Kein Kinderfreizeitbonus trotz Armut

Etwa 190.000 Kinder erhalten den Kinderfreizeitbonus nicht, obwohl sie in Hartz IV – Familien leben.

100 Euro

Der Kinderfreizeitbonus in Höhe von 100 Euro soll Kindern aus Familien mit k(l)einen Einkommen Ferien- und Freizeitaktivitäten ermöglichen. Der Anspruch auf den Bonus hängt davon ab, ob ein Kind im August 2021 Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften SGB bezogen hat oder ob für das Kind Kinderzuschlag oder Wohngeld gezahlt wurde. Der Kinderfreizeitbonus ist Teil des Programms „Aufholen nach Corona„.

Kinder von Alleinerziehenden gehen oft leer aus

Aktuell gehen aber die Kinder leer aus, die ohne eigenständigen Leistungsanspruch mit ihren Eltern in einer Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II leben. Das ist besonders häufig bei Kindern von Alleinerziehenden der Fall, wenn der altersabhängige Regelbedarf und die anteiligen Wohnkosten bereits durch Unterhaltsleistungen und Kindergeld gedeckt sind. Da Unterhalt und Kindergeld auf den SGB II-Bedarf angerechnet werden, haben sie aber vergleichbar wenig Geld wie Familien, in denen ein Kind selbst leistungsberechtigt ist.

Anfrage an die Bundesregierung

Die Bundesregierung hat nun – auf eine schriftliche Frage von Katja Kipping hin – noch einmal bestätigt, dass es sich dabei nicht um ein Versehen handelt. Frau Kipping schreibt dazu: „Die Bunderegierung hatte großspurig angekündigt, Familien mit geringen Einkommen zu unterstützen. Dies sollte Familien, die von der Corona-Krise besonders belastet waren, die Teilnahme an Ferienfreizeitmaßnahmen ermöglichen. Bei der Umsetzung hat die damalige Familienministerin aber einen Großteil der ärmsten Alleinerziehender und Patchworkfamilien ausgeschlossen. Mich erreichen derzeit Nachrichten von alleinerziehenden Eltern, die für ihre Ferienplanung mit dem Kinderfreizeitbonus gerechnet haben. Ich bin bisher davon ausgegangen, dass es sich um eine unbeabsichtigte Gesetzeslücke handelt. Die Bundesregierung hat nun in ihrer Antwort bestätigt, dass dies so beabsichtigt und vereinbart war. Abhilfe ist nicht vorgesehen.

Keine Regelunsglücke

In der Antwort der BMAS auf die Anfrag von Frau Kipping heißt es lapidar, die Bundesregierung sehe keine planwidrige Regelunsglücke. Das bedeutet vermutlich, dass die Benachteiligung von diesen Kindern beabsichtigt war.

Betroffen sind z.B. Kinder, die Unterhaltsvorschuss bekommen. Sie leben auf Grund der geltenden Anrechnungsregeln auf dem niedrigen Hartz-IV-Niveau. Da sie jedoch vom Jobcenter keine Leistung erhalten, haben sie keinen Anspruch auf den Kinderfreizeitbonus. 

Offener Brief an die Minister

Der VAMV (Verband der alleinerziehenden Mütter und Väter) fordert gemeinsam mit acht weiteren Verbände in einem offenen Brief an das BMAS und das BMFSFJ eine großzügigere Auslegung der Anspruchsvoraussetzungen für den Kinderfreizeitbonus zu veranlassen, damit der Bonus alle Kinder in SGB II-Bedarfsgemeinschaften erreichen kann.

Kein Kind soll ausgeschlossen werden

Die Zahl der Kinder, die voraussichtlich beim Kinderfreizeitbonus durchs Raster fallen, sei erheblich: Zuletzt weise die Statistik der Bundesagentur für Arbeit zum Jahreswechsel 2021 116.650 Kinder aus, die ohne eigenen Leistungsanspruch in Bedarfsgemeinschaften nach dem SGB II lebten. Zwar könne der Kinderfreizeitbonus für sie im Einzelfall auch über den Bezug von Kinderwohngeld gewährt werden. Für die unterzeichnenden Verbände sei allerdings unklar, wie vielen betroffenen Kindern dieser Weg tatsächlich den Bonus ermöglicht und wie viele von ihnen trotzdem leer ausgingen.
Nach den vielen Einschränkungen der Coronakrise bräuchten Familien mit kleinen Einkommen möglichst unbürokratische Unterstützung, um ihren Kindern Ferien- und Freizeitaktivitäten ermöglichen zu können. Der Kinderfreizeitbonus sollte daher niedrigschwellig ausgezahlt werden. Die Forderung sei deshalb, die gesetzlichen Bestimmungen zum Kinderfreizeitbonus so auszulegen, dass alle Kinder aus SGB II-Bedarfsgemeinschaften den Bonus unkompliziert erhalten könnten. Kindern, die bisher keinen Kinderfreizeitbonus bekommen konnten, solle die Leistung unbürokratisch nachgezahlt werden.

Quellen: WAZ, Katja Kipping, VAMV, BMAS, FOKUS-Sozialrecht

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G-BA verlängert Sonderregelungen

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat die Corona-Sonderregeln für die telefonische Krankschreibung bei leichten Atemwegsinfekten, für ärztlich verordnete Leistungen sowie für die telefonische Beratung in der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung um weitere drei Monate bis zum 31. Dezember 2021 verlängert. Angesichts der leichten Übertragbarkeit der Delta-Variante des Coronavirus und der zu langsam voranschreitenden Impfung der Bevölkerung sollen die erneut verlängerten Sonderregeln weiterhin helfen, Kontakte zu vermeiden und potenzielle Infektionsrisiken zu minimieren. Auch im Hinblick auf die bevorstehende Erkältungs- und Grippesaison müssen Arztpraxen weiter entlastet werden. Die Verlängerung betrifft die Sonderregeln, deren Geltungsdauer nicht an die epidemische Lage nationaler Tragweite geknüpft ist, sondern vom G-BA befristet beschlossen wurden.

Übersicht über die nun bis 31. Dezember 2021 geltenden Corona-Sonderregeln

  • Arbeitsunfähigkeit: Patientinnen und Patienten, die an leichten Atemwegserkrankungen leiden, können wie bisher telefonisch für bis zu 7 Kalendertage krankgeschrieben werden. Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte müssen sich dabei persönlich vom Zu-stand der Patientin oder des Patienten durch eine eingehende telefonische Befragung überzeugen. Eine einmalige Verlängerung der Krankschreibung kann telefonisch für weitere 7 Kalendertage ausgestellt werden.
  • ASV: In der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung bleibt der Behandlungsumfang um die Möglichkeit zur telefonischen Beratung für alle Patientengruppen erweitert.
  • Erleichterte Vorgaben für Verordnungen: Heilmittel-Verordnungen bleiben auch dann gültig, wenn es zu einer Leistungsunterbrechung von mehr als 14 Tagen kommt. Darüber hinaus bleiben Ausnahmen für bestimmte Fristen bei Verordnungen im Bereich der häuslichen Krankenpflege bestehen: Folgeverordnungen müssen nicht in den letzten 3 Arbeitstagen vor Ablauf des verordneten Zeitraums ausgestellt werden. Außerdem können Ärztinnen und Ärzte Folgeverordnungen für häusliche Krankenpflege für bis zu 14 Tage rückwirkend verordnen. Ebenfalls muss vorübergehend eine längerfristige Folgeverordnung von häuslicher Krankenpflege nicht begründet werden.
  • Verlängerung der Vorlagefrist für Verordnungen: Die Frist zur Vorlage von Verordnungen bei der Krankenkasse bleibt weiterhin für häusliche Krankenpflege, Soziotherapie sowie spezialisierte ambulante Palliativversorgung von 3 Tagen auf 10 Tage verlängert.
  • Verordnungen nach telefonischer Anamnese: Folgeverordnungen für häusliche Krankenpflege, Hilfsmittel und Heilmittel dürfen weiterhin auch nach telefonischer Anamnese ausgestellt werden. Voraussetzung ist, dass bereits zuvor aufgrund derselben Erkrankung eine unmittelbare persönliche Untersuchung durch die Ärztin oder den Arzt erfolgt ist. Die Verordnung kann dann postalisch an die Versicherte oder den Versicherten übermittelt werden. Dies gilt im Bereich der Heilmittel auch für Folgeverordnungen von Zahnärztinnen und Zahnärzten. Ebenso sind weiterhin Verordnungen von Krankentransporten und Krankenfahrten aufgrund telefonischer Anamnese möglich.
  • Videobehandlung: Eine Behandlung kann weiterhin auch per Video stattfinden, wenn dies aus therapeutischer Sicht möglich und die Patientin oder der Patient damit einverstanden ist. Diese Regelung gilt für eine Vielzahl von Heilmitteln, die von Vertrags(zahn)ärztinnen und -ärzten verordnet werden können. Auch Soziotherapie und psychiatrische häusliche Krankenpflege können mit Einwilligung der Patientin oder des Patienten per Video erbracht werden.

Die Beschlüsse treten zum 1. Oktober 2021 in Kraft.

AU-Bescheinigung – mindestens telefonischer Kontakt

Während der Geltungsdauer der Sonderregelungen entstanden Online-Dienste, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ohne Arztgespräch, sozusagen per Klick, verkauften. Dem wurde durch Urteil des Arbeitsgerichts Berlin nun ein Riegel vorgeschoben. In dem verhandelten Fall hatte ein Berliner über die Webseite einer Hamburger Gynäkolgin eine AU-Bescheinigung erhalten. Ein Kontakt oder ein Gespräch mit der Ärztin fand nicht statt. Auch nicht telefonisch.

Ärzte müssen sich eine persönliche Überzeugung schaffen

Ärzte hätten aber die Pflicht, sich eine eigene persönliche Überzeugung zu verschaffen, indem sie den Patienten eingehend telefonisch befragen. Mit der telefonischen Anamnese minimiere sich das Risiko in einer Ausnahmesituation während der Pandemie. Aber selbst da werde ein persönlicher Kontakt erforderlich gehalten. Dieser dürfe nicht geringer sein, als wenigstens ein Telefonat. 

Das Gericht sprach den vom Kläger vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen deshalb keinen Beweiswert zu. Entgeltfortzahlung stünde ihm deshalb nicht zu.

Quellen: G-BA, DGB-Rechtsschutz

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Gewaltschutzstrukturen in Einrichtungen

Menschen mit Behinderungen sind einem besonders hohen Risiko ausgesetzt, Gewalt in verschiedenen Lebensbereichen zu erfahren. Gleichzeitig sind sie im Hinblick auf den Schutz vor Gewalt, vor allem, wenn sie in Einrichtungen leben und arbeiten, strukturell und rechtlich in einer besonders schwierigen Lage. Aus diesem Grund hat das Institut für empirische Soziologie im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales eine Studie zu Gewaltschutzstrukturen für Menschen mit Behinderungen in Deutschland durchgeführt.

Interviews mit Betroffenen und Expert*innen

Anhand von 52 Einzel- und neun Gruppenin­terviews in Einrichtungen der Behindertenhilfe sowie 22 Interviews mit Expertinnen und Experten wurde zunächst eine Ist-Situationsanalyse erstellt, die die juristischen und struk­turellen Rahmenbedingungen im Gewaltschutz systematisch darstellt, sowie die konkrete Situation in den Einrichtungen aus der Perspektive der Betroffenen und Handelnden be­leuchtet. Daraus konnten Verbesserungsmöglichkeiten und zentral zu bearbeitende Hand­lungsfelder im Gewaltschutz sowie Handlungsempfehlungen abgeleitet werden.

Bestandsaufnahme

Der Abschlussbericht enthält eine Bestandsaufnahme der aktuellen Gewaltschutzsituation in Wohnrichtungen und Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation, identifiziert Handlungsfelder sowie Lücken im Gewaltschutz und gibt zwölf Handlungsempfehlungen für eine wirksame und Ebenen übergreifende Gewaltschutzstrategie für Menschen mit Behinderungen.

Problemfelder

Auch wenn die Studienergebnisse auf Fortschritte und Beispiele guter Praxis im Gewalt­schutz für Menschen mit Behinderungen in Wohnheimen und Werkstätten verweisen, wurden bestehende Problemfelder und Lücken im Gewaltschutz identifiziert. Als Grund hierfür werden unter anderem der Personalmangel, das eingeschränkte Mitbestimmungs­recht der Bewohnerinnen und Bewohner, die marginale Kooperation und Vernetzung mit externen Unterstützungsstrukturen sowie die zum Teil schwache Position von Selbstver­tretungsstrukturen, wie der Frauenbeauftragten in den Werkstätten, benannt.

Angebote oft schwer erreichbar

Die vorhandenen Unterstützungsstrukturen und Angebote sind für Menschen mit Behinderungen häufig nicht barrierefrei erreichbar und nutzbar. Vor allem für Bewohnerinnen und Bewohner stationärer Wohneinrichtungen ist die Suche nach Unterstützung oftmals sehr herausfordernd.

Verbesserungsvorschläge

Aus den Erkenntnissen der empirischen Studie wurden Verbesserungsvorschläge abgeleitet, die abschließend in zentrale Handlungsempfehlungen münden. Die Auseinandersetzung mit Gewalt und Gewaltschutz hat in den letzten Jahren zunehmend Einzug in die soziale Arbeit erhalten. Mit Blick auf die in der Studie ermittelten Verbesserungsbedarfe bleibt eine kontinuierliche Weiterentwicklung und Evaluation der vorhandenen Schutz- und Unterstützungsstrukturen für von Gewalt betroffene Menschen mit Beeinträchtigungen auch zukünftig unabdingbar.

wissenschaftli­che Grundlage

Die Studienergebnisse und Handlungsempfehlungen bilden erstmalig eine wissenschaftli­che Grundlage für die Erstellung einer umfassenden und wirksamen Gewaltschutzstrate­gie.

Quelle: BMAS, Institut für empirische Soziologie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

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Impfpflicht durch die Hintertür?

Das Infektionsschutzgesetz (IfSG) gewährt in § 56 Absatz 1 Personen eine finanzielle Entschädigungsleistung, denen von der zuständigen Behörde die Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise untersagt bzw. eine Absonderung angeordnet wurde. Ausdrücklich sieht das IfSG von der Gewährung einer Entschädigungsleistung ab, wenn das Tätigkeitsverbot oder die Quarantäneanordnung durch Inanspruchnahme einer öffentlich empfohlenen Schutzimpfung oder anderen Maßnahme der spezifischen Prophylaxe hätte vermieden werden können.

Ergebnis des Masernschutzgesetz

Dieser Passus, Satz 4 des § 56 Absatz 1, wurde mit dem Masernschutzgesetz am 10.2.2020 in das Infektionsschutzgesetz eingefügt. Es ging dabei offensichtlich – auch wenn der Satz allgemein formuliert ist und eine spezielle Krankheit nicht erwähnt wird – um die Masernimpflicht für Personen, die beispielsweise in Kindertagseinrichtungen und Schulen tätig sind. Ihnen kann die Tätigkeit untersagt werden, wenn sie ohne triftige Gründe keinen Masernimpfschutz nachweisen können. Der eingefügte Satz bedeutet, dass jemand, der seine Quarantäne quasi durch seine Nicht-Impfung selber verursacht hat, dann auch keine Entschädigung verlangen kann.

Ausweitung auf COVID-19

Die Gesundheitsministerkonferenz (GMK) hat nun die Anwendung dieser Regelung auf die Covid19-Schutzimpfung ausgeweitet.

In dem Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz wird dies damit begründet, dass mittlerweile ausreichende Mengen Impfstoff zur Verfügung stünden, um allen Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland eine Impfung gegen COVID-19 anbieten zu können. Impfwillige Personen könnten flächendeckend, niedrigschwellig und ohne Wartezeiten eine Impfung gegen COVID-19 erhalten. Personen, für die eine allgemeine Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission vorliege, erhielten nach dem IfSG als Kontaktpersonen oder Reiserückkehrer aus Risikogebieten aufgrund der flächendeckenden Verfügbarkeit von Impfangeboten zukünftig keine Entschädigung auf Kosten der Allgemeinheit, wenn im Falle eines Tätigkeitsverbots bzw. einer Quarantäneanordnung kein vollständiger Impfschutz vorliege. Personen mit vollständigem Impfschutz unterliegen im Übrigen grundsätzlich keiner Quarantänepflicht mehr.

Beschluss der GMK

Der Beschluss lautet daher:

1. Die Länder werden spätestens ab dem 1. November 2021 denjenigen Personen keine Entschädigungsleistungen gemäß § 56 Absatz 1 IfSG mehr gewähren, die als Kontaktpersonen oder als Reiserückkehrer aus einem Risikogebiet bei einem wegen COVID-19 behördlich angeordneten Tätigkeitsverbot oder behördlich angeordneter Absonderung keine vollständigen Impfschutz mit einem auf der Internetseite des Paul-Ehrlich-Instituts (www.pei.de/impfstoffe/covid-19) gelisteten Impfstoff gegen COVID-19 vor-weisen können, obwohl für sie eine öffentliche Empfehlung für eine Schutzimpfung nach § 20 Absatz 3 IfSG vorliegt.

2. Die Entschädigungsleistung gemäß § 56 Abs. 1 IfSG wird weiterhin Personen gewährt, für die in einem Zeitraum von bis zu acht Wochen vor der Absonderungsanordnung oder des Tätigkeitsverbots keine öffentliche Empfehlung für eine Impfung gegen COVID-19 vorlag. Gleiches gilt, sofern eine medizinische Kontraindikation hinsichtlich der COVID-19-Schutzimpfung durch ärztliches Attest bestätigt wird.

Kritik

Kritisiert wird der Beschluss von den Gewerkschaften und vom VDK. Damit würde Druck auf Ungeimpfte weiter erhöht. Die Verantwortung für den Kampf gegen die Pandemie bei den Beschäftigten abgeladen. Außerdem bedeute die Neuregelung auch, dass Beschäftigte dem Arbeitgeber ihren Impfstatus offenlegen müssten. Die VdK-Präsidentin Verena Bentele sagte, es gebe immer noch etliche Menschen, die noch nicht über ein Attest bei einer chronischen Erkrankung verfügten, weil es noch keine ausreichende Studienlage gebe. Gerade für die Menschen, die deswegen Sorge hätten, sich impfen zu lassen und kein Attest bekämen, wäre die Existenzgefährdung sehr hart.

