Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) entscheidte darüber, welche Leistungen die gesetzlichen Krankenkassen erbringen müssen. Wenn der G-BA eine neue Leistung aufnimmt, kann sie in der ambulanten Versorgung erst dann erbracht und abgerechnet werden, wenn der Bewertungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen über die Vergütung entschieden hat. Dieser Schritt ist nun für drei Leistungen erfolgt. Der Bewertungsausschuss hat die notwendigen Abrechnungsziffern im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) festgelegt. Ab 1. Oktober 2021 umfasst der Leistungskatalog folgende neue Angebote:
Neugeborenen-Screening auch auf SMA und Sichelzellkrankheit
Mit Hilfe des Neugeborenen-Screenings, bei dem einige Tropfen Blut untersucht werden, können seltene angeborene Erkrankungen bereits in den ersten Lebenstagen entdeckt werden.
Die Früherkennungsuntersuchung umfasst künftig auch
die spinale Muskelatrophie (SMA) und die
Sichelzellkrankheit.
Die SMA ist eine neuromuskuläre Erkrankung, bei der die motorischen Nervenzellen im Rückenmark absterben. Für die schwerste Form stehen neue Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung.
Bei der Sichelzellkrankheit sind die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) sichelförmig verkrümmt und können ihre Aufgabe, den Sauerstoff zu transportieren, nicht gut erfüllen. Unbehandelt kann dies zu gravierenden Schäden an lebenswichtigen Organen und zum Tod führen.
Einmaliges Hepatitis-Screening neuer Bestandteil des „Check-ups“
Versicherte ab 35 Jahren haben ab 1. Oktober 2021 einmalig den Anspruch, sich auf die Viruserkrankungen Hepatitis B und Hepatitis C testen zu lassen. Das Screening-Angebot ist neuer Bestandteil des sogenannten Check-ups (Gesundheitsuntersuchung alle 3 Jahre). Die Tests können übergangsweise auch separat durchgeführt werden, wenn der letzte Check-up weniger als 3 Jahre zurückliegt. Damit können Infektionen erkannt werden, die bislang noch symptomlos verlaufen. Spätfolgen einer unbehandelten chronischen Hepatitis wie Leberzirrhose oder Leberkrebs lassen sich durch eine Therapie mit antiviralen Medikamenten sehr wirksam verhindern.
Gruppenpsychotherapeutische Grundversorgung als neues Angebot
Mit der gruppenpsychotherapeutischen Grundversorgung steht ab 1. Oktober 2021 in der ambulanten Psychotherapie ein neues Versorgungsangebot zur Verfügung. Patientinnen und Patienten können hier erste Erfahrungen mit dem Gruppen-Setting sammeln und prüfen, ob eine Gruppentherapie für sie infrage kommen könnte. Therapeutinnen oder Therapeuten informieren in bis zu vier Sitzungen à 100 Minuten oder in bis zu acht Sitzungen à 50 Minuten über psychische Störungen sowie über Arbeitsweise und Wirkmechanismen, Chancen und Nutzen einer Gruppentherapie. Gleichzeitig geht es aber auch um eine erste Symptomlinderung. Um den niedrigschwelligen Zugang abzusichern, ist kein Anzeige- oder Antragsverfahren gegenüber den Krankenkassen notwendig. Neu ab 1. Oktober 2021 ist außerdem, dass auch probatorische Sitzungen im Gruppen-Setting möglich sind.
Hintergrundinformationen über die Grundlagen der Beschlüsse und über die erwähnten Krankheiten findet man auf der Homepage des G-BA.
Menschen mit Behinderungen sind einem besonders hohen Risiko ausgesetzt, Gewalt in verschiedenen Lebensbereichen zu erfahren. Gleichzeitig sind sie im Hinblick auf den Schutz vor Gewalt, vor allem, wenn sie in Einrichtungen leben und arbeiten, strukturell und rechtlich in einer besonders schwierigen Lage. Aus diesem Grund hat das Institut für empirische Soziologie im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales eine Studie zu Gewaltschutzstrukturen für Menschen mit Behinderungen in Deutschland durchgeführt.
Interviews mit Betroffenen und Expert*innen
Anhand von 52 Einzel- und neun Gruppeninterviews in Einrichtungen der Behindertenhilfe sowie 22 Interviews mit Expertinnen und Experten wurde zunächst eine Ist-Situationsanalyse erstellt, die die juristischen und strukturellen Rahmenbedingungen im Gewaltschutz systematisch darstellt, sowie die konkrete Situation in den Einrichtungen aus der Perspektive der Betroffenen und Handelnden beleuchtet. Daraus konnten Verbesserungsmöglichkeiten und zentral zu bearbeitende Handlungsfelder im Gewaltschutz sowie Handlungsempfehlungen abgeleitet werden.
Bestandsaufnahme
Der Abschlussbericht enthält eine Bestandsaufnahme der aktuellen Gewaltschutzsituation in Wohnrichtungen und Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation, identifiziert Handlungsfelder sowie Lücken im Gewaltschutz und gibt zwölf Handlungsempfehlungen für eine wirksame und Ebenen übergreifende Gewaltschutzstrategie für Menschen mit Behinderungen.
