet sein und Kinder in allen Familienformen gleichermaßen erreichen. Die am stärksten von Armut betroffenen Familien müssen deutlich bessergestellt werden, mit steigendem Einkommen sinkt die Leistung langsam ab. Die Anrechnung von Einkommen muss so gestaltet werden, dass die Aufnahme oder die Ausweitung einer Erwerbstätigkeit ausreichend wertgeschätzt und honoriert wird. Schnittstellen zu anderen Leistungen, wie Unterhalt und Unterhaltsvorschuss müssen gut aufeinander abgestimmt sein.
  • Sie muss einfach, unbürokratisch und möglichst automatisch ausgezahlt werden, damit sie auch tatsächlich bei allen Kindern ankommt. Familien brauchen eine einzige Anlaufstelle vor Ort.

Soziale Infrastruktur

Flankierend zur Einführung einer Kindergrundsicherung muss eine bedarfsgerechte soziale Infrastruktur für Kinder und Jugendliche und ihre Familien aufgebaut werden.

Vorschläge gibt es schon

Die Neuberechnung des kindliches Existenzminimum ist dabei ein zentrales Element. Hier gibt es schon einige Vorschläge, beispielsweise vom DGB oder von den Grünen, die als Grundlage eines gesellschaftlichen Diskurses dienen können.

Quelle: Der Paritätische

Abbildung: Privat: Thomas Knoche

Kostenbeteiligung in der Jugendhilfe

Seit 10.6.2021 ist die Reform des SGB VIII in Kraft. Mit dem Kinder- und Jugendstärkungsgesetz wurde auch Kostenbeteiligung von jungen Menschen in Pflegefamilien und Einrichtungen der Erziehungshilfe reformiert.

  • Sie wurde von 75 Prozent auf 25 Prozent ihres Einkommens aus Schülerjobs, Praktika oder einer Ausbildung gesenkt.
  • Zudem wird ein Freibetrag von 150 Euro des Einkommens von der Kostenbeteiligung ausgenommen.
  • Einkommen aus kurzfristigen Ferienjobs und ehrenamtlicher Tätigkeit werden gänzlich freigestellt. 
  • Maßgeblich ist nun das Einkommen des Monats, in dem die Leistung oder die Maßnahme erbracht wird und nicht mehr das durchschnittliche Monatseinkommens des Vorjahres.

Kompliziert, aber sinnvoll

Kompliziert erscheint die Regelung, dass jeweils das Einkommens des Monats berücksichtigt werden muss, in dem die Leistung erbracht wird. Dies unterscheidet sich zu den Kostenbeteiligungsregelungen bei anderen Jugendhilfeleistungen, bei denen es beim durchschnittlichen Monatseinkommen des Vorjahres bleibt. Bei variierender Höhe des Einkommens bedeutet das von Monat zu Monat unterschiedliche Eigenbeteiligungen. Trotzdem sei diese Regelung sinnvoll, so der Gesetzgeber, weil junge Menschen jedoch eher ein unregelmäßiges Einkommen hätten, da sie häufig nur zeitweise (über einige Wochen oder Monate im Jahr) und/oder auch abwechselnden Tätigkeiten mit unterschiedlich hohen Einkommen
nachgingen. So müssten junge Menschen beispielsweise Teile ihres Einkommens nicht für ein Jahr zurücklegen, um dann dieses Einkommen als Kostenbeitrag abgeben zu können, wenn unklar ist, ob sie auch im folgenden Jahr ein vergleichbares Einkommen hätten.

Empfehlungen zur Umsetzung und rückwirkender Überprüfung

Nun gibt es Empfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter (BAG LJÄ) zu den neuen Regelungen des SGB VIII und zu Überprüfungsmöglichkeiten bestandkräftiger aber rechtswidriger Bescheide zur Kostenheranziehung junger Menschen vor der SGB VIII-Reform.

Empfehlungen zur Umsetzung

Empfehlungen zur Umsetzung der Neuregelungen an die Jugendämter hat nun die BAG LJÄ aktuell herausgebracht. Diese bietet eine Orientierung, wie die Jugendämter zukünftig die Kostenheranziehung handhaben werden. 

Überprüfung

Wer den Verdacht hat, er habe in der Vergangenheit zu viel an Eigenbeteiligung gezahlt, kann dies mit Hilfe des Bundesnetzwerkes Ombudschaft Kinder- und Jugendhilfe überprüfen lassen. Hier können Kostenheranziehungsbescheide rückwirkend auf die letzten vier Jahre überprüft werden. Im Zweifel ist das Jugendamt gezwungen, zu viel gezahlte Gelder an die jungen Menschen zurückzuzahlen. Rechtsgutachten sowie alle Informationen zur Kostenheranziehung und entsprechende Anleitungen zur Einleitung einer Überprüfung finden sich auf der Internetseite des Bundesnetzwerkes Ombudschaft Kinder- und Jugendhilfe.

