Außerklinische Intensivpflege – Richtlinien

Mit dem Gesetz zur Stärkung von intensivpflegerischer Versorgung und medizinischer Rehabilitation in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-IPReG) überführte der Gesetzgeber die bisherigen Regelungen zum ambulanten intensivpflegerischen Versorgungsbedarf in einen neuen Leistungsanspruch auf außerklinische Intensivpflege (§ 37c SGB V). Ziel ist es, die individuelle bedarfsgerechte Versorgung zu stärken. Zudem soll besser gegen kriminelle Geschäftspraktiken im Bereich der außerklinischen Intensivpflege vorgegangen werden können. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hatte den Auftrag, noch im Oktober diesen Jahres eine Richtlinie zur außerklinischen Intensivpflege (AKI-RL) vorzulegen. Diese Richtlinie hat der G-BA am Freitag, 19.11.2021 mit ein paar Wochen Verspätung veröffentlicht.

Turbulentes Gesetzgebungsverfahren

Das Gesetzgebungsverfahren zum IPReG war begleitet von Protesten und Petitionen, vor allem von betroffenen Personen, die vor allem gegen drohende Fremdbestimmung kämpften, vor allem in der Frage, ob der Medizinische Dienst Patienten gegen ihren Willen in stationäre Behandlung einweisen könne. Trotz mehrmaliger Veränderung des Gesetzes wurde dies nicht zur Zufriedenheit der Betroffenen gelöst.

Vor über einem Jahr gab es hier einen Artikel über den Beginn der Beratungen des G-BA mit Links zu sämtlichen Beiträgen zu dem Gesetzgebungsverfahren.

Betroffen sind etwa 25.000 Menschen

Vorsichtigen Schätzungen zufolge sind in Deutschland etwa 25.000 Menschen auf eine künstliche Beatmung angewiesen. An der Versorgung der Patienten sind außer Ärzten zumeist spezialisierte ambulante Pflegedienste, Therapeuten, Medizinprodukte-Dienstleister und teils auch Krankenhäuser beteiligt. Die Situation von intensivpflegebedürftigen Patienten war auch wegen Berichten über „Abrechnungsbetrug und kriminelle Fehlleistungen“ in sogenannten Beatmungs-Wohngemeinschaften in den Fokus von Politik und Gesellschaft gerückt.

Die Richtlinie

Der G-BA listet in seiner Richtlinie zur außerklinischen Intensivpflege (AKI-RL) eine Auswahl von Therapieleistungen auf, die verordnet werden können, konkretisiert, welche Voraussetzungen dabei gelten und wie die Zusammenarbeit der verschiedenen betreuenden Berufsgruppen koordiniert werden soll. Eine wesentliche Neuerung im Vergleich zum bisherigen Leistungsanspruch besteht darin, dass bei beatmungspflichtig eingestuften Patientinnen und Patienten sehr frühzeitig und regelmäßig überprüft wird, ob eine Entwöhnung von der Beatmung in Frage kommt.

Telemedizinische Einschätzung möglich

Vorgabe des G-BA ist es, dass das Entwöhnungspotenzial nicht vorrangig in Kliniken, sondern dort erhoben wird, wo die Patientinnen und Patienten versorgt werden. Ist dies nicht möglich, weil dafür zum Beispiel vor Ort qualifizierte Ärztinnen und Ärzte fehlen, und ist auch ein Transport zu Spezialisten den Betroffenen nicht zuzumuten, kann eine telemedizinische Einschätzung erfolgen. 

Vier Jahre nach dem Inkrafttreten evaluiert der G-BA, wie die Richtlinie umgesetzt wird und wie sie sich auf die Versorgung auswirkt.

Hürden für die häusliche Versorgung vermeiden

Dazu Prof. Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des G-BA: „Gesetzlich neu festgelegt ist auch, dass der Medizinische Dienst mindestens einmal im Jahr die Versorgung in der Umgebung überprüft, in der die Patienten versorgt werden. Einerseits soll dies eine gute Betreuung sicherstellen, andererseits löst es aber bei vielen Betroffenen und ihren Familien, die bereits eine sehr gut funktionierende Versorgung erleben, Ängste aus, nicht mehr selbst ihr Lebensumfeld bestimmen zu können. Hier sollte der Gesetzgeber genau beobachten, ob er mit seinen strikten Vorgaben, die der G-BA zu beachten hatte, nicht ungewollt Hürden für eine funktionierende und gute Versorgung in der Häuslichkeit aufgebaut hat. Er müsste dann gegebenenfalls auch aktiv werden und das Gesetz ändern. Im Zuge der von uns beschlossenen sehr kurzfristigen Evaluation haben wir auch für den Gesetzgeber die Chance geschaffen, eventuelle Fehlentwicklungen und Beeinträchtigungen selbstbestimmter Lebensführung, die niemand möchte, schnell zu erkennen.“

In der Pressemitteilung des G-BA wird ausführlich auf folgende Fragen eingegangen:

  • Was leistet die außerklinische Intensivpflege?
  • Wie wird die außerklinische Intensivpflege verordnet und koordiniert?
  • Wie gelingt der Übergang aus der stationären in die außerklinische Versorgung?

Zeitplan

Sofern das Bundesministerium für Gesundheit keine rechtlichen Einwände hat, wird die neue Richtlinie im Bundesanzeiger veröffentlicht und tritt einen Tag später in Kraft. Aufgrund der dann erst beginnenden Arbeit an den Rahmenempfehlungen und den sich anschließenden Vertragsverhandlungen zwischen dem GKV-Spitzenverband und spezialisierten Leistungserbringern wird eine Verordnung jedoch erst ab dem 1. Januar 2023 möglich sein. Bis zu diesem Zeitpunkt gelten unverändert die bisherigen Verordnungsmöglichkeiten, die bei einem besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege bestehen. Sie sind in der Häusliche Krankenpflege-Richtlinie des G-BA (HKP-RL) geregelt. Dort hat der G-BA per heutigem Beschluss eine Übergangsregelung eingefügt, wonach vor dem 1. Januar 2023 nach den Regelungen der HKP-RL ausgestellte Verordnungen über den 1. Januar 2023 hinaus weiter gelten. Sie verlieren erst ab dem 31. Oktober 2023 ihre Gültigkeit.

