Entlastung bei den Heizkosten im Wohngeld

Noch ist das neue Wohngeldgesetz nicht im Bundesgesetzblatt erschienen, also noch nicht rechtskräftig, schiebt das Innenministerium den Entwurf eines Gesetzes zur Entlastung bei den Heizkosten im Wohngeld im Kontext der CO2-Bepreisung nach.

Schon während des Gesetzgebungsverfahrens zum Wohngeld war von vielen Seiten bemängelt worden, dass es keine Klimakomponente enthielte. Die Klimakomponente sollte dazu dienen, Wohngeldhaushalten zu ermöglichen, Wohnungen mit höheren Energiestandards anzumieten bzw. ihre Wohnungen nach energetischen Sanierungen zu behalten. Nun gibt es also immerhin eine Regelung, mit der Wohngeldempfänger bei den Heizkosten entlastet werden sollen, wenn die CO2-Bepreisung durch das Klimaschutzprogramm 2030 steigt.

Das Klimaschutzprogramm 2030 sieht eine CO2-Bepreisung für die Sektoren Wärme und Verkehr ab 2021 vor. Um Wohngeldhaushalte entsprechend zu entlasten sieht der Gesetzentwurf eine nach Haushaltsgröße gestaffelte CO2-Komponente vor um soziale Härten zu vermeiden. Dies soll ebenfalls ab 1.1.2021 geschehen.

Geplant ist, den Absatz 6 im § 12 Wohngeldgesetz wieder einzuführen. Dieser Absatz (Heizkostenkomponente) wurde 2010 gestrichen, weil er durch höhere Wohngeldleistungen überflüssig geworden sei.

Der neu gefasste § 12 Absatz 6 WoGG weist die Beträge zur Entlastung bei den Heizkosten aus, die pauschal nach der Anzahl der zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder gestaffelt sind. Sie orientieren sich an der für den jeweiligen Haushalt maßgeblichen Richtfläche. Dadurch bedarf es keiner zusätzlichen Begrenzung durch einen Höchstbetrag. Als Richtflächen sind dieselben Flächen zugrunde gelegt, die auch den Höchstbeträgen zugrunde liegen, das heißt

  • für eine Person 48 qm,
  • für zwei Personen 62 qm
  • und für jede weitere Person weitere 12 qm.

Je Quadratmeter Richtfläche wird ein Betrag von 0,30 Euro angesetzt. Als monatliche Beträge zur Entlastung bei den Heizkosten ergeben sich somit folgende Werte für die jeweilige Haushaltsgröße:

Anzahl der zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder Betrag zur Entlastung bei den Heizkosten in Euro
1 14,40
2 18,60
3 22,20
4 25,80
5 29,40
Mehrbetrag für jedes weitere zu berücksichtigende Haushaltsmitglied 3,60

Die Entlastung bei den Heizkosten soll die bisherigen Rechenschritte zur Berechnung der Miete beziehungsweise Belastung unberührt lassen, indem die bisherige zu berücksichtigende Miete beziehungsweise Belastung um die in § 12 Absatz 6 WoGG genannten Beträge aufgestockt wird. Dadurch kann sich im Einzelfall die anrechenbare Miete oder Belastung über den Höchstbetrag hinaus erhöhen.
Auch nach Fortschreibung des Wohngeldes alle zwei Jahre, zum ersten Mal am 1.1.2022, stockt die CO2-Komponente von 0,30 Euro je qm Richtfläche die zu berücksichtigende Miete oder Belastung auf.

Quelle: Bundesministerium des Innern, Bundesregierung, FOKUS-Sozialrecht

Abbildung:  pixabay.com cat-333075_1280.jpg

 

SGB XIV – Soziales Entschädigungsrecht

Am 29.11.2019 wird der Bundesrat höchstwahrscheinlich das neue 14. Buch Sozialgesetzbuch verabschieden. Dazu liegen der Gesetzentwurf der Bundesregierung und Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales vor.

Geplant für 2024

Das neue Recht soll grundsätzlich am 01.01.2024 in Kraft treten. Den Ländern, die für die Durchführung zuständig sind, soll genügend Zeit gegeben werden, um die erforderlichen organisatorischen und strukturellen Veränderungen in der Verwaltung vorzunehmen.

Rückwirkende Regelungen

Einige Regelungen sollen bereits rückwirkend zum 01.07.2018 in Kraft treten. Es handelt sich dabei um Regelungen, die die Situation von Gewaltopfern einschließlich Terroropfern verbessern sollen: Die Waisenrenten und das Bestattungsgeld sollen erhöht werden, die Leistungen für Überführungskosten verbessert und inländische und ausländische Gewaltopfer sollen gleichbehandelt werden. Wir berichteten darüber im Juni 2019.

