Kinderfreizeitbonus – Nachzahlung für 160.000 Kinder

Der Kinderfreizeitbonus in Höhe von 100 Euro sollte Kindern aus Familien mit k(l)einen Einkommen Ferien- und Freizeitaktivitäten ermöglichen. Der Anspruch auf den Bonus hing davon ab, ob ein Kind im August 2021 Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften SGB bezogen hat oder ob für das Kind Kinderzuschlag oder Wohngeld gezahlt wurde. Der Kinderfreizeitbonus war Teil des Programms „Aufholen nach Corona„.

Rechtsgrundlage

Voraussetzung eines Anspruchs auf den Kinderfreizeitbonus nach § 71 Absatz 2 Satz 1 SGB II ist ein Anspruch von Minderjährigen auf Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld für August 2021. Bei Bildungs- und Teilhabe-Leistungen handelt es sich nicht um Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld (vgl. § 19 Absatz 1 Satz 3 SGB II). Minderjährige, die für den Monat August 2021 allein wegen ihrer BuT-Bedarfe hilfebedürftig waren und deswegen nur BuT-Leistungen bezogen haben, hätten nach dem Wortlaut des § 71 Absatz 2 SGB II somit keinen Anspruch auf den Kinderfreizeitbonus.

Proteste

Dagegen gab es Proteste von Verbänden und Politiker*innen. Offenbar mit Erfolg. Denn zu den Betroffenen gehörten vielfach Kindern von Alleinerziehenden, wenn der altersabhängige Regelbedarf und die anteiligen Wohnkosten bereits durch Unterhaltsleistungen und Kindergeld gedeckt sind.

Familienministerium lenkt ein

Nachdem die Bundesregierung zunächst Abhilfe abgelehnt hat, hat das Bundesfamilienministerium sich nun anders besonnen. Es stellt klar, dass auch Kinder, die Leistungen nach dem Bildungs- und Teilhabepaket beziehen, den Kinderfreizeitbonus erhalten sollen. Eine entsprechende Weisung wurde bereits an die Jobcenter herausgegeben.

Nachzahlung noch im Dezember

Schätzungen zufolge sind rund 160.000 Kinder betroffen. Die Auszahlung an bisher nicht berechtigte Familien soll im Dezember erfolgen. Wer dann immer noch kein Geld erhält, sollte sich an das zuständige Jobcenter wenden und die Nachzahlung so erwirken.

Quellen: hartz4widerspruch.de, Arbeisagentur, FOKUS-Sozialrecht

Abbildung: pixabay.com children-593313_1280.jpg

Kein Kinderfreizeitbonus trotz Armut

Etwa 190.000 Kinder erhalten den Kinderfreizeitbonus nicht, obwohl sie in Hartz IV – Familien leben.

100 Euro

Der Kinderfreizeitbonus in Höhe von 100 Euro soll Kindern aus Familien mit k(l)einen Einkommen Ferien- und Freizeitaktivitäten ermöglichen. Der Anspruch auf den Bonus hängt davon ab, ob ein Kind im August 2021 Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften SGB bezogen hat oder ob für das Kind Kinderzuschlag oder Wohngeld gezahlt wurde. Der Kinderfreizeitbonus ist Teil des Programms „Aufholen nach Corona„.

Kinder von Alleinerziehenden gehen oft leer aus

Aktuell gehen aber die Kinder leer aus, die ohne eigenständigen Leistungsanspruch mit ihren Eltern in einer Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II leben. Das ist besonders häufig bei Kindern von Alleinerziehenden der Fall, wenn der altersabhängige Regelbedarf und die anteiligen Wohnkosten bereits durch Unterhaltsleistungen und Kindergeld gedeckt sind. Da Unterhalt und Kindergeld auf den SGB II-Bedarf angerechnet werden, haben sie aber vergleichbar wenig Geld wie Familien, in denen ein Kind selbst leistungsberechtigt ist.

Anfrage an die Bundesregierung

Die Bundesregierung hat nun – auf eine schriftliche Frage von Katja Kipping hin – noch einmal bestätigt, dass es sich dabei nicht um ein Versehen handelt. Frau Kipping schreibt dazu: „Die Bunderegierung hatte großspurig angekündigt, Familien mit geringen Einkommen zu unterstützen. Dies sollte Familien, die von der Corona-Krise besonders belastet waren, die Teilnahme an Ferienfreizeitmaßnahmen ermöglichen. Bei der Umsetzung hat die damalige Familienministerin aber einen Großteil der ärmsten Alleinerziehender und Patchworkfamilien ausgeschlossen. Mich erreichen derzeit Nachrichten von alleinerziehenden Eltern, die für ihre Ferienplanung mit dem Kinderfreizeitbonus gerechnet haben. Ich bin bisher davon ausgegangen, dass es sich um eine unbeabsichtigte Gesetzeslücke handelt. Die Bundesregierung hat nun in ihrer Antwort bestätigt, dass dies so beabsichtigt und vereinbart war. Abhilfe ist nicht vorgesehen.

Keine Regelunsglücke

In der Antwort der BMAS auf die Anfrag von Frau Kipping heißt es lapidar, die Bundesregierung sehe keine planwidrige Regelunsglücke. Das bedeutet vermutlich, dass die Benachteiligung von diesen Kindern beabsichtigt war.

Betroffen sind z.B. Kinder, die Unterhaltsvorschuss bekommen. Sie leben auf Grund der geltenden Anrechnungsregeln auf dem niedrigen Hartz-IV-Niveau. Da sie jedoch vom Jobcenter keine Leistung erhalten, haben sie keinen Anspruch auf den Kinderfreizeitbonus. 

Offener Brief an die Minister

Der VAMV (Verband der alleinerziehenden Mütter und Väter) fordert gemeinsam mit acht weiteren Verbände in einem offenen Brief an das BMAS und das BMFSFJ eine großzügigere Auslegung der Anspruchsvoraussetzungen für den Kinderfreizeitbonus zu veranlassen, damit der Bonus alle Kinder in SGB II-Bedarfsgemeinschaften erreichen kann.

Kein Kind soll ausgeschlossen werden

Die Zahl der Kinder, die voraussichtlich beim Kinderfreizeitbonus durchs Raster fallen, sei erheblich: Zuletzt weise die Statistik der Bundesagentur für Arbeit zum Jahreswechsel 2021 116.650 Kinder aus, die ohne eigenen Leistungsanspruch in Bedarfsgemeinschaften nach dem SGB II lebten. Zwar könne der Kinderfreizeitbonus für sie im Einzelfall auch über den Bezug von Kinderwohngeld gewährt werden. Für die unterzeichnenden Verbände sei allerdings unklar, wie vielen betroffenen Kindern dieser Weg tatsächlich den Bonus ermöglicht und wie viele von ihnen trotzdem leer ausgingen.
Nach den vielen Einschränkungen der Coronakrise bräuchten Familien mit kleinen Einkommen möglichst unbürokratische Unterstützung, um ihren Kindern Ferien- und Freizeitaktivitäten ermöglichen zu können. Der Kinderfreizeitbonus sollte daher niedrigschwellig ausgezahlt werden. Die Forderung sei deshalb, die gesetzlichen Bestimmungen zum Kinderfreizeitbonus so auszulegen, dass alle Kinder aus SGB II-Bedarfsgemeinschaften den Bonus unkompliziert erhalten könnten. Kindern, die bisher keinen Kinderfreizeitbonus bekommen konnten, solle die Leistung unbürokratisch nachgezahlt werden.

Quellen: WAZ, Katja Kipping, VAMV, BMAS, FOKUS-Sozialrecht

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