Mindestunterhalt und Unterhaltsvorschuss

Grundsätzlich haben Kinder den Eltern gegenüber einen Anspruch auf Unterhaltsleistungen. Diese werden zunächst dadurch erbracht, dass die Eltern ihnen Wohnung, Kleidung und Essen gewähren und gegebenenfalls ein Taschengeld. Nichts anderes gilt zunächst bei der Trennung der Eltern. Beide bleiben weiterhin zu Unterhaltsleistungen für die Kinder verpflichtet, nur spaltet sich dann die Unterhaltsverpflichtung auf. Der Elternteil, bei dem die Kinder weiterhin wohnen, kommt für den sogenannten Naturalunterhalt auf, das heißt für die unmittelbare Betreuung, das Wohnen, Essen, Kleidung und die damit zusammenhängenden persönlichen Bedürfnisse.

Mindestunterhalt

Der nicht sorgeberechtigte Elternteil erbringt regelmäßig seine Unterhaltsleistungen durch den sogenannten Barunterhalt. Der finanzielle Unterhalt richtet sich nach der Mindestunterhaltsverordnung, die zuletzt im Ende November 2023 für das Jahr 2024 angepasst wurde, und der die Mindesthöhe des finanziellen Anspruchs regelt.

Erhöhung des Mindestunterhalts

Der monatliche Mindestunterhalt eines Kindes erhöht sich ab 1. Januar 2024:

  • bis Ende des sechsten Lebensjahres von 437  auf 480 EUR,
  • von sieben bis zum Ende des zwölften Lebensjahres von 502 auf 551 EUR und
  • ab dem 13. Lebensjahr bis zur Volljährigkeit von 588 auf 645 EUR.

Diese Beträge entsprechen den Bedarfssätzen der ersten Einkommensgruppe (bis 1.900 EUR) der Düsseldorfer Tabelle. Die neuen Zahlen der Düsseldorfer Tabelle werden in den nächsten Tagen (oder Wochen) traditionsgemäß vom Oberlandesgericht Düsseldorf bekanntgegeben. Wir werden zeitnah darüber berichten.

Unterhaltsvorschuss

Auch die Höhe des Unterhaltsvorschusses nach dem Unterhaltsvorschussgesetz richtet sich nach dem gesetzlichen Mindestunterhalt. Unterhaltsvorschuss verfolgt das Ziel, den allein stehenden Elternteil zu entlasten und den Ausfall an Unterhalt für sein Kind nicht entstehen zu lassen.

Ein Kind hat Anspruch auf Unterhaltsvorschuss, wenn es

1.das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet hat,
2.innerhalb des Geltungsbereichs des UVG wohnt,
3.den Lebensmittelpunkt bei einem Elternteil hat,
4.bei einem Elternteil lebt, der ledig, verwitwet, dauernd getrennt oder geschieden ist und nicht in nichtehelicher Lebensgemeinschaft mit dem anderen Elternteil lebt (Lebenssituation des Elternteils),
5.nicht oder nicht regelmäßig Unterhalt vom anderen Elternteil bzw. Waisenbezüge in Höhe des Regelbedarfs für nichteheliche Kinder erhält.

Kinder ab Vollendung des 12. Lebensjahres bis zur Vollendung des 18. Lebensjahrs

Hier gelten die Voraussetzungen (Ziffer 2 bis 5) wie oben. Zudem müssen aber noch die weiteren Voraussetzungen des § 1 Abs. 1a UVG vorliegen:

kein SGB II-Leistungsbezug des Kindes, oder
durch den Bezug von UVG-Leistungen kann Hilfebedürftigkeit nach den Grundsätzen des SGB II vermieden werden, oder
mindestens 600 Euro Bruttoeinkommen des alleinerziehenden Elternteils vorliegt.

Höhe des Unterhaltsvorschusses

Der Mindestunterhalt minderjähriger Kinder wird seit dem 1. Januar 2016 durch eine Rechtsverordnung festgelegt. Dies ist durch eine Änderung des § 1612a BGB möglich geworden. Damit ist der Mindestunterhalt unabhängig von den Kinderfreibeträgen.

Danach beträgt der Mindestunterhalt ab 1. Januar 2024:

Kinder, die das sechste Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Altersstufe 0 bis 5 Jahre): 480 EUR
Kinder, die das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Altersstufe 6 bis 11 Jahre): 551 EUR
Kinder, die das achzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Altersstufe 12 bis 17 Jahre): 645 EUR

Hat der Elternteil, bei dem das Kind lebt, Anspruch auf volles Kindergeld, so mindert sich die Unterhaltsleistung um zu zahlende Kindergeld, also um 250 EUR.

