Neu ab Juli

Die Bundesregierung hat über die gesetzlichen Neuregelungen im Juli 2021 informiert.

Corona

  • Der Deutsche Bundestag hat beschlossen, dass die epidemische Lage von nationaler Tragweite über den 30. Juni 2021 hinaus forstbesteht. Er stellt damit sicher, dass notwendige Regelungen weiterhin gelten können. Denn trotz stetig sinkender Inzidenzen bedarf es auch in den nächsten Monaten Regelungen beispielsweise zum Impfen, zum Testen und zur Einreise.
  • Seit dem 7. Juni 2021 ist die Priorisierung für eine Corona-Impfung bundesweit aufgehoben. Außerdem impfen seither auch Betriebsärztinnen und -ärzte.
  • Um Corona-Teststellen besser kontrollieren zu können, wurde die Testverordnung angepasst. Der Anspruch auf kostenlose Antigen-Schnelltests bleibt erhalten: Bürgerinnen und Bürger können sich weiterhin mindestens einmal pro Woche auf das Coronavirus testen lassen. Nach wie vor übernimmt der Bund die Kosten dafür.

Kurzarbeit

Unternehmen können den erleichterten Zugang zu Kurzarbeitergeld weiterhin in Anspruch nehmen. Die Antragsfrist ist bis 30. September 2021 verlängert. Auch Leiharbeiter profitieren von den Sonderregelungen.

Homeoffice-Pflicht endet

Ab 1. Juli 2021 gibt es keine Homeoffice-Pflicht mehr. Bestehen bleiben jedoch die Verpflichtung zum Testangebot sowie die AHA+L-Regel.

Digitalisierung in der Pflege

Künftig können digitale Anwendungen auch in der Pflege in die Regelversorgung aufgenommen werden – beispielsweise Apps zur Sturzprävention oder zum Gedächtnistraining. Auch der Austausch mit Angehörigen oder Pflegefachkräften wird digital erleichtert. Zudem können Versicherte ihre Daten zu digitalen Anwendungen künftig in der elektronischen Patientenakte speichern.

Rente

Keine Rentenerhöhung im Westen. Im Osten steigen die Rentenum 0,72 Prozent.

Kinder- und Jugendstärkungsgesetz

Mit dem Gesetz werden die rechtlichen Grundlagen der Kinder- und Jugendhilfe weiterentwickelt. Ziel ist ein wirksames Hilfesystem, das Kinder vor Gefährdungen schützt und Familien stärkt. Dabei geht es auch darum, gesellschaftliche Teilhabe und Chancengleichheit für alle jungen Menschen zu sichern beziehungsweise herzustellen. Das Gesetz ist zum 10. Juni in Kraft getreten.

Nur zwei Regelungen werden verzögert rechtskräftig und betreffen den großen Komplex der inklusiven Gestaltung des SGB VIII. Während einzelne Regelungen zur so genannten „Schnittstellenbereinigung“ zwischen SGB VIII und der Eingliederungshilfe (SGB IX) ab jetzt gelten, kommt der große Schritt der „Gesamtzuständigkeit“ des SGB VIII erst 2028.
Die Verfahrenslotsen kommen erst ab dem 1.1.2024 zum Einsatz. (mehr dazu bei den Fachinfos des Paritätischen)

Schutz für Kinder

Mit den neuen Regeln zur Bekämpfung sexuellen Missbrauchs sollen Kinder besser vor sexualisierter Gewalt geschützt werden. Das Gesetz verfolgt dafür einen umfassenden Ansatz. Die geltenden Straftatbestände des sexuellen Missbrauchs von Kindern werden neugefasst.

Quellen: Bundesregierung, Paritätischer, FOKUS-Sozialrecht

Abbildung: Fotolia_207361772_Subscription_XXL.jpg

Das schwierige Kindeswohl

Die Bundesregierung stellte am 2.12.2020 den Kabinettsentwurf des „Gesetzes zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen – Kinder- und Jugendstärkungsgesetz – KJSG“ vor. Darin enthalten ist eine Änderung zum Referentenentwurf, die für Zündstoff gesorgt hat.