Versteckte Pandemie

Auch wurde die Befürchtung geäußert, dass unter Umständen Menschen dann nicht mehr angäben, wenn sie ein positives Testergebnis hätten, sich nicht mehr in Quarantäne begäben und damit wieder zur Gefahr für andere würden. So drohe eine versteckte Pandemie. Notwendiger erster Schritt wäre gewesen, dass am Arbeitsplatz konsequenter getestet werde und 3G-Regeln am Arbeitsplatz eingeführt würden. Bei einer anhaltend niedrigen Impfquote müsse eher an eine Impfpflicht für einzelne Berufsgruppe gedacht werden.

Quellen: Gesundheitministerkonferenz, Tagesschau

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Alle fürs Klima

Vor zwei Jahren standen hier zwei Artikel zum Thema Klimawandel und die Gefahren, die gerade Kindern durch den weltweiten Temperaturanstieg droht. Anlass war der weltweite Klimastreik am 20.9.2019.

Vom Verfassungsgericht kassiert

Kurz danach legte die Bundesregierung ein völlig unzureichendes Klimaschutzgesetz auf, dass im Jahr darauf vom Bundesverfassungsgericht kassiert wurde. Auch in der Begründung zu diesem Urteil lag der Augenmerk auf die massiven Bedrohungen für die jetzige junge Generation, vor allem der drohenden Einschränkungen der Freiheitsrechte, wenn erst nach 2030 begonnen wird, massiv den Klimawandel zu bekämpfen und bis dahin nur ein moderater Politikwechsel stattfindet.

Je moderater die Veränderung, desto radikaler die Katastrophe

Denn an einem radikalen Politikwechsel wird kein Weg vorbeiführen. Tatsache ist, je später man mit der wirklichen Bekämpfung der Erderhitzuung beginnt, desto teurer wird es, desto mehr Menschenleben wird es kosten und desto radikaler muss nach 2030 nachgebessert werden. Sinn macht nur, jetzt sofort mit einem massiven Poltikwechsel zu beginnen, damit die Kosten noch begrenzt werden können und der vielbeschworene „Wohlstand“ noch einigermaßen erhalten werden kann.

Politik versagt weltweit

Leider gibt es noch von keiner Regierung auf der Welt konkrete Pläne, um die von allen beschlossenen Pariser Klimaziele einzuhalten. Auch keine der bundesdeutschen Parteien hat für die kommende Bundestagswahl ein Programm vorgelegt, dass geeignet wäre, das 1,5 Grad Ziel einzuhalten. Selbst die Grünen und Linken würden das Ziel mit ihren Programmen verfehlen, auch wenn sie gegenüber den anderen Parteien noch um einiges besser dastehen.

Diagramm der Klimawirksamkeit der Parteiprogramme
DIW ECON

Die Grafik stammt aus der Studie „Wie viel Klimaneutralität steckt in den Wahlprogrammen?“ des DIW ECON, erstellt für die Stiftung Klimaneutralität.

Hoffnung durch Gerichte, durch Proteste…

Hoffnungschimmer gibt es zur Zeit nur von Gerichten, die auch in anderen Ländern Urteile gefällt haben, die Regierungen zu mehr Klimaschutz verpflichten. Und es gibt die Hoffnung, dass massiver Druck durch die Bevölkerung, vor allem der jungen Generation, die um eine lebenswerte Zukunft kämpft, auf den Strassen die Politik zur Besinnung bringt. Deswegen soll auch hier dazu aufgerufen werden, den globalen Klimastreik am 24.9.2021 zu unterstützen. Durch Teilnahme und/oder durch Spenden. Mit aufgerufen zum Klimastreik haben die Gewerkschaften und viele Sozialverbände. Alles zum Klimastreik und zu Mitmachmöglichkeiten und vieles mehr auf der Webseite von Fridays for Future.

…und durch die Wissenschaft

Auch die Wissenschaft steht hinter den Forderungen der FFF-Bewegung. Unabhängige Institute, wie DIW oder das Wuppertal-Institut haben gezeigt, wie ein sozialverträglicher Umstieg noch zu schaffen ist:

Quellen: Stiftung Klimaneutralität, Agora Energiewende, Fraunhofer-Institut, DIW, Wuppertal-Institut, DIW-Econ, Fridays For Future

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Assistenz im Krankenhaus

In der letzten großen Änderung des SGB V, „Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung – GVWG“ noch ausgespart, soll die Assistenz von hilfebedürftigen Menschen im Krankenhaus nun doch noch vor dem Ende der Legislaturperiode geregelt werden.

Regelung der Kostenübernahme

Als Teil des „Gesetz zum Erlass eines Tierarzneimittelgesetzes und zur Anpassung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften“ hat der Bundesrat in seiner letzten Sitzung vor der Bundestagswahl einen neuen Paragfaphen 44b in das SGB V eingefügt, der die Kostenübernahme für die Assistenz im Krankenhaus regeln soll.

Bei Angehörigen: Krankenkasse

Das bedeutet, dass die gesetzliche Krankenversicherung in der Kostenverantwortung steht, wenn Menschen mit Behinderung bei einer stationären Krankenhausbehandlung von ihren nahen Angehörigen oder Bezugspersonen aus dem engsten persönlichen Umfeld begleitet werden.

Die begleitende Person hat unter den in § 44b Absatz 1 SGB V genannten Voraussetzungen Anspruch auf Krankengeld. Der Anspruch besteht für den Zeitraum der Mitaufnahme ins Krankenhaus. Auch für eine ganztägige Begleitung ins Krankenhaus wird Krankengeld gezahlt.

Der Gemeinsame Bundesausschuss soll im Rahmen einer Richtlinie bestimmen, für welchen Personenkreis eine Begleitung in diesem Sinne notwendig ist (§ 44b Absatz 2 SGB V). 

Bei professioneller Begleitung: Eingliederungshilfeträger

Werden Menschen von einer vertrauten Bezugsperson begleitet, die sie im Alltag bereits als Mitarbeiter*in eines Leistungserbringers der Eingliederungshilfe unterstützt, sollen die Kosten für die Begleitung hingegen von den Trägern der Eingliederungshilfe übernommen werden. Geregelt wird dies in § 113 Absatz 6 SGB IX. Im Gesamtplan ist festzustellen, ob im Fall einer Krankenhausbehandlung eine Begleitung ins Krankenhaus erforderlich ist (§ 121 Absatz 4 Nr. 7 SGB IX). 

Medizinische Notwendigkeit

Voraussetzung für den Anspruch auf Krankengeld der Begleitperson ist zunächst, dass die Begleitung aus medizinischen Gründen notwendig ist. Die begleiteten Personen müssen die Voraussetzungen des § 2 Abs.1 SGB IX erfüllen, also behinderte Menschen sein, die Leistungen der Eingliederungshilfe beziehen.

Die medizinischen Gründe ergeben sich aus den Erfordernissen, die in der Person der oder des behandlungspflichtigen Patientin oder Patienten begründet sind und können insbesondere vorliegen, wenn das Erreichen des Behandlungszieles von der Anwesenheit der Begleitperson abhängt. Hierbei kommt es auf die aufgrund der Behinderung bestehenden besonderen Bedürfnisse an, und es sind behinderungsspezifische Maßstäbe anzulegen, beispielsweise in Form von Unterstützung bei der Verständigung oder im Umgang mit Belastungssituationen. Eine Mitaufnahme einer Begleitperson kann aus medizinischen Gründen zum Beispiel erforderlich sein, sofern die Begleitperson in das therapeutische Konzept eingebunden werden soll bzw. in bestimmte, nach der stationären Behandlung weiterhin notwendige Übungen einzuweisen ist, ohne die eine vom Versicherungsträger geschuldete Leistung nicht erbracht werden könnte.

Wer sind die Begleitenden?

Der Anspruch besteht, sofern es sich bei der Begleitperson um einen Angehörigen oder eine Person aus dem engsten persönlichen Umfeld der stationär behandelten Person handelt. Nahe Angehörige im Sinne des § 7 Absatz 3 des Pflegezeitgesetzes sind unter anderem Großeltern, Eltern, Schwiegereltern, Stiefeltern, Ehegatten, Lebenspartner, Partner einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft, Geschwister, Ehegatten der Geschwister und Geschwister der Ehegatten, Lebenspartner der Geschwister und Geschwister der Lebenspartner. Der Anspruch besteht auch, wenn zwischen der Begleitperson und der stationär behandelten Person die gleiche persönliche Bindung wie bei einem nahen Angehörigen besteht. Vom Anspruch ausgeschlossen ist eine Begleitperson, die gegen Entgelt gegenüber der stationär zu behandelnden Person Leistungen der Eingliederungshilfe erbringt, da insoweit die Entlohnung der Begleitperson nach den Regelungen des Neunten Buches sichergestellt ist.

In Kraft treten

Die Neuregelung tritt allerdings erst in gut einem Jahr, also im Herbst 2022 in Kraft. Der Gesetzgeber wollte damit sicherstellen, dass der Gemeinsame Bundesausschuss rechtzeitig vor Geltung des neuen Anspruchs die in § 44b Absatz 2 SGB V vorgesehene Richtlinie erlässt.

Quelle: Bundesrat, Lebenshilfe, FOKUS-Sozialrecht

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Kurzarbeit – Verlängerung der Corona-Regeln

Der erleichterte Zugang zur Kurzarbeit ist bis Ende des Jahres verlängert worden. Das Kabinett stimmte einer Verordnung von Arbeitsminister Heil zu.

Stabilisierung des Arbeitsmarkts

Um sicher zu stellen, dass auch im vierten Quartal Beschäftigungsverhältnisse stabilisiert sowie Arbeitslosigkeit und ggf. Insolvenzen vermieden werden können, werden mit dieser Verordnung die bis zum Ende dieses Jahres geltenden Sonderregelungen beim Kurzarbeitergeld allen Betrieben zugänglich gemacht, unabhängig davon, wann sie die Kurzarbeit in ihrem Betrieb einführen. Die geltende Stichtagsregelung zum 30. September 2021 für die Einführung der Kurzarbeit wird damit aufgegeben. Die volle Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge wird bis Ende des Jahres 2021 ermöglicht.

Verlängerung der Zugangserleichterungen

Damit werden die bis zum 31. Dezember 2021 geltenden Zugangserleichterungen für das Kurzarbeitergeld, nach denen statt mindestens einem Drittel nur mindestens zehn Prozent der Beschäftigten von einem Entgeltausfall betroffen sein müssen und auf den Aufbau negativer Arbeitszeitsalden vor Gewährung des Kurzarbeitergeldes verzichtet wird, auch den Betrieben eingeräumt, die nach dem 30. September 2021 Kurzarbeit eingeführt haben. Ab dem 1. Januar 2022 gelten die erleichterten Zugangsvoraussetzungen nicht mehr.

Höhe des Kurzarbeitergeldes

Die Regelung zur Erhöhung des Kurzarbeitergeldes ab dem 4. Monat des Bezugs auf 70 Prozent (bzw. 77 Prozent für Haushalte mit Kindern) und ab dem 7. Monat des Bezuges auf 80 Prozent (bzw. 87 Prozent für Haushalte mit Kindern) des pauschalierten Netto-Entgelts für Beschäftigte, die von Kurzarbeit betroffen sind, wurde schon Ende 2020 bis zu 31.12.2021 verlängert.

Quellen: BMAS, FOKUS-Sozialrecht

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SGB VIII – Besteuerung von Einnahmen

Das Bundesministerium der Finanzen hat am 31.8.2021 ein Schreiben zur einkommensrechtlichen Behandlung der Geldleistungen für Kinder in Vollzeitpflege und anderen Betreuungsverhältnissen veröffentlicht. Es geht im Wesentlichen darum, ob bei den jeweiligen Betreuungsleistungen der § 3 Nr.11 Einkommenssteuergesetz gilt, wonach „Bezüge aus öffentlichen Mitteln oder aus Mitteln einer öffentlichen Stiftung, die wegen Hilfsbedürftigkeit oder als Beihilfe zu dem Zweck bewilligt werden, die Erziehung oder Ausbildung, die Wissenschaft oder Kunst unmittelbar zu fördern“ steuerfrei sind.