Quellen: Bundestag, Paritätischer, Bundesnetzwerkes Ombudschaft Kinder- und Jugendhilfe, Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter

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Kraftfahrzeughilfe

Der Bemessungsbetrag für die Beschaffung eines Kraftfahrzeugs wurde mit dem Teilhabestärkungsgesetz seit 10.6.2021 von 9.500 Euro auf 22.000 Euro angehoben. In der Gesetzesbegründung zur Kraftfahrzeughilfe-Verordnung von 1987 heißt es zu der Höhe des Bemessungsbetrages: „Eine solche Summe reicht nach den derzeitigen Autopreisen für die Anschaffung eines Wagens der unteren Mittelklasse aus, der für Fahrten von und zum Arbeitsplatz geeignet und ausreichend erscheint.“ (BR Drucksache 266/87 S. 20). Die Neuwagenpreise sind seit 1987 jedoch erheblich gestiegen. Das Statistische Bundesamt geht von einem jährlichen Anstieg der Anschaffungskosten von über 3 Prozent aus. Dennoch wurde die Höhe nur einmal im Jahr 1990 angepasst. Daher soll mit der vorliegenden Änderung die Höhe des Bemessungsbetrags an die derzeitigen Autopreise für ein Fahrzeug der unteren Mittelklasse angepasst werden.

Ein höherer Zuschuss ist möglich, wenn wegen Art und Schwere der Behinderung ein größeres Fahrzeug erforderlich ist.

Einkommen ist maßgebend

Der Zuschuss richtet sich nach dem Einkommen. Dabei wird der volle Zuschuss von 22.000 EUR bei einem Einkommen bis 40% der Bezugsgröße gezahlt, bei einem Einkommen bis 75% der Bezugsgröße nur noch ein Zuschuss von 16% von 22.000 EUR, also 3.520 EUR. Da sich die Kfz-Hilfe-Verordnung bei der Bezugsgröße ausdrücklich nur auf Abs. 1 des § 18 SGB IV bezieht, gilt also nur die Bezugsröße West, egal wo der Antragsteller in Deutschland wohnt. Die monatliche Bezugsgröße West beträgt im Jahr 2021: 3.290 EUR. (Die Beträge werden auf jeweils 5 volle Euro aufgerundet.)

Höhe des Zuschusses

Einkommen bis Zuschuss
in % der Bez.Gr. in Euro
40% 1.320 EUR 22.000 EUR
45% 1.485 EUR 19.360 EUR
50% 1.645 EUR 16.720 EUR
55% 1.810 EUR 14.080 EUR
60% 1.975 EUR 11.440 EUR
65% 2.140 EUR 8.800 EUR
70% 2.305 EUR 6.160 EUR
75% 2.470 EUR 3.520 EUR

Von dem Einkommen des behinderten Menschen können für jeden von ihm unterhaltenen Familienangehörigen 395 EUR abgesetzt werden.

Behinderungsbedingte Zusatzausstattung

Für eine Zusatzausstattung, die wegen der Behinderung erforderlich ist, ihren Einbau, ihre technische Überprüfung und die Wiederherstellung ihrer technischen Funktionstätigkeit werden die Kosten in vollem Umfang übernommen. Dies gilt auch für eine Zusatzausstattung, die wegen der Behinderung eines Dritten erforderlich ist, der für den Behinderten das Kraftfahrzeug führt. Zuschüsse öffentlich-rechtlicher Stellen, auf die ein vorrangiger Anspruch besteht, müssen angerechnet werden.

Beispiele 

  • Herr S. ist behindert und benötigt ein Kraftfahrzeug, um zur Arbeit zu kommen. Er hat einen Monatsverdienst von 2.000 EUR. Somit wird ihm ein Zuschuss von 8.800 EUR zu seinem Neuwagen bewilligt.
  • Frau M. ist ebenfalls behindert und hat 3 Familienangehörige, die sie versorgen muss. Sie braucht, um zur Arbeit zu kommen, ebenfalls ein Auto. Ihr Einkommen beträgt 2.100 EUR.
 Einkommen2.100 EUR
Freibetrag (395 EUR × 3)1.185 EUR
=anrechenbares Einkommen915 EUR

Frau M. kann also einen Zuschuss in Höhe von 22.000 EUR erwarten.

Quellen: Bundestag, SOLEX

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Kinderwohngeld

Eine Sonderform des Wohngeldes ist das sogenannte Kinderwohngeld. Seine Auszahlung kommt lediglich dann in Betracht, wenn die Eltern Arbeitslosengeld II beziehen und das Kind eigenen Lebensunterhalt bezieht, wobei auch Kindergeld oder Unterhalt als Einkommen des Kindes zählen.

Ausschluss vom Wohngeld bei SGB II-Leistungen

Nach den gesetzlichen Bestimmungen sind Hartz-IV-Bezieher von Wohngeldzahlungen ausgeschlossen. Sie können aber dennoch für ihr Kind „Kinderwohngeld“ erhalten. Dieses wird dann gezahlt, wenn das Kind weitere Einkünfte wie Unterhalt und Kindergeld hat und diese so hoch sind, dass es zusammen mit dem gezahlten Wohngeld nicht mehr auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen ist. Das Kinderwohngeld wird dabei anteilig nach den im Haushalt lebenden Personen berechnet.

In der Regel lohnt sich Kinderwohngeld nicht…

In vielen Fällen lohnt sich aber die Beantragung von Kinderwohngeld nicht, weil die Bewilligung sofort zur Verringerung der Hartz-IV-Leistungen bei den Eltern oder dem Elternteil führt. Der über den Bedarf des Kindes hinausgehende Anteil des Kindergeld wird dann nämlich bei dem ALG II beziehenden Elternteil mindernd angerechnet.

