Heizkostenzuschuss

Für die im Jahr 2022 zu erwartenden Mehrbelastungen bei den Heizkosten soll nun ein zweiter Heizkostenzuschuss ausgezahlt werden. Dies sieht der Gesetzentwurf zur Änderung des Heizkostenzuschussgesetzes vor, den die Bundesregierung nun vorgelegt hat.

Auszahlung des ersten Heizkostenzuschusses

Im Juni 2022 begann die Auszahlung des ersten Heizkostenzuschusses, nachdem im März das entsprechende Gesetz verabschiedet wurde. Es sah für Empfängern von Wohngeld, BAFöG, Berufsausbildungsbeihilfe, Ausbildungsgeld und Beziehern von Leistungen nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (Aufstiegs-BAföG) einen einmaligen Heizkostenzuschuss in Höhe von 270 Euro für Wohngeldempfänger und 230 Euro für alle anderen vor.

Allerdings sind noch längst nicht alle Berechtigten in den Genuss des Geldes gekommen. Vielfach, vor allem bei BAFöG-Empfängern müssen wohl einige bürokratische Hürden überwunden werden, wie der SPIEGEL vor ein paar Tagen berichtete.

Zweiter Heizkostenzuschuss

Nun schiebt die Bundesregierung im Rahmen des Entlastungspakets einen neuen Zuschuss für die kalten Tage nach.

Der Gesetzentwurf sieht für wohngeldbeziehende Haushalte einen nach der Anzahl der berücksichtigten Haushaltsmitglieder nach dem WoGG gestaffelten zweiten Heizkostenzuschuss als Ausgleich für die erhöhten Heizkosten des Jahres 2022 vor. Auch nicht bei den Eltern wohnende Auszubildende, die Leistungen nach dem BAföG oder dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch beziehen, sowie Teilnehmende einer Aufstiegsfortbildungsmaßnahme, die einen Unterhaltsbeitrag nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz beziehen, sind anspruchsberechtigt.

die gleichen Berechtigten

Maßgebend ist die Wohngeldbewilligung, die Gewährung von Leistungen nach BAföG, des Unterhaltsbeitrags nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz oder die Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe oder Ausbildungsgeld nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in mindestens einem Monat im Zeitraum vom 1. September 2022 bis 31. Dezember 2022.

Änderung im SGB XI

Auch wohngeldberechtigten Pflegebedürftigen soll der Zuschuss zugute kommen. Pflegeeinrichtungen sollen die Möglichkeit bekommen, wegen stark gestiegener Energiepreise mit den Kostenträgern über die Pflegesätze neu zu verhandeln.

Höhe

Der einmalige Heizkostenzuschuss beträgt bei Empfängern von Wohngeld für

  • eine zu berücksichtigende Person 415 Euro,
  • zwei zu berücksichtigende Personen 540 Euro und
  • jede weitere zu berücksichtigende Person zusätzlich 100 Euro.

Für die übrigen Anspruchsberechtigten beträgt der Zuschuss 345 Euro.

Eine Anrechnung des Heizkostenzuschusses bei anderen Sozialleistungen erfolgt nicht.

Wann?

Das Gesetz wird auch im Bundesrat beraten, ist aber nicht zustimmungspflichtig. Die Auszahlung des zweiten Heizkostenzuschusses soll Ende 2022, Anfang 2023 erfolgen.

Quellen: Bundestag, SPIEGEL, FOKUS-Sozialrecht

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Wohngeld Plus

Drei Jahre nach der letzten Wohngeldreform soll am 1.1.2023 die nächste Reform in Kraft treten. Dies sieht der Referentenentwurf des Bundesministeriums für Wohnen,
Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) vor. Das Gesetz hat den schlichten Titel: „Gesetz zur Erhöhung des Wohngeldes“ oder kurz „WohngeldPlus-Gesetz“.

Teil des Entlastungspakets

Das Bauministerium begründet die Reform vor allem mit den steigenden Energiekosten. Außerdem ist die Wohngeldreform ja als Teil des dritten Entlastungspakets angekündigt worden. Neben der Wohngeldreform wird mit dem Gesetzentwurf der „Heizkostenzuschuss II“ auf den Weg gebracht, der Millionen Bürgerinnen und Bürger, gezielt und unbürokratisch bei der Bewältigung der Heizkosten unterstützen soll. 

