SGB XII- und SGB XIV-Anpassungsgesetz

Im Rahmen des Bürgergeldgesetzes vom 16. Dezember 2022 wurden nicht alle Änderungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) bei der Berücksichtigung von Einkommen auf das SGB XII übertragen. Einige der unterbliebenen Angleichungen sollen mit diesem Gesetz nachgeholt werden.

Der vorliegende Gesetzentwurf beinhaltet begrenzte Änderungen in den Sozialgesetzbüchern II, XII, IX, XIV, dem Bundesversorgungsgesetz, dem sozialen Entschädigungsrecht sowie dem Soldatenversorgungsrecht. Der Gesetzentwurf strebt allerdings keine weitreichenden inhaltlichen Änderungen an.

Geringfügige Einkünfte von unter 25jährigen

Um die Regelungen im § 82 SGB XII (Einkommensbegriff) mit dem SGB II gleichzustellen, wird in Abs.1 Nr.7 der bisher geltende Betrag in Höhe von 520 Euro durch eine dynamische Verweisung auf § 8 Absatz 1a SGB IV (Gerindfügigkeitsgrenze) ersetzt. Dies stellt sicher, dass künftige Anhebungen der Geringfügigkeitsgrenze auch bei den anrechnungsfreien Beträgen nachvollzogen werden.

Zudem wird klargestellt, dass sich der Betrag nur auf Einnahmen aus Erwerbstätigkeit bezieht. Die Regelung wird zudem auf Personen beschränkt, die das 15., aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben.

Zusätzlich geregelt wird festgelegt, dass Einnahmen aus Erwerbstätigkeit dann kein Einkommen sind, wenn diese auch nach dem Besuch allgemeinbildender Schulen bis zum Ablauf des dritten auf das Ende der Schulausbildung folgenden Monats erworben worden sind.

Ebenso werden Personen unter 25 Jahren, die einen Freiwilligendienst nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder dem Jugendfreiwilligendienstegesetz absolvieren, unter die Regelung gefasst. Zudem soll klargestellt werden, dass das gezahlte Taschengeld für Freiwilligendienste nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz beziehungsweise Jugendfreiwilligendienstegesetz als Einkommen aus Erwerbstätigkeit gilt. Damit soll sichergestellt werden, dass das
Taschengeld in Höhe des Betrages nach § 8 Absatz 1a des SGB IV zum Einkommen gehört.

Einmalige Einnahmen

Änderung von § 82 Absatz 7. Einnahmen werden zukünftig wie beim Bürgergeld im Zuflussmonat berücksichtigt. Bedarfsübersteigende Beträge werden dem Vermögen zugeschlagen. Die bislang für einmalige Zahlungen geltende Aufteilung auf sechs Monate erfolgt mit der Neuregelung nur noch in Fällen einer Nachzahlung.

Weitergehender Reformbedarf

Der Paritätische Gesamtverband weist auf weitergehenden Reformbedarf im SGB XII hin. Dieser Reformbedarf ergibt sich vor allem aus grundlegenden Defiziten der Grundsicherung in Bezug auf die angemessene Bedarfsdeckung und aus den weiterhin bestehenden zentralen Unterschieden zwischen den Regelungen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) gegenüber der Sozialhilfe (SGB XII). Die vielfach gegebene Schlechterstellung der Bedingungen im SGB XII – d.h. vor allem ältere und erwerbsgeminderte hilfebedüftige Menschen sind betroffen – gegenüber dem SGB II lässt sich mit dem zentralen Unterscheidungsmerkmal „erwerbsfähig / nicht-erwerbsfähig“ nicht rechtfertigen. Die Schlechterstellung im SGB XII wird daher vielfach von den Betroffenen als diskriminierend empfunden. Der Paritätische fordert die Bundesregierung daher zu einer grundlegenden Reform des SGB XII auf. 

Unterschiede SGB II / SGB XII

In einer Vielzahl von Regelungen gibt es Nachteile der SGB XII – Leistungsberechtigten gegenüber den Leistungsberechtigten nach dem SGB II.

SGB IISGB XII
Schonvermögen15.000 EUR10.000 EUR
Angemessenes Kfz15.000 EUR10.000 EUR
Geschontes selbstgenutztes Eigentum
für ein und zwei Personen:
SGB II: 130/140 m²80/90 m²
Freibetrag aus Erwerbseinkommen bei
100 EUR
100 EUR33,64 EUR
Einkünfte in Geldeswertanrechnungsfreianzurechnen
Zeitraum zur Antragsstellung einer
Heizkostennachzahlung und
Bevorratungskosten für
Nichtleistungsbeziehende
drei Monateein Monat

Ausführlich beschrieben werden die Unterschiede in einer Stellungnahme des Vereins Tacheles e.V. Gleichzeitig werden die geplanten Änderungen des Gestzentwurfs kommentiert und gesetzestaugliche Vorschläge zur Verbesserung des SGB XII gemacht.

Quellen: Tacheles e.V., Paritätischer Gesamtverband, Bundesregierung

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Bundesrat unzufrieden mit der Pflegereform

In seiner Stellungnahme zum PUEG (Pflegeunterstützungs- und Entlastungsgesetz) erheben die Länder eine Reihe von Forderungen. So verlangen sie unter anderem, dass der Bund künftig Zuschüsse zum Ausgleichsfonds der sozialen Pflegeversicherung leistet.

Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt

Zudem bittet der Bundesrat darum, dass der Bund die Leistungsausgaben bzw. Beitragszahlungen für die beitragsfreie Familienversicherung und die Beitragsfreiheit bei Mutterschafts- und Elterngeldbezug regelmäßig quantifiziert und in dieser Höhe jährlich als finanziellen Zuschuss aus dem Bundeshaushalt dem Ausgleichsfonds zuführt.

Auch die Leistungsausgaben für Rentenversicherungsbeiträge für häusliche Pflegepersonen sowie für das Pflegeunterstützungsgeld sollen durch Bundesmittel finanziert werden. Die Länderkammer fordert schließlich auch, die Pflegehilfsmittelpauschale zu erhöhen.