Worum geht es?

Wenn leibliche Eltern ihr Kind, das in einer Pflegefamilie aufwächst, weil die Eltern sich aus irgendwelchen Gründen nicht angemessen um ihr Kind kümmern konnten, zurückholen wollen, muss zunächst einmal klar sein, dass sie ihre Probleme dauerhaft überwunden haben. Trotzdem kann es aber gut sein, dass das Kind gar nicht zurück will, weil es mittlerweile einestarke Bindung zur Pflegefamilie aufgebaut hat. Im entsprechenden Paragrafen des BGB sollte ursprünglich folgender Absatz 3 eingefügt werden:
„Eine Anordnung nach § 1632 Absatz 4 (Herausnahme in eine Pflegefamilie) ist auf Antrag der Eltern aufzuheben, wenn
1. die Wegnahme des Kindes von der Pflegeperson das Kindeswohl nicht gefährdet
oder
2. der Gefährdung des Kindeswohls innerhalb eines im Hinblick auf die Entwicklung des Kindes vertretbaren Zeitraums auf andere Weise, auch durch öffentliche Hilfen anlässlich seiner Rückführung zu den Eltern, begegnet werden kann.“

Gerade der zweite Punkt löste zum Beispiel bei der „Deutschen Kinderhilfe“ und beim Deutschen Familiengerichtstag (DFGT) Widerspruch aus. Dies bedeute, dass Kinder auch dann probeweise zu den leiblichen Eltern zurück sollen, wenn die Situation dort potentiell gefährdend ist. Stundenweise Familienhilfen könnten rund um die Uhr bestehende Risiken für Kinder nicht kompensieren. „Für viele Pflegekinder wäre diese ethisch nicht vertretbare Experimentierklausel katastrophal“, erklärt der Jurist Ludwig Salgo von der Universität Frankfurt, Experte bei der Kinderkommission des Bundestages.

Im jetzt veröffentlichten Kabinettsentwurf ist der umstrittene Punkt 2 raus. Jetzt lautet der neue Absatz:
„Eine Anordnung nach § 1632 Absatz 4 ist auf Antrag der Eltern aufzuheben, wenn die Wegnahme des Kindes von der Pflegeperson das Kindeswohl nicht gefährdet.“

Jetzt geht es also ausschließlich um das Kindeswohl. Es ist nicht mehr festgelegt, dass Maßnahmen versucht werden müssen, um das zu erreichen. Gleichwohl muss jeder Einzelfall genau geprüft werden. Ausgeschlossen ist dabei auch nicht, dass unter Umständen der Rückführungsprozess in die Herkunftsfamilie so ausgestaltet werden kann, dass sich das Kind ohne Gefährdung seines Wohls einerseits von seiner Pflegeperson lösen und andererseits in seine Herkunftsfamilie wieder integrieren kann. Dazu sollen Familienhilfen zur Verfügung stehen, wie Beratung und Unterstützung. Wie schwierig das Thema ist, zeigt sich schon darin, dass die Gesetzesbegründung allein zu dem neuen Absatz 3 fast drei Seiten lang ist.

Wesentlicher Inhalt des Gesetzentwurfs

Der Gesetzentwurf sieht gesetzliche Änderungen in fünf Bereichen vor:

  1. Besserer Kinder- und Jugendschutz
  2. Stärkung von Kindern und Jugendlichen, die in Pflegefamilien oder in Einrichtungen der Erziehungshilfe aufwachsen
  3. Hilfen aus einer Hand für Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderungen
  4. Mehr Prävention vor Ort
  5. Mehr Beteiligung von jungen Menschen, Eltern und Familien

Die einzelnen Punkte werden auf der Homepage des Ministeriums näher erläutert.

Quelle: Bundeskabinett, BMFSFJ, Tagesspiegel vom 20.11.2020

Abbildung: pixabay.com cheryholt.jpg