Problemfelder
Auch wenn die Studienergebnisse auf Fortschritte und Beispiele guter Praxis im Gewaltschutz für Menschen mit Behinderungen in Wohnheimen und Werkstätten verweisen, wurden bestehende Problemfelder und Lücken im Gewaltschutz identifiziert. Als Grund hierfür werden unter anderem der Personalmangel, das eingeschränkte Mitbestimmungsrecht der Bewohnerinnen und Bewohner, die marginale Kooperation und Vernetzung mit externen Unterstützungsstrukturen sowie die zum Teil schwache Position von Selbstvertretungsstrukturen, wie der Frauenbeauftragten in den Werkstätten, benannt.
Angebote oft schwer erreichbar
Die vorhandenen Unterstützungsstrukturen und Angebote sind für Menschen mit Behinderungen häufig nicht barrierefrei erreichbar und nutzbar. Vor allem für Bewohnerinnen und Bewohner stationärer Wohneinrichtungen ist die Suche nach Unterstützung oftmals sehr herausfordernd.
Verbesserungsvorschläge
Aus den Erkenntnissen der empirischen Studie wurden Verbesserungsvorschläge abgeleitet, die abschließend in zentrale Handlungsempfehlungen münden. Die Auseinandersetzung mit Gewalt und Gewaltschutz hat in den letzten Jahren zunehmend Einzug in die soziale Arbeit erhalten. Mit Blick auf die in der Studie ermittelten Verbesserungsbedarfe bleibt eine kontinuierliche Weiterentwicklung und Evaluation der vorhandenen Schutz- und Unterstützungsstrukturen für von Gewalt betroffene Menschen mit Beeinträchtigungen auch zukünftig unabdingbar.
wissenschaftliche Grundlage
Die Studienergebnisse und Handlungsempfehlungen bilden erstmalig eine wissenschaftliche Grundlage für die Erstellung einer umfassenden und wirksamen Gewaltschutzstrategie.
Quelle: BMAS, Institut für empirische Soziologie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
In der letzten großen Änderung des SGB V, „Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung – GVWG“ noch ausgespart, soll die Assistenz von hilfebedürftigen Menschen im Krankenhaus nun doch noch vor dem Ende der Legislaturperiode geregelt werden.
Das bedeutet, dass die gesetzliche Krankenversicherung in der Kostenverantwortung steht, wenn Menschen mit Behinderung bei einer stationären Krankenhausbehandlung von ihren nahen Angehörigen oder Bezugspersonen aus dem engsten persönlichen Umfeld begleitet werden.
Die begleitende Person hat unter den in § 44b Absatz 1 SGB V genannten Voraussetzungen Anspruch auf Krankengeld. Der Anspruch besteht für den Zeitraum der Mitaufnahme ins Krankenhaus. Auch für eine ganztägige Begleitung ins Krankenhaus wird Krankengeld gezahlt.
Der Gemeinsame Bundesausschuss soll im Rahmen einer Richtlinie bestimmen, für welchen Personenkreis eine Begleitung in diesem Sinne notwendig ist (§ 44b Absatz 2 SGB V).
Bei professioneller Begleitung: Eingliederungshilfeträger
Werden Menschen von einer vertrauten Bezugsperson begleitet, die sie im Alltag bereits als Mitarbeiter*in eines Leistungserbringers der Eingliederungshilfe unterstützt, sollen die Kosten für die Begleitung hingegen von den Trägern der Eingliederungshilfe übernommen werden. Geregelt wird dies in § 113 Absatz 6 SGB IX. Im Gesamtplan ist festzustellen, ob im Fall einer Krankenhausbehandlung eine Begleitung ins Krankenhaus erforderlich ist (§ 121 Absatz 4 Nr. 7 SGB IX).
Medizinische Notwendigkeit
Voraussetzung für den Anspruch auf Krankengeld der Begleitperson ist zunächst, dass die Begleitung aus medizinischen Gründen notwendig ist. Die begleiteten Personen müssen die Voraussetzungen des § 2 Abs.1 SGB IX erfüllen, also behinderte Menschen sein, die Leistungen der Eingliederungshilfe beziehen.
Die medizinischen Gründe ergeben sich aus den Erfordernissen, die in der Person der oder des behandlungspflichtigen Patientin oder Patienten begründet sind und können insbesondere vorliegen, wenn das Erreichen des Behandlungszieles von der Anwesenheit der Begleitperson abhängt. Hierbei kommt es auf die aufgrund der Behinderung bestehenden besonderen Bedürfnisse an, und es sind behinderungsspezifische Maßstäbe anzulegen, beispielsweise in Form von Unterstützung bei der Verständigung oder im Umgang mit Belastungssituationen. Eine Mitaufnahme einer Begleitperson kann aus medizinischen Gründen zum Beispiel erforderlich sein, sofern die Begleitperson in das therapeutische Konzept eingebunden werden soll bzw. in bestimmte, nach der stationären Behandlung weiterhin notwendige Übungen einzuweisen ist, ohne die eine vom Versicherungsträger geschuldete Leistung nicht erbracht werden könnte.
Wer sind die Begleitenden?