Subsidiaritätsprinzip

Nach § 11 Abs. 2 Satz 3 dürfen öffentliche Träger Leistungen nach dem SGB XI nur erbringen, wenn freigemeinnützige oder private Träger nicht tätig werden. Dies will die Länderkammer ändern.

In den vergangenen Jahren hat der Anteil der privaten Einrichtungen an der Versorgung deutlich zugenommen. Die Anzahl und damit die Vielfalt der dahinterstehenden Träger hat hingegen abgenommen und weist auf eine Konsolidierung zugunsten weniger, dafür umso größerer Pflegeunternehmen in Konzernstrukturen hin. Diese Entwicklung ist geeignet, den Wettbewerb und damit die Preisentwicklung zulasten der Pflegebedürftigen und der Träger der Hilfe zur Pflege zu beeinträchtigen. Den öffentlichen Trägern soll die Möglichkeit gegeben werden, sich aktiv beim Ausbau und der Weiterentwicklung der notwendigen pflegerischen Versorgungsstrukturen vor Ort einzubringen.

PUEG auf FOKUS-Sozialrecht

Über die geplante Pflegereform berichteten wir hier schon am 11. April und am 27. April.

Weiteres Verfahren

Die Stellungnahme des Bundesrates wurde der Bundesregierung zugeleitet, die eine Gegenäußerung dazu verfasst und dem Bundestag zur Entscheidung vorlegt. Verabschiedet dieser das Gesetz, so befasst sich der Bundesrat noch einmal abschließend damit.

Quellen: Bundesrat, FOKUS-Sozialrecht

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Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag

Seit ein paar Tagen steht der Entwurf des Selbstbestimmungsgesetz (Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag – SBGG) auch für Otto Normalblogger zur Einsicht verfügbar. Schon vor Ostern sollte das passieren, tat es aber nicht. Danach kamen zunächst ausgewählte Medien in den Genuss des Entwurfes. Die Eckpunkte zum Entwurf sind schon fast ein Jahr alt.

warum nicht mehr Transparenz?

Diese Praxis der Ampelkoalition, Gesetzentwürfe möglichst lange der allgemeinen Öffentlichkeit vorzuenthalten führt bisweilen – wie beim Gebäude-Energie-Gesetz – dazu, dass einige „priveligierte“ Medien ihren Vorteil ausnützen können und mit aus dem Zusammenhang gerissenen Schlagworten („Heizungsverbot“) ungestraft Märchen verbreiten und im Verbund mit den einschlägigen Lobbyisten massive und wirksame Kampagnen starten können. Mehr und frühere Transparenz hätte dafür gesorgt, dass klar wird, was tatsächlich in den Entürfen steht.

Was steht denn nun tatsächlich im Selbstbestimmungsgesetz?

Zunächst wird das Transsexuellengesetz aufgehoben, dass schon mehrfach vom Bundesverfassungsgericht beanstandet wurde. Weitere wesentliche Inhalte:

  • Volljährige Menschen sollen durch eine Erklärung gegenüber dem Standesamt die Änderung ihres Geschlechtseintrags sowie ihrer Vornamen bewirken können. Für die Wirksamkeit dieser Erklärung gilt eine dreimonatige Wartefrist.
  • Für Minderjährige bis 14 Jahre sollen die Sorgeberechtigten die Änderungserklärung gegenüber dem Standesamt abgeben.
  • Für Minderjährige ab 14 Jahren ist geplant, dass die Minderjährigen die notwendige Erklärung selbst mit Zustimmung der Sorgeberechtigten beim Standesamt abgeben können. Um die Persönlichkeitsrechte der jungen Menschen zu wahren, sollen Familiengerichte in den Fällen, in denen die Sorgeberechtigten nicht zustimmen, orientiert am Kindeswohl – wie auch in anderen Konstellationen im Familienrecht – die Entscheidung der Sorgeberechtigten ersetzen können.
  • Nach einer erfolgten Änderung des Geschlechtseintrags oder der Vornamen soll für eine erneute Änderung eine Sperrfrist von einem Jahr gelten. Damit soll vermieden werden, dass Entscheidungen übereilt getroffen werden. Ab der Erklärung gegenüber dem Standesamt kann eine erneute Änderung also erst nach 15 Monaten vorgenommen werden (drei Monate Wartefrist plus zwölf Monate Sperrfrist).
  • Auf Grundlage des Gesetzes kann ein Bußgeld verhängt werden, wenn jemand die Änderungen des Geschlechtseintrags von transgeschlechtlichen, nichtbinären oder intergeschlechtlichen Personen gegen deren Willen offenbart und dadurch die betroffene Person absichtlich schädigt (Offenbarungsverbot).
  • Das Selbstbestimmungsgesetz ändert nichts am privaten Hausrecht und am Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Was heute im Rechtsverkehr zulässig ist, das ist auch künftig zulässig. Und was heute verboten ist, bleibt verboten. Das geht aus dem Entwurf und seiner Begründung klar hervor.
  • Die geplante Regelung sieht ausschließlich die Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen vor. Die Frage, ob eine Person, die zusätzlich geschlechtsangleichende körperliche oder medizinische Maßnahmen in Erwägung zieht, solche vornehmen kann, wird nicht durch das SBGG geregelt. In diesem Fall gelten wie bisher allein fachmedizinische Prüfkriterien.

Menschenrechtsschutz

Die Reform steht auch im Zusammenhang mit der internationalen Weiterentwicklung des Schutzes aller Menschen vor Diskriminierung. Sie kommt den Empfehlungen nationaler und internationaler Gremien nach, die sich insgesamt für eine stärker durch Selbstbestimmung geprägte Regelung des Geschlechtseintrags für trans- und intergeschlechtliche Menschen ausgesprochen haben. Vor allem aber entspricht das SBGG den Vorgaben des internationalen Menschenrechtsschutzes.

