Gesetzentwurf zur Entsolidarisierung

Über die Coronapolitik der Bundesregierung zu reden oder zu schreiben, lohnt sich eigentlich nicht mehr. Mit welchen Mitteln die FDP Herrn Lauterbach unter Kontrolle gebracht hat, wäre vielleicht noch eine Recherche wert. Er darf zwar noch sagen, dass wir gerade in einer äußerst schwierigen Pandemie-Situation sind, muss aber Gesetze vorlegen, die genau diese Situation weiter verschärft. Der Tagesspiegel hat es am 14. März so ausgedrückt: „So endet Lauterbach als Bettvorleger liberaler Corona-Symbolpolitik“.

Schutz vulnerabler Gruppen wird aufgegeben

Der Gesetzentwurf zur Änderung des Infektionschutzgesetzes fördert die gesellschaftliche Entsolidarisierung. Dem Schutz vulnerabler Personen und ihrer Familien sowie dem Schutz der Beschäftigten im Gesundheits-, Rehabilitations-, Pflege- und Bildungssystem wird nicht mehr Rechnung getragen. Das ist das Fazit der BAGFW (Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtsverbände) in ihrer Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf.

Lebensgefahr beim Einkaufen

Noch drastischer formulieren es Betroffene: „Mein Tod wird bewusst eingepreist“. Es handelt sich hierbei um Personen, die zu Risikogruppen gehören, wie Immunsupprimierte oder „Non-Respondern“, Menschen, bei denen eine Impfung aus irgendeinem Grund keine Wirkung zeigt. Sie begeben sich, wenn die Maskenpflicht entfällt, schon allein durch das Einkaufen in Lebensgefahr. Stellungnahmen von Betroffenen auf ostprog.de, einem Blog des Journalisten Gunnar Hamann.

Nur ein kleiner Teil in Pflegeeinrichtungen

„Freiheit auf Gedeih und Verderb“ kommentiert die Süddeutsche Zeitung am 10. März. Das Nachsehen hätten die Millionen besonders Gefährdeten im Land. Menschen, die aufgrund des Alters oder Krankheit trotz Impfung nicht ausreichend geschützt sseien, könnten Sars-CoV-2 derzeit kaum entkommen.

Von diesen Menschen lebt nur ein Bruchteil in Pflegeeinrichtungen, wo weiterhin schärfere Maßnahmen gelten sollen. Die meisten dieser vielen Millionen Menschen leben mitten in der Gesellschaft. Sie müssen täglich zur Arbeit fahren und zum Einkaufen gehen.  

Hauptsache Freedom-Day

Die offizielle Begründung kann man hier im Gesetzentwurf nachlesen. Die tatsächliche Begründung, nämlich, dass die FDP ihren schon letzten Herbst verkündeten Freedom-Day am 20. März auf Biegen und Brechen durchsetzen will, steht allerdings nicht darin.

Verantwortung

Bleibt zu hoffen, dass die Mehrheit der Bevölkerung kühlen Kopf behält und das neben der Impfung wirksamste Mittel, sich und andere zu schützen, nämlich das Tragen einer Maske als ein Gebot der Mitmenschlichkeit und Höflichkeit weiterhin anwendet, auch wenn es nicht mehr vorgeschrieben ist.

Quellen: Tagesspiegel, BAGFW, Gunnar Hamann (ostprog), Süddeutsche Zeitung, Tagesschau

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Covid19 – Arbeitsunfall in der Schule

Angesichts der steigenden Zahlen der Kinder, die sich in Schule und Kita mit Covid19 infizieren hier noch mal der Hinweis, dass es sich in bestimmten Fällen lohnt, die Infektion der Unfallkasse zu melden.

Automatisch versichert

Kita-Kinder, Schüler:innen und Studierende sind in Deutschland automatisch über die Unfallkassen versichert und können eine Infektion mit dem Coronavirus als Arbeitsunfall melden. Versichert sind Kinder, wenn sie sich bei der Arbeit, also in einer Tageseinrichtung, einer Schule oder Universität infizieren. Dazu zählen auch die Pausen, die Wege zur Schule und zurück, Schulfeste oder Betriebspraktika. Wichtig hierbei: Der reine Nachweis des Virus reicht nicht aus, es müssen auch Symptome der Erkrankung vorhanden sein.