Quellen: Bundesanzeiger, SOLEX, FOKUS-Sozialrecht

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Rückzahlung von Unterhaltvorschuss und Bürgergeld

Bezieht ein Unterhaltspflichtiger SGB II – Leistungen, dürfen Sozialleistungsträger die Zahlungen von Unterhaltsvorschuss nicht eintreiben. Sie dürfen noch nicht einmal ein gerichtliches Verfahren dazu einleiten. So die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 31.Mai 2023.

Vater bezog Hartz IV

Das Land Rheinland-Pfalz hatte seit Januar 2020 Unterhaltsvorschüsse für eine bei ihrer Mutter minderjährige Tochter erbracht und machte als Träger der Unterhaltsvorschusskasse gegenüber dem Vater Kindesunterhalt aus übergegangenem Recht geltend. Das Beschwerdegericht beim OLG Düsseldorf wies den Antrag des Sozialversicherungsträgers mit Verweis auf § 7a UVG ab, da der Vater seit Beginn des Verfahrens ausschließlich SGB II-Leistungen bezog.

gerichtliche Festsetzung ausgeschlossen

Der für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat sah das genauso. Wie auch die Düsseldorfer Richter legt der BGH § 7a UVG so aus, dass nicht erst die Vollstreckung, sondern bereits die gerichtliche Festsetzung von Forderungen ausgeschlossen ist. Die Vorschrift regelt, dass ein nach § 7 UVG übergegangener Unterhaltsanspruch nicht verfolgt wird, solange der unterhaltspflichtige Elternteil Leistungen nach SGB II bezieht und über kein Einkommen nach § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II verfügt. Für die Wortlautauslegung zieht der Senat BGB- und ZPO-Vorschriften heran, die mit dem Begriff der „Verfolgung“ von Rechten stets auch schon die gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen meinten. Dafür spreche auch der Zweck der Norm, verwaltungsaufwändige und unwirtschaftliche Rückgriffsbemühungen des Staates zu verhindern. Der BGH betont, dass die Norm des § 7a UVG, die auch Rückforderungen für die Vergangenheit ausschließe, auch den Schuldner schützen solle.

Richtlinien sahen das anders

Das Urteil widerspricht damit auch den aktuell gültigen Richtlinien zur Durchführung des Unterhaltsvorschussgesetzes des Familienministeriums. Darin heißt es unter anderem, dass eine Prüfung des Unterhaltsanspruchs vorzunehmen sei sowie gegebenenfalls rechtswahrende Anschreiben an den Unterhaltspflichtigen, um ggf. eine Verwirkung des Anspruchs zu verhindern und eine spätere Verfolgung vorzubereiten. Gleiches gelte für die eventuell erforderliche gerichtliche Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs. Durch die Nichtverfolgung des Anspruchs könne es zu Verjährung und Verwirkung kommen.

Unterhaltsvorschuss

Unterhaltsvorschuss verfolgt das Ziel, den allein stehenden Elternteil zu entlasten und den Ausfall an Unterhalt für sein Kind nicht entstehen zu lassen. Unterhaltsvorschuss stellt eine Sozialleistung dar. Die Höhe des Unterhaltsvorschusses wird durch die Mindestunterhaltsverordnung festgelegt.

Danach beträgt der Mindestunterhalt seit 1. Januar 2023:

Kinder, die das sechste Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Altersstufe 0 bis 5 Jahre): 437 EUR
Kinder, die das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Altersstufe 6 bis 11 Jahre): 502 EUR
Kinder, die das achzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Altersstufe 12 bis 17 Jahre): 588 EUR

Hat der Elternteil, bei dem das Kind lebt, Anspruch auf volles Kindergeld, so mindert sich die Unterhaltsleistung um das für ein erstes Kind zu zahlende Kindergeld, also um 250 EUR.

Quellen: Bundesgerichtshof, SOLEX

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Kein Kinderfreizeitbonus trotz Armut

Etwa 190.000 Kinder erhalten den Kinderfreizeitbonus nicht, obwohl sie in Hartz IV – Familien leben.

100 Euro

Der Kinderfreizeitbonus in Höhe von 100 Euro soll Kindern aus Familien mit k(l)einen Einkommen Ferien- und Freizeitaktivitäten ermöglichen. Der Anspruch auf den Bonus hängt davon ab, ob ein Kind im August 2021 Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften SGB bezogen hat oder ob für das Kind Kinderzuschlag oder Wohngeld gezahlt wurde. Der Kinderfreizeitbonus ist Teil des Programms „Aufholen nach Corona„.

