Reform des Betreuungsrechts: Referentenentwurf veröffentlicht

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat am 23.06.2020 seinen fast 500 Seiten starken Entwurf für ein Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts veröffentlicht.

Das vorgelegte Gesetzespaket sieht einschließlich aller Folgeanpassungen eine Änderung von 46 Gesetzen vor. Es umfasst insbesondere folgende Vorschläge:

Eigene Regelungsbereiche für Vormundschaftsrecht und Betreuungsrecht

Das Vormundschaftrecht und das Betreuungsrecht werden insgesamt neu strukturiert. Die Vorschriften des geltenden Vormundschaftsrechts zur Vermögenssorge, zu Fürsorge und Aufsicht des Gerichts sowie zum Aufwendungsersatz und zur Vergütung werden ins Betreuungsrecht eingeordnet und, soweit erforderlich, an das Betreuungsrecht angepasst. Damit soll die derzeit – eher komplizierte – Verweistechnik aufgelöst werden.

Mehr Selbstbestimmung, Autonomie und Einbindung

  • Im Betreuungsrecht sind die Änderungen zentral darauf ausgerichtet, das Selbstbestimmung und die Autonomie unterstützungsbedürftiger Menschen im Vorfeld und innerhalb einer rechtlichen Betreuung im Sinne von Artikel 12 UN-Behindertenrechtskonvention zu stärken.
  • Es wird klarer geregelt, dass die rechtliche Betreuung in erster Linie eine Unterstützung des Betreuten bei der Besorgung seiner Angelegenheiten durch eigenes selbstbestimmtes Handeln gewährleistet und der Betreuer das Mittel der Stellvertretung nur einsetzen darf, soweit es erforderlich ist.
  • Der Vorrang der Wünsche des Betreuten wird als zentraler Maßstab des Betreuungsrechts normiert, der gleichermaßen für das Betreuerhandeln, die Eignung des Betreuers und die Wahrnehmung der gerichtlichen Aufsicht gilt.
  • Die betroffene Person soll zudem in sämtlichen Stadien des Betreuungsverfahrens besser informiert und stärker eingebunden werden, insbesondere in die gerichtliche Entscheidung über das Ob und das Wie der Betreuerbestellung, in die Auswahl des konkreten Betreuers, aber auch in dessen Kontrolle durch das Betreuungsgericht.

Bessere Unterstützung ehrenamtlicher Betreuer

  • Zur Verbesserung des Informations- und Kenntnisniveaus bei ehrenamtlichen Betreuern wird die Möglichkeit einer engen Anbindung an einen anerkannten Betreuungsverein im Wege einer Vereinbarung über eine Begleitung und Unterstützung neu eingeführt.

Arbeitsvoraussetzungen für Berufsbetreuer

  • Zur Sicherstellung einer einheitlichen Qualität der beruflichen Betreuung soll ein formales Registrierungsverfahren mit persönlichen und fachlichen Mindesteignungsvoraussetzungen für berufliche Betreuer eingeführt werden.
  • Der Entwurf sieht verschiedene Maßnahmen zur effektiveren Umsetzung des Erforderlichkeitsgrundsatzes im Vorfeld der Betreuung, insbesondere an der Schnittstelle zum Sozialrecht, vor.
  • Die Verwaltung des Vermögens soll modernisiert werden und künftig grundsätzlich bargeldlos erfolgen.

Vertretungsrecht für Ehepaare

  • Ehegatten sollen in Angelegenheiten der Gesundheitssorge für die Dauer von drei Monaten gegenseitig vertreten können, wenn ein Ehegatte aufgrund von Bewusstlosigkeit oder einer Krankheit seine Angelegenheiten der Gesundheitssorge vorübergehend rechtlich nicht besorgen kann.

Aus dem Referentenentwurf selbst ergibt sich nicht, wann ein Inkrafttreten der novellierten Vorschriften geplant ist. Da das Modernisierungsvorhaben aber im Koalitionsvertrag festgelegt wurde, bleibt zu hoffen, dass das Gesetzespaket noch in dieser Legislatur – also spätestens bis zum Herbst 2021 – verabschiedet wird. Als nächster Schritt nehmen die Bundeländer und Verbände Stellung.

Auf den Seiten des BMJV kann der Entwurf abgerufen werden: www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/RefE_Vormundschaft_Betreuungsrecht.html

Abbildung: Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts kommt

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat am 23.06.2020 seinen fast 500 Seiten starken Entwurf für ein Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts veröffentlicht.

Das vorgelegte Gesetzespaket sieht einschließlich aller Folgeanpassungen eine Änderung von 46 Gesetzen vor. Es umfasst insbesondere folgende Vorschläge:

Eigene Regelungsbereiche für Vormundschaftsrecht und Betreuungsrecht

Das Vormundschaftrecht und das Betreuungsrecht werden insgesamt neu strukturiert. Die Vorschriften des geltenden Vormundschaftsrechts zur Vermögenssorge, zu Fürsorge und Aufsicht des Gerichts sowie zum Aufwendungsersatz und zur Vergütung werden ins Betreuungsrecht eingeordnet und, soweit erforderlich, an das Betreuungsrecht angepasst. Damit soll die derzeit – eher komplizierte – Verweistechnik aufgelöst werden.

Wichtige Änderungen im Vormundschaftsrecht

  • Der Mündel soll mit seinen Rechten als Subjekt im Zentrum stehen und die Personensorge gestärkt werden.
  • Die Rechte der Pflegeeltern, bei denen die Mündel aufwachsen, sollen gestärkt werden.
  • Die verschiedenen Vormundschaftstypen werden zu einem Gesamtsystem zusammengefügt, in dem die beruflichen Vormünder einschließlich des Jugendamts als Amtsvormund gleichrangig sind, nur ehrenamtliche Vormünder sind vorrangig zu bestellen.

Wichtige Änderungen im Betreuungsrecht

  • Im Betreuungsrecht sind die Änderungen zentral darauf ausgerichtet, das Selbstbestimmung und die Autonomie unterstützungsbedürftiger Menschen im Vorfeld und innerhalb einer rechtlichen Betreuung im Sinne von Artikel 12 UN-Behindertenrechtskonvention zu stärken.
  • Es wird klarer geregelt, dass die rechtliche Betreuung in erster Linie eine Unterstützung des Betreuten bei der Besorgung seiner Angelegenheiten durch eigenes selbstbestimmtes Handeln gewährleistet und der Betreuer das Mittel der Stellvertretung nur einsetzen darf, soweit es erforderlich ist.
  • Der Vorrang der Wünsche des Betreuten wird als zentraler Maßstab des Betreuungsrechts normiert, der gleichermaßen für das Betreuerhandeln, die Eignung des Betreuers und die Wahrnehmung der gerichtlichen Aufsicht gilt.
  • Die betroffene Person soll zudem in sämtlichen Stadien des Betreuungsverfahrens besser informiert und stärker eingebunden werden, insbesondere in die gerichtliche Entscheidung über das Ob und das Wie der Betreuerbestellung, in die Auswahl des konkreten Betreuers, aber auch in dessen Kontrolle durch das Betreuungsgericht.
  • Zur Verbesserung des Informations- und Kenntnisniveaus bei ehrenamtlichen Betreuern wird die Möglichkeit einer engen Anbindung an einen anerkannten Betreuungsverein im Wege einer Vereinbarung über eine Begleitung und Unterstützung neu eingeführt.
  • Zur Sicherstellung einer einheitlichen Qualität der beruflichen Betreuung soll ein formales Registrierungsverfahren mit persönlichen und fachlichen Mindesteignungsvoraussetzungen für berufliche Betreuer eingeführt werden.
  • Der Entwurf sieht verschiedene Maßnahmen zur effektiveren Umsetzung des Erforderlichkeitsgrundsatzes im Vorfeld der Betreuung, insbesondere an der Schnittstelle zum Sozialrecht, vor.
  • Die Verwaltung des Vermögens durch Betreuer und Vormünder soll modernisiert werden und künftig grundsätzlich bargeldlos erfolgen.
  • Schließlich sollen sich Ehegatten in Angelegenheiten der Gesundheitssorge kraft Gesetzes für die Dauer von drei Monaten gegenseitig vertreten können, wenn ein Ehegatte aufgrund von Bewusstlosigkeit oder einer Krankheit seine Angelegenheiten der Gesundheitssorge vorübergehend rechtlich nicht besorgen kann.