Drei Komponenten

Wohngeldkomponente

Die Reform sieht eine Erhöhung der Anzahl der Wohngeldhaushalte von rund 600.000 Haushalte auf zwei Millionen Haushalte vor. Das wird möglich durch eine Anhebung des allgemeinen Leistungsniveaus (u. a. durch Anpassung der Wohngeldformel).

Heizkostenkomponente

Die Heizkostenkomponente ist ab dem 01.01.2023 ein fortlaufender Leistungsbaustein im Wohngeld. Die Höhe der Heizkostenkomponente ist so gewählt, dass im Durchschnitt aller Empfängerinnen und Empfänger die durch eine Preisverdoppelung gegenüber 2020 entstehenden Mehrbelastungen ausgeglichen werden. Dies führt in der Wohngeldberechnung im Schnitt zu 1,20 Euro je qm mehr Wohngeld. Als Pauschale angelegt setzt die Komponente Anreize zur Sparsamkeit. Die Fortschreibung zum 01.01.2025 erfolgt im Rahmen der Wohngeld-Dynamisierung (Bezug Heizkostenkomponente: Preisindex Heizenergie Statistisches Bundesamt).

Klimakomponente

Die Klimakomponente soll höhere Mieten durch energetische Sanierungen des Gebäudebestands und energieeffiziente Neubauten zur Erreichung der Klimaschutzziele pauschal abfedern. Es wird ein Zuschlag auf die Miethöchstbeträge des Wohngeldes von 0,40 Euro je qm vorgesehen. Die bürokratiearme Lösung sieht einen gesamtwirtschaftlichen Pauschalansatz ohne Nachweiserfordernis in der Wohngeld-Administration vor.

Quellen: BMWSB, FOKUS-Sozialrecht

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Hinzuverdienstgrenzen fallen

Ganz ohne große Medienresonanz wurde der Entwurf eines Achten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (8. SGB IV-Änderungsgesetz – 8. SGB IV-ÄndG) vom Bundeskabinett am 31. August 2022 auf den parlamentarischen Weg gebracht.

weitreichende Änderungen

Das Gesetzespaket ist sehr umfangreich, besteht aus 34 Artikeln und bereitet Änderungen in fast allen Sozialgesetzbüchern und anderen Gesetzen im sozialen Bereich vor. Federführend ist das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS).

Hinzuverdienstgrenzen

Die wichtigste Änderung betrifft die Hinzuverdienstgrenzen bei einer vorgezogenen Altersrente und bei Erwerbsminderungsrenten:

  • Die Hinzuverdienstgrenze bei vorgezogenen Altersrenten entfällt ersatzlos.
  • Bei Erwerbsminderungsrenten werden die Hinzuverdienstgrenzen deutlich angehoben.

Altersrente

Mit dem Bezug einer Altersrente kann nunmehr – wie bereits heute schon ab Erreichen der Regelaltersgrenze – hinzuverdient werden, ohne dass es zu einer Anrechnung auf die Rente kommt. Durch die damit einhergehende Flexibilität beim Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand, so die Begründung des BMAS, könne ein Beitrag geleistet werden, dem bestehenden Arbeits- und Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Gleichzeitig werde durch den Wegfall das bestehende Recht vereinfacht und Bürokratie abgebaut, insbesondere bei den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung.

Erwerbsminderungsrente

Bei der Rente wegen voller Erwerbsminderung, so das BMAS, soll die bisherige Hinzuverdienstgrenze von 6 300 Euro ab 1. Januar 2023 abgeschafft werden. Stattdessen gelte unter Beachtung des eingeschränkten Leistungsvermögens von weniger als drei Stunden täglich eine kalenderjährliche Hinzuverdienstgrenze von drei Achteln der 14fachen monatlichen Bezugsgröße. Dies entspreche 17 272,50 Euro im Jahr 2022. Bei der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung werde die kalenderjährliche Mindesthinzuverdienstgrenze entsprechend dem Restleistungsvermögen von unter 6 Stunden täglich sechs Achtel der 14fachen monatlichen Bezugsgröße betragen. Dies entspreche 34 545 Euro im Jahr 2022.

Weitere Änderungen im Gesetzentwurf

  • Im Künstlersozialversicherungsgesetz werden vor allem die Zuverdienstmöglichkeiten der Versicherten bei einer weiteren nicht-künstlerischen selbständigen Tätigkeit im Anschluss an die auslaufende Corona-Sonderregelung dauerhaft erweitert.
  • In Anlehnung an die bereits bestehende Regelung bei einer zusätzlichen abhängigen Beschäftigung soll zukünftig das Kriterium der „wirtschaftlichen Haupttätigkeit“ maßgeblich dafür sein, über welche Tätigkeit die Absicherung in der Kranken- und Pflegeversicherung stattfindet.
  • Darüber hinaus wird z.B. der Versicherungsschutz für Berufsanfängerinnen und Berufsanfänger in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung weiterentwickelt.