Bessere Versorgung durch die Unfallkassen

Sollten sich Kinder in der Schule oder Kita anstecken, wären sie durch eine Anerkennung als Arbeitsunfall durch die Unfallversicherung besser versorgt. Sie bekämen zum Beispiel aufwändige Reha-Leistungen und ärztliche Behandlungen bezahlt, müssten keinerlei Zuzahlungen leisten und bekämen auch Fahrtkosten erstattet. Sollte es aufgrund der Coronavirus-Erkrankung zu Spätfolgen (s.u.) kommen und das Kind später nicht voll arbeiten können, müssten die Unfallkassen zudem eine möglicherweise lebenslange Rente zahlen. Diese betrage je nach Alter des Kindes bei der Infektion bis zu mehrere hundert Euro im Monat.

COVID-19 als Arbeitsunfall

Laut Unfallkasse NRW kann die Erkrankung einen Arbeitsunfall darstellen, wenn eine Infektion mit dem Corona-Virus SARS-CoV-2 infolge einer versicherten Tätigkeit erfolgt, ohne dass die Voraussetzungen einer Berufskrankheit vorliegen.

Dies setzt voraus, dass die Infektion auf die jeweilige versicherte Tätigkeit (Beschäftigung, (Hoch-)Schulbesuch, Ausübung bestimmter Ehrenämter, Hilfeleistung bei Unglücksfällen o.a.) zurückzuführen ist.

In diesem Rahmen muss ein intensiver Kontakt mit einer infektiösen Person („Indexperson“) nachweislich stattgefunden haben und spätestens innerhalb von zwei Wochen nach dem Kontakt die Erkrankung eingetreten bzw. der Nachweis der Ansteckung erfolgt sein.

Dauer und Nähe

Die Intensität des Kontaktes bemisst sich dabei vornehmlich nach der Dauer und der örtlichen Nähe.

Die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel vom 20. August 2020 geht von einer Kontaktdauer von mindestens 15 Minuten bei einer räumlichen Entfernung von weniger als eineinhalb bis zwei Metern aus. Im Einzelfall kann auch ein zeitlich kürzerer Kontakt ausreichen, wenn es sich um eine besonders intensive Begegnung gehandelt hat. Umgekehrt kann dies für einen längeren Kontakt gelten, obwohl der Mindestabstand eingehalten wurde.

Lässt sich kein intensiver Kontakt zu einer Indexperson feststellen, kann es im Einzelfall aber ausreichen, wenn es im unmittelbaren Tätigkeitsumfeld (z.B. innerhalb eines Betriebs oder Schule) der betroffenen Person nachweislich eine größere Anzahl von infektiösen Personen gegeben hat und konkrete, die Infektion begünstigende Bedingungen bei der versicherten Tätigkeit vorgelegen haben. Dabei spielen Aspekte wie Anzahl der nachweislich infektiösen Personen im engeren Tätigkeitsumfeld, Anzahl der üblichen Personenkontakte, geringe Infektionszahlen außerhalb des versicherten Umfeldes, räumliche Gegebenheiten wie Belüftungssituation und Temperatur eine entscheidende Rolle.

Fahrgemeinschaften

Hat der Kontakt mit einer Indexperson auf dem Weg zur Arbeit oder auf dem Heimweg stattgefunden und ist in der Folge eine COVID-19-Erkrankung aufgetreten, kann unter den aufgeführten Bedingungen ebenfalls ein Arbeitsunfall vorliegen. Insbesondere ist hier an vom Unternehmen organisierte Gruppenbeförderung oder Fahrgemeinschaften von Versicherten zu denken.

Spätfolgen

Zu den Spätfolgen, die gerade bei Kindern noch wenig genau erforscht sind, gab es vor kurzem durch eine Studie scheinbar Entwarnung. Nur knapp unter 0,8 Prozent der Kinder bekämen Long-Covid. Selbst dieser geringe Prozentsatz beträfe allerdings in Deutschland bisher 16.380 junge Menschen im Alter von 0 bis 19 Jahren (RKI).

Nun hat sich der Autor und Kinderarzt Herbert Renz-Polster die Studie etwas genauer angesehen und bemängelt vor allem, dass etwa die Gruppe der infizierten Kinder über einen völlig anderen Zeitraum („4 Wochen nach der Infektion“) nach dem Auftreten von Symptomen befragt worden seien als die Kontrollgruppe der Kinder ohne Infektion („innerhalb des letzten Jahres“). Renz-Polster hält die Schlussfolgerungen der Studie für falsch. Ausführlich begründet er dies hier.

