Grundrente

Ende letzten Jahre einigte sich die große Koalition nach langem Hin und Her auf das Konzept der Grundrente, was entsprehend gefeiert wurde. Nun legt Bundesarbeitsminiter Heil einen neuen Kabinettsentwurf des Gesetzes vor, in dem die Kompromisse eingebaut sind. Über die Eckpunkte der Einigung berichteten wir hier am 11.11.2019.

ein bisschen Grundrente schon ab 33

Der wichtigste Unterschied zum ursprünglichen Entwurf vom Mai 2019 ist die Veränderung des neuen § 76g SGB VI, „Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung“, so die Umschreibung für die Grundrente im Gesetzesjargon. Hier wird nun nicht nur die Berechnung der Grundrente für 35 Beitragsjahre geregelt, sondern auch in einem aufwendigen Rechenverfahren die verminderte Grundrente für 33 bis 35 Beitragsjahre festgelegt.

Anspruch

Anspruch auf Grundrente hat, wer weniger als 80 Prozent Beiträge gezahlt hat als ein Durchschnittsverdiener, aber mehr als 30 Prozent. Der daraus resultierende Rentenanspruch wird dann verdoppelt, darf aber 80 % der Durchschnittsrente nicht übersteigen. Von dem Rentenzuschlag müssen dann noch mal 12,5 % abgezogen werden. Damit soll weiterhin, zumindest ein wenig, das Äquivalenzprinzip gelten, wonach die Rente eigentlich von der Höhe der Beitragszahlungen abhängt. Dies wird ebenfalls im neuen § 76g SGB VI geregelt.

Einkommensanrechnung

Da es laut Koalitionsvereinbarung eine Einkommensanrechnung geben soll, muss ein neuer § 97a her: „Einkommensanrechnung beim Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung“. Dafür werden zwei Faktoren festgelegt, die, multipliziert mit dem aktuellen Rentenwert (West – aber gültig für ganz Deutschland), die Höhe der Freibeträge, für Alleinstehende und für Paare, bestimmen. Damit werden die Freibeträge mit jeder Erhöhung des Rentenwertes ansteigen.
Über die Höhe der beiden Faktoren sagt der Gesetzesentwurf noch nichts. In der Begründung aber wird deutlich, dass sie, multipliziert mit dem Rentenwert, 1.250 Euro, bzw. 1.950 Euro ergeben sollen. Da das Gesetz zum 1.1.2021 in Kraft treten soll, wird zur Berechnung der Rentenwert ab 1.7.2020 herangezogen, der aber frühestens im März 2020 bekannt wird. Dementsprechend werden dann für die Endfassung des Gesetzes die Faktoren gewählt werden, so dass die gewünschten Ergebnisse (1.250 und 1.950 Euro) dabei herauskommen.

Freibeträge

Freibeträge für Empfänger von Grundsicherung bei Erwerbsminderung und Alter waren auch schon im ersten Entwurf vorgesehen. Dazu kommen jetzt noch Freibeträge für Empfänger von

  • Hilfe zum Lebensunterhalt
  • Hartz IV
  • Wohngeld
  • Entschädigungsleistungen

Dagegen wurde die Absenkung der Krankenkassenbeiträge aus dem Entwurf vom letzten Mai gestrichen.

Ausgang ungewiss

Mittlerweile gibt es viel Gegenwind gegen den neuen Entwurf. Dabei geht es hauptsächlich um die Finanzierung der Grundrente aus Steuermitteln. Die dafür favorisierte Finanztransaktionsteuer ist noch lange nicht in trockenen Tüchern. Auch inhaltlich werden Fragen gestellt, etwa wieso Rentner, die nur 30 oder 31 Jahre Beitragszahlungen nachweisen können immer noch außen vor bleiben.

Ob das Gesetz, wie vorgesehen im Februar vom Kabinett abgesegnet wird, ist noch nicht abzusehen.

Quelle: BMAS, Fokus-Sozialrecht, SOLEX

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Pressemitteilungen des G-BA

Der Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat in den letzten Wochen einige Mitteilungen veröffentlicht. Inhalt sind Richtlinien, die der G-BA innerhalb des vom Gesetzgeber bereits vorgegebenen Rahmens festlegt, welche Leistungen der medizinischen Versorgung von der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) im Einzelnen übernommen werden. Zudem macht der G-BA Vorgaben im Bereich des Qualitätsmanagements und der Qualitätssicherung in der vertragsärztlichen, vertragszahnärztlichen und stationären medizinischen Versorgung.

Richtlinie zur Krankenbeförderung

Mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz erhalten Krankenhäuser die Möglichkeit, bei Entlassung von Patientinnen und Patienten eine Krankenbeförderungsleistung zu verordnen.
Die gesetzlichen Regelungen sahen bislang vor, dass Krankenfahrten zur ambulanten Behandlung – beispielsweise zur Dialyse oder Chemotherapie – generell vorab durch die Krankenkassen genehmigt werden müssen. Mit Inkrafttreten des Pflegepersonals-Stärkungsgesetzes (PpSG) am 1. Januar 2019 gilt für dauerhaft mobilitätsbeeinträchtigte Personen eine sogenannte Genehmigungsfiktion: Bei anerkannter Schwerbehinderung (Merkzeichen „aG“, „Bl“ oder „H“, Pflegegrad 3 mit dauerhafter Mobilitätsbeeinträchtigung, 4 oder 5) gilt die Genehmigung der Krankenfahrt mit einem Taxi oder Mietwagen mit Ausstellung der Verordnung als erteilt. Diese gesetzliche Regelung wird nun in der Krankentransport-Richtlinie nachvollzogen.

