LongCOVID

Long-COVID ist ein neuartiges Krankheitsbild, das mit Langzeitfolgen nach einer SARS-CoV-2-Infektion einhergeht. Die Neuartigkeit der Erkrankung bedingte, dass zunächst keine wissenschaftlichen Erkenntnisse bekannt oder verfügbar waren. Im Versorgungssystem fehlten so wesentliche Informationen über das therapeutische Vorgehen. Bei den Betroffenen führte dies zu erheblichen Belastungen. Inzwischen wurde in Forschung, Versorgung und Information bereits eine Vielzahl von Maßnahmen umgesetzt, um die Long-COVID-Erkrankten und ihre Angehörigen zu unterstützen und gut zu versorgen.

Interministerielle Arbeitsgruppe

Im Hinblick auf öffentlich diskutierte weitere Handlungsbedarfe wurde unter Vorsitz des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) eine Interministerielle Arbeitsgruppe (IMA) „Long-COVID“ eingesetzt. Diese IMA hat gemeinsam mit zahlreichen Expertinnen und Experten Empfehlungen für Maßnahmen herausgearbeitet, durch die insbesondere Forschung sowie Information von Betroffenen, Bevölkerung und Gesundheitspersonal zu LongCOVID vorangetrieben und eine gute akut- und rehabilitationsmedizinische Versorgung der Betroffenen sichergestellt werden soll.

Bericht zum Stand der Forschung

Ende September legte die Interministeriellen Arbeitsgruppe Long-COVID einen Bericht vor zum Stand der Forschung und mit Empfehlungen für alle AKteure im Gesundheitsbereich.

Die Empfehlungen:

  1. Die Datenlage zu Long-COVID muss in allen Bereichen der Krankheitsbeschreibung und Epidemiologie erweitert werden. Dies schließt eine kontinuierliche Beobachtung der Krankheitshäufigkeit, -verläufe und -verteilung ein.
  2. Die Datenlage zu Long-COVID in der Public Health-Forschung und der Versorgungsforschung muss ebenfalls weiter verbessert werden. Dies betrifft insbesondere auch die Forschung zu gefährdeten Gruppen, zu Kindern und Jugendlichen und Versorgungsoptionen.
  3. Die Versorgungslage mit spezialisierten Versorgungsangeboten bei komplexer Long-COVID-Erkrankung sollte überprüft und bei Bedarf ergänzt werden.
  4. Die vorhandenen akuten und rehabilitativen Versorgungsangebote für die Behandlung von Long-COVID sollten im Gesundheitswesen und bei den Betroffenen bekannter gemacht werden.
  5. Die vorhandenen Instrumente für eine Wiedereingliederung in das Erwerbsleben (z.B. stufenweise Wiedereingliederung, Belastungserprobung) sollten im Gesundheitswesen und bei den Betroffenen bekannter gemacht und verstärkt bei längerdauernden Long-COVID-Krankheitsverläufen angewendet werden.
  6. Die vorhandenen Informationen über Long-COVID sollten gebündelt und im Internet gut zugänglich und leicht auffindbar gestaltet werden. Sie richten sich an Long-COVID-Erkrankte und ihre Angehörigen, das Gesundheitspersonal und die Allgemeinbevölkerung.

Bestandsaufnahme dei Quarks

Eine umfassende und gut verständliche Bestandsaufnahme zu Long-COVID gibt es auch bei quarks.de mit einer Link-Liste zu vielen bisher veröffentlichten Studien zu dem Thema.

Quellen: Bundesministerium für Gesundheit, Quarks.de

Abbildung: pixabay.com RobinHiggins

Impfpflicht durch die Hintertür?

Das Infektionsschutzgesetz (IfSG) gewährt in § 56 Absatz 1 Personen eine finanzielle Entschädigungsleistung, denen von der zuständigen Behörde die Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise untersagt bzw. eine Absonderung angeordnet wurde. Ausdrücklich sieht das IfSG von der Gewährung einer Entschädigungsleistung ab, wenn das Tätigkeitsverbot oder die Quarantäneanordnung durch Inanspruchnahme einer öffentlich empfohlenen Schutzimpfung oder anderen Maßnahme der spezifischen Prophylaxe hätte vermieden werden können.

Ergebnis des Masernschutzgesetz

Dieser Passus, Satz 4 des § 56 Absatz 1, wurde mit dem Masernschutzgesetz am 10.2.2020 in das Infektionsschutzgesetz eingefügt. Es ging dabei offensichtlich – auch wenn der Satz allgemein formuliert ist und eine spezielle Krankheit nicht erwähnt wird – um die Masernimpflicht für Personen, die beispielsweise in Kindertagseinrichtungen und Schulen tätig sind. Ihnen kann die Tätigkeit untersagt werden, wenn sie ohne triftige Gründe keinen Masernimpfschutz nachweisen können. Der eingefügte Satz bedeutet, dass jemand, der seine Quarantäne quasi durch seine Nicht-Impfung selber verursacht hat, dann auch keine Entschädigung verlangen kann.

Ausweitung auf COVID-19

Die Gesundheitsministerkonferenz (GMK) hat nun die Anwendung dieser Regelung auf die Covid19-Schutzimpfung ausgeweitet.

In dem Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz wird dies damit begründet, dass mittlerweile ausreichende Mengen Impfstoff zur Verfügung stünden, um allen Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland eine Impfung gegen COVID-19 anbieten zu können. Impfwillige Personen könnten flächendeckend, niedrigschwellig und ohne Wartezeiten eine Impfung gegen COVID-19 erhalten. Personen, für die eine allgemeine Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission vorliege, erhielten nach dem IfSG als Kontaktpersonen oder Reiserückkehrer aus Risikogebieten aufgrund der flächendeckenden Verfügbarkeit von Impfangeboten zukünftig keine Entschädigung auf Kosten der Allgemeinheit, wenn im Falle eines Tätigkeitsverbots bzw. einer Quarantäneanordnung kein vollständiger Impfschutz vorliege. Personen mit vollständigem Impfschutz unterliegen im Übrigen grundsätzlich keiner Quarantänepflicht mehr.

Beschluss der GMK

Der Beschluss lautet daher:

1. Die Länder werden spätestens ab dem 1. November 2021 denjenigen Personen keine Entschädigungsleistungen gemäß § 56 Absatz 1 IfSG mehr gewähren, die als Kontaktpersonen oder als Reiserückkehrer aus einem Risikogebiet bei einem wegen COVID-19 behördlich angeordneten Tätigkeitsverbot oder behördlich angeordneter Absonderung keine vollständigen Impfschutz mit einem auf der Internetseite des Paul-Ehrlich-Instituts (www.pei.de/impfstoffe/covid-19) gelisteten Impfstoff gegen COVID-19 vor-weisen können, obwohl für sie eine öffentliche Empfehlung für eine Schutzimpfung nach § 20 Absatz 3 IfSG vorliegt.

2. Die Entschädigungsleistung gemäß § 56 Abs. 1 IfSG wird weiterhin Personen gewährt, für die in einem Zeitraum von bis zu acht Wochen vor der Absonderungsanordnung oder des Tätigkeitsverbots keine öffentliche Empfehlung für eine Impfung gegen COVID-19 vorlag. Gleiches gilt, sofern eine medizinische Kontraindikation hinsichtlich der COVID-19-Schutzimpfung durch ärztliches Attest bestätigt wird.

Kritik

Kritisiert wird der Beschluss von den Gewerkschaften und vom VDK. Damit würde Druck auf Ungeimpfte weiter erhöht. Die Verantwortung für den Kampf gegen die Pandemie bei den Beschäftigten abgeladen. Außerdem bedeute die Neuregelung auch, dass Beschäftigte dem Arbeitgeber ihren Impfstatus offenlegen müssten. Die VdK-Präsidentin Verena Bentele sagte, es gebe immer noch etliche Menschen, die noch nicht über ein Attest bei einer chronischen Erkrankung verfügten, weil es noch keine ausreichende Studienlage gebe. Gerade für die Menschen, die deswegen Sorge hätten, sich impfen zu lassen und kein Attest bekämen, wäre die Existenzgefährdung sehr hart.

Versteckte Pandemie

Auch wurde die Befürchtung geäußert, dass unter Umständen Menschen dann nicht mehr angäben, wenn sie ein positives Testergebnis hätten, sich nicht mehr in Quarantäne begäben und damit wieder zur Gefahr für andere würden. So drohe eine versteckte Pandemie. Notwendiger erster Schritt wäre gewesen, dass am Arbeitsplatz konsequenter getestet werde und 3G-Regeln am Arbeitsplatz eingeführt würden. Bei einer anhaltend niedrigen Impfquote müsse eher an eine Impfpflicht für einzelne Berufsgruppe gedacht werden.

Quellen: Gesundheitministerkonferenz, Tagesschau

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Intensivpflegegesetz – keine Rechtssicherheit

Das Intensivpflegegesetz wurde dreimal umgeschrieben. Nach vielen Protesten und Petitionen wurde nun die endgültige Form vom Bundestag verabschiedet.

Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusse

In der vom Gesundheitsausschuss empfohlenen Änderung heißt es: “Berechtigten Wünschen der Versicherten ist zu entsprechen.” Entfallen ist der bisherige Zusatz “… soweit die medizinische und pflegerische Versorgung an diesem Ort tatsächlich und dauerhaft sichergestellt werden kann”. Das war von Kritikern als Einfallstor für die Krankenkassen gesehen worden, die Betroffenen gegen ihren Willen in einem Pflegeheim unterzubringen. Denn die Versorgung dort ist kostengünstiger als die Betreuung zu Hause.

Laut Änderungsantrag werden die Krankenkassen künftig verpflichtet, für eine Verbesserung der Versorgung des Patienten zu sorgen, sollte dort die Pflegequalität nicht gewährleistet sein.

Begründung

In der Begründung heißt es: „Es wird klargestellt, dass die Krankenkasse berechtigten Wünschen der Versicherten zum Ort der Leistungserbringung zu entsprechen hat. Die medizinische und pflegerische Versorgung am Leistungsort muss sichergestellt sein oder durch geeignete Maßnahmen sichergestellt werden können. Über geeignete Nachbesserungsmaßnahmen hat die Krankenkasse mit dem Versicherten eine Zielvereinbarung abzuschließen. Es wird geregelt, dass eine Übernahme von Eigenanteilen bei stationärer Versorgung auch nach einer Besserung des Gesundheitszustandes für mindestens sechs Monate weiter erfolgt; die Krankenkasse kann diesen Zeitraum durch Satzung ausweiten. Mit der Änderung wird geregelt, dass in Fällen, in denen die Krankenkasse nicht in der Lage ist, eine geeignete Pflegefachkraft zu stellen, die Kosten für eine selbstbeschaffte Pflegefachkraft in angemessener Höhe zu erstatten sind. Klargestellt wird zusätzlich,
dass daneben die Möglichkeit der Leistungserbringung im Rahmen eines persönlichen Budgets erhalten bleibt. Die Zuzahlungspflicht bei Versorgung in der eigenen Häuslichkeit wird auf 28 Tage im Kalenderjahr begrenzt.“

Festzuhalten ist:

  • Das Ziel des BMG war und ist es, Kosten einzusparen. Deswegen wird das Gesetz von den Krankenkassen begrüßt. Intensivpflege in häuslicher Umgebung ist wesentlich teurer als in Heimen.
  • Der Gesundheitsminister wollte sein Gesetz möglichst geräuschlos über die Bühne bringen. Das hat nicht geklappt. Stattdessen gab es vor allem von Betroffenen, als auch von Sozialverbänden massive Proteste. Das wiederum bewirkte die Korrekturen am Gesetz.
  • Nun steht eine Formulierung im umstrittenen Paragrafen, die auf den ersten Blick wie ein Zugeständnis an die Betroffenen aussieht. „Berechtigten Wünschen ist zu entsprechen“.

Was ist berechtigt?

Die Entscheidung, welche Wünsche aber berechtigt sind, trifft der Medizinische Dienst und die Krankenkassen. Somit sind die Betroffenen immer noch nicht sicher vor einer Zwangseinweisung in ein Heim. Betroffene müssen damit rechnen, dass sie erst nach einem langen Weg durch die Sozialgerichte zu ihrem Recht kommen. Das ist für viele Betroffene und ihre Angehörigen, die sich sowieso in  in einer existenziell schwierigen Lebenslage befinden schlicht unzumutbar. Dazu kommt, dass der geänderte Gesetzentwurf ein sogenanntes Teilhabeplanverfahren vorsieht, so wie es bereits im Sozialgesetzbuch IX vorgeschrieben ist, was ebenfalls für alle Betroffenen mit großem Aufwand verbunden ist, selbst wenn man diese Regelung für vernünftig hält.

Behindertenrechtskonvention

Die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet sich »mit Artikel 19 der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen (UN-BRK), zu gewährleisten, dass „Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt die Möglichkeit haben, ihren Aufenthaltsort zu wählen und zu entscheiden, wo und mit wem sie leben, und nicht verpflichtet sind, in besonderen Wohnformen zu leben“. Dies gilt nach Artikel 26 – wie nach anderen Artikeln der Konvention auch – gleichermaßen für alle Menschen mit Pflegebedarf infolge ihrer meist dauerhaften Beeinträchtigungen.

Quellen: Bundestag, FOKUS-Sozialrecht

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