Mit dem Schreiben des Finanzministeriums gelten nun

  • für Kinder in Vollzeitpflege,
  • für die Erziehung in einer Tagesgruppe,
  • für die Heimerziehung/ Erziehung in sonstiger betreuter Wohnform und
  • für die intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung

folgende Regelungen:

Vollzeitpflege (§ 33 SGB VIII)

Die Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII dient dazu, einem Kind zeitlich befristet oder dauerhaft im Haushalt der Pflegeeltern ein neues Zuhause zu bieten. Im Rahmen der Vollzeitpflege wird Pflegegeld ausgezahlt, welches die materiellen Aufwendungen und die Kosten der Erziehung abdeckt. Zusätzlich werden anlassbezogene Beihilfen und Zuschüsse geleistet.

keine Erwerbstätigkeit

Sowohl das Pflegegeld als auch die anlassbezogenen Beihilfen und Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln sind steuerfrei, sofern eine Erwerbstätigkeit nicht vorliegt. Bei einer Betreuung von bis zu sechs Kindern ist ohne weitere Prüfung davon auszugehen, dass die Pflege nicht erwerbsmäßig betrieben wird.

Erwerbstätigkeit

Werden mehr als sechs Kinder gleichzeitig im Haushalt aufgenommen, wird eine Erwerbstätigkeit vermutet, damit wäre das Pflegegeld nicht steuerfrei.

Erziehung in einer Tagesgruppe (§ 32 SGB VIII)

Die Hilfe zur Erziehung in einer Tagesgruppe soll die Entwicklung des Kindes oder Jugendlichen durch soziales Lernen in der Gruppe, Begleitung der schulischen Förderung und Elternarbeit unterstützen und dadurch den Verbleib des Kindes oder des Jugendlichen in seiner Familie sichern.

institutionelle Tagesgruppe

Die Hilfe zur Erziehung in einer Tagesgruppe wird durch angestellte Fachkräfte geleistet. Die Einnahmen sind nicht steuerfrei.

in geeigneten Formen der Familienpflege

Wird die Hilfe zur Erziehung in geeigneten Formen der Familienpflege erbracht und mit Geldleistungen der Jugendämter finanziert, handelt es sich um Beihilfen, die unmittelbar die Erziehung fördern und aus öffentlichen Mitteln geleistet werden. Sie sind daher für die Pflegeperson steuerfrei.

Heimerziehung/Erziehung in sonstiger betreuter Wohnform (§ 34 SGB VIII)

Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder in einer sonstigen betreuten Wohnform soll Kinder und Jugendliche durch eine Verbindung von Alltagserleben mit pädagogischen und therapeutischen Angeboten in ihrer Entwicklung fördern. Das langfristige Ziel dieser Form der Pflege ist – entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie -, eine Rückkehr in diese Familie zu erreichen oder – falls dies nicht möglich ist – die Erziehung in einer anderen Familie vorzubereiten oder durch eine auf längere Zeit angelegte Lebensform auf ein selbständiges Leben vorzubereiten. Zur Heimerziehung und sonstigen betreuten Wohnform können u. a. heilpädagogische oder therapeutische Heime, Kinderdörfer, Kinderhäuser zählen.

regelmäßig erwerbstätig

Diese Form der Erziehungshilfe in diesen Einrichtungen wird regelmäßig erwerbsmäßig ausgeübt und stellt daher eine berufliche Tätigkeit dar. Die hierfür gezahlten Gelder sind deshalb steuerpflichtig.

Betriebseinnahmen bei Freiberuflichen

Ist die Betreuungsperson freiberuflich tätig, sind die Zahlungen für die Bestreitung der Sach- und Unterhaltsaufwendungen des Kindes als Betriebseinnahmen zu behandeln.

Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung (§ 35 SGB VIII)

Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung soll Jugendlichen gewährt werden, die einer intensiven Unterstützung zur sozialen Integration und zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung bedürfen. Die Hilfe ist in der Regel auf längere Zeit angelegt und soll den individuellen Bedürfnissen des Jugendlichen Rechnung tragen.

bei nur einem Kind/Jugendlichen, unbefristet

Leistungen, die aus öffentlichen Mitteln der Jugendhilfe für eine intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung verhaltensauffälliger Kinder bzw. Jugendlicher erbracht werden, sind als steuerfreie Bezüge zu behandeln, wenn jeweils nur ein Kind bzw. ein Jugendlicher zeitlich unbefristet in den Haushalt des Betreuers aufgenommen und dort umfassend betreut wird.

mehrere Betreute, zeitlich befristet

Die Annahme einer steuerpflichtigen erwerbsmäßigen Betreuung ist dagegen gerechtfertigt, wenn die Umstände des Pflegeverhältnisses für den Vergütungscharakter der gezahlten Gelder sprechen (Anzahl der betreuten Kinder, kurzfristige Betreuung) -> nicht steuerfrei.

Leistungen des Jugendamtes nach § 39 SGB VIII über einen zwischengeschalteten Träger der freien Jugendhilfe

Auch dies steht der Einstufung als steuerfreie Beihilfen grundsätzlich nicht entgegen. Voraussetzung ist, dass der Finanzbedarf für die zur Betreuung erforderlichen Leistungen in den Haushaltsplänen des Trägers des zuständigen Jugendamts festgestellt wird und die Verwendung der Mittel der Rechnungskontrolle durch die Jugendhilfebehörde unterliegt.

Vorgaben ab 2022

Ab dem 1.1.2022 werden Pflegegelder eines freien Trägers der Jugendhilfe nur noch dann anerkannt, wenn anhand geeigneter Unterlagen dokumentiert ist, dass die folgenden Vorgaben erfüllt sind:

  • Das zuständige Jugendamt weiß, ob und in welcher Höhe der freie Träger einen Eigenanteil einbehält, und billigt dies.
  • Dem zuständigen Jugendamt steht gegen den freien Träger ein gesetzlicher oder vertraglicher Anspruch zu, aufgrund dessen es eine Rechnungslegung über die Mittelverwendung und die Vorlage geeigneter Nachweise verlangen kann.

Noch bis Ende des Jahres kein Nachweis

Es wird eine Übergangsfrist bis zum 31.12.2021 gewährt, wonach für Pflegegelder eines freien Trägers der Jugendhilfe die Kriterien als erfüllt gelten.