Aus dem Referentenentwurf selbst ergibt sich nicht, wann ein Inkrafttreten der novellierten Vorschriften geplant ist. Da das Modernisierungsvorhaben aber im Koalitionsvertrag festgelegt wurde, bleibt zu hoffen, dass das Gesetzespaket noch in dieser Legislatur – also spätestens bis zum Herbst 2021 – verabschiedet wird. Als nächster Schritt nehmen die Bundeländer und Verbände Stellung.

Auf den Seiten des BMJV kann der Entwurf abgerufen werden: www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/RefE_Vormundschaft_Betreuungsrecht.html

Abbildung: Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Reform des Betreuungsrechts

Am 1. Januar 2023 ist es soweit – die Reform des Betreuungsrechts tritt in Kraft. Der Weg zu dieser Novelle war lang. Hier ein Überblick über den Gang der Gesetzgebung:

12.05.2021 – Verkündung im Bundesgesetzblatt

Das Gesetz wurde am 12.05.2021 im Bundesgesetzblatt verkündet und tritt ab 01.01.2023 in Kraft.


26.03.2021 – Gesetz passiert den Bundesrat

Der Bundesrat hat am 26.03.2021 der Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts zugestimmt. Das Gesetz kann nun im Bundesgesetzblatt verkündet werden und tritt dann am 01.01.2023 in Kraft.

Schwerpunkte der Änderungen:

Selbstbestimmtes Handeln

Die Reform stellt klar, dass die rechtliche Betreuung in erster Linie eine Hilfe bei der Besorgung der eigenen Angelegenheiten durch eigenes selbstbestimmtes Handeln ermöglicht und dass Betreuer nur als Stellvertreter auftreten dürfen, soweit es erforderlich ist.

Der Vorrang der Wünsche des Betreuten ist künftig zentraler Maßstab für das Betreuerhandeln, die Eignung des Betreuers und die gerichtliche Aufsicht. Die betroffene Person soll besser informiert und stärker eingebunden, Pflichtwidrigkeiten des Betreuers besser erkannt und sanktioniert werden.

Unterstützung für Ehrenamtliche

Ehrenamtliche Betreuer erhalten durch die Reform mehr Informationen und Kenntnisse – auch durch enge Anbindung an einen anerkannten Betreuungsverein. Wenn sie keine familiären Beziehungen oder persönlichen Bindungen zum Betreuten haben, sollen sie mit einem solchen Verein eine Vereinbarung über eine Begleitung und Unterstützung abschließen.

Förderung von Betreuungsvereinen

Anerkannte Betreuungsvereine haben Anspruch auf eine bedarfsgerechte finanzielle Ausstattung mit öffentlichen Mitteln. Dies soll eine verlässliche öffentliche Förderung durch Länder und Gemeinden sicherstellen, die das gesamte Aufgabenspektrum umfasst und für die Betreuungsvereine Planungssicherheit schafft.

Ehegattenvertretung im Krankheitsfall

Ein neues Registrierungsverfahren mit Mindesteignungsvoraussetzungen für berufliche Betreuer gewährleistet einheitliche Qualität. Die Vermögensverwaltung durch Betreuer und Vormünder wird modernisiert und grundsätzlich bargeldlos erfolgen. Schließlich können Ehegatten einander in Gesundheitsangelegenheiten kraft Gesetzes für die Dauer von sechs Monaten gegenseitig vertreten, wenn sich ein Ehegatte krankheitsbedingt vorübergehend nicht um seine Angelegenheiten kümmern kann.


05.03.2021 – 2. und 3. Lesung im Bundestag

Am 05.03.2021 fand die 2. und 3. Lesung im Bundestag statt. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung (Drs. 19/24445) wurde zusammen mit der Beschlussempfehlung und Bericht Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz vom 03.03.2021 (Drs. 19/27287) verabschiedet. Das Gesetz muss nun noch den Bundesrat passieren.


26.11.2020 – 1. Lesung im Bundestag

Am 26.11.2020 fand die erste Lesung des Gesetzesentwurfs (Drs. 19/24445) im Bundestag statt. Es erfolgte danach eine Überweisung in die Ausschüsse.


23.09.2020 – Bundeskabinett beschließt Gesetzentwurf zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts

Am 23.09.2020 hat das Bundeskabinett den Gesetzentwurf gebilligt. Er wird nun in Bundestag und Bundesrat eingebracht.

Dem voraus ging das Einholen von Stellungnahmen der Verbände und von Sachverständigen. Die Liste dieser Stellungnahmen ist auf der Homepage des Bundesministeriums der Justiz zu finden: https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/DE/Reform_Betreuungsrecht_Vormundschaft.html


23.06.2020 – Referentenentwurf „Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts“ liegt vor

Am 23.06.2020 wurde der fast 500 Seiten starke Referentenentwurf an die Bundesländer und die Fachverbände mit der Bitte um Stellungnahme geschickt.

Der Gesetzentwurf kann hier abgerufen werden: www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/RefE_Vormundschaft_Betreuungsrecht.html

Eine Zusammenfassung wichtiger geplanter Neuerungen finden Sie in diesem Beitrag: Reform des Betreuungsrechts kommt


12.09.2018 – 2. Diskussionsteilentwurf zur Reform des Vormundschaftsrechts (Neustrukturierung §§ 1721-1921 BGB) liegt vor

Seit Mitte September 2018 liegt ein zweiter Diskussionsteilentwurf zur Modernisierung des Vormundschaftsrechts vor. In diesem Entwurf wird auch der Gesetzesaufbau sowohl des Vormundschaftsrechts als auch des Betreuungs- und Pflegschaftsrecht überarbeitet.

Wesentliche inhaltliche Neuerungen das Betreuungsrecht betreffen die Vorschriften

  • zur Vermögenssorge,
  • zur Aufsicht des Gerichts,
  • zum Aufwendungsersatz und zur Vergütungspflicht

Sie werden künftig unmittelbar im Betreuungsrecht eingeordnet und die Vorschriften soweit erforderlich an die Vorgaben des Betreuungsrechts angepasst. Die Vergütung selbst bleibt im VBVG geregelt, das in seiner Grundstruktur unverändert bleibt – mit Ausnahme der Neuregelungen zur Vergütung des Vereinsvormunds.


20.06.2018 – Auftaktsitzung im BMJV und Bildung von Arbeitsgruppen

Am 20. Juni 2018 wurde der Diskussionsprozess „Selbstbestimmung und Qualität im Betreuungsrecht“ im Bundesministerium der Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) gestartet. Zur Auftaktsitzung eines interdisziplinär besetzten Plenums waren rund 80 Experten aus Wissenschaft, den kommunalen Spitzenverbänden und aus den Bundesländern sowie Vertreter von Verbänden (Behindertenverbände, Berufsverbände, Betreuungsgerichtstag e.V.) eingeladen.

