Kein Anspruch auf Einzelfallhilfen

Menschen mit Behinderung, die stationäre Eingliederungshilfe erhalten, haben darüber hinaus keinen Anspruch auf „zusätzliche Einzelfallhilfen“. Dies hat das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz in sieben Fällen entschieden, wie es am 18.10.2019 mitteilte.

Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz

Ein über die dem jeweiligen Antragsteller gewährte Eingliederungshilfe in Form der Übernahme der Kosten der stationären Unterbringung in der Einrichtung hinausgehender Anspruch auf „zusätzliche Einzelfallhilfen“ bestehe nicht, weil sein Bedarf hierdurch bereits vollständig gedeckt sei. Der Antragsteller habe gegen den Sozialhilfeträger keinen Anspruch auf Geldleistung, sondern einen sogenannten Sachleistungsverschaffungsanspruch. Im Rahmen dieses Anspruchs übernehme der Sozialleistungsträger die Vergütung, die der Antragsteller der Einrichtung aufgrund des zwischen ihm und dem Einrichtungsträger geschlossenen (zivilrechtlichen) Heimvertrages schulde.

Nach dem Heimvertrag ermögliche die Einrichtung dem Antragsteller Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft entsprechend seines individuellen  Teilhabebedarfs. Die Einrichtung habe daher alle Leistungen zu erbringen, die der Antragsteller aktuell benötige, mit der Folge, dass der Eingliederungshilfebedarf des Antragstellers vollumfänglich gedeckt sei.

Öffnungsklausel in den Verträgen

Der CPB (Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie e.V.) rät allen Leistungserbringern in einem Rundschreiben, dass in der Leistungsvereinbarung
alle denkbaren Bedarfe abgebildet und dazu eine auskömmliche Vergütung vereinbart wird – und dass Revisions- und Öffnungsklauseln festgelegt werden,  die Nachverhandlungen möglich machen. Umfasst die Leistungsvereinbarung alle Leistungen, sind sie durch die pauschale Vergütung abgedeckt. Das Risiko liegt damit am Ende beim Leistungserbringer. Dazu kommt, dass ergänzende zivilrechtliche Vereinbarung nach der genannten Rechtsprechung nichtig sind.

Veränderung durch das Bundesteilhabegesetz?

In der bisherigen Praxis lief es in den stationären Wohneinrichtungen der Eingliederungshilfe so ab, dass dem über die pauschalen Vergütungen oftmals hinausgehende hohen Bedarf einzelner Personen auf Kosten der Menschen mit niedrigem Hilfebedarf entsprochen wurde.
Durch das Bundesteilhabegesetz besteht allerings Hoffnung, dass sich hier etwas ändert. Man hat mit dem BTHG immerhin die Möglichkeit, eine ICF-konforme, assessment-gestütze Hilfebedarfsfeststellung zu verwirklichen. Dazu gehört der individuelle Rechtsanspruch, die verpflichtende Aufstellung eines individuellen Teilhabeplans und die Betonung des individuellen Wahl- und Wunschrechts.
Auch wenn die Finanzierung in den „besonderen Wohneinrichtungen“ weiterhin über tyisierte Hilfebedarfe und pauschalierten Leistungen erfolgt, sollte es im Einzelfall leichter möglich sein, besondere Hilfebedarfe zu finanzieren.

Quellen: Langericht Rheinland-Pfalz, CBP

Abbildung: pixabay.com: justitia.jpg

Mütterrente kann gekürzt werden

Wer während der Kindererziehungszeiten arbeitet und Geld verdienst, muss damit rechnen, dass die Entgeltpunkte für Kinderziehungszeiten nicht voll angerechnet werden.

Dieser Sachverhalt war Gegenstand mehrerer Klagen vor dem Bundessozialgericht. Dies hat nun entschieden, dass diese Begrenzung rechtens ist.

Höhe der Entgeltpunkte ist begrenzt

Grund für das Dilemma ist die Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung. Sie liegt im kommenden Jahr bei einem monatlichen Bruttoeinkommen von 6450 Euro im Osten und 6900 Euro im Westen. Die Rentenversicherungsbeiträge werden höchstens für diesen Betrag erhoben. Allerdings sind dadurch auch die Leistungen gedeckelt.
Hat man ein durchschnittliches Einkommen erzielt, bekommt man dafür einen Entgeltpunkt gutgeschrieben. Verdient man 50 % mehr als der Durchschnitt, dann gibt es 1,5 Entgeltpunkte. Die Entgeltpunkt-Grenze liegt bei dem Quotienten aus Beitragsbemessungsgrenze und Durchschnittsentgelt. Das war im letzten Jahr knapp über 2, in frühereren Jahren aber auch schon mal unter 2. Verdient man also dreimal so viel wie der Durchschnitt, bekommt man trotzdem nur etwa 2 Entgeltpunlte gutgeschrieben.
Für Kindererziehungszeiten werden ebenfalls pro Jahr ein Entgeltpunkt gutgeschrieben. Hat man in dieser Zeit auch noch einen guten Verdienst, kann es vorkommen, dass die Enteltpunktgrenze überschritten würde, so dass vom Entgeltpunkt für die Kindererziehungszeit etwas abgezogen wird.