Diskriminierung und Armutsgefährdung

Trans- und intergeschlechtliche sowie nichtbinäre Menschen sind häufig Diskriminierung in fast allen Lebensbereichen ausgesetzt (zum Beispiel in der Familie, am Arbeitsplatz oder Gewaltbetroffenheit in der Öffentlichkeit). Insbesondere werden sie von Dritten häufig als angeblich psychisch krank stigmatisiert und massiv herabgewürdigt, sie werden verunglimpft, beleidigt und immer häufiger auch körperlich angegriffen bis hin zu tödlichen Angriffen. Auch diese Situation soll sich mithilfe des Selbstbestimmungsgesetzes verbessern, zum Beispiel durch ein bußgeldbewehrtes Offenbarungsverbot.

2020 wurden laut Bundesinnenministerium 204 politisch motivierte Straftaten im Themenfeld „Geschlecht/Sexuelle Identität“ erfasst, darunter 40 Gewalttaten. Im Jahr 2021 stieg die Zahl auf 340 Straftaten, darunter 57 Gewalttaten.

In einer Erhebung der EU-Grundrechteagentur gaben 58 Prozent der befragten transgeschlechtlichen Personen aus Deutschland an, in den zurückliegenden zwölf Monaten diskriminiert oder belästigt worden zu sein.

Nach der Studie „Out im Office“ sind transgeschlechtliche und nichtbinäre Menschen besonders armutsgefährdet. Rund ein Viertel der trans* Befragten gab ein monatliches Nettoeinkommen von unter 1000 Euro an (in der Teilgruppe der nichtbinären Befragten sogar 40 Prozent).

Dreimonatsfrist

Die geplante Dreimonatsfrist wird von Betroffenen allerdings kritisiert, da sie überwiegend Menschen betrifft, deren Transition in allen anderen Lebensbereichen bereits Monate, wenn nicht Jahre, zurückliegt und denen noch einmal eine dreimonatige Wartezeit „aufgebrummt“ wird. Einen Brief an die zuständigen Minister*innen dazu schreibt Felix Reda.

Frauensauna und Hausrecht

In dem Streit zwischen Justiz- und Familienministerium um das Hausrecht von Frauensaunen hat sich FDP-Minister Buschmann durchgesetzt, auch wenn die Ausformulierung im Vergleich zu früheren Äußerungen abgemildert wurde. „Die Rechtslage nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz bleibt unverändert“, heißt es im Gesetzentwurf. „Es ist daher etwa im Rahmen des Hausrechts weiterhin möglich, aus sachlichem Grund, etwa um den Schutz der Intimsphäre oder der persönlichen Sicherheit Rechnung zu tragen (zum Beispiel beim Zugang zu Saunen oder Fitnessstudios für Frauen oder zu Umkleidekabinen) im Einzelfall zu differenzieren.“

Keine Selbstbestimmung im Krieg

Ganz neu wurde ein bislang nicht diskutierter Paragraf zum Verteidigungsfall in den Gesetzentwurf aufgenommen. Damit will die Regierung offenbar verhindern, dass sich cis Männer durch eine Änderung des Geschlechtseintrags einer Einberufung entziehen. Befindet sich Deutschland im Krieg, darf der Geschlechtseintrag nicht mehr von „männlich“ zu „weiblich“ oder „divers“ geändert oder ganz gestrichen werden, heißt es im SBGG, „sofern dies im Einzelfall keine unbillige Härte darstellen würde“.

Weitere Ausnahmen

  • Die Unterbringung von Strafgefangenen „muss sich nicht allein am Geschlechtseintrag orientieren“, heißt es im Entwurf. „Das SBGG gebietet mithin nicht, dass Personen immer entsprechend ihrem personenstandsrechtlichen Geschlechtseintrag in einer entsprechenden Anstalt untergebracht werden.“
  • Das Selbstbestimmungsgesetz erlaubt zudem weiterhin Ungleichbehandlungen im Sport: „Die Bewertung sportlicher Leistungen kann unabhängig von dem aktuellen Geschlechtseintrag geregelt werden.“
  • Keinen Einfluss haben Transitionen auch auf Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen: „Auf den aktuellen Geschlechtseintrag kommt es nicht an, wenn medizinische Leistungen zu ergreifen sind.“
  • Zudem wird klargestellt, dass das SBGG nicht auf Gesetze und Verordnungen, die Regelungen über Schwangerschaft, Gebär- oder Zeugungsfähigkeit betreffen, angewendet werden kann.
  • Ebenso bleibt ein trans Mann im Rechtsverhältnis zu seinem Kind eine „Mutter“. In Geburtsurkunden kann zumindest die Bezeichnung „Vater“ oder „Mutter“ nachträglich in „Elternteil“ geändert werden.

Quellen: Bundesfamilienministerium, Queer.de, Felix Reda, FOKUS-Sozialrecht

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Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung

Mit dem Bundesteilhabegesetz wurde zum 01.01.2018 die ergänzende unabhängige Teilhabeberatung (EUTB) eingeführt. Diese ist unabhängig von Leistungserbringern oder Leistungsträgern und nur dem Ratsuchenden verpflichtet. Als niederschwelliges Beratungsangebot soll sie wohnortnah sein, zeitnah agieren und mit dem Betroffenen auf „Augenhöhe“ sprechen. Um die Unabhängigkeit zu gewährleisten, sollen die Beratungsstellen aus Fördermitteln des BMAS finanziert werden. Bei der Förderung besonders berücksichtigt werden sollen Beratungsangebote von Betroffenen für Betroffene (Peer-to-Peer-Counseling).