Ziel des Prozesses laut Pressemitteilung des BMJV: Durch Änderungen im Betreuungsrecht soll die Qualität der rechtlichen Betreuung durch Stärkung des Selbstbestimmungsrechts verbessert und gleichzeitig sichergestellt werden, dass rechtliche Betreuung nur dann angeordnet wird, wenn sie zum Schutz der Betroffenen erforderlich ist.

Folgende Arbeitsgruppen wurden zur Beareitung unterschiedliche Felder gebildet:

  • Betreuung als Beruf und die Vergütung des Berufsbetreuers
  • Ehrenamt (einschl. Verbesserung der finanziellen Situation der Betreuungsvereine) und Vorsorgevollmacht
  • Rechtliche Betreuung und „andere Hilfen“ (Schnittstelle zwischen rechtlicher und sozialer Betreuung)
  • Stärkung des Selbstbestimmungsrechts des Betreuten bei der Betreuerauswahl, der Betreuungsführung und der Aufsicht

Ende 2019 sollen die Ergebnisse fest stehen und entsprechende Gesetzgebungsvorschläge auf den Weg gebracht werden.


06./07.06.2018 – Beschluss der Justizministerkonferenz

Am 6. und 7. Juli 2018 fand die Frühjahrskonferenz der Justizministerinnen und Justizminister der Länder (JUMIKO) statt, auf der auch Reformbestrebungen bezüglich des Betreuungsrechts auf der Tagesordnung stand. Behandelt wurden insbesondere strukturelle Änderungen an der Schnittstelle zum Sozialrecht und eine qualitätsorientierte Anpassung der Betreuervergütung.

In ihrem Beschluss wies die JUMIKO darauf hin, dass die Reformdebatte über das Betreuungswesen nachhaltig fortgeführt werden müsste. Die Ergebnisse der Forschungsvorhaben müssten dabei hinterfragt werden. Im Rahmen dieses Prozesses sollten insbesondere die im Bereich des Erforderlichkeitsgrundsatzes, der Betreuungsqualität und der Vergütung gezeigten Defizite angegangen und behoben werden.

Ziel dieser Debatte sollte insbesondere darin bestehen,

  • das grundrechtlich und durch die UN-Behindertenrechtskonvention abgesicherte Selbstbestimmungsrecht der hilfebedürftigen Menschen zu stärken; ausschließlich soziale Hilfeleistung erfordernde Sachverhalte dürfen nicht mehr systemwidrig Ursache von Betreuerbestellungen werden,
  • dass eine Betreuerbestellung daher als „ultima ratio“ erst dann erfolgt, wenn andere Hilfen nicht greifen,
  • dass sich die Justiz auf ihre Kernaufgaben konzentriert,
  • die Position der Betreuungsbehörde strukturell (innerhalb und außerhalb des gerichtlichen Verfahrens) weiter zu stärken,
  • die Betreuungsvereine als wesentliche Träger der Querschnittsarbeit und wichtiges Bindeglied zu den Ehrenamtlichen im Bereich der Betreuung und Vorsorgevollmacht zu stärken,
  • dass auch eine zeitnahe Vergütungsanpassung qualitätsorientiert erfolgen muss und nicht isoliert von der laufenden Strukturdebatte erfolgen darf.

Diese Zielsetzung ist entommen aus dem Beschluss der Justizministerkonferenz:


09.04.2018 – Abschluss der vom BMJV beauftragten Forschungsvorhaben

Zwei Jahre lang – von November 2015 bis November 2017 – führe das Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik in Kooperation mit der Technischen Hochschule Köln das Forschungsvorhaben „Qualität in der rechtlichen Betreuung“ durch. In Auftrag gegeben wurde dieses vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV). Das BMJV hat am 9. April 2018 den vollständigen Abschlussbericht veröffentlicht:

Die IGES Institut GmbH Berlin war Ende 2015 mit der Durchführung des Forschungsvorhabens zur „Umsetzung des Erforderlichkeitsgrundsatzes in der betreuungsrechtlichen Praxis im Hinblick auf vorgelagerte „andere Hilfen“ beauftragt worden. Zu berücksichtigen war hier insbesondere das am 1. Juli 2014 in Kraft getretenen „Gesetz zur Stärkung der Funktionen der Betreuungsbehörde“. Auch dieser Abschlussbericht wurde am 9. April 2018 veröffentlicht.

Forschungsbericht: Umsetzung des Erforderlichkeitsgrundsatzes in der betreuungsrechtlichen Praxis im Hinblick auf vorgelagerte ‚andere Hilfen‘

Menschen mit geistiger oder mehrfacher Behinderung im Krankenhaus

Wenn geistig oder mehrfachbehinderte Menschen ins Krankenhaus müssen, wegen einer akuten Erkrankungoder einer geplanten Operation, ist es für die Betroffenen oft sehr beängstigend und bedrohlich. Zu krankheitsbedingten Symptomen, wie z.B. Schmerz oder Atemnot, kommt die Unsicherheit einer fremden Umgebung. Nicht nur die Betroffenen, auch ihre Begleiter, Betreuer und Angehörigen sorgen sich, ob die erforderlichen Hilfestellungen, die der behinderte Mensch im Alltag benötigt, auch im Krankenhaus im notwendigen
Umfang erbracht werden können. Dazu kommen oft Verständnisschwierigkeiten oder Kommunikationsbarrieren. Ärzte und Pflegepersonal sind in der Regel nicht geschult für den Umgang mit Patienten mit spezifischen Behinderungen und stehen zudem unter hohem zeitlichen Druck. So bleiben schwierige
Situationen nicht aus. Oft werden nötige Hilfestellungen bei Hygiene oder der Nahrungsaufnahme nicht erbracht. Manchmal können wichtige Untersuchungen oder Behandlungen nicht durchgeführt werden. Patienten werden einfach entlassen, weil das Krankenhauspersonal, mit ihnen nicht zurecht kommt, obwohl es medizinisch nicht geboten wäre.

Vielfach liegt es an den Angehörigen, sich um die Versorgung dieser Menschen im Krankenhaus zu kümmern, ohne dass es in irgendeiner Form vergütet würde. Oder die Mitarbeiter einer betreuten Wohngemeinschaft oder einer besonderen Wohnform übernehmen die Aufgaben mit der Folge, dass den anderen Mitbewohnern dieser Einrichtungen die ihnen zustehende Betreuungszeit verloren geht.

In § 11 Abs. 3 SGB V ist zwar die medizinisch notwendige Mitaufnahme einer Begleitperson im Krankenhaus geregelt. Es werden in diesem Zusammenhang aber nur die Kosten für Unterkunft und Verpflegung der Begleitperson erstattet.

Leistungen der Sozialen Teilhabe im Krankenhaus?

Ziele der Leistungen sind die Befähigung und Unterstützung der Leistungsberechtigten bei einer möglichst selbstbestimmten und eigenverantwortlichen Lebensführung im eigenen Wohnraum und in ihrem Sozialraum.
Ob der Sozialraum auch das Krankenhaus umfasst, in der eventuell notwendige Behandlungen durchgeführt werden müssen, ist nicht festgelegt. Die aufgezählten Leistungen, die unter Soziale teilhabe fallen, sind nicht abschließend. Andere könnten noch dazu kommen.

Assistenz im Krankenhaus

Die Fachverbände für Menschen mit Behinderung greifen das Thema Assistenz für Menschen mit geistiger oder mehrfacher Behinderung im Krankenhaus mit hoher Dringlichkeit daher erneut auf. Unabhängig von der Notwendigkeit, die gesundheitliche Versorgung von Menschen mit Behinderung nach den Vorgaben des Art. 25 UN-Behindertenrechtskonvention weiterzuentwickeln, ist es dringend erforderlich, für die notwendige Assistenz im Krankenhaus sowie in stationären Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen verlässliche rechtliche Grundlagen zu schaffen.

Die Fachverbände für Menschen mit Behinderung fordern vom Bundesgesetzgeber, die soziale Assistenz für Menschen mit geistiger oder mehrfacher Behinderung im Krankenhaus sowie in stationären Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen als Leistung der Eingliederungshilfe durch eine geeignete Regelung im SGB IX sicherzustellen.

Sie schlagen daher vor, die Liste der Leistungen zur sozialen Teilhabe in § 113 Abs. 2 Ziffern 1-9 SGB IX um eine Ziffer 10 „Assistenz im Krankenhaus sowie in stationären Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen“ zu ergänzen. Damit wäre ein potenzieller Leistungsanspruch auf Assistenz in diesen Einrichtungen grundsätzlich formuliert.

Persönliches Budget

Bisher gibt es nur im Rahmen des persönlichen Budgets die Möglichkeit, dass Menschen mit Behinderung ihre Helfer im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses selbst einstellen, um ihre Pflege und andere Verrichtungen des täglichen Lebens als Arbeitgeber selbstbestimmt zu organisieren (sog. Persönliche Assistenz, siehe auch § 63b Abs. 4 SGB XII). Damit die kontinuierliche Spezialpflege auch bei einem Krankenhausaufenthalt gesichert ist, dürfen diese Assistenzpflegekräfte auch mit ins Krankenhaus genommen werden, soweit dies aus medizinischen Gründen notwendig ist. Die Kosten für Übernachtung und Verpflegung werden übernommen.

Quellen: Lebenshilfe, Fachverbände für Menschen mit Behinderung, SOLEX

Abbildung: Fotolia_87266480_Subscription_XXL.jpg 

Pfändung in das Taschengeldkonto eines Heimbewohners teilweise möglich

Ein Heimbewohner bekam Unterstützung von der Sozialhilfe. Darin enthalten war auch der sogenannte Barbetrag. Die monatlich eingehenden Beträge hat das Heim für den Bewohner auf einem „Taschengeldkonto“ verwaltet. Das so angesparte Geld wollte ein Gläubiger des Bewohners pfänden. Das lehnten Amts- und Landgericht jedoch ab.

Der Bundesgerichtshof hingegen gab dem Gläubiger mit einer am 10. Juni 2020 veröffentlichten Entscheidung – jedenfalls teilweise – Recht (Beschluss vom 30. April 2020, Az. VII ZB 82/17). Dem Bewohner muss lediglich der monatliche Barbetrag verbleiben; bei einem Regelbedarf von aktuell 432 Euro sind das 116,64 Euro.

Zweckbindung ist zu beachten

Das Beschwerdegericht war noch der Auffassung, der Anspruch des Schuldners gegen den Drittschuldner auf „Auszahlungen vom Taschengeldkonto“ sei unpfändbar. Dies gelte unabhängig davon, ob Sozialhilfe im Sinne des § 27b Abs. 2 SGB XII (seit dem 1. Januar 2020: § 27b Abs. 3 SGB XII) oder ein entsprechender Betrag von der übergeleiteten Rente eines Selbstzahlers auf das vom Drittschuldner verwaltete „Taschengeldkonto“ gezahlt werde.

Dies sieht der BGH nicht uneingeschränkt so. Er differenziert und argumentiert mit der Zweckbindung. Nach § 851 Abs. 1 ZPO ist eine Forderung der Pfändung nur insoweit unterworfen als sie übertragbar ist. Damit verweist § 851 Abs. 1 ZPO unter anderem auf die Regelung des § 399 1. Fall BGB. Danach kann eine Forderung nicht abgetreten werden, wenn die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger nicht ohne Veränderung ihres Inhalts erfolgen kann. § 399 1. Fall BGB erfasst Forderungen, die aufgrund ihres Leistungsinhalts eine so enge Verknüpfung zwischen den Parteien des Schuldverhältnisses herbeiführen, dass mit einem Wechsel in der Gläubigerposition ein schutzwürdiges Interesse des Schuldners verletzt würde oder die Identität der Forderung nicht gewahrt bliebe, etwa weil die Leistungshandlung im Hinblick auf den Empfänger einen besonderen Charakter annimmt. Hierzu gehören zweckgebundene Forderungen, soweit der Zweckbindung ein schutzwürdiges Interesse zugrunde liegt.

Barbetrag unpfändbar

Eine solche rechtlich beachtliche Zweckbindung ist gegeben, soweit die vom Heimträger auf dem „Taschengeldkonto“ verwalteten Geldbeträge der Höhe nach dem angemessenen Barbetrag gemäß § 27b Abs. 3 SGB XII entsprechen. Aus der genannten Vorschrift ergibt sich, dass der notwendige Lebensunterhalt des Bewohners einer Pflegeeinrichtung neben den in dieser Einrichtung gewährten Leistungen auch einen angemessenen Barbetrag für seine darüber hinausgehenden persönlichen Bedürfnisse umfasst. Der vom Gesetzgeber in § 27b Abs. 3 SGB XII festgelegte angemessene Barbetrag zur persönlichen Verfügung dient damit der Sicherung eines menschenwürdigen Daseins. Da es den Bewohnern einer Pflegeeinrichtung nicht in allen Fällen möglich ist, sich in ausreichendem Maße persönlich um die Verwaltung der Barbeträge zu kümmern, kann diese Aufgabe von dem Heimträger übernommen werden. Die Verwaltung erfolgt in diesem Fall treuhänderisch für die betreffenden Bewohner der Pflegeeinrichtung. Der Heimträger darf Auszahlungen von dem „Taschengeldkonto“ nur zugunsten des betreffenden Bewohners oder zur Begleichung von Forderungen, die zur Deckung dessen persönlichen Bedarfs entstanden sind, vornehmen. Als Beitrag zum notwendigen Lebensunterhalt des Bewohners einer Pflegeeinrichtung ist dessen Auszahlungsanspruch gegen den Heimträger in dem sich aus § 27b Abs. 3 SGB XII ergebenden Umfang zweckgebunden. Dies gilt unabhängig davon, ob der auf dem „Taschengeldkonto“ verwaltete Geldbetrag aus Mitteln der Sozialhilfe oder aus einer Rente stammt.

Aufgrund dieser Zweckbindung scheidet eine Abtretung in dem genannten Umfang und damit auch eine Pfändung des Auszahlungsanspruchs aus. Gegenüber der Zweckbindung des der Deckung des notwendigen Lebensunterhalts und der Sicherung eines menschenwürdigen Daseins dienenden Auszahlungsanspruchs des Schuldners gegen den Drittschuldner hat die durch Art. 14 GG geschützte Rechtsposition der Gläubigerin zurückzutreten.

Übersteigende Beträge sind pfändbar

Dagegen ist eine zur Unpfändbarkeit führende Zweckbindung insoweit zu verneinen, als die vom Drittschuldner auf dem „Taschengeldkonto“ verwalteten Geldbeträge der Höhe nach den angemessenen Barbetrag zur persönlichen Verfügung gemäß § 27b Abs. 3 SGB XII (bis 31.12.2019:  § 27b Abs. 2 SGB XII) übersteigen. Denn insoweit dient der Auszahlungsanspruch des Schuldners gegen den Drittschuldner nicht mehr der Deckung seines notwendigen Lebensunterhalts und ein besonderes, schutzwürdiges Interesse des Drittschuldners an der Beibehaltung seines Gläubigers ist nicht ersichtlich. Allein die Vereinbarung einer Verwaltung von Geld auf einem „Taschengeldkonto“ – ohne Bezug zum notwendigen Lebensunterhalt des Bewohners einer Pflegeeinrichtung – kann daher eine Zweckbindung und damit eine Unpfändbarkeit des betreffenden Auszahlungsanspruchs gemäß § 851 Abs. 1 ZPO, § 399 1. Fall BGB nicht begründen. Anderenfalls hätte es ein Schuldner, der sich in einer Pflegeeinrichtung befindet, in der Hand, auf diese Weise die Teile seines Vermögens dem Zugriff seiner Gläubiger zu entziehen, derer er zur Deckung seines notwendigen Lebensunterhalts nicht bedarf.

Leitsatz des Gerichts

„Der Anspruch des sich in einer Pflegeeinrichtung befindlichen Schuldners gegen den Träger der Pflegeeinrichtung auf Auszahlung des gegenwärtig auf einem „Taschengeldkonto“ verwalteten Guthabens sowie die künftigen Ansprüche des Schuldners gegen den Träger der Pflegeeinrichtung auf Auszahlung der jeweils monatlich auf dem „Taschengeldkonto“ eingehenden Geldbeträge sind gemäß § 851 Abs. 1 ZPO, § 399 1. Fall BGB jeweils bis zu der Höhe unpfändbar, die in § 27b Abs. 3 SGB XII für den angemessenen Barbetrag geregelt ist. Diese Vorschriften stehen einer Pfändbarkeit indes grundsätzlich nicht entgegen, soweit das jeweils vorhandene Guthaben den sich aus § 27b Abs. 3 SGB XII für einen Monat anzusetzenden Betrag übersteigt.“

Zur BGH-Entscheidung: www.rechtsprechung-im-internet.de

Wann zahlt die Kasse Corona-Tests?

Dies regelt eine Verordnung, die am 9. Juni im Bundesanzeiger erschienen ist,aber rückwirkend zu 14.Mai 2020 gilt. Die Grundlage für die Verordnung hat der Gesetzgeber im Zweiten Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite gelegt. Die Verordnung definiert in welchen Fällen die Krankenkassen für die Tests auf das Coronavirus auch bei Personen, die keine Symptome aufweisen oder nicht GKV versichert sind, aufkommen müssen.

Verordnungsermächtigung im § 20i Absatz 3 SGB V

Durch die Gesetzesänderung wird in Satz 2 eine zusätzliche Verordnungsermächtigung zugunsten des Bundesministeriums für Gesundheit geschaffen. Hiernach kann das BMG ohne Zustimmung des Bundesrates festlegen, dass die gesetzliche Krankenversicherung für ihre Versicherten in Bezug auf bevölkerungsmedizinisch relevante übertragbare Krankheiten Testungen auf eine Infektion oder Immunität leisten muss. Mit dieser Maßnahme wird sichergestellt, dass auch dann Testungen von der GKV übernommen werden, wenn keine Symptome für COVID-19 vorhanden sind. Dies entspricht der verbreiteten Forderung der Wissenschaft nach repräsentativen bevölkerungsmedizinischen Tests.

Zudem besteht durch die Verordnung die Möglichkeit, Personen zu testen, bei denen eine hohe Gefahr besteht, dass sie oder andere Personen in ihrem Umfeld bei einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 besonders gefährdet wären. Zu dem Personenkreis der besonders Gefährdeten gehören insbesondere ältere Menschen mit Vorerkrankungen. Vor allem pflegebedürftige Menschen, die in stationären Pflegeeinrichtungen leben, aber auch solche, die ambulant von einem Pflegedienst gepflegt, betreut oder behandelt werden, sind besonders vulnerabel für schwere Krankheitsverläufe oder Todesfälle, so dass die Verordnung insbesondere diese Klientel umfasst.

Entsprechendes gilt für mögliche Tests auf Immunität in Bezug zu COVID-19, sobald vom Standpunkt der medizinischen Wissenschaft sichergestellt ist, dass eine Immunität gegen COVID-19 für einen längeren Zeitraum möglich und eine gleichzeitige Ansteckungsfähigkeit ausgeschlossen ist.

Auslegungshilfe des BMG

Das Bundesministerium für Gesundheit hat eine Auslegungshilfe zur Verordnung erstellt.
Für die in ambulanten und stationären Pflegeeinrichtung tätigen Personen sowie der pflegebedürftigen Menschen, die gepflegt, betreut oder behandelt werden, sind vor allem die §§ 1 bis 5 der Verordnung relevant, so dass diese Auslegungshilfe diese Paragraphen erläutert und beispielhaft konkretisiert. Hier eine kurze Zusammenfassung:

§ 1 Anspruch

Die Verordnung regelt den Anspruch auf Leistungen der Labordiagnostik. Es ist vorgesehen, dass in bestimmten Fällen bei vom öffentlichen Gesundheitsdienst veranlassten Testungen zum Nachweis einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 die Leistungen der Labordiagnostik von der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) übernommen werden, und zwar sowohl für Versicherte der GKV als auch für Personen, die nicht in der GKV versichert sind.

§ 2 Testungen von Kontaktpersonen

Als Kontaktpersonen gelten

  1. Personen, die insgesamt entweder mindestens 15 Minuten ununterbrochen direkten Kontakt mit einer infizierten Person hatten,
  2. Personen, die im selben Haushalt wie eine infizierte Person leben oder gelebt haben,
  3. Personen, die die Pflege, Betreuung und Behandlung übernehmen, sowie für Personen, die gepflegt, betreut oder behandelt werden.

§ 3 Testungen von Personen im Rahmen der Bekämpfung von Ausbrüchen

Wird z. B. in einer stationären Pflegeeinrichtung ein COVID-19-Fall laborbestätigt diagnostiziert, dann ist bei Testungen nach § 3 kein direkter Kontakt zu dieser laborbestätigt infizierten Person erforderlich, um umfangreiche Testungen in dieser Einrichtung zu veranlassen.

§ 4 Testungen zur Verhütung der Verbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2

Testungen sind auch dann in Einrichtungen und Unternehmen, selbst wenn in diesen kein Coronavirus SARS-CoV-2 Fall vorliegt. Ausdrücklich geht es darum, dass bei einem Wechsel in eine neue Versorgungsform Testungen durchgeführt werden. Für in Pflegeeinrichtungen Beschäftigte, die die Pflege, Betreuung, Behandlung oder Unterstützung vulnerabler Personen übernehmen, besteht ebenfalls die Möglichkeit zur Testung.

§ 5 Umfang der Testungen

  • Personen, die Kontakt zu einer laborbestätigt infizierten Person hatten,
  • Personen, die z. B. in einer Einrichtung leben, in der ein laborbestätigt diagnostizierter Fall aufgetreten ist, sowie
  • Personen, die z. B. neu in einer stationären Pflegeeinrichtung aufgenommen werden,

haben Anspruch darauf, bis zu zwei Mal getestet zu werden.

Eine ausführliche Beschreibung und Auslegung der Verordnung findet man auch bei den Fachinfos des  Paritätischen Gesamtverbands.

Außerkrafttreten

Die Verordnung tritt mit Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Trageweite (§5 Abs. 1 Satz 2 IfSG) außer Kraft, ansonsten spätestens am 31.3.2021.

Quellen: Paritätischer Gesamtverband, BMG, FOKUS-Sozialrecht

Abbildung:  pxabay.com connection-4884862_1280.jpg

 

 

Selbstbestimmungsgesetz

Am kommenden Freitag wird im Bundestag der Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung des Transsexuellengesetzes und Einführung des Selbstbestimmungsgesetzes (SelbstBestG) beraten. Der Gesetzentwurf stammt von der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen.

Verfassungswidrig

Das Transsexuellengesetz ist mittlerweile 40 Jahre alt. Seitdem hat das Bundesverfassungsgericht einzelne Vorschriften des Gesetzes bereits sechs Mal für verfassungswidrig erklärt.

  • Beschluss vom 16. März 1982 – 1 BvR 983/81,
  • Beschluss vom 26. Januar 1993 – 1 BvL 38, 40, 43/92,
  • Beschluss vom 6. Dezember 2005 – 1 BvL 3/03,
  • Beschluss vom 18. Juli 2006 – 1 BvL 1 und 12/04,
  • Beschluss vom 27. Mai 2008 – 1 BvL 10/05,
  • Beschluss vom 11. Januar 2011 – 1 BvR 3295/07.

Auch weitere Vorschriften des TSG stehen verfassungsrechtlich in der Kritik, wie der psycho-pathologisierende Begutachtungszwang.
Das Bundesverfassungsgericht hat im Oktober 2017 den Gesetzgeber dazu aufgefordert, bis Ende 2018 eine Neuregelung des Personenstandsrechts auf den Weg zu bringen, eine dritte Option beim Geschlechtseintrag einzuführen oder gänzlich auf einen Geschlechtseintrag zu verzichten (BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2017, 1 BvR 2019/16). In seiner Urteilsbegründung wird die Selbstbestimmung als Persönlichkeitsrecht eines Menschen klar in den Vordergrund gestellt.

Änderung des Personenstandsgesetzes

Mit der Änderung des Personenstandsgesetzes zum 1. Januar 2019 hat der Deutsche Bundestag auf den Auftrag des Bundesverfassungsgerichtes reagiert und eine dritte Option beim Geschlechtseintrag („divers“) geschaffen. Das beschlossene Gesetz wurde allerdings von den Verbänden und der Fachöffentlichkeit als ambitionslos und bevormundend kritisiert.

Geltende Regelung

Das noch geltende Transsexuellengesetz regelt, wie Menschen, die trans sind, in Deutschland ihren Vornamen und Geschlechts­eintrag in ihrer Geburts­urkunde und im Pass ändern können. Dazu ist ein Verfahren bei einem Amtsgericht erforderlich. Gerichte  bestellen zwei unabhängige Gutachter*innen. Die Gutachten sollen belegen, dass die antragstellende Person tatsächlich trans ist und, so will es das Gesetz, dass sich das Geschlecht der Person auch nicht mehr ändern wird.

Begutachtete Personen werden häufig gezwungen, sich auszuziehen, obwohl die Begutachtenden für eine anatomische Begutachtung weder bestellt noch qualifiziert sind. Häufig werden auch Fragen über Unterwäsche, sexuelle Orientierung, gemochte und praktizierte Sexualität oder sexuelle Phantasien gestellt.

Das ganze Verfahren ist durch die verpflichtenden Gutachten nicht nur aufwendig und bürokratisch, sondern auch sehr teuer. Laut Gesetz muss der Antragsteller oder die Antragstellerin sich dem anderen Geschlecht als zugehörig empfinden und seit „mindestens drei Jahren unter dem Zwang“ stehen, „ihren Vorstellungen entsprechend zu leben“ (§ 8 Transsexuellengesetz). Die weiteren Voraussetzungen des § 8, (Dauerhafte Fortpflanzungsunfähigkeit, die äußeren Geschlechtsmerkmale verändernder operativer Eingriff) wurden vom BVerfG kassiert.

Operationen an Kindern

Des Weiteren werden in Deutschland an intergeschlechtlichen Kindern immer noch genitalverändernde Operationen vorgenommen, die medizinisch nicht not-wendig sind. Betroffene und ihre Verbände sowie nationale, europäische und internationale Organisationen kritisieren diese Praxis seit Jahren und fordern die Einführung eines Verbots genitalverändernder Operationen im Kindesalter.

Inhalt des Gesetzentwurfs

Das Transsexuellengesetz wird durch das Selbstbestimmungsgesetz ersetzt. Im § 45b des Personenstandsgesetzes wird im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts klargestellt, dass alle Menschen eine Erklärung zur Geschlechtsangabe und Vornamensführung bei einem Standesamt abgeben können.

Zudem

  • verbietet das Selbstbestimmungsgesetz genitalverändernde chirurgische Eingriffe bei Kindern,
  • statuiert einen Anspruch auf Achtung des Selbstbestimmungsrechts bei Gesundheitsleistungen,
  • konkretisiert das Offenbarungsverbot und sanktioniert die Verstöße dagegen,
  • verpflichtet Bund, Länder und Kommunen zum Ausbau der bisherigen Beratungsangebote und
  • führt eine Regelung für trans- und intergeschlechtliche Eltern ein.

Somit wird dem Selbstbestimmungsrecht und den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen Rechnung getragen.

 

Quellen: https://allegutendinge.jetzt, Bundestageu-schwerbehinderung.eu

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Diskussionen um Hartz IV – Überblick

Turnusmäßig alle fünf Jahre, das nächste Mal also 2022, wird durch die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS), die alle fünf Jahre vom Statistischen Bundesamt durchgeführt wird, die Regelbedarfsermittlung für das SGB II und das SGB XII neu bestimmt. Die Debatte um Änderungen am System der Grundsicherung oder gar dessen Abschaffung findet derzeit über alle Parteigrenzen hinweg. Nicht nur wegen der besonderen Erfordernisse während der Corona-Pandemie, werden von den Sozialverbänden, Gewerkschaften und Betroffenen massive Aufstockungen bis hin zum Einstieg in ein bedingungsloses Grundeinkommen diskutiert.

Regelsätze zu niedrig

Der Partätische Gesamtverband veröffentlichte das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage. Danach gehen 80 Prozent der Bevölkerung nicht davon aus, dass die in Hartz IV und Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung vorgesehenen Regelsätze ausreichen, um den Lebensunterhalt bestreiten zu können. Der Betrag, der im Durchschnitt zur Deckung des täglichen Lebensunterhalts eines Erwachsenen (ohne Wohnkosten) als nötig erachtet wird, liegt mit 728 Euro pro Monat um fast 70 Prozent über dem, was einem alleinlebenden Grundsicherungsbezieher derzeit tatsächlich regierungsamtlich zugestanden wird (432 Euro).

Anpassung der Hinzuverdienstregeln

Der Bundesrat setzt sich für attraktivere Hinzuverdienstmöglichkeiten von Hartz IV-Empfängerinnen und Empfänger ein. In einer am 5. Juni 2020 gefassten Entschließung plädiert er dafür, die geltenden Regelungen anzupassen, damit sich eine Beschäftigung für die Betroffenen mehr auszahlt.

Konkret fordert die Länderkammer, die Einkommensanrechnung so zu ändern, dass die Motivation steigt, eine existenzsichernde Beschäftigung aufzunehmen. Wegen der hohen Transferentzugsrate führe das derzeitige System dazu, dass die Beschäftigten im Niedriglohnsektor verharrten. Faktisch finanziere der Staat auf diese Weise mittelbar den Niedriglohnsektor. Tatsächlich müsse es aber darum gehen, dass die Betroffen motiviert werden, ihren Lebensunterhalt unabhängig von Transferleistungen zu bestreiten.

Zu Begründung der Entschließung verweist der Bundesrat auf Zahlen des Münchner-Ifo-Instituts, die die bremsende Wirkung der geltenden Hinzuverdienstregelungen belegen. Danach wird der Verdienst oberhalb eines Freibetrages von 100 Euro bis zur Grenze von 1000 Euro zu 80 Prozent auf die Hartz-IV-Leistung angerechnet. Bei einem Erwerbseinkommen zwischen 1000 und 1200 Euro gilt eine Anrechnungsquote von 90 Prozent. Laut einer Statistik der Bundesagentur für Arbeit bezogen im vergangenen Jahr über eine Million Menschen Hartz-IV und gingen einer Beschäftigung nach.

Erwerbszuschuss

Schon Ende 2018 veröffentlichte das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) einen Vorschlag zur Einführung eines Erwerbszuschusses.

Der Reformvorschlag sieht eine umfassende Neugestaltung des Transfersystems vor. Demnach würde ein Erwerbszuschuss eingeführt, der sich bei der Bedürftigkeitsprüfung und der Transferhöhe weitestgehend an den Bedingungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende orientiert. Für Erwerbstätige ab einem bestimmten Erwerbseinkommen würde er Grundsicherung, Wohngeld und Kinderzuschlag ersetzen, aber weiterhin im Bereich der Grundsicherung administriert werden.

Der Transfer zielt darauf ab, mehr Anreize für eine Erwerbstätigkeit mit höheren Wochenarbeitszeiten zu schaffen. Dazu würden die Hinzuverdienstmöglichkeiten in der Grundsicherung bei geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen eingeschränkt. Im Gegenzug würde die Transferentzugsrate bei Verdiensten oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze oder bei Bezug des Erwerbzuschusses großzügiger ausgestaltet als bisher.

Konkret ist eine Reduzierung des bisherigen Freibetrags von 100 auf 50 Euro und eine Transferentzugsrate von 90 Prozent für Einkommen größer als 50 und kleiner als 450 Euro (bisher 80 Prozent ab 100 Euro) in der Grundsicherung vorgesehen. Ab einem Bruttoeinkommen von mehr als 450 Euro würde die Transferentzugsrate hingegen nur noch 60 Prozent (bisher 80 bis 90 Prozent) betragen. Die Vollanrechnung (100 Prozent) des Hinzuverdienstes bei hohen Einkommen würde komplett abgeschafft.

Bedingungsloses Grundeinkommen

Das bedingungslose Grundeinkommen (BGE) ist ein Einkommen für alle Menschen,

  • das Existenz sichernd ist und gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht,
  • auf das ein individuellen Rechtsanspruch besteht,
  • das ohne Bedürftigkeitsprüfung und
  • ohne Zwang zu Arbeit oder anderen Gegenleistungen

garantiert wird.

Das Grundeinkommen soll dazu beitragen, Armut und soziale Notlagen zu beseitigen, den individuellen Freiheitsspielraum zu vergrößern sowie die Ent­wick­lungs­chancen jedes Einzelnen und die soziale und kulturelle Situation im Gemein­wesen nachhaltig zu verbessern.

Es gibt eine große Bandbreite über die Ausgestaltung und die Rahmenbedingungen eines BGE. Einen Überblick dazu bietet die Webseite Grundeinkommen.de.

Quellen: Paritätischer Gesamtverband, Bundesrat, IAB, grundeinkommen.de

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Wie Herr Scheuer Seenotrettung verhindern will

Eine kleine Änderung in der Schiffssicherheitsverordnung, nämlich das Ersetzen des Begriffs „Freizeit“ durch den Begriff „Erholung“ hat weitreichende Folgen, die Menschenleben kosten kann.
Die dadurch entstehenden Änderungen der Sicherheitsanforderungen für zumindest ein Schiff der Hilfsorganisation „Mission Lifeline“ verhindert das Auslaufen des Schiffes „Rise Above“, das die Organisation Ende 2019 von der Bundeswehr gekauft hat. Man kann also der Bundesregierung nun nicht nur unterlassene Hilfeleistung im Mittelmeer vorwerfen, sondern aktive stattliche Verhinderung der Seenotrettung.

Der Hintergrund

Im April 2019 untersagte die „Berufsgenossenschaft Verkehr“ als zuständige Behörde das Auslaufen der „Mare Liberum“. Sie stützte ihr Verbot auf die vorgesehene Verwendung als Seenotrettungsschiff: Weil das Boot nicht für „Sport- und Freizeitzwecke“ eingesetzt werde, brauche es ein Schiffssicherheitszeugnis. Da Sicherheitszeugnisse nur für Schiffe zu beruflichen Zwecken erforderlich waren, aber nicht für Boote zu „Sport- und Freizeitzwecken“, konnten die Eigner keines vorweisen. Der Verein „Mare Liberum“ klagte gegen die Festhalteverfügung und bekam im September 2019 recht. Das Oberverwaltungsgericht Hamburg entschied, „Freizeit“ könne „der Erholung von den Anstrengungen beruflicher oder sonstiger Verpflichtungen dienen, ist aber nicht darauf beschränkt. Sie erfasst zudem der persönlichen Entfaltung dienende kommunikative, kulturelle, politische und sportliche Tätigkeiten, was gemeinnützige und humanitäre Tätigkeiten ohne weiteres einschließt“ (OVG Hamburg, Beschluss vom 5.9.2019, 3 Bs 124/19, S.9f.). Das Oberverwaltungsgericht stellte also fest, dass Seenotrettungsmissionen auch mit Sportbooten und Kleinfahrzeugen ohne Sicherheitszeugnis zulässig sind.

In der Freizeit nur Erholung

Das zuständige Bundesverkehrsministerium ersetzte Anfang März in der Schiffssicherheitsverordnung die Formulierung „Sport- und Freizeitzwecke“ durch „Sport- und Erholungszwecke“ (Bundesgesetzblatt I 2020, 412). Daher müssen jetzt Boote, die zwar nicht beruflichen Zwecken, aber auch nicht Sport und Erholung dienen, nun doch ein Schiffssicherheitszeugnis vorlegen, weil nun andere Aktivitäten in der Freizeit, außer Erholung ausgeschlossen sind.

Daraufhin forderte Anfang April die „Berufsgenossenschaft Verkehr“ dem Verein Mission Lifeline ein Schiffssicherheitszeugnis nach dem auch für die Berufsschifffahrt geltenden Recht. Mission Lifeline hat ihr Schiff gerade für die Seeotrettung umgerüstet. Für das neue Sicherheitszeugnis bedarf es nun einer weiteren zeitaufwendigen und teuren Umrüstung.

Das Seeaufgabengesetz

Die Änderung der Schiffssicherheitsverordnung beruht auf der Ermächtigungsgrundlage des § 9 Abs. 1 Nr. 4 des Seeaufgabengesetzes. Danach kann das Bundesverkehrsministerium „zur Abwehr von Gefahren für die Sicherheit und Leichtigkeit des Seeverkehrs, zur Abwehr von Gefahren für die Meeresumwelt, zur Verhütung von der Seeschifffahrt ausgehender schädlicher Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und zur Gewährleistung eines sicheren, effizienten und gefahrlosen Schiffsbetriebs“ Rechtsverordnungen über Sicherheitsanforderungen erlassen. Die Sicherheitsanforderungen dürfen aber nur der Abwehr von Gefahren für die Besatzung, für andere Schiffe oder die Meeresumwelt dienen. Andere Zwecke sind sachfremd und nicht von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt. Daher ist klar: Das Verkehrsministerium darf Schiffe nicht strenger behandeln, nur weil sie zu humanitären Seenotrettungsmissionen verwendet werden.