Aufnahme weiterer Erkrankungen in die ASV-Versorgung

Die ambulante spezialfachärztliche Versorgung (ASV) ist ein Angebot für Patientinnen und Patienten mit bestimmten seltenen oder komplexen, schwer therapierbaren Erkrankungen. Gesetzliche Grundlage ist § 116b SGB V. Spezialisierte Ärztinnen und Ärzte verschiedener Fachrichtungen arbeiten in einem Team zusammen und koordinieren Diagnostik und Behandlung. Die ASV kann sowohl von Krankenhäusern als auch von niedergelassenen Fachärztinnen und Fachärzten als ambulante, koordinierte Leistung angeboten werden. Bei onkologischen Erkrankungen ist die sektorenübergreifende Kooperation verpflichtend.

Zukünftig können Patientinnen und Patienten, die an einer Sarkoidose leiden oder an Tumoren der Lunge und des Thorax erkrankt sind, vom Behandlungsangebot der ASV profitieren.

Sarkoidose: Im ASV-Kernteam zur Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Sarkoidose müssen Fachärztinnen und -ärzte für Innere Medizin und Pneumologie sowie Innere Medizin und Rheumatologie vertreten sein. Sofern Kinder und Jugendliche behandelt werden, ist zusätzlich eine entsprechende pädiatrische Expertise in das Team zu integrieren.

Tumoren der Lunge und des Thorax: Im ASV-Kernteam zur Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Tumoren der Lunge und des Thorax müssen Fachärztinnen und -ärzte für Innere Medizin und Pneumologie, Innere Medizin und Hämatologie und Onkologie, Strahlentherapie und Thoraxchirurgie vertreten sein. Bei der Behandlung von Herztumoren gilt zusätzlich, dass Fachärztinnen und -ärzte für Herzchirurgie und Innere Medizin und Kardiologie hinzuzuziehen sind.

Änderungen der Rehabilitations-Richtlinie: Erleichterungen für pflegende Angehörige

Die Rehabilitations-Richtlinie wird an die Regelungen des Pflegepersonal-Stärkungsgesetzes angepasst. Für pflegende Angehörige entfällt demnach das geltende Prinzip einer gestuften Versorgung „ambulant vor stationär“. Der Anspruch auf eine stationäre Rehabilitation besteht nunmehr auch, wenn ambulante Leistungen aus medizinischer Sicht ausreichend wären. Zudem sieht die Änderung vor, dass der oder die Pflegebedürftige für die Dauer der Rehabilitation in der Klinik versorgt werden kann.

Quelle: Gemeinsamer Bundesausschuss

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Studie zur Bedarfsermittlung

Das BMAS hat nach § 13 SGB IX in den Jahren 2018 und 2019 eine bundesweite Studie zur Bedarfsermittlung für die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen durchführen lassen. Die Studie erstellt hat die Kienbaum GmbH.

In dieser Untersuchung wurde bei den Rehabilitationsträgern nach § 6 SGB IX untersucht, welche konkreten Verfahren die Rehabilitationsträger entwickelt haben, um Teilhabebedarfe von Menschen mit Behinderungen zu identifizieren, Teilhabeziele zu definieren und diesen Zielen entsprechende Leistungen zu erbringen.

Grundlage der Studie ist die Novellierung des Teils I des SGB IX. Da Teil II (Eingliederungshilfe) erst zum 1.1.2020 in Kraft trat, nahmen von den Rehabilitationsträgern hauptsächlich die Agentur für Arbeit, Unfallversicherung, Rentenversicherung und Krankenversicherung teil. Träger der Eingliederungshilfe waren kaum vertreten.

Ziel der Untersuchung  ist die Darstellung der aktuelle Verwaltungspraxis und die Nutzung von Instrumenten zur Ermittlung des Rehabilitationsbedarfs nach § 13 SGB IX. Es sollen Vorschläge erarbeitet werden, wie trägerübergreifend nach einheitlichen Maßstäben bei der Ermittlung des Rehabilitationsbedarfs zusammenzuarbeitet werden kann. Nach § 13 SGB IX werden die Rehabilitationsträger verpflichtet, systematische Arbeitsprozesse und standardisierte Arbeitsmittel zu verwenden, aufgrund derer die Ermittlung des Rehabilitationsbedarfs bei dem jeweiligen Rehabilitationsträger einheitlich und nachprüfbar durchgeführt werden kann. Die Anforderungen an die Instrumente der Bedarfsermittlung sind in § 13 Abs.2 festgeschrieben:

„Die Instrumente nach Absatz 1 Satz 1 gewährleisten eine individuelle und funktionsbezogene Bedarfsermittlung und sichern die Dokumentation und Nachprüfbarkeit der Bedarfsermittlung, indem sie insbesondere erfassen, 1. ob eine Behinderung vorliegt oder einzutreten droht, 2. welche Auswirkung die Behinderung auf die Teilhabe der Leistungsberechtigten hat, 3. welche Ziele mit Leistungen zur Teilhabe erreicht werden sollen und 4. welche Leistungen im Rahmen einer Prognose zur Erreichung der Ziele voraussichtlich erfolgreich sind.“

Insgesamt kommt die Studie zum dem Ergebnis, dass die Rehabilitationsträger die Feststellungen weiterhin überwiegend auf dem vorliegenden Leistungsantrag und damit auf die trägerspezifischen Leistungsvoraussetzungen bezogen vornehmen. Grundlage der Bedarfsermittlung ist eine ICD-Diagnose, wohingegen die Beeinträchtigung der Aktivitäten bisher nur teilweise und dann auch nur in sehr knapper und abstrakter Form erhoben und dokumentiert wird. Die Nutzung der ICF, ihrer Möglichkeiten, aber auch ihre Beschränkungen hinsichtlich der Anwendung im Bereich der Bedarfsermittlung seien bei einer Vielzahl der Träger noch entwicklungsfähig.