…in diesem Fall aber schon

Warum sich es jetzt doch lohnen könnte, schnell Kinderwohngeld zu beantragen, darauf hat Sozialrecht-Justament aufmerksam gemacht. Dort wird anhand eines Beispiels erläutert, warum es sich lohnen kann, Kinderwohngeld zu beantragen.

Wenn das Kind durch den beispielsweise Bezug von Kindergeld und Unterhaltsgeld über so „hohe“ Einnahmen verfügt, dass es gar nicht zur Bedarfsgemeinschaft mit seinem Elternteil oder seinen Eltern dazugehört, also keine SGB II-Leistungen bezieht, hat es aktuell auch keinen Anspruch auf den Kinderfreizeitbonus.

Kinderfreizeitbonus

Der Kinderfreizeitbonus wurde im Rahmen des Aktionsprogramms der Bundesregierung „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ als weitere finanzielle Hilfe für bedürftige Familien beschlossen. Die Einmalzahlung in Höhe von 100 Euro sollen minderjährige Kinder und Jugendliche erhalten, um Angebote zur Ferien- und Freizeitgestaltung wahrnehmen und Versäumtes nachholen zu können. Die Einmalzahlung wird nicht auf Sozialleistungen angerechnet.

Nicht alle Familien erhalten den Kinderfreizeitbonus. Es gibt ihn für Kinder, die …

  • am 1. August 2021 noch nicht 18 Jahre alt sind und
  • für die Kindergeld oder eine vergleichbare Leistung bezogen wird.

Zusätzlich muss eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt sein: Die Familie bezieht für ihre Kinder …

  • Kinderzuschlag (KiZ),
  • Wohngeld (gegebenenfalls parallel zu KiZ),
  • Sozialhilfe nach Zwölften Sozialgesetzbuch (SGB XII),
  • Grundsicherung nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II) (gegebenenfalls parallel zu KiZ),
  • Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) oder
  • Leistungen im Rahmen der Ergänzenden Hilfe zum Lebensunterhalt im Sozialen Entschädigungsrecht nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). 

Noch im August beantragen

Wenn das Kind also keinen Anspruch auf Hartz IV- Leistungen hat und das Kindergeld zu seinen Einnahmen gezählt wird, hat es keinen Anspruch auf den Kinderfreizeitbonus. Es sei denn, es beantragt rechtzeitig, und zwar noch in diesem August Wohngeld.

Quellen: FOKUS-Sozialrecht, Sozialrecht-Justament

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Digitale Pflegeanwendungen

§ 40a SGB XI und § 64j SGB XII

Pflegebedürftige haben Anspruch auf Versorgung mit Anwendungen, die wesentlich auf digitalen Technologien beruhen (Digitale Pflegeanwendungen). Die Anwendungen müssen geeignet sein, die Pflege in der Häuslichkeit sowie die pflegerische Betreuung durch professionelle Pflege- und Betreuungskräfte oder pflegende Angehörige zu unterstützen. Das heißt, die Anwendungen sollen Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten des Pflegebedürftigen mindern und und einer Verschlimmerung der Pflegebedürftigkeit entgegenwirken.

Digitale Pflegeanwendungen sind vorrangig software- oder webbasierte Versorgungsangebote auf mobilen Endgeräten oder browserbasierte Webanwendungen. Sie sollen Pflegebedürftige und deren Angehörige – ggf. unter Beteiligung professioneller Pflegefachkräfte – in konkreten pflegerischen Situationen anleitend begleiten oder einen Beitrag zur Erhaltung der Selbstständigkeit des Pflegebedürftigen leisten.

Die Nutzung von Daten, die bei der Anwendung etwa von Alltagsgegenständen des täglichen Lebens wie Fitnessarmbänder oder Hilfsmittel zur Verfügung gestellt werden, fallen nicht unter den Leistungsanspruch.

Durch das Erfordernis, wonach digitale Pflegeanwendungen wesentlich auf digitalen Technologien beruhen müssen, werden umfangreiche Hardwareausstattungen von dem Anspruch ausgeschlossen.

Mögliche Anwendungen und Angebote

Aus der Gesetzesbegründung zu § 64j SGB XII

Hilfreich könnten Anwendungen zur Organisation und Bewältigung des pflegerischen Alltags sein, aber auch Angebote, die zur Bewältigung besonderer pflegerischer Situationen, etwa im Bereich der Erhaltung der Mobilität oder bei Demenz eingesetzt werden können.

Beispiel: Sturzprävention

Einige für die Pflege entwickelte digitale Anwendungen zielen direkt auf die Nutzung durch Pflegebedürftige ab wie beispielsweise die Stabilisierung bzw. Verbesserung des Gesundheitszustandes der pflegebedürftigen Person durch Übungen und Trainings. So ist etwa die Sturzprävention ein ganz wesentliches Element, um ältere Menschen in ihrer Autonomie zu stärken und diese darin zu unterstützen, länger in den eigenen vier Wänden zu verbleiben. Durch digitale Pflegeanwendungen kann die individuelle Sturzprävention unterstützt werden, etwa indem mit der Smartphone-Kamera der Gang des pflegebedürftigen Menschen aufgenommen wird, um KI-basierte Analysen und Anleitungen durchzuführen, die das Sturzrisiko minimieren können.