Der Anspruch besteht, sofern es sich bei der Begleitperson um einen Angehörigen oder eine Person aus dem engsten persönlichen Umfeld der stationär behandelten Person handelt. Nahe Angehörige im Sinne des § 7 Absatz 3 des Pflegezeitgesetzes sind unter anderem Großeltern, Eltern, Schwiegereltern, Stiefeltern, Ehegatten, Lebenspartner, Partner einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft, Geschwister, Ehegatten der Geschwister und Geschwister der Ehegatten, Lebenspartner der Geschwister und Geschwister der Lebenspartner. Der Anspruch besteht auch, wenn zwischen der Begleitperson und der stationär behandelten Person die gleiche persönliche Bindung wie bei einem nahen Angehörigen besteht. Vom Anspruch ausgeschlossen ist eine Begleitperson, die gegen Entgelt gegenüber der stationär zu behandelnden Person Leistungen der Eingliederungshilfe erbringt, da insoweit die Entlohnung der Begleitperson nach den Regelungen des Neunten Buches sichergestellt ist.
In Kraft treten
Die Neuregelung tritt allerdings erst in gut einem Jahr, also im Herbst 2022 in Kraft. Der Gesetzgeber wollte damit sicherstellen, dass der Gemeinsame Bundesausschuss rechtzeitig vor Geltung des neuen Anspruchs die in § 44b Absatz 2 SGB V vorgesehene Richtlinie erlässt.
Eines der Wahlkampfthemen ist eine Erhöhung des Mindestlohns. In diesem Zusammenhang taucht auch die Frage auf, ob nicht auch Beschäftigte in den Werkstätten für Menschen mit Behinderung Anspruch auf Zahlung des Mindestlohs haben.
Behindertenrechtskonvention
Beschäftigte in den Werkstätten verdienen oft nur 180 bis 230 Euro im Monat. Das ist aber nicht der einzige Kritikpunkt an den Werkstätten. Ausgehend von der UN-Behindertenrechtskonvention, die auch Deutschland unterzeichnet hat, bemängeln sie, dass Behindertenwerkstätten im Widerspruch zu dem in der UN-BRK garantierten Recht auf Arbeit stünden. Die alternativlose Arbeit in WfbM sei meist nicht frei gewählt und die Beschäftigten könnten ihren Lebensunterhalt damit nicht bestreiten. Sie seien auf staatliche Unterstützung angewiesen. Im Jahr 2015 empfahl daher der Fachausschuss der Vereinten Nationen für die Rechte von Menschen mit Behinderungen, die Werkstätten in der Bundesrepublik schrittweise abzuschaffen.
Artikel 27
Artikel 27 Absatz 1 der UN-BRK lautet: „Die Vertragsstaaten anerkennen das gleiche Recht von Menschen mit Behinderungen auf Arbeit; dies beinhaltet das Recht auf die Möglichkeit, den Lebensunterhalt durch Arbeit zu verdienen, die in einem offenen, integrativen und für Menschen mit Behinderungen zugänglichen Arbeitsmarkt und Arbeitsumfeld frei gewählt oder angenommen wird.„
Nicht vergleichbar
Befürworter der WfbM führen dagegen an, dass ein Vergleich zwischen Werkstattbeschäftigten und Arbeitnehmern aus dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht zielführend sei. Man müsse die Komplexität des Systems verstehen und dürfe das Bild nicht verzerren. Werkstätten würden aber nicht dem Mindestlohngesetz unterliegen, weil deren Beschäftigte keine Arbeitnehmer seien. Das Arbeitsentgelt „besteht aus einem Grundbetrag in Höhe eines Ausbildungsgeldes, das die Bundesagentur für Arbeit leistet, und einem leistungsangemessenem Steigerungsbetrag. Hinzu kommt ein öffentlich finanziertes Arbeitsförderungsgeld.
Unterstützungsangebote
In einer Behindertenwerkstatt stehe nicht die reine Erwerbsarbeit im Vordergrund. Sie biete zusätzlich pflegerische Unterstützung, Ergo- und Physiotherapie, Logopädie sowie Angebote aus dem Sport- und Kulturbereich – auch während der Arbeitszeit.
Außerdem sei der allgemeine Arbeitsmarkt in seiner jetzigen Form sei nicht in der Lage, alle Menschen mit Behinderungen aufzunehmen.
Rechtslage
Laut § 221 SGB IX stehen Menschen mit Behinderung im Arbeitsbereich anerkannter Werkstätten in einem „arbeitnehmerähnlichen“ Rechtsverhältnis.
Das arbeitnehmerähnliche Rechtsverhältnis bedeutet, dass arbeitsrechtliche und arbeitsschutzrechtliche Grundsätze angewandt werden müssen, insbesondere arbeitsrechtliche Grundsätze und Vorschriften über:
Arbeitszeit,
Urlaub,
Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und an Feiertagen,
Erziehungsurlaub (Elternzeit) und Mutterschutz,
Persönlichkeitsschutz und
Haftungsbeschränkung.
Der Inhalt des arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnisses wird unter Berücksichtigung des zwischen den Menschen mit Behinderung und dem Rehabilitationsträger bestehenden Sozialleistungsverhältnisses durch Werkstattverträge zwischen den Menschen mit Behinderung und dem Träger der Werkstatt näher geregelt.