Weitere Inhalte:

  • Die Entschädigungszahlungen werden wesentlich erhöht.
  • Traumaambulanzen sollen eine verpflichtende gesetzliche Grundlage erhalten.
  • Schnelle Hilfen werden als neue Leistungen eingeführt.
  • Opfer von psychischer Gewalt (z. B. Opfer von schwerem Stalking und von Menschenhandel) sollen eine Entschädigung erhalten können, Schockschadensopfer können einen gesetzlichen Anspruch auf Leistungen nach dem Sozialen Entschädigungsrecht erhalten.
  • Für die Krankenbehandlung werden, aufbauend auf den Leistungen nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), den Berechtigten weitergehende Leistungen zur Verfügung gestellt. Einen Schwerpunkt bilden dabei Mehrleistungen im Bereich psychotherapeutischer Maßnahmen.
  • Leistungen bei Pflegebedürftigkeit der Sozialen Entschädigung werden auf der Grundlage des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) erbracht.
  • Schädigungsbedingte Einkommensverluste von Geschädigten werden ausgeglichen.
  • Die Leistungen sollen grundsätzlich ohne den Einsatz von Einkommen und Vermögen erbracht werden. Dadurch soll der Teilhabegedanke gestärkt werden.

Nachbesserungen angeregt

Einige Expertinnen forderten allerdings auch Nachbesserungen hinsichtlich Trauma-Ambulanzen, die auch Kindern und Jugendlichen gerecht werden, hinsichtlich Bestandsschutzlücken für Altfälle, der Berücksichtigung von Opfern häuslicher Gewalt und hinsichtlich Zahlungen von Entschädigungsleistungen ins Ausland. Es wurde zudem appelliert, die bisher bewährten Wege der Hilfe über die spezifischen Fachberatungsstellen nicht zu ignorieren und diese in das Konzept der Schnellen Hilfen aufzunehmen.

Quellen: Bundestag, FOKUS-Sozialrecht, SOLEX, reha-recht.de

Abbildung: Fotolia_63831114_Subscription_XXL.jpg

 

Freibetrag bei der betrieblichen Altersversorgung

Teil des Beschlusses zur Grundrente am letzten Wochenende war die Entlastung der Betriebsrentner bei den Krankenkassenbeiträgen.

Volle Beiträge seit 2004

Seitdem zum 1.1.2004 durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung der § 248 SGB V geändert wurde, letztlich um die damaligen großen Defizite der Krankenkassen zu lindern, müssen Rentner auf ihre Versorgungsbezüge und Betriebsrenten den vollen Beitragssatz zahlen, inklusive „Arbeitgeberanteil“.  Das sind derzeit 14,6 Prozent – also sowohl den Arbeitnehmer- als auch den Arbeitgeberanteil von jeweils 7,3 Prozent. Dazu kommen der Zusatzbeitrag von derzeit im Schnitt 1,1 Prozent und die Beiträge für die Pflegeversicherung (3,05 Prozent plus 0,25 Prozentpunkte für Kinderlose).

Halbierung zu teuer

Der Versuch, Anfang des Jahres, die Beitragssätze einfach zu halbieren, scheiterte an den Kosten von jährlich drei Milliarden Euro. Allerdings gewinnt die Betriebsrente, als wichtige Säule der Altersvorsorge gepriesen, dadurch nicht an Attraktivität.

Die Freibetrags-Lösung

Die neue Lösung kostet die Krankenkassen nur noch 1,2 Milliarden. Die Lösung besteht in der Einführung eines Freibetrags, der letztlich dazu führt, dass von jeder Betriebsrente etwa 25 Euro Krankendersicherungsbeiträge weniger abgezogen werden. Bei Betriebsrenten, die unter 320 Euro liegen, das sind ca. 60 % der Betriebsrentner, bedeutet dies, dass sie faktisch nur noch höchstens die Hälfte der Krankenkassenbeiträge bezahlen müssen. Die restlichen 40 % – das sind Empfänger von Betriebsrenten, die höher als 320 Euro im Monat betragen – sparen monatlich aber auch etwa 25 Euro. Ein Rentner, der 800 Euro Betriebsrente bekommt, müsste also nicht mehr die vollen KV-Beiträge bezahlen (15,7%), sondern nur noch 80 % davon (12,57 %).

Es gilt weiterhin die Freigrenze, ab der überhaupt Versicherungsbeiträge zu zahlen sind. Die Freigrenze liegt bei 5% der monatlichen Bezugsgröße, das sind im Jahr 2020: 159,25 Euro. Betriebsrenten unter dieser Freigrenze sind beitragsfrei.
Neu eingeführt wird ein Freibetrag, ebenfalls in Höhe von 5% der monatlichen Bezugsgröße, also 159,25 Euro. Dieser wird von der tatsächlichen Betriebsrente abgezogen. Von der Differenz werden die Krankenkassenbeiträge errechnet.

Beispiele

Beispiel 1: eine Betriebsrente von 180 Euro:

  • Sie liegt über der Freigrenze von 159,25, ist also beitragspflichtig.
  • 2019: KV-Beitrag 28,26 Euro.
  • 2020: 180 Euro minus Freibetrag = 20,75 Euro -> KV-Beitrag 3,26 Euro.

Beispiel 2: eine Betriebsrente von 320 Euro:

  • Sie liegt über der Freigrenze von 159,25, ist also beitragspflichtig.
  • 2019: KV-Beitrag 50,24 Euro.
  • 2020: 320 Euro minus Freibetrag = 160,75 Euro -> KV-Beitrag 25,24 Euro.

Beispiel 3: eine Betriebsrente von 700 Euro:

  • Sie liegt über der Freigrenze von 159,25, ist also beitragspflichtig.
  • 2019: KV-Beitrag 109,90 Euro.
  • 2020: 700 Euro minus Freibetrag = 540,75 Euro -> KV-Beitrag 84,90 Euro.