Grundprinzipien der Rentenversicherung

Gegen diese Rechnung wendet sich nun die Klage, die das BSG abgewiesen hat. Die Kürzung des Wertes der Kindererziehungszeit beim Zusammentreffen mit sonstigen Beitragszeiten sei gerechtfertigt, da die Begrenzung der Beitragspflicht und damit einhergehend der Leistungen zu den Grundprinzipien der GRV gehöre.

Keine Ungleichbehandlung

Auch gegen eine vermeintliche Ungleichbehandlung gegenüber Bestandsrentnerinnen war die Klage erfolglos. Hier hatten Bestandsrentnerinnen mit Rentenbeginn vor Juli 2014 beziehungsweise bei der „Mütterrente 2“ vor Jahresbeginn 2019 eine pauschale, nicht gedeckelte Rentengutschrift erhalten. Dies sei aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und einer Beschleunigung der Auszahlungen gerechtfertigt gewesen, urteilten das BSG.

Die Klägerinnen wollen sich damit aber nicht zufrieden geben und das Bundesverfassungsgericht anrufen.

Quelle: Bundessozialgericht

Abbildung: Fotolia_200192096_Subscription_XXL.jpg

 

SGB IX und SGB XII Änderungen

Das BMAS hat Mitte März 2019 einen Referentenentwurf für ein „Gesetz zur Änderung des Neunten und des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Rechtsvorschriften“ veröffentlicht, wir berichteten damals über das „Reparaturgesetz„.

Für den Gesetzentwurf, der seit Juni vorliegt, wurden einige Anpassungen vorgenommen. m 14.10.2019 fand im Ausschuss für Arbeit und Soziales die Anhörung dazu statt.

BAGFW – Stellungnahme

Die BAGFW (Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege e. V.) nahm dazu wie folgt Stellung:
„Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege e.V. (BAGFW) begrüßt, dass die Bundesregierung mit dem vorgelegten Gesetzesentwurf rechtzeitig vor Inkrafttreten der Neuregelungen zur Eingliederungshilfe durch das Bundesteilhabegesetz die Vereinbarungen der Arbeitsgruppe Personenzentrierung durch den vorliegenden Gesetzesentwurf umsetzt. Weitere materiell-rechtliche Änderungen werden von der Bundesregierung in einem zweiten Gesetzesentwurf – dem Gesetz zur Entlastung unterhaltsverpflichteter Angehöriger in der Sozialhilfe und in der Eingliederungshilfe (Angehörigenentlastungsgesetz) angestrebt.“

Nachbesserungen und Klarstellungen

Es seien aber auch noch Nachbesserungen nötig:

  • Die Angemessenheitsgrenze der Wohnkosten ist noch nicht eindeutig geregelt. (§ 42a Absätze 5-7 SGB XII (neu)).
  • Nicht von der Sozialhilfe gedeckte Wohnkosten sollen von der Eingliederungshilfe übernommen werden. Dies sollte nicht durch zusätzliche Anforderungen erschwert werden. (§ 113 Absatz 5 SGB IX (neu)).

Darüber hinaus hat die BAGFW angemahnt, dass

  • eine Klärung hinsichtlich der Leistungskontinuität und der Fortführung der Komplexleistung für junge Menschen (§ 134 SGB IX),
  • eine Anpassung im Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (§ 7 Abs. 2 Satz 2 und 3 WBVG) und
  • dringend eine Klärung zur umsatzsteuerlichen Behandlung der Verpflegungsleistungen in den besonderen Wohnformen

erforderlich sind.

Die Freistellung von 40 % des Einkommens aus selbständiger Tätigkeit/nichtselbständiger Tätigkeit wie sie nach dem vorliegenden Gesetzesentwurf vorgesehen ist, wird von der BAGFW begrüßt. Allerdings muss diese Regelung auch für die Blindenhilfe gem. § 72 SGB XII gelten, da es sich um eine Teilhabeleistung handelt. Ansonsten besteht eine Ungleichbehandlung von erwerbstätigen Beziehern von Blindenhilfe, die aus Gründen der Gleichbehandlung der durch das Bundesteilhabegesetz in Kraft gesetzten Regelungen im Sinne von Art. 3 Grundgesetz nicht hinnehmbar ist. (§ 82 Abs. 6 SGB XII (neu)).

Der Gesetzentwurf wird am 17.10.2019 in zweiter und dritter Lesung im Bundestag behandelt.

Quellen: Paritätischer Wohlfahrtsverband, Bundestag, FOKUS-Sozialrecht

Abbildung: fotolia: group-418449_1280.jpg

 

 

 

Wie die Wirtschaft die Gesetze macht

Über das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung, dass am 16.08.2019 in Kraft getreten ist berichteten wir hier.

Am Beispiel des darin geänderten § 129 SGB V berichtet Abgeordnetenwatch nun, welchen Einfluss Lobbyisten auf die Gesetzgebung haben. Aber der Reihe nach.

Gesetzesinitiative Brandenburgs

Nach einigen Arzneimittelskandalen will Gesundheitsminister Jens Spahn dem nun entgegensteuern. Unter anderem geht es um die Importquote bei Arzneimitteln, festgelegt in eben jenem § 129 SGB V. Es gab auch schon eine Initiative des Landes Brandenburg deswegen: an dem Importmodell seien regelmäßig diverse Händler, Umverpacker und Importeure in verschiedenen Staaten beteiligt. Ursprung und Handelsweg der Medikamente seien kaum nachvollziehbar. Das Aufklären von Fällen gefälschter Präparaten gestalte sich deshalb als extrem schwierig.

Gesetzentwurf von Jens Spahn

Das Gesundheitsministerium schlägt in seinem Gesetzentwurf im November 2018 den Kompromiss vor:
§ 129 wird wie folgt geändert: In Satz 1 Nummer 2 wird die Angabe „oder mindestens 15 Euro“ gestrichen.
Die Vorgabe eines Preisabstands von 15 Euro, ab der nach Maßgabe des Rahmenvertrags ein preisgünstiges importiertes Arzneimittel abzugeben ist, hat sich überholt und wird gestrichen. Der generelle Preisabstand von 15 % solle aber bleiben.

Bedenken des Wirtschaftsministeriums

Das Wirtschaftsministerium äußert prompt Bedenken und schreibt am 21.11.2018: „Es gibt zahlreiche Unternehmen, die sich auf den Arzneimittelimport spezialisiert haben (z.B. Kohlpharma, MPA Pharma, EMRAmed). Sie profitieren direkt von der Importförderklausel, insbesondere von der Zunahme hochpreisiger Arzneimittel in der Versorgung. Aufgrund der 15,-Euro-Regelung steigt die Handelsmarge der Importeure je höher der Preis des Arzneimittels in Deutschland ist. Die Importeure können den überwiegenden Teil des Preisunterschiedes abschöpfen.“ Das BMWi stimmt nach einigem Hin- und Her, angesichts der Tatsache, dass Verbände, Patientenvertretungen und Kassen einheitlich für die komplette Streichung der Klausel seien,  dem Spahn-Vorschlag zu, vorausgesetzt, der Chef, Herr Altmaier, habe keine Bedenken.

Die Lobby greift ein

Anfang Januar 2019 erhält das Wirtschaftsministerium eine Mail eines Mitarbeiters der Firma Kohlpharma. Kohlpharma macht Geschäfte mit Arzneimittelimporten und profitiert hervorragend von der bestehenden Importklausel. Der Sitz der Firma ist in Merzig im Wahlkreis von Bundeswirtschaftsminister Altmaier. Inhalt der Mail:
„… Diese Neuregelung würde den Import gerade höherpreisiger Arzneimittel nahezu unmöglich machen, da diese Preisabstände zwischen den europäischen Märkten nur in Ausnahmefällen existieren. Gerne würde ich darüber kurz mit Ihnen telefonieren.“ Der Kohlpharma-Lobbyist hat auch gleich einen Vorschlag parat, wie der Gesetzestext besser lauten solle:
„§ 129 Abs. 1 Nr. 2 SGB V könnte wie folgt lauten : 2. ,,Abgabe von preisgünstigen importierten Arzneimitteln, deren für den Versicherten maßgeblicher Arzneimittelabgabepreis unter Berlicksichtigung der Abschläge nach § 130a Absatz 1, la, 2, 3a und 3b mindestens 15 vom Hundert bei einem Abgabepreis bis einschließlich 100,00 EUR oder mindestens 15,00 EUR bei einem Abgabepreis von über 100,00 EUR bis einschließlich 300,00 EUR oder von mindestens 5 % bei einem Abgabepreis von über 300,00 EUR niedriger ist als der Preis des Bezugsarzneimittels; …. „

Telefonate

Tatsächlich fanden dann Mitte Januar 2019 „Telefonate“ Zwischen Herrn Altmaier und Jörg Geller, Vorstand Kohl Medical AG statt, wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion (Drucksache 19/9167 vom 5.4.2019) hervorgeht.

Inzwischen, also Mitte Januar 2019, legt Minister Spahn dei Kabinettvorlage zu seinem Gestz vor. Die enthält nun eine völlige Streichung der Importklausel.

Altmaier vs Spahn

In den Tagen darauf kommt es wohl zu heftigen Interventionen des Wirtschaftsministers bei seinem Kabinettskollegen. Das Ergebnis wird am 21.1.2018 mitgeteilt: „..haben sich BM Altmaier und BM Spahn nach hiesiger Kenntnis zur Importregelung verständigt. Diese soll dem zwischen DAV und GKV-SV neu gefassten Rahmenvertrag zur Arzneimittelversorgung entsprechen: 15 Prozent bis 100 Euro, 15 Euro bis 300 Euro und ab dann 5 Prozent.“
Genauso sieht dann die neue Fassung der Kabinettsvorlage vom 25.1.2018 aus und wird ein paar Tage später im Kabinett verabschiedet.

Bundesrat lehnt ab

Nun muss das Gesetz aber noch in den Bundesrat. Der lehnt ab: „Die derzeit geltende Importquote verpflichtet deutsche Apotheker, günstigere Medikamente aus dem Auslandsvertrieb zu nutzen, um die Krankenkassen zu entlasten. Der Bundesrat kritisiert diese Quote als bürokratische Doppelregulierung ohne großes Einsparpotenzial. Durch neuere preisregulierende Gesetze und aktuelle Rabattvereinbarungen habe sie erheblich an Bedeutung verloren. Der Importzwang berge zudem die Gefahr nicht mehr nachvollziehbarer Handelswege.“

Einwände werden geprüft und – abgelehnt

Die Bundesregierung lehnt den Einwand des Bundesrates nicht direkt ab, sondern verspricht, die Einwände zu prüfen. Das WIrtschaftsministerium freut sich: „Das BMG geht also offensichtlich auch davon aus, dass das Plenum des Bundesrates der Beschlussempfehlung des federführenden Gesundheitsausschμsses folgen wird, daher soll die „weiche“ Formulierung „Prüfung“ verwendet werden und nicht die „harte“ · Formulierung „Ablehnung“. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung ist mit dieser Formulierung nicht gefährdet.“

So ist es. Das Gesetz wird mit der vom Lobbyisten vorgegeben Formulierung des § 129 SGB V verabschiedet und gilt seit dem 16.8.2019.

Quellen: Abgeordnetenwatch.de Bundestags- und Bundesrats-Drucksachen

Abbildung: AdobeStock_45632710.jpeg

Leistungen für Asylbewerber ab 2020

Das Dritte Gesetz zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes sowie das Geordnete-Rückkehr-Gesetz traten – als Teile des Migrationspakets – am 21. August 2019 bzw. am 1. September 2019 in Kraft. Über die daraus resultierenden Änderungen und Verschärfungen berichteten  wir im August 2019.

Am 9.10.2019 wurden durch die Bekanntmachung über die Höhe der Leistungssätze nach § 3a Absatz 4 des Asylbewerberleistungsgesetzes die Bedarsfbeträge für die Zeit ab 1. Januar 2020 festgelegt.

Danach steigen die Grundleistungen für Alleinstehende auf 351 EUR. Auch die anderen Bedarfsbeträge werden zu Jahresbeginn angehoben.

Leistungen: Bedarfe, Bargeldbedarfe

§§ 3, 3a AsylbLG

§ 3 Abs. 1 AsylbLG enthält eine Definition des notwendigen Bedarfs und des notwendigen persönlichen Bedarfs. Bei den Grundleistungen des Asylbewerberleistungsgesetzes wird seit jeher unterschieden zwischen notwendigem Bedarf und notwendigen persönlichen Bedarf (vor 2015 gerne als „Taschengeld“ bezeichnet, bis 23.10.2015 wurde dieser Betrag dann Bargeldbetrag genannt – diese Bezeichnung ließ sich aufgrund der Einführung des Sachleistungsprinzips in Erstaufnahmeeinrichtungen durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz nicht mehr aufrecht erhalten).

Bedarfssätze der Grundleistungen

§ 3a AsylbLG

Die Bedarfssätze der Grundleistungen sind seit 01.09.2019 in § 3a AsylbLG geregelt. Die Die Bedarfsstufen sind dabei in enger Anlehnung an die in § 8 RBEG geregelten, nach Alter und Haushaltskonstellation differenzierenden Regelbedarfsstufen ausgestaltet. Die Bedarfssätze sollen jährlich angepasst werden

Danach ergeben sich folgende Bedarfssätze ab 01.01.2020:

 

Stufe Notwendiger Bedarf Notwendiger persönlicher Bedarf Grundleistung gesamt
1 198 EUR 153 EUR 351 EUR
2 177 EUR 139 EUR 316 EUR
3 158 EUR 122 EUR 280 EUR
4 200 EUR 80 EUR 280 EUR
5 174 EUR 99 EUR 273 EUR
6 132 EUR 86 EUR 218 EUR

Zusätzlich zu dieser Grundleistung ist bei Vorliegen eines Bedarfs zusätzlich zu erbringen: Leistungen für Hausrat, Haushaltsenergie und Wohnungsinstandhaltung.

Ebenfalls extra zu bezahlen sind Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt, siehe § 4 AsylbLG sowie sonstige Leistungen nach § 6 AsylbLG.

Quellen: Bundesgesetzblatt, FOKUS-Sozialrecht, SOLEX

Abbildung: Fotolia_120511662_Subscription_XL.jpg

Existenzminimum für Kinder ist nicht gedeckt

Aus der Begründung zum „Starke-Familien-Gesetz„: „Der Kinderzuschlag soll so erhöht werden, dass er zusammen mit dem Kindergeld den durchschnittlichen Bedarf eines Kindes in Höhe des steuerfrei zu stellenden sächlichen Existenzminimums mit Ausnahme des Betrages für Bildung und Teilhabe deckt. Die Bildungs- und Teilhabeleistungen werden den Kindern gesondert gewährt.“

9 Euro zu wenig im Monat

Da der Kinderzuschlag für das Jahr 2020 aber auf 185 Euro gedeckelt ist, beträgt die Summe von Kindergeld (204 Euro) und Kinderzuschlag 389 Euro. Das sind 9 Euro pro Monat weniger, als das Existenzminimum ohne Leistungen für Bildung und Teilhabe, wie es im Existenzminimumbericht der Bundesregierung vom Oktober 2018 – für die Jahre 2019 und 2020 angegeben ist, nämlich 398 Euro.

Bildungs- und Teilhabeleistungen kommen nicht an

Zugute kommen sollen den Kindern in unserem Land aber ja noch die Segen des Bildungs- und Teilhabeleistungspakets. Dumm nur, dass, wie der Paritätische Wohlfahrtsverband jetzt nachgewiesen hat, kaum 15 % der Anspruchsberechtigten von diesen Leistungen profitieren.

Gründe sind unter anderem, dass es auf kommunaler Ebene sehr unterschiedliche Verwaltungsverfahren zur Umsetzung der Teilhabeleistungen gibt. In einem Großteil der Kommunen gelingt es nicht, sie an das Kind oder den Jugendlichen zu bringen. Die Probleme sind seit Langem bekannt. Bemängelt wurden in der Vergangenheit immer wieder komplizierte Antragsverfahren.

Keine Verbesserung durch die jüngsten Reformen

Vernichtendes Ergebnis der Studie: Die Leistungen für benachteiligte Kinder und Jugendliche sind in ihrer Höhe unzureichend und in der bestehenden Form schlicht nicht geeignet, Kinderarmut zu bekämpfen, Teilhabe zu ermöglichen und Bildungsgerechtigkeit sicherzustellen. Auch die kürzlich mit dem so genannten „Starke-Familien-Gesetz“ in Kraft getretenen Verbesserungen beim Bildungs- und Teilhabepaket seien allenfalls „Trostpflaster“ gewesen, aber keine zufriedenstellende Lösung, so der Paritätische Wohlfahrtsverband.

Kindergrundsicherung ist unverzichtbar

Notwendig sei die Einführung eines Rechtsanspruchs auf Angebote der Jugendarbeit im Kinder- und Jugendhilfegesetz und die Einführung einer bedarfsgerechten, einkommensabhängigen Kindergrundsicherung.

Quellen Paritätischer Wohlfahrtsverband, Bundesregierung

Abbildung: Fotolia_84842182_L.jpg

Angehörigen-Entlastungsgesetz

Der Bundesrat befasst sich am 11. Oktober 2019 mit dem Angehörigen-Entlastungsgesetz. Es geht um Pläne der Bundesregierung, erwachsene Kinder pflegebedürftiger Eltern finanziell zu entlasten: Zukünftig sollen die Sozialhilfeträger auf das Einkommen der Kinder erst dann zurückgreifen dürfen, wenn ihr Bruttoeinkommen 100.000 Euro übersteigt. Hier ein Bericht über die Kabinettsvorlage vom April 2019.

Der Entwurf eines Gesetzes zur Entlastung unterhaltsverpflichteter Angehöriger in der Sozialhilfe und in der Eingliederungshilfe (Angehörigen-Entlastungsgesetz) enthält aber auch noch andere Aspekte, die für die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes relevant sind.

Finanzierung der EUTB

EUTB sind Ergänzende Unabhängige Teilhabeberatungsstellen. Es ist ein unabhängiges Beratungsangebot, dessen Ziel es ist, Menschen mit Behinderungen oder drohenden Behinderungen sowie ihre Angehörigen zu unterstützen, damit sie ihre individuellen Bedürfnisse und Teilhabeziele verwirklichen können.
Mit dem Gesetzentwurf soll die rechtliche Grundlage für die Entfristung der ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB) geschaffen werden, die das Bundesministerium für Arbeit und Soziales seit dem 1. Januar 2018 fördert. Die EUTB, die derzeit laut § 32 SGB IX bis Ende 2022 befristet ist, soll ab dem Jahr 2023 dauerhaft finanziert werden. Dies entspricht ebenfalls einer Festlegung aus dem Koalitionsvertrag: Statt der bisherigen 58 Millionen Euro pro Jahr soll die Förderung dann 65 Millionen jährlich betragen.

Budget für Ausbildung

Eine weitere Ergänzung im SGB IX ist die Einführung eines Budgets für Ausbildung. So soll es, flankierend zum bisherigen Budget für Arbeit (§ 61 SGB IX), ein Budget für Ausbildung (zukünftig im § 61a SGB IX) geben. Menschen mit Behinderungen, die Anspruch auf das Eingangsverfahren und den Berufsbildungsbereich einer Werkstatt haben (§ 57 SGB IX), können damit in einem regulären sozialversicherungspflichtigen Ausbildungsverhältnis außerhalb von Werkstätten gefördert werden.

Arbeitsassistenz

Der Gesetzgeber hat ferner Klarstellungen zur Höhe der Leistungen bei der Arbeitsassistenz getroffen: Von den Integrationsämtern sollen zukünftig die vollen Kosten übernommen werden, wenn die Notwendigkeit der Arbeitsassistenz festgestellt wurde.

Unter Arbeitsassistenz (§ 185 Abs. 5 SGB IX) wird eine dauerhafte, regelmäßig und zeitlich nicht nur wenige Minuten täglich anfallende Unterstützung am Arbeitsplatz verstanden. Sie setzt voraus, dass die Nutzer und Nutzerinnen der Arbeitsassistenz für ihren Arbeitsbereich qualifiziert sind.

Der Leistungsumfang Arbeitsassistenz entspricht nicht der Unterstützten Beschäftigung. Arbeitsassistenz deckt (höchstens) einen Teil davon ab. Es können zwar mehrere Leistungen erforderlich sein und dementsprechend parallel gewährt werden. Dennoch handelt es sich um unterschiedliche Formen personaler Unterstützung im Arbeitsleben. Die Arbeitsassistenz ist dabei eine Geldleistung, die der behinderte Arbeitnehmer erhält, um sich seinen Arbeitsassistenten selbst anzustellen (sog. Arbeitgebermodell) oder bei einem ambulanten Dienst einzukaufen.

Quellen: Bundesrat, FOKUS-Sozialrecht, SOLEX

Abbildung: Fotolia_62030397_Subscription_XXL.jpg

Mindestunterhalt für 2020 und 2021

Mindestunterhalt für minderjährige Kinder

Eigentliche Kernvorschrift des Unterhaltsrechts ist § 1612a BGB, der beschreibt, wie der Mindestunterhalt für minderjährige Kinder zu ermitteln ist.

Bis Ende 2015 wurde der Mindestunterhalt in Anlehnung an den einkommensteuerrechtlichen Kinderfreibetrag in § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG definiert, das Unterhaltsrecht also an das Steuer- und Sozialrecht angelehnt.

Änderung der Berechnungsmethode

Diese Berechnungsmethode hat sich mit Wirkung ab 1. Januar 2016 geändert; der Mindestunterhalt wird seitdem nicht mehr an das Einkommen des Unterhaltsschuldners angeknüpft. Mit dem „Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts“ vom 20. November 2015 wurde festgelegt, dass sich der Mindestunterhalt künftig nach dem steuerfrei zu stellenden sächlichen Existenzminimum des minderjährigen Kindes richtet.

Der Unterhalt richtet sich somit nicht mehr nach einem Zwölftel des doppelten Kinderfreibetrags, sondern nach dem steuerfrei zu stellenden sächlichen Existenzminimum des minderjährigen Kindes.

Verordnung alle zwei Jahre

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird dazu künftig den Mindestunterhalt alle zwei Jahre durch eine Rechtsverordnung verkünden; als Grundlage für die Verordnung dient der jeweils aktuelle Existenzminimumbericht. Mit der Mindestunterhaltsverordnung vom 12. September 2019 wurde der Mindestunterhalt für die Jahre 2020 und 2021 festgelegt.

2020 beträgt der Mindestunterhalt

  • in der ersten Altersstufe (bis Vollendung des sechsten Lebensjahres) 369 EUR
  • in der zweiten Altersstufe (vom siebten bis zur Vollendung des zwölften Lebensjahrs) 424 EUR
  • in der dritten Altersstufe (vom 13. Lebensjahr an) 497 EUR

2021 beträgt der Mindestunterhalt

  • in der ersten Altersstufe (bis Vollendung des sechsten Lebensjahres) 387 EUR
  • in der zweiten Altersstufe (vom siebten bis zur Vollendung des zwölften Lebensjahrs) 434 EUR
  • in der dritten Altersstufe (vom 13. Lebensjahr an) 508 EUR

Düsseldorfer Tabelle, Unterhaltsvorschuss

Das Gesetz spricht von Mindestunterhalt, das bedeutet, dass nach wie vor höherer Unterhalt entsprechend höheren Einkünften geschuldet wird. Die Düsseldorfer Tabelle hat also nicht ausgedient, sie beginnt allerdings erst bei Beträgen, die den Mindestunterhalt übersteigen.

Auch die Höhe des Unterhaltsvorschusses nach dem Unterhaltsvorschussgesetz richtet sich nach dem gesetzlichen Mindestunterhalt. Unterhaltsvorschuss verfolgt das Ziel, den allein stehenden Elternteil zu entlasten und den Ausfall an Unterhalt für sein Kind nicht entstehen zu lassen.

Quelle: Bundesjustizministerium, SOLEX

Abbildung: pixabay.com: children-593313_1280.jpg

Wohngeld – Expertenanhörung und Bundesrat

Die von der Bundesregierung geplante Dynamisierung beim Wohngeld hat die Zustimmung von Experten gefunden. Allerdings fordern sie mehrheitlich eine automatische Anpassung in jedem und nicht in jedem zweiten Jahr. Dies zeigte sich bei einer Anhörung zum Gesetzentwurf zur Stärkung des Wohngeldes (19/10816, 19/11696) im Ausschuss für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen.

Höheres Leistungsniveau

Die Bundesregierung will das Leistungsniveau des Wohngeldes zum 1. Januar 2020 angeheben. Die Reichweite soll so ausgeweitet werden, dass die Zahl der Empfänger im nächsten Jahr nicht nur rund 480.000 Haushalte umfasst, wie es ohne Reform der Fall wäre, sondern circa 660.000 Haushalte.

Über den Fortgang der Gesetzesinitiative berichteten wir im März 2019 und im Juni 2019.

jährliche Dynamisierung

Der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen begrüßte die Dynamisierungsregelung als einen ersten und wichtigen Schritt. Sie verwies auf einen „Drehtüreffekt“: Viele Haushalte müssten durch die fehlende Anpassung des Wohngeldes in andere Leistungssysteme wechseln. Eine Klimakomponente müsse in die Berechnungen des Niveaus einfließen, wenn die Details über Maßnahmen der Regierung bekannt seien. Bis dahin sollten zumindest die Heizkosten berücksichtigt werden.

Auch der Deutsche Caritasverband hob die beabsichtigte regelhafte Dynamisierung des Wohngeldes hervor. Dadurch müssten steigende Wohnkosten nicht zum Anspruchsverlust oder zum Systemwechsel führen. Sie begrüßte die vorgesehene Anhebung der Höchstbeträge für Mieten und Belastungen nach Mietstufen sowie die Einführung einer neuen Mietstufe VII grundsätzlich, bezweifelte jedoch, dass die Obergrenzen das Mietniveau realistisch abbilden. Auch sie forderte die Einführung einer Heizkostenkomponente, durch welche die entsprechenden Preisentwicklungen transparent nachvollziehbar würden.

Klimakomponente

Der DGB begrüßte die Stärkung des Wohngeldes als wichtiges sozialpolitisches Instrument, das verhindere, dass Menschen in die Grundsicherung abrutschen. Um diesem Abrutschen wirksamer präventiv begegnen zu können, sei aber eine Entschärfung der Anrechnung von Erwerbseinkommen beim Wohngeld vonnöten. Außerdem sei die öffentliche Hand gefordert, den Bestand an preisgebundenen Wohnungen stark zu erhöhen. Dafür müssten Bund und Länder jedes Jahr gemeinsam sieben Milliarden Euro an Fördergeld bereitstellen. Zudem sei es erforderlich, den Mietmarkt stärker zu regulieren. Wohngeld sei kein Ersatz für eine soziale Wohnungspolitik.

Die Verbraucherzentrale Bundesverband plädierte dafür, das geplante Gesetz an den aktuellen Gegebenheiten des Immobilienmarktes und den jährlichen Entwicklungen der Einkommens- und Verbraucherpreise auszurichten. Ansonsten drohe die Reform nach kurzer Zeit zu verpuffen. Er drängte zudem darauf, dynamische Heizkosten- und Energiekostenkomponenten sowie eine Klimakomponente im Rahmen energetischer Sanierungen einzuführen. Die Einführung einer Klimakomponente forderte auch der Deutsche Mieterbund. Auf Dauer müssten Mietaufschläge wegen energetischer Sanierung berücksichtigt werden.

Länder fürchten Mehrkosten

Der Bundesrat begrüßte zwar in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf die Entlastung für Haushalte mit niedrigem Einkommen bei den Wohnkosten, verwies aber auf die hohen Belastungen für die Länder und plädierte dafür, dass die finanziellen Auswirkungen des Gesetzes vom Bund alleine getragen werden sollen. Dies lehnt die Bundesregierung aber ab. Eine hälftige Aufteilung der Wohngeldausgaben zwischen Bund und Ländern habe sich im Verwaltungsvollzug bewährt, heißt es in der Begründung.

Der letzte Punkt ist offensichtlich noch nicht ausdiskutiert. Vermutlich wird die Wohngeldreform daher frühestens in der letzten Bundesratssitzung in diesem Jahr endgültig verabschiedet. In Kraft treten, so die Planung, soll das Gestz schon ein paar Tage später, nämlich am 1. Januar 2020.

Quellen: Bundestag, Fokus Sozialrecht

Abbildung: pixabay.com: houses-1719055_1280.png

 

 

 

Rentenerhöhung 2020 soll gedeckelt werden

Spiegel, Focus, Zeit, FAZ berichten übereinstimmend, das Bundesarbeitsministerium plane eine Neuregelung der Rentenberechnung, so dass der schon vielfach vermutete hohe Rentenanstieg Mitte 2020 (ca. 5%) um etwa 2 % niedriger ausfalle. Dann könnte im Jahr darauf, im Jahr der Bundestagswahl der dann drohende geringe Rentenanstieg entsprechend aufgepeppelt werden.

Was zunächst wie ein Wahlkampfmanöver aussieht, entpuppt sich bei genaurem Hinsehen aber als ein Dilemma, in dem die Regierung steckt. Entweder wird sie für den Eingriff in die Rentenformel geschlten oder, wenn sie das nicht tut, muss sie sich Klagen über den niedrigen Rentenanstieg 2021 anhören. Offenbar ist ihr die Kritik in diesem Jahr lieber als im Bundestagswahljahr.

Was ist passiert?

Die Rentenformel zur Berechnung des Rentenwertes ist gestzlich festgelegt und hängt hauptsächlich von der Lohnentwicklung ab. Es gibt ein paar Faktoren, die in den letzten 20 Jahren in die Formel eingebaut wurden: Riesterfaktor, Nachhaltigkeitsfaktor, Schutzklausel. Die ersten beiden bremsen den Anstieg ein wenig, der letzte sorgt dafür, dass die Renten nicht niedriger sein dürfen als im Vorjahr, auch wenn die Löhne gesunken sind.

Das IfW (Institut für WIrtschaftsforschung) in Kiel machte darauf aufmerksam, dass durch eine Änderung der Berechnungsgrundlagen des Bundesamts für Statistik 2020 eine hohe Rentensteigerung zu erwarten sei. Im August 2019 fand nämlich in Deutschland eine turnusmäßige Generalrevision der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR) statt. In den VGR werden etwa alle fünf Jahre die Berechnungen grundlegend überarbeitet, zuletzt war dies 2014 der Fall. Im Rahmen der Generalrevision 2019 kam es weniger zu methodischen Änderungen, sondern es wurden insbesondere neue Datenquellen und Berechnungsmethoden berücksichtigt.

Änderung der Berechnungsgrundlagen

Im Bereich der Einkommen wurde unter anderem die Berechnung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer auf eine aktuellere Datenbasis gestellt. Demnach stellt sich das durchschnittliche Niveau der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer im Jahr 2016 höher dar als bislang ausgewiesen. Aufgrund der nun höher ausgewiesenen Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer – aber auch aufgrund des leicht abwärtsrevidierten nominalen Bruttoinlandsprodukts – ist die Lohnquote in den vergangenen Jahren stärker gestiegen als bislang ausgewiesen.

Für die Anpassung der Rentenberechnug im Jahr 2020 bedeutet dies, dass die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer laut VGR des Jahres 2019 nach neuem Rechenstand denen des Jahres 2018 nach altem Rechenstand gegenübergestellt werden. Durch die jüngste Revision der VGR ergibt sich allerdings eine größere Diskrepanz. Bereits der Wert des Jahres 2018 wird nun knapp 2 Prozent höher ausgewiesen. Hinzu kommt noch der eigentliche Lohnanstieg des Jahres 2019. Die Revision übersetzt sich somit eins zu eins in eine höhere Rentenanpassung im Juli 2020. Im Folgejahr geht diese Zahl allerdings invers ein, so dass der Rentenanstieg im Juli 2021 durch die Revision der VGR um rund 2 Prozentpunkte niedriger ausfällt. Das Rentenniveau ist dann so, als hätte es keine Datenrevision in den VGR gegeben. Es richtet sich am Zuwachs der beitragspflichtigen Entgelte aus. Allerdings sind die Renten zeitweise erhöht.

Empfehlung des IfW

Das sich abzeichnende Hin und Her der Rentenanpassungen für die Jahre 2020 und 2021 ist kein Einzelfall. So wurde die Rentenanpassung zur Mitte des Jahres 2015 durch die Revision der VGR im Jahr 2014 gedämpft und die zur Mitte des Jahres 2016 entsprechend erhöht. Bei großen Revisionen kann sich das Niveau der Bruttolöhne und -gehälter durchaus um einige Prozent verändern. Im Sinne einer langfristigen und verlässlichen Finanzpolitik, die bestrebt sein sollte, möglichst geringe Schwankungen zu erzeugen, empfiehlt das IfW daher, die Rentenformel so anzupassen, dass große Schwankungen bei Änderungen der Berechnungsgrundlagen vermieden werden.

Quellen: ZEIT, IfW, Bundesamt für Statistik

Abbildung: pixabay.com: dependent-100345_1280.jpg