Arbeitsentgelt
Die Werkstätten zahlen aus ihrem Arbeitsergebnis an die im Arbeitsbereich beschäftigten Menschen mit Behinderung ein Arbeitsentgelt, das sich aus einem Grundbetrag in Höhe des Ausbildungsgeldes, das die Bundesagentur für Arbeit nach den für sie geltenden Vorschriften Menschen mit Behinderung im Berufsbildungsbereich leistet, und einem leistungsangemessenen Steigerungsbetrag zusammensetzt. Der Steigerungsbetrag bemisst sich nach der individuellen Arbeitsleistung der Menschen mit Behinderung, insbesondere unter Berücksichtigung von Arbeitsmenge und Arbeitsgüte.
Die an Maßnahmen im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich teilnehmenden behinderten Menschen erhalten Lohnersatzleistungen von den zuständigen Rehabilitationsträgern, soweit die Bundesagentur für Arbeit zuständig ist, i. d. R. Ausbildungsgeld
Arbeitergebnis
Bei der Ermittlung des Arbeitsergebnisses der Werkstatt nach § 12 Absatz 4 der Werkstättenverordnung werden die Auswirkungen der Vergütungen auf die Höhe des Arbeitsergebnisses dargestellt. Das Arbeitsergebnis der Werkstatt darf nicht zur Minderung der Vergütungen nach Absatz 3 verwendet werden. Verluste aus den Vergütungsvereinbarung (können beispielsweise entstehen, wenn etwa tarifliche Erhöhungen im Vereinbarungszeitraum höher ausfallen als in der Vergütungsvereinbarung prognostiziert) dürfen nicht aus dem Arbeitsergebnis gedeckt werden. Erzielte Überschüsse aus den Vergütungsvereinbarungen fließen dagegen in das Arbeitsergebnis ein und müssen in dem in § 12 Abs. 5 Werkstättenverordnung (WVO) vorgeschriebenen Umfang auch für die Entlohnung der behinderten Menschen verwendet werden. Das bedeutet, dass das Arbeitsentgelt zwar angehoben werden darf, aber es darf nicht gekürzt werden.
Grundbetrag
Die Zahlung eines Grundbetrages in Höhe des Ausbildungsgeldes stellt sicher, dass die im Arbeitsbereich beschäftigten behinderten Menschen kein geringeres Arbeitsentgelt erhalten als den Betrag, den die überwiegende Zahl der behinderten Menschen in der Zeit der Maßnahme im Berufsbildungsbereich zuletzt erhalten hat.
Das Ausbildungsgeld nach § 125 SGB III wurde zum 1.8.2019 auf 117 EUR und zum 1.8.2020 auf 119 EUR monatlich erhöht.
Um eine finanzielle Überforderung der Werkstätten zu vermeiden wurde mit § 241 Abs. 9 SGB IX eine Übergangslösung geschaffen, durch die der Grundbetrag erst zum 1.1.2023 wieder die gleiche Höhe wie das Ausbildungsgeld erreicht.
Grundbetrag ab
Höhe mindestens
1. August 2019
80 EUR
1. Januar 2020
89 EUR
1. Januar 2021
99 EUR
1. Januar 2022
109 EUR
1. Januar 2023
119 EUR
Je nach wirtschaftlicher Situation der Werkstätten kann die Erhöhung des Grundbetrags dazu führen, dass der Steigerungsbetrag für leitungsstärkere Menschen in den Werkstätten geringer ausfällt.
Arbeitsgericht zum Mindestlohn
Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 19.6.2015: „Der gesetzliche Mindestlohn soll Arbeitnehmer vor Niedriglöhnen schützen und existenzsichernde Arbeitsentgelte sichern. Das setzt allerdings reguläre Austauschverhältnisse zwischen Arbeitsleistung und Entgelt voraus und umfasst nicht sozialstaatliche und sozialversicherungsrechtliche Aufgaben zur Teilhabe von schwerbehinderten Menschen am Arbeitsleben. Da für ein Werkstattverhältnis die soziale Betreuung und Anleitung von entscheidender Bedeutung ist, muss dieser Aspekt der angemessenen Vergütung für schwerbehinderte Menschen in Werkstätten berücksichtigt werden. Hierfür sind die Regeln für eine zweipolige Bewertung (Arbeit gegen Vergütung) nicht geeignet. Der Umstand, dass der Beschäftigte ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung erbringt, ist kein Kennzeichen für ein Arbeitsverhältnis, sondern Aufnahmevoraussetzung für die Werkstatt nach § 219 Abs. 2 SGB IX“
Forderungen
Behindertenverbände fordern eine umfassende Reform des „Systems“ der Behindertenwerkstätten. Zum einen die Umsetzung der UN-BRK. Außerdem müssten Behindertenwerkstätten endlich konsequent an ihrem Hauptauftrag, Werkstattbeschäftigte langfristig in Arbeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu bringen, gemessen werden. Eine umfassende Darstellung des Werkstatt-Systems hat das Projekt JOBinklusive auf seiner Homepage zusammengestellt.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat den Entwurf einer Verordnung zur Fortschreibung der Regelbedarfsstufen nach § 28a des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch für das Jahr 2022 (RBSFV 2022) vorgelegt. Die Regelsätze sollen demnach so aussehen:
Regelbedarfsstufen nach § 28 in Euro
Gültig
ab
Regel bedarfs stufe 1
Regel bedarfs stufe 2
Regel bedarfs stufe 3
Regel bedarfs stufe 4
Regel bedarfs stufe 5
Regel bedarfs stufe 6
1.1.2022
449
404
360
376
311
285
Das wären in allen Stufen jeweils 3 Euro mehr als 2021, Kinder unter 6 Jahren bekommen nur einen Zuschlag von 2 Euro.