Quellen: G-BA, aerzteblatt.de, FOKUS-Sozialrecht;

Mehr zur Außerklinischen Intensivpflege auch in SOLEX.

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Hospitalisierung und Inzidenz

Neulich war eine gesundheitspolitische Sprecherin der FDP zu Gast bei Markus Lanz. Gefragt, warum sie denn so überrascht von der Entwicklung der Corona-Zahlen sei, sagte sie, sie habe auf die Hospitalisierungsrate geschaut und nicht auf die Inzidenzen. Das Problem ist bekannt, wird aber immer wieder vor allem von Politikern ignoriert.

Inzidenz nicht zielführend?

Immer, wenn die Corona-Zahlen mal wieder steigen, beklagt man sich, dass die Angabe der Inzidenz ja nicht zielführend sei, andere Kennzahlen müssten her, wenn Einschränkungen zur Eindämmung anstehen. Da man ja eine Überlastung des Gesundheitssystems vermeiden wolle, sei der Blick auf die Hospitalisierungsraten der Königsweg.

Die einfache Tatsache, dass Leute in der Regel ein bis zwei Wochen, nachdem sie sich infiziert haben, ins Krankenhaus kommen, ist nicht weiter wichtig. Was man wiederum an den Inzidenzen hätte ablesen können, aber naja… Die Menschen, die nun unweigerlich sterben müssen, sind nicht mehr zu retten.

Bund-Länder-Beschlüsse

Nun werden also laut Beschluss der Ministerpräsidenten Maßnahmen gegen die Pandemie dann eingeläutet, wenn die Hospitalisierungsraten einen bestimmten Wert erreichen. Damit ist festgeschrieben, dass sämtliche Maßnahmen immer um ein paar Wochen zu spät getroffen werden. Hauptsache man hat sich geeinigt und muss nicht immer auf die bösen Inzidenzen schauen.

Flankierend dazu wird noch mal schnell die Erzählung verbreitet, man habe das ja alles nicht vorhersehen können, weil die Wissenschaftler das ja auch nicht vorausgesagt haben. Besonders Herr Söder gefällt sich darin, dreiste Lügen zu verbreiten.

Warnung im Sommer

Spätestens im Sommer waren sich alle relevanten Wissenschaftler mit dem RKI einig, dass wir bei weiteren Öffnungsschritten, die im Sommer gemacht wurden (Ende der Maskenpflicht, Freedom-Day) unweigerlich auf eine katastrophale Vierte Welle zusteuern. Ausschlaggebend für die Warnungen der Wissenschaftler waren die Erkenntnisse über die deutlich stärkere Infektiosität der Delta-Variante und zum anderen, dass der Impfschutz vor Delta einer dreimaligen Impfung bedarf.

Die alte Bundesregierung verabschiedet sich mit einer Bankrotterklärung, die neue startet mit einem Desaster.

Quelle: RKI – Vorbereitung auf den Herbst/Winter 2021/22 Stand: 22.07.2021

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Sehr schlimmes Weihnachstfest

Das ist die Befürchtung von RKI-Chef Lothar Wieler. In einer Online-Diskussionsveranstaltung mit dem sächsischen Ministerpräsidenten sprach er von einer „ernsten Notlage“.

Corona-Virus liebt Kontakte

Ist es sinnvoll in so einer Situation die „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ für beendet zu erklären? Sicher nur, wenn gleichzeitig dringend notwendige adäquate Mittel zur Bekämpfung des Virus beschlossen werden. Wie wir alle seit Anfang 2020 wissen, verbreitet sich SarsCov2 und hier ganz besonders die Delta-Variante liebend gerne durch möglichst viel Kontakte. Als effektivstes Mittel zur Eindämmung haben sich Kontaktreduzierungen erwiesen. Seitdem es die Impfung gibt, gilt sie allerdings als der Königsweg. Die Impfung war tatsächlich nach zwei „Schüssen“ hochwirksam gegen die ursprüngliche Virusvariante.

Impfen!

Allerdings gibt es zwei Probleme:

  • Zu viele Impfverweigerer
  • Delta erfordert 3 Impfungen

Um mit Impfungen, sei es die dritte Impfung oder gar erst die erste und zweite bei Menschen die letztlich doch überzeugt werden konnten, einen Weg aus der Notlage hinzukriegen, vergeht allerdings viel Zeit. Also bleibt als Sofortmaßnahme die Reduzierung von Kontakten.

veränderter Gesetzentwurf

Heute (Donnerstag) wird in Bundestag und Bundesrat (Freitag) über den Gesetzentwurf der Möchtegern-Koalition beraten. Dieser stieß gleich nach Veröffentlichung auf massive Kritik, vor allem weil er unzureichend sei.

Expertenanhörung

Anfang dieser Woche fand dann eine Expertenanhörung statt. Gleichzeitig gab es auch schon Änderungsanträge aus Reihen der Koalition zum eigenen Gesetzentwurf. Einer der Haupkritikpunkte vieler Experten war, dass ohne die Feststellung der epidemischen Notlage nach Paragraf 5 IfSG die Auswirkungen der Pandemie nicht
zu beherrschen seien, da in der geplanten Neufassung des Paragrafen 28a Absatz 7 keine wirksamen Vorkehrungen zur Erreichung von Kontaktbeschränkungen mehr aufgeführt seien. Somit stünde dem bisher ungebremsten Verlauf der Pandemie in diesem Winter kein wirksames Instrumentarium mehr entgegen.

Zuständigkeit der Länder

Möglichkeiten zur Kontaktbeschränkung soll es im veränderten Entwurf nun doch geben. Mit Zustimmung ihrer Parlamente können die Länder Kontakte beschränken, bestimmte Freizeit- und Kulturveranstaltungen absagen oder einzelne Schulen schließen, wenn es einen Corona-Ausbruch gibt. Die Länder bestimmen außerdem, ob im öffentlichen Raum 3G oder 2G gilt. Auch die Möglichkeit von 2G+ gibt es – dass also nur Geimpfte und Genesene mit negativem Test in Kinos, Museen oder Bars dürfen.

Mehr Einschränkungen im Arbeitsbereich

Schulen und Kitas sollen aber möglichst offen bleiben, stattdessen liegt der Schwerpunkt der Maßnahmen diesmal auf dem Arbeitsbereich. Dort soll 3G für alle Beschäftigten gelten, die bei der Arbeit Kontakt zu anderen haben. Sie müssen dann einen Nachweis vorlegen, und der Arbeitgeber ist zur Kontrolle verpflichtet. Wer nicht geimpft oder genesen ist, braucht künftig täglich einen negativen Test. Wenn sich Beschäftigte verweigern, können Arbeitgeber sie ins Homeoffice schicken. Auch eine Freistellung ohne Lohnfortzahlung oder die Kündigung in letzter Konsequenz sind denkbar. Außerdem sollen alle, für die es möglich ist, von zuhause aus arbeiten.

Zustimmung fraglich

Die CDU hat schon angekündigt, dass sie dem Gesetz im Bundestag nicht zustimmen wird, er sei nicht ausreichend. Ob die Länderkammer zustimmt, ist ungewiss. Weitgehend unstrittig sind die Verlängerung der Ausnahmemaßnahmen in den Sozialgesetzbüchern, deren Auslaufen bisher an die „epidemische Lage“ geknüpft war.

Quellen: Bundestag, Tagesschau, FOKUS-Sozialrecht

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Maßnahmeverlängerungen bis März 2022

Der „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und weiterer Gesetze anlässlich der Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ wird in der kommenden Woche parlamentarisch beraten. Einen Beitrag über die geplanten Änderungen im Infektionsschutzgesetz und der möglichen Aufhebung der „epidemischen Lage“ konnte man hier am 11.11. lesen.

Vorgesehen sind in dem Entwurf auch Anschlussregelungen von Ausnahmemaßnahmen in den Sozialgesetzbüchern, deren Auslaufen bisher an die „epidemische Lage“ geknüpft war.

SGB II

Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende werden weiterhin bis zum 31. März 2022 in einem vereinfachten Verfahren – unter anderem bei der Vermögensprüfung und den Kosten der Unterkunft und Heizung – zugänglich gemacht. Dies gilt für Bewilligungszeiträume, die in der Zeit vom 1. März 2020 bis zum 31. März 2022 beginnen. Außerdem kann der vereinfachte Zugang durch Rechtsverordnung, ohne Zustimmung des Bundesrats bis 31.12.2022 verlängert werden. Aktuelle Regelung in SOLEX.

Kinderkrankengeld – SGB V, SGB III

Die Anspruchsdauer von Kinderkrankengeld soll weiter bei 30 Tagen pro Elternteil und 60 Tage bei Alleinerziehenden bleiben und zwar bis zum 19. März 2022, dem Beginn der Osterferien. Die gleichen Verlängerungen gelten für die Leistungsfortzahlung von Arbeitslosengeld bei Erkrankung eines Kindes.
Aktuelle Regelung hier.

SGB XI

Die Sonderregelungen zur Sicherstellung der pflegerischen Versorgung des § 150 Absatz 1 bis 5b und 5d SGB XI, die bereits bis 31. Dezember 2021 verlängert wurden, werden unverändert und einheitlich um weitere drei Monate bis 31. März 2022 verlängert. Gleiches gilt für die Möglichkeit, den Beratungsbesuch nach § 37 SGB XI telefonisch, digital oder per Videokonferenz abzurufen (§ 148 SGB XI). Dazu gehört auch die die Verlängerung des flexiblen Einsatzes des Entlastungsbetrags bei Pflegegrad 1 und die Verlängerung der Sonderregelung zum Pflegeunterstützungsgeld. Aktuelle Regelung in SOLEX.

SGB XII und andere

Die Erleichterungen bei der Sicherstellung des Existenzminimums wird bis 31. März verlängert analog zum SGB II. Auch hier wird es die Möglichkeit geben, die Regeln weiter durch Rechtsverordnung zu verlängern. Die Verlängerung Erleichterungen betrifft

  • das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch,
  • das Bundesversorgungsgesetz,
  • das Künstlersozialversicherungsgesetz,
  • das Bundeskindergeldgesetzes,
  • das Bundesausbildungsförderungsgesetz und
  • das Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz.

Aktuelle Regelung in SOLEX.

Pflegezeitgesetz und Familienpflegezeitgesetz

Die Sonderregelungen in § 16 Familienpflegezeitgesetz und § 9 Pflegezeitgesetz werden bis zum 19. März 2022 verlängert. Die flexiblere Kombinierbarkeit von Familienpflegezeit und Pflegezeit ermöglicht bislang nicht ausgeschöpfte Restzeiten in Anspruch zu nehmen.

Aktuelle Regelung in SOLEX.

Sozialdienstleistereinsatzgesetz (SodEG)

Ziel des Sozialdienstleister-Einsatzgesetzes (SodEG) ist es, den Leistungsträgern nach dem Sozialgesetzbuch und dem Aufenthaltsgesetz eine explizite Rechtsgrundlage zu geben, auch dann Zahlungen an soziale Dienstleister leisten zu können, wenn diese ihre Dienstleistungen aufgrund der erforderlichen Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 nicht oder nicht in vollem Ausmaß erbringen können. Der Schutzschirm des SodEG wird bis 31. März 2022 verlängert.

Aktuelle Regelung hier.