Beispiel: Demenzerkrankungen

Weiter können digitale Pflegeanwendungen Menschen mit einer Demenzerkrankung helfen, im Alltag auch im Zusammenspiel mit Angehörigen besser zu Recht zu kommen, therapeutische Maßnahmen per passgenauen Apps anzuleiten sowie passgenaue Informationen an die Hand zu geben und weitere Services anzubieten wie zum Beispiel personalisierte Gedächtnisspiele.

Beispiel: Dekubitus

Ein weiterer Anwendungsbereich digitaler Pflegeanwendungen kann die in der Pflege sehr relevante Versorgung von Dekubitus sein. Betroffen sind vor allem Menschen, die sehr schwach, gelähmt oder nicht bei Bewusstsein sind. Sie liegen oder sitzen oft sehr lange unbeweglich in einer Position. Mit Hilfe von digitalen Pflegeanwendungen können Pflegebedürftige und ihre Angehörigen unterstützt werden, Dekubitus besser vorzubeugen, zu erkennen und zu versorgen.

Austausch zwischen Pflegefachkräften und Angehörigen

Darüber hinaus können digitale Pflegeanwendungen auch dazu beitragen, den Austausch zwischen Pflegefachkräften und Angehörigen sowie den Pflegebedürftigen erheblich zu verbessern und diese passgenauer als andere Kommunikationsdienste auf den Pflegealltag auszurichten. Damit können Angehörige in ihrem Wunsch unterstützt werden, sich um ihre pflegebedürftigen Verwandten zu kümmern. Erfasst von dem Leistungsanspruch werden daher auch solche Anwendungen, die schwerpunktmäßig von pflegenden Angehörigen eingesetzt werden.

Anforderungen an eine Digitale Pflegeanwendung (DiPA)

§ 78a SGB XI

Eine DiPA muss ein Prüfverfahren beim BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) erfolgreich durchlaufen haben und in einem Verzeichnis erstattungsfähiger digitaler Gesundheitsanwendungen (DiPA-Verzeichnis) gelistet sein. Das DiPA-Verzeichnis soll ab 1.1.2022 auf der Webseite des BfArM zur Verfügung stehen.

Weitere notwendigen Eigenschften einer DiPA sind:

Die Hauptfunktion der DiPA beruht auf digitalen Technologien.
Der pflegerische Zweck wird wesentlich durch die digitale Hauptfunktion erreicht.
die Anforderungen an den Datenschutz sind erfüllt und die Datensicherheit nach dem Stand der Technik gewährleistet

Die Qualität einer digitalen Pflegeanwendung bemisst sich insbesondere nach folgenden Kriterien:

1.Barrierefreiheit,
2.altersgerechte Nutzbarkeit,
3.Robustheit,
4.Verbraucherschutz,
5.Qualität der pflegebezogenen Inhalte und
6.Unterstützung der Pflegebedürftigen, Angehörigen und zugelassenen ambulanten Pflegeeinrichtungen bei der Nutzung der digitalen Pflegeanwendung.

Ergänzende Unterstützung bei Nutzung von digitalen Pflegeanwendungen

§ 64k SGB XII

Pflegebedürftige haben bei der Nutzung digitaler Pflegeanwendungen Anspruch auf erforderliche ergänzende Unterstützungsleistungen durch zugelassene ambulante Pflegeeinrichtungen, wenn diese bei der Versorgung mit digitalen Pflegeanwendungen erforderlich ist. Unterstützungshandlungen durch ambulante Pflegedienste im Kontext der digitalen Pflegeanwendungen können den pflegerischen oder betreuerischen Nutzen der digitalen Pflegeanwendung für den Pflegebedürftigen sicherstellen, wenn dieser dies wünscht.

Einzelheiten zum Anspruch auf ergänzende Unterstützung legt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte im Rahmen des Aufnahmeverfahrens in das Pflegeanwendungs-Verzeichnis fest. Der Anspruch bezieht sich alleine auf die Versorgung mit digitalen Pflegeanwendungen nach § 64j. Finanziert werden ausschließlich spezifische Begleitleistungen. Pflegehilfsmittel sind hiervon nicht erfasst.

Quellen: Bundestag, SOLEX

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Digitale Gesundheitsanwendungen

§ 33a SGB V und § 47a SGB IX

SGB V

Versicherte haben Anspruch auf Digitale Gesundheitsanwendungen (abgekürzt DiGA), deren Hauptfunktion wesentlich auf digitalen Technologien beruht und die dazu bestimmt sind, bei den Versicherten oder in der Versorgung durch Leistungserbringer die Erkennung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten oder die Erkennung, Behandlung, Linderung oder Kompensierung von Verletzungen oder Behinderungen zu unterstützen.

SGB IX

Im Bereich der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation des SGB IX besteht Anspruch auf eine DiGA, wenn diese unter Berücksichtigung des Einzelfalles erforderlich ist, um

1.einer drohenden Behinderung vorzubeugen,
2.den Erfolg einer Heilbehandlung zu sichern oder
3.eine Behinderung bei der Befriedigung von Grundbedürfnissen des täglichen Lebens auszugleichen, sofern die digitalen Gesundheitsanwendungen nicht die Funktion von allgemeinen Gebrauchsgegenständen des täglichen Lebens übernehmen.