Gesetzeskonforme Berechnung der Regelsätze
Grundlage für die Regelbedarfsermittlung ist die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS), die alle fünf Jahre vom Statistischen Bundesamt durchgeführt wird. Die EVS liefert statistische Angaben zu den Lebensverhältnissen der privaten Haushalte in Deutschland, insbesondere über deren Einkommens-, Vermögens- und Schuldensituation sowie die Konsumausgaben. In Jahren, für die keine Neuermittlung von Regelbedarfen nach § 28 SGB XII erfolgt – so wie im letzten Jahr – wird eine Fortschreibung der Regelbedarfsstufen vorgenommen. Die Höhe der jährlichen Fortschreibung der Regelbedarfsstufen ergibt sich aus der Berücksichtigung der Veränderungsraten zweier Größen, nämlich der Preisentwicklung regelbedarfsrelevanter Güter und Dienstleistungen einerseits und der Entwicklung der Nettolöhne und -gehälter je beschäftigten Arbeitnehmer andererseits (§ 28a SGB XII). Beide Entwicklungen münden in einen Mischindex, an dem die Preisentwicklung einen Anteil von 70 Prozent und die Nettolohn- und -gehaltsentwicklung einen Anteil von 30 Prozent hat.
Die Entwicklung der regelbedarfsrelevanten Preise beträgt +0,1 Prozent.
Die entsprechende Entwicklung der Nettolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer beläuft sich auf +2,31 Prozent.
Die Veränderungsrate für die Fortschreibung der Regelbedarfe beträgt demnach
70 Prozent von 0,1% = 0,07% plus 30 Prozent von 2,31% = 0,69% gleich: 0,76%.
Die aktuelle Berechnung ergibt also eine Erhöhung um 0,76%. Danach muss der Regelsatz 2022 für alleinstehende Erwachsene von 446 Euro auf 449 Euro steigen.
Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf
Der nach § 34 Absatz 3 SGB XII anzuerkennende Teilbetrag für ein erstes Schulhalbjahr eines Schuljahres wird kalenderjährlich mit dem in der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung bestimmten Prozentsatz fortgeschrieben. Der fortgeschriebene Wert wird kaufmännisch gerundet. Entsprechend steigt der Teilbetrag von bisher 103 Euro für das erste Schulhalbjahr auf 104 Euro (1,0076 X 103 Euro = 103,7828 Euro)). Der Betrag für das zweite Schulhalbjahr steigt dadurch auf 52 Euro.
Blanker Hohn
Der Paritätische hatte bereits früh vor einer ungenügenden Fortschreibung gewarnt und die zu geringe Erhöhung öffentlich kritisiert und die minimale Erhöhung gerade für Kinder als „blanken Hohn“ bezeichnet. Die Steigerung falle geringer aus als die Inflationsrate.
„Intransparent und für Laien nicht zu durchschauen! Grundrente startet mit vorhersehbaren Mängeln“ – so titelt die Pressemitteilung des Bundesverbandes der Rentenberater e.V. Er sieht deutlichen Verbesserungsbedarf bei Umsetzung der Grundrentenzuschläge.
Das „neue Grundrente“ ist zwar schon seit Januar 2021 in Kraft; seit Juli treffen nun die ersten Bescheide mit den errechneten Grundrentenzuschlägen ein. Aber: diese Bescheide erweisen sich als intransparent und nicht nachvollziehbar: „Leider bestätigt sich unsere Befürchtung, dass überhaupt nicht klar wird, wie die Zuschläge zustande kommen. Die Grundlagen für die Berechnung sind schlicht nicht aufgeführt und damit auch nicht nachvollziehbar. Die Betroffenen sollen offenbar dankbar nehmen was kommt und keine (weiteren) Fragen stellen.“, so Anke Voss, die Präsidentin des Bundesverbands der Rentenberater e.V.
Dieses Manko sei auch bei den regulären Bescheiden seit einiger Zeit bemerkbar, auch ihnen fehlen nun Berechnungsinformationen. Die Deutsche Rentenversicherung habe die Bescheide in einem mehrstufigen Prozess dahingehend ‚optimiert‘, was sowohl von Verbänden als auch von den Landessozialgerichten moniert worden sei.
In der gegenwärtigen Ausgestaltung können nur Experten überprüfen, ob wirklich alle infrage kommenden Zeiten des Arbeitslebens berücksichtigt und die Berechnungen korrekt ausgeführt wurden.
„Allem Anschein nach ist eine Überprüfung der Grundrentenzuschläge schlicht nicht gewollt. Zumindest sind die Hürden so hoch, dass sich viele Betroffene vermutlich einfach damit zufriedengeben werden.“, bedauert Voss.