Die Studie enthält zudem Handlungsempfehlungen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen der Zusammenarbeit, zur Sicherstellung einer einheitlichen Qualität der Bedarfsermittlung, zur Orientierung am bio-psycho-sozialen Modell der ICF, zum Thema Datenschutz sowie zu weiteren rechtlichen Anpassungen.

Quelle: BMAS

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Seminar: Schulden und Überschuldung des Betreuten

Zu den Aufgaben von gesetzlichen Betreuern kann es gehören, im Rahmen der Vermögenssorge auf Mahnungen bzw. Vollstreckungsbegehren zu reagieren und die Schulden der Betreuten zu regulieren. Bei Überschuldung des Betreuten, steht der Betreuer vor der Aufgabe, sich mit einem möglichen Insolvenzverfahren auseinanderzusetzen, mit einer Schuldnerberatungsstelle zusammenzuarbeiten und im Fall der Eröffnung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens als Ansprechpartner für den Treuhänder zu agieren.

Das Seminar vermittelt zu diesem Aufgabenbereich das notwendige

Inhalte des Seminars:

  • Wie weit gehen Aufgaben des Betreuers im Rahmen der Vermögensvorsorge? Was darf der Betreuer, wo sind seine Grenzen?
  • Was ist überhaupt Überschuldung und was sind die typischen Schuldenformen?
  • Was ist als „kurzfristige“ Maßnahme zu tun etwa bei Mietschulden, bei Stromschulden, bei Schulden von Versicherungen (z. B. Krankenversicherung bei Privatversicherten), zur Sicherung des Lebensunterhalts?
  • Was tun, wenn Pfändung/Zwangsvollstreckung droht (was ist eine Pfändung, was darf gepfändet werden, Pfändungsfreigrenzen; Lohnpfändung; Was ist überhaupt eine Zwangsvollstreckung?)?
  • Welche „Sanierungsmöglichkeiten“ gibt es, die der Betreuer anstoßen/durchführen kann (Ratenzahlung/Stundung, Schuldenbereinigungspläne, Bitte um Niederschlagung)?
  • Was ist ein Verbraucherinsolvenzverfahren, was ist eine Restschuldbefreiung?
  • Welche Pflichten kommen bei Zusammenarbeit mit einer Schuldnerberatungsstelle bzw. als Ansprechpartner im Verbraucherinsolvenzverfahren auf den Betreuer zu?

Fakten zum Seminar:

Dauer: 1 Tag, 10 bis 17 Uhr
Ort + Zeit: 12.05.2020, Frankfurt am Main

Teilnahmegebühr: 299,00 EUR  inkl. MwSt. (249,00 EUR für Frühbucher)

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BTHG: Wirksamkeit und Leichte Sprache

Im Bundesteilhabegesetz kommt das Wort „Wirksamkeit“ 16 mal vor, davon 6 mal im SGB IX, Teil 2, der Eingliederungshilfe. Das Wort „Wirkungskontrolle“ ist vier mal vorhanden, davon zweimal in der Eingliederungshilfe.

Dass diese Wörterüberhaupt im Bundesteilhabegesetz auftauchen, war ziemlich umstritten. Wenn Wirkung gefordert wird, muss das auch kontrolliert werden können. Kontrolliert wird am sichersten mit Messungen. Bei den Teilhabeleistungen zur medizinischen Rehabilitation oder bei der Teilhabe an Arbeit, lässt sich das vielleicht noch ganz gut messen. Schwieriger wird es bei der sozialen Teilhabe. Es kann ja vorkommen, dass das höchste Teilhabeziel ist, dass eine Verschlimmerung der Situation verhindert werden soll, beispielsweise wachsende Isolation durch Kontakte verhindert wird.
Befürchtet wurde, dass Menschen mit Behinderungen in zwei Klassen eingeteilt werden: Bei den einen lässt sich soziale Teilhabe verbessern, andere fallen aus der Förderung heraus, weil sich nichts „verbessern“ lässt.

Die Begriffe „Wirksamkeit“ und „Wirkungskontrolle“ sind nun im BTHG festgeschrieben. In der Eingliederungshilfe betreffen sie folgende Regelungen:

§ 121 SGB IX Gesamtplan, das ist die individuelle Ebene:

  • dient der Steuerung, Wirkungskontrolle,
  • Aussagen: Maßstäbe u. Kriterien der Wirkungskontrolle

§ 125 und 131 SGB IX Inhalte der Vereinbarung, das ist die vertragliche Ebene

  • Inhalte, Umfang, Qualität, einschl. der Wirksamkeit der Leistung

Dann gibt es noch § 128 Wirtschaftlichkeits- u. Qualitätsprüfung, (einschl. der Wirksamkeit).

Ungeklärt ist bisher, wie sich die Begriffe mit Inhalt füllen lassen und wenn Inhalte definiert sind, ist es nötig, dass die Definitionen und Kriterien einheitlich gehandhabt werden.

Eine Broschüre („Wirkungen und Nebenwirkungen des Bundesteilhabegesetzes„) des Paritätischen Gesamtverbandes aus dem letzten Herbst beleuchtet das Thema sowie mögliche Auswirkungen aus unterschiedlichen Perspektiven.

