Kostenbeiträge junger Volljähriger

Eine wichtige Neuerung durch das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) vom Juni 2021, der Reform des SGB VIII ist die Reduzierung der Kostenheranziehung bei jungen Volljährigen von 75 % auf höchstens 25 %.

Hilfe für junge Volljährige

Hilfe für junge Volljährige wird in der Regel nur bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gewährt; in begründeten Einzelfällen soll sie für einen begrenzten Zeitraum darüber hinaus fortgesetzt werden. Junger Volljähriger ist nach den Begriffsbestimmungen in § 7 SGB VIII wer 18, aber noch nicht 27 Jahre alt ist.

Ferienjobs werden nicht herangezogen

Neben Kostenheranziehung von höchstens 25 % wird ein Betrag von 150 Euro des Einkommens aus Schülerjobs bzw. Praktika oder einer Ausbildungsvergütung von der Kostenheranziehung ausgenommen. Einkommen aus Ferienjobs und aus ehrenamtlichen Tätigkeiten werden ebenfalls nicht berücksichtigt.

Aktuelles Monatseinkommen zählt

Für die Ermittlung des Einkommens als Grundlage der Berechnung des Kostenbeitrags von jungen Menschen gilt nicht das durchschnittliche Monatseinkommen des Jahres, das dem Jahr der Leistung vorangeht, sondern das aktuelle Monatseinkommen maßgeblich ist. Damit wird hier von § 93 Abs. 4 SGB VIII abgewichen.

Vermögen unberücksichtigt

Eventuell vorhandenes Vermögen von jungen Erwachsenen wird bei der Kostenbeteiligung nicht berücksichtigt (§ 92 Abs. 1a SGB VIII).

Leistungen mit Kostenbeteiligung

Junge Volljährige können mit ihrem Einkommen zur Kostenbeteiligung herangezogen werden, wenn sie

während der Teilnahme an schulischen oder beruflichen Bildungsmaßnahmen oder bei der beruflichen Eingliederung in einer sozialpädagogisch begleiteten Wohnform leben (§ 13 Abs.3 SGB VIII),
bei notwendiger Unterbringung junger Menschen in einer geeigneten Wohnform zur Erfüllung der Schulpflicht und zum Abschluss der Schulausbildung (§ 21 SGB VIII)
bei Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche durch geeignete Pflegepersonen sowie in Einrichtungen über Tag und Nacht und in sonstigen Wohnformen (§ 35a Abs.2 SGB VIII)
bei Hilfe zur Erziehung
– in Vollzeitpflege (§ 33 SGB VIII),
– in einem Heim oder einer sonstigen betreuten Wohnform (§ 34 SGB VIII),
– in intensiver sozialpädagogischer Einzelbetreuung, sofern sie außerhalb des Elternhauses erfolgt (§ 35 SGB VIII),
– in stationärer Form auf der Grundlage von § 27 SGB VIII

Einkommen

Das zum Lebensunterhalt zur Verfügung stehende Einkommen wird zur Grundlage für den Einkommenseinsatz genommen.

Definition Einkommen

Einkommen im Sinne dieser Vorschrift sind somit – bis auf wenige Ausnahmen – alle Einkünfte in Geld und Geldeswert. Leistungen, die dem selben Zweck dienen wie Leistungen der Jugendhilfe, sind kein Einkommen, sondern sind unabhängig vom Kostenbeitrag einzusetzen. Dies können zum Beispiel Beihilfen für Kinderbetreuung sein. Zum Einkommen zählen auch nicht Leistungen, die auf Grundlage öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden z. B. Mittel, die zur Gebäudesanierung bestimmt sind (§ 93 Abs. 1 SGB VIII).

Geschwister-Kindergeld

Mit Urteil vom 12.5.2011 hat das Bundesverwaltungsgericht (Az. 5 C 10.10) entschieden, dass der Jugendhilfeträger Geschwisterkindergeld nicht zum Einkommen des Klägers rechnen darf. Kindergeld dient in erster Linie der Sicherung „des Existenzminimums eines Kindes einschließlich der Bedarfe für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung“ und ist danach eine für das jeweilige Kind bestimmte Leistung.

Mit diesem Zweck ist es unvereinbar, wenn das für Geschwister gezahlte Kindergeld zur Leistung eines Kostenbeitrags zu Jugendhilfemaßnahmen für ein anderes Kind in Anspruch genommen werde. Dies würde zu einer indirekten Kostenbeteiligung der Geschwister führen.

Kindergeld nur bei vollstationären Leistungen

Nur das für ein untergebrachtes Kind selbst gezahlte Kindergeld muss nach ausdrücklicher gesetzlicher Regelung (§ 93 SGB VIII i.V.m. § 7 Kostenbeitragsverordnung) für die Jugendhilfekosten eingesetzt werden, aber nur bei vollstationären Leistungen.

Abzüge vom Einkommen

Von den Bruttobeträgen des Einkommens werden Steuern, Sozialversicherungsbeträge und angemessene Beiträge für Versicherungen zur Absicherungen im Falle von Alter, Krankheit, Pflegebedürftigkeit und Arbeitslosigkeit angesetzt. So ergibt sich das zu berücksichtigende Nettoeinkommen.

weitere Belastungen

Von diesem Nettoeinkommen werden nun weitere Belastungen abgesetzt. Dabei handelt es sich um weitere Versicherungsbeiträge, Werbungskosten (mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben) und Schuldverpflichtungen. Die Berücksichtigung von Schuldverpflichtungen stellt sicher, dass die planmäßige Abwicklung von Maßnahmen der Schuldenregulierung durch die Berechnung von Kostenbeiträgen zu Maßnahmen der Jugendhilfe nicht gefährdet wird.

Diese Belastungen werden ohne Nachweis mit 25 % des Nettoeinkommens angerechnet. Soweit höhere Aufwendungen bestehen, müssen diese nachgewiesen werden. Sie können im Rahmen einer Billigkeitsprüfung anerkannt werden (vgl. § 93 Abs. 3 SGB VIII).

Quelle: SOLEX

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Regelsatzverordnung für 2022

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat den Entwurf einer Verordnung zur Fortschreibung der Regelbedarfsstufen nach § 28a des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch für das Jahr 2022 (RBSFV 2022) vorgelegt. Die Regelsätze sollen demnach so aussehen:

Regelbedarfsstufen nach § 28 in Euro

Gültig

ab
Regel
bedarfs
stufe 1
Regel
bedarfs
stufe 2
Regel
bedarfs
stufe 3
Regel
bedarfs
stufe 4
Regel
bedarfs
stufe 5
Regel
bedarfs
stufe 6
1.1.2022449404360376311285
Das wären in allen Stufen jeweils 3 Euro mehr als 2021,
Kinder unter 6 Jahren bekommen nur einen Zuschlag von 2 Euro.

Gesetzeskonforme Berechnung der Regelsätze

Grundlage für die Regelbedarfsermittlung ist die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS), die alle fünf Jahre vom Statistischen Bundesamt durchgeführt wird. Die EVS liefert statistische Angaben zu den Lebensverhältnissen der privaten Haushalte in Deutschland, insbesondere über deren Einkommens-, Vermögens- und Schuldensituation sowie die Konsumausgaben.
In Jahren, für die keine Neuermittlung von Regelbedarfen nach § 28 SGB XII erfolgt – so wie im letzten Jahr – wird eine Fortschreibung der Regelbedarfsstufen vorgenommen.
Die Höhe der jährlichen Fortschreibung der Regelbedarfsstufen ergibt sich aus der Berücksichtigung der Veränderungsraten zweier Größen, nämlich der Preisentwicklung regelbedarfsrelevanter Güter und Dienstleistungen einerseits und der Entwicklung der Nettolöhne und -gehälter je beschäftigten Arbeitnehmer andererseits (§ 28a SGB XII). Beide Entwicklungen münden in einen Mischindex, an dem die Preisentwicklung einen Anteil von 70 Prozent und die Nettolohn- und -gehaltsentwicklung einen Anteil von 30 Prozent hat.

  • Die Entwicklung der regelbedarfsrelevanten Preise beträgt +0,1 Prozent.
  • Die entsprechende Entwicklung der Nettolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer beläuft sich auf +2,31 Prozent.

Die Veränderungsrate für die Fortschreibung der Regelbedarfe beträgt demnach

70 Prozent von 0,1% = 0,07%
plus
30 Prozent von 2,31% = 0,69%
gleich:
0,76%.

Die aktuelle Berechnung ergibt also eine Erhöhung um 0,76%. Danach muss der Regelsatz 2022 für alleinstehende Erwachsene von 446 Euro auf 449 Euro steigen.

Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf

Der nach § 34 Absatz 3 SGB XII anzuerkennende Teilbetrag für ein erstes Schulhalbjahr eines Schuljahres wird kalenderjährlich mit dem in der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung bestimmten Prozentsatz fortgeschrieben. Der fortgeschriebene Wert wird kaufmännisch gerundet. Entsprechend steigt der Teilbetrag von bisher 103 Euro für das erste Schulhalbjahr auf 104 Euro (1,0076 X 103 Euro = 103,7828 Euro)). Der Betrag für das zweite Schulhalbjahr steigt dadurch auf 52 Euro.

Blanker Hohn

Der Paritätische hatte bereits früh vor einer ungenügenden Fortschreibung gewarnt und die zu geringe Erhöhung öffentlich kritisiert und die minimale Erhöhung gerade für Kinder als „blanken Hohn“ bezeichnet. Die Steigerung falle geringer aus als die Inflationsrate.

Quellen: BMAS, Paritätische

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Verbesserungen beim Elterngeld

Für Eltern, deren Kinder seit dem 1. September 2021 geboren sind, gelten nun die Änderungen im Elterngeldgesetz. Das Bundesfamilienministerium veröffentlichte dazu eine Pressemitteilung.

Wesentliche Änderungen

Mehr Teilzeitmöglichkeiten

  • Die während des Elterngeldbezugs und der Elternzeit zulässige Arbeitszeit wird von 30 auf 32 Wochenstunden – also auf volle vier Arbeitstage – angehoben.
  • Auch der Partnerschaftsbonus, der die parallele Teilzeit beider Eltern unterstützt, kann künftig mit 24–32 Wochenstunden (statt mit bisher 25–30 Wochenstunden) bezogen werden und wird auch sonst an vielen Stellen vereinfacht und flexibler gestaltet.
  • Eltern, die während des Elterngeldbezugs Teilzeit arbeiten, nur im Ausnahmefall nachträglich Nachweise über ihre Arbeitszeit erbringen. Ab jetzt wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass die im Antrag angegebenen Arbeitsstunden nicht überschritten werden.

Länger Elterngeld für Frühchen

Kommt das Kind sechs Wochen vor dem errechneten Geburtstermin oder früher auf die Welt, erhalten Eltern zusätzliche Monate Elterngeld, um in dieser herausfordernden Situation mehr Zeit für das Kind zu haben. Damit fokussiert das Elterngeld stärker als zuvor den individuellen zeitlichen Bedarf und unterstützt mehr Eltern, sich um ihr Kind in dieser besonderen Lebenssituation zu kümmern. Bis zu vier zusätzliche Monate Basiselterngeld sind möglich, abhängig vom Geburtstermin:

  • bei einer Geburt mindestens 6 Wochen vor dem errechneten Termin:
    1 zusätzlicher Monat Basiselterngeld
  • bei einer Geburt mindestens 8 Wochen vor dem errechneten Termin:
    2 zusätzliche Monate Basiselterngeld
  • bei einer Geburt mindestens 12 Wochen vor dem errechneten Termin:
    3 zusätzliche Monate Basiselterngeld
  • bei einer Geburt mindestens 16 Wochen vor dem errechneten Termin:
    4 zusätzliche Monate Basiselterngeld

Verwaltungsvereinfachungen 

Einnahmen von Eltern mit geringen selbständigen Nebeneinkünften werden auf Antrag besser im Elterngeld berücksichtigt.

Einkommensgrenzen

Nur noch Eltern, die gemeinsam 300.000 Euro oder weniger im Jahr verdienen, erhalten Elterngeld.  Bisher lag die Grenze für Paare bei 500.000 Euro. Für Alleinerziehende liegt die Grenze weiterhin bei 250.000 Euro.

Quelle: BMFSFJ

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Drei-Stufen-Plan zur Inklusion

Mit der Reform des SGB VIII, also der Kinder- und Jugenhilfe, sollen bis 2028 die Zuständigkeiten der Leistungen für junge Menschen mit Behinderungen unter dem Dach der Kinder- und Jugendhilfe im SGB VIII zusammengeführt werden. Dies wird als „Inklusive Lösung“ bezeichnet.

Debatte sei 2012

Die Diskussion um eine Gesamtzuständigkeit der Kinder- und Jugendhilfe für alle jungen Menschen, ob mit oder ohne Behinderung wird eigentlich schon seit Einführung des SGB VIII im Jahr 2012 geführt. Auf dem Weg zu einem inklusiven Leistungssystem ist man seitdem noch nicht vorangekommen.

Nach langer Debatte und mehreren vergeblichen Anläufen soll dies nun das im Juni verabschiedetete „Kinder- und Jugendstärkungsgesetz“ (KSJG) richten. Das KSJG beschreibt einen Fahrplan, wie die Inklusive Lösung bis 2028 zu erreichen ist.

Warum Inklusive Lösung?

Inklusion beinhaltet das Wahrnehmen und Anerkennen unterschiedlicher Bedürfnisse, die aus vielfältigen Lebenskontexten entstehen. Gesellschaftliche und staatliche Aufgabe ist es, dabei Teilhabebarrieren, soziale Ausgrenzungen und strukturelle Benachteiligungen abzubauen. Diese können schon allein durch die bestehende Zuständigkeeitsspaltung zwischen der Eingliederungshilfe für junge Menschen mit körperlicher und geistiger Behinderung im SGB IX und der Eingliederungshilfe für junge Menschen mit seelischer Behinderung im SGB VIII entstehen.

Wer ist betroffen?

360 000 Kinder und Jugendliche haben eine seelische, geistige oder körperliche Behinderung. Bisher ist die Kinder- und Jugendhilfe nach dem SGB VIII nur für Leistungen der Eingliederungshilfe für rund 100 000 Kinder mit einer seelischen Behinderung zuständig. Ca. 260 000 Kinder mit einer geistigen oder körperlichen Behinderung sind dem Träger der Eingliederungshilfe nach dem SGB IX zugewiesen (vgl. BT-Drs. 19/26107, S. 42).

Die erste Stufe

Die erste Stufe sieht die Gestaltung einer inklusiven Kinder- und Jugendhilfe und die Bereinigung der insbesondere zwischen Kinder- und Jugendhilfe und Eingliederungshilfe bestehenden Schnittstellen vor. Diese Regelungen traten unmittelbar am Tag nach der Verkündung des Gesetzes in Kraft und umfassen insbesondere:

  • Verankerung des Leitgedankens der Inklusion auf Grundlage der VN-BRK bezogen auf die Kinder- und Jugendhilfe insgesamt und in ihren jeweiligen Aufgabenbereichen,
  • Weiterentwicklung der inklusiven Betreuung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege,
  • Zusammenarbeit der Sozialleistungsträger beim Zuständigkeitsübergang,
  • Beratung zu Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe sowie zur Orientierung an den Schnittstellen zu anderen Leistungssystemen
  • fallbezogene Zusammenarbeit im Teilhabe-, Gesamt- und Hilfeplanverfahren.

Die zweite Stufe

Die zweite Stufe sieht die Einführung der Funktion eines „Verfahrenslotsen“ beim Jugendamt im Jahr 2024 vor (vgl. § 10b SGB VIII, gültig ab 1.1.2024). Eltern und andere Erziehungsberechtigte sowie junge Menschen bekommen somit einen verbindlichen Ansprechpartner und werden von einer einzigen Stelle durch das gesamte Verfahren begleitet. Möglich ist aber auch, dass Modellprojekte in den Bundesländern bereits jetzt weitergeführt werden bzw. Bundesländer Verfahrenslotsen bereits früher einführen.

Einen Zwischenschritt bei der Umsetzung der zweiten Stufe markiert die Verkündung eines Bundesgesetzes bis spätestens 01.01.2027. Es muss (mindestens)

  • konkrete Regelungen zum leistungsberechtigten Personenkreis,
  • zu Art und Umfang der Leistung,
  • zum Verfahrensrecht und zur Kostenbeteiligung enthalten.

Grundlagen für die Ausgestaltung dieses Bundesgesetzes sollen die Ergebnisse einer prospektiven Gesetzesfolgenabschätzung und einer (wissenschaftlichen) Umsetzungsbegleitung sein. Wenn es dieses Bundesgesetz bis zum 01.01.2027 gibt, kann die dritte Stufe verwirklicht werden.

Die dritte Stufe

Sie sieht die Übernahme der vorrangigen Zuständigkeit des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe für Leistungen der Eingliederungshilfe auch an junge Menschen mit (drohenden) körperlichen oder geistigen Behinderungen, die nach derzeitiger Rechtslage Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) Teil 2 erhalten, im Jahr 2028 vor.

Quellen: Bundestag, SOLEX, Walhalla Fachredaktion Kinder- und Jugendstärkungsgesetz: Weiterentwicklung des SGB VIII

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Ombudstellen

Das Wort Ombud ist abgeleitet von dem altnordischen Begriff für ‚Auftrag‘ oder ‚Vollmacht‘. Ein Ombudsmann bzw. Ombudsfrau oder Ombudsperson erfüllt die Aufgabe einer unparteiischen Schiedsperson. In Deutschland gibt es mit den ‚Beauftragten‘ (Wehrbeauftragter, Gleichstellungsbeauftragter, Behindertenbeauftragter) schon mehrere bei der Bundes-, oder Landesregierung oder kommunalen Verwaltungen angesiedelte Stellen, deren Aufgabe als Vermittler zwischen Bürger*innen und Staat den Ombudspersonen ähnelt.

Ombudsstellen in der Kinder- und Jugendhilfe

§ 9a SGB VIII

Mit dem Inkrafttreten des Kinderjugendstärkungsgesetz (KJSG) am 10. Juni 2021 ist erstmals die verbindliche Einrichtung von unabhängigen, fachlich nicht weisungsgebundenen Ombudsstellen durch die Länder gesetzlich geregelt.

Zu finden sind die Ombudsstellen über das „Bundesnetzwerk Ombudschaft Kinder- und Jugendhilfe“. Dort findet man die Ombudsstellen der Budesländer.

Entwicklung

Initiativen zur ombudschaftlichen Beratung und Unterstützung, die seit einigen Jahren die herkömmlichen Beratungs- und Unterstützungsangebote der Kinder- und Jugendhilfe ergänzen, sind aus dem wachsenden Bewusstsein entstanden, dass die Kinder- und Jugendhilfe in besonderer Weise von einer strukturellen Machtasymmetrie zwischen professionellen Helfern und Hilfe- bzw. Leistungsempfängern geprägt ist.

Die erste Ombudsstelle, Berliner Rechtshilfefonds Jugendhilfe e.V., wurde 2002 gegründet; in den folgenden Jahren entstanden weitere Ombudsstellen und Initiativen mit dem Ziel Betroffene in der Sicherstellung ihrer Rechte zu unterstützen. Anlass für diese Entwicklung, insbesondere in Berlin, waren die drastischen Kürzungen öffentlicher Ausgaben in der Kinder- und Jugendhilfe, die dazu führten, dass es Personensorgeberechtigten (Anspruchsberechtigte bei Hilfen zur Erziehung) und jungen Volljährigen sehr schwer gemacht oder gar verwehrt wurde, ihren Anspruch auf Leistungen nach dem SGB VIII zu realisieren.

Schwerpunkte

In der Arbeit der Beschwerde- und Ombudsstellen in der Jugendhilfe sind heute zwei Schwerpunkte zu beobachten:

  1. die Unterstützung der Ratsuchenden zur Sicherstellung ihrer Rechte bei der Leistungsgewährung durch ein Jugendamt und
  2. die Unterstützung während der Leistungserbringung durch einen Träger der freien Jugendhilfe.

Die Ombudsstellen dienen als Anlaufstellen für junge Menschen und ihre Familien zur Vermittlung und Klärung von Konflikten im Kontext sämtlicher Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe. Zum Aufgabenprofil der Ombudsstellen gehört die Beratung junger Menschen und ihrer Familien im Kontext der Vermittlung und Klärung von Konflikten zwischen Leistungsträgern und Leistungsempfängern, nicht jedoch die allgemeine Beratung.

Vorgaben

Die Länder sind verpflichtet – vorbehaltlich Artikel 84 Absatz 1 Satz 2 Grundgesetz (Bundesaufsicht bei landeseigener Verwaltung) – zur Sicherstellung einer bedarfsgerechten Infrastruktur Ombudsstellen einzurichten. Dabei ist zu gewährleisten, dass im Hinblick auf den Gesamtbestand und die jeweilige Ausstattung ausreichend Ombudsstellen zur Verfügung stehen, um den Bedarf junger Menschen und ihrer Familien nach ombudsschaftlicher Beratung und Unterstützung zu befriedigen.

Unabgängig – nicht weisungsgebunden

Ombudsstellen müssen unabhängig arbeiten und dürfen fachlich nicht weisungsgebunden sein, damit die mit der verbindlichen Einrichtung von Ombudsstellen intendierte Stärkung unterstützender Strukturen zur Sicherung der Rechte von Kindern und Jugendlichen und ihren Familien realisiert werden kann. Nur dann ist ein niedrigschwelliger Zugang für die betroffenen Eltern, Kinder und Jugendlichen sichergestellt und kann eine für die Beratung, Unterstützung und Aufarbeitung häufig sehr komplexer Fallkonstellationen notwendige Vertrauensbasis und Akzeptanz entstehen.

Verpflichtung der Länder

Die Verpflichtung zur Errichtung einer zentralen Ombudsstelle wird in § 9a Satz 4 SGB VIII bei den Ländern geregelt, die nun gefordert sind, bedarfsgerecht regionale Ombudsstellen einzurichten. Gleichzeitig ermöglicht der Landesvorbehalt, dass schon bestehende „ombudschaftliche“ Strukturen erhalten bzw. weiterentwickelt werden können. Für den Aufbau der Ombudsstellen wird ein Erfüllungsaufwand von 108 Tsd. Euro veranschlagt, für den Unterhalt der Ombudsstellen auf regionaler Ebene wird ein jährlicher Aufwand von 26 Mio. Euro geschätzt (Drs. 19/26107, S. 61).

Quellen: Bundestag, SOLEX, Walhalla Fachredaktion Kinder- und Jugendstärkungsgesetz: Weiterentwicklung des SGB VIII

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Grundrente – Ärger mit Ansage

„Intransparent und für Laien nicht zu durchschauen! Grundrente startet mit vorhersehbaren Mängeln“ – so titelt die Pressemitteilung des Bundesverbandes der Rentenberater e.V. Er sieht deutlichen Verbesserungsbedarf bei Umsetzung der Grundrentenzuschläge.

Das „neue Grundrente“ ist zwar schon seit Januar 2021 in Kraft; seit Juli treffen nun die ersten Bescheide mit den errechneten Grundrentenzuschlägen ein. Aber: diese Bescheide erweisen sich als intransparent und nicht nachvollziehbar: „Leider bestätigt sich unsere Befürchtung, dass überhaupt nicht klar wird, wie die Zuschläge zustande kommen. Die Grundlagen für die Berechnung sind schlicht nicht aufgeführt und damit auch nicht nachvollziehbar. Die Betroffenen sollen offenbar dankbar nehmen was kommt und keine (weiteren) Fragen stellen.“, so Anke Voss, die Präsidentin des Bundesverbands der Rentenberater e.V.

Dieses Manko sei auch bei den regulären Bescheiden seit einiger Zeit bemerkbar, auch ihnen fehlen nun Berechnungsinformationen. Die Deutsche Rentenversicherung habe die Bescheide in einem mehrstufigen Prozess dahingehend ‚optimiert‘, was sowohl von Verbänden als auch von den Landessozialgerichten moniert worden sei.

In der gegenwärtigen Ausgestaltung können nur Experten überprüfen, ob wirklich alle infrage kommenden Zeiten des Arbeitslebens berücksichtigt und die Berechnungen korrekt ausgeführt wurden.

„Allem Anschein nach ist eine Überprüfung der Grundrentenzuschläge schlicht nicht gewollt. Zumindest sind die Hürden so hoch, dass sich viele Betroffene vermutlich einfach damit zufriedengeben werden.“, bedauert Voss.

Die Höhe des Grundrentenzuschlages hänge von sehr vielen, unterschiedlichen Faktoren ab. Betroffene können viele wichtige Aspekte erst erkennen, wenn es vielleicht schon zu spät ist – nämlich, wenn sie in Rente gehen. Mit entsprechendem Vorlauf lassen sich allerdings vor dem Renteneintritt noch die richtigen Weichen stellen.

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Der neue Grundrentenzuschlag

Anspruchsvoraussetzungen – Berechnung – Verhältnis zu anderen Leistungen

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Auftrag an die neue Regierung: Kindergrundsicherung

Ein breites Bündnis von 22 zivilgesellschaftlichen Organisationen, Verbänden und Gewerkschaften, darunter DGB, Diakonie, Der Paritätische, AWO, Kinderschutzbund, Kinderhilfswerk und VDK, haben in einer gemeinsamen Erklärung zur Bundestagswahl die Parteien aufgefordert, der Bekämpfung von Kinderarmut in der nächsten Wahlperiode höchste Priorität einzuräumen und eine Kindergrundsicherung einzuführen.

Drei Millionen

Zur Zeit leben fast 3 Millionen Kinder und Jugendliche von staatlichen Leistungen zur Existenzsicherung, davon 1,6 Millionen, obwohl ihre Eltern erwerbstätig sind. Sie sind auf Leistungen nach SGB II und SGB XII angewiesen, auf Kindergrundsicherung, Wohngeld oder Asylbewerberleistungen unter 18 Jahre.

Auswirkungen auf Zukunftschancen

Das Fatale an der Kinderarmut ist, dass sie nicht nur Auswirkungen auf die gegenwärtige Lage der Kinder hat, sondern ihnen auch in hohem Maße die Zukunftschancen verbaut.

Bürokratische Hindernisse

Viele familienbezogene Leistungen erreichen ihr Ziel nicht. Sie sind aufgrund bürokratischer Hürden nicht einfach zugänglich und vielfach nicht ausreichend aufeinander abgestimmt. Deshalb werden viel zu viele Kinder und ihre Familien nicht erreicht, beispielsweise hat der Kinderzuschlag eine sehr hohe Nichtinanspruchnahme und bei Leistungen von sogenannten „Aufstocker*innen“ spricht die Bundesregierung selbst von einer Dunkelziffer von bis zu 50 Prozent.

Kindergeld – einfach, aber ungerecht

Relativ leicht zu bekommen ist einzig das Kindergeld. Hier profitieren allerdings Familien mit hohen Einkommen durch den Kinderfreibetrag deutlich stärker als Familien, die nur das Kindergeld erhalten – dieser Vorteil kann sich bis zum 18. Geburtstag eines Kindes auf bis zu 20.000 Euro summieren.

Umfassende Reform

Die unterzeichnenden Organisationen fordern deshalb eine umfassende Reform zur Bekämpfung von Kinderarmut. Die Kindergrundsicherung gehört in den nächsten
Koalitionsvertrag und muss als prioritäres Vorhaben in der kommenden Legislaturperiode umgesetzt werden.

Anforderungen an eine Kindergrundsicherung

Die Kindergrundsicherung muss so ausgestaltet sein,

  • dass sie eine eigenständige Leistung für jedes Kind ist.
  • Sie soll bestehende kinderbezogene Leistungen bündeln und Kindergeld, den steuerlichen Kinderfreibetrag, den Kinderzuschlag, die Hartz-IV-Leistungen für Kinder und Jugendliche und die pauschalen Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets ersetzen.
  • Die Basis für eine Kindergrundsicherung muss ein neu berechnetes kindliches
    Existenzminimum sein, dazu gehören die notwendigen Ausgaben für den Lebensunterhalt genauso wie für Bildung und soziale Teilhabe. Notwendig ist eine
    Leistungshöhe, die deutlich über den Hartz-IV-Sätzen für Kinder und Jugendliche liegt.
  • Sie muss sozial gerecht ausgestaltet sein und Kinder in allen Familienformen gleichermaßen erreichen. Die am stärksten von Armut betroffenen Familien müssen deutlich bessergestellt werden, mit steigendem Einkommen sinkt die Leistung langsam ab. Die Anrechnung von Einkommen muss so gestaltet werden, dass die Aufnahme oder die Ausweitung einer Erwerbstätigkeit ausreichend wertgeschätzt und honoriert wird. Schnittstellen zu anderen Leistungen, wie Unterhalt und Unterhaltsvorschuss müssen gut aufeinander abgestimmt sein.
  • Sie muss einfach, unbürokratisch und möglichst automatisch ausgezahlt werden, damit sie auch tatsächlich bei allen Kindern ankommt. Familien brauchen eine einzige Anlaufstelle vor Ort.

Soziale Infrastruktur

Flankierend zur Einführung einer Kindergrundsicherung muss eine bedarfsgerechte soziale Infrastruktur für Kinder und Jugendliche und ihre Familien aufgebaut werden.

Vorschläge gibt es schon

Die Neuberechnung des kindliches Existenzminimum ist dabei ein zentrales Element. Hier gibt es schon einige Vorschläge, beispielsweise vom DGB oder von den Grünen, die als Grundlage eines gesellschaftlichen Diskurses dienen können.

Quelle: Der Paritätische

Abbildung: Privat: Thomas Knoche

Kostenbeteiligung in der Jugendhilfe

Seit 10.6.2021 ist die Reform des SGB VIII in Kraft. Mit dem Kinder- und Jugendstärkungsgesetz wurde auch Kostenbeteiligung von jungen Menschen in Pflegefamilien und Einrichtungen der Erziehungshilfe reformiert.

  • Sie wurde von 75 Prozent auf 25 Prozent ihres Einkommens aus Schülerjobs, Praktika oder einer Ausbildung gesenkt.
  • Zudem wird ein Freibetrag von 150 Euro des Einkommens von der Kostenbeteiligung ausgenommen.
  • Einkommen aus kurzfristigen Ferienjobs und ehrenamtlicher Tätigkeit werden gänzlich freigestellt. 
  • Maßgeblich ist nun das Einkommen des Monats, in dem die Leistung oder die Maßnahme erbracht wird und nicht mehr das durchschnittliche Monatseinkommens des Vorjahres.

Kompliziert, aber sinnvoll

Kompliziert erscheint die Regelung, dass jeweils das Einkommens des Monats berücksichtigt werden muss, in dem die Leistung erbracht wird. Dies unterscheidet sich zu den Kostenbeteiligungsregelungen bei anderen Jugendhilfeleistungen, bei denen es beim durchschnittlichen Monatseinkommen des Vorjahres bleibt. Bei variierender Höhe des Einkommens bedeutet das von Monat zu Monat unterschiedliche Eigenbeteiligungen. Trotzdem sei diese Regelung sinnvoll, so der Gesetzgeber, weil junge Menschen jedoch eher ein unregelmäßiges Einkommen hätten, da sie häufig nur zeitweise (über einige Wochen oder Monate im Jahr) und/oder auch abwechselnden Tätigkeiten mit unterschiedlich hohen Einkommen
nachgingen. So müssten junge Menschen beispielsweise Teile ihres Einkommens nicht für ein Jahr zurücklegen, um dann dieses Einkommen als Kostenbeitrag abgeben zu können, wenn unklar ist, ob sie auch im folgenden Jahr ein vergleichbares Einkommen hätten.

Empfehlungen zur Umsetzung und rückwirkender Überprüfung

Nun gibt es Empfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter (BAG LJÄ) zu den neuen Regelungen des SGB VIII und zu Überprüfungsmöglichkeiten bestandkräftiger aber rechtswidriger Bescheide zur Kostenheranziehung junger Menschen vor der SGB VIII-Reform.

Empfehlungen zur Umsetzung

Empfehlungen zur Umsetzung der Neuregelungen an die Jugendämter hat nun die BAG LJÄ aktuell herausgebracht. Diese bietet eine Orientierung, wie die Jugendämter zukünftig die Kostenheranziehung handhaben werden. 

Überprüfung

Wer den Verdacht hat, er habe in der Vergangenheit zu viel an Eigenbeteiligung gezahlt, kann dies mit Hilfe des Bundesnetzwerkes Ombudschaft Kinder- und Jugendhilfe überprüfen lassen. Hier können Kostenheranziehungsbescheide rückwirkend auf die letzten vier Jahre überprüft werden. Im Zweifel ist das Jugendamt gezwungen, zu viel gezahlte Gelder an die jungen Menschen zurückzuzahlen. Rechtsgutachten sowie alle Informationen zur Kostenheranziehung und entsprechende Anleitungen zur Einleitung einer Überprüfung finden sich auf der Internetseite des Bundesnetzwerkes Ombudschaft Kinder- und Jugendhilfe.

Quellen: Bundestag, Paritätischer, Bundesnetzwerkes Ombudschaft Kinder- und Jugendhilfe, Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter

Abbildung: pixabay.com workshop-1814190_1280.jpg

Kraftfahrzeughilfe

Der Bemessungsbetrag für die Beschaffung eines Kraftfahrzeugs wurde mit dem Teilhabestärkungsgesetz seit 10.6.2021 von 9.500 Euro auf 22.000 Euro angehoben. In der Gesetzesbegründung zur Kraftfahrzeughilfe-Verordnung von 1987 heißt es zu der Höhe des Bemessungsbetrages: „Eine solche Summe reicht nach den derzeitigen Autopreisen für die Anschaffung eines Wagens der unteren Mittelklasse aus, der für Fahrten von und zum Arbeitsplatz geeignet und ausreichend erscheint.“ (BR Drucksache 266/87 S. 20). Die Neuwagenpreise sind seit 1987 jedoch erheblich gestiegen. Das Statistische Bundesamt geht von einem jährlichen Anstieg der Anschaffungskosten von über 3 Prozent aus. Dennoch wurde die Höhe nur einmal im Jahr 1990 angepasst. Daher soll mit der vorliegenden Änderung die Höhe des Bemessungsbetrags an die derzeitigen Autopreise für ein Fahrzeug der unteren Mittelklasse angepasst werden.

Ein höherer Zuschuss ist möglich, wenn wegen Art und Schwere der Behinderung ein größeres Fahrzeug erforderlich ist.

Einkommen ist maßgebend

Der Zuschuss richtet sich nach dem Einkommen. Dabei wird der volle Zuschuss von 22.000 EUR bei einem Einkommen bis 40% der Bezugsgröße gezahlt, bei einem Einkommen bis 75% der Bezugsgröße nur noch ein Zuschuss von 16% von 22.000 EUR, also 3.520 EUR. Da sich die Kfz-Hilfe-Verordnung bei der Bezugsgröße ausdrücklich nur auf Abs. 1 des § 18 SGB IV bezieht, gilt also nur die Bezugsröße West, egal wo der Antragsteller in Deutschland wohnt. Die monatliche Bezugsgröße West beträgt im Jahr 2021: 3.290 EUR. (Die Beträge werden auf jeweils 5 volle Euro aufgerundet.)

Höhe des Zuschusses

Einkommen bis Zuschuss
in % der Bez.Gr. in Euro
40% 1.320 EUR 22.000 EUR
45% 1.485 EUR 19.360 EUR
50% 1.645 EUR 16.720 EUR
55% 1.810 EUR 14.080 EUR
60% 1.975 EUR 11.440 EUR
65% 2.140 EUR 8.800 EUR
70% 2.305 EUR 6.160 EUR
75% 2.470 EUR 3.520 EUR

Von dem Einkommen des behinderten Menschen können für jeden von ihm unterhaltenen Familienangehörigen 395 EUR abgesetzt werden.

Behinderungsbedingte Zusatzausstattung

Für eine Zusatzausstattung, die wegen der Behinderung erforderlich ist, ihren Einbau, ihre technische Überprüfung und die Wiederherstellung ihrer technischen Funktionstätigkeit werden die Kosten in vollem Umfang übernommen. Dies gilt auch für eine Zusatzausstattung, die wegen der Behinderung eines Dritten erforderlich ist, der für den Behinderten das Kraftfahrzeug führt. Zuschüsse öffentlich-rechtlicher Stellen, auf die ein vorrangiger Anspruch besteht, müssen angerechnet werden.

Beispiele 

  • Herr S. ist behindert und benötigt ein Kraftfahrzeug, um zur Arbeit zu kommen. Er hat einen Monatsverdienst von 2.000 EUR. Somit wird ihm ein Zuschuss von 8.800 EUR zu seinem Neuwagen bewilligt.
  • Frau M. ist ebenfalls behindert und hat 3 Familienangehörige, die sie versorgen muss. Sie braucht, um zur Arbeit zu kommen, ebenfalls ein Auto. Ihr Einkommen beträgt 2.100 EUR.
 Einkommen2.100 EUR
Freibetrag (395 EUR × 3)1.185 EUR
=anrechenbares Einkommen915 EUR

Frau M. kann also einen Zuschuss in Höhe von 22.000 EUR erwarten.

Quellen: Bundestag, SOLEX

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Kinderwohngeld

Eine Sonderform des Wohngeldes ist das sogenannte Kinderwohngeld. Seine Auszahlung kommt lediglich dann in Betracht, wenn die Eltern Arbeitslosengeld II beziehen und das Kind eigenen Lebensunterhalt bezieht, wobei auch Kindergeld oder Unterhalt als Einkommen des Kindes zählen.

Ausschluss vom Wohngeld bei SGB II-Leistungen

Nach den gesetzlichen Bestimmungen sind Hartz-IV-Bezieher von Wohngeldzahlungen ausgeschlossen. Sie können aber dennoch für ihr Kind „Kinderwohngeld“ erhalten. Dieses wird dann gezahlt, wenn das Kind weitere Einkünfte wie Unterhalt und Kindergeld hat und diese so hoch sind, dass es zusammen mit dem gezahlten Wohngeld nicht mehr auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen ist. Das Kinderwohngeld wird dabei anteilig nach den im Haushalt lebenden Personen berechnet.

In der Regel lohnt sich Kinderwohngeld nicht…

In vielen Fällen lohnt sich aber die Beantragung von Kinderwohngeld nicht, weil die Bewilligung sofort zur Verringerung der Hartz-IV-Leistungen bei den Eltern oder dem Elternteil führt. Der über den Bedarf des Kindes hinausgehende Anteil des Kindergeld wird dann nämlich bei dem ALG II beziehenden Elternteil mindernd angerechnet.

…in diesem Fall aber schon

Warum sich es jetzt doch lohnen könnte, schnell Kinderwohngeld zu beantragen, darauf hat Sozialrecht-Justament aufmerksam gemacht. Dort wird anhand eines Beispiels erläutert, warum es sich lohnen kann, Kinderwohngeld zu beantragen.

Wenn das Kind durch den beispielsweise Bezug von Kindergeld und Unterhaltsgeld über so „hohe“ Einnahmen verfügt, dass es gar nicht zur Bedarfsgemeinschaft mit seinem Elternteil oder seinen Eltern dazugehört, also keine SGB II-Leistungen bezieht, hat es aktuell auch keinen Anspruch auf den Kinderfreizeitbonus.

Kinderfreizeitbonus

Der Kinderfreizeitbonus wurde im Rahmen des Aktionsprogramms der Bundesregierung „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ als weitere finanzielle Hilfe für bedürftige Familien beschlossen. Die Einmalzahlung in Höhe von 100 Euro sollen minderjährige Kinder und Jugendliche erhalten, um Angebote zur Ferien- und Freizeitgestaltung wahrnehmen und Versäumtes nachholen zu können. Die Einmalzahlung wird nicht auf Sozialleistungen angerechnet.

Nicht alle Familien erhalten den Kinderfreizeitbonus. Es gibt ihn für Kinder, die …

  • am 1. August 2021 noch nicht 18 Jahre alt sind und
  • für die Kindergeld oder eine vergleichbare Leistung bezogen wird.

Zusätzlich muss eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt sein: Die Familie bezieht für ihre Kinder …

  • Kinderzuschlag (KiZ),
  • Wohngeld (gegebenenfalls parallel zu KiZ),
  • Sozialhilfe nach Zwölften Sozialgesetzbuch (SGB XII),
  • Grundsicherung nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II) (gegebenenfalls parallel zu KiZ),
  • Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) oder
  • Leistungen im Rahmen der Ergänzenden Hilfe zum Lebensunterhalt im Sozialen Entschädigungsrecht nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). 

Noch im August beantragen

Wenn das Kind also keinen Anspruch auf Hartz IV- Leistungen hat und das Kindergeld zu seinen Einnahmen gezählt wird, hat es keinen Anspruch auf den Kinderfreizeitbonus. Es sei denn, es beantragt rechtzeitig, und zwar noch in diesem August Wohngeld.

Quellen: FOKUS-Sozialrecht, Sozialrecht-Justament

Abbildung: pixabay.com children-593313_1280.jpg