Die neue Regelung gilt übrigens nicht für die Pflegeversicherung. Hier bleibt es bei der Freigrenze, es gibt aber keinen Freibetrag. Das führt dazu, dass der Rentner mit 180 Euro Betriebsrente mehr für die Pflegeversicherung zahlen muss, nämlich 5,49 Euro, als für die Krankenversicherung (3,26 Euro).

Die Regelung soll zum 1.1.2020 in Kraft treten.

Quellen: Bundesregierung, portal-sozialpolitik.de, FOKUS-Sozialrecht

Abbildung: Fotolia_48139166_Subscription_XXL.jpg

 

 

Seminar: BTHG 2020

Was kommt auf rechtliche Betreuer und Bevollmächtigte zu?

Mit der am 1. Januar 2020 in Kraft tretenden 3. Reformstufe des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) ändern sich nicht nur die Vorgaben zur Eingliederungshilfe (EGH), sondern auch zur Grundsicherung (GruSi) gravierend. Damit kommen auf die rechtlichen Betreuer – insbesondere mit den Aufgabenkreisen Gesundheitsvorsorge, Vermögenssorge, Wohnungsangelegenheiten oder Vertretung gegenüber Behörden – komplizierte Aufgaben zu.

Inhalte des Seminars:

  • Kurzer Überblick über alle Reformstufen des BTHG:
    Was ist bereits in Kraft, was gilt ab 1.1.2020, was folgt noch zum 1.1.2023
  • Änderungen im Leistungsrecht:
    Neuerungen der Teilhabe am Arbeitsleben und der Sozialen Teilhabe
  • Änderungen im Sozialverwaltungsverfahren für die Eingliederungshilfe:
    Antragserfordernis für Leistungen, Beteiligung der Betreuer bzw. des Bevollmächtigten am Teilhabeplan- und Gesamtplanverfahren, neue Regeln zur Bedarfsermittlung
  • Veränderte Rechtsgrundlage der Eingliederungshilfe im SGB IX ab 1.1.2020:
    aus 8 Eingliederungshilfe-Paragrafen im SGB XII werden 61 neue Vorschriften im 2. Teil des SGB IX – mit vollständig neuen Inhalten und Definitionen
  • Änderungen im SGB XII zum 1.1.2020:
    Auswirkungen auf die Grundsicherung in stationären Einrichtungen und in der Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM)
  • Neue Vorgaben zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen und Auswirkungen auf die Leistungen
  • Neue Personenzentrierung, Trennung von Fachleistung und Lebensunterhalt, Auswirkungen auf Verträge der (stationären) Leistungserbringer
  • Reform der Kosten der Unterkunft und Übergangsregelungen
  • Neuer Mehrbedarfstatbestand ab 1.1.2020 im künftigen § 42b SGB XII

Fakten zum Seminar:

Dauer: 1 Tag, 10 bis 17 Uhr
Ort + Zeit:

  • 20.11.2019, München,
  • 04.12.2019, Frankfurt am Main
  • 27.01.2020, Hamburg
  • 29.01.2019, Kassel

Teilnahmegebühr: 299,00 EUR  inkl. MwSt. (249,00 EUR für Frühbucher)

>> Weitere Infos und Anmeldung!


Nicht das richtige Seminar für Sie?

Kalendereintrag: Fortbildung
© fovito – stock.adobe.com

Planen Sie jetzt Ihre berufliche Weiterbildung. Informieren Sie sich über unsere Praxisseminare und Workshops.

>> Hier erfahren Sie mehr!

Grundrente – viel zu rechnen

Viele neue Rechenaufgaben gilt es zu lösen, wenn der Kompromiss in Sachen Grundrente Gesetz wird.

Aufgabe 1:  Wer hat Anspruch?

Die Grundrente ist ein Zuschlag auf die Rentenansprüche von Geringverdienern, die 35 Beitragsjahre durch Arbeit, Kindererziehung oder Pflege haben. Allerdings ist die 35-Jahre-Grenze nicht starr. Es soll eine Gleitzone geben, damit auch Menschen mit etwas weniger als 35 Beitragsjahren nicht knallhart ausgeschlossen werden. Dafür müssen die jeweiligen Abschläge berechnet werden.

Aufgabe 2: Wie hoch ist die Grundrente?

Bekommen soll die Grundrente, wer weniger als 80 Prozent Beiträge gezahlt hat als ein Durchschnittsverdiener, aber mehr als 30 Prozent. Der daraus resultierende Rentenanspruch wird dann verdoppelt, darf aber 80 % der Durchschnittsrente nicht übersteigen. Von dem Rentenzuschlag müssen dann noch mal 12,5 % abgezogen werden. Damit soll weiterhin, zumindest ein wenig, das Äquivalenzprinzip gelten, wonach die Rente eigentlich von der Höhe der Beitragszahlungen abhängt.

Aufgabe 3: Einkommensfreibetrag

Eine umfassende Bedürftigkeitsprüfung wie bei den Sozialleistungen soll es nicht geben. Grundrente sollen aber auch nicht diejenigen erhalten, die sie gar nicht nötig haben. Daher soll die Steuerverwaltung den Rentenkassen das zu versteuernde Einkommen unter Hinzuziehung des steuerfrei gestellten Anteils der Rente und aller Kapitalerträge übermitteln. Bis zu einem monatlichen Einkommen von 1.250 Euro für Alleinstehende und 1.950 Euro für Paare wird die Grundrente in voller Höhe bezahlt. Auch hier soll es keine starre Grenze geben, daher müssen gegebenenfalls Abschläge berechnet werden, wenn das Einkommen geringfügig höher ist.