Kinder von Alleinerziehenden gehen oft leer aus

Aktuell gehen aber die Kinder leer aus, die ohne eigenständigen Leistungsanspruch mit ihren Eltern in einer Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II leben. Das ist besonders häufig bei Kindern von Alleinerziehenden der Fall, wenn der altersabhängige Regelbedarf und die anteiligen Wohnkosten bereits durch Unterhaltsleistungen und Kindergeld gedeckt sind. Da Unterhalt und Kindergeld auf den SGB II-Bedarf angerechnet werden, haben sie aber vergleichbar wenig Geld wie Familien, in denen ein Kind selbst leistungsberechtigt ist.

Anfrage an die Bundesregierung

Die Bundesregierung hat nun – auf eine schriftliche Frage von Katja Kipping hin – noch einmal bestätigt, dass es sich dabei nicht um ein Versehen handelt. Frau Kipping schreibt dazu: „Die Bunderegierung hatte großspurig angekündigt, Familien mit geringen Einkommen zu unterstützen. Dies sollte Familien, die von der Corona-Krise besonders belastet waren, die Teilnahme an Ferienfreizeitmaßnahmen ermöglichen. Bei der Umsetzung hat die damalige Familienministerin aber einen Großteil der ärmsten Alleinerziehender und Patchworkfamilien ausgeschlossen. Mich erreichen derzeit Nachrichten von alleinerziehenden Eltern, die für ihre Ferienplanung mit dem Kinderfreizeitbonus gerechnet haben. Ich bin bisher davon ausgegangen, dass es sich um eine unbeabsichtigte Gesetzeslücke handelt. Die Bundesregierung hat nun in ihrer Antwort bestätigt, dass dies so beabsichtigt und vereinbart war. Abhilfe ist nicht vorgesehen.

Keine Regelunsglücke

In der Antwort der BMAS auf die Anfrag von Frau Kipping heißt es lapidar, die Bundesregierung sehe keine planwidrige Regelunsglücke. Das bedeutet vermutlich, dass die Benachteiligung von diesen Kindern beabsichtigt war.

Betroffen sind z.B. Kinder, die Unterhaltsvorschuss bekommen. Sie leben auf Grund der geltenden Anrechnungsregeln auf dem niedrigen Hartz-IV-Niveau. Da sie jedoch vom Jobcenter keine Leistung erhalten, haben sie keinen Anspruch auf den Kinderfreizeitbonus. 

Offener Brief an die Minister

Der VAMV (Verband der alleinerziehenden Mütter und Väter) fordert gemeinsam mit acht weiteren Verbände in einem offenen Brief an das BMAS und das BMFSFJ eine großzügigere Auslegung der Anspruchsvoraussetzungen für den Kinderfreizeitbonus zu veranlassen, damit der Bonus alle Kinder in SGB II-Bedarfsgemeinschaften erreichen kann.

Kein Kind soll ausgeschlossen werden

Die Zahl der Kinder, die voraussichtlich beim Kinderfreizeitbonus durchs Raster fallen, sei erheblich: Zuletzt weise die Statistik der Bundesagentur für Arbeit zum Jahreswechsel 2021 116.650 Kinder aus, die ohne eigenen Leistungsanspruch in Bedarfsgemeinschaften nach dem SGB II lebten. Zwar könne der Kinderfreizeitbonus für sie im Einzelfall auch über den Bezug von Kinderwohngeld gewährt werden. Für die unterzeichnenden Verbände sei allerdings unklar, wie vielen betroffenen Kindern dieser Weg tatsächlich den Bonus ermöglicht und wie viele von ihnen trotzdem leer ausgingen.
Nach den vielen Einschränkungen der Coronakrise bräuchten Familien mit kleinen Einkommen möglichst unbürokratische Unterstützung, um ihren Kindern Ferien- und Freizeitaktivitäten ermöglichen zu können. Der Kinderfreizeitbonus sollte daher niedrigschwellig ausgezahlt werden. Die Forderung sei deshalb, die gesetzlichen Bestimmungen zum Kinderfreizeitbonus so auszulegen, dass alle Kinder aus SGB II-Bedarfsgemeinschaften den Bonus unkompliziert erhalten könnten. Kindern, die bisher keinen Kinderfreizeitbonus bekommen konnten, solle die Leistung unbürokratisch nachgezahlt werden.

Quellen: WAZ, Katja Kipping, VAMV, BMAS, FOKUS-Sozialrecht

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