Verzeichnis beim BfArM

Der Anspruch umfasst nur solche digitalen Gesundheitsanwendungen, die

1.vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in das Verzeichnis für digitale Gesundheitsanwendungen nach § 139e SGB V aufgenommen wurden und
2.entweder nach Verordnung des behandelnden Arztes oder des behandelnden Psychotherapeuten oder mit Genehmigung der Krankenkasse angewendet werden.

Wählen Leistungsberechtigte digitale Gesundheitsanwendungen, deren Funktion oder Anwendungsbereich über die Funktion und den Anwendungsbereich einer vergleichbaren in das Verzeichnis für digitale Gesundheitsanwendungen nach § 139e SGB V aufgenommenen digitalen Gesundheitsanwendung hinausgehen, so haben sie die Mehrkosten selbst zu tragen.

Anforderungen an eine Digitale Gesundheitsanwendung

§ 139e SGB V

Als Digitale Gesundheitsanwendungen werden Medizinprodukte mit gesundheitsbezogener Zweckbestimmung bezeichnet, deren Hauptfunktion wesentlich auf digitalen Technologien beruht (z. B. „Gesundheits-Apps“) und die von den Krankenkassen erstattet werden.

Sie eröffnen vielfältige Möglichkeiten, um bei der Erkennung und Behandlung von Krankheiten sowie auf dem Weg zu einer selbstbestimmten gesundheitsförderlichen Lebensführung zu unterstützen.

Eine DiGA muss ein Prüfverfahren beim BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) erfolgreich durchlaufen haben und in einem Verzeichnis erstattungsfähiger digitaler Gesundheitsanwendungen (DiGA-Verzeichnis) gelistet sein. Das DiGA-Verzeichnis steht auf der Webseite des BfArM zur Verfügung (DiGA-Verzeichnis).

Notwendige Eigenschaften

Weitere notwendigen Eigenschaften einer DiGA sind:

Die Hauptfunktion der DiGA beruht auf digitalen Technologien.
Der medizinische Zweck wird wesentlich durch die digitale Hauptfunktion erreicht.
Die DiGA unterstützt die Erkennung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten oder die Erkennung, Behandlung, Linderung oder Kompensierung von Verletzungen oder Behinderungen.
Die DiGA wird vom Patienten oder von Leistungserbringer und Patient gemeinsam genutzt.

Die DiGA muss ein Medizinprodukt der Risikoklasse I oder IIa nach MDR (Medical Device Regulation) sein. Medizinprodukte mit Ausnahme der In-vitro-Diagnostika werden Risiko-Klassen zugeordnet. Die Klassifizierung erfolgt nach den Klassifizierungsregeln des Anhangs VIII der Richtlinie (EU) 2017/745 (Medical Device Regulation, MDR). Die Produkte werden dabei in die vier Klassen I, IIa, IIb und III unterteilt.

Abgrenzung zwischen Digitaler Gesundheitsanwendung und Wellness-Apps

Bei der Abgrenzung von Medizinprodukten wird eine Aussage darüber getroffen, ob es sich um ein Medizinprodukt oder um ein Produkt eines anderen Rechtsbereiches (z. B. Arzneimittel, Kosmetikum) handelt. Die Abgrenzung nimmt der Hersteller anhand der von ihm festgelegten Zweckbestimmung vor. Die Zweckbestimmung ist die Verwendung, für die das Medizinprodukt in der Kennzeichnung, der Gebrauchsanweisung oder den Werbematerialien nach den Angaben des Herstellers bestimmt ist.

Ausschlaggebend bei der Abgrenzung von Medizinprodukten zu beispielsweise Fitness- oder Wellnessprodukten ist die medizinische oder nicht-medizinische Zweckbestimmung. Diese wird vom Hersteller des Produkts definiert. Bei Software bzw. Apps für reine Sportzwecke, Fitness, Wellness oder Ernährung ohne eine vom Hersteller beanspruchte medizinische Zweckbestimmung kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass es sich nicht um Medizinprodukte handelt.

Quellen: Bundestag, SOLEX

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Sozialbericht 2021

Mit dem Sozialbericht 2021, der am 4.8.2021 vom Bundeskabinett beschlossen wurde, dokumentiert die Bundesregierung Umfang und Bedeutung der sozialstaatlichen Leistungen und die in diesem Kontext ergriffenen Reformen in der 19. Legislaturperiode. Er besteht aus zwei Teilen:

Teil A

Teil A gibt einen umfassenden Überblick über Maßnahmen und Vorhaben der Gesellschafts- und Sozialpolitik. Zudem werden die Maßnahmen der Bundesregierung zur Bewältigung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie dargestellt. 

Teil B

Teil B widmet sich dem Sozialbudget, mit dem die Bundesregierung in regelmäßigen Abständen über Umfang, Struktur und Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben der einzelnen Zweige der sozialen Sicherung in Deutschland informiert. Dabei wird die ansonsten übliche jährliche tabellarische Berichterstattung des Sozialbudgets durch eine ausführliche Beschreibung der einzelnen Sicherungssysteme ersetzt und durch eine Vorausschau auf die künftige mittelfristige Entwicklung der Sozialleistungen ergänzt.