Unfallanzeige

Bei der DGUV – Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung kann man im Falle eines Falles die Unfallanzeige gleich herunterladen

Quellen: DGUV, Unfallkasse NRW, Springer Nature Switzerland AG, Herbert Renz-Polster, RKI

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Patente auf Impfstoff

Die Impfungen gegen Cov19 laufen weltweit seit etwa einem Monat. Einige Länder sind schon recht weit, in anderen Ländern hakt und rumpelt es. Trotzdem muss in den westlichen Industrieländern keiner fürchten, dass er keine Impfung bekommt, wenn er sich impfen lassen will. Und zwar noch in diesem Jahr.

Die Mehrheit muss noch Jahre warten

Anders sieht es aus in den Ländern des globalen Südens. Hier werden die Menschen – und das ist die große Mehrheit der Weltbevölkerung – noch Jahre auf einen Schutz gegen das Corona-Virus warten müssen.

Das bedeutet nicht nur, dass die ohnehin wirtschaftlich abgehängten Staaten noch weiter wirtschaftlichen Schaden nehmen, was in vielen Ländern zu Hungersnöten führen wird. Dazu kommen noch weitere Hundertausende Tote durch die Pandemie.

Gefahr für alle

Auch für die Minderheit in den reichen Industrieländern kann das böse enden. Je länger die Krankheit grassiert, desto wahrscheinlicher werden Mutationen, die irgendwann nicht nur noch ansteckender sind, wie die jetzt neu aufgetretenen Mutationen, sondern auch tödlicher. Oder, was noch schlimmer wäre, Mutationen, gegen die die Impfstoffe ihre Wirksamkeit verlieren.

Dazu kommt, dass der Migrationsdruck steigt. Laut Migrationsagentur International Centre for Migration Policy Development (ICMPD) lockt die Verfügbarkeit von Impfstoffen und allgemein die Versorgung von Patienten mehr Migranten an. Hinzu kommt noch die globale Wirtschaftskrise.

Patentschutz

Eine Lösung wäre, den Patentschutz auf die Impfstoffe aufzuheben. Dies forden Länder wie Indien und Südafrika schon seit Monaten. Mehrere Wissenschaftler und Nichtregierungsorganisationen fordern, den Patentschutz auf die Mittel auszusetzen, damit auch andere Unternehmen die Impfstoffe herstellen können und dadurch schneller mehr zur Verfügung steht. Das berichtet die Tagesschau am 21.1.2021.

Die Pharmaindustrie wehrt sich natürlich dagegen und droht, dass es keine Impstoffe geben würde, wenn sie nicht für die Entwicklung der Impfstoffe soviel Zeit und Geld investiert hätten, natürlich mit der Aussicht, dies dann durch die Gewinne wieder herein zu holen.

Öffentliche Gelder – privater Gewinn

Allerdings wurden die Kosten der Impfstoffentwicklung hauptsächlich aus öffentlichen Geldern bezahlt. Die jahrelangen Forschungen, die die Grundlage für die Impfstoffentwicklung waren, fanden an öffentlichen Universitäten und Institutionen statt. Die Ausbildung der Forscher wurde mit öffentlichen Mitteln bezahlt. Dies beschreibt auch Daniel Loick in seinem Beitrag im Deutschlandfunk am 10.1.2021.

Angela Merkel sagte im April vergangenen Jahres, es handele sich „um ein globales öffentliches Gut, einen Corona-Impfstoff zu produzieren und ihn dann auch in alle Teile der Welt zu verteilen“. Mittlerweile hält die Bundesregierung den Schutz geistiger Eigentumsrechte für einen wichtigen marktbasierten Anreiz für die Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen durch private Unternehmen. Und das, obwohl die Bundesregierung und die EU ja die öffentlichen Gelder für die Entwicklung der Impfstoffe bewilligt hat.

Die Regierung verweist auch auf die Zahlungen von 700 Millionen Euro an Covax, eine Organisation, die einen weltweit gleichmäßigen und gerechten Zugang zu COVID-19-Impfstoffen gewährleisten will. Wenn man allein an die 9 Milliarden für die Lufthansa denkt, relativiert sich das aber schnell wieder.