Aufgabe 4: Ergänzende Freibeträge

Damit die Grundrente nicht direkt wieder durch Kürzungen beim Wohngeld oder bei der Grundsicherung im Alter ins Leere läuft, wird es für diese Bereiche Freibträge geben, ähnlich wie bei den jetzt schon existierenden Freibeträgen für bei betrieblicher oder privater Altersvorsorge.

Die Grundsicherung soll zum 1.1.2021 Gesetz werden. Bis dahin müssen Finanz- und Rentenverwaltung ihren Datenaustausch aufbauen. Die Rentenversicherung soll die Grundrente für jeden Anspruchsberechtigten automatisch berechnen, so die Vorgabe. Die Rechenaufgaben müssen also zu allererst dort gelöst werden.

Quelle: ARD, Spiegel, Wirtschaftswoche

Abbildung: pixabay.com dependent-100345_1280.jpg

 

Digitale-Versorgung-Gesetz

Gesundheits – Apps auf Rezept und Online-Sprechstunden will das Digitale-Versorgung-Gesetz ermöglichen, dass die Bundesregierung am 7.11.19 im Entwurf vorgelegt hat. Heftig diskutiert wird darüber, ob der Datenschutz ausreichend gewährleistet ist.

Datenschutzbedenken

Die Krankenkassen sollen, so steht es im Gesetzentwurf, die Persönlichen Daten der Versicherten für die Forschung freigeben, ohne dass dies ihr Einverständnis dazu erteilen. Die Krankenkassen müssen die Daten an den Spitzenverband der Kassen melden, der sie dann für die Forschung freigibt. Der Spitzenverband soll die Daten zwar pseudonymisieren, aber nicht verschlüsseln. Datenschutzexperten kritisieren das Vorhaben und auch aus dem Bundesrat gibt es Bedenken.

Inhalt des Entwurfs

Der Gesetzentwurf sieht im einzelnen Folgendes vor:

  • Es wird ein Leistungsanspruch der Versicherten auf digitale Gesundheitsanwendungen geschaffen und ein Verfahren beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte etabliert, mit dem über die Leistungserbringung in der Regelversorgung entschieden wird.
  • Es werden Apotheken und Krankenhäusern Fristen zum Anschluss an die Telematikinfrastruktur gesetzt. Weitere Leistungserbringer erhalten die Möglichkeit sich freiwillig anzuschließen (Hebammen und Entbindungspfleger, Physiotherapeutinnen und -therapeuten sowie Pflegeeinrichtungen).
  • Telekonsilien werden in größerem Umfang ermöglicht und extrabudgetär vergütet. Die Möglichkeiten der Inanspruchnahme einer Videosprechstunde werden vereinfacht.
  • Der freiwillige Beitritt zu einer gesetzlichen Krankenkasse kann elektronisch erfolgen. Zudem dürfen Kassen auf elektronischem Wege über innovative Versorgungsangebote informieren. Der Einsatz des elektronischen Arztbriefes wird weiter gefördert und die Voraussetzungen für die elektronische Verordnung von Heil-und Hilfsmitteln in den Regelwerken der Selbstverwaltung geschaffen.
  • Krankenkassen können die Entwicklung digitaler Innovationen fördern und dazu im Rahmen des Erwerbs von Investmentvermögen bis zu 2 Prozent ihrer Finanzreserven einsetzen.
  • Die Förderung über den Innovationsfonds wird bis 2024 mit 200 Millionen Euro jährlich fortgeführt. Das Förderverfahren wird an mehreren Stellen weiterentwickelt. Zudem kann zukünftig die Entwicklung von Leitlinien über den Innovationsfonds gefördert werden.
  • Es wird ein Verfahren geschaffen, mit dem nachweislich erfolgreiche Versorgungsansätze aus Vorhaben des Innovationsfonds in die Regelversorgung überführt werden.
  • Bestehende gesetzliche Regelungen zur Datentransparenz im Kontext der Nutzung von Sozialdaten der Krankenkassen zu Forschungszwecken werden erweitert und die Datenaufbereitungsstelle zu einem Forschungsdatenzentren weiterentwickelt.

Quelle: Bundestag, RND (Redaktionsnetzwerk Deutschland)

Abbildung: pixabay.com doctor-4187242_1280.jpg

Bundesratsbeschlüsse vom 8.11.2019

Für das Gebiet Sozialrecht relevant sind einige der behandelten Themen der heutigen Bundesratsitzung. Hier aufgelistet sind die Beschlüsse, die nur noch der Unterschrift des Bundespräsidenten bedürfen und dann im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden, um dann rechtskräftig zu werden.

Bessere Löhne in der Pflege (Pflegelöhneverbesserungsgesetz)

Das Gesetz ermöglicht dem Bundesarbeitsministerium, eine Tarifvereinbarungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern in der Pflegebranche für allgemeinverbindlich zu erklären. Die Pflegekommission soll ausdrücklich Empfehlungen zu Arbeitsbedingungen aussprechen und Mindestlöhne definieren. Das Bundesarbeitsministerium kann diese Empfehlungen wiederum per Verordnung für allgemeinverbindlich erklären, wenn für den Bereich nicht bereits ein Tarifvertrag gilt.

