Arbeitsschutzstandard Pflege

Wegen der Corona-Pandemie gelten weiterhin besondere Auflagen für ambulante Pflege sowie für stationäre Alten- und Pflegeheime und Einrichtungen zur Betreuung von Menschen mit Beeinträchtigungen und Behinderungen. Damit sich niemand mit dem Coronavirus ansteckt, hat die BGW den Arbeitsschutzstandard für die Pflege weiterentwickelt: Es gilt nun ein gemeinsamer Standard sowohl für ambulante Pflege- und Betreuungsleistungen als auch für stationäre Pflege. 

Wesentliche Punkte

Der Standard ist an die Neufassung der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung (Corona-ArbSchV) angepasst. Hervorzuheben sind folgende Punkte:

  • Verpflichtung zur Überprüfung und bei Bedarf Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung sowie des betrieblichen Hygienekonzepts besteht weiter fort.
  • Maßnahmen wie die Kontaktreduzierung, die Testangebotspflicht, AHA-L-Regel sowie sonstige Arbeitsschutzmaßnahmen sind weiterhin umzusetzen.
  • Eine strikte Vorgabe zur Mindestfläche von 10 m² pro Person ist nicht mehr enthalten. Betriebsbedingte Kontakte und die gleichzeitige Nutzung von Räumen (auch in Pausenzeiten) durch mehrere Personen müssen aber auf das notwendige Minimum reduziert bleiben.
  • Es können Ausnahmen von der Testangebotspflicht für vollständig geimpfte bzw. von einer COVID-19-Erkrankung genesene Beschäftigte bestehen.

Richtschnur

Der Branchenstandard ist eine Richtschnur zur Auslegung des Arbeitsschutzgesetzes. Er zeigt, wie die betreffenden Arbeitsschutzvorschriften in der ambulanten Pflege, in Alten- und Pflegeheimen sowie in Einrichtungen für die Betreuung von Menschen mit Beeinträchtigungen und Behinderungen umgesetzt werden. Darüber hinaus bieten die hier beschriebenen Maßnahmen Orientierung, um ein betriebliches Hygienekonzept zu erstellen. Zugleich orientiert sich die Beratung und Überwachung der BGW an diesem Standard.

Der branchenspezifische SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard gilt auch für Tätigkeiten, die der Biostoffverordnung (einschließlich Technischer Regeln für biologische Arbeitsstoffe (TRBA), Empfehlungen oder Beschlüsse) unterliegen, sofern dort keine strengeren Regelungen zum Schutz der Beschäftigten bestehen. Darüber hinaus gelten die Technischen Regeln für biologische Arbeitsstoffe uneingeschränkt.

Andere Lösungen können bei abweichenden Rechtsvorschriften der Bundesländer oder des Bundes zum Schutz der Beschäftigten vorrangig in Betracht kommen. Empfehlungen des Robert Koch-Instituts (RKI) sind zu berücksichtigen.

Dieser Standard gilt ebenfalls für die spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) und für die spezialisierte ambulante pädiatrische Palliativversorgung (SAPPV).

Quelle: BGW: SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard für die ambulante Pflege, Alten- und Pflegeheime sowie Einrichtungen für die Betreuung von Menschen mit Beeinträchtigungen und Behinderungen

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Home-Office verpflichtend

In der Videoschaltkonferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 19. Januar 2021 wurde unter Punkt 8 der Beschluss bekanntgegeben, dass Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber überall dort, wo es möglich ist, den Beschäftigten das Arbeiten im Homeoffice ermöglichen müssen.

Dazu hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales nun den Entwurf einer SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung vorgelegt. Sie soll zunächst bis 15. März 2021 gelten. Fünf Tage nach Verkündung der Verordnung im Bundesanzeiger soll sie in Kraft treten. Also für die Arbeitgeber fünf Tage Zeit für die Umsetzung.

Wesentliche Punkte der Verordnung:

  • Arbeitgeber werden verpflichtet, Homeoffice anzubieten, soweit keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen. Die Beschäftigten sind nicht verpflichtet, Homeoffice zu nutzen.
  • Für Beschäftigte, die nicht im Homeoffice arbeiten können, haben die Arbeitgeber durch geeignete Maßnahmen den gleichwertigen Schutz sicherzustellen. 
  • Betriebsbedingte Zusammenkünfte mehrerer Personen sind auf ein Minimum zu reduzieren
  • In Betrieben mit mehr als zehn Beschäftigten sollen möglichst kleine Arbeitsgruppen gebildet und wenn möglich zeitversetzt gearbeitet werden.
  • Für das Arbeiten im Betrieb müssen Arbeitgeber medizinische Gesichtsmasken oder FFP2-Masken zur Verfügung stellen, wenn Anforderungen an Räume oder Abstand aus bestimmten Gründen nicht eingehalten werden können.

Arbeitsschutzregeln gelten weiter

Weiterhin gelten die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregeln vom August 2020 in allen Punkten, die nicht durch die neue Verordnung verändert wurden. (Aktuelle Fassung der Arbeitsschutzregeln bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA))

Fragen und Antworten

Viele Fragen, die sich direkt aus der Arbeitsschutzverordnung ergeben, versucht das BMAS schon im Vorfeld zu beantworten: „FAQs zur Corona-Arbeitsschutzverordnung„. Etwa die wichtige Frage, welche zwingende betriebsbedingte Gründe dem Homeoffice entgegenstehen könnten.

Hier wird deutlich gemacht, dass logischerweise viele Tätigkeiten in Produktion, Dienstleistung, Handel, Logistik nicht im Homeoffice durchgeführt werden können.

Auch Tätigkeiten, die sich grundsätzlich für die Ausführung im Homeoffice eignen, die aber aus belegbaren und nachvollziehbaren betriebstechnischen Gründen nicht dorthin verlagert werden können, werden aufgeführt, wenn dadurch der übrige Betrieb nur eingeschränkt oder gar nicht aufrechterhalten werden kann.

Technische oder organisatorische Gründe und Versäumnisse, wie z. B. die Nichtverfügbarkeit benötigter IT-Ausstattung, notwendige Veränderung der Arbeitsorganisation oder unzureichende Qualifizierung der betroffenen Beschäftigten können i. d. R. allenfalls befristet bis zur umgehenden Beseitigung des Verhinderungsgrunds geltend gemacht werden.

Antworten versucht das BMAS auch auf folgende Fragen zu geben:

  • Wie wird die Co­ro­na-ArbSchV kon­trol­liert? Wel­che Be­fug­nis­se ha­ben die Auf­sichts­be­hör­den?
  • Kön­nen Be­schäf­tig­te ver­pflich­tet wer­den, Ho­me­of­fi­ce zu ma­chen?
  • Was sind zwin­gen­de be­triebs­be­ding­te Grün­de, die ge­gen die Er­le­di­gung von Ar­bei­ten im Ho­me­of­fi­ce sprechen?
  • Was macht man als Ar­beit­neh­mer, wenn nach ih­rer Ein­schät­zung Ho­me­of­fi­ce mög­lich ist, aber der Ar­beit­ge­ber sagt, es sei nicht mög­lich? An wen kön­nen sich Be­schäf­tig­te wen­den, wenn sie sich bei der Ar­beit nicht aus­rei­chend ge­schützt se­hen?
  • Was wenn Hom­of­fi­ce theo­re­tisch mög­lich ist, aber die tech­ni­sche Aus­stat­tung fehlt? Muss der Ar­beit­ge­ber dann die Be­schäf­tig­ten mit Lap­tops etc. aus­stat­ten?
  • Sind Ar­beit­ge­ber ver­pflich­tet, Be­schäf­tig­te ins Ho­me­of­fi­ce zu sen­den? Wer ent­schei­det, ob Ho­me­of­fi­ce mög­lich ist?
  • Er­hal­te ich we­ni­ger Lohn, wenn ich zu­hau­se ar­bei­te?
  • Wie lan­ge muss ich im Ho­me­of­fi­ce ar­bei­ten?
  • Was sind ver­gleich­ba­re Tä­tig­kei­ten zur Bü­ro­ar­beit?
  • Was ist un­ter Tä­tig­kei­ten zu ver­ste­hen, die kei­nen Min­destab­stand bzw. das Ein­hal­ten der Flä­chenan­for­de­run­gen nicht er­lau­ben?
  • Ste­hen aus­rei­chend Mas­ken zur Ver­fü­gung?
  • Muss der Ar­beit­ge­ber Kos­ten für Mas­ken über­neh­men?
  • Sind Aus­nah­me­re­ge­lun­gen vom Tra­gen des Mund-Na­sen-Schut­zes für Be­schäf­tig­te mit „me­di­zi­ni­scher Be­frei­ung“ mög­lich?
  • Wird mit den Re­ge­lun­gen in der SARS-CoV-2-Ar­beits­schutz­ver­ord­nung der SARS-CoV-2-Ar­beits­schutz­stan­dard, der ei­gent­lich dau­er­haf­ten Mas­ken­schutz for­dert, aus­ge­he­belt bzw. in wel­chem Ver­hält­nis ste­hen die Re­ge­lun­gen zu­ein­an­der?
  • Gel­ten al­le Re­geln un­ab­hän­gig von der Un­ter­neh­mens­grö­ße? Al­so auch für ein Un­ter­neh­men mit z. B. nur zwei An­ge­stell­ten?
  • Ab wann und wie häu­fig wird kon­trol­liert wer­den, dass die Un­ter­neh­men sich an die Ver­ord­nung hal­ten?
  • Bis wann muss der Ar­beit­ge­ber die Maß­nah­men um­ge­setzt ha­ben?
  • Was droht, wenn der Ar­beit­ge­ber die­se Maß­nah­men nicht er­greift?
  • Kann mehr Ho­me­of­fi­ce da­zu bei­tra­gen, die In­fek­ti­ons­zah­len zu sen­ken?

Quelle: BMAS

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Update: Die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung wurde am 22.1.2021 im Bundesanzeiger veröffentlicht.

Arbeitsschutzregeln in Coronazeiten

Sozialrecht und Arbeitsschutz haben viele Anknüpfungspunkte, vor allem im SGB VII (Unfallversicherung) und im SGB IX (Rehabilitation/Schwerbehinderung), genauso im Kinderschutz (SGB VIII) oder beim Mutterschutz. Arbeitsschutzregeln und -maßnahmen gelten natürlich auch in allen sozialen Einrichtungen und sind ein wichtiger Bestandteil der täglichen Arbeit.

Arbeitsschutzregeln

Für die Dauer der Pandemie hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) nun die neue SARS-CoV-2 Arbeitsschutzregel zur Bekanntmachung im Gemeinsamen Ministerialblatt (GmBl) freigegeben. Sie tritt im August 2020 in Kraft.

Die Dauer ist der nach § 5 Infektionsschutzgesetz festgestellte Zeitraum der epidemischen Lage von nationaler Tragweite durch den Bundestag.

Die enthaltenen Maßnahmen der Arbeitsschutzregel richten sich an alle Bereiche des Wirtschaftslebens. Ziel ist es, das Infektionsrisiko für Beschäftigte zu senken und Neuinfektionen im betrieblichen Alltag zu verhindern. Abstand, Hygiene und Masken bleiben dafür auch weiterhin die wichtigsten Instrumente.

Betriebe und Einrichtungen, die die in der SARS-CoV-2-Regel vorgeschlagenen technischen, organisatorischen und personenbezogenen Schutzmaßnahmen umsetzen, können davon ausgehen, dass sie rechtssicher handeln. Zudem erhalten die Aufsichtsbehörden der Länder eine einheitliche Grundlage, um die Schutzmaßnahmen in den Betrieben zu beurteilen.

Begriffsbestimmungen und TOP-Prinzip

Die Arbeitsschutzregeln enthalten zunächst einmal hilfreiche Begriffsbestimmungen. Beispiele:

  • Was genau versteht man unter Home-Office?
  • Was ist Mund-Nase-Bedeckung, was sind FFP-Masken, was sind Atemschutzgeräte?
  • Wie ist Mindestabstand definiert?
  • Was sind Kurzzeitkontakte?

Der Arbeitgeber muss zunächst den Grad und das Ausmaß der Gefährdung beurteilen. Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung sind die Gestaltung der Arbeitsaufgaben, der Arbeitszeit und die Integration der in Homeoffice befindlichen Beschäftigten in betriebliche Abläufe sowie die aufgrund der epidemischen Lage zusätzlich zu betrachtenden psychischen Belastungsfaktoren zu berücksichtigen.

Bei den Schutzmaßnahmen geht es zunächst um grundlegende Maßnahmen. Hier gilt das sogenannte TOP – Prinzip. Demnach haben Technische Maßnahmen Vorrang vor Organisatorischen Maßnahmen und diese wiederum Vorrang vor Personenbezogenen Maßnahmen.

Grundlegende Schutzmaßnahmen

Der Arbeitgeber hat insbesondere Maßnahmen zu ergreifen, die die Anzahl ungeschützter Kontakte zwischen Personen (auch indirekter Kontakt über Oberflächen) sowie die Konzentration an luftgetragenen Viren in der Arbeitsumgebung soweit wie möglich verringern. Geeignete Maßnahmen hierfür sind beispielsweise die Einhaltung der Abstandsregel, Arbeiten in festen Teams, die Trennung der Atembereiche durch technische Maßnahmen, die Nutzung von Fernkontakten, die verstärkte Lüftung, die Isolierung Erkrankter, eine intensivierte Oberflächenreinigung und zusätzliche Handhygiene.

Soweit arbeitsbedingt die Abstandsregel nicht eingehalten werden kann und technische Maßnahmen wie Abtrennungen zwischen den Arbeitsplätzen nicht umsetzbar sind, müssen die Beschäftigten mindestens MNB zum gegenseitigen Schutz tragen. Entsprechend der Höhe des Infektionsrisikos, das sich aus der Gefährdungsbeurteilung ergibt, sind filtrierende Halbmasken (mindestens FFP2 oder vergleichbar) als persönliche Schutzausrüstung erforderlich. Gleiches gilt, wenn in einer unmittelbaren Interaktion einer der Beteiligten keine MNB tragen kann. Die MNB und die filtrierenden Halbmasken sind vom Arbeitgeberbereitzustellen.

Arbeitsschutzstandards

Ausführliche Anleitungen wie der Arbeitsschutz in Corona-Zeiten im Detail aussehen sollte hat das BMAS schon im April in den SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandards veröffentlicht.

Spezielle Standards zum Beispiel für die Arbeit in Alten- und Pflegeheimen sowie Einrichtungen für die Betreuung von Menschen mit Beeinträchtigungen und Behinderungen gibt es bei der zuständigen Berufsgenossenschaft.

Quellen: BMAS, BGW

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