Ziele

Ziel der EUTB soll sein, „die Position von Menschen mit (drohenden) Behinderungen gegenüber den Leistungsträgern und Leistungserbringern im sozialrechtlichen Dreieck durch ein ergänzendes, allein dem Ratsuchenden gegenüber verpflichtetes Beratungsangebot zu stärken und insbesondere im Vorfeld der Beantragung konkreter Leistungen die notwendige Orientierungs-, Planungs- und Entscheidungshilfe zu geben. Das Angebot soll ganzheitlich die individuelle Persönlichkeit und Situation der Ratsuchenden aufgreifen und deren gesamtes soziales Umfeld mit dem Ziel einbeziehen, die Eigenverantwortung und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen zu stärken. Ratsuchenden soll dafür ein unabhängiges, d. h. insbesondere von ökonomischen Interessen und der Kostenverantwortung der Leistungsträger und Leistungserbringer weitgehend freies Beratungsangebot zur Verfügung stehen“ (so die Förderrichtlinie zur Durchführung der „Ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung“ für Menschen mit Behinderungen vom 17.05.2017).

wissenschaftliche Begleitung

Mit der Einführung der EUTB begann auch die wissenschaftliche Begleitung. Der Evaluationsbericht wurde im April von der Prognos AG und von infas GmbH, die die Untersuchung im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales durchführten, vorgestellt.

Mit der EUTB wurden rund 500 Angebote in ganz Deutschland geschaffen, in denen Menschen mit Behinderungen und ihre Angehörigen über Fragen der Rehabilitation und Teilhabe informiert und beraten werden. Das deutschlandweite Beratungsaufkommen liegt seit 2020 bei durchschnittlich rund 15.000 Beratungen im Monat.

Ratsuchende sind zufrieden

Die wissenschaftliche Begleitung der EUTB adressiert grundsätzliche Fragen zu den Umsetzungs- und Wirkungsbedingungen der EUTB. Ihre Ergebnisse zeigen, dass es der EUTB auftragsgemäß gelungen ist, ein breit akzeptiertes Informations- und Beratungsangebot zu entwickeln, das die vorhandene Beratungsinfrastruktur im Bereich Rehabilitation und Teilhabe ergänzt. Im Zuge ihrer Etablierung konnte für die EUTB – in der Regie der Fachstelle Teilhabeberatung – ein umfassendes System der Qualifizierung und Qualitätssicherung entwickelt werden, so dass zum Ende der Förderphase einheitliche Qualitätsstandards für die Beratung vorliegen und weiterentwickelt werden können. Die Zufriedenheit der Ratsuchenden mit der Beratung durch die EUTB ist hoch. Die Klärung ihrer Anliegen und die Erreichung der wichtigsten Ziele gelingt nach ihrer Selbsteinschätzung häufig. Damit kann die EUTB nachweislich zur Stärkung der Selbstbestimmung und gesellschaftlichen Teilhabe der Ratsuchenden beitragen. Die Beratung von Betroffenen für Betroffen als „Peer-Beratung“ trägt zu einer wesentlichen Unterstützung des Angebots bei.

Weiterentwicklung

Zentrale Handlungsfelder für die Weiterentwicklung der EUTB betreffen ihre Vernetzung (intern und extern), die Klärung der fallbegleitenden und rechtlichen Beratungsaufgaben der EUTB, die Weiterentwicklung des Schulungsangebotes der Beraterinnen und Berater, eine stärkere Einbindung der Träger von EUTB- Angeboten, die Erreichung bisher unterrepräsentierter Teilgruppen und die Vertiefung (Qualifizierung) und Ausweitung der beschriebenen Peer-Beratung.

Dauerhafte Förderung seit 2023

Mit dem Angehörigen-Entlastungsgesetz (seit 2020) wurde die rechtliche Grundlage für die Entfristung der ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB) geschaffen. Sie wird seit dem Jahr 2023 dauerhaft finanziert. Ausführungsvorschriften zur Förderung bzw. Finanzierung sind in der Verordnung zur Weiterführung der Ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung (Teilhabeberatungsverordnung – EUTBV) zu finden. Sie trat am 01.01.2022 in Kraft und regelt u. a. die künftige Finanzierung und die Verteilungsschlüssel für die einzelnen Bundesländer nach Vollzeitäquivalenz (vgl. Tabelle in § 3 EUTBV) Gefördert werden Personal- und Sachausgaben. Die Fördersumme ist jährlich auf 95.000 Euro pro Vollzeitäquivalenz begrenzt. Die Finanzierung erfolgt jeweils für die Dauer von sieben Jahren. Der erste Bewilligungszeitraum läuft vom 01.01.2023 bis zum 31.12.2029.

Quellen: SOLEX, BMAS, FOKUS-Sozialrecht

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Ende des Gesundheitsnotstands

Am 30. Januar 2020 erklärte der Generaldirektor der WHO nach den Empfehlungen des Notfallausschusses, dass der Ausbruch des Coronavirus SarsCoV2 einen öffentlichen Gesundheitsnotstand von InternationalConcern (PHEIC) darstellt.

Am 4. Mai 2023 empfahl der Notfallausschuss dem Generalsekretär, Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus, die öffentliche Gesundheitsnotlage von internationaler Bedeutung zu beenden.

Bedrohung ist nicht vorbei

In einer Pressekonferenz betonte Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus, dass dies nicht bedeute, dass COVID-19 als globale Gesundheitsbedrohung vorbei sei. Letzte Woche forderte COVID-19 alle drei Minuten ein Leben, und das seien nur die Todesfälle, die bekannt seien. Während dieser Pressekonferenz kämpften Tausende von Menschen auf der ganzen Welt auf Intensivstationen um ihr Leben und Millionen weitere lebten weiterhin mit den schwächenden Auswirkungen des Zustands nach COVID-19.

Wachsamkeit

Dieser Virus sei hier, um zu bleiben, fiuhr er fort. Es töte immer noch und es ändere sich immer noch. Das Risiko bleibe für neue Varianten entstehen, die neue Anstiege bei Fällen und Todesfällen verursachten. Das Schlimmste, was jedes Land jetzt tun könnte, sei, diese Nachricht als Grund zu nutzen, um seine Wachsamkeit zu beenden, die Systeme, die es gebaut hat, zu demontieren oder die Botschaft an seine Menschen zu senden, dass durch COVID-19 nichts zu befürchten ist.

Überprüfungskomitee

Auf Empfehlung des Ausschusses beschloss die WHO, eine Bestimmung in den Internationalen Gesundheitsvorschriften zu verwenden, die noch nie zuvor verwendet wurde. Es wird Überprüfungskomitee eingerichtet, um langfristige, ständige Empfehlungen für Länder zur laufenden Behandlung von COVID-19 zu entwickeln.

7 Millionen Tote

Als die WHO den Corona-Gesundheitsnotstand am 30. Januar 2020 ausrief, waren außerhalb Chinas rund 100 Infektionen in rund 20 Ländern bekannt und keine Todesfälle. Inzwischen wurden der WHO zufolge weltweit rund 765 Millionen Infektionen und gut 6,9 Millionen Todesfälle gemeldet. Experten gehen davon aus, dass die Dunkelziffer viel höher ist. Unter anderem werden Todesursachen nicht überall korrekt zugeordnet.

Deutschland

In Deutschland gab es mehr als 170.000 Todesfälle und knapp 40 Millionen gemeldete Infektionen. Alle Maßnahmen und Sonderregelungen sind mittlerweile aufgehoben.

Werkzeuge entwickelt

Der WHO-Chef begründete das Ende des internationalen Notstands damit, dass die Pandemie sich seit mehr als einem Jahr auf einem Abwärtstrend befinde, wobei die Immunität der Bevölkerung durch Impfung und Infektion zunehme, die Sterblichkeit abnehme und der Druck auf die Gesundheitssysteme nachlasse. Die Welt habe mittlerweile gute Werkzeuge, um die Menschen vor dem Virus zu schützen. Dazu gehören neben den Impfstoffen und Medikamenten auch Schutzmaßnahmen wie das Tragen von Masken oder Abstand zu halten in vollen und schlecht belüfteten Innenräumen. Allein das solidarische UN-Impfprogramm Covax habe einer Analyse zufolge bis Ende 2022 in Ländern mit niedrigen Einkommen 2,7 Millionen Menschenleben durch Corona-Impfungen gerettet.

Gesundheitsnotstände seit 2005

Die WHO hat seit 2005 sieben Mal einen Gesundheitsnotstand ausgerufen – offiziell eine »gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite«. Der Corona-Notstand war der zweitlängste. Der längste gilt für Polio und besteht seit 2014. Seit Juli 2022 gilt auch eine Notlage wegen Affenpocken. Notlagen wurden auch wegen des Influenza-A-Virus H1N1 (2009-2010), wegen Ebola in Westafrika (2014-2016), Zika (2016) und Ebola in der Demokratischen Republik Kongo (2019-2020) ausgerufen.

Quellen: WHO, Spektrum, Tagesschau

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IGeL

Die Möglichkeiten der Medizin, auf gesundheitliche Defizite von Patienten zu reagieren, steigt stetig. Die Finanzierungsmöglichkeiten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sind begrenzt. Aus diesem Grund ist der Gesetzgeber als „Hüter der gesetzlichen Krankenversicherung“ gezwungen, zu entscheiden oder ein Gremium einzusetzen, das entscheidet, welche Maßnahmen in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung Eingang finden sollen und welche nicht. Für den Fall, dass medizinische Maßnahmen durch die gesetzliche Krankenversicherung finanziert werden, muss entschieden werden, unter welchen Indikationen dies der Fall sein soll.

G-BA entscheidet, was Kassenleistungen sind

Diese Entscheidungen trifft insbesondere der Gemeinsame Bundesausschuss. Gemäß § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V soll der Gemeinsame Bundesausschuss Richtlinien über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden beschließen, die einerseits die ärztliche Versorgung sicherstellen und andererseits eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten gewährleisten. Dadurch wird zugleich der Umfang von der gesetzlichen Krankenversicherung gegenüber den Versicherten geschuldeten Leistungen verbindlich festgelegt. Auf diese Weise hat der Gesetzgeber die Entscheidung über die Anerkennung von Heilmethoden dem Gesetzgebungsverfahren entzogen. Nach der Konzeption des Gesetzes haben somit auch die Gerichte nicht darüber zu entscheiden, ob eine medizinische Behandlungsmethode anerkennungswürdig und im Einzelfall auch erfolgversprechend ist. Vielmehr ist allein entscheidend, welcher medizinische Standard allgemein anerkannt ist und ob die zu beurteilende Methode diesem medizinischen Standard entspricht.

Die richtige Heilmethode

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist den Gerichten damit eine Zurückhaltung im Hinblick auf medizinisch-wissenschaftliche Auseinandersetzungen um die „richtige“ Heilmethode auferlegt. Dies geht auch aus §  2 Abs. 1 Satz  2 SGB V hervor. Es ist Ausdruck der Neutralität des Staates, Methoden der besonderen Therapierichtungen nicht auszuschließen. Der Schwerpunkt der Prüfung wird damit auf den tatsächlichen Verbreitungsgrad verlagert, weil es nicht Sinn eines Gerichtsverfahrens sein kann, die Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft voranzutreiben oder in wissenschaftlichen Auseinandersetzungen Position zu beziehen (vgl: Urteil des Bundessozialgerichts vom 16.9.1997, Az: 1 RK 28/95, dies noch einmal ausgeführt im Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 8.6.2006, Az.: S 8 KR 646/04).

Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL)

Dies bedeutet jedoch keineswegs, dass Maßnahmen, die von der gesetzlichen Krankenversicherung nicht gedeckt sind, aus medizinischer Sicht übertrieben oder gar unnütz sind. Medizinische Maßnahmen, die von der gesetzlichen Krankenversicherung nicht finanziert werden, können durchaus den Patienten nützlich sein. Diese Grenze ist sehr viel weiter gesteckt als der Kreis der Kassenleistungen.

Die so genannten individuellen Gesundheitsleistungen (kurz „IGeL“ genannt) sind genau in dem Bereich angesiedelt, wo die gesetzliche Krankenversicherung die Kostenübernahme für die medizinischen Maßnahmen versagt, aber aus medizinischer Sicht noch keineswegs die Sinnhaftigkeit von Maßnahmen bestritten werden kann.