Digitales

Im Datenaustausch zwischen den Arbeitgebern und den Trägern der sozialen Sicherung sowie den Trägern untereinander sollen die Möglichkeiten, dies digital zu erledigen, erweitert werden. Darüber hinaus sollen noch weitere Verfahren im Bereich der sozialen Sicherung in die digitale Datenübermittlung einbezogen werden, bei denen derzeit noch ein Austausch per Brief oder Fax erfolgt.

Quelle: BMAS,

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Eckpunkte zum Bürgergeld

Laut Koalitionsvertrag soll „Hartz IV“ abgeschafft werden. Stattdessen ist ein „Bürgergeld“ geplant. Seitdem wird spekuliert, ob es sich tatsächlich um eine grundlegende Änderung des SGB II handeln wird oder nur um kosmetische Verbesserungen mit einem hübschen neuen Namen.

Schwerpunkte

Nun hat Arbeitsminister Hubertus Heil die Eckpunkte für seine Reform vorgestellt und preist sie schon mal als „Größte Sozialstaatsreform seit 20 Jahren“ an. Schwerpunkte der Reform sind Weiterbildung und die Neuberechnung der Regelsätze.

Weiterbildung

  • Gemeinsam vereinbaren Arbeitsuchende und Jobcenter einen Kooperationsplan für den individuellen Weg in Arbeit.
  • Grundlage der Zusammenarbeit soll Vertrauen sein. In den ersten sechs Monaten, der sogenannten Vertrauenszeit, können deshalb künftig keine Leistungen mehr gemindert werden.
  • Weiterbildung und der Erwerb eines Berufsabschlusses stehen im Vordergrund. Der sogenannte Vermittlungsvorrang wird daher abgeschafft.
  • Für Weiterbildungen werden ein zusätzlicher finanzieller Ausgleich und neue Angebote geschaffen. Wer etwa einen Berufsabschluss nachholt, kann künftig statt bisher zwei dann für bis zu drei Jahre gefördert werden.
  • Der Soziale Arbeitsmarkt (§ 16i SGB II) wird fortgeführt: Jobcenter können weiterhin sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse fördern, um Menschen nach besonders langer Arbeitslosigkeit zu aktivieren.
  • Menschen, denen es besonders schwerfällt, eine Arbeit zu finden oder aufzunehmen, können durch professionelles Coaching unterstützt werden.

Vermögen, Freibeträge

  • Vermögen und Angemessenheit der Wohnung werden erst nach 24 Monaten Bürgergeldbezug überprüft.
  • Nach Ablauf der 24 Monate (Karenzzeit) ist ein höheres Schonvermögen als bisher vorgesehen. Rücklagen für die Altersvorsorge werden ebenfalls besser geschützt.
  • Für Auszubildende, Schüler*innen und Studierende, die Bürgergeld beziehen, gelten höhere Freibeträge für die Ausbildungsvergütung oder den Nebenjob.

Regelsätze, Sanktionen

  • Die Regelsätze sollen zum 1. Januar 2023 angemessen und deutlich steigen. Einzelheiten werden im Gesetzentwurf ergänzt, sobald die erforderlichen Berechnungen abgeschlossen sind.
  • Die Vorgaben für Leistungsminderungen (sogenannte Sanktionen) werden auf Basis des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 5. November 2019 neu geregelt.
  • Für Rückforderungen zu viel ausgezahlter Beträge gilt künftig eine Bagatellgrenze.

Neuberechnung der Regelsätze

Zur Neuberechnung der Regelsätze sollen nicht mehr wie bisher die Ausgaben der ärmsten 20 Prozent als Grundlage dienen, sondern die der ärmsten 30 Prozent. Die könnte eine Steigerung um die 50 Euro bedeuten.

Wer sind die Leistungsempfänger?