Eingliederungszuschuss verlängert

Der Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales hat das Pflegelohnverbesserungsgesetz genutzt um das SGB III -Instrument „Eingliederungszuschuss“ (§ 88) um vier Jahre zu verlängern. Danach können Arbeitgeber 3 Jahre lang einen Eingliederungszuschuss erhalten, wenn sie ältere Arbeitsnehmer mit Vermittlungshemmnissen beschäftigen. Der Bundesrat hat dem zugestimmt.

Reform der Hebammenausbildung

Ab 2022 werden Hebammen und Entbindungshelfer nur noch durch ein mindestens 6 Semester dauerndes duales Studium ausgebildet. Die Praxisanteile werden im Krankenhaus oder im ambulanten Bereich absolviert, beispielsweise bei einer freiberuflichen Hebamme oder in einem Geburtshaus. Während des Studiums erhalten die angehenden Hebammen eine Vergütung. Dem Gesetz stimmte der Bundesrat, fordert aber eine baldige Gesetzesänderung fü eine Übergangslösung, weil es zur Zeit kein ausreichendes Personal an den Hochschulen gebe, das die nunmehr gesetzlich vorgeschriebenen Anforderungen erfüllen könne.

Reform der Psychotherapeutenausbildung

Ebenfalls zugestimmt hat der Bundesrat der Reform der Psychotherapeutenausbildung. Damit können Universitäten und gleichgestellte Hochschulen ab dem Wintersemester 2020 einen eigenen Studiengang Psychotherapie anbieten.
Allerdings hat der Bundesrat eine Entschließung angefügt, in der die Regierung aufgefordert wird, Teile des Gesetzes noch mal zu überdenken. Unter anderem geht es um die vorgesehene Regelung in § 92 Absatz 6a Satz 1 und Satz 4 SGB V. Der Bundesrat sieht die Gefahr, dass zusätzliche Hürden für psychisch kranke Menschen aufgebaut werden und dadurch der Zugang zur Psychotherapie eher noch erschwert wird. So könnte die wichtige Niederschwelligkeit nicht mehr gegeben sein, wenn Patienten sich an mehreren Stellen offenbaren müssen.
Mit ähnlichen Argumenten wurde Ende letzten Jahres schon eine Petition eingereicht, als dieser Änderungsversuch noch im Gesetzentwurf zum Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) versteckt war. Damals wurde der Passus gestrichen, im Psychotherapeutengesetz taucht er wieder auf, der Bundesrat lehnt ihn ab, die Regierung belässt ihn aber trotz aller geäußerter Bedenken im Gesetz.

SED-Unrecht

  • Opfer politischer Verfolgung in der DDR können auch über 2019 hinaus einen Antrag auf Rehabilitierung stellen.
  • Es gibt eine Anhebung der Entschädigung und Renten. Danach erhöht sich die einkommensunabhängige Ausgleichszahlung für eine rechtsstaatswidrige Inhaftierung in der DDR von 214 auf 240 Euro monatlich. Die sogenannten SED-Opferrenten steigen um 30 Euro, also auf 330 Euro im Monat.
  • Die Rehabilitierung von Heimkindern in der DDR wird vereinfacht.
  • Auch verfolgte Schülerinnen und Schüler können weiterhin Rehabilitierung geltend machen.
  • Die für die Rehabilitierung erforderliche Haftdauer wird auf 90 Tage abgesenkt.

Wohngeldreform

Das Wohngeld für Geringverdiener wird ab 1.1.2020 steigen. Die erhöhten Beträge orientieren sich an der allgemeinen Entwicklung der Mieten und der Einkommen. Ab dem 1. Januar 2022 wird der Zuschuss alle zwei Jahre an eingetretene Miet- und Einkommensentwicklungen angepasst.
Eine Anpassung der Parameter bei der Wohngeldformel soll dazu führen, dass statt 480.000 Haushalte zukünftig 660.000 Haushalte Wohngeld bekommen können.

Quellen: Bundesrat, Bundestag, FOKUS-Sozialrecht

Abbildung: Fotolia_bundesrat.jpg

BVG zu Hartz IV – Sanktionen

Heute, am 5.11.2019 urteilte das Bundesverfassungsgericht, dass nur „milde“ Sanktionen verfassungsgemäß sind, also Kürzungen bis 30%. Und die dürfen auch nicht zwingend über drei Monate gehen, sondern sofort enden, wenn der Leistungsbezieher seinen Mitwirkungspflichten nachkommt.

30 % Minderung möglich

Der Gesetzgeber, so das Verfassungsgericht, könne die Inanspruchnahme existenzsichernder Leistungen an den Nachranggrundsatz binden, solche Leistungen also nur dann gewähren, wenn Menschen ihre Existenz nicht selbst sichern können. Er könne erwerbsfähigen Bezieherinnen und Beziehern von Arbeitslosengeld II auch zumutbare Mitwirkungspflichten zur Überwindung der eigenen Bedürftigkeit auferlegen, und dürfe die Verletzung solcher Pflichten sanktionieren, indem er vorübergehend staatliche Leistungen entzieht. Aufgrund der dadurch entstehenden außerordentlichen Belastung gelten hierfür allerdings strenge Anforderungen der Verhältnismäßigkeit; der sonst weite Einschätzungsspielraum des Gesetzgebers sei hier beschränkt.