Die Höhe des Grundrentenzuschlages hänge von sehr vielen, unterschiedlichen Faktoren ab. Betroffene können viele wichtige Aspekte erst erkennen, wenn es vielleicht schon zu spät ist – nämlich, wenn sie in Rente gehen. Mit entsprechendem Vorlauf lassen sich allerdings vor dem Renteneintritt noch die richtigen Weichen stellen.
Abbildung: pixabay, alexas_fotos-686414
Der neue Grundrentenzuschlag
Anspruchsvoraussetzungen – Berechnung – Verhältnis zu anderen Leistungen
„Versicherte erhalten die Leistungen der Pflegeversicherung auf Antrag. Die Leistungen werden ab Antragstellung gewährt, frühestens jedoch von dem Zeitpunkt an, in dem die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen. Wird der Antrag nicht in dem Kalendermonat, in dem die Pflegebedürftigkeit eingetreten ist, sondern später gestellt, werden die Leistungen vom Beginn des Monats der Antragstellung an gewährt.“ So steht es im Gesetz (§ 31 SGB XI). Das bedeutet in der Praxis, dass die rückwirkende Zahlung von Pflegegeld ausgeschlossen ist.
Mangelhafte Beratung
Das Bundessozialgericht (Az: B 3 P 5/19 R) hat nun entschieden, dass die Pflegekasse unter bestimmten Umständen für einen weitaus längeren rückwirkenden Zeitraum zahlen muss. Vorraussetzung ist,
dass die Pflegebedürftigkeit schon länger besteht und
dass die Beantragung der Leistungen wegen einer mangelhaften Beratung nicht zustande gekommen ist.
Im vorliegenden Fall entschied das BSG, dass die Eltern des Klägers im Krankenhaus unzureichend über mögliche Leistungen der Pflegeversicherung im Anschluss an die Tumorbehandlung ihres Sohnes beraten worden sind und die verspätete Antragstellung deshalb nicht seinem Begehren entgegensteht, Pflegegeld seit Eintritt der Pflegebedürftigkeit zu erhalten.
Beratung über mögliche Ansprüche erforderlich
Eine verspätete Antragstellung sei nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs aber dann unschädlich, wenn Versicherte von der Pflegekasse nicht ausreichend über mögliche Leistungen im Pflegefall beraten worden seien und deshalb eine rechtzeitige Beantragung von Pflegeleistungen unterlassen hätten. Das gelte vergleichbar, wenn in einem Krankenhaus über mögliche Ansprüche auf Pflegeleistungen im Anschluss an eine stationäre Versorgung unzureichend beraten worden sei, obwohl dazu objektiv Anlass bestanden habe. Das berühre nicht nur für die Pflegeversicherung grundsätzlich unbeachtliche Pflichten im Verhältnis zwischen Krankenhaus und Patient. Vielmehr hätten die Krankenhäuser insoweit (auch) sozialrechtliche Informations- und Beratungspflichten, deren Verletzung sich die Pflegekassen wie eigene Beratungsfehler zurechnen lassen müsse.
Teil des Entlassmanagements
Krankenversicherungsrechtliche Grundlage dessen sind die 2007 und 2012 eingeführten und seither sukzessive näher ausgeformten Vorschriften über das Versorgungs- und Entlassmanagement im Krankenhaus. Hiernach haben Versicherte Anspruch allgemein auf ein Versorgungsmanagement und umfasst die Krankenhausbehandlung im Besonderen ein Entlassmanagement zur Lösung von Problemen beim Übergang in die verschiedenen Versorgungsbereiche bzw. nach der Krankenhausbehandlung. Als Nebenleistung zur eigentlichen Behandlung können die Versicherten danach als Leistung der Krankenversicherung grundsätzlich alle Maßnahmen beanspruchen, die sicherstellen sollen, dass die Versorgung, auf die sie Anspruch haben, auch tatsächlich erreicht und wirksam wird. Zu erfüllen sind diese Ansprüche von den Krankenkassen mittels der beteiligten Leistungserbringer, die für eine sachgerechte Anschlussversorgung sorgen und von den Krankenkassen zu unterstützen sind.
Beratung auch über mögliche Folgen
Die Beratungsleistungen eines Krankenhauses nach dem Versorgungs- und Entlassmanagement, so das BSG-Urteil, habe sich auf alle Folgen zu erstrecken, die – hier bezogen auf einen etwaigen Pflegebedarf – nach Entlassung des Versicherten bei Behandlungsabschluss als möglich erscheinen könnten. Dazu müsse Pflegebedürftigkeit nicht bereits eingetreten sein oder mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald eintreten. Nach dem Zweck des Versorgungs- und Entlassmanagements müsse die Beratung vielmehr auch solche nicht fernliegende Komplikationen einbeziehen, die mit der jeweiligen Behandlung typischerweise einhergehen könnten und auf die Versicherte und Angehörige deshalb vorbereitet sein sollten. Dazu gehöre hier auch die ‑ aus Sicht des Krankenhauses bei Entlassung des Klägers noch nicht bestehende, aber objektiv nicht untypische ‑ Möglichkeit des Eintritts von Pflegebedürftigkeit, die sich schließlich alsbald nach der Krankenhausentlassung realisiert habe.
Überprüfung lohnt sich
Es lohnt sich also, wenn nach einer Krankenhausbehandlung Pflegebedürftigkeit eintritt, zu überprüfen, ob die dortige Beratung auf Leistungen der Pflegeversicherung hingewiesen hat.
