Budget für Arbeit – Bilanz nach 2 Jahren

Seit dem 01.01.2018 ist das Budget für Arbeit gem. § 61 SGB IX eine bundesweite Regelleistung.

Alternative zur WfbM

Mit dem Budget für Arbeit wird für Menschen mit Behinderungen, die Anspruch auf Leistungen im Arbeitsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen haben, eine weitere Alternative zur Beschäftigung in dieser Werkstatt geboten. Die Alternative besteht darin, dass ein dauerhafter Lohnkostenzuschuss nebst Anleitung und Begleitung (Arbeitsassistenz) ermöglicht wird, der einen Arbeitgeber dazu bewegt, mit dem Menschen mit Behinderungen trotz dessen voller Erwerbsminderung einen regulären Arbeitsvertrag zu schließen.

Voraussetzungen:

  • Teilnehmen können die Menschen mit Behinderung, die Anspruch auf eine Beschäftigung im Arbeitsbereich einer WfbM oder bei einem anderen Leistungsanbieter haben. Anspruch heißt, dass man nicht zuvor in einer WfbM oder bei einem anderen Leistungsanbieter i. S. v. § 60 SGB IX beschäftigt gewesen sein muss. Zum Zeitpunkt der Aufnahme der Beschäftigung mit Hilfe eines Budgets für Arbeit muss allerdings eine dauerhafte volle Erwerbsminderung bestehen.
  • Es muss sich um eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung handeln.
  • Die Beschäftigung wird tariflich oder ortsüblich entlohnt, so dass der Mensch mit Behinderungen seinen Lebensunterhalt oder zumindest einen Großteil davon durch sein Einkommen bestreiten kann. Die Beschäftigung kann in Vollzeit oder Teilzeit ausgeübt werden.

Lohnkostenzuschuss

Das Budget für Arbeit umfasst

  • einen dauerhaften Lohnkostenzuschuss an den Arbeitgeber zum Ausgleich der Leistungsminderung des Beschäftigten und
  • die Aufwendungen für die eventuell wegen der Behinderung erforderliche Anleitung und Begleitung am Arbeitsplatz.

Der Lohnkostenzuschuss beträgt bis zu 75% des regelmäßig gezahlten Arbeitsentgelts, höchstens jedoch 40% der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV (entspricht 1.274 Euro – im Jahr 2020). Die Höchstgrenze (75%) kann somit nur bis zu einem Bruttoverdienst von monatlich 1.699 Euro (im Jahr 2020) ausgeschöpft werden. Diese Begrenzung schließt Menschen mit Behinderung aus, die eine Beschäftigung in einem qualifizierten Arbeitsverhältnis anstreben.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) erwartete beim Gesetzentwurf, dass im Jahr 2018 ca. 1% (etwa 3 000) der Beschäftigten in WfbM Budgetnehmerinnen und Budgetnehmer sind, im Jahr 2019 ca. 2% (etwa 6 000) und im Jahr 2020 ca. 3% (etwa 9 000).

zu wenig Budgetnehmer

Bisher gibt es noch keinen systematischen Gesamtüberblick über die Anzahl der bewilligten Budgets für Arbeit. In einigen Bundesländern gibt es schon seit mehreren Jahren Modellprojekte dazu. Im August 2019 veröffentlichte der Spiegel dazu Zahlen und kam insgesamt auf knapp 1000 Teilnehmer im Budget für Arbeit. Das zeigt zumindest tendentiell, dass die Ziele des BMAS bei weitem nicht erreicht wurden.

Bürokratie und Deckelung

Viele Verbände beklagen, dass der Zugang zum Budget für Arbeit viel zu bürokratisch sei. Außerdem wird die Deckelung der Zuschusshöhe kritisiert. Damit würden höchstens Arbeitsverhältnisse gefördert, die auf dem Mindestlohnniveau sind. So würden in den WfbM auch Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen arbeiten, die teilweise sehr hoch qualifiziert seien und sich vor ihrer Erkrankung in hoch vergüteten Beschäftigungsverhältnissen befanden. Für die Arbeitgebenden dieser Personengruppe sei der Lohnkostenzuschuss wenig attraktiv, weshalb eine Erhöhung der Obergrenze von 40 auf 100 Prozent der monatlichen Bezugsgröße gefordert wird.

Spielraum der Bundesländer

Allerdings haben die Länder die Möglichkeit von dem kritisierten Prozentsatz (40 % der Bezugsgröße) nach oben abzuweichen. Diese Möglichkeit nutzen bisher insgesamt drei Bundesländer: In Bayern liegt der Prozentsatz der Bezugsgröße bei 48 %, in Rhein­land-Pfalz und Bremen bei 60 %.

Quellen: Mattern: Das Budget für Arbeit – Diskussionsstand und offene Fragen: Ausgestaltung des Budgets für Arbeit, Auswirkungen auf die Rente und das Rückkehrrecht; Beitrag D6-2020 unter www.reha-recht.de; 24.01.2020, Der Spiegel vom 28.8.2019

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Stromsperren

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinen Urteilen von 2010 und 2014 festgestellt, dass die Versorgung mit Energie als Teil des „menschenwürdigen Existenzminimums“ anzusehen ist (1 BvL 1/09; 1 BvL 10/12). Gleichzeitig ist Energiearmut ein zunehmendes Problem in Deutschland geworden. Dies zeigt sich insbesondere an der Anzahl der Stromsperren in deutschen Haushalten. Im Jahr 2017 haben sich die Stromsperren auf insgesamt 343.865 erhöht (Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der grünen Bundestagsfraktion, Bundestagsdrucksache 19/8879).

Folgen einer Sperrung des Stroms

Eine Stromsperre hat für die Betroffenen oft weitreichende Folgen:

  • Unter Umständen kann nicht mehr geheizt werden.
  • Warme Mahlzeiten fallen aus.
  • Hausaufgaben werden im Dunkeln oder bei Kerzenlicht erledigt.
  • Lebensmittel können nicht mehr im Kühlschrank gelagert werden.
  • Oft sind besonders Schutzbedürftige wie Kinder, alte, behinderte oder pflegebedürftige Menschen betroffen. Diese haben außerdem oft einen überdurchschnittlich hohen Energiebedarf, ohne dass dies ausreichend berücksichtigt wird.
  • Stromsperren können dazu führen, dass Betroffene durch die anfallenden Gebühren für die Mahnung, Sperrung und Entsperrung in eine Verschuldungsspirale geraten, die das Risiko, erneut mit einer Energiesperre belegt zu werden, weiter erhöht.

Betroffen sind Menschen mit geringem Einkommen

Menschen mit geringem Einkommen sind besonders häufig von Stromsperren betroffen. Bei Beziehenden von Grundsicherungsleistungen gilt dies sogar überproportional. Häufig kommt es zu Stromsperren, wenn eine einschneidende Veränderung im Lebensumfeld, z. B. der Übergang in Rente oder Erwerbslosigkeit, eine Trennung, die Geburt eines Kindes oder Erkrankungen hinzukommen (Pressemitteilungen des Bundeswirtschaftsministerium)

EU – Vorgaben ignoriert

Die Europäische Union hat die Problematik der Energiearmut erkannt und das Problem bereits 2009 in einer Richtlinie aufgegriffen, in der die Mitgliedstaaten aufgefordert werden, „nationale Aktionspläne oder einen anderen geeigneten Rahmen zur Bekämpfung der Energiearmut schaffen, die zum Ziel haben, die Zahl der darunter leidenden Menschen zu verringern“ und damit „[…] in jedem Fall eine ausreichende Energieversorgung für schutzbedürftige Kunden gewährleisten“ (2009/72/EG, Nr. 53). Eine entsprechende Umsetzung in deutsches Recht ist bislang nicht erfolgt. Die Bundesregierung sperrt sich sogar dagegen, das Ausmaß der Energiearmut genauer zu messen (Der Spiegel am 26.5.2018).

Forderungen

Der Sozialverband VdK fordert nun, genau wie die Fraktion der Grünen in einer Gesetzesinitiative,

  • den Stromanteil im Hartz IV-Regelsatz deutlich zu erhöhen mit einer aus dem Regelsatz der Grundsicherung ausgelagerten Stromkostenpauschale, welche jährlich an die Entwicklung der Stromkosten angepasst wird.
  • Mehrbedarfe aus gesundheitlichen Gründen (z. B. für elektrisch betriebene Hilfsmittel) oder bei einer dezentralen Warmwasserversorgung müssen kostendeckend bemessen werden.
  • Unterstützung beim Energiesparen, indem zielgenauer und verlässlicher Bedarfe durch Leistungen außerhalb des Regelsatzes abgedeckt werden. Hierzu zählen einmalige Leistungen wie Anschaffung oder Reparatur von weißer Ware wie Waschmaschine und Kühlschrank. Dabei soll sichergestellt werden, dass bevorzugt besonders energieeffiziente Geräte angeschafft werden.
  • eine Verlängerung der Mahn- und Sperrfristen, eine moderate Anhebung des Grenzbetrags bei ausstehenden Zahlungsverpflichtungen sowie eine Deckelung der Mahn- und Folgekosten.
  • Etablierung eines frühzeitigen Hilfesystems im Fall von sich abzeichnenden Energieschulden zwischen Energieversorgern und Jobcentern bzw. Sozialämtern unter Einwilligung der Leistungsbeziehenden, um Stromsperren zu verhindern.

Auch im Wohngeld müssen die Kosten für Warmwasser, Heizung und Strom als Energiekostenpauschale berücksichtigt werden.

Quellen: VDK, Bundestagsfraktion der Grünen, Spiegel, Bundesverfassungsgericht, EU-Richtlinien

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Diskussion um Versorgung von Intensivpatienten

Mit dem Reha- und Intensivpflegestärkungsgesetz (RISG) wollte das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) Missbrauch und Fehlanreize bei der Versorgung von Intensivpatienten, insbesondere bei Beatmungs- und Wachkomapatienten verhindern. Der dazu vorgelegte Referentenentwurf erntete massiv Kritik von Betroffenen und Fachverbänden.

Kritik am ersten Referentenentwurf

Vor allem die neue Regelung, dass viele behinderte Menschen gegen ihren Willen in vollstationäre Heime oder spezielle Beatmungs-Einheiten verbracht werden können, wurde angegriffen. Ausgenommen von dieser Regel sind nur Kinder und Jugendliche, die bei ihren Eltern und ihrem Zuhause bleiben dürfen. Alle anderen können nur dann in der eigenen Wohnung bleiben, wenn eine andere Unterbringung schlicht unmöglich oder für sie unzumutbar ist.

Kritik am zweiten Referentenentwurf

Seit Dezember 2019 gibt es eine Neufassung des Referentenentwurfs. Das Gesetz heißt nun „Gesetz zur Stärkung von intensivpflegerischer Versorgung und medizinischer Rehabilitation in der gesetzlichen Krankenversicherung (Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz – GKV-IPREG). Aber auch unter dem neuen Namen IPREG besteht das alte Problem weiter. Wieder gibt es Kritik von den Verbänden und von Betroffenen.  Der Referentenentwurf  wird nun am 22.1.2020 nicht wie ursprünglich geplant im Bundeskabinett diskutiert, sondern noch einmal überarbeitet.

Knackpunkt

Knackpunkt ist weiterhin der neue § 37c im SGB V, insbesondere der Absatz 2. Hier heißen die Sätze 1 bis 3: „Wünschen der Versicherten, die sich auf den Ort der Leistung nach Satz 1 richten, ist zu entsprechen, soweit sie angemessen sind und die medizinisch-pflegerische Versorgung an diesem Ort sichergestellt ist. § 104 Absatz 2 und 3 des Neunten Buches gilt entsprechend.“

Im § 104 SGB IX steht, was unter „angemessen“ zu verstehen ist:

„Wünschen der Leistungsberechtigten, die sich auf die Gestaltung der Leistung richten, ist zu entsprechen, soweit sie angemessen sind. Die Wünsche der Leistungsberechtigten gelten nicht als angemessen,

  1. wenn und soweit die Höhe der Kosten der gewünschten Leistung die Höhe der Kosten für eine vergleichbare Leistung von Leistungserbringern, mit denen eine Vereinbarung nach Kapitel 8 besteht, unverhältnismäßig übersteigt und
  2. wenn der Bedarf nach der Besonderheit des Einzelfalles durch die vergleichbare Leistung gedeckt werden kann.“

Selbstbestimmung oder Kostenabwägung

Weiter heißt es im Gesetzentwurf in Satz 4 des § 37c Abs.2: „Die Feststellung der Voraussetzungen nach den Sätzen 1 bis 3 erfolgt durch die Krankenkasse nach persönlicher Begutachtung des Versicherten und des Leistungsorts durch den Medizinischen Dienst.“

Im Klartext bedeutet das, das Patienten gegen ihren Willen aus Kostengründen woanders als zu Hause untergebracht werden können. Die Entscheidung darüber liegt bei den Krankenkassen, die sich an das Gutachten des Medizinischen Dienstes halten werden.

Erklärung der Verbände

In der Erklärung der Verbände zur Ablehnung auch dieses Referentenentwurfs werden folgende Gründe aufgeführt:

  • „Alle Menschen haben die gleichen Rechte, unabhängig ihres Gesundheitszustandes und einer Behinderung.
  • Das Wunsch- und Wahlrecht der Betroffenen hat bei der Entscheidung bezüglich des Versorgungsortes höchste Priorität.
  • Finanzielle Interessen dürfen nicht über den persönlichen Wünschen der Betroffenen stehen.
  • Es darf nicht im Ermessen des Medizinischen Dienstes oder der Krankenkassen liegen, gegen den Willen des Betroffenen über den Wohnort zu entscheiden.
  • Eine Einschränkung des Selbstbestimmungsrechts verstößt gegen die Vorschriften zur Teilhabe der UN-Behindertenrechtskonvention (Art. 3 Buchst. c UN-BRK, Art. 19 Buchst. A UN-BRK, Art. 26 Abs. 1 UN-BRK), des Grundgesetzes (Art. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 11 GG) sowie gegen die entsprechenden Vorgaben des SGB V (§ 2a SGB V), des SGB IX (§ 1 SGB IX) und den im SGB V und SGB XII verankerten Grundsatz „ambulant vor stationär“ (§ 37 Abs. 1 und 2 SGB V, § 13 SGB XII).
  • Es ist im Hinblick auf den individuellen Gesundheitszustand und den damit verbundenen Einschränkungen in der Bewältigung des Alltags insbesondere für intensiv-medizinisch betreute Patientinnen und Patienten wichtig, über die Wahl des Lebensmittelpunktes selbst bestimmen zu können, unabhängig ihres Alters.
  • Menschen mit einem intensivmedizinischen Pflegebedarf, wie z. B. invasiver Beatmung, sind bereits aufgrund ihrer gesundheitlichen Situation stark in ihrer Lebensqualität eingeschränkt. Diesen Betroffenen nun auch noch ihr freies Wunsch- und Wahlrecht in Bezug auf ihren Lebensmittelpunkt zu nehmen, bedeutet für die Betroffenen einen tiefgreifenden persönlichen Einschnitt in ihre Selbstbestimmung und nimmt ihnen jegliche Möglichkeit der gesellschaftlichen Teilhabe. Es ist damit zu rechnen, dass die Umsetzung dieser Reform bei den Betroffenen und deren Angehörigen zu psychischen Traumatisierungen, Depressivität oder gar Suizidalität führen wird.“

Die Forderung lautet daher, den Referentenentwurf zum IPREG zu überarbeiten, und das einschränkende Kriterium der Angemessenheit in § 37c Abs. 2 SGB V sowie den Verweis auf § 104 SGB IX zu streichen.

Quellen: BMG – Stellungnahmen, Paritätischer Gesamtverband, AbilityWatch, FOKUS-Sozialrecht

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Ausnahmen von der Leistungstrennung im BTHG

Die mit dem BTHG eingeführte Personenzentrierung führt ab 2020 zur sog. Trennung der Leistungen im Vertragsrecht zwischen Leistungserbringern und  Leistungsträgern.

Keine Trennung der Leistungen

Für minderjährigen Leistungsberechtigte und junge Volljährige, soweit Leistungen zur Teilhabe an Bildung in besonderen Ausbildungsstätten erbracht werden, erfolgt mit der Sonderregelung des § 134 ausnahmsweise keine Trennung zwischen Fachleistung und Lebensunterhalt. Demzufolge richtet sich das Vertragsrecht für den genannten Personenkreis nach wie vor nach den Regelungen des SGB XII, es bleibt also beim bisherigen System mit Grundpauschale, Maßnahmepauschale und Investitionsbetrag.

Der Grund ist wohl, dass eine umfassende Reform des SGB VIII angestrebt wird, in der alle Leistungen für Kinder und Jugendliche mit Behinderung im Leistungssystem des SGB VIII zuammengeführt werden sollen. Dementsprechend ist in der Vereinbarung zwischen Leistungsträger und Leistungserbringer nicht nur die Erbringung der Fachleistung, sondern auch die Erbringung der Hilfe zum Lebensunterhalt zu regeln.

Leistungs und Vergütungsvereinbarung

In der schriftlichen Vereinbarung zur Erbringung von Leistungen für minderjährige Leistungsberechtigte zwischen dem Träger der Eingliederungshilfe und dem Leistungserbringer sind zu regeln:

  1. Inhalt, Umfang und Qualität einschließlich der Wirksamkeit der Leistungen (Leistungsvereinbarung) sowie
  2. die Vergütung der Leistung ( Vergütungsvereinbarung).

In die Leistungsvereinbarung sind als wesentliche Leistungsmerkmale insbesondere aufzunehmen:
1. die betriebsnotwendigen Anlagen des Leistungserbringers,
2. der zu betreuende Personenkreis,
3. Art, Ziel und Qualität der Leistung,
4. die Festlegung der personellen Ausstattung,
5. die Qualifikation des Personals sowie
6. die erforderliche sächliche Ausstattung.

Die Vergütungsvereinbarung besteht mindestens aus:
1. der Grundpauschale für Unterkunft und Verpflegung,
2. der Maßnahmepauschale sowie
3. einem Betrag für betriebsnotwendige Anlagen einschließlich ihrer Ausstattung (Investitionsbetrag).

Förderungen aus öffentlichen Mitteln sind anzurechnen. Die Maßnahmepauschale ist nach Gruppen für Leistungsberechtigte mit vergleichbarem Bedarf zu kalkulieren.

Volljährige in Internatsschulen

Die Sonderregelung für Kinder und Jugendliche ohne Trennung zwischen Fachleistung und Lebensunterhalt wird auf Volljährige ausgedehnt, die eine Internatsschule speziell für Menschen mit Behinderungen besuchen wie beispielsweise eine Internatsschule für blinde oder taubblinde Menschen.

Der Gesetzgeber hat damit die Notwendigkeