Corona: Hilfen bei der Pflege

In mehreren Verordnungen und vorübergehenden Gesetzesänderungen wurden in den letzten Wochen und Monaten Erleichterungen beschlossen, die unter anderem auch pflegenden Angehörigen zugute kommen.

Zusammenfassung

Hier eine Zusammenfassung aller Regelungen in diesem Zusammenhang. Die meisten Erleichterungen gelten bis zum 30. September 2020, können aber bei einem Andauern oder einer Verschärfung der Krise verlängert werden. Die Zusammenfassung wurde aus der umfassenden Auflistung aller Corona – Hilfsmaßnahmen (Corona-Rettungsschirm) in SOLEX hier für den Bereich Pflegeversicherung (SGB XI) erstellt.

Überwindung coronabedingter Versorgungspässe mit dem Entlastungsbetrag

Erweiterterungen bei Entlastungsbetrag bei Pflegegrad 1 gültig bis 30.9.2020

Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1, die zu Hause leben, haben Anspruch auf einen Entlastungsbetrag in Höhe von 125 Euro monatlich (§ 45b SGB XI). Der Einsatz dieses Betrages ist eingeschränkt auf Maßnahmen von in den einzelnen Bundesländern zugelassenen Diensten. Bis zum 30.9.2020 haben Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1 nun die Möglichkeit, den Entlastungsbetrag auch abweichend vom geltenden Landesrecht für andere Hilfen bzw. andere – professionelle und nicht professionelle – Anbieter zu verwenden (z.B. durch Nachbarn). Voraussetzung ist, dass die Hilfe erforderlich ist, um coronabedingte Versorgungsengpässe zu überwinden.

Ansparung 3 Monate möglich gültig bis 30.9.2020

Pflegebedürftige aller 5 Pflegegrade, also alle Versicherten mit anerkanntem Pflegegrad, gilt eine Verlängerung von drei Monaten um den Entlastungsbetrag anzusparen.

Zuschuss zur Kurzzeitpflege (§ 149 SGB XI)

Ist es Angehörigen vorübergehend nicht möglich, ein Familienmitglied zu Hause zu pflegen, besteht Anspruch auf stationäre Kurzzeitpflege für die Dauer von acht Wochen jährlich mit einer Kostenübernahme durch die Pflegekasse von bis zu 1.612 Euro. Um quarantänebedingte Engpässe während der Pandemie zu überbrücken, findet die Kurzzeitpflege aktuell auch in stationären Einrichtungen der Rehabilitation und in Krankenhäusern statt. Wegen höherer Vergütungssätze von stationären Reha- und Vorsorgeeinrichtungen erhalten Pflegebedürftige bis zum 30.9.2020 einen höheren Leistungsanspruch von der Pflegeversicherung. Wird die Kurzzeitpflege in stationären Rehabilitations- und Vorsorgeeinrichtungen geleistet, haben Pflegebedürftige einen erhöhten Anspruch auf bis zu 2.418 Euro (§ 149 Abs. 2 SGB XI).

Das Kurzzeitpflegegeld ist bis Ende September weiterhin zu 100 Prozent mit den Leistungen der Verhinderungspflege kombinierbar. Somit ergeben sich insgesamt 4.030 Euro für die Kurzzeitpflege in einer Einrichtung zur Rehabilitation oder medizinischen Vorsorge.

Befristete Änderungen (§ 147 SGB XI, Verfahren zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach § 18) gültig vom 1.1.2020 bis 30.9.2020

Um die gefährdete Personengruppe der Pflegebedürftigen vor zusätzlichen Ansteckungsgefahren durch das Coronavirus SARS-CoV-2 zu schützen, werden Pflegegutachten statt in einer umfassenden persönlichen Befunderhebung im Wohnbereich aufgrund der zur Verfügung stehenden Unterlagen (Aktenlage) in Kombination mit strukturierten Telefon-/Video-Interviews erstellt.

Zudem werden Wiederholungsbegutachtungen ausgesetzt und die 25-Arbeitstagefrist (Bearbeitungsfrist) der Pflegekassen auf Dringlichkeitsfälle beschränkt.

Entlastung für pflegende Angehörige (§ 9 PflegeZG, § 16 FPfZG)

20 Tage Pflegeunterstützungsgeld bei kurzzeitiger Arbeitsverhinderung gültig bis 30.9.2020

Berufstätige können sich normalerweise für bis zu zehn Tage von der Arbeit freistellen lassen, um die Pflege eines Familienmitgliedes zu organisieren (siehe Ausführungen gleich). Für diese Zeit haben Betroffene Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld als Lohnersatzleistung.

Auf Grund der aktuellen Situation wurde mit dem „Zweiten Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ bis zum 30.9.2020 ein erleichterter Zugang zum Pflegeunterstützungsgeld geschaffen: Beschäftigte, die die Pflege von Angehörigen übernehmen, können die Leistung für 20 Tage in Anspruch nehmen. Die Regelung gilt auch, wenn ein Versorgungsengpass bei der häuslichen Pflege besteht (z.B. Verhinderung des ambulanten Pflegedienstes, Schließung der Tagesstätte, Ausfall einer Pflegekraft). Haben Angehörige bereits den Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld genutzt, können sie diesen erneut geltend machen. Allerdings werden Tage, die Sie bereits genutzt haben, von den 20 Tagen abgezogen.

Flexiblere Nutzung der Pflegezeit

Beschäftigte, die gleichzeitig Pflegeaufgaben übernehmen, haben befristet bis zum 30.9.2020 die Möglichkeit, mit Zustimmung des Arbeitgebers Familienpflegezeit und Pflegezeit flexibler zu nutzen. Wer den gesetzlichen Rahmen für die Auszeiten (sechs Monate Pflegezeit, 24 Monate Familienpflegezeit) bisher nicht ausgeschöpft hat, kann kurzfristig Restzeiten der Freistellungen in Anspruch nehmen, sofern sie die Gesamtdauer von 24 Monaten nicht überschreiten.

Die normalerweise geltende gesetzliche Mindestarbeitszeit von 15 Wochenstunden können nun für einen Monat unterschritten werden. Um den geringeren Lohn während der Familienpflegezeit auszugleichen, kann ein Darlehen beantragt werden. Pandemiebedingte Einkommensausfälle werden bei der Ermittlung der Darlehenshöhe nicht berücksichtigt.

Die Ankündigungsfrist gegenüber dem Arbeitgeber wird bei der Familienpflegezeit vorübergehend auf zehn Tage (statt acht Wochen) heruntergesetzt. Die Ankündigung in Textform genügt (§ 126b BGB).

Vollstationäre Pflege auch in Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen möglich (§ 149 SGB XI)

Vollstationäre Pflegeeinrichtungen mussten aufgrund von festgestellten COVID-19-Fällen einen Teil der Bewohner unter Quarantäne stellen. Müssen Bewohner aus diesem Grund anderweitig vollstationär versorgt werden, ist dies bis zum 30.9.2020 für die Dauer von maximal 14 Kalendertagen auch in stationären Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen möglich (§ 149 Abs. 3 SGB XI). In begründeten Einzelfällen ist in Abstimmung mit der Pflegekasse auch ein längerer Zeitraum möglich.

Erhöhter Zuschuss für Pflegehilfsmittel zum Verbrauch

Befristete Änderungen (§ 4 COVID-19-Versorgungsstrukturen-Schutzverordnung – BAnz AT 04.05.2020 V1) gültig vom 1. April 2020 bis Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite, spätestens am 31. März 2021.

Aufwendungen für zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel dürfen ab dem 1. April 2020 monatlich den Betrag von 60 Euro nicht übersteigen. Dazu zählen Einmalhandschuhe, Mundschutze, Bettschutzeinlagen, Schutzschürzen sowie Hand- und Flächendesinfektionsmittel.

Pflegebedürftige benötigen dazu keinen gesonderten Antrag und können die Rechnung wie gewohnt bei der Pflegekasse einreichen.

Quellen: SOLEX, Bundesregierung

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Hohe Eigenanteile im Pflegeheim

Seit der Pflegereform zum 1.1.2017 müssen nach § 84 Abs.2 alle pflegebedürftigen Bewohner einen gleich hohen Eigenanteil an ihren Pflegekosten bezahlen.

Beim einrichtungseinheitlichen Eigenanteil (EEE) in Pflegeheimen handelt es sich um den monatlichen Beitrag, der durch einen Bewohner zusätzlich zu den Investitionskosten und Aufwendungen für die Unterbringung und Verpflegung in einer Pflegeeinrichtung entrichtet werden muss.

Pflegebedürftige des Grades 2 zahlen ebenso viel wie pflegebedürftige Menschen des Grades 5. Steigt die Pflegebedürftigkeit mit fortschreitendem Alter oder der Verstärkung des Krankheitsbildes an, bleibt der zu entrichtende Betrag also gleich.

Je nach Pflegeeinrichtung und Bundesland kann der EEE jedoch variieren und somit höher oder niedriger ausfallen.

Jede Einrichtung handelt mit Ländern, Kommunen und Pflegekassen immer wieder die Höhe ihrer Pflegekosten aus und damit auch die Höhe des EEE.

Die Pflegekosten bestehen aus

  • Kosten für die Unterkunft
  • Pflegekosten
  • Verpflegungspauschale
  • Investitionskosten

Die Kosten sind in den letzten Jahren überall, aber nicht in gleichem Maße, gestiegen.

Die Leistungen der Pflegekasse sind allerdings seit dem 1.1.2017 nicht gestiegen.

Laut einer Studie des VDEK (Verband der Ersatzkassen) erhöhen sich die Eigenanteile, die die Pflegebedürftigen für den einrichtungseinheitlichen Eigenanteil (EEE), die Unterkunft und Verpflegung sowie die Investitionskosten zu tragen haben, stetig. Der durchschnittliche monatliche Anteil betrug im Juli 2020 2.015,00 Euro. Hier gibt es auch große Unterschiede in den einzelnen Bundesländern.

In NRW liegt der bei etwa 2400 Euro, in Sachsen-Anhalt knapp 1000 Euro niedriger.

Viele Experten mahnen daher eine schnelle und umfassende Reform der Finanzierung der Pflegeversicherung an. Die Vorschläge reichen von einer Anhebung des Beitrags zur Pflegeversicherung über eine Deckelung des Eigenanteils bis zur Umwandlung der Pflegeversicherung in eine Vollversicherung wie die Krankenversicherung.

Quellen: VDEK, Diakonie, Grüne-Bundestag

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Höheres Kindergeld ab 2021

Das Bundeskabinett hat das Zweite Familienentlastungsgesetz beschlossen. Schon während der Debatte um das Erste Familienentlastungsgesetz im Herbst 2018 wurde bekannt, dass eine weitere Kindergelderhöhung um 15 Euro für den 1.1.2021 geplant sei. Dies wird nun verwirklicht. Die Regierung nimmt damit die Ergebnisse des noch nicht veröffentlichten 13. Existenzminimumberichtes vorweg.

Erhöhung von Kindergeld und Kinderfreibetrag

Zum 1. Januar 2021 steigt das Kindergeld um 15 Euro und beträgt damit

  • für das erste und zweite Kind jeweils 219 Euro,
  • für das dritte Kind 225 Euro und
  • für das vierte und jedes weitere Kind jeweils 250 Euro.

Der Kinderfreibetrag und der Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf für die Einkommenssteuer wird pro Elternteil um 144 Euro angehoben. Damit kommt ein Elternpaar insgesamt auf eine Summe von 8.388 Euro jährlich, auf die keine Einkommenssteuer fällig wird.

Erhöhung von Grundfreibetrag und Unterhaltshöchstbetrag

Der Grundfreibetrag für Erwachsene steigt ebenfalls an. Von jetzt 9.408 Euro steigt er

  • 2021 auf 9.696 Euro und
  • 2020 auf 9.984 Euro.

Satire?

Die Bundesregierung schreibt auf ihrer Webseite dazu unter anderem folgende bemerkenswerte Sätze: „Der Koalitionsvertrag sieht aber vor, den Kinderfreibetrag an die Kindergeld-Erhöhung zu koppeln. Deshalb übersteigt der Freibetrag das Kinderexistenzminimum. So setzt sich die Bundesregierung nachhaltig gegen Kinderarmut ein.“

Kinderarmut grassiert hauptsächlich unter den Menschen die auf Arbeitslosengeld II angewiesen sind. Dort kommt das Kindergeld und natürlich auch die Erhöhung gar nicht an.

Auch Alleinerziehende, die für ihre Kinder Unterhaltsvorschuss beziehen, haben nach einer Kindergelderhöhung nicht mehr Geld zur Verfügung als vorher, weil das Kindergeld – anders als beim Unterhalt – in vollem Umfang auf den Unterhaltsvorschuss angerechnet wird. Der Betrag des Unterhaltsvorschusses sinkt so um den Betrag, um den das Kindergeld erhöht wurde.

Höhere Einkommen profitieren wie auch bisher von den Kinderfreibeträgen, wie ein Beispiel aus SOLEX zeigt (Zahlen nach dem Stand vom 1.1.2020):

Beispiel

Ein Ehepaar erzielt ein zu versteuerndes Einkommen in Höhe von 120.000 EUR (ohne Berücksichtigung eines Kinderfreibetrages) und hat 2 Kinder.

Variante 1: Kindergeld
Kindergeld für 2 Kinder führt zu einer Vergünstigung in Höhe von 4.896 EUR pro Jahr.
Variante 2: Kinderfreibetrag
Der Kinderfreibetrag beträgt bei Ehegatten, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, pro Kind und Monat 651 EUR. Daraus ergibt sich für zwei Kinder pro Jahr insgesamt ein Freibetrag in Höhe von 15.624 EUR. Bei einem zu versteuernden Einkommen in Höhe von 120.000 EUR ergibt sich eine Steuerbelastung in Höhe von 32.472 EUR. Der Kinderfreibetrag senkt das zu versteuernde Einkommen auf 104.376 EUR und die Steuerbelastung entsprechend auf 26.010 EUR. Damit beträgt die Steuerersparnis aufgrund des Freibetrages 6.462 EUR.
Ergebnis:
Die Steuervariante führt gegenüber der Kindergeldvariante zu einem um 1.566 EUR besserem Ergebnis. Das entspräche einem monatlichen Kindergeld pro Kind von 269 Euro.

Fazit

Für kleine und mittlere Einkommen ist die Kindergelderhöhung positiv, zumal sie vielleicht sogar stärker ausfallen wird als der kommende Existenzminimumbericht hergibt. Höhere Einkommen profitieren wie immer am meisten.

Bei den Kindern, die von Armut betroffen sind, kommt aber gar nichts an. Die großspurig angekündigte Bekämpfung der Kinderarmut durch die Bundesregierung findet nicht statt.

Quellen: Bundesregierung, SOLEX, FOKUS-Sozialrecht

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Testpflicht nach dem Urlaub

Das Bundesgesundheitsministerium plant für kommende Woche eine Verordnung zur Testpflicht für Reiserückkehrer aus Risikogebieten.

Wesentlicher Inhalt

  • Jeder Einreisende aus einem Risikogebiet soll verpflichtend auf eine Corona-Infektion getestet werden.
  • Die Tests sind für die Reisenden kostenfrei.

Begründung

Wer in ein Gebiet mit hohen Infektionszahlen reist, oder wer sich im Urlaub nicht an Abstands- und Hygieneregeln halten kann oder will, kann möglicherweise ungewollt das Coronavirus mit nach Hause nehmen. Verpflichtende Tests für Reiserückkehrer aus Risikogebieten sollen eine unbemerkte Ausbreitung verhindern helfen.

Wer negativ ist, kann dann in seinen Alltag zurückkehren. Positiv getestete müssen in Quarantäne.

Bisherige Regelung

Wer aus einem Risikogebiet nach Deutschland einreist, muss sich für 14 Tage in häusliche Quarantäne begeben.

Was sind Risikogebiete?

Welche Gegenden und Länder als Risikogebiete ausgewiesen sind und was die Grundlage dieser Entscheidungen sind, findet man auf den Seiten des Robert Koch-Instituts. Die Bundesregierung prüft fortlaufend, inwieweit Gebiete als Risikogebiete einzustufen sind. Daher kann es auch zu kurzfristigen Änderungen, insbesondere zu einer Erweiterung dieser Liste, kommen.

Rechtsgrundlage

Grundlage der Regelung ist § 5 Abs. 2 Nr. 1 e des Infektionsschutzgesetzes. Hier heißt es:
(Absatz 2) „Das Bundesministerium für Gesundheit wird im Rahmen der epidemischen Lage von nationaler Tragweite unbeschadet der Befugnisse der Länder ermächtigt,
1. durch Anordnung Personen, die in die Bundesrepublik Deutschland einreisen wollen oder eingereist sind und die wahrscheinlich einem erhöhten Infektionsrisiko für bestimmte bedrohliche übertragbare Krankheiten ausgesetzt waren, insbesondere weil sie aus Gebieten einreisen, die das Robert Koch-Institut als gefährdet eingestuft hat, ausschließlich zur Feststellung und Verhinderung einer Einschleppung einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit zu verpflichten,
….
e) sich ärztlich untersuchen zu lassen;…“

(Absatz 3) „(3) Anordnungen nach Absatz 2 Nummer 1 und 2 werden im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat und dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur getroffen.“

Quellen: BMG, RKI

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Computer als Mehrbedarf

Wer zum schon einmal einen Antrag auf  Hartz IV gestellt hat, kennt die vielen Formulare, die auszufüllen sind. Der Hauptantrag: sechs Seiten. Die Ausfüllhilfe dazu: zwölf Seiten. Diverse Anlagen kommen noch dazu – etwa die über Einkommensverhältnisse, Kosten der Unterkunft und eventuell Kinder oder „weitere erwerbstätige Personen“. Er hat über den Unterschied zwischen Haushaltsgemeinschaft und Bedarsfgemeinschaft gerätselt und kennt die Sorgen, wie man alle nötigen Bescheinigungen zusammen bekommen soll.
Dazu kommt noch, dass diese Prozedur alle 6 bis 12 Monate wiederholt werden muss, oder auch zwischendurch, wenn man einen besonderen Bedarf hat.

Um so ärgerlicher ist es, wenn gerade zusätzliche Bedarfe für Schüler, es geht hauptsächlich um Computer, immer wieder von den Jobcentern zunächst nicht anerkannt werden, so dass die betroffenen Hilfeempfänger gezwungen sind, den nervenaufreibenden und langen Weg zu den Sozialgerichten zu gehen. Die Sozialgerichte heben dann in der Regel die Entscheidungen der Jobcenter auf.

Da könnte man entweder auf die Idee kommen, dass die Mitarbeiter in den Jobcentern nicht genügend über die aktuelle Rechtsprechung informiert sind. Oder hofft man etwa, dass sich möglichst viele nicht trauen, die Gerichte anzurufen?

Urteil Sozialgericht Mannheim

Aktuell hat das Sozialgericht Mannheim entschieden, dass ein Grundsicherungsempfänger, der die Oberstufe eines Gymnasiums besucht, Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Anschaffung eines Computers oder Laptops als Mehrbedarf hat. Das Gericht hat den Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende verurteilt, dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Mehrbedarf in Höhe von maximal 300 Euro zum Erwerb eines Computers bzw. Laptops zu gewähren.

Konkret geht es bei diesen Rechtsstreitigkeiten um die Auslegung de § 21 Absatz 6 des SGB II: „Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht.“ Hier sorgt das Wort „laufender“ vermutlich für Irritationen. Der PC wird zwar in der Schule „laufend“ gebraucht, es handelt sich aber nur um eine einmalige Ausgabe.

So erläutert das Sozialgericht Mannheim denn auch, dass ein direkter Anspruch aus dieser Norm nicht möglich sei, weil es sich bei den Kosten nicht um einen laufenden Bedarf handele. Es konstatiert daher im Normengefüge des SGB II eine planwidrige Regelungslücke, deren Schließung eine analoge Anwendung von § 21 Abs. 6 SGB II notwendig mache. Aus keiner der Anspruchsgrundlagen des SGB II ergebe sich ein direkter Anspruch des Klägers auf Gewährung der Kosten. Sie seien nicht hinreichend vom Regelbedarf umfasst und könnten nicht durch Ansparungen aus diesem bestritten werden. Die Kosten werden nicht durch die sog. „Schulbedarfspauschale“ nach § 28 Abs. 3 SGB II gedeckt. Deswegen stehe dem Schüler ein Anspruch auf Leistungen für die Anschaffung zur Erfüllung der schulischen Anforderungen nach § 21 Abs. 6 SGB II analog zu. 

weitere Urteile

Es ist dies wie gesagt nicht das erste Mal, dass eine Entscheidung der Sozialgerichte so ausgefallen ist, zum Beispiel:

Konsequenzen?

Um das ganze Hartz 4 geschehen stressfreier zu gestalten, gäbe es einige Möglichkeiten:

  • der Gesetzgeber könnte die Mehrbedarfsnorm anpassen,
  • die Jobcenter könnten mehr Sozialgerichtsurteile lesen,
  • die Antragsflut könnte vereinfacht werden.

Oder man könnte über eine Abschaffung des Hartz 4 – Systems und über ein bedingungsloses Grundeinkommen nachdenken.

Quellen: juris, DGB, Haufe, Rechtsprechung-im-Internet.de

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Regelbedarf wird kleingerechnet

In einer Stellungnahme hat der Paritätische Wohlfahrtsverband den Referentenentwurf aus dem BMAS zur anstehenden Neuermittlung der Regelsätze in der Grundsicherung scharf kritisiert. Die ab 2021 vorgesehenen Leistungen seien

  • systematisch kleingerechnet,
  • lebensfern und
  • in keiner Weise bedarfsgerecht, wie insbesondere an den Leistungen für Kinder und Jugendliche deutlich werde.

Das Ziel der Grundsicherung, zumindest in bescheidenem Rahmen Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen, werde so deutlich verfehlt.

Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes

Die Stellungnahme erinnert an die Grundsatzurteile des Bundesverfassungsgericht von 2010 und 2014:

  • „Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG sichert jedem Hilfebedürftigen diejenigen materiellen Voraussetzungen zu, die für seine physische Existenz und für ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben unerlässlich sind.“ (9.2.2010).
  • Das Bundesverfassungsgericht hat 2014 das Verfahren der Regelbedarfsermittlung lediglich als „derzeit noch vereinbar“ mit der Verfassung bewertet, dabei aber auch „Anpassungsbedarf im Zuge der nächsten Neuermittlung der Höhe der Regelbedarfe“ (23.7.2014) konstatiert.

Vom Warenkorb zum Statistikmodell

Bis 1989 wurden die Regelsätze für die damalige „Hilfe zum Lebensunterhalt“ durch einen Warenkorb ermittelt. Im Warenkorbmodell wurden bis dahin existenziell notwendige Waren bestimmt und preislich bewertet. Das daraus resultierende Ergebnis bildete dabei ab, was die beteiligten Sachverständigen nach ihrer Einschätzung für angemessen hielten, es hatte aber keinen Bezug zur gesellschaftlichen Wirklichkeit.

Der Wechsel zum Statistikmodell mit einer Bezugnahme auf die alle fünf Jahre erhobene Einkommens- und Verbrauchsstichprobe des Statistischen Bundesamtes versprach dabei eine realitätsgerechtere Regelbedarfsermittlung. Das Statistikmodell hat aber eine grundlegende Schwäche: Durch das Statistikmodell wird die Frage danach, was ein Mensch tatsächlich benötigt, nicht mehr gestellt. Jetzt kommt es darauf an, was eine willkürlich zusammengesetzte – einkommensarme – Gruppe an
Ausgaben tätigt. Ob und inwieweit diese Ausgaben Bedarfe decken, wird nicht weiter thematisiert, sondern stillschweigend unterstellt.

und wieder zurück zum Warenkorb?

Rechnet man nun zusammen, was die einkommensschwachen Haushalte, die ja die Referenz für die Regelsätze darstellen, durchschnittlich ausgeben, kommt man auf eine Summe, die etwa 150 Euro höher ist als der vorgesehene Regelsatz für einen Ein-Personenhaushalt (439 Euro). Nun wird stillschweigend doch wieder das Warenkorb-Prinzip eingeführt. Es werden nämlich einzelne Positionen einfach gestrichen, weil sie angeblich nicht zum Existenzminimum gehörten. Nun wird deutlich, was nach Meinung der Experten zum Minimum eines menschen würdigen Daseins nötig ist. Ein Mensch im Grundsicherungsbezug braucht:

  • keinen Urlaub,
  • keine auswärtigen Übernachtungen,
  • keinen Garten und keine Pflanzen,
  • keine Haustiere und
  • keine Besuche von Gaststätten, Cafés oder Kantinen usw.

Das Bundesministerium kann sich anscheinend ein menschenwürdiges Dasein ohne soziale Bezüge vorstellen.

Methodenkritik

Ein weiterer Kritikpunkt ist die statistische Methode. Bei vielen Hochrechnungen der Ausgaben werden nur 25 oder weniger Haushalte herangezogen. Die statistische Standardabweichung liegt in solchen Fällen zwischen 20 und 100 Prozent, die Gefahr von falschen Zahlen also deutlich zu hoch.

seltsame Steigerungsrate

Die jetzige Einkommen- und Verbrauchsstichprobe (EVS) bezieht sich auf das Jahr 2018. Die ermittelten Regelbedarfe beziehen sich daher ebenfalls auf dieses Jahr und müssen daher nach den Regeln des Gesetzes fortgeschrieben werden. In § 7 Abs.2 des Entwurfs ist für diese zwei Jahre insgesamt eine Steigerung von 0,93 vorgesehen. In den beiden Regelbedarfsstufen – Fortschreibungsverordnungen (RBSFV) aus 2019 und 2020 wurden hingegen Steigerungen von 2,02 bzw. 1,88 Prozent zugrundegelegt. Das wäre für die zwei Jahre insgesamt eine Steigerung von 3,9 %. Somit müsste schon alleine deshlab der angepeilte Regelsatz 13 Euro höher sein (also 452 Euro statt 439 Euro).

Stellungnahme prüft jedes Detail

In der Stellungnahme geht der Paritätische Wohlfahrtsverband ausführlich auf alle Ausgabenposten ein und beleuchtet sie kritisch. Beispielsweise die monatlich veranschlagten Ausgaben für die Anschaffung von Kühlschrank oder Waschmaschine in Höhe von 1,67 / 1,60 Euro. Um davon ein neues Gerät zu kaufen, muss man jahrelang ansparen und hat nach 5 Jahren trotzdem kaum genug, um ein veraltetes stromfressendes Exemplar zu kaufen. Die Alternative wäre ein Kredit vom Jobcenter; für die Rückzahlung desselben muss man dann aber jahrelang auf 10% des ohnehin knappen Regelsatzes verzichten.

Insgesamt wird der Entwurf der vom Bundesverfassungsgericht geforderten Anpassung in keiner Weise gerecht. Gerade in den aktuellen Krisenzeiten der Corona-Pandemie bedeuten die viel zu geringen Grundsicherungsleistungen für hunderttausende Menschen bittere, existenzielle Not.

Quellen: Paritätischer Wohlfahrtsverband, BMAS, FOKUS-Sozialrecht

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AU per Video – Sprechstunde

In der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie ist festgelegt, welche Regeln für die Feststellung und Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit – die sogenannte Krankschreibung – von Versicherten durch Vertragsärztinnen und Ver-tragsärzten sowie im Rahmen des Entlassmanagements aus dem Kran-kenhaus gelten. Grundsätzlich gilt, dass die Beurteilung der Arbeitsunfä-higkeit und ihrer voraussichtlichen Dauer sowie die Ausstellung der Be-scheinigung nur aufgrund einer ärztlichen Untersuchung erfolgen darf.

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat am 16.7.2020 in einer Presseerklärung mitgeteilt, unter welchen Voraussetzungen Vertragsärztinnen und -ärzte können zukünftig die Arbeitsunfähigkeit von Versicherten auch per Videosprechstunde feststellen.

Im SGB V seit 5 Jahren

Im Gesetz für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen vom 21.12.2015 (BGBl. I S. 2408) war im § 87 Abs. 2a SGB V zum ersten Mal die Rede von „Video-Sprechstunden“. Der gesetzliche Auftrag lautete zu prüfen, inwieweit durch den Einsatz sicherer elektronischer Informations- und Kommunikationstechnologien Videosprechstunden telemedizinisch erbracht werden können. Prüfen soll das der Bewertungsausschuss (BA), ein Gremium der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).

Voraussetzungen

Als Voraussetzung für die Krankschreibung per Videosprechstunde gilt laut G-BA insbesondere,

  • dass die oder der Versicherte der behandelnden Arztpraxis bekannt ist und
  • dass die Erkrankung eine Untersuchung per Videosprechstunde zulässt.

Die erstmalige Feststellung der Arbeitsunfähigkeit ist auf einen Zeitraum von sieben Kalendertagen begrenzt. Eine Folgekrankschreibung über Videosprechstunde ist nur zulässig, wenn die vorherige Krankschreibung aufgrund unmittelbarer persönlicher Untersuchung ausgestellt wurde.

Ausgeschlossen bleibt eine Krankschreibung per Videosprechstunde

  • bei Versicherten, die in der betreffenden Arztpraxis bislang noch nie persönlich vorstellig geworden sind,
  • sowie die Feststellung einer Arbeitsunfähigkeit ausschließlich auf Basis z. B. eines Online-Fragebogens, einer Chat-Befragung oder eines Telefonates.

Ein Anspruch der Versicherten auf Krankschreibung per Videosprechstunde besteht nicht.

Digitalisierte AU-Bescheinigung für die Krankenkasse

Eine weitere Änderung der AU-Richtlinie betrifft die Ausfertigung der AU-Bescheinigung für die Krankenkasse. Sie soll ab 1.1.2021 digitalisiert und elektronisch übermittelt werden.

Quelle: G-BA

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Regelbedarfsermittlungsgesetz für das Jahr 2021

Das BMAS hat das Regelbedarfsermittlungsgesetz für das Jahr 2021 als Entwurf vorgelegt, demnach sollen die Regelbedarfe wie folgt festgesetzt werden:

  • Regelbedarfsstufe 1 / Alleinstehende von 432 € auf 439 € / + 7 €
  • Regelbedarfsstufe 2 / Partner innerhalb BG von 389 € auf 395 € / + 6 €
  • Regelbedarfsstufe 3 / U 25 im Haushalt der Eltern von 345 € auf 361 € / + 6 €
  • Regelbedarfsstufe 4 / Jugendliche von 15 bis 17 J. von 328 € auf 367 € / + 39 €
  • Regelbedarfsstufe 5 / Kinder von 6-14 Jahren 308 € / keine Änderung
  • Regelbedarfsstufe 6 / Kinder von 0 bis unter 6 Jahren von 250 € auf 279 € / + 29 €

Von den Verbrauchsausgaben der Referenzgruppe der Einpersonenhaushalte nach § 4 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 (Einpersonenhaushalten die unteren 15 Prozent der Haushalte) werden für die Ermittlung des Regelbedarfs folgende Verbrauchsausgaben der einzelnen Abteilungen aus der Sonderauswertung für Einpersonenhaushalte der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2018 für den Regelbedarf berücksichtigt (in Klammern Zahlen für 2020):

Abteilung 1 und 2 (Nahrungsmittel, Getränke, Tabakwaren)152,33 €,
(150,44 €)
Abteilung 3 (Bekleidung und Schuhe)36,43 €,
(37,81 €)
Abteilung 4 (Wohnen, Energie und Wohnungsinstandhaltung)37,21 €,
(38,26 €)
Abteilung 5 (Innenausstattung, Haushaltsgeräte und -gegenstände, laufende Haushaltsführung)26,74 €,
(26,60 €)
Abteilung 6 (Gesundheitspflege)16,75 €,
(16,19 €)
Abteilung 7 (Verkehr)39,37 €,
(35,96 €)
Abteilung 8 (Nachrichtenübermittlung)39,25 €,
(38,59 €)
Abteilung 9 (Freizeit, Unterhaltung, Kultur)42,83 €,
(41,40 €)
Abteilung 10 (Bildungswesen)1,58 €,
(1,10 €)
Abteilung 11 (Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen)11,47 €,
(10,73 €)
Abteilung 12 (Andere Waren und Dienstleistungen)34,97 €,
(34,22 €)

Die dem Gesetzentwurf zugrunde liegende Stichprobe stammt aus dem Jahr 2018. Berücksichtigt wird bei der genauen Höhe der Regelsätze dann noch die Lohn- und Preisentwicklung.

Für fast alle Personengruppen erhöhen sich die Regelsätze in der Grundsicherung. Bei den sechs- bis 13-jährigen Kindern wurde ein Bedarf von 4 Euro weniger ermittelt, deswegen bleibt hier der Regelsatz gleich.

Auffällig ist, dass in den einzelnen Abteilungen teilweise weniger Bedarf ausgerechnet wurde. Etwa bei der Abteilung 4, obwohl für 2021 mit einer Stromkostensteigerung in Höhe von 10 – 15 % zu rechnen ist.

Der Gesetzentwurf betont, dass nun auch Handy-Kosten berücksichtigt würden. Dies schlägt sich dann in der Abteilung 8 mit einer Erhöhung von mageren 66 Cent nieder.

Quellen:
Den Entwurf hat das BMAS aktuell (Stand: 15.7.2020 19 Uhr) nur an ausgewählte Verbände und Presseorgane übermittelt, deswegen kommen die Informationen vom Redaktionsnetzwerk Deutschland und von einem Twitterbeitrag des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes.

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16.07.2020: Hier ist der Referentenentwurf.

DGB-Konzept Kindergrundsicherung

Im letzten November wurde im Bundestag ein Gesetzentwurf der Grünen zur Einführung einer Kindergrundsicherung behandelt. Der Entwurf ist seitdem im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend untergetaucht.

Die SPD kündigte Anfang 2019 eine Gesetzesintitiative dazu an. Immerhin schaffte sie es, auf dem letzten Parteitag im Dezember 2019 dazu einen Beschluss herbeizuführen.

Von der Bundestagsfraktion der Linken gibt es seit Mitte März 2020 ein Positionspapier zur Kindergrundsicherung.

Die übrigen Fraktionen im Bundestag stehen einer Kindergrundsicherung eher ablehnend gegenüber. Jetzt ist erst mal Sommerpause. Vielleicht hilft es ja den Abgeordneten, dass jetzt der DGB mit seinem Konzept auf die Einführung einer bedarfsorientierten Kindergrundsicherung drängt, dass das Vorhaben nicht in Vergessenheit gerät. Das Konzept wurde zwar auch schon Ende März vorgestellt, der DGB macht aber sozusagen als Hausaufgabe für die Ferien noch mal Druck.

Die vorgelegten Entwürfe und Konzepte ähneln sich in wesentlichen Punkten. Hier der DGB-Vorschlag:

  • Das Kindergeld, der steuerliche Kinderfreibetrag, der Kinderzuschlag sowie die Hartz-IV-Leistungen für Kinder und Jugendliche werden gebündelt und durch die Kindergrundsicherung ersetzt.
  • Die Kindergrundsicherung setzt sich aus zwei Komponenten zusammen: Einem Sockelbetrag von einem Kindergeld in Höhe von 240 Euro, das alle Eltern je Kind unabhängig von ihrem Einkommen erhalten. Hinzu kommt ein einkommensabhängiger, nach dem Alter der Kinder gestaffelter Zusatzbetrag.
  • Die Höchstbeträge (Summe aus Sockel und Zusatzbetrag) betragen zwischen 364 Euro monatlich (Kind unter sechs Jahren) und 504 Euro (Jugendliche ab 14 Jahre).
  • Die Anrechnung von Elterneinkommen setzt erst ein, wenn der Bedarf der Eltern bzw. des Elternteils durch eigenes Einkommen gedeckt ist und ist so gestaltet, dass die Aufnahme oder Ausweitung einer Erwerbstätigkeit zu spürbaren Einkommenszuwächsen führt.

Die einzelnen Beträge unterscheiden sich in den Konzepten etwas und auch die Zusammensetzung wird unterschiedlich begründet. Beim SPD-Vorschlag setzen sich die Komponenten so zusammen:

  • Aus dem kindlichen Regelbedarf der jedem Kind zur Verfügung stehen muss (in 2020: 250 Euro für 0 bis 5-Jährige, 308 Euro für 6 bis 13-Jährige und 328 Euro für über 14-Jährige).
  • Aus den anteiligen Wohnkosten von Kindern, die im Existenzminimumbericht
    festgestellt werden (in 2020: 104 Euro pro Kind).
  • Aus einem zusätzlichen Betrag für mehr soziale Teilhabe, Freizeitgestaltung und Bildung (46 Euro pro Kind).

Bei den Grünen liegt der Grundbetrag bei 280 Euro, dazu kommen die Plus-Beträge, so dass die Höchstbeträge (für 2019 berechnet)

  • für 0 bis 5 Jahre alte Kinder bei 364 Euro;
  • für 6 bis 13 Jahre alte Kinder bei 475 Euro;
  • für 14 bis 17 Jahre alte Jugendliche bei 503 Euro liegen.

Alle Konzepte haben das Ziel, die Kinderarmut zu bekämpfen und allen Kindern soziale Teilhabe zu ermöglichen. Der DGB will damit alle Kinder und Jugendlichen aus dem Hartz IV-System holen.

Der DGB beziffert die Kosten auf 12,5 Milliarden Euro jährlich. Der Betrag sei im Vergleich zu den milliardenschweren Rettungsschirmen für Unternehmen in der Coronakrise eine kleine Summe, aber mit Sicherheit eine Investition in die Zukunft unseres Landes, die sich auszahlen werde.

Quellen: DGB, SPD-Fraktion, Grünen-Fraktion, Linken-Fraktion, Bundestagsausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Abbildung: Privat: Thomas Knoche

Verordnung von ambulanten Leistungen

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat am 29.6.2020 in Berlin die Frist für den Beginn einer Heilmittelbehandlung nach einer vertragsärztlichen oder -​zahnärztlichen Verordnung für gesetzlich Krankenversicherte von 14 Tagen auf 28 Tage verlängert. Damit soll einem in den Praxen möglicherweise bestehenden Terminstau bei Heilmittelbehandlungen, die bedingt durch die Corona-​Pandemie nicht begonnen werden konnten, entgegengewirkt werden. Die Sonderregelung gilt bis zum 30. September 2020. Ab dem 1. Oktober 2020 treten die neuen Heilmittel-Richtlinien in Kraft. Ab dann gilt sowieso die Frist von 28 Tagen zum Beginn einer Heilmittelbehandlung.

Ebenfalls bis zum 30. September 2020 verlängerte der G-BA die Sonderregelung, wonach Krankentransportfahrten zu nicht aufschiebbaren, zwingend notwendigen ambulanten Behandlungen von nachweislich an COVID-​19-Erkrankten keiner vorherigen Genehmigung durch die Krankenkasse bedürfen. Dies gilt auch für Versicherte, die aufgrund einer behördlichen Anordnung unter Quarantäne stehen.

Auslaufen von Sonderreglungen seit 1. Juli 2020

Laut Mitteilung des G-BA erlaubt die zur Zeit niedrige Neuinfektionsrate und die Aufhebung bestimmter Einschränkungen des öffentlichen Lebens auch eine schrittweise Rückkehr zur „normalen“ Patientenversorgung. Das G-BA schließt aber neue Sonderregelungen nicht aus, wenn sich die Infektionsdynamik wieder beschleunigen sollte.

Folgende Sonderregelungen endeten am 1. Juli 2020:

  • Verlängerte Frist zur Vorlage von Verordnungen
    Die Frist zur Vorlage von Verordnungen von häuslicher Krankenpflege, spezialisierter ambulanter Palliativversorgung sowie Soziotherapie bei der Krankenkasse beträgt wieder 3 Tage statt 10 Tage.
  • Folgeverordnungen nach telefonischer Anamnese
    Folgeverordnungen für häusliche Krankenpflege, für zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel, Krankentransporte und Krankenfahrten sowie Heilmittel (letztere auch von Zahnärztinnen und Zahnärzten verordnete) können nicht länger nach telefonischer Anamnese ausgestellt werden. Ebenso kann die Verordnung nicht länger postalisch an die Versicherte oder den Versicherten übermittelt werden.
  • Weitere Regelungen zu Folgeverordnungen im Bereich der häuslichen Krankenpflege
    Im Bereich der häuslichen Krankenpflege können Folgeverordnungen nicht länger für bis zu 14 Tage rückwirkend erfolgen. Die Begründung der Notwendigkeit bei einer längerfristigen Folgeverordnung von häuslicher Krankenpflege und die 3-​Tages-Frist zur Ausstellung der Folgeverordnung sind nun wieder zu berücksichtigen.

Quelle: Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA)

Abbildung:  pixabay.com connection-4884862_1280.jpg