Patentschutz kann aufgehoben werden

In einem Antrag der Fraktion „Die Linke“ im Bundestag vom 12.1.2021 („Patente für Impfstoffe freigeben – Weder wirtschaftliche noch nationale Interessen dürfen die Bekämpfung der Pandemie beeinträchtigen“) wird darauf verwiesen, dass das Infektionsschutzgesetz in der durch das erste Bevölkerungsschutzgesetz geänderten aktuell geltenden Fassung dem Bundesgesundheitsministerium die Möglichkeit bietet, Ausnahmen von den Regelungen des Arzneimittelgesetzes und anderen Gesetzen vorzusehen (§ 5 Abs. 2 Nummer 4 Buchstaben a und b) sowie Regelungen zur Preisgestaltung zu treffen (§ 5 Abs. 2 Nummer 4 Buchstabe f). Nummer 5 des gleichen Absatzes ermöglicht es, im öffentlichen Interesse anzuordnen, dass eine Erfindung gemäß § 13 Absatz 1 Patentgesetz ungeachtet eines bestehenden Patentschutzes benutzt werden soll.

Das bedeutet, dass die Bundesregierung die Hersteller von Impfstoffen ausnahmsweise im Interesse der öffentlichen Wohlfahrt veranlassen kann, Lizenzen an andere Firmen zu vergeben, um die Produktionskapazitäten zu erhöhen und dass sie die Preise für die Impfstoffe festlegen kann.

Im Interesse aller sollte das möglichst schnell umgesetzt werden.

Ein Beispiel

Im Deutschlandfunk erzählt Daniel Loick zur Verdeutlichung des Problems folgendes Beispiel:
Eine Gemeinschaft stellt einer Privatperson Holz und Feuerzeug zur Verfügung. Diese macht damit ein Feuer, das sie dann einzäunt. Von allen, die sich an dem Feuer wärmen wollen, verlangt sie ein hohes Entgelt. Nicht nur teilt sie das Wissen, wie man am besten Feuer macht, mit niemandem, sondern sie verklagt auch alle, die nach derselben Methode ein Feuer anzünden, auf Unterlassung und Schadensersatz. Diejenigen, die kein Geld haben, das Feuer zu kaufen, erfrieren.

Quellen: Bundestag, Tagesschau, Deutschlandfunk, Handelsblatt

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Drittes Bevölkerungsschutzgesetz in Kraft

Im Schnelldurchgang wurde heute, am 18.11.2020, das „Dritte Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ von Bundestag und Bundesrat verabschiedet und vom Bundespräsident unterzeichnet. Es kann daher am Tag nach Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt gelten.

Das Gesetz wurde soeben, 18.11.2020 abends, veröffentlicht.

Weiterhin epidemische Lage

Nach der Verabschiedung des Bevölkerungsschutzgesetzes im Bundestag wurde dort in namentlicher Abstimmung festgestellt, dass eine „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ weiterhin besteht. Der Schritt ist laut Infektionsschutzgesetz Grundlage für Corona-Schutzmaßnahmen und Sonderbefugnisse zum Beispiel der Regierung, um im Kampf gegen die Corona-Pandemie Rechtsverordnungen zu erlassen, ohne dass der Bundesrat zustimmen muss.

Präzisere Rechtsgrundlage statt Generalklausel

Der neue § 28a Infektionsschutzgesetz präzisiert die bisherige Generalklausel, und zählt beispielhaft auf, welche Maßnahmen die Länder per Verordnung regeln können – etwa Kontaktbeschränkungen, Maskenpflicht, Verbot von Kulturveranstaltungen, Demonstrationen, religiösen Zusammenkünften, touristischen Reisen, Schließung von gastronomischen Betrieben usw.

Ziel ist es, den Anforderungen des grundgesetzlichen Parlamentsvorbehalts zu entsprechen: Angesichts der länger andauernden Pandemielage und der fortgesetzt erforderlichen eingriffsintensiven Maßnahmen präzisiert der Bundestag Dauer, Reichweite und Intensität möglicher exekutiver Maßnahmen. So schreibt er zum Beispiel vor, dass die Länder ihre Verordnungen stets mit Entscheidungsgründen versehen und befristen müssen – grundsätzlich auf vier Wochen.