IGeL-Monitor

Seit 2012 bewertet der IGeL-Monitor Individuelle Gesundheitsleistungen beim Arzt (IGeL). Die Arbeit erfolgt nach wissenschaftlichen Standards. Initiator und Auftraggeber ist der Medizinische Dienst Bund. Inhaltlich unterstützt wird das Projekt durch externe Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Das Projekt IGeL-Monitor ist dem Bereich Evidenzbasierte Medizin des Medizinischen Dienstes Bund zugeordnet. Aufgabe des IGeL-Monitors ist das Bereitstellen von Gesundheitsinformationen über IGeL, damit Versicherte in der ärztlichen Praxis eine informierte Entscheidung treffen können.

Ergebnisse 2023

In einer repräsentativen Befragung hat der IGeL-Monitor für seinen IGeL-Report 2023 knapp 6.000 Versicherte im Alter von 20 bis 69 Jahren befragt. Die Bekanntheit von IGeL ist unverändert groß: Fast 80 Prozent der Befragten gaben an, Selbstzahlerleistungen zu kennen. Nur gut jeder Vierte (28 Prozent) weiß, dass es verbindliche Regeln beim Verkauf von IGeL in der Praxis gibt. Dazu gehört, dass Patientinnen und Patienten über den wahrscheinlichen Nutzen und mögliche Risiken oder Schäden durch die Leistung aufzuklären sind. Über den Nutzen wurden 78 Prozent informiert, über mögliche Schäden nur 56 Prozent. Fast jeder Fünfte (18 Prozent) gibt sogar an, dass seine Behandlung mit einer Kassenleistung vom Kauf einer IGeL abhängig gemacht wird.

Top10

Die Top 10 der am meisten verkauften Selbstzahlerleistungen sind im Vergleich zum IGeL-Report 2020 nahezu unverändert: Ultraschalluntersuchungen der Eierstöcke und der Gebärmutter zur Krebsfrüherkennung sowie verschiedene Glaukom-Früherkennungs­untersuchungen, zusätzlicher Abstrich zur Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs, der PSA-Test zur Früherkennung von Prostatakrebs, zusätzliche Hautkrebsscreenings, zusätzliche Ultraschalluntersuchungen in der Schwangerschaft, Ultraschall der Brust zur Krebsfrüh­erkennung und Untersuchungen des Blutbilds.

Mehr Schaden als Nutzen

Der Ultraschall zur Krebsfrüherkennung der Eierstöcke und der Gebärmutter wurde nach der Befragung am meisten verkauft. Die Leistung bewertet der IGeL-Monitor mit „negativ“ und „tendenziell negativ“. Denn bei dieser Untersuchung kann es häufig zu falsch-positiven Befunden und dadurch zu unnötigen weiteren Untersuchungen und Eingriffen kommen, die erheblich schaden können.

Nur zwei IGeL sind „tendenziell positiv“

Aber auch bei den anderen Selbstzahlerleistungen sind Zweifel angebracht. Das Wissenschaftsteam des IGeL-Monitors bewertet seit über zehn Jahren evidenzbasiert den Nutzen und Schaden von Individuellen Gesundheitsleistungen und bereitet die Informationen für die Versicherten laienverständlich auf. Ziel ist es, den Patientinnen und Patienten eine wissensbasierte Entscheidungshilfe anzubieten. Der IGeL-Monitor hat 55 IGeL bewertet – 53 Leistungen schließen mit „tendenziell negativ“, „negativ“ oder „unklar“ ab. Für den Nutzen gibt es meistens keine ausreichende Evidenz . Keine dieser Leistungen konnte mit „positiv“ bewertet werden, mit „tendenziell positiv“ schneiden lediglich 2 Selbstzahlerleistungen ab.

Quellen: IGel-Monitor, SOLEX, Wikipedia

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Inklusiver Arbeitsmarkt im Bundesrat

Der Bundestag hat beschlossen, den inklusiven Arbeitsmarkt stärker zu fördern. Ausführlich hatten wir im Januar über den Entwurf berichtet Der Bundesrat stimmt am 12. Mai 2023 über die Änderungen im Sozialrecht ab. Sie bedürfen der Zustimmung der Länderkammer, um in Kraft treten zu können.

Das Gesetz zielt darauf ab, mehr Menschen mit Behinderungen in reguläre Arbeit zu bringen, mehr Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen in Arbeit zu halten und zielgenauere Unterstützung für Menschen mit Schwerbehinderung zu ermöglichen.

Höhere Ausgleichsabgabe

Dies soll unter anderem durch die Erhöhung der Ausgleichsabgabe für Arbeitgeber erreicht werden, die trotz Beschäftigungspflicht keinen einzigen schwerbehinderten Menschen beschäftigen. Für kleinere Arbeitgeber sind wie bisher Sonderregelungen vorgesehen.

Schon bislang müssen Arbeitgeber auf wenigstens 5 Prozent der Arbeitsplätze schwerbehinderte Menschen beschäftigen. Diese Regelung gilt für Arbeitgeber mit mindestens 20 Arbeitsplätzen. Für jeden nicht mit einem schwerbehinderten Menschen besetzten Pflichtarbeitsplatz wird eine Ausgleichsabgabe fällig: 140 Euro bei einer Beschäftigungsquote von 3 bis 5 Prozent, 245 Euro bei einer Beschäftigungsquote von 2 bis weniger als 3 Prozent und 360 Euro bei einer Beschäftigungsquote von weniger als 2 Prozent. Das Gesetz sieht eine neue vierte Staffel vor: Liegt die Beschäftigungsquote bei 0 Prozent, sind 720 Euro zu zahlen.

Zu viele Arbeitgeber beschäftigten keine Schwerbehinderten

Die Gesetzesbegründung verweist darauf, dass noch immer etwa 45.000 beschäftigungspflichtige Arbeitgeber – rund ein Viertel – keinen einzigen schwerbehinderten Menschen beschäftigten. Diese Arbeitgeber sollen eine höhere Ausgleichsabgabe zahlen als diejenigen Arbeitgeber, die wenigstens in geringem Maße schwerbehinderte Menschen beschäftigen.