Stellungnahme

Der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege e. V. (BAGFW) begrüßt in seiner Stellungnahme im Wesentlichen den Gestzentwurf der Ampel-Parteien. Der Gesetzentwurf stelle das Ergebnis einer Abwägung dar, die die Corona-bedingten weitgehenden Freiheitseingriffe beenden, gleichzeitig aber auch weiterhin notwendige Maßnahmen zum Schutz vor der Pandemie und zur Abmilderung ihrer Folgen treffen solle.

Änderungen möglich

In der kommenden Woche soll der Gesetzentwurf in Bundestag und Bundesrat beraten werden. Angesichts der Entwicklung der Fallzahlen und der drohenden Überlastung des Gesundheitswesens ist es aber nicht ausgeschlossen, dass der Entwurf noch verändert wird.

Quellen: Bundestag, BAGFW, SOLEX, FOKUS-Sozialrecht

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Deutschland im Herbst

Mittlerweile ist deutlich geworden, dass die Delta-Variante des SarsCov2-Virus auch Deutschland mit einer vierten Welle massiv überrollt. Natürlich sind wieder alle überrascht. Nicht nur die Desinformations-Massenmedien wie die BILD produzieren sich widersprechende Schlagzeilen auch die Politik scheint offensichtlich die Orientierung verloren zu haben.

(BILD Schlagzeile am 20.10.: „Gebt uns den Freedom-Day! Regierung will Maßnahmen heimlich verlängern; Schlagzeile am 4.November: „Der Corona-Panik-Chor“ wegen den Warnungen vor einer 4. Welle; Schlagzeile am 10.11.: „Wer hat’s verbockt – Deutschland wieder nicht auf die Corona-Welle vorbereitet“)

Chaotisches System

Die Länderchefs beenden die Maskenpflicht oder führen 2G ein, halten Schulen für sicher oder wollen alle boostern, oder doch nur die Alten und Vorerkrankten, machen Tests kostenpflichtig, aber das sollte doch besser zurückgenommen werden. Und weil man offensichtlich keinen Plan mehr hat, schimpft man schon mal auf die Ampel-Koalition, weil sie sich nicht kümmere und der neue Bundeskanzler dazu noch keine Regierungserklärung abgegeben habe. Dabei wird für die Öffentlichkeit natürlich ausgeblendet, dass die alte Regierung ja noch im Amt ist und die entscheidenden Corona-Maßnahmen Ländersache sind. Und der Bundeskanzler in Spe schweigt zu alledem.

Ende der pandemischen Lage?

Nun muss die pandemische Lage beendet werden. Oder lieber doch nicht? Die drei Parteien, die sich gerade um einen Koalitionsvertrag bemühen haben dazu einen Gesetzentwurf vorgelegt. Es wäre der erste als Ampelkoalition.

Darin wird ein Katalog möglicher Schutzmaßnahmen festgeschrieben Damit soll nun im regulären parlamentarischen Verfahren jederzeit zeitnah ermöglicht werden, je nach Entwicklung der aktuellen Lage erforderliche Schutzmaßnahmen und absehbar notwendige, der aktuellen Lage entsprechende Anpassungen von gesetzlichen und untergesetzlichen Regelungen zum Infektionsschutz zu ergreifen.

Gesetzentwurf des Ampelentwurfs

Dadurch dass im neugefassten § 28a Absatz 7 IfSG ein bundeseinheitlicher Maßnahmenkatalog eingebaut werden soll, wird die Kompetenz der Länder eingeschränkt. Andererseits biete das die Möglichkeit, geeignete Maßnahmen ohne das „Sonderrecht“ Pandemische Lage zu ergreifen, sondern auf normalem parlamentarischen Weg. Gerade die Einschränkungen der Länderkompetenzen macht es spannend, ob das Gesetz den Bundesrat ungerupft passieren kann.

Katalog

Sollte die „Pandemische Lage“ Ende November beendet werden, kann die Bundesregierung, sofern die Situation es erfordert, Maßnahmen wie

  • Abstandsregeln,
  • Maskenpflicht,
  • Impf-, Genesenen- oder Testnachweise,
  • Hygienekonzepte,
  • Personenobergrenzen,
  • Auflagen für die Fortführung des Betriebs von Gemeinschaftseinrichtungen,
  • Verarbeitung der Kontaktdaten von Kunden, Gästen oder Veranstaltungsteilnehmern

anordnen.

Diese Regelung gilt zunächst bis zum 19. März 2022

Ebenfalls bis zum 19. März 2022 wird der Anspruch auf eine Entschädigung, wenn etwa Schule oder Kita geschlossen sind und der Erwerbstätige deswegen nicht arbeiten kann. Der Anspruch besteht dann auch ohne „Epidemische Lage“.

Verlängerungen von Ausnahmeregelungen

Vorgesehen im Gesetzentwurf sind Verlängerungen von Ausnahmeregelungen in den Sozialgesetzbüchern, deren Auslauffrist bisher an das Bestehen einer „Epidemischen Lage“ geknüpft war. Welche Regelungen das sind und wie die Verlängerungen genau aussehen, wird Thema eines weiteren Artikels auf FOKUS-Sozialrecht sein, wenn das Gesetz, wie vorgesehen, Ende November von Bundestag und Bundesrat verabschiedet ist.

Fälschen von Impfausweisen

Eine weiterer Änderungsentwurf betrifft das Strafgesetzbuch. Hier soll das Fälschen von Impfausweisen explizit unter Strafe gestellt werden, was bisher nicht eindeutig geregelt war. Vereinfacht gesagt kann hier bisher eine Gesetzeslücke ausgenutzt werden, weil Impfausweise nicht von Behörden ausgestellte Dokumente sind, sondern von Ärzten erstellte Bescheinigungen.