Nun ist dazu in Zusammenarbeit mit dem Kompetenz-Zentrum Leichte Sprache auch eine „Übersetzung“ in leichter Sprache erschienen: „Wirkungen und Nebenwirkungen von dem Bundes-Teilhabe-Gesetz In Leichter Sprache„. Hier steht zum Thema Wirkung und Kontrolle:

„Es ist schwer Hilfe zu messen. Das Messen kann auch Probleme bringen. Zum Beispiel: Es wird nur noch die Hilfe gemacht, die man gut messen kann. Das ist aber vielleicht nicht die beste Hilfe.“

Die Broschüre hat 120 Seiten und erklärt zunächst anschaulich den Inhalt und die Zielsetzung des Bundesteilhabegesetzes. Anschließend werden die Fachbeiträge aus der Broschüre des Paritätischen zusammengefasst und in „Leichter Sprache geschrieben, damit ihn alle gut lesen können.“

Quelle: Paritätischer Gesamtverband

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Neuerungen für freiwillig Wehrdienstleistende

Mit dem Gesetz zur nachhaltigen Stärkung der personellen Einsatzbereitschaft der Bundeswehr (Bundeswehr-Einsatzbereitschaftsstärkungsgesetz – BwEinsatzBerStG) will die Bunderegierung die Bundeswehr als „attraktiven und wettbewerbsfähigen Arbeitgeber“ stärken.
Teile des Gesetzespakets waren die Neufassung des Unterhaltssicherungsgesetz und des Wehrsoldgesetz.

Regelung bis 2019

Bis Ende 2019 regelte das USG die finanzielle Absicherung von freiwillig Wehrdienstleistenden und ihren Familienangehörigen.
Die Leistungen umfassten unter anderem:

  • Erstattung von Aufwendungen für Wohnraum
  • Beiträge zu einer gesetzlichen oder privaten Kranken- und Pflegeversicherung
  • Leistungen an Angehörige
  • Überbrückungszuschuss

Neuregelung

Die Neufassung des Wehrsoldgesetzes (WSG) und des Unterhaltssicherungsgesetzes (USG) trat zum 1. Januar 2020 in Kraft.
Der Anspruch auf Geld- und Sachbezüge nach diesen Gesetzen regelt seitdem wie folgt:

  • für freiwilligen Wehrdienst Leistende (FWDL) vollumfänglich aus dem WSG und
  • für Reservistendienst Leistende (RDL) vollumfänglich aus dem USG.

Was ändert sich?

  • Freiwillig Wehrdienstleistende erhalten ihren Wehrsold nach dem Wehrsoldgesetz (Anlage)
  • In Bezug auf den bisherigen Leistungsumfang für FWDL nach dem USG ergeben sich folgende Änderungen:
  • Alle bisherigen Leistungen nach dem USG entfallen ab dem 1.1.2020 für FWDL, da das USG ab diesem Zeitpunkt nicht für FWDL gilt.
  • FWDL erhalten für jedes kindergeldberechtigte Kind einen Kinderzuschlag in Höhe von monatlich 100 Euro (ersetzt die bisherigen Leistungen nach §§ 16 bis 19 USG).
  • FWDL werden die Kosten für Beiträge an eine gesetzlich oder private Kranken- und Pflegeversicherung für Angehörige ohne eigenes Einkommen in Höhe des Basistarifes erstattet (ersetzt die bisherigen Leistungen nach § 20 USG).
  • Da es keine Entsprechung für § 13 USG (alte Fassung) geben wird, der Erstattung von Aufwendungen für Wohnraum, haben Freiwillig Wehrdienstleistende jetzt unter Umständen Anspruch auf Wohngeld.
  • Ein Überbrückungszuschuss kann nach dem geänderten § 13 Soldatenversorgungsgesetz gewährt werden.

Übergangsregelung

Für FWDL, deren Wehrdienstverhältnis vor dem 1. Januar 2020 beginnt und über den 1. Januar 2020 hinaus andauert, gilt folgendes:

  • Die betroffenen FWDL werden ab dem 1. Januar 2020 automatisch in das neue Wehrsoldsystem überführt.
  • FWDL mit Ansprüchen auf Erstattung von Aufwendungen für Wohnraum (§ 13 USG) oder Leistungen für Angehörige im gemeinsamen Haushalt (§§ 17 und 22 USG) nach Maßgabe des USG in der bis zum 31. Dezember 2019 (a.F.) geltenden Fassung erhalten einen Ausgleichsbetrag in Höhe der Differenz zwischen der Summe der Beträge aus dem Wehrsold nach den §§ 2 Abs. 1 und 8c WSG in der bis zum 31. Dezember 2019 geltenden Fassung und einer Leistung nach den §§ 13, 17 und/oder 22 USG a.F. und dem Wehrsold nach Maßgabe von § 4 WSG in der ab dem 1. Januar 2020 geltenden Fassung, sofern die o.a. Bezüge nach altem Recht höher waren.

Quellen: Bundeswehr, Bundestag

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Kinderzuschlag, zweite Stufe ab 1.1.2020

Im Rahmen des Starke-Familien-Gesetz vom April 2019 wurde der Kinderzuschlag in zwei Stufen weiterentwickelt. Der monatliche Höchstbetrag des Kinderzuschlag deckt zusammen mit dem für ein erstes Kind zu zahlenden Kindergeld den steuerfrei zu stellenden monatlichen sächlichen Existenzminimum eines Kindes entsprechend dem jeweils jüngsten Existenzminimumbericht der Bundesregierung abzüglich des Anteils für Bildung und Teilhabe.

In der ersten Stufe (seit Juli 2019) mindert das zu berücksichtigendes Einkommen des Kindes (z. B. Unterhalt / Unterhaltsvorschuss) den Höchstbetrag des Kinderzuschlag nur noch um 45 Prozent statt bisher um 100 Prozent.

Ab der zweiten Stufe (1.1.2020) mindert das den elterlichen Bedarf übersteigende und zu berücksichtigende Elterneinkommen den Gesamt-Kinderzuschlag nur noch um 45 Prozent statt bis dahin um 50 Prozent. Außerdem entfällt das Überschreiten der bisherigen Höchsteinkommensgrenze (Elternbedarf plus Gesamt-Kinderzuschlag) als Ausschlusskriterium für die Kinderzuschlag-Berechtigung.

Der Kinderzuschlag wird ab 1.1.2020 über die bisherige „Abbruchkante“ (schlagartiger Einkommensverlust) hinaus gewährt und fließend gemindert.

Abschaffung der „Abbruchkante“

Streichung von § 6a Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 4 BKGG;
Neufassung von § 6a Abs. 1 Nr. 3 BKGG

Zum 1.1.2020 wird die individuelle Höchsteinkommensgrenze abgeschafft. Durch die Abschaffung der individuellen Höchsteinkommensgrenze wird der Kinderzuschlag über die bisherige Einkommensgrenze hinaus fließend gemindert. Der schlagartige Einkommensverlust wird durch ein kontinuierliches Auslaufen der Leistung bis auf 0 Euro ersetzt, um den Verlauf wie in anderen Rechtsbereichen leistungsgerecht zu gestalten. Damit soll der bisherige negative Arbeitsanreiz der Höchsteinkommensgrenze überwunden werden und der Kinderzuschlag deutlich mehr Familien erreichen.

Für Familien im Kinderzuschlag, die zusätzliches eigenes Einkommen erwirtschaften und dadurch Hilfebedürftigkeit auch ohne den Kinderzuschlag knapp vermeiden können, entfällt nach der Gesetzeslage bis Ende 2019 der Kinderzuschlag – wie auch bei Überschreiten der Höchsteinkommensgrenze – vollständig. Diese erwerbsorientierten Familien im unteren Einkommensbereich erfahren dadurch häufig erhebliche Einkommensverluste, wenn sie ihre Erwerbstätigkeit ausdehnen. Durch die Aufhebung beider oberen Einkommensgrenzen, also der Höchsteinkommensgrenze und der Grenze Vermeidung von Hilfebedürftigkeit, entfällt die Abbruchkante des Kinderzuschlags.

Ab 1.1.2020 kann auch Kinderzuschlag bezogen werden, wenn ohne Kinderzuschlag der Bedarf der Familie gedeckt werden kann; in diesen Fällen steht nur ein je nach Einzelfall deutlich abgeschmolzener Betrag zu.

Erweiterte Zugangsmöglichkeit

§ 6a Abs. 1a BKGG

Der zum 1.1.2020 eingefügte § 6a Abs. 1a eröffnet eine erweiterte Zugangsmöglichkeit zum Kinderzuschlag für Personen mit Erwerbseinkommen. So besteht auch ein Anspruch auf Kinderzuschlag, wenn

1.

Berechtigten, die bisher kein Arbeitslosengeld II beziehen und auch keinen Antrag auf Arbeitslosengeld II gestellt haben, denen mit ihrem ermittelten Einkommen – inklusive Kinderzuschlag und eventuell Wohngeld –, höchstens ein Betrag von 100 Euro fehlt, um Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II vermeiden zu können,

2.

sich bei der Ermittlung des Elterneinkommens nach dem SGB II Absetzbeträge in Höhe von mindestens 100 Euro ergeben,
(Bei der Ermittlung des zu berücksichtigenden Einkommens aus Erwerbstätigkeit werden gemäß § 11b Abs.2 und 3 SGB II Absetz- und Freibeträge berücksichtigt, wodurch Einkommen verschont wird und ein finanzieller Spielraum – eine Art Einkommenspuffer – entsteht)

3.

kein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft Leistungen nach dem SGB II oder XII erhält oder beantragt hat.

Die Berechtigten sollten, so die Vorgabe aus der Gesetzesbegründung an die zuständigen Behörden, sachgerecht und ausführlich über ihren Anspruch auf Kinderzuschlag beraten werden und – auch im Bescheid – auf die Möglichkeit hingewiesen werden, dass sie gegebenenfalls höhere Geldleistungen nach dem SGB II in Anspruch nehmen können oder flankierende Leistungen wie beispielsweise die Befreiung vom Rundfunkbeitrag oder andere Kostenbefreiungen. Zwar ergeben sich hier unweigerlich für die Berechtigten Entscheidungsschwierigkeiten, zumal es im Einzelfall nicht leicht zu überblicken sein wird, in welcher Höhe zum Beispiel Vorteile durch Kostenbefreiungen entfallen, wenn statt Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII Kinderzuschlag gewählt wird. Diese Schwierigkeiten sind im Hinblick darauf, dass es sich bei der Möglichkeit, statt Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII Kinderzuschlag zu beziehen, um ein zusätzliches Angebot handelt, um gerade auch Familien aus der sogenannten verdeckten Armut zu erreichen, hinzunehmen. Die getroffene Entscheidung kann für die Zukunft jederzeit wieder geändert werden.

Der erweiterte Zugang zum Kinderzuschlag wird auf drei Jahre bis zum 31. Dezember 2022 befristet eingeführt (§ 20 Abs.2 BKGG). Es ist vorgesehen, dass dem Bundestag bis zum 31.Juli 2022 auch über die Auswirkungen dieser Regelung ein Bericht vorgelegt wird.

Quelle: SOLEX

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Grundgesetzänderung für Kinderrechte

Mittlerweile gibt es einen Entwurf des Justizministeriums zur Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz. Danach soll im Artikel 6 folgender Absatz 1a eingefügt werden:

Entwurf Art. 6 Abs. 1a Grundgesetz

„Jedes Kind hat das Recht auf Achtung, Schutz und Förderung seiner Grundrechte einschließlich seines Rechts auf Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit in der sozialen Gemeinschaft.
Das Wohl des Kindes ist bei allem staatlichen Handeln, das es unmittelbar in seinen Rechten betrifft, angemessen zu berücksichtigen.
Jedes Kind hat bei staatlichen Entscheidungen, die seine Rechte unmittelbar betreffen, einen Anspruch auf rechtliches Gehör.“

Ergebnisse der Arbeitsgruppe

Ende Oktober legte die für die Umsetzung eingesetzte Bund-Länder-Arbeitsgruppe mit Vertretern aus den Bereichen Justiz und Familie ihren Bericht vor. Kinder oder Jugendliche gehörten der Arbeitsgruppe übrigens nicht an.
Der Bericht enthielt mehrere Formulierungsvorschläge. Justizministerin Lambrecht entschied sich nach eigenen Worten nicht für einen der konkreten Vorschlägen entschieden, sondern Elemente der verschiedenen Varianten kombiniert.

Kritik an dem Entwurf

Die Formulierung enthält mehrere Begriffe, die Kritik auslösten. Da ist im ersten Satz der Begriff „Förderung“ der Grundrechte. Hier stellt sich die Frage, wie Grundrechte überhaupt gefördert werden können.

Im zweiten Satz geht es um den Begriff „angemessen“. Das Kindeswohl sei angemessen zu berücksichtigen. In der Kinderrechtskonvention heißt es dagegen, das Kindeswohl sei „vorrangig“ zu berücksichtigen. Damit fällt der Entwurf für das GG schon mal hinter die KRK zurück. Im Original heißt es in der KRK „a primary consideration“. Damit ist nicht eine absolute Vorrangstellung vor anderen Belangen gemeint, sondern dass Kinderrechten ein besonderes Gewicht verliehen wird.

Auch mit der Formulierung „unmittelbar in seinen Rechten“ bleibt der Entwurf deutlich hinter den völkerrechtlichen Vorgaben zurück. Dort greift das Kindeswohlprinzip immer dann, wenn eine Maßnahme Kinder betrifft. Damit richtet sich das Kindeswohlprinzip z.B. auch an den Gesetzgeber, der bei seinen Vorhaben prüfen muss, ob Kindesinteressen berührt werden und angemessene Berücksichtigung finden.

Auch bei der Mitwirkung und Beteiligung bleibt der Entwurf hinter den Erwartungen zurück. Nach dem Entwurf bleibt es bei einem Anspruch auf „rechtliches Gehör“, was aber längst im Grundgesetz verankert ist. Notwendig ist aber einen Anspruch auf „Gehör und auf Berücksichtigung seiner Meinung entsprechend seinem Alter und seiner Reife“, wie es auch in einer der Formulierungen der Arbeitsgruppe hieß.

Zwei Drittel

Da für eine Grundgesetzänderung eine Zweidrittel-Mehrheit nötig ist, wird es sicher noch diverse Änderungsvorschläge für die Formulierungen geben. Zu befürchten ist allerdings, dass eine zu zaghafte Formulierung letztlich nicht mehr als Kosmetik erbringt.

Quelle: Bundesjustizministerium, FOKUS-Sozialrecht

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Sanktionen

Am 05.11.2019 hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) über die Verfassungsmäßigkeit der Sanktionen im SGB II entschieden. Es hat festgestellt, dass die Mitwirkungspflichten und deren Durchsetzung mithilfe von Leistungsminderungen im Grundsatz verfassungskonform sind, allerdings die in §§ 31 bis 31b SGB II verankerten Sanktionsregelungen teilweise unverhältnismäßig und nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Sanktionen wegen Verstößen gegen Meldepflichten und die besonders scharfen Sanktionen bei Jugendlichen sind nicht von dem Urteil erfasst. Bis zum Inkrafttreten einer gesetzlichen Neuregelung hat das BVerfG eine verbindliche Neuregelung angeordnet.

Bisher konnten die Jobcenter bei drei aufeinanderfolgenden Pflichtverletzungen das Arbeitslosengeld II (Hartz IV) um 30, dann um 60 und schließlich um 100 Prozent (Vollsanktion, inkl. Miete) kürzen. Diese Kürzungen können bei einer Ablehnung eines Arbeitsangebotes oder einer Trainingsmaßnahme vollzogen werden. Terminversäumnisse, die mit jeweils 10 Prozent sanktioniert werden, waren nicht Bestandteil der Klage. Für die unter 25-Jährigen gelten Sonderregeln. Hier gab es bereits bei der zweiten Pflichtverletzung gar kein Geld mehr vom Jobcenter, sofern diese einen eigenen Haushalt führten. Leben die unter 25-Jährigen noch im Haushalt der Eltern, so wurde zwar die Grundleistung komplett gestrichen, die Miete allerdings auf die Personen (i.d.R. die Eltern) verteilt.

Das Gericht stellte unmissverständlich klar, dass die derzeitige Sanktionspraxis zu korrigieren ist. Bis dahin gilt eine durch das Gericht angeordnete Übergangsregelung, wonach Sanktionen von über 30 Prozent nicht mehr zulässig sind. Diese Regeln gelten auch für unter 25-Jährige, obwohl sie nicht Bestandteil der Klage waren.

Anfang Dezember wurde ein Entwurf der fachlichen Anweisungen (Dienstanweisung der Bundesagentur für Arbeit) zu den Sanktionen bekannt, in dem versucht wurde, die Vorgaben des Bundesverfassungsgerischts zu umgehen. So wurde eine 30 Prozent Sanktion zu einer 10 Prozent Sanktion für ein Meldeversäumnis addiert. Damit missachtete die BA die Vorgaben aus Karlsruhe, dass Sanktionen über 30 Prozent nicht mehr durchgeführt werden dürfen.

Nachdem die Anweisungen in der Öffentlichkeit bekannt wurden und scharf kritisiert wurden, beeilte sich Minister Heil zu versichern, dass die Anweisungen  in wesentlichen Punkten korrigiert würden.

Nun lauten die Neuregelungen in den Fachlichen Weisungen:

  • Die maßgebliche Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, Minderungen um mehr als 30 % des Regelbedarfs für unvereinbar mit dem Grundgesetz zu erklären wird in den Fachlichen Weisungen aufgegriffen. Jetzt gilt auch beim Zusammentreffen und sich zeitlich überschneidenden Sanktionen, dass die monatliche Minderung nicht mehr als 30% betragen darf.
  • Berücksichtigung einer außergewöhnlichen Härte: Das Bundesverfassungsgericht hat klargestellt, dass eine Leistungsminderung nicht erfolgen soll, wenn dies im konkreten Einzelfall zu einer außergewöhnlichen Härte führen würde und dem Gesetzgeber die Möglichkeit eröffnet, entweder eine Härtefallregelung oder eine Ermessensregelung zu treffen. Mit den Fachlichen Weisungen wird eine Härtefallregelung eng nach dem Wortlaut der Urteilsbegründung getroffen. Bei jeder Sanktion (einschließlich solcher im Falle von Meldeversäumnissen) ist nunmehr das Vorliegen einer außergewöhnlichen Härte zu prüfen.
  • Nachträgliche Mitwirkung: Das BVerfG hat entschieden, dass eine Sanktion grundsätzlich enden soll, wenn die Mitwirkungspflicht nachträglich erfüllt wird. Die Fachlichen Weisungen geben nähere Hinweise zu dieser Fallkonstellation und enthalten die Vorgabe, dass eine Minderung in diesen Fällen nicht länger als ein Monat andauern soll.
  • Die getroffenen Regelungen finden grundsätzlich auch Anwendung für erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Alter von 15-25 Jahren.

Eine gesetzliche Neureglung steht noch aus. Die Diskussion, ob Sanktionen, die bewirken, dass das Existenzminimum eines Menschen nicht mehr gewährleistet ist, überhaupt mit der Menschenwürde vereinbar sind, geht weiter.

Quellen: Bundesagentur für Arbeit, Paritätischer Gesamtverband, Tacheles e.V.

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Neuregelungen aus dem Hause Spahn

Im Bereich Krankenversicherung und Pflege treten zum 1.1.2020 einige Neuregelungen in Kraft

Terminservicestellen

116 117 – das ist die zentrale Rufnummer der Terminservicestellen ab Januar:

  • Täglich an sieben Tagen in der Woche 24 Stunden bundesweit zur schnelleren Vermittlung von Arztterminen.
  • In Akutfällen werden Patienten auch während der Sprechstundenzeiten an Arztpraxen oder Notfallambulanzen oder auch an Krankenhäuser vermittelt.

Finanzierung von Pflegepersonalkosten

  • Die Personalkosten für die Pflege am Bett jedes einzelnen Krankenhauses wird  ermittelt und sind von den Kostenträgern zu finanzieren. Krankenhäuser und Kostenträger vor Ort vereinbaren die Pflegepersonalausstattung auf bettenführenden Stationen als krankenhausindividuelle Kostenerstattung (Pflegebudgets). Die Fallpauschalen werden um diese Pflegepersonalkosten bereinigt.
  • Rund 120 Krankenhäuser in dünn besiedelten Regionen erhalten einen zusätzlichen jährlichen Zuschuss von 400.000 Euro.
  • Um in pflegesensitiven Krankenhausbereichen eine Mindestausstattung mit Pflegepersonal sicherzustellen, werden seit 2019 schrittweise Pflegepersonaluntergrenzen eingeführt. Für die Bereiche Neurologie, neurologische Frührehabilitation, Schlaganfalleinheit und Herzchirurgie werden die Mindestgrenzen per Verordnung neu festgelegt.
  • Die Kosten für Leiharbeit werden nur noch bis zur Höhe des Tariflohns vergütet. Auch Vermittlungsprovisionen für Leihpersonal werden nach den mit dem MDK-Reformgesetz umgesetzten Regelungen nicht finanziert.