Weitere Neuerungen

Die Mittel aus der Ausgleichsabgabe sollen sich künftig auf die Förderung der Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt konzentrieren.

Für Anspruchsleistungen des Integrationsamtes wird eine Genehmigungsfiktion nach sechs Wochen eingeführt, um die Bewilligungsverfahren zu beschleunigen.

Die Deckelung für den Lohnkostenzuschuss beim Budget für Arbeit wird aufgehoben, dadurch soll sichergestellt werden, dass auch nach Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro bundesweit der maximale Lohnkostenzuschuss – soweit nach den Umständen des Einzelfalls erforderlich – gewährt werden kann.

Außerdem richtet das Gesetz den Sachverständigenbeirat Versorgungsmedizinische Begutachtung neu aus.

Quelle: Bundesrat

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Zwei Gesetze für Cannabis

Die im Koalitionsvertrag versprochene Legalisierung von Cannabis soll nun, um auch EU-revhtliche Bedenken zu zerstreuen, in zwei vorsichtigen Schritten umgesetzt werden.

„Zwei Säulen“

Der erste Gesetzentwurf, dessen Eckpunkte das Bundesgesundheitsministerium Mitte April veröffentlicht hat soll den Anbau in nicht-gewinnorientierten Vereinigungen und der private Eigenanbau bundesweit ermöglichen.

Die Abgabe in Fachgeschäften wird in einem zweiten Schritt (Gesetzentwurf vermutlich im Herbst) als wissenschaftlich konzipiertes, regional begrenztes und befristetes Modellvorhaben umgesetzt.

Ziele

Erwachsene sollen künftig Cannabis in bestimmten Mengen privat oder in nicht-gewinnorientierten Vereinigungen anbauen dürfen sowie im Rahmen eines regionalen Modellvorhabens in lizenzierten Fachgeschäften erhalten können. Ziel bleibt weiterhin, die Qualität zu kontrollieren, die Weitergabe verunreinigter Sub­stanzen zu verhindern, den Jugendschutz sowie den Gesundheitsschutz für Konsumentinnen und Konsu­menten bestmöglich zu gewährleisten sowie den Schwarzmarkt einzudämmen.

erste Säule

  • Der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis bleibt straffrei, eine solche Menge darf auch in der Öffentlichkeit mitgeführt werden.
  • Maximal drei „weibliche blühende Pflanzen“ sind im Eigenanbau erlaubt – geschützt vor dem Zugriff durch Kinder und Jugendliche.
  • „Nicht-gewinnorientierte“ Vereine mit maximal 500 Mitgliedern dürfen gemeinschaftlich Cannabis zu Genusszwecken anbauen und nur an Mitglieder für den Eigenkonsum abgeben. Das Mindestalter ist 18 Jahre. Die Clubs müssen Jugendschutz-, Sucht- und Präventionsbeauftragte benennen und dürfen nicht für sich Werbung machen. Eine Mitgliedschaft in mehreren Vereinen ist verboten. In den Vereinsräumen darf nicht konsumiert werden.
  • Maximal dürfen pro Club-Mitglied 25 Gramm Cannabis pro Tag und maximal 50 Gramm pro Monat abgegeben werden. Unter 21-Jährige bekommen maximal 30 Gramm pro Monat, zudem soll für sie eine Obergrenze beim Wirkstoffgehalt festgelegt werden. Die Kosten sollen über die Mitgliedsbeiträge gedeckt werden, gegebenenfalls kommt ein zusätzlicher Betrag je abgegebenes Gramm dazu.
  • In der Öffentlichkeit ist der Konsum nahe Schulen oder Kitas verboten. In Fußgängerzonen darf bis 20 Uhr nicht gekifft werden.
  • Frühere Verurteilungen wegen Besitzes oder Eigenanbaus bis 25 Gramm oder maximal drei Pflanzen können auf Antrag aus dem Bundeszentralregister gelöscht werden.

zweite Säule

Die zweite Säule setzt im nächsten Schritt auf dem Weg zu einer bundesweiten Regelung die weiteren Ansätze aus dem Eckpunktepapier vom 26. Oktober 2022 einschließlich einer Evaluation als wissenschaftlich konzipiertes, regional und zeitlich begrenztes Modell um: Unternehmen wird die Produktion, der Vertrieb und die Abgabe in Fachgeschäften von Genusscannabis an Erwachsene in einem lizensierten und staatlich kontrollierten Rahmen ermöglicht. Mit dieser Säule können die Auswirkungen einer kommerziellen Lieferkette auf den Gesundheits- und Jugendschutz sowie den Schwarzmarkt wissenschaftlich untersucht werden.

EU-Rechtsrahmen entwickeln

Parallel will die Bundesregierung (insbesondere über die Auslandsvertretungen) ihre Bemühungen fortsetzen, für ihre Ansätze bei den europäischen Partnern zu werben und dabei auch zu prüfen, inwieweit die Initiative einer ausreichenden Zahl von EU-Mitgliedstaaten möglich sein wird, um mittelfristig den einschlägigen EU-Rechtsrahmen zu flexibilisieren und weiterzuentwickeln.

Quelle: BMG, Fokus-Sozialrecht

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PV-Beiträge: es wird kompliziert

Die von der Bundesregierung vorgelegte Pflegereform hat im Bundestag zu einer kontroversen Grundsatzdebatte über die langfristige Organisation und Finanzierung der sozialen Pflegeversicherung geführt. Es fand am Donnerstag die erste Lesung des Gesetzentwurfs statt.

Erhöhung des Beitragssatzes

Die Ampelkoalition will mit der Pflegereform die Pflegebedürftigen entlasten und die Einnahmen der sozialen Pflegeversicherung stabilisieren. Der Gesetzentwurf der Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP sieht  zum 1. Juli 2023 eine Anhebung des Pflegebeitrags um 0,35 Punkte auf 3,4 Prozent vor. Das soll Mehreinnahmen in Höhe von rund 6,6 Milliarden Euro pro Jahr bringen. Der Arbeitgeberanteil liegt paritätisch bei 1,7 Prozent. Die Bundesregierung soll außerdem dazu ermächtigt werden, den Beitragssatz künftig durch Rechtsverordnung festzusetzen, falls auf einen kurzfristigen Finanzierungsbedarf reagiert werden muss.

Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts

Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 7. April 2022 zugunsten einer besseren Berücksichtigung der Kinderzahl bei den Pflegebeiträgen wird der Beitragssatz nach der Zahl der Kinder weiter ausdifferenziert. Der Beitragszuschlag für Kinderlose soll von derzeit 0,35 auf 0,6 Beitragssatzpunkte steigen.

Lebenslange Berücksichtigung der Elterneigenschaft

Eltern zahlen dann generell 0,6 Beitragssatzpunkte weniger als Kinderlose. Bei kinderlosen Mitgliedern gilt ein Beitragssatz in Höhe von 4%. Bei Mitgliedern mit einem Kind gilt demgegenüber nur ein Beitragssatz von 3,4%.

Ab zwei Kindern wird der Beitrag während der Erziehungsphase bis zum 25. Lebensjahr um 0,25 Beitragssatzpunkte je Kind bis zum fünften Kind weiter abgesenkt.  Nach der jeweiligen Erziehungsphase entfällt der Abschlag wieder.

Es gelten somit folgende Beitragssätze:

Mitglieder ohne Kinder 4,00% (Arbeitnehmer-Anteil: 2,3%)
mit 1 Kind3,40% (lebenslang) (Arbeitnehmer-Anteil: 1,7%)
mit 2 Kindern3,15% (Arbeitnehmer-Anteil: 1,45%)
mit 3 Kindern2,90% (Arbeitnehmer-Anteil: 1,2%)
mit 4 Kindern 2,65% (Arbeitnehmer-Anteil 0,95%)
mit 5 und mehr Kindern2,40% (Arbeitnehmer-Anteil 0,7%)
Der Arbeitgeberanteil beträgt immer 1,7%.

Leistungsverbesserungen ab 2024

Die Verbesserungen beim Pflegegeld, bei den ambulanten Sachleistungsbeträgen und beim Pflegeunterstützungsgeld sollen ab 2024 gelten, ebenso wie die Erhöhung der Zuschläge an Pflegebedürftige in vollstationären Pflegeeinrichtungen.

Quelle: Bundesgesundheitsministerium

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Einschränkung der Seenotrettung durch das Verkehrsministerium

Verkehrsminister Wissing macht dort weiter, wo sein Vorgänger Scheuer aufgehört hat. Bei der massiven Einschränkung der Seenotrettung.

Schon 2020 gab es unter Verkehrsminister Andreas Scheuer den Versuch die zivile Seenotrettung einzuschränken. Der gesetzliche Hintergrund ist, dass es für Schiffe technischen Anforderungen gibt, die ein Schiff erfüllen muss, abhängig von der Größe des Schiffes und für welchen Zweck es eingesetzt wird. Diese Regeln sollten so verschärft werden, dass auch Schiffe der zivilen Seenotrettung in Deutschland höhere technische Anforderungen vorweisen müssen. Dazu wird den Seenotrettungsschiffen per Verordnung unterstellt, dass sie in kommerzieller Absicht unterwegs seien.

Nicht kommerziell und ehrenamtlich

Natürlich ist Seenotrettung nicht kommerziell. Es werden keine Tickets an die Geretteten verkauft und die gesamte Crew arbeitet ehrenamtlich. Würden die höheren Anforderungen gelten, kämen auf die Seenotretter Kosten zu, die sie nicht stemmen können. Letztlich müsste die Rettung aufgegeben werden.

In einem Gespräch auf der Homepage von Mission Lifelline erläutert Jan Rosiwal von Mission Lifeline die Problemlage ausführlich und zeigt, dass ihre Schiffe auch ohne Verordnung sehr sicher sind.

2020 konnte die Verordnung vor Gericht wegen eines Formfehlers noch gestoppt werden. Jetzt startet das Verkehrsministerium einen neuen Versuch, die Verordnung durchzudrücken. Volker Wissing von der Porsche-Partei führt also die menschenverachtende Abschottungspolitik weiter und nimmt billigend noch mehr Opfer an den EU-Grenzen in Kauf.

Widerspruch zum Koalitionsvertrag

Die Pläne stehen auch im Widerspruch zum Koalitionsvertrag der Ampelkoalition. Darin heißt es: „Die zivile Seenotrettung darf nicht behindert werden.“ Der grüne EU-Parlamentarier Erik Marquardt kritisiert das Vorhaben scharf. Diese Schiffe zu behindern sei ein ganz klarer Angriff auf die zivile Seenotrettung.

Europa verschärft

Die geplante Verschärfung fügt sich ein in die immer rigidere Politik, die in Europa gegen die Seenotrettung gemacht wird. Ein aktuelles Beispiel ist ein italienisches Dekret, das jetzt vom Parlament in Rom bestätigt wurde und Gesetz wird. Es ist ein laut Völkerrechtlern europarechtswidriges Gesetz, welches die Seenotrettung empfindlich behindert und die EU-Kommission als Hüterin der Verträge auf den Plan rufen müsste. 

2022: Zweieinhalbtausend Tote im Mittelmeer

Demnach müssen zivile Seenotrettungsschiffe nach einer Seenotrettung unverzüglich den ihnen zugewiesenen Hafen ansteuern, auch wenn es nicht der nächstgelegene Hafen ist. Auf dem Weg darf es außerdem keine weiteren Rettungen geben. Die zugewiesenen Häfen sind oft weit entfernt. Eine schnelle Rückkehr in das Such- und Rettungsgebiet ist damit kaum möglich. Die Folge: Weniger Menschen können gerettet werden.​

Insgesamt sind im vergangenen Jahr nach UN-Angaben mindestens 2406 Menschen bei ihrer Flucht über das Mittelmeer gestorben oder werden vermisst.

Quellen: Mission Lifeline, Tagesschau, Monitor

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