Quellen: Bundestag, FOKUS Sozialrecht

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Rentenvergleich mit Österreich

Bei der Diskussion um die unweigerlich drohende nächste Rentenreform der kommenden Bundesregierung lohnt sich ein Blick auf unser Nachbarland. Während hierzulande die Marktwirtschafts-Ideologen darauf drängen, der gesetzlichen Rente mit einer kapitalgedeckten Finanzierung den Garaus zu machen, scheint die umlagefinanzierte Rente in Österreich weiterhin erfolgreich zu sein und wird kaum in Frage gestellt.

Tu felix Austria

Nun gibt es einen Impuls-Beitrag der Hans-Böckler-Stiftung von Florian Blank und Eric Türk, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler bei der Arbeiter- und Angestelltenkammer Wien, in dem die deutsche Rente mit der österreichischen Pensionsversicherung verglichen wird.

Der Vergleich mache vor allem deshalb Sinn, so die Wissenschaftler, weil beide Systeme sich ursprünglich sehr ähnlich waren. Aber die österreichische Pensionsversicherung wurde „fortentwickelt“, etwa durch die Einbeziehung von Selbstständigen, während die gesetzliche Rente in Deutschland zum „Teil eines weiter gefassten Versorgungsmixes degradiert“ wurde.

Modellbiografien der OECD

Die Gegenüberstellung der Rentenansprüche für einheitliche, idealtypische Biografien ermöglicht den Vergleich von Unterschieden der Rentensysteme selbst. Die von der OECD erstellten Modellbiografien mit durchgehenden Erwerbsverläufen, abschlagsfreiem Renteneintritt und stabilen Einkommenspositionen bilden den Ausgangspunkt für den Vergleich der Rentenversicherungen Deutschlands und Österreichs. Die Vorgehensweise der OECD wird dargestellt, sofern erforderlich korrigiert, aktualisiert und weiterentwickelt. Zusätzlich werden Arbeitslosigkeit, vorzeitiger Renteneintritt sowie Kindererziehungszeiten berücksichtigt. Durch diese Ergänzungen werden eine höhere Realitätsanbindung erreicht und Elemente des sozialen Ausgleichs einbezogen. Es zeigt sich, dass die österreichische Pensionsversicherung in jeder Konstellation deutlich höhere Leistungen gewährt, die Elemente des sozialen Ausgleichs den Abstand teils vergrößern, teils verringern.

Beispiele

An drei Beispielen wird deutlich, um wie viel höher die gesetzlichen Renten in Österreich ausfallen.

Standardfall

Eine Person mit durchschnittlichem Verdienst und 45 Berufsjahren, die jetzt das Erwerbsleben beginnt bekäme später, wenn sie in Rente geht:

  • in Deutschland 39 Prozent,
  • in Österreich 78 Prozent

ihres vorherigen durchschnittlichen Bruttoeinkommens.

mit Arbeitslosigkeit 

Jemand verdient zunächst unterdurchschnittlich, steigert sich gegen Ende der Erwerbsphase auf ein überdurchschnittliches Einkommen, verliert aber mit 59 den Job, findet keinen neuen und geht mit 63 vorzeitig in Rente. Die voraussichtliche Rente beträgt:

  • in Deutschland 30 Prozent,
  • in Österreich 65 Prozent

Kindererziehung

Nach vier Jahren Vollzeittätigkeit erfolgt eine dreijährige Unterbrechung zur Kinderbetreuung, anschließend Teilzeitarbeit und nach einer weiteren Vollzeitphase wieder Arbeit mit reduzierter Stundenzahl. Die voraussichtliche Rente beträgt:

  • in Deutschland 42 Prozent,
  • in Österreich 78 Prozent

Deutlich höhere Rente in Österreich

Nicht nur zukünftige Rentner stehen in Österreich besser da. Bereits heute liegen die Pensionen in Österreich höher als die deutschen Renten. Dabei liegt das Renteneintrittsalter in Österreich nach wie vor bei 65 Jahren und eine Anhebung ist nicht geplant.

Höhere Rentenbeiträge

Der monatliche Rentenbeitragssatz liegt allerdings mit 22.8 Prozent wesentlich höher als in Deutschland mit 18.6 Prozent, wobei der Arbeitgeberanteil mit 12,55 Prozent höher ist als der Arbeitnehmeraneil mit 10.25 Prozent. Beim deutschen Beitrag sind allerdings nicht eventuelle Aufwendungen für private Zusatzvorsorge eingerechnet. Dazu kommt, dass der Beitragssatz in Deutschland laut Rentenversicherungsbericht der Bundesregierung ab Mitte der 20er Jahre auf bis Mitte der 30er Jahre ebenfalls über 22 Prozent betragen wird, das Rentenniveau wird dagenen nur müsam gehalten werden können.

Längere Wartezeiten

Ein weiterer Unterschied zwischen Deutschland und Österreich sind die unterschiedlichen Wartezeiten. In Österreich muss man wesentlich länger in die Rentenversicherung einzahlen, bevor man Rente beziehen kann. So wird ein Teil der niedrigen Renten, die in Deutschland gezahlt werden, in Österreich gar nicht erst fällig. EIne genaue Beschreibung über die österreichische Pensionsversicherung kann man in einer Broschüre, herausgegeben von der Deutschen Rentenversicherung, nachlesen.

Besser keine (Teil-) Privatisierung

Florian Blank und Eric Türk werben allerdings für eine „Stärkung der Sozialversicherung als ein flexibles Instrument der sozialen Sicherung“. Sowohl das generelle Leistungsniveau als auch spezielle Maßnahmen des sozialen Ausgleichs ließen sich im System der gesetzlichen Rente zielgenau politisch steuern, was mit einer fortgesetzten Teilprivatisierung der Rente kaum gelänge.

Quellen: Hans-Böckler-Stiftung, OECD, Deutsche Rentenversicherung, BMAS

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Basisgeld oder Mindestlohn

Die gesellschaftliche Diskussion um eine gerechtere Entlohnung in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen nimmt Fahrt auf. Immerhin besteht gerade die Möglichkeit, dass einige der Forderungen in den Koalitionsvertrag einfliessen und sich damit die Möglichkeiten zur Umsetzung verbessern.