Artikelgesetz

Das Bevölkerungsschutzgesetz ist ein Artikelgesetz. Das heißt, es enthält verschiedene Vorschriftenänderungen in verschiedenen Artikeln. Hier geht es hauptsächlich um Maßnahmen zur Bewältigung der Pandemie:

  • erweiterte Laborkapazitäten auch in veterinärmedizinischen Einrichtungen,
  • größere Anzahl von Schnelltests,
  • einheitliche Vorgaben inklusive einer digitalen Einreiseanmeldung für Reiserückkehrer aus Risikogebieten.

Vorbereitung für Impfprogramme und Impfzentren

Das Gesetz dient auch der Vorbereitung von Impfprogrammen und Impfzentren. Die Bundesregierung kann per Verordnung die Modalitäten zu Vergütung und Abrechnung der jeweiligen Kosten festlegen und bestimmen, dass sowohl Versicherte als auch Nichtversicherte künftig Anspruch auf Schutzimpfungen, Tests und Schutzmasken haben. Private Krankenversicherungen müssen sich in gewissem Umfang an den Kosten beteiligen.

Weitere Unterstützung für erwerbstätige Eltern

Der Begriff des Risikogebiets wird legaldefiniert. In diesem Zusammenhang soll Entschädigung wegen Verdienstausfalls künftig ausgeschlossen sein, wenn der Absonderung eine vermeidbare Reise in ein Risikogebiet zugrunde liegt.

Die Entschädigungsregelung des § 56 Absatz 1a IfSG wird bis zum 31. März 2021 verlängert. Gleichzeitig soll eine entsprechende Entschädigung ermöglicht werden, wenn Personen eine abgesonderte Person betreuen müssen.

Rettungsschirm für besonders belastete Krankenhäuser

Kliniken, die Operationen aussetzen, um Kapazitäten für die Behandlung von Covid-19-Patienten zu schaffen, erhalten Ausgleichszahlungen aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds. 

Digitalisierung des Gesundheitsdienstes

Flughäfen und Häfen mit bestimmten Kapazitäten werden durch ein Förderprogramm des Bundes unterstützt, damit sie ihren Verpflichtungen nachkommen können. Ein weiteres Förderprogramm des Bundes dient der Digitalisierung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes in Bund und Ländern, um die bundesweit einheitliche Datenverarbeitung zu verbessern.

Ermächtigungsgesetz?

Im Dritten Bevölkerungsschutzgesetz sollen Voraussetzungen für den Erlass von Maßnahmen klarer bestimmt werden, Die Rechte des Parlamentes sollen gestärkt werden. Ob das gelungen ist, bezweifeln etwa SPD und Linke. Auch die Grünen äußerten Bedenken, stimmten aber trotzdem zu. Wer allerdings, wie die AFD aus Propagandazwecken oder aus Unwissenheit Vergleiche zum Ermächtigungsgesetz von 1933 zieht, kann sich in einem unaufgeregten Artikel im Spiegel darüber informieren, warum man mit Geschichtsfälschung keine Politik machen sollte.

Quellen: Bundestag, Bundesrat, Spiegel-Online

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Drittes Bevölkerungsschutzgesetz

Das „Dritte Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ ist am 27.10.2020 im Kabinett beschlossen worden. Es bedarf der Zustimmung des Bundesrats und soll am 1. Dezember in Kraft treten. Wesentlicher Inhalt:

Impfprogramme

In Bezug auf Schutzimpfungen und Testungen sollen nicht nur Versicherte, sondern auch Nichtversicherte einen entsprechenden Anspruch haben können, wenn eine Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Gesundheit dies vorsieht. Die Rechtsverordnung kann für die entsprechenden Leistungen auch Regelungen u. a. zur Vergütung und Abrechnung vorsehen.

Bessere Nachverfolgung des Infektionsgeschehens durch digitale Einreiseanmeldung

Die bislang vorgesehenen Regelungen zum Reiseverkehr werden für den Fall einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite angepasst. Eine digitale Einreiseanmeldung kann nach Aufenthalt in Risikogebieten verordnet werden, um eine bessere Nachvollziehbarkeit der Quarantäneeinhaltung durch die zuständigen Behörden zu ermöglichen.

Weitere Unterstützung für erwerbstätige Eltern

Der Begriff des Risikogebiets wird legaldefiniert. In diesem Zusammenhang soll Entschädigung wegen Verdienstausfalls künftig ausgeschlossen sein, wenn der Absonderung eine vermeidbare Reise in ein Risikogebiet zugrunde liegt.

Die Entschädigungsregelung des § 56 Absatz 1a IfSG wird bis zum 31. März 2021 verlängert. Gleichzeitig soll eine entsprechende Entschädigung ermöglicht werden, wenn Personen eine abgesonderte Person betreuen müssen.

Mehr Laborkapazitäten für Corona-Tests

Im Sinne einer effizienten Nutzung der vorhandenen Testkapazität wird der Arztvorbehalt modifiziert, um patientennahe Schnelltests auf das Coronavirus SARS-CoV-2 einsetzen zu können und bei Bedarf auch Kapazitäten der veterinärmedizinischen Labore abrufen zu können.

Quelle: BMG

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Wieder da: Telefonische Krankschreibung

Telefonische Krankschreibungen wegen Erkältungsbeschwerden sind ab Montag bundesweit wieder möglich. Auf diese Sonderregelung, die zunächst bis zum Jahresende gelten soll, hat sich der Gemeinsame Bundesausschuss verständigt – wie schon einmal in der Anfangsphase der Coronavirus-Pandemie bis Ende Mai. Die niedergelassenen Ärzte müssen sich dabei persönlich vom Zustand der Patienten durch eine eingehende telefonische Befragung überzeugen. Die Krankschreibung gibt es für bis zu sieben Tage, eine einmalige Verlängerung um weitere sieben Tage ist ebenfalls telefonisch möglich.

Steigende Infektionszahlen

Angesichts bundesweit wieder steigender COVID-19-Infektionszahlen kurz vor Beginn der Erkältungs- und Grippesaison hat sich der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) erneut auf eine Sonderregelung zur telefonischen Krankschreibung verständigt. Befristet vom 19. Oktober 2020 vorerst bis 31. Dezember 2020 können Patientinnen und Patienten, die an leichten Atemwegserkrankungen leiden, telefonisch bis zu 7 Kalendertage krankgeschrieben werden. Die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte müssen sich dabei persönlich vom Zustand der Patientin oder des Patienten durch eine eingehende telefonische Befragung überzeugen. Eine einmalige Verlängerung der Krankschreibung kann telefonisch für weitere 7 Kalendertage ausgestellt werden.

In der Pressemitteilung des G-BA heißt es dazu:
„Wir haben aktuell eine sich beschleunigende Infektionsdynamik mit dem COVID-19-Virus, zeitgleich aber auch vermehrt grippale Infekte. Diese parallele Entwicklung ist besorgniserregend. Wir müssen sie unbedingt unterbrechen, ohne dass die Versorgung der Patientinnen und Patienten darunter leidet. Hier brauchen wir eine bundesweite robuste Lösung, um Vertrauen aufzubauen. Klar ist: Wir erleben eine erschreckende Entwicklung der Neuinfektionen. Wenn wir in dieser ernsten Situation eines nicht brauchen, sind es volle Wartezimmer. Denn allein durch mögliche Kontakte auf dem Weg in die Praxis oder beim Warten in geschlossenen Räumen steigt das Risiko, sich anzustecken. Mit der Krankschreibung per Telefon gibt es für Menschen mit leichten Atemwegserkrankungen eine gute Alternative zum Praxisbesuch. Die Erfahrungen aus dem Frühjahr mit der Krankschreibung per Telefon haben gezeigt, wie umsichtig Versicherte damit umgehen. Von der räumlichen Trennung der Fälle werden vor allem auch viele ältere und multimorbide Risikopatienten ohne Atemwegsprobleme profitieren: Ihnen wollen wir die Angst nehmen. Sie können notwendige Arztbesuche und Behandlungen trotz eines aktiven Pandemiegeschehens nutzen, ohne sich einer erhöhten Ansteckungsgefahr auszusetzen oder Krankheiten zu verschleppen. Und diesen älteren und kranken Risikopatientinnen und Risikopatienten können wir nicht zumuten, täglich die 7-Tage-Inzidenz zu überprüfen, um eine Entscheidung über einen Arztbesuch zu treffen. Hier würden regional unterschiedliche Regelungen nur Verunsicherung schaffen. Als Verantwortliche in der Gesundheitsversorgung müssen wir uns daran messen lassen, wie wir jene Menschen schützen, die besonders hilfebedürftig sind. Das muss der Gradmesser unseres Handelns sein, natürlich auch in der Pandemie“, erläutert Prof. Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des G-BA. „Durch die zeitlich befristete Regelung, erst einmal bis zum Jahresende, berücksichtigen wir zudem die dynamische Entwicklung der Pandemie. Der G-BA wird rechtzeitig vor dem Auslaufen über eine Anpassung der zeitlichen Befristung beraten. Wie schnell Entscheidungen im Pandemiefall überholt sein können und angepasst werden müssen, haben wir alle in diesem Jahr gelernt.“

Quellen: Bundesregierung, Gemeinsamer Bundesausschuss

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Corona: Hilfen bei der Pflege

In mehreren Verordnungen und vorübergehenden Gesetzesänderungen wurden in den letzten Wochen und Monaten Erleichterungen beschlossen, die unter anderem auch pflegenden Angehörigen zugute kommen.

Zusammenfassung

Hier eine Zusammenfassung aller Regelungen in diesem Zusammenhang. Die meisten Erleichterungen gelten bis zum 30. September 2020, können aber bei einem Andauern oder einer Verschärfung der Krise verlängert werden. Die Zusammenfassung wurde aus der umfassenden Auflistung aller Corona – Hilfsmaßnahmen (Corona-Rettungsschirm) in SOLEX hier für den Bereich Pflegeversicherung (SGB XI) erstellt.

Überwindung coronabedingter Versorgungspässe mit dem Entlastungsbetrag

Erweiterterungen bei Entlastungsbetrag bei Pflegegrad 1 gültig bis 30.9.2020

Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1, die zu Hause leben, haben Anspruch auf einen Entlastungsbetrag in Höhe von 125 Euro monatlich (§ 45b SGB XI). Der Einsatz dieses Betrages ist eingeschränkt auf Maßnahmen von in den einzelnen Bundesländern zugelassenen Diensten. Bis zum 30.9.2020 haben Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1 nun die Möglichkeit, den Entlastungsbetrag auch abweichend vom geltenden Landesrecht für andere Hilfen bzw. andere – professionelle und nicht professionelle – Anbieter zu verwenden (z.B. durch Nachbarn). Voraussetzung ist, dass die Hilfe erforderlich ist, um coronabedingte Versorgungsengpässe zu überwinden.

Ansparung 3 Monate möglich gültig bis 30.9.2020

Pflegebedürftige aller 5 Pflegegrade, also alle Versicherten mit anerkanntem Pflegegrad, gilt eine Verlängerung von drei Monaten um den Entlastungsbetrag anzusparen.

Zuschuss zur Kurzzeitpflege (§ 149 SGB XI)

Ist es Angehörigen vorübergehend nicht möglich, ein Familienmitglied zu Hause zu pflegen, besteht Anspruch auf stationäre Kurzzeitpflege für die Dauer von acht Wochen jährlich mit einer Kostenübernahme durch die Pflegekasse von bis zu 1.612 Euro. Um quarantänebedingte Engpässe während der Pandemie zu überbrücken, findet die Kurzzeitpflege aktuell auch in stationären Einrichtungen der Rehabilitation und in Krankenhäusern statt. Wegen höherer Vergütungssätze von stationären Reha- und Vorsorgeeinrichtungen erhalten Pflegebedürftige bis zum 30.9.2020 einen höheren Leistungsanspruch von der Pflegeversicherung. Wird die Kurzzeitpflege in stationären Rehabilitations- und Vorsorgeeinrichtungen geleistet, haben Pflegebedürftige einen erhöhten Anspruch auf bis zu 2.418 Euro (§ 149 Abs. 2 SGB XI).

Das Kurzzeitpflegegeld ist bis Ende September weiterhin zu 100 Prozent mit den Leistungen der Verhinderungspflege kombinierbar. Somit ergeben sich insgesamt 4.030 Euro für die Kurzzeitpflege in einer Einrichtung zur Rehabilitation oder medizinischen Vorsorge.

Befristete Änderungen (§ 147 SGB XI, Verfahren zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach § 18) gültig vom 1.1.2020 bis 30.9.2020

Um die gefährdete Personengruppe der Pflegebedürftigen vor zusätzlichen Ansteckungsgefahren durch das Coronavirus SARS-CoV-2 zu schützen, werden Pflegegutachten statt in einer umfassenden persönlichen Befunderhebung im Wohnbereich aufgrund der zur Verfügung stehenden Unterlagen (Aktenlage) in Kombination mit strukturierten Telefon-/Video-Interviews erstellt.

Zudem werden Wiederholungsbegutachtungen ausgesetzt und die 25-Arbeitstagefrist (Bearbeitungsfrist) der Pflegekassen auf Dringlichkeitsfälle beschränkt.

Entlastung für pflegende Angehörige (§ 9 PflegeZG, § 16 FPfZG)

20 Tage Pflegeunterstützungsgeld bei kurzzeitiger Arbeitsverhinderung gültig bis 30.9.2020

Berufstätige können sich normalerweise für bis zu zehn Tage von der Arbeit freistellen lassen, um die Pflege eines Familienmitgliedes zu organisieren (siehe Ausführungen gleich). Für diese Zeit haben Betroffene Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld als Lohnersatzleistung.

Auf Grund der aktuellen Situation wurde mit dem „Zweiten Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ bis zum 30.9.2020 ein erleichterter Zugang zum Pflegeunterstützungsgeld geschaffen: Beschäftigte, die die Pflege von Angehörigen übernehmen, können die Leistung für 20 Tage in Anspruch nehmen. Die Regelung gilt auch, wenn ein Versorgungsengpass bei der häuslichen Pflege besteht (z.B. Verhinderung des ambulanten Pflegedienstes, Schließung der Tagesstätte, Ausfall einer Pflegekraft). Haben Angehörige bereits den Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld genutzt, können sie diesen erneut geltend machen. Allerdings werden Tage, die Sie bereits genutzt haben, von den 20 Tagen abgezogen.

Flexiblere Nutzung der Pflegezeit

Beschäftigte, die gleichzeitig Pflegeaufgaben übernehmen, haben befristet bis zum 30.9.2020 die Möglichkeit, mit Zustimmung des Arbeitgebers Familienpflegezeit und Pflegezeit flexibler zu nutzen. Wer den gesetzlichen Rahmen für die Auszeiten (sechs Monate Pflegezeit, 24 Monate Familienpflegezeit) bisher nicht ausgeschöpft hat, kann kurzfristig Restzeiten der Freistellungen in Anspruch nehmen, sofern sie die Gesamtdauer von 24 Monaten nicht überschreiten.

Die normalerweise geltende gesetzliche Mindestarbeitszeit von 15 Wochenstunden können nun für einen Monat unterschritten werden. Um den geringeren Lohn während der Familienpflegezeit auszugleichen, kann ein Darlehen beantragt werden. Pandemiebedingte Einkommensausfälle werden bei der Ermittlung der Darlehenshöhe nicht berücksichtigt.

Die Ankündigungsfrist gegenüber dem Arbeitgeber wird bei der Familienpflegezeit vorübergehend auf zehn Tage (statt acht Wochen) heruntergesetzt. Die Ankündigung in Textform genügt (§ 126b BGB).

Vollstationäre Pflege auch in Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen möglich (§ 149 SGB XI)

Vollstationäre Pflegeeinrichtungen mussten aufgrund von festgestellten COVID-19-Fällen einen Teil der Bewohner unter Quarantäne stellen. Müssen Bewohner aus diesem Grund anderweitig vollstationär versorgt werden, ist dies bis zum 30.9.2020 für die Dauer von maximal 14 Kalendertagen auch in stationären Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen möglich (§ 149 Abs. 3 SGB XI). In begründeten Einzelfällen ist in Abstimmung mit der Pflegekasse auch ein längerer Zeitraum möglich.

Erhöhter Zuschuss für Pflegehilfsmittel zum Verbrauch

Befristete Änderungen (§ 4 COVID-19-Versorgungsstrukturen-Schutzverordnung – BAnz AT 04.05.2020 V1) gültig vom 1. April 2020 bis Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite, spätestens am 31. März 2021.

Aufwendungen für zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel dürfen ab dem 1. April 2020 monatlich den Betrag von 60 Euro nicht übersteigen. Dazu zählen Einmalhandschuhe, Mundschutze, Bettschutzeinlagen, Schutzschürzen sowie Hand- und Flächendesinfektionsmittel.

Pflegebedürftige benötigen dazu keinen gesonderten Antrag und können die Rechnung wie gewohnt bei der Pflegekasse einreichen.

Quellen: SOLEX, Bundesregierung

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