In Kürze wird das BMAS einen Referentenentwurf vorlegen. Vorsichtshalber schießen die großen „Freiheits“-Kämpfer, vor allem aus dem FDP-Lager schon mal dagegen. Mit dem altbekannten Versuch, Menschen mit geringem Einkommen gegen Menschen mit SGB II -Bezug gegeneinader auszuspielen: „Wer arbeitet, soll mehr haben!“. Vergessen wird dabei gerne, dass viele Empfänger von Grundsicherung arbeiten, aber nicht davon leben können. Dass ein weiterer großer Teil der Leistungsempfänger Menschen mit chronischen Krankheiten, Erwerbsgeminderte, Alleinerzeiehende – meistens Frauen -, oder Empfänger von Grundsicherung im Alter sind.

Abwarten…

Ob die Reform wirklich das Hartz IV – System überwinden wird ist noch nicht ausgemacht. Dazu müssten die Regelsätze tatsächlich verfassungsgemäß das Existenzminimum abdecken und die Sanktionen verschwinden. Und es muss einigermaßen unbeschädigt den Gesetzgebungsprozess überstehen.

Quelle: BMAS

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Bundesratsbeschlüsse vor der Sommerpause

In seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause hat der Bundesrat unter anderem der BAFöG-Reform zugestimmt. Sie kann daher wie geplant zum neuen Schuljahr, bzw. zum neuen Semester in Kraft treten.

Inflationsausgleich

Die 27. Novelle des Bundeausbildungsförderungsgesetzes beinhaltet eine Erhöhung der Bedarfssätze um 5,75 Prozent und eine Erhöhung der Freigrenzen um 20,75 Prozent, als Ausgleich für steigende Lebenshaltungskosten.

höhere Altersgrenze

Der Wohnzuschlag für auswärts Wohnende liegt künftig bei 360 Euro, der Vermögensfreibetrag von Geförderten bis zum 30. Lebensjahr bei 15.000 Euro sowie für Auszubildende, die das 30. Lebensjahr vollendet haben, bei 45.000 Euro. Die Altersgrenze zu Beginn des zu fördernden Ausbildungsabschnittes wird vereinheitlicht und auf 45 Jahre angehoben.

Darlehen

Die Erlassmöglichkeit der Darlehensrestschulden nach 20 Jahren für Altfälle gilt künftig auch für jene Rückzahlungsverpflichteten, die es versäumt hatten, innerhalb der gesetzten Frist der vorangegangenen 26. BAföG-Novelle den Erlass der Darlehensrestschulden zu beantragen.

Notfall-BAFöG

Ebenfalls am 8. Juli 2022 hat sich der Bundesrat mit Plänen zur nächsten, der 28. BAföG-Änderung befasst: Er äußerte keine Einwände gegen den Gesetzentwurf der Bundesregierung, der diese zur Ausweitung des Berechtigtenkreises im Falle einer nationalen Notlage vorsieht. Vermutlich im Herbst kommt die Vorlage nochmal zur abschließenden Beratung in den Bundesrat.

§ 219a ersatzlos gestrichen

Ebenfalls gebilligt hat der Bundesrat ersatzlose Streichung des Werbeverbots für Schwangerschaftsabbrüche in Paragraf 219a Strafgesetzbuch gebilligt. Der Bundestag hatte die Aufhebung am 24. Juni 2022 beschlossen.

Künftig können Ärztinnen und Ärzte ausführlich über Möglichkeiten zum Abbruch einer Schwangerschaft informieren, ohne mit einer strafrechtlichen Verfolgung rechnen zu müssen. Schwangere sollen so einfacher als bisher Ärztinnen und Ärzte für eine Abtreibung finden können, heißt es in der amtlichen Gesetzesbegründung.

Quellen: Bundesrat, FOKUS-Sozialrecht

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Richtlinien für die Begleitung im Krankenhaus

Seit dem 1.11.2021 ist die lange ungeklärte Frage nach der Kostenträgerschaft für die Übernahme der Kosten von vertrauten Begleitpersonen von Menschen mit Behinderungen (Ausgleich von Verdienstausfall bei Personen aus dem persönlichen Umfeld oder Übernahme der (Personal)kosten bei Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter eines Leistungserbringers der Eingliederungshilfe) während einer stationären Krankenhausbehandlung beantwortet.

Anspruch auf Krankengeld

Eine begleitende Person aus dem privaten Umfeld hat ab dem 1.11.2022 unter den in § 44b Absatz 1 SGB V genannten Voraussetzungen Anspruch auf Krankengeld. Der Anspruch besteht für den Zeitraum der Mitaufnahme ins Krankenhaus. Auch für eine ganztägige Begleitung ins Krankenhaus wird Krankengeld gezahlt.

Kostenträger Eingliederungshilfe

Werden Menschen von einer vertrauten Bezugsperson begleitet, die sie im Alltag bereits als Mitarbeiter*in eines Leistungserbringers der Eingliederungshilfe unterstützt, sollen die Kosten für die Begleitung hingegen von den Trägern der Eingliederungshilfe übernommen werden.

Richtlinie bis August 2022

Zur näheren Bestimmung des Personenkreises, der die Begleitung aus medizinischen Gründen benötigt und der nicht nur Menschen mit schwerer geistiger Behinderung, sondern zum Beispiel auch Menschen ohne sprachliche Verständigungsmöglichkeiten umfassen kann, erhält der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) den Auftrag, bis August 2022 Kriterien, ggf. auch in Form von Fallgruppen, in den Richtlinien zu bestimmen.

Kritik am Richtlinien-Entwurf

Der jetzt vom G-BA vorgelegte Entwurf einer Krankenhausbegleitungs-Richtlinie (KHB-RL) sorgt bei den Sozialverbänden aber für Unmut. In einer gemeinsamen Stellungnahme wurden die Kritikpunkte konkretisiert.

Im Entwurf werden zwei „Fallgruppen“ benannt, bei denen der Anspruch auf Begleitung im Krankenhaus möglich sei. Hier wird von „erheblicher“ und „kompletter“ Schädigung der mentalen Funktion oder von „erheblicher“ und „kompletter“ Beeinträchtigung der Kommunikation gesprochen.

Begleitungsbedarf auch bei leichter und mittelgradiger Beeinträchtigung

Die Stellungnahme weist darauf hin, dass dies so verstanden werden könne, dass Menschen mit einer leichten/mittelgradigen geistigen Behinderung bzw. einer leichten/mittelgradigen Kommunikationsbeeinträchtigung nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis gehören. In diesem Fall würden aber Personen von der Leistung ausgeschlossen, die durchaus einen Begleitungsbedarf haben können.

So könne nicht nur bei einer schweren/erheblichen, sondern auch bei einer mittelgradigen oder leichten geistigen Behinderung ein Begleitungsbedarf bestehen, weil die Kooperationsbereitschaft in der Ausnahmesituation der Krankenhausbehandlung etwa aufgrund von Ängsten oder Schmerzen erheblich eingeschränkt sei oder Verhaltensauffälligkeiten aufträten. 

Es müsse nur darauf ankommen, ob in der Ausnahmesituation „Krankenhausbehandlung“ die Kooperationsbereitschaft oder die Kommunikation so eingeschränkt ist, dass sie eine gute Behandlung verhindert. Dies könne auch bei einer „einfachen“ Schädigung der mentalen Funktionen bzw. einer „einfachen“ Beeinträchtigung der Kommunikation der Fall sein.

Gesetzesbegründung konkreter als Richtlinienentwurf

Zu den Tragenden Gründen für die Notwendigkeit einer Begleitung wird in den Richtlinien nur Folgendes ausgeführt: „Entsprechend der Gesetzesbegründung soll eine Begleitung aus medizinischen Gründen sowohl bei Menschen mit schweren geistigen Behinderungen als auch bei Menschen ohne sprachliche Verständigungsmöglichkeiten in Betracht kommen.“

Das bleibt weit hinter der tatsächlichen Gesetzesbegründung zurück. Dort sind Beispiele für Tragende Gründe aufgeführt, die eben nicht nur bei „schweren“ geistigen Behinderungen oder bei Menschen „ohne“ sprachliche Verständigungsmöglichkeiten auftreten können. Dies sollte in den Richtlinien ergänzt werden.

Quellen: CPB (Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie e.V.), Paritätischer Gesamtverband, FOKUS-Sozialrecht

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Häusliche Pflege am Limit

Mehr als 80 Prozent der 4,1 Millionen Pflegebedürftigen in Deutschland werden zu Hause von nahestehenden Menschen versorgt, entweder von diesen allein oder mit Hilfe von ambulanten Pflegediensten (3,3 Millionen). Nach einer vom Sozialverband VdK in Auftrag gegebene Studie ziehen auch in Zukunft die meisten Deutschen die Pflege zu Hause der in einem Pflegeheim vor. Nur zehn Prozent können sich vorstellen in einem Pflegeheim versorgt zu werden, bei den Pflegebedürftigen sind es sogar nur 2,3 Prozent.

12 Milliarden nicht genutzt

Zur Unterstützung der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen sieht das SGB XI eine Reihe Leistungen vor, von Pflegesachleistungen über Pflegegeld bis Pflegehilfsmittel. Nun ergab die erwähnte Online-Befragung des VDK mit 56.000 Teilnehmern, dass weniger als die Hälfte der Leistungen, auf die sie Anspruch hätten, überhaupt abgerufen wird, je nach Art der Leistung zwischen 63 und 93 Prozent. Damit werden Pflegeleistungen in Höhe von 12 Milliarden Euro nicht genutzt.

Die Studie zeigt auch, woran das liegt. Beklagt werden

  • zu wenig Kapazitäten
  • zu viel Bürokratie
  • zu hohe Zuzahlungen

Beispiel Hilfe im Haushalt:

Demnach stehen monatlich 125 Euro für die Unterstützung im Haushalt zur Verfügung. 80 Prozent der Pflegebedürftigen rufen diesen Betrag nicht ab, damit entgehen ihnen jährlich knapp vier Milliarden Euro. Für die Inanspruchnahme muss den Angaben zufolge insbesondere nachgewiesen werden, dass anerkannte Dienstleister im Haushalt helfen. Jedes Bundesland regele das allerdings unterschiedlich. Hilfen in Baden-Württemberg etwa müssen eine bis zu 120-stündige Fortbildung nachweisen.

Beispiel Kurzzeitpflege:

Kurzzeitpflege, die Angehörigen bei Krankheit oder zur Erholung eine Auszeit ermöglichen soll, von 86 Prozent noch nie beantragt worden sei. Die Voraussetzungen, die pflegende Angehörige erbringen müssten, um Leistungen abzurufen, seien „teilweise absurd und unangebracht“, sagte VdK-Präsidentin Verena Bentele der „Welt am Sonntag“. Ihr Verband fordert, einige der Leistungen in einem Budget zusammenzufassen und dieses Pflegebedürftigen unkompliziert zur Verfügung zu stellen.

zu wenig Plätze

Nicht genügend Kapazitäten gibt es bei den Plätzen für Tagespflege. Der VDK fordert daher einen Rechtsanspruch auf einen Tagespflegeplatz, so wie es einen Anspruch auf einen Kindergartenplatz gebe.

Wann kommt das flexibel einsetzbare Entlastungsbudget?

Sinnvoll sei ein einheitliches Budget, in das alle Ansprüche einfließen. Dann würden nicht genutzte Leistungen auch nicht mehr verfallen. Man nutzt das Geld für die Leistung, die einem was bringt. Zudem muss es möglich sein, dass damit auch die Personen bezahlt werden, die die Betroffenen schnell und verlässlich unterstützen und entlasten können: die Nachbarin, jemand aus dem Freundeskreis, Ehrenamtliche. Es würde das System zudem übersichtlicher machen und vereinfachen. Schon 2020 gab es dazu ein Diskussionspapier des Pflegebeauftragten der Bundesregierung

Bessere Beratung

Nötig sei auch ein verbessertes und unabhängiges Beratungsangebot.  Denn die Studie zeige auch: Erhält ein pflegender Angehöriger keine Beratung, werden deutlich weniger Pflegeleistungen in Anspruch genommen. Wird beraten, steigt die Wahrscheinlichkeit eine Pflegeleistung zu nutzen um ein Vielfaches – etwa bei der Tagespflege von 17 auf 83 Prozent.

Pflegende am Limit

Die Befragung zeigt auch, dass den pflegenden Angehörigen selbst durch die Pflege und vor allem durch mangelnde Unterstützung gesundheitlicher Schaden droht. Die Mehrheit der Pflegenden sind weiblich (72 Prozent), Die Hälfte der Pflegenden ist selbst im Rentenalter. 59 Prozent gaben an, wegen der Pflege die eigene Gesundheit zu vernachlässigen.

Kampagne des VDK

Um auf die Missstände aufmerksam zu machen und dringende Reformen zu fordern, startete der VDK am 9.5.2022 eine Kampagne unter der Überschrift „Nächstenpflege braucht Kraft und Unterstützung“. Die Forderungen des VdK, die Studienergebnisse, weitere Hintergrundinformationen und Bildmaterial gibt es auf der Kampagnen-Seite des VDK, ebenso Informationen für die Presse.

Quellen: VDK, Tagesschau, T-Online, SOLEX, FOKUS-Sozialrecht

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Sofortzuschlag und Einmalzahlung – Update

Das „Gesetz zur Regelung eines Sofortzuschlages für Kinder und einer Einmalzahlung an erwachsene Leistungsberechtigte der sozialen Mindestsicherungssysteme aus Anlass der COVID-19-Pandemie“ – Sofortzuschlags- und Einmalzahlungsgesetz wird am kommenden Donnerstag, den 12. Mai 2022 in zweiter und dritter Lesung im Bundestag behandelt.

Änderungsantrag

Dazu gibt es einen Änderungsantrag der Koalitionsparteien. Zunächst wird schon mal die Überschrift geändert. Sie lautet nun: „Gesetz zur Regelung eines Sofortzuschlages und einer Einmalzahlung in den sozialen Mindestsicherungssystemen sowie zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes und weiterer Gesetze“. Das deutet darauf hin, dass in den Gesetzentwurf noch einiges hineingepackt wurde.

Zuschlag bleibt – Einmalzahlung verdoppelt

Im Vergleich zum ursprünglichen Entwurf bleibt es bei dem Zuschlag von 20 Euro beim Kinderzuschlag – der Höchst-Kinderzuschlag steigt damit von 209 auf 229 Euro ab Juli -, die Einmalzahlung für Leistungsempfänger Grundsicherungen wird auf 200 Euro verdoppelt. Die Zahlung soll im Juli 2022 erfolgen.

Rechtskreiswechsel für Ukraine-Flüchtlinge

Mit ihm Gesetzespaket ist der zwischen Bund und Ländern vereinbarte Wechsel von hilfebedürftigen geflüchteten Menschen aus der Ukraine vom AsylbLG in das SGB II oder SGB XII . Die Regelung tritt zum 1. Juni 2022 in Kraft.

Voraussetzung ist, dass sie einen Aufenthaltstitel zum vorübergehenden Schutz beantragt haben, im Ausländerzentralregister erfasst wurden und die sonstigen Voraussetzungen für Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II oder SGB XII erfüllen.

Sofern Betroffene in Deutschland eine nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) förderungsfähige Ausbildung absolvieren, können sie unter den gleichen Voraussetzungen Leistungen nach dem BAföG erhalten.

Durch den Rechtskreiswechsel werden künftig umfassende Hilfen zur Sicherung des Lebensunterhalts, für die Gesundheitsversorgung und die Integration gewährleistet. Die aus der Ukraine geflüchteten Menschen werden damit den im Asylverfahren anerkannt Schutzberechtigten leistungsrechtlich gleichgestellt. Dem entsprechend werden zur Gewährleistung und Erleichterung der Integration der Arbeitsmarktzugang klargestellt und Erleichterungen bei Wohnsitzauflagen insbesondere in Fällen der Aufnahme einer Beschäftigung, beim Besuch von Integrationskursen und von Weiterbildungsmaßnahmen vorgenommen.

Quellen: BMAS, FOKUS-Sozialrecht, Bundestag

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Pfändungsfreigrenzen

Durch das geplante Steuerentlastungsgesetz 2022 werden auch die Pfändungsfreigrenzen stärker steigen als ursprünglich vorgesehen.

Die Pfändungsfreigrenzen nach § 850c ZPO maßgebenden Beträge ändern sich jedes Jahr entsprechend der Entwicklung des steuerlichen Grundfreibetrags nach § 32a Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes. Bis zum 1.7.2021 geschah dies nur alle zwei Jahre. Der nun jährliche Rhythmus wird damit begründet, dass vor dem Hintergrund der zunehmenden Digitalisierung und Automatisierung bei der Berechnung des unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens der dafür höhere Verwaltungsaufwand von immer geringerer Bedeutung sei.

Die jährliche Erhöhung wird jeweils in einer eigenen Bekanntmachung veröffentlicht. Zu verwenden sind die Freigrenzen, die sich aus der jeweiligen Bekanntmachung ergeben.

Wann kommt die neue Pfändungstabelle?

Das Finanzministerium hält aber die aktuelle Bekanntmachung, die ab 1.7.2022 gelten soll noch zurück, wohl damit das Steuerentlastungsgesetz 2022 berücksichtigt werden kann. Dort wird nämlich der steuerliche Grundfreibetrag rückwirkend zum 1.1.2022 erhöht. Ursprünglich sollte der Steuerfreibetrag zum letzten Jahreswechsel von 9.744 Euro auf 9.984 Euro im Jahr 2022 steigen. Nun soll der Freibetrag aber 2022 auf 10.374 Euro steigen.

Pfändungsfreibetrag und Unterhaltsfreibeträge

Das bedeutet, dass die Pfändungsfreigrenze zum 1. Juli nicht auf 1.283,49 Euro steigen wird, sondern auf 1.330,16 Euro.

Der pfändungsfreie Sockelfreibetrag für den Schuldner kann im Einzelfall aufgestockt werden. So können auch Freibeträge gewährt werden, wenn der Schuldner einer oder mehreren Personen Unterhalt gewährt. Der pfändungsfreie Betrag erhöht sich in diesem Fall zum 1.7.2022:

  • für die erste Person, der Unterhalt gewährt wird, um 500,61 EUR, (ursprünglich vorgesehen: 483,05 EUR)
  • für die zweite bis fünfte Person, der Unterhalt gewährt wird, um 278,90 EUR, (ursprünglich vorgesehen: 269,11 EUR).

Pfändungsschutz, grundsätzliches

Die Leistung des Sozialstaates besteht nicht nur darin, dem bedürftigen Bürger Geld- oder Sachleistungen zu gewähren, sondern diese Leistungen, die in der Regel gerade ein Existenzminimum sichern, vor dem Zugriff Dritter zu schützen. Dies stellt u.a. der Pfändungsschutz sicher.

Arbeitseinkommen ist grundsätzlich pfändbar; dies gilt auch für Hinterbliebenenbezüge und Renten. Eine ganze Reihe von Einkommensarten sind jedoch unpfändbar. Mehr dazu in SOLEX.

Quellen: Bundesfinanzministerium, FOKUS-Sozialrecht, SOLEX

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Entlastungspaket mit Lücken

Noch immer gibt es zu dem sogenannten Entlastungspaket II nicht mehr als das Protokoll des Koalitionsbeschlusses vom 23. März. Man kann also nicht genau sagen, wie die einzelnen Entlastungsschritte rechtlich genau ausgestaltet sind.

Einigermaßen sicher scheint aber zu sein, dass Rentner und Studierende davon kaum profitieren werden.

Studenten

Die allermeisten Studenten beziehen kein Bafög und haben trotzdem nur wenig Geld zur Verfügung. Die Bafög-Empfänger können sich über einen Heizkostenzuschuss von 230 Euro freuen, alle anderen gehen leer aus. Die wenigsten Studierenden sind einkommenssteuerpflichtige Erwerbstätige, die Anspruch auf die 300 Euro Energiepreispauschale hätten. Die große Mehrheit der Hochschüler in Deutschland, schreibt Studis-online, arbeite aber entweder in geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen, sehr häufig als Minijobber auf 450-Euro-Basis, oder sie hätten gar kein Erwerbseinkommen, weil sie durch ihre Eltern unterstützt würden. Sie alle gingen in Sachen Energiebonus ebenfalls leer aus.

Rentner

Rentner haben offensichtlich auch nicht viel von der Energiepreispauschale, weil auch sie nicht einkommenssteuerpflichtige Erwerbstätige sind. Die VDK-Präsidentin Verena Bentele sagt dazu: „Gerade Menschen mit kleinen Renten sind besonders auf das Geld angewiesen. Viele von ihnen haben am Monatsende einen leeren Geldbeutel und wissen nicht, wie sie bei den immer weiter steigenden Preisen über die Runden kommen sollen. Daran wird dieses Entlastungspaket kaum etwas ändern. Rentner brauchen ebenso Unterstützung: Der VdK hält einen Aufschlag auf die Rente, der direkt ausgezahlt wird, für angemessen. Zudem profitieren Rentner nur dann vom befristeten monatlichen Mobilitätsticket, wenn sie den ÖPNV nutzen. Alle anderen gehen leer aus.“

Besser sei es, so Bentele, die Mehrwertsteuer auf Medikamente zu senken als auf Sprit. Durch günstigen Sprit profitierten Fahrer großer Autos. Rentner, die auf Medikamente angewiesen seien, hätten keine Entlastung und vor allen Dingen keine Wahl.

Inflation

Die SPD wies auf die deutliche Rentenerhöhung hin, nach dem Motto: die sollen sich mal nicht beklagen! Sie vergaß aber zu erwähnen, dass es im letzten Jahr eine Nullrunde für die Rentner gab. Und dass die Inflationsrate schon jetzt höher ist als die „deutliche Rentenerhöhung“.

Quellen: VDK, SPD, Studis Online, FOKUS-Sozialrecht

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