Quellen: Bundesfinanzministerium, Paritätischer

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Rechengrößen 2022

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales legt den Referentenentwurf zur Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2022 vor:

Die Rechengrößen werden jedes Jahr gemäß der Einkommensentwicklung angepasst. Maßgebend für 2022 ist das Jahr 2020. Bei der Ermittlung der jeweiligen Einkommensentwicklung zählen die Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer. Diesmal war ein Rückgang zu verzeichen, so dass die Rechengrößen im Jahr 2022 teilweise leicht niedriger ausfallen als letztes Jahr oder gleich bleiben. So gab es 2020 einen Rückgang bei den Bruttolöhnen

  • im Bundesgebiet um 0,15 Prozent,
  • in den alten Bundesländern um 0,34 Prozent und
  • in den neuen Ländern wird zur Berechnung das Ergebnis für 2021 für die alten Bundesländer durch Wert der Anlage 10 zum SGB VI für 2022 (1,0420) geteilt.

Die Bezugsgröße, die für viele Werte in der Sozialversicherung Bedeutung hat (unter anderem für die Festsetzung der Mindestbeitragsbemessungsgrundlagen für freiwillige Mitglieder in der gesetzlichen Krankenversicherung und für die Beitragsberechnung von versicherungspflichtigen Selbständigen in der gesetzlichen Rentenversicherung), ändert sich im Westen nicht und steigt leicht im Osten.

  • im Westen 3.290 Euro/Monat (2021: 3.290 Euro/Monat),
  • im Osten 3.150 Euro/Monat (2021: 3.115 Euro/Monat).

Die bundesweit einheitliche Versicherungspflichtgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung (Jahresarbeitsentgeltgrenze) bleibt bei 64.350 Euro.

Die ebenfalls bundesweit einheitliche Beitragsbemessungsgrenze für das Jahr 2022 in der gesetzlichen Krankenversicherung bleibt bei 58.050 Euro jährlich (2021: 58.050 Euro) bzw. 4. 837,50 Euro monatlich.

Die Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung sinkt im Westen und steigt im Osten

  • im Westen auf 7.050 Euro/Monat (2021: 7.100 Euro/Monat) und
  • im Osten auf 6.750 Euro/Monat (2021: 6.700 Euro/Monat).

Zusammengefasst ergeben sich nach dem Referentenentwurf folgende Werte:

WestOst
MonatJahrMonatJahr
Beitragsbemessungsgrenze: allgemeine Rentenversicherung7.050€84.600€6.750€81.000€
Beitragsbemessungsgrenze: knappschaftliche Rentenversicherung8.650€103.800€8.350€100.200€
Beitragsbemessungsgrenze: Arbeitslosenversicherung7.050€84.600€6.750€81.000€
Versicherungspflichtgrenze: Kranken- u. Pflegeversicherung5.362,50€64.350€5.362,50€64.350€
Beitragsbemessungsgrenze: Kranken- u. Pflegeversicherung4.837,50€58.050€4.837,50€58.050€
Bezugsgröße in der Sozialversicherung3.290€*39.480€*3.150€37.800€
vorläufiges Durchschnittsentgelt/Jahr in der Rentenversicherung für 2022
38.901€
* In der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung gilt dieser Wert bundeseinheitlich.

Bevor die Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2022 im Bundesgesetzblatt verkündet wird, muss sie von der Bundesregierung beschlossen werden und der Bundesrat muss anschließend zugestimmt haben.

Quelle: BMAS

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Entlohnung in der WfbM

Eines der Wahlkampfthemen ist eine Erhöhung des Mindestlohns. In diesem Zusammenhang taucht auch die Frage auf, ob nicht auch Beschäftigte in den Werkstätten für Menschen mit Behinderung Anspruch auf Zahlung des Mindestlohs haben.

Behindertenrechtskonvention

Beschäftigte in den Werkstätten verdienen oft nur 180 bis 230 Euro im Monat. Das ist aber nicht der einzige Kritikpunkt an den Werkstätten. Ausgehend von der UN-Behindertenrechtskonvention, die auch Deutschland unterzeichnet hat, bemängeln sie, dass Behindertenwerkstätten im Widerspruch zu dem in der UN-BRK garantierten Recht auf Arbeit stünden. Die alternativlose Arbeit in WfbM sei meist nicht frei gewählt und die Beschäftigten könnten ihren Lebensunterhalt damit nicht bestreiten. Sie seien auf staatliche Unterstützung angewiesen. Im Jahr 2015 empfahl daher der Fachausschuss der Vereinten Nationen für die Rechte von Menschen mit Behinderungen, die Werkstätten in der Bundesrepublik schrittweise abzuschaffen.

Artikel 27

Artikel 27 Absatz 1 der UN-BRK lautet: „Die Vertragsstaaten anerkennen das gleiche Recht von Menschen mit Behinderungen auf Arbeit; dies beinhaltet das Recht auf die Möglichkeit, den Lebensunterhalt durch Arbeit zu verdienen, die in einem offenen, integrativen und für Menschen mit Behinderungen zugänglichen Arbeitsmarkt und Arbeitsumfeld frei gewählt oder angenommen wird.

Nicht vergleichbar

Befürworter der WfbM führen dagegen an, dass ein Vergleich zwischen Werkstattbeschäftigten und Arbeitnehmern aus dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht zielführend sei. Man müsse die Komplexität des Systems verstehen und dürfe das Bild nicht verzerren. Werkstätten würden aber nicht dem Mindestlohngesetz unterliegen, weil deren Beschäftigte keine Arbeitnehmer seien. Das Arbeitsentgelt „besteht aus einem Grundbetrag in Höhe eines Ausbildungsgeldes, das die Bundesagentur für Arbeit leistet, und einem leistungsangemessenem Steigerungsbetrag. Hinzu kommt ein öffentlich finanziertes Arbeitsförderungsgeld.

Unterstützungsangebote

In einer Behindertenwerkstatt stehe nicht die reine Erwerbsarbeit im Vordergrund. Sie biete zusätzlich pflegerische Unterstützung, Ergo- und Physiotherapie, Logopädie sowie Angebote aus dem Sport- und Kulturbereich – auch während der Arbeitszeit.

Außerdem sei der allgemeine Arbeitsmarkt in seiner jetzigen Form sei nicht in der Lage, alle Menschen mit Behinderungen aufzunehmen. 

Rechtslage

Laut § 221 SGB IX stehen Menschen mit Behinderung im Arbeitsbereich anerkannter Werkstätten  in einem „arbeitnehmerähnlichen“ Rechtsverhältnis.

Das arbeitnehmerähnliche Rechtsverhältnis bedeutet, dass arbeitsrechtliche und arbeitsschutzrechtliche Grundsätze angewandt werden müssen, insbesondere arbeitsrechtliche Grundsätze und Vorschriften über:

  • Arbeitszeit,
  • Urlaub,
  • Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und an Feiertagen,
  • Erziehungsurlaub (Elternzeit) und Mutterschutz,
  • Persönlichkeitsschutz und
  • Haftungsbeschränkung.

Der Inhalt des arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnisses wird unter Berücksichtigung des zwischen den Menschen mit Behinderung und dem Rehabilitationsträger bestehenden Sozialleistungsverhältnisses durch Werkstattverträge zwischen den Menschen mit Behinderung und dem Träger der Werkstatt näher geregelt.

Arbeitsentgelt

Die Werkstätten zahlen aus ihrem Arbeitsergebnis an die im Arbeitsbereich beschäftigten Menschen mit Behinderung ein Arbeitsentgelt, das sich aus einem Grundbetrag in Höhe des Ausbildungsgeldes, das die Bundesagentur für Arbeit nach den für sie geltenden Vorschriften Menschen mit Behinderung im Berufsbildungsbereich leistet, und einem leistungsangemessenen Steigerungsbetrag zusammensetzt. Der Steigerungsbetrag bemisst sich nach der individuellen Arbeitsleistung der Menschen mit Behinderung, insbesondere unter Berücksichtigung von Arbeitsmenge und Arbeitsgüte.

Die an Maßnahmen im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich teilnehmenden behinderten Menschen erhalten Lohnersatzleistungen von den zuständigen Rehabilitationsträgern, soweit die Bundesagentur für Arbeit zuständig ist, i. d. R. Ausbildungsgeld 

Arbeitergebnis

Bei der Ermittlung des Arbeitsergebnisses der Werkstatt nach § 12 Absatz 4 der Werkstättenverordnung werden die Auswirkungen der Vergütungen auf die Höhe des Arbeitsergebnisses dargestellt. Das Arbeitsergebnis der Werkstatt darf nicht zur Minderung der Vergütungen nach Absatz 3 verwendet werden. Verluste aus den Vergütungsvereinbarung (können beispielsweise entstehen, wenn etwa tarifliche Erhöhungen im Vereinbarungszeitraum höher ausfallen als in der Vergütungsvereinbarung prognostiziert) dürfen nicht aus dem Arbeitsergebnis gedeckt werden. Erzielte Überschüsse aus den Vergütungsvereinbarungen fließen dagegen in das Arbeitsergebnis ein und müssen in dem in § 12 Abs. 5 Werkstättenverordnung (WVO) vorgeschriebenen Umfang auch für die Entlohnung der behinderten Menschen verwendet werden. Das bedeutet, dass das Arbeitsentgelt zwar angehoben werden darf, aber es darf nicht gekürzt werden.

Grundbetrag

Die Zahlung eines Grundbetrages in Höhe des Ausbildungsgeldes stellt sicher, dass die im Arbeitsbereich beschäftigten behinderten Menschen kein geringeres Arbeitsentgelt erhalten als den Betrag, den die überwiegende Zahl der behinderten Menschen in der Zeit der Maßnahme im Berufsbildungsbereich zuletzt erhalten hat.

Das Ausbildungsgeld nach § 125 SGB III wurde zum 1.8.2019 auf 117 EUR und zum 1.8.2020 auf 119 EUR monatlich erhöht.

Um eine finanzielle Überforderung der Werkstätten zu vermeiden wurde mit § 241 Abs. 9 SGB IX eine Übergangslösung geschaffen, durch die der Grundbetrag erst zum 1.1.2023 wieder die gleiche Höhe wie das Ausbildungsgeld erreicht.

Grundbetrag abHöhe mindestens
1. August 201980 EUR
1. Januar 202089 EUR
1. Januar 202199 EUR
1. Januar 2022109 EUR
1. Januar 2023119 EUR

Je nach wirtschaftlicher Situation der Werkstätten kann die Erhöhung des Grundbetrags dazu führen, dass der Steigerungsbetrag für leitungsstärkere Menschen in den Werkstätten geringer ausfällt.

Arbeitsgericht zum Mindestlohn

Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 19.6.2015: „Der gesetzliche Mindestlohn soll Arbeitnehmer vor Niedriglöhnen schützen und existenzsichernde Arbeitsentgelte sichern. Das setzt allerdings reguläre Austauschverhältnisse zwischen Arbeitsleistung und Entgelt voraus und umfasst nicht sozialstaatliche und sozialversicherungsrechtliche Aufgaben zur Teilhabe von schwerbehinderten Menschen am Arbeitsleben. Da für ein Werkstattverhältnis die soziale Betreuung und Anleitung von entscheidender Bedeutung ist, muss dieser Aspekt der angemessenen Vergütung für schwerbehinderte Menschen in Werkstätten berücksichtigt werden. Hierfür sind die Regeln für eine zweipolige Bewertung (Arbeit gegen Vergütung) nicht geeignet. Der Umstand, dass der Beschäftigte ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung erbringt, ist kein Kennzeichen für ein Arbeitsverhältnis, sondern Aufnahmevoraussetzung für die Werkstatt nach § 219 Abs. 2 SGB IX“

Forderungen

Behindertenverbände fordern eine umfassende Reform des „Systems“ der Behindertenwerkstätten. Zum einen die Umsetzung der UN-BRK. Außerdem müssten Behindertenwerkstätten endlich konsequent an ihrem Hauptauftrag, Werkstattbeschäftigte langfristig in Arbeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu bringen, gemessen werden. Eine umfassende Darstellung des Werkstatt-Systems hat das Projekt JOBinklusive auf seiner Homepage zusammengestellt.

Quellen: RND, JOBinklusive, SOLEX

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