Der GdB, Grad der Behinderung, ist die Kennzahl fürdie Schwere einer Behinderung.
Schwerbehinderung
Menschen sind schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt. Die Behinderung misst sich also nach dem Grad der Behinderung (im Folgenden mit GdB abgekürzt). Dieser GdB wird auf Antrag des Betroffenen festgestellt.
Bemessen wird der GdB in Zehnerschritten zwischen 20 und 100. Hat ein Mensch mehrere Beeinträchtigungen, so wird der GdB im Wege einer Gesamtschau festgesetzt.
Antrag beim Versorgungsamt
Der Antrag auf einen Schwerbehindertenausweis muss beim zuständigen Versorgungsamt bzw. der nach Landesrecht zuständigen Behörde gestellt werden.
Zur Prüfung werden vom Amt außer Angaben zur Person auch Angaben zu den Gesundheitsstörungen, zu ärztlichen Behandlungen, Krankenhausaufenthalten, Rehabilitationsverfahren etc. benötigt.
Beweislast beim Antragsteller
Der Antragsteller muss also beweisen, dass und wie sehr er beeinträchtigt ist, er hat die Beweislast.
Verschlechtert sich der Gesundheitszustand, kann ein Antrag zur Neufeststellung des GdB (sog. Verschlimmerungsantrag) gestellt werden. Hierzu ist wie beim Erstantrag zu verfahren. Behandelnde Ärzte und Krankenhäuser werden dann erneut um Auskunft gebeten.
Ergibt die Prüfung der Voraussetzungen, dass sich der Gesundheitszustand gebessert hat oder die vorherige Bewertung unrichtig war, kann der GdB herabgesetzt werden.
Beweislast beim Versorgungsamt
An diesem Punkt ändert sich nun die Beweislast. Die hat nämlich nun das Versorgungsamt. Dies hat jetzt das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 09.04.2020 zum Aktenzeichen L 13 SB 91/18 entschieden: Die Beweislast in diesen Absenkungsverfahren trägt das Versorgungsamt.
In dem Verfahren war das Versorgungsamt war der Ansicht, dass der sich gegen die Absenkung wendende Kläger nachweisen müsse, dass die Voraussetzungen des bisherigen GdB weiterhin vorliegen. Dem folgte das Landessozialgericht nicht. Lässt sich bei einer Absenkung des bisherigen GdB nicht nachweisen, dass die Voraussetzungen des bisherigen GdB nicht mehr gegeben sind, kann das Versorgungsamt keine Absenkung vornehmen. Daher hat das Gericht den Absenkungsbescheid des Versorgungsamtes aufgehoben und der Kläger behielt seinen bisherigen GdB.
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), das oberste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung im deutschen Gesundheitswesen, hat noch einmal einige Sonderregelungen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie bis 30. September verlängert.
Telefonische Krankschreibung
Bei leichten Atemwegserkrankungen können sich Versicherte auch weiterhin telefonisch krankschreiben lassen. Auch wenn die Infektionszahlen deutlich zurückgehen, ist noch immer ein bundesweit relevantes COVID-19-Infektionsgeschehen zu verzeichnen. Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung sind daher nach wie vor notwendig. Mit der Sonderregelung können Versicherte, die an leichten Atemwegserkrankungen leiden, telefonisch bis zu 7 Tage krankgeschrieben werden. Für weitere 7 Kalendertage können niedergelassene Ärztinnen und Ärzte eine Folgebescheinigung der Arbeitsunfähigkeit telefonisch ausstellen.
Telefonische Beratung in der ASV
In der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (ASV), einem Angebot für Menschen mit komplexen, schwer therapierbaren und/oder seltenen Erkrankungen, bleibt die telefonische Beratung für alle Patientengruppen ebenfalls bis 30.09.2021 erhalten.
Weiter epidemische Lage
Einige Corona-Sonderregelungen des G-BA verlängern sich automatisch, nachdem der Bundestag am 11.06.2021 weiterhin eine epidemische Lage von nationaler Tragweite festgestellt hat. Sie gelten damit nun bis zum 30. September 2021, es sei denn, der Bundestag hebt das Fortbestehen der epidemischen Lage vorher auf.
Es geht um folgende Sonderregelungen:
Disease-Management-Programme (DMP): Um eine mögliche Ansteckung mit COVID-19 zu vermeiden, müssen Patientinnen und Patienten auch weiterhin nicht verpflichtend an Schulungen teilnehmen. Die quartalsbezogene Dokumentation von Untersuchungen der in ein DMP eingeschriebenen Patientinnen und Patienten ist ebenfalls weiterhin nicht erforderlich, sofern die Untersuchung aufgrund des Infektionsschutzes nicht durchgeführt bzw. nicht erhoben werden konnte.
Entlassmanagement: Krankenhausärztinnen und -ärzte können weiterhin im Rahmen des Entlassmanagements eine Arbeitsunfähigkeit für bis zu 14 Kalendertagen statt bis zu 7 Tagen nach einer Entlassung aus dem Krankenhaus bescheinigen. Ebenso können sie für bis zu 14 Tage häusliche Krankenpflege, spezialisierte ambulante Palliativversorgung, Soziotherapie sowie Hilfs- und Heilmittel verordnen, insbesondere dann, wenn der zusätzliche Gang zur Arztpraxis vermieden werden soll. Außerdem können Arzneimittel bei der Entlassung aus dem Krankenhaus wie bisher flexibler verordnet werden.