Mehr als 30% Minderung ist verfassungswidrig

Das bedeutet, die Sanktionen sind mit dem Grundgesetz dann nicht vereinbar, wenn die Minderung nach wiederholten Pflichtverletzungen innerhalb eines Jahres die Höhe von 30 % des maßgebenden Regelbedarfs übersteigt oder gar zu einem vollständigen Wegfall der Leistungen führt. Mit dem Grundgesetz unvereinbar sind die Sanktionen zudem, wenn für alle Leistungsminderungen eine starre Dauer von drei Monaten vorgegeben wird.

Sofortige Änderung bei den Sanktionen

Der Senat hat die Vorschriften mit entsprechenden Maßgaben bis zu einer Neuregelung für weiter anwendbar erklärt. Der Gesetzgeber muss nun die Sanktionsregeln im SGB II (§ 31 ff) den Vorgaben des Senats anpassen. Bis zu einer Neuregelung gelten folgende Vorgaben:

  • Leistungsminderung in Höhe von 30 % nach § 31a Abs. 1 Satz 1 SGB II bleiben anwendbar.
  • Eine Sanktionierung muss nicht erfolgen, wenn dies im konkreten Einzelfall zu einer außergewöhnlichen Härte führen würde.
  • Sanktionen über 30 % bis zum vollständigen Leistungsentzug (§ 31a Abs. 1 Sätze 2 und 3 SGB II) dürfen bis zu einer Neuregelung nicht mehr verhängt werden. Also auch bei wiederholter Pflichtverletzung höchstens 30 % Minderung.
  • Auch bei wiederholter Pflichtverletzung darf nur sanktioniert werden, wenn dies im konkreten Einzelfall nicht zu einer außergewöhnlichen Härte führen würde.
  • § 31b Abs. 1 Satz 3 SGB II zur zwingenden dreimonatigen Dauer des Leistungsentzugs ist bis zu einer Neuregelung mit der Einschränkung anzuwenden, dass die Behörde die Leistung wieder erbringen kann, sobald die Mitwirkungspflicht erfüllt wird oder Leistungsberechtigte sich ernsthaft und nachhaltig bereit erklären, ihren Pflichten nachzukommen.

Eine Frist zur Änderung der Sanktionsparagrafen hat das Gericht dem Gesetzgeber übrigens nicht gesetzt.

In der Praxis bedeutet das, dass die verschärften Sanktionsregeln ab sofort wegfallen.

Betroffen sind auch andere Regelungen

Dies gilt übrigens nun auch

  • für die Regelungen nach § 16d SGB II – Arbeitsgelegenheiten („Ein-Euro-Job“)
  • für die Regelungen nach § 16i SGB II – Teilhabe am Arbeitsmarkt (Lohnkostenzuschuss für Arbeitgeber bei Einstellung „sehr arbeitsmarktfernen“ Personen)
  • für die Verpflichtung zur Teilnahme an einem Integrationskurs § 44a Aufenthaltsgesetz
  • für die Zumutbarkeit der Arbeitsaufnahme, wenn der Leistungsberechtigte ein über drei Jahre altes Kind nicht in den Kita schicken will oder wenn das Kind nicht in den Kita will (§ 10 Abs.1 Nr.3 SGB II)

Quellen: Bundesverfassungsgericht, SOLEX

Abbildung:  Fotolia_113739057_Subscription_XL.jpg

 

 

Budget für Ausbildung

Die Regelungen zum geplanten Budget für Ausbildung finden sich im Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Entlastung unterhaltsverpflichteter Angehöriger in der Sozialhilfe und in der Eingliederungshilfe (Angehörigen-Entlastungsgesetz) Der Gesetzentwurf ist am 11. Oktober im Bundesrat beraten worden. Die erste Lesung im Bundestag fand am 27. September statt, die zweite und dritte Lesung sind für den 7. und 8. November 2019 vorgesehen.

Der Begriff „volle Erwerbsminderung“

Für Menschen mit Behinderungen, die Anspruch auf Leistungen im Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen haben, wird ein Budget für Ausbildung geschaffen (§ 61a SGB IX – neu). Es ermöglicht eine Erstattung der Ausbildungsvergütung nebst Anleitung und Begleitung am Ausbildungsplatz und in der Berufsschule, um einen Arbeitgeber dazu zu bewegen, so heißt es in der Gesetzesbegründung, mit einem behinderten Menschen trotz dessen voller Erwerbsminderung einen regulären Ausbildungsvertrag abzuschließen. Dieser Satz in der Begründung ist irreführend, weil eine volle Erwerbsminderung eben nicht Voraussetzung für das Budget für Ausbildung ist.

Im gleichen Gesetzentwurf zur Angehörigen-Entlastung wird nämlich klargestellt (neuer Absatz 3a in § 41 SGB XII), dass Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, für den Zeitraum, in dem sie

  • in einer Werkstatt für behinderte Menschen (§ 57 SGB IX) oder
  • bei einem anderen Leistungsanbieter (§ 60 SGB IX) das Eingangsverfahren und den Berufsbildungsbereich durchlaufen oder
  • in einem Ausbildungsverhältnis stehen, für das sie ein Budget für Ausbildung (§ 61a SGB IX) erhalten, Anspruch auf Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung haben.