Sind Rettungsschiffe generell gefährlicher als Sportboote?

Bisher ist nicht bekannt geworden, dass humanitäre Seenotrettungsboote Seeunfälle verursacht hätten. Der Einsatz der vom Rettungsschiff ablegenden Schlauchboote, die die in Seenot befindlichen Menschen in den seeuntauglichen Rubberboats aufnehmen, ist gefährlich für die Besatzung, nicht aber der Aufenthalt auf dem Rettungsschiff selbst. Das Leben der Geretteten und der Besatzung an Bord eines Rettungsschiffs kann durch Überfüllung gefährdet werden, wenn Malta und Italien ihre Häfen schließen. Das hat aber nichts mit der Schiffssicherheit zu tun.
Dass es Andreas Scheuer gerade um die Verhinderung von Seenotrettung überhaupt geht, beweist die ausdrückliche Einbeziehung bloßer Beobachtungsmissionen in die Neuregelung. Die Verwendung von Booten zu Sportzwecken ist keineswegs generell ungefährlicher. Motorbootrennen, Hochseeangeln oder Segelyachten sind für Besatzungen und andere Schiffe durchaus riskanter als umgebaute Fischkutter oder Torpedofangboote der Bundeswehr wie die „Rise Above“ von Mission Lifeline.

Sterben-Lassen als Flüchtlingspolitik

Während die EU im Rettungsgebiet vor der libyschen Küste ihre eigenen Schiffe zurückzieht, zieht Deutschland zu Hause alle Register, um private Rettungsmissionen mit rechtlichen Tricks zu verhindern.

Laut „Seebrücke„, eine weitere internationale Bewegung zur Rettung Schiffbrüchiger, sind auch die Schiffe von Mare Liberum und Resqship betroffen.
Seebrücke verurteilt dieses offensichtlich politische Manöver und fordert, dass Minister Scheuer sofort dafür sorgt, dass diese Verordnungen zurückgenommen werden und die Hilfsorganisationen ohne Verfolgung und Schikane ihrer lebensrettenden Arbeit nachgehen können.

Quellen: Rechtsanwalt Johannes Lichdi auf Mission Lifeline, Seebrücke

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Gerade ist dazu auch ein Bericht im Spiegel erschienen.

Sonderregelungen bei Verordnung von Arzneimitteln und ambulanten SGB V-Leistungen

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat im Zusammenhang mit der Pandemie mit SARS-CoV-2 Ende März 2020 zeitlich befristete Sonderregelungen getroffen. Diese wurden Ende Mai 2020 zum großen Teil bis zum 30. Juni verlängert.

Die weiterhin befristet geltenden Sonderregelungen oder deren Aufhebung betreffen folgende Richtlinien bzw. Regelungen:

Verordnung von Arzneimitteln

Das Ausstellen einer neuen Verordnung von Arzneimitteln durch Arztpraxen ist weiterhin, befristet bis zum 30. Juni 2020, nach telefonischer Anamnese möglich, sofern die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt sich nach persönlicher ärztlicher Einschätzung vom Zustand der oder des Versicherten durch eingehende Befragung überzeugen kann. Dabei kann das Arzneimittelrezept auch postalisch übermittelt werden.

Für die Verordnungsmöglichkeiten von Krankenhäusern bei der Entlassung einer Patientin oder eines Patienten gelten weiterhin die flexibilisierten Regelungen, solange die epidemische Lage von nationaler Tragweite durch den Deutschen Bundestag festgestellt ist.

Verordnung von ambulanten Leistungen durch Krankenhäuser einschließlich der Feststellung von Arbeitsunfähigkeit

Krankenhausärztinnen und -ärzte können im Rahmen des sogenannten Entlassmanagements weiterhin nicht nur für eine Dauer von bis zu 7 Tagen, sondern bis zu 14 Tagen nach Entlassung aus dem Krankenhaus häusliche Krankenpflege, Spezialisierte ambulante Palliativversorgung, Soziotherapie, Heil- und Hilfsmittel verordnen sowie eine Arbeitsunfähigkeit feststellen. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn das zusätzliche Aufsuchen einer Arztpraxis vermieden werden soll und solange die epidemische Lage von nationaler Tragweite durch den Deutschen Bundestag festgestellt ist.

Fristenregelungen und Vorgaben bei der Verordnung ambulanter Leistungen

Die Richtlinien des G-BA enthalten Fristen zur Gültigkeit von Verordnungen oder Angaben dazu, bis wann eine Verordnung zur Genehmigung bei der Krankenkasse vorgelegt werden muss. In folgenden Bereichen haben sich die Fristen oder Vorgaben verlängert oder wurden ganz ausgesetzt:

Die Vorgaben, in welchem Zeitraum Verordnungen von Heil- und Hilfsmitteln ihre Gültigkeit verlieren, bleiben vorübergehend ausgesetzt.

Im Bereich der häuslichen Krankenpflege können weiterhin, befristet bis zum 30. Juni 2020, Folgeverordnungen für bis zu 14 Tage rückwirkend verordnet werden, wenn aufgrund der Ausbreitung von COVID-19 eine vorherige Verordnung durch die Vertragsärztin oder den Vertragsarzt zur Sicherung einer Anschlussversorgung nicht möglich war. Auch die Begründung der Notwendigkeit bei einer längerfristigen Folgeverordnung von häuslicher Krankenpflege und die 3-Tages-Frist zur Ausstellung der Folgeverordnung bleiben ausgesetzt.

Zusätzlich bestehen bleibt bis 30. Juni 2020 die Regelung, dass die Frist zur Vorlage von Verordnungen häuslicher Krankenpflege bei der Krankenkasse von 3 Tage auf 10 Tage verlängert wird. Dies gilt auch für Verordnungen der Spezialisierten ambulanten Palliativversorgung sowie der Soziotherapie.

Nicht verlängert wird die Aussetzung der Beschränkung der Dauer der Erstverordnung von häuslicher Krankenpflege auf im Regelfall bis zu 14 Tage. Sie läuft zum 31. Mai 2020 aus.

Folgeverordnung von ambulanten Leistungen auch nach telefonischer Anamnese möglich

Ärztinnen und Ärzte können Folgeverordnungen auch nach telefonischer Anamnese für häusliche Krankenpflege, für zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel, Krankentransporte und Krankenfahrten sowie Heilmittel (letztere auch durch Zahnärztinnen und Zahnärzte) ausstellen. Voraussetzung ist, dass bereits zuvor aufgrund derselben Erkrankung eine unmittelbare persönliche Untersuchung durch die Ärztin oder den Arzt erfolgt ist. Die Verordnung kann dann postalisch an die Versicherte oder den Versicherten übermittelt werden.

Genehmigung von Verordnungen für Krankentransport

Krankentransportfahrten zu nicht aufschiebbaren zwingend notwendigen ambulanten Behandlungen von nachweislich an COVID-19-Erkrankten oder von Versicherten, die aufgrund einer behördlichen Anordnung unter Quarantäne stehen, bedürfen weiterhin nicht der vorherigen Genehmigung durch die Krankenkasse.

Nicht verlängert wird die Erweiterung der Fristen für die Verordnung von Fahrten zu einer vor- oder nachstationären Behandlung. Sie lief zum 31. Mai 2020 aus.

Quellen: G-BA, FOKUS-Sozialrecht

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