Zentrale Ergebnisse

  • Der Umfang der Sozialleistungen ist deutlich gestiegen: Insgesamt wurden 1,1 Billionen Euro für Sozialleistungen ausgegeben.
  • Die größten Ausgabensteigerungen entfallen mit 28,2 Milliarden Euro auf die Arbeitslosenversicherung. Mit dem Instrument der Kurzarbeit wurde der Arbeitsmarkt während der Pandemie massiv gestützt: Entlassungen konnten so vermieden und Einkommenseinbußen abgefedert werden.
  • Auch die Rentenversicherung (+ rund 13,5 Milliarden Euro), die Krankenversicherung (+ rund 9,9 Milliarden Euro) und die Pflegeversicherung (+ rund 5 Milliarden Euro) trugen zur sozialen Absicherung wesentlich bei.
  • Der Sozialbericht gibt ergänzend einen Ausblick auf die kommenden Jahre, auch wenn Vorausberechnungen pandemiebedingt unsicher sind. Demnach ist mit einem deutlichen Rückgang der Sozialleistungsquote erst im Jahr 2022 zu rechnen.

355 Seiten

Der Sozialbericht hat einen Umfang von 355 Seiten. Die einzelnen Themenbereiche sind

  1. Maßnahmen der Bundesregierung zur Bewältigung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie
  2. Arbeitsmarkt- und Ausbildungspolitik
  3. Soziale Teilhabe: Grundsicherung für Arbeitsuchende und Sozialhilfe
  4. Arbeitsschutz, Werkverträge und Leiharbeit
  5. Migration und Integration
  6. Alterssicherung
  7. Gesundheit, Prävention, Rehabilitation
  8. Pflege
  9. Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen
  10. Familien-, Kinder-, Jugend- und Seniorenpolitik
  11. Gleichstellungspolitik
  12. Weitere Bereiche der sozialen Sicherung:
    – Gesetzliche Unfallversicherung,
    – Landwirtschaftliche Sozialpolitik,
    – Künstlersozialversicherung,
    – Soziale Entschädigung,
    – Sozialgerichtsbarkeit,
    – Soziale Aspekte der Steuer-und Finanzpolitik,
    – Soziale Aspekte der Wohnungs- und Städtebaupolitik
  13. Europäische und internationale Beschäftigungs-, Sozial- und Gesundheitspolitik

Struktur

Jedes Kapitel, ausgenommen Nr. 1, ist unterteilt in 4 Bereiche:

  • Ziele und Aufgaben
  • Ausgangslage
  • Das Wichtigste in Kürze
  • Tabellarische Übersicht

Unter „Ziele und Aufgaben“ werden die Leitlinien bzw. die wichtigsten Grundzüge der Politik der noch laufenden Legislaturperiode in dem entsprechenden Bereich dargestellt, aber auch anzustrebende Ziele für die Zukunft benannt. Unter „Ausgangslage“ werden relevante Entwicklungen und Herausforderungen aufgezeigt, beispielsweise aktuelle Daten über Art und Umfang von Leistungen oder die Anzahl von Leistungsempfängern. Der Kasten „Das Wichtigste in Kürze“ stellt besonders wichtige Maßnahmen und Reformen sowie deren Wirkungen dar.

In der „Tabellarischen Übersicht“ werden die einzelnen gesetzgeberischen Maßnahmen, die jeweilige Quelle mit einer kurzen Beschreibung, die erwartete Wirkung und Zielsetzung sowie der Status, bzw. der Zeitplan nebeneinandergestellt. Das bietet einen gute Überblick über alle Gesetzgebungsvorgänge der vergangenen vier Jahre.

Sozialbudget

Mit dem Sozialbudget informiert die Bundesregierung jährlich über die erbrachten Sozialleistungen und ihre Finanzierung. Betrachtet werden alle Leistungen öffentlicher und privater Stellen, die beim Eintreten bestimmter sozialer Tatbestände, Risiken oder Bedürfnisse auf individueller Basis oder auf Haushaltsebene erbracht werden. Sozialleistungen können sowohl Einkommensleistungen sein, etwa als Ersatz für den vorübergehenden oder dauerhaften Verlust des Arbeitseinkommens, als auch Sachleistungen. Die Zuwendung erfolgt dabei aufgrund von gesetzlichen, satzungsmäßigen oder tarifvertraglichen bzw. freiwilligen Regelungen.

Modellrechnungen für die Zukunft

Im Rahmen des zum Ende einer Legislaturperiode erstellten Sozialberichts dokumentiert das Sozialbudget nicht nur die Entwicklung der sozialen Sicherung in der Vergangenheit, sondern auch die erwarteten Einnahmen und Ausgaben der Sicherungssysteme im Rahmen von mittelfristigen Vorausberechnungen. Bei der Interpretation dieser Ergebnisse ist zu beachten, dass es sich dabei nicht um Prognosen, sondern um Modellrechnungen handelt.

Quelle: Bundesregierung, BMAS

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Übergangspflege im Krankenhaus

Durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung – GVWG vom 11.07.2021 wird ein neuer Anspruch auf eine bis zu zehntägige Übergangspflege im Krankenhaus eingeführt. Sie kann genutzt werden, falls im Anschluss an eine Krankenhausversorgung eine Pflege im eigenen Haushalt oder einer Kurzzeitpflege nicht oder nur unter erheblichem Aufwand sichergestellt werden kann.

Erheblicher Aufwand wäre zum Beispiel, wenn ein Kurzzeitpflegeplatz nur in großer Entfernung zur Verfügung stünde.