Kinderuntersuchungen U6 bis U9: Für die Kinder-Früherkennungsuntersuchungen U6, U7, U7a, U8 sowie U9 gilt weiterhin: Die vorgegebenen Untersuchungszeiträume und Toleranzzeiten können überschritten werden. Diese Nachfrist hat der G-BA vorgesehen, um den Eltern und Kinderarztpraxen das Nachholen der U-Untersuchungen problemlos zu ermöglichen.
Krankentransport: Krankentransportfahrten zu nicht aufschiebbaren zwingend notwendigen ambulanten Behandlungen von nachweislich an Corona erkrankten Versicherten oder von Versicherten, die aufgrund einer behördlichen Anordnung unter Quarantäne stehen, bedürfen wie bisher vorübergehend nicht der vorherigen Genehmigung durch die Krankenkasse.
Warum Sonderregelungen?
Hauptsächliches Ziel aller Sonderreglungen ist es, weiterhin unnötige Kontakte zu reduzieren und die mit Impfungen ausgelasteten Arztpraxen nicht zusätzlich zu belasten, da trotz zurückgehender Inzidenzen Infektionsrisiken nicht auszuschließen sind.
Die Eigenanteile bei den Heimkosten steigen immer weiter. Sie sind für immer mehr Heimbewohner nicht mehr tragbar. Der Anteil der Heimbewohner, der auf Sozialhilfe angewiesen ist, steigt. Die Aussicht, im Alter bei Pflegebedürftigkeit nach vielen Jahren Arbeit seine komplette Rente abgeben zu müssen, dazu noch Sozialhilfe beantragen zu müssen und dann mit einem mickrigen Taschengeld abgespeist zu werden, ist nicht gerade verlockend.
Entlastung angekündigt…
Umso erfreulicher klingt die Ankündigung von Gesundheitsminister Spahn zu der Pflegereform, die in den nächsten Wochen in den Parlamenten beraten wird:
»Wir entlasten die Pflegebedürftigen nach mehr als 24 Monaten Pflege durchschnittlich um rund 410 Euro im Monat, nach mehr als 36 Monaten Pflege sogar um rund 638 Euro im Monat.«
… aber nur für eine Minderheit
Als erstes fällt auf, dass die Mehrheit der Heimbewohner von vornherein ausgeschlossen ist. Denn die meisten Heimbewohner bleiben gar keine zwei Jahre dort. Sie sterben vorher.
Zuzahlung über 2.000 Euro
Die gesamten Zuzahlungen eines Pflegebedürftigen bei Heimunterbringung belaufen sich gegenwärtig bei erheblicher Streuung schon auf der Ebene der Bundesländer (die zwischen einzelnen Heimen nochmals größer sein können bzw. sind) auf durchschnittlich 2.068 Euro pro Monat. Davon entfallen 831 Euro auf die nicht über die Leistungen der Pflegeversicherung gedeckten pflegebedingten Kosten der Versorgung. Und bei diesem Posten sollen die Pflegebedürftigen entlastet werden.
Im vierten Jahr 75 Prozent
Nach 24 Monaten soll laut neuestem Gestzentwurf die Entlastung 45 Prozent des Eigenanteils betragen. Im zweiten Jahr sind es 25 Prozent, im ersten Jahr noch gewaltige 5 Prozent. Ab dem vierten Jahr steigt die Entlastung dann sogar auf 75 Prozent. Immerhin ein Segen für die wenigen, die so lange in einem Pflegeheim überleben.
Eigenanteil höher gerechnet
Die Entlastung nach 24 Monaten beträgt also laut Gestzentwurf 45 Prozent von 831 Euro, das sind 374 Euro. Aber hieß es nicht, die Entlastung solle 410 Euro betragen? In der Gesetzesbegründung klärt sich das auf: Dort geht man von einem durchschnittlichen Eigenanteil von 911 Euro aus, also rund 10 Prozent mehr als jetzt.
Offenbar sollen das die Mehrkosten für die geplante Erhöhung der Pflegelöhne sein, die ja alle nach Tarif bezahlt werden sollen. Allerdings erst ab 1. September 2022. Auch an der Umsetzung dieses Punktes gibt es erhebliche Zweifel, aber das ist ein anderes Thema.
Fazit
Fazit ist, dass das Versprechen über die Entlastung bei der Eigenbeteiligung, freundlich ausgedrückt, beschönigend ist. Es beruht auf Zahlen, die (noch) gar nicht existieren. Und: Eine spürbare Entlastung wird es nur für einen geringen Teil der Betroffenen geben.
Selbst, wenn man die höchste versprochene Entlastung nimmt, also für einen Pflegeheimbewohner nach mehr als drei Jahren Verweildauer, bedeutet das für ihn, das er insgesamt immer noch eine Gesamtzuzahlung von mehr als 1.500 Euro zahlen muss. Zu viel bei einer Durchschnittsrente von 700 bis 800 Euro (Frauen) und 1150 bis 1250 Euro (Männer).