Sie sind damit Menschen mit voller Erwerbsminderung gleichgestellt, müssen aber nicht selber voll erwerbsgemindert sein.

Leistungsberechtigt

Vorbild des Budget für Ausbildung ist das durch das Bundesteilhabegesetz eingeführte Budget für Arbeit (§ 61 SGB IX), das ebenfalls auf ein reguläres Arbeitsverhältnis für voll erwerbsgeminderte oder ihnen gleichgestellte Menschen zielt.
Leistungsberechtigt sind Menschen mit Behinderung, die Anspruch auf Leistungen im Eingangsverfahren oder im Berufsbildungsbereich einer WfbM haben. Es ist ausreichend, dass der Anspruch dem Grunde nach besteht. Dass der Eingangs- oder Berufsbildungsbereich tatsächlich besucht wurde, wird hingegen nicht vorausgesetzt.

Leistungen

Zum Budget für Ausbildung gehört in erster Linie die Erstattung der Ausbildungsvergütung, die der Ausbildungsbetrieb zahlt. Zuständig für die Leistung des Budgets für Ausbildung sind die in § 63 Absatz 1 bestimmten Träger der beruflichen Rehabilitation, in der Regel die Bundesagentur für Arbeit.
Nach § 73 SGB III sollen die Zuschüsse zur Ausbildungsvergütung

  • regelmäßig 60 Prozent,
  • bei schwerbehinderten Menschen 80 Prozent

der monatlichen Ausbildungsvergütung für das letzte Ausbildungsjahr oder der vergleichbaren Vergütung einschließlich des darauf entfallenden pauschalierten Arbeitgeberanteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag nicht übersteigen.

In begründeten Ausnahmefällen können Zuschüsse jeweils bis zur Höhe der Ausbildungsvergütung für das letzte Ausbildungsjahr erbracht werden. Angesichts des Personenkreises ist eine vollständige Übernahme („Erstattung“) der Kosten der Ausbildungsvergütung gerechtfertigt.

Auch die erforderlichen finanziellen Aufwendungen für die wegen der Behinderung erforderliche Unterstützung des Menschen mit Behinderungen am Ausbildungsplatz, etwa für eine Arbeitsassistenz, sowie in der Berufsschule gehören zu den Aufwendungen für ein Budget für Ausbildung. Vorbild ist die begleitete betriebliche Ausbildung.

Wenn wegen Art oder Schwere der Behinderung eine Teilnahme am Berufsschulunterricht in einer Berufsschule am Ort des Ausbildungsplatzes nicht möglich ist, so kann der schulische Teil der Berufsausbildung auch in einer Berufsschule einer Einrichtung der beruflichen Rehabilitation (§ 51) erfolgen. Hierbei wird es sich in erster Linie um Berufsbildungswerke handeln, die jungen Menschen eine berufliche Erstausbildung ermöglichen und in der Regel über eigene Berufsschulen/Sonderberufsschulen verfügen. Die hierfür entstehenden Kosten gehören zu den Aufwendungen, die das Budget für Ausbildung umfasst.

gemeinsame Leistungen

Unterstützungsleistungen, wie die wegen der Behinderung erforderliche Anleitung und Begleitung können gemeinsam von mehreren Leistungsberechtigten in Anspruch genommen werden. Wie schon beim Budget für Arbeit wird damit ermöglicht, dass mehrere Leistungsberechtigte gemeinsam etwa die Fachdienste zur begleitenden Hilfe im Arbeitsleben in Anspruch nehmen können. Damit werden auch die Ausbildungsbetriebe entlastet, die mehrere Menschen mit Behinderungen ausbilden, weil ansonsten gegebenenfalls mehrere Unterstützer im Betrieb anwesend wären.

Vermittlung

Der zuständige Leistungsträger soll anspruchsberechtigte Menschen mit Behinderungen bei der Suche nach einem geeigneten Ausbildungsplatz unterstützen. Die Bundesagentur für Arbeit kann dafür ihre vorhandenen Strukturen zur Ausbildungsvermittlung nutzen. Eine Verpflichtung des Leistungsträgers, ein Budget für Ausbildung in jedem Fall zu ermöglichen, ist damit nicht verbunden, da nicht garantiert werden kann, dass vor Ort ein Ausbildungsbetrieb vorhanden ist, der zu einer Ausbildung im Rahmen des Budgets für Ausbildung bereit ist.

Personalschlüssel

Menschen mit Behinderungen, für die ein reguläres Ausbildungsverhältnis nicht in Frage kommt, die aber gleichwohl nicht in eine Werkstatt für behinderte Menschen möchten, können von dem neuen § 60 Absatz 2 Nummer 7 SGB IX profitieren: Wenn ein anderer Leistungsanbieter berufliche Bildung oder Beschäftigung ausschließlich in betrieblicher Form anbietet, soll von dem in § 9 Absatz 3 der Werkstättenverordnung festgelegten Personalschlüssel nach oben abgewichen werden, wenn dies für die individuelle Förderung der Leistungsberechtigten erforderlich ist.

Quelle: Bundestag


>> Zu unserer BTHG-Artikelserie


Abbildung:  pixabay.com: action-3382792_1280.jpg

Sozial gerechter Klimaschutz

Zum globalen Klimastreik ruft das Bündnis „Klimaschutz jetzt und für alle!“ am 29.11.2019 auf.