Pflegebedürftigkeit ist keine Voraussetzung

Die Leistung kann nur in dem Krankenhaus erbracht werden, in dem die oder der Versicherte zuvor behandelt worden ist. Sie ist unabhängig davon, ob eine Pflegebedürftigkeit nach dem Elften Buch besteht.

Leistungen

Die Übergangspflege im Krankenhaus umfasst sektorenübergreifend im Einzelfall erforderliche

  • ärztliche Behandlung,
  • Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln,
  • die Aktivierung der Versicherten,
  • Grund- und Behandlungspflege,
  • ein Entlassmanagement sowie
  • Unterkunft und Verpflegung.

Längstens zehn Tage

Die Übergangspflege hat die Aufgabe, die in Aussicht genommene ambulante oder stationäre Versorgung vorzubereiten, zu unterstützen und zu fördern. Ein Anspruch auf Übergangspflege im Krankenhaus besteht für längstens zehn Tage je Krankenhausbehandlung.

Nachprüfbare Dokumentation

Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Übergangspflege muss von den Krankenhäusern im Einzelnen nachprüfbar dokumentiert werden. Im Rahmen des Entlassmanagements ist zu prüfen und zu dokumentieren, dass bestimmter Nachsorgebedarf besteht und kein entsprechender Leistungserbringer zur Verfügung steht oder die Versorgung anderweitig nicht gesichert werden kann.

Um einheitliche Regeln und Nachprüfbarkeit bei der Dokumentation zu gewährleisten, sollen darüber der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, der Verband der privaten Krankenversicherung und die Deutsche Krankenhausgesellschaft bis zum 31.10.2021 eine verbindliche Einigung erzielen.

Zuzahlung

Die Zuzahlungen, die von Versicherten nach Vollendung des 18. Lebensjahres zu
entrichten sind, betragen wie bei einem „gewöhnlichen“ Krankenhausaufenthalt 10 Euro pro Tag, höchstens für 28 Tage im Jahr. Wenn also jemand schon 25 Tage Krankenhausaufenthalt hinter sich hat, braucht er bei einem 10-tägigen Aufenthalt wegen Übergangspflege nur noch für drei Tage Zuzahlung leisten.

Quelle: Bundestag, Bundesrat

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Arbeitsschutzstandard Pflege

Wegen der Corona-Pandemie gelten weiterhin besondere Auflagen für ambulante Pflege sowie für stationäre Alten- und Pflegeheime und Einrichtungen zur Betreuung von Menschen mit Beeinträchtigungen und Behinderungen. Damit sich niemand mit dem Coronavirus ansteckt, hat die BGW den Arbeitsschutzstandard für die Pflege weiterentwickelt: Es gilt nun ein gemeinsamer Standard sowohl für ambulante Pflege- und Betreuungsleistungen als auch für stationäre Pflege. 

Wesentliche Punkte

Der Standard ist an die Neufassung der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung (Corona-ArbSchV) angepasst. Hervorzuheben sind folgende Punkte:

  • Verpflichtung zur Überprüfung und bei Bedarf Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung sowie des betrieblichen Hygienekonzepts besteht weiter fort.
  • Maßnahmen wie die Kontaktreduzierung, die Testangebotspflicht, AHA-L-Regel sowie sonstige Arbeitsschutzmaßnahmen sind weiterhin umzusetzen.
  • Eine strikte Vorgabe zur Mindestfläche von 10 m² pro Person ist nicht mehr enthalten. Betriebsbedingte Kontakte und die gleichzeitige Nutzung von Räumen (auch in Pausenzeiten) durch mehrere Personen müssen aber auf das notwendige Minimum reduziert bleiben.
  • Es können Ausnahmen von der Testangebotspflicht für vollständig geimpfte bzw. von einer COVID-19-Erkrankung genesene Beschäftigte bestehen.

Richtschnur

Der Branchenstandard ist eine Richtschnur zur Auslegung des Arbeitsschutzgesetzes. Er zeigt, wie die betreffenden Arbeitsschutzvorschriften in der ambulanten Pflege, in Alten- und Pflegeheimen sowie in Einrichtungen für die Betreuung von Menschen mit Beeinträchtigungen und Behinderungen umgesetzt werden. Darüber hinaus bieten die hier beschriebenen Maßnahmen Orientierung, um ein betriebliches Hygienekonzept zu erstellen. Zugleich orientiert sich die Beratung und Überwachung der BGW an diesem Standard.

Der branchenspezifische SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard gilt auch für Tätigkeiten, die der Biostoffverordnung (einschließlich Technischer Regeln für biologische Arbeitsstoffe (TRBA), Empfehlungen oder Beschlüsse) unterliegen, sofern dort keine strengeren Regelungen zum Schutz der Beschäftigten bestehen. Darüber hinaus gelten die Technischen Regeln für biologische Arbeitsstoffe uneingeschränkt.

Andere Lösungen können bei abweichenden Rechtsvorschriften der Bundesländer oder des Bundes zum Schutz der Beschäftigten vorrangig in Betracht kommen. Empfehlungen des Robert Koch-Instituts (RKI) sind zu berücksichtigen.

Dieser Standard gilt ebenfalls für die spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) und für die spezialisierte ambulante pädiatrische Palliativversorgung (SAPPV).