Im Mai wurde hier schon einmal die Problematik beleuchtet und über eine vom Bundesarbeitsministerium (BMAS) beauftragte Studie berichtet, die vom Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik (ISG) erstellt werden soll.

Zwischenbericht

Das ISG hat nun einen Zwischenbericht vorgelegt mit dem sperrigen Titel: „Studie zu einem transparenten, nachhaltigen und zukunftsfähigen Entgeltsystem für Menschen mit Behinderungen in Werkstätten für behinderte Menschen und deren
Perspektiven auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt“.

Die Studie ist gleichzeitich in Leichter Sprache veröffentlicht worden und heißt dort: „Untersuchungen über die Bezahlung in den Werkstätten für Menschen mit Behinderungen„.

Ergebnisse

In der Studie wird zunächst der Ist-Zustand aufgezeigt, die rechtlichen Grundlagen und die noch bestehende Diskrepanz zur UN-Behindertenrechtskommission.

Danach werden drei Modelle vorgestellt und jeweils die Auswirkungen für den Einzelnen und die geamtgesellschaftlichen Kosten bestimmt.

Ist-Zustand

In den Behindertenwerkstätten arbeitende Menschen bekommen, wenn sie zusätzlich zu Grundbetrag, Steigerungsbetrag und Arbeitsförderungsgeld noch Grundsicherung beziehen, durschnittlich

  • 973 Euro im Monat. (Die Zahlen gelten alle für 2019).

Wenn sie Anspruch auf Erwerbsminderungsrente haben, bekommen sie

  • 1.046 Euro.

Vorschlag der CDU/CSU-Fraktion

Das Arbeitsförderungsgeld (jetzige Höhe höchstens 52 Euro) soll um

  • 39 Euro

aufgestockt werden. Das bedeutet für den Einzelnen eine minimale Verbesserung der Situation, ansonsten bleibt alles beim Alten. Die Gesamtkosten betrügen

  • 162 Millionen Euro.

Position der Werkstatträte Deutschlands

Dazu ist kürzlich ein Postionspapier der Werkstatträte Deutschland e.V. erschienen: Danach soll durch die Auszahlung eines Basisgeldes zur Gleichstellung dauerhaft voll erwerbsgeminderter Menschen erreicht werden, dass Menschen mit Behinderung mehr Anerkennung und Wertschätzung in der Gesellschaft erfahren. Sie müssen nicht mehr vor Ämtern ihre Konten offenlegen. Sie erhalten genug Geld, um davon leben zu können. Das Basisgeld soll ihnen ein eigenständiges und selbstbestimmtes Leben ermöglichen. Das Basisgeld zur Gleichstellung dauerhaft voll erwerbsgeminderter Menschen bringt vielen Menschen nicht nur etwas mehr Geld ins Portmonee, sondern gibt ihnen auch das gute Gefühl, respektierter Teil der Gesellschaft zu sein.

Das Basisgeld soll 1.446 Euro betragen. Es soll zusätzlich zum Arbeitseinkommen bezahlt werden. Ein durchschnitllicher Beschäftigter käme dann auf

  • 1.623 Euro im Monat.

Die gesamtgesellschaftlichen Kosten betrügen etwa

  • 2 Milliarden Euro.

Mindestlohn

Den gesetzlichen Mindestlohn auch für die Beschäftigten in den WfbM zu öffnen, fordert unter anderem die Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen (BAG WfbM). Die BAG ist die bundesweite Fachorganisation der Werkstattträger.

Die Einführung des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns würde bei Vollzeittätigkeit zu einer Erhöhung des verfügbaren Einkommens (einschließlich des Wohngelds) um

  • 8% auf 1.047 Euro pro Monat und bei Teilzeitbeschäftigung um
  • 6% auf 1.025 Euro pro Monat

führen, in diesem Fall allerdings einschließlich ergänzender Grundsicherungsleistungen. Die gesamtgesellschaftliche Zusatzbelastung läge bei dieser Lösung in Höhe von

  • 132 Millionen Euro

mit dem Vorteil einer Gleichbehandlung der WfbM-Beschäftigten mit Beschäftigten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.

Ein weiterer Gesichtspunkt im Hinblick auf den Wechsel aus einer WfbM auf den allgemeinen Arbeitsmarkt ist, dass bei Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns keine Rechtfertigung für die Zahlung von Rentenbeiträgen auf der Grundlage von 80% der Bezugsgröße mehr besteht. Dies könnte die Entscheidung zu einem Wechsel auf den allgemeinen Arbeitsmarkt erleichtern. Die Abschaffung des Rentenprivilegs würde allerdings auch zu finanziellen Nachteilen führen.

Quellen: BMAS, ISG, Paritätischer Gesamtverband, BAG WfBM, Werkstatträte Deutschlan e.V.

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Rente und Kapital

Gerade geistern durch die Medien die für Rentner erfreulichen Meldungen über eine mögliche kräftige Rentenerhöhung 2022. Mehr dazu können Sie hier erfahren, sobald der Entwurf des Rentenversicherungsberichts 2021 für alle zugänglich ist und nicht nur ausgewählten Medien.

Plant die Ampel Kapitaldeckung?

Die Diskussion um die Finanzierung der Renten ist auch Teil der laufenden Koalitionsverhandlungen. Im Positionspapier von FDP, SPD und Grünen hat die FDP eines ihrer Lieblingsthemen unterbringen können: die Rentenfinanzierung durch das Kapitaldeckungsverfahren.

Schon mal gescheitert

Bei der Einführung der Rentenversicherung 1889 wurde diese als Kapitaldeckungsverfahren gestaltet. Das hatte zur Folge, dass nach dem Ersten Weltkrieg die Reserven der Rentenversicherung durch die darauf folgende Hyperinflation weitgehend entwertet wurden.  Millionen Rentner standen vor dem Nichts. Das Reinvermögen der Deutschen Rentenbank von 2,12 Mrd. Mark (im Jahre 1914) schrumpfte binnen eines Jahrzehnts auf einen Rest von nur noch 14,6 % der Summe. Als Reaktion darauf begann man, in gewissem Umfang Rentenzahlungen aus eingehenden Beiträgen (d. h. nach dem Umlageverfahren) zu finanzieren, und der Staat half mit Steuermitteln aus. Dennoch waren massive Leistungskürzungen unvermeidlich.

Umlageverfahren setzt sich durch

Von kurzen Perioden abgesehen kam nie eine ausreichende Kapitaldeckung zustande. Insbesondere Inflation und die beiden Weltkriege machten den Versuch zunichte. Daher wurde das Rentensystem auch schon lange vor 1957 faktisch in einer Art Umlageverfahren betrieben.[6] Das System der Kapitaldeckung wurde 1957 in der Rentenreform 1957 unter Konrad Adenauer zu einem Umlageverfahren mit dynamischer Rente umgebaut. Hierdurch wurde es möglich, die ökonomische Situation der Rentner schlagartig zu verbessern.  Das Restkapital der Versicherung wurde in den Folgejahren verzehrt. Bedingt durch den folgenden wirtschaftlichen Aufschwung und den Anstieg der Bevölkerung verstummten in den Folgejahren die Kritiker, die einen Wiederaufbau des Kapitalstocks forderten. 

Auch „Riester“ ohne Erfolg

Seit dem Geburtenrückgang Ende der 60er Jahre wurden die Vor- und Nachteile des Kapitaldeckungsverfahrens wieder verstärkt diskutiert. 2001 wurde mit der „Riester“-Rente wieder teilweise eine kapitalgedeckte Rente eingeführt. Die „Riester“-Rente ist mittlerweile grandios gescheitert.

Keine Notwendikeit für Kapitaldeckung

Anfang November meldete sich der Sozialverband VdK zu Wort. Der VDK lehnt den Einstieg in eine kapitalgedeckte Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung ab, wie sie von verschiedenen Organisationen und Politikern gefordert wird. Es dürfe keine Experimente bei der gesetzlichen Rente geben: Die Finanzierung im Umlageverfahren habe sich entgegen aller Unkenrufe bewährt, betont VdK-Präsidentin Verena Bentele. Aus Sicht des VdK besteht keine Notwendigkeit, eine solche Kapitaldeckung in der gesetzlichen Rentenversicherung einzuführen.

Grundlegende Reform notwendig

Allerdings sei eine grundlegende Reform bei der privaten Altersvorsorge sinnvoll. Die aktuelle Riesterrente ist gescheitert. Aktuell spart kaum ein Versicherter wie vom Staat erwartet 4 Prozent seines Bruttoeinkommens im Rahmen eines Riestervertrags. „Das Rentenniveau muss darum auf mindestens 50 Prozent, idealerweise 53 Prozent, angehoben und der Riesterfaktor abgeschafft werden. Gleichzeitig muss sichergestellt sein, dass die bisherigen Riesterverträge die staatlichen Zulagen erhalten, sie brauchen Bestandsschutz“, so Bentele.

Zweckmäßig ist aus Sicht des Sozialverbands VdK ein transparentes, sicheres und kostengünstiges Basisprodukt, das von der gesetzlichen Rentenversicherung ohne Gewinnerzielungsabsicht verwaltet wird. Ein solches „Vorsorgekonto“ könnte eine Möglichkeit für Versicherte sein, private Altersvorsorge und staatliche Vorsorge miteinander zu kombinieren, sagte die VdK-Präsidentin.

Appell gegen private Vorsorge

Das Netzwerk Gerechte Rente (ein Zusammenschluss aus dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), dem Paritätischen Gesamtverband, dem Sozialverband VdK Deutschland, dem Sozialverband Deutschland (SoVD), der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung Deutschlands und der Volkssolidarität) plädiert für eine starke, umlagefinanzierte gesetzliche Rente statt individueller privater Vorsorge.

In einem Appell an die Verhandler*innen für eine Ampelkoalition betont das Netzwerk, die gesetzliche Rente sei das Herzstück unseres Sozialstaats. Für Spekulationsgeschäfte sei sie denkbar schlecht geeignet. Statt in die private Versicherungswirtschaft zu investieren, müsse die gesetzliche Rentenversicherung gestärkt und endlich armutsfest gemacht werden.  Eine Aktienrente, wie die FDP sie fordere, lehne das Bündnis entschieden ab. 

Quellen: Tagesschau, wikipedia,VDK, Paritätischer Gesamtverband

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Keine Befristung beim Persönlichen Budget

Das entsprechende Urteil dazu hat das Bundessozialgericht schon Ende Januar 2021 gesprochen. Trotzdem lohnt sich auch jetzt noch ein Blick auf das Thema „Persönliches Budget“.

BSG-Urteil

Das Bundessozialgericht hatte in seiner Entscheidung (AZ: B 8 SO 9/19 R) festgestellt, dass ein  im Rahmen der Eingliederungshilfe bezahltes persönliches Budget für behinderte Menschen nicht befristet werden darf. Zwar kann alle zwei Jahre der Bedarf des behinderten oder kranken Menschen neu überprüft werden, eine generelle Befristung dieser Unterstützungsform ist aber nicht gesetzlich vorgesehen. Als Folge der Entscheidung müssen Betroffene wegen einer Befristung nicht immer wieder neu einen Antrag für die Eingliederungshilfeleistung stellen.

Dem Urteil voraus ging eine Klage eines psychisch kranken Mannes gegen seinen Sozialhilfeträger. Dieser hatte sein persönliches Budget befristet. So kürzte der Sozialhilfeträger das Budget von ursprünglich 600 Euro monatlich auf 196 Euro und später auf 388 Euro monatlich. Der Kläger hätte zudem nach Ablauf der Bewilligung einen neuen Antrag stellen müssen.

Keine Breitenwirkung

Aus dem Dritten Teilhabebericht der Bundesregierung vom geht hervor, dass das Persönliche Budget insgesamt von den Betroffenen nicht gut angenommen wird. Danach nahmen am Jahresende 2018 insgesamt 10.410 Personen ein Persönliches Budget in Anspruch, die meisten davon (10.090 beziehungsweise 96,9 %) im Rahmen der Eingliederungshilfe. Die Anzahl der Personen, die Leistungen der Eingliederungshilfe oder Hilfe zur Pflege in Form eines Persönlichen Budgets in Anspruch nahmen, stieg im Vergleich zum Jahr 2014 zwar um 9,9 Prozent, allerdings ergab sich bei jährlichen Schwankungen kein eindeutiger Aufwärtstrend. Am höchsten war die Zahl derjenigen, die ein Persönliches Budget in Anspruch nahmen, im Betrachtungszeitraum im Jahr 2017 (11.543 Personen). Insgesamt war die Zahl der Leistungsbeziehenden gering, eine Breitenwirkung konnte das Persönliche Budget bislang nicht erzielen.

Selbstbestimmung durch Persönliches Budget

Das Persönliche Budget nach § 29 SGB IX ermöglicht Menschen mit Behinderung statt der sonst üblichen Bereitstellung von Dienst- oder Sachleistungen in der Regel über Einrichtungen der Wohlfahrtspflege, eine Geldleistung als Budget zu erhalten. Dieses zur Verfügung gestellte Budget soll behinderten und hilfebedürftigen Menschen ermöglichen, selbstbestimmt und in eigener Verantwortung Dienst- und Sachleistungen „einzukaufen“. Es ist ein bedeutsamer Unterschied, ob man selbst entscheidet oder andere professionelle Dienstleister regulieren lässt, wie notwendige Unterstützungsleistungen erbracht werden sollen und wer diese Hilfen erbringt. Voraussetzung für diese größere Autonomie und Teilhabe: Im Rahmen eines Bedarfsfeststellungsverfahrens und entsprechenden Zielvereinbarungen mit dem behinderten Menschen, ist – nach Maßgabe einiger im Sozialgesetzbuch genannten inhaltlichen, strukturellen und organisatorischen Vorgaben – dann ein für den individuellen Hilfebedarf erforderliches Persönliches Budget zu bewilligen.

Für viele zu kompliziert

Fast ausschließlich beantragen Menschen mit Körperbehinderung oder mit psychischen Behindeungen das Persönliche Budget. Die Antragstellung ist kompliziert, die Organisation und Handhabung des Budgets im Alltag stellt hohe Anforderungen. Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen, die genauso Anspruch auf ein selbstbestimmteres Leben mit Hilfe des Persönlichen Budgets haben, schrecken deswegen oft davor zurück.

Quellen: BSG, Bundesregierung

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Heilmittelbehandlungen per Video

Bisher können Heilmittelbehandlungen wie Sprach- und Ergotherapie – abgesehen von den zeitlich befristeten Corona-Sonderregelungen – ausschließlich in der Praxis der Therapeutin oder des Therapeuten oder im häuslichen Umfeld stattfinden.

G-BA ermöglicht, Kassen verhandeln

Am 21.10.2021 hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA)  mit einer Änderung der Heilmittel-Richtlinien ermöglicht, dass Heilmittelleistungen zukünftig auch telemedizinisch erbracht werden können. Welche der konkreten verordnungsfähigen Heilmittel hierfür geeignet sind, sollen hingegen der GKV-Spitzenverband und die Spitzenorganisationen der Heilmittelerbringer bis Ende 2021 vertraglich festlegen. Das hatte das „Gesetzes zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege“ vorgegeben.

Bedenken des G-BA

In der Pressemitteilung kritisiert der G-BA dieses Verfahren wegen mangelnder Transparenz. Die sei bei den Verhandlungen zwischen Krankenkassen und Heilmittelerbringer darüber, welche Heilmittel und welche Therapiesituation für eine Videobehandlung geeignet seien, nicht gegeben. Werde die Videotherapie nicht sachgerecht angewendet, könne es zu schwerwiegenden negativen Effekten in der Patientenversorgung kommen. Genau das könne der G-BA mit seinen Verfahren unter wissenschaftlicher Begleitung verhindern – Vertragsverhandlungen könnten das nicht leisten.

Vorteile

Trotzdem weist der G-BA auf die Vorteile der Videobehandlung hin. Gerade im ländlichen Raum könne die Videobehandlung dazu beitragen, lange Fahrtwege einzusparen.

welche Therapien?

Zu den Therapien, die zukünftig per Video angeboten werden, könnten Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie, Ergotherapie, bestimmte Arten der Physiotherapie und Ernährungstherapie. Diese können aufgrund pandemiebedingter Corona-Sonderregelungen des G-BA bis 31. Dezember 2021 schon jetzt als Videobehandlung erfolgen.

Zunächst die Verträge

Die regelhafte Möglichkeit für eine telemedizinische Heilmittelbehandlung besteht, sobald die Beschlüsse zur Änderung der Heilmittel-Richtlinien für die vertragsärztliche und vertragszahnärztliche Versorgung in Kraft getreten sind und der GKV-Spitzenverband mit den Spitzenorganisationen der Heilmittelerbringer entsprechende bundeseinheitliche Verträge geschlossen hat. 

Vereinbarung zwischen Therapeut*in und Patient*in

Sofern keine medizinischen Gründe gegen eine telemedizinische Versorgung sprechen, verständigen sich die Therapeutin oder der Therapeut mit der Patientin oder dem Patienten gemeinsam darüber, ob Behandlungseinheiten auch per Video erbracht werden sollen. Dies ist für beide Seiten freiwillig und ein Wechsel zu einer Behandlung in Präsenz jederzeit möglich.

Quelle: G-BA

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