Reform der Pflegeberufe

  • Die Ausbildungen in der Kranken-, Alten und Kinderpflege sollen attraktiver werden. Die Ausbildung soll an die fachlich gestiegenen Anforderungen angepasst werden.
  • Alle Auszubildenden erhalten zunächst zwei Jahre lang eine gemeinsame, generalistisch ausgerichtete Ausbildung.
  • Auszubildende, die im dritten Jahr die generalistische Ausbildung fortsetzen, erwerben den Berufsabschluss „Pflegefachfrau“ bzw. „Pflegefachmann“. Möglich ist auch ein gesonderter Abschluss in der Altenpflege- oder der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege, wenn sie für das dritte Ausbildungsjahr eine entsprechende Spezialisierung wählen.
  • Eine kostenfreie Ausbildung wird gewährleistet: Auszubildende haben Anspruch auf eine angemessene Ausbildungsvergütung. Lehr- und Lernmittel werden finanziert, Schulgeld darf nicht erhoben werden.

Apps auf Rezept

  • Apps für Menschen mit Bluthochdruck oder digitale Tagebücher für Diabetiker oder ähnliches können Ärzte und Ärztinnen per Rezept verschreiben. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) prüft Sicherheit, Funktion, Qualität, Datenschutz und Datensicherheit der Produkte.
  • Die Krankenkassen können ihren Versicherten Angebote zur Förderung der digitalen Gesundheitskompetenz machen. Versicherte können sich damit im Umgang etwa mit Gesundheits-Apps oder der elektronischen Patientenakte schulen lassen.
  • Ärztinnen und Ärzte dürfen auf ihrer Internetseite über ihre Videosprechstunden informieren.
  • Ein freiwilliger Beitritt zu einer gesetzlichen Krankenkasse kann elektronisch erfolgen.
  • Vor einem Krankenhausaufenthalt können Versicherte Wahlleistungen elektronisch vereinbaren. Für weitere Leistungen wie Heil- und Hilfsmittel oder häusliche Krankenpflege kann die elektronische Verordnung erprobt werden.
  • Damit der Wissenschaft in einem geschützten Raum aktuelle Daten für neue Erkenntnisse zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung zur Verfügung stehen, fassen die Krankenkassen Abrechnungsdaten pseudonymisiert zusammen. Die Daten können der Forschung in Form von anonymisierten Ergebnissen zugänglich gemacht werden.
  • Patienten sollen schnell von innovativen Versorgungsansätzen profitieren. Darum wird der Innovationsfonds bis 2024 mit 200 Millionen Euro jährlich verlängert.

MDK-Reformgesetz

Die Medizinischen Dienste werden organisatorisch von den Krankenkassen gelöst und werden zu eigenständigen Körperschaften des öffentlichen Rechts. Dies soll die Unabhängigkeit gewährleisten.

Implantateregister

Menschen mit Implantaten sollen schnell über mögliche Risiken oder Komplikationen mit dem jeweiligen Produkt informiert werden können.

Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA)

Er soll die Bewertung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in zwei statt bisher drei Jahren abschließen.

Studentische Krankenversicherung

Hier wird die bisherige Begrenzung bis zum 14. Fachsemester mit dem MDK-Reformgesetz gestrichen.

Hebammenausbildung

Hebammen werden in Zukunft in einer hochschulischen Ausbildung mit hohem Praxisanteil ausgebildet Das duales Studium wird mit einer staatlichen Prüfung und einem Bachelor abgeschlossen. Das Gesetz zur Reform der Hebammenausbildung sieht eine Vergütung der Studierenden während der gesamten Dauer des Studiums vor.

Notfallsanitäter

Im Notfallsanitätergesetz wird die Frist, in der sich Rettungsassistentinnen und Rettungsassistenten zur Notfallsanitäterin oder zum Notfallsanitäter weiterqualifizieren können, um drei Jahre bis 2023 verlängert.

Kinder- und Jugendärzte

Jährlich müssen mindestens 250 angehende Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzten Plätze in der Förderung der Weiterbildung in der ambulanten fachärztlichen Versorgung aufgenommen werden.

Apotheken

  • Der Festzuschlagfür den Not- und Nachtdienst in den Apotheken steigt.
  • Für Betäubungsmittel und andere dokumentationsaufwändige Arzneimittel erhalten Apotheken einen höheren Zuschlag.

Betriebsrenten

Pflichtversicherte Betriebsrentnerinnen und Betriebsrentner werden bei den Krankenkassenbeiträgen entlastet: Betriebsrenten bis 159 Euro im Monat bleiben frei von Krankenkassenbeiträgen. Erst bei Überschreiten des Freibetrags sind künftig Beiträge zu zahlen. Im Ergebnis zahlen Betriebsrentner mit Beträgen bis 318 Euro im Monat damit maximal die Hälfte der bisherigen Krankenkassenbeiträge. Auch Bezieher höherer Betriebsrenten und von Einmalzahlungen werden entlastet.

Gesundheitliche Selbsthilfe

Organisationen der gesundheitlichen Selbsthilfe erhalten eine höhere Förderung durch die Krankenkassen.

Die Krankenkassen sind verpflichtet, in der gesundheitlichen Selbsthilfe verstärkt digitale Anwendungen (z.B. Internetforen) zu fördern.

Zusatzbeitrag

Der durchschnittliche ausgabendeckende Zusatzbeitragssatz in der gesetzlichen Krankenversicherung wird um 0,2 Prozentpunkte auf 1,1 Prozent angehoben. Das hat das BMG im Bundesanzeiger bekanntgeben. Wie hoch der individuelle Zusatzbeitragssatz tatsächlich ausfällt, legt jede Krankenkasse für ihre Mitglieder selbst fest. Allerdings dürfen Krankenkassen mit Finanzreserven von mehr als einer Monatsausgabe (dies sind aktuell deutlich mehr als die Hälfte aller Krankenkassen) ihren Zusatzbeitragssatz nicht anheben.

Quelle: BMG, FOKUS-Sozialrecht

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