Quelle: BGW: SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard für die ambulante Pflege, Alten- und Pflegeheime sowie Einrichtungen für die Betreuung von Menschen mit Beeinträchtigungen und Behinderungen

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Testpflicht für Urlauber

Ab dem 1. August 2021 gilt eine Testpflicht für Reiserückkehrer. Dazu wurde kurzfristig die Einreiseverordnung geändert. Die Bundesregierung beruft sich dabei auf die Verordnungsermächtigung nach § 36 Absatz 8 Satz 1 und Absatz 10 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes.

Was ist neu?

Bislang gilt die Testpflicht schon für die Einreise mit dem Flugzeug aus jedem anderen Land. Ab Sonntag gilt sie auch für Reisen mit der Bahn, im Bus, auf dem Schiff und im Individualverkehr.

Nun müssen alle Personen ab 12 Jahren bei ihrer Einreise in die Bundesrepublik Deutschland einen aktuellen Testnachweis vorlegen, es sei denn, sie sind geimpft oder genesen. 

Hochrisikogebiete

Zugleich werden die Einreiseregeln vereinfacht, indem die Kategorie der „einfachen“ Risikogebiete entfällt. Es gelten künftig nur noch zwei Kategorien: Die bisherigen Hochinzidenzgebiete werden zu Hochrisikogebieten. Als Virusvariantengebiete gelten weiterhin Länder und Regionen, in denen besonders gefährliche Virusvarianten nachgewiesen sind. Das sind insbesondere solche Varianten, gegen die in Deutschland  eingesetzte Impfstoffe keinen oder nur einen eingeschränkten Schutz bieten. Welche Staaten und Regionen derzeit als Hochrisikogebiet gelten, kann man beim Robert-Koch-Institut nachlesen.

Virusvariantengebiete

Die Regelungen für Virusvariantengebiete bleiben unverändert. Allerdings wird ein Virusvariantengebiet nur dann als solches ausgewiesen, wenn es besonders gefährliche Virusvarianten in diesem Gebiet gibt. Das sind insbesondere solche Virusvarianten, gegen die bestimmte in der Europäischen Union zugelassene Impfstoffe oder eine vorherige Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 keinen oder nur einen eingeschränkten Schutz bieten oder die andere ähnlich schwerwiegende Eigenschaften aufweisen, weil sie z. B. schwerere Krankheitsverläufe oder eine erhöhte Mortalität verursachen.

Für diese Gebiete bleiben die strengen Regeln bestehen. Es gilt das Beförderungsverbot aus Virusvariantengebieten. Personen, die nach Voraufenthalt in einem Virusvariantengebiete einreisen (z. B. Personen mit Wohnsitz und Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland, die vom Beförderungsverbot ausgenommen sind), müssen über einen Testnachweis verfügen, sich über die digitale Einreiseanmeldung registrieren und sich in der Regel für 14 Tage absondern.

Zurzeit gelten nur Uruguay und Brasilien als Virusvariantengebiet.

Welche Tests gelten?

Alle Einreisenden müssen entweder einen Nachweis erbringen, dass sie geimpft oder genesen sind. Oder sie müssen ein negatives Testergebnis vorweisen können. Bei Antigentests darf es maximal 48 Stunden alt sein, bei PCR-Tests 72 Stunden. Bei Einreise aus einem Virusvariantengebieten muss ein Testnachweis vorgelegt werden (72 h PCR-Test, Antigentest hier nur 24 h).

Kosten

Der Test muss vor Einreise erfolgen. Wenn es im Reiseland keine kostenlosen Tests gibt, müssen Einreisende die Kosten also selbst tragen.

Kinder

Kinder unter 12 Jahren benötigen bei der Einreise keinen Nachweis – die Nachweispflicht gilt erst für Personen ab 12 Jahre.

Nach Voraufenthalt in einem Hochrisiko- oder Virusvariantengebiet müssen sich Kinder jeglichen Alters – wie bislang – in Quarantäne begeben. Es gelten dieselben Regeln wie für Erwachsene.

Personen unter 12 Jahren werden bei Voraufenthalt in einem Hochrisikogebiet 5 Tage nach der Einreise automatisch von der Quarantäne befreit. Bislang war hierfür ein Testnachweis oder Genesenennachweis nötig.

Ausnahmen

Ausnahmen von der Nachweispflicht sind z. B. für Grenzpendler und Grenzgänger (Personen, die aus beruflichen Gründen, zu Studien- oder Ausbildungszwecken regelmäßig eine Grenze überqueren) sowie Tagespendler (die sich weniger als 24 Stunden in Deutschland aufhalten bzw. nach  weniger als 24 Stunden wieder in Deutschland einreisen) vorgesehen. Grenzgänger, Grenzpendler und Tagespendler müssen bei Einreise aus einem Hochrisikogebiet oder Virusvariantengebiet allerdings über einen Nachweis verfügen. Personen, die keinen Impfnachweis oder Genesenennachweis haben, benötigen einen Testnachweis lediglich zweimal pro Woche. Für Einreisen per Flugzeug gelten diese Ausnahmen nicht.

Mehr Informationen

Beim Bundesgesundheitsministerium gibt es zu den neuen Regelungen eine „Frage und Antwort„-Seite, sowie eine Kurzübersicht über die neuen Regelungen.

Quellen, BMG, RKI

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