Klimastreik und Klimapäckchen

Mehr als 1,4 Millionen Menschen folgten am 20. September 2019 dem Aufruf von Schüler*innen und Studierenden, für konsequenten Klimaschutz auf die Straße zu gehen. Zur gleichen Zeit hat die Bundesregierung ein unwirksames und sozial ungerechtes Klimapäckchen vorgelegt. Die Erderhitzung um mehr als 1,5 Grad kann damit nicht verhindert werden – mit drastischen Folgen: Die Klimakatastrophe zerstört unsere Lebensgrundlagen und trifft weltweit die Ärmsten.

Zum ersten Mal schließen sich deshalb Klimaaktivist*innen, Umwelt-, Entwicklungs-, Sozial- und Wohlfahrtsverbände zusammen. Zu dem Bündnis gehören beispielsweise

  • AWO
  • BUND
  • Greenpeace
  • Der Paritätische Gesamtverband
  • WWF
  • Naturfreunde

und viele andere.

Positionspapier

Besonders hervorgehoben wird bei den Forderungen die soziale Gerechtigkeit, die mit einer wirksamen Klimapolitik einher gehen müsse. Dazu hat der Paritätische Gesamtverband im Vorfeld ein Positionspapier veröffentlicht, in dem beleuchtet wird, dass gerade die ärmeren Länder im globalen Süden vom Klimawandel am meisten betroffen sind und sich die Lage der Menschen dort zunehmend verschlimmern wird.

Auch hierzulande werden die Folgen des Klimawandels eher die unteren Bevölkerungsschichten zu spüren bekommen. Dabei sind die größten Verursacher sowohl global bei den reicheren Ländern als auch regional bei der reicheren Bevölkerungsschicht zu finden.

Der paritätische Gesamtverband sieht in einer sozial-ökologischen Wende die Chance für entscheidende soziale Verbesserungen. Ziel einer sozial-ökologischen Wende muss es sein, allen Menschen ein klimafreundliches Leben zu ermöglichen und soziale Ungleichheit abzubauen. Insbesondere erfordert dieser Wandel Maßnahmen in den Bereichen Wohnen, Verkehr, Infrastruktur sowie der Sozial-, Wirtschafts- und Finanzpolitik.

Forderungen

Auch das Bündnis fordert neben der Einhaltung des Ziels des 1,5-Grad-Limits globaler Erhitzung eine soziale Energiewende. Das bedeutet: Schnellstmöglich raus aus Kohle, Öl und Gas und hin zu 100 Prozent naturverträgliche Erneuerbare Energien. Deckel für den Ausbau müssen abgeschafft werden, Bürger*innen müssen die Energiewende mitgestalten können. Strom muss für alle bezahlbar sein – sowohl durch Reformen bei Sozialleistungen als auch durch einen gesetzlichen Rahmen, der Energiesparen und Effizienz stärkt.

Die Forderungen sind:

  • Gebäudesanierungen ohne Gewinnmaximierung für Vermieter, Neubauten zu 100 Prozent aus erneuerbarer Wärmeversorgung
  • Einleitung des Ausstiegs aus dem Verbrennungsmotor, klimafreundliche Alternativen wie der inklusive und möglichst kostenfreie öffentliche Nahverkehr, Bahn und Radverkehr müssen schnell und massiv ausgebaut werden – und Zugfahren dabei deutlich günstiger als Fliegen sein. Die örtliche Infrastruktur, vor allem in ländlichen Gebieten muss gestärkt werden.
  • Eine diskriminierungsfreie Grundsicherung muss gewährleistet werden, die vor Armut schützt und Teilhabe sichert. Ob Kindergrundsicherung, sozialer Arbeitsmarkt oder begrenzte Eigenanteile in der Pflege, soziale Sicherheit muss für alle garantiert sein.
  • Notwendige Investitionen für sozial gerechten Klimaschutz können unter anderem durch die Streichung umweltschädlicher Subventionen (zur Zeit etwa 50 Milliarden pro Jahr), einen wirksamen CO2-Preis, Einnahmen aus dem EU-Emissionshandel sowie die Umlenkung der EU-Agrarmittel finanziert werden.

Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit gehören unteilbar zusammen.

Die Verantwortung verschwindet nicht

Warum sollte Deutschland etwas gegen den Klimawandel tun, mag man einwenden, wir können die Welt nicht alleine retten. Nur 2 % der Emissionen kommen aus Deutschland, allerdings sind die Pro-Kopf-Emissionen etwa 30 Mal höher als in Ländern wie Kenia oder Nepal.
Klar ist, dass die klimapolitischen Maßnahmen weltweit kommuniziert werden und Unterstützungen angeboten werden müssen. Dabei ist Deutschland schon lange nicht mehr Vorreiter in der Klimapolitik. Fakt ist aber, dass sich Deutschland zur Einhaltung der Klimaziele verpflichtet hat.
Natürlich trägt die ganze Welt Verantwortung, aber die Verantwortung verschwindet nicht einfach, nur weil man sie in kleine Teile zerlegt.

Quellen: klima-streik.org, der-paritaetische.de

Abbildung: klima-streik.org, frei verwendbar: csm_KlimastreiNov_FB_post_1200x630_0e3dfddbe8.jpg