Corona: Hilfen bei der Pflege

In mehreren Verordnungen und vorübergehenden Gesetzesänderungen wurden in den letzten Wochen und Monaten Erleichterungen beschlossen, die unter anderem auch pflegenden Angehörigen zugute kommen.

Zusammenfassung

Hier eine Zusammenfassung aller Regelungen in diesem Zusammenhang. Die meisten Erleichterungen gelten bis zum 30. September 2020, können aber bei einem Andauern oder einer Verschärfung der Krise verlängert werden. Die Zusammenfassung wurde aus der umfassenden Auflistung aller Corona – Hilfsmaßnahmen (Corona-Rettungsschirm) in SOLEX hier für den Bereich Pflegeversicherung (SGB XI) erstellt.

Überwindung coronabedingter Versorgungspässe mit dem Entlastungsbetrag

Erweiterterungen bei Entlastungsbetrag bei Pflegegrad 1 gültig bis 30.9.2020

Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1, die zu Hause leben, haben Anspruch auf einen Entlastungsbetrag in Höhe von 125 Euro monatlich (§ 45b SGB XI). Der Einsatz dieses Betrages ist eingeschränkt auf Maßnahmen von in den einzelnen Bundesländern zugelassenen Diensten. Bis zum 30.9.2020 haben Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1 nun die Möglichkeit, den Entlastungsbetrag auch abweichend vom geltenden Landesrecht für andere Hilfen bzw. andere – professionelle und nicht professionelle – Anbieter zu verwenden (z.B. durch Nachbarn). Voraussetzung ist, dass die Hilfe erforderlich ist, um coronabedingte Versorgungsengpässe zu überwinden.

Ansparung 3 Monate möglich gültig bis 30.9.2020

Pflegebedürftige aller 5 Pflegegrade, also alle Versicherten mit anerkanntem Pflegegrad, gilt eine Verlängerung von drei Monaten um den Entlastungsbetrag anzusparen.

Zuschuss zur Kurzzeitpflege (§ 149 SGB XI)

Ist es Angehörigen vorübergehend nicht möglich, ein Familienmitglied zu Hause zu pflegen, besteht Anspruch auf stationäre Kurzzeitpflege für die Dauer von acht Wochen jährlich mit einer Kostenübernahme durch die Pflegekasse von bis zu 1.612 Euro. Um quarantänebedingte Engpässe während der Pandemie zu überbrücken, findet die Kurzzeitpflege aktuell auch in stationären Einrichtungen der Rehabilitation und in Krankenhäusern statt. Wegen höherer Vergütungssätze von stationären Reha- und Vorsorgeeinrichtungen erhalten Pflegebedürftige bis zum 30.9.2020 einen höheren Leistungsanspruch von der Pflegeversicherung. Wird die Kurzzeitpflege in stationären Rehabilitations- und Vorsorgeeinrichtungen geleistet, haben Pflegebedürftige einen erhöhten Anspruch auf bis zu 2.418 Euro (§ 149 Abs. 2 SGB XI).

Das Kurzzeitpflegegeld ist bis Ende September weiterhin zu 100 Prozent mit den Leistungen der Verhinderungspflege kombinierbar. Somit ergeben sich insgesamt 4.030 Euro für die Kurzzeitpflege in einer Einrichtung zur Rehabilitation oder medizinischen Vorsorge.

Befristete Änderungen (§ 147 SGB XI, Verfahren zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach § 18) gültig vom 1.1.2020 bis 30.9.2020

Um die gefährdete Personengruppe der Pflegebedürftigen vor zusätzlichen Ansteckungsgefahren durch das Coronavirus SARS-CoV-2 zu schützen, werden Pflegegutachten statt in einer umfassenden persönlichen Befunderhebung im Wohnbereich aufgrund der zur Verfügung stehenden Unterlagen (Aktenlage) in Kombination mit strukturierten Telefon-/Video-Interviews erstellt.

Zudem werden Wiederholungsbegutachtungen ausgesetzt und die 25-Arbeitstagefrist (Bearbeitungsfrist) der Pflegekassen auf Dringlichkeitsfälle beschränkt.

Entlastung für pflegende Angehörige (§ 9 PflegeZG, § 16 FPfZG)

20 Tage Pflegeunterstützungsgeld bei kurzzeitiger Arbeitsverhinderung gültig bis 30.9.2020

Berufstätige können sich normalerweise für bis zu zehn Tage von der Arbeit freistellen lassen, um die Pflege eines Familienmitgliedes zu organisieren (siehe Ausführungen gleich). Für diese Zeit haben Betroffene Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld als Lohnersatzleistung.

Auf Grund der aktuellen Situation wurde mit dem „Zweiten Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ bis zum 30.9.2020 ein erleichterter Zugang zum Pflegeunterstützungsgeld geschaffen: Beschäftigte, die die Pflege von Angehörigen übernehmen, können die Leistung für 20 Tage in Anspruch nehmen. Die Regelung gilt auch, wenn ein Versorgungsengpass bei der häuslichen Pflege besteht (z.B. Verhinderung des ambulanten Pflegedienstes, Schließung der Tagesstätte, Ausfall einer Pflegekraft). Haben Angehörige bereits den Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld genutzt, können sie diesen erneut geltend machen. Allerdings werden Tage, die Sie bereits genutzt haben, von den 20 Tagen abgezogen.

Flexiblere Nutzung der Pflegezeit

Beschäftigte, die gleichzeitig Pflegeaufgaben übernehmen, haben befristet bis zum 30.9.2020 die Möglichkeit, mit Zustimmung des Arbeitgebers Familienpflegezeit und Pflegezeit flexibler zu nutzen. Wer den gesetzlichen Rahmen für die Auszeiten (sechs Monate Pflegezeit, 24 Monate Familienpflegezeit) bisher nicht ausgeschöpft hat, kann kurzfristig Restzeiten der Freistellungen in Anspruch nehmen, sofern sie die Gesamtdauer von 24 Monaten nicht überschreiten.

Die normalerweise geltende gesetzliche Mindestarbeitszeit von 15 Wochenstunden können nun für einen Monat unterschritten werden. Um den geringeren Lohn während der Familienpflegezeit auszugleichen, kann ein Darlehen beantragt werden. Pandemiebedingte Einkommensausfälle werden bei der Ermittlung der Darlehenshöhe nicht berücksichtigt.

Die Ankündigungsfrist gegenüber dem Arbeitgeber wird bei der Familienpflegezeit vorübergehend auf zehn Tage (statt acht Wochen) heruntergesetzt. Die Ankündigung in Textform genügt (§ 126b BGB).

Vollstationäre Pflege auch in Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen möglich (§ 149 SGB XI)

Vollstationäre Pflegeeinrichtungen mussten aufgrund von festgestellten COVID-19-Fällen einen Teil der Bewohner unter Quarantäne stellen. Müssen Bewohner aus diesem Grund anderweitig vollstationär versorgt werden, ist dies bis zum 30.9.2020 für die Dauer von maximal 14 Kalendertagen auch in stationären Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen möglich (§ 149 Abs. 3 SGB XI). In begründeten Einzelfällen ist in Abstimmung mit der Pflegekasse auch ein längerer Zeitraum möglich.

Erhöhter Zuschuss für Pflegehilfsmittel zum Verbrauch

Befristete Änderungen (§ 4 COVID-19-Versorgungsstrukturen-Schutzverordnung – BAnz AT 04.05.2020 V1) gültig vom 1. April 2020 bis Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite, spätestens am 31. März 2021.

Aufwendungen für zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel dürfen ab dem 1. April 2020 monatlich den Betrag von 60 Euro nicht übersteigen. Dazu zählen Einmalhandschuhe, Mundschutze, Bettschutzeinlagen, Schutzschürzen sowie Hand- und Flächendesinfektionsmittel.

Pflegebedürftige benötigen dazu keinen gesonderten Antrag und können die Rechnung wie gewohnt bei der Pflegekasse einreichen.

Quellen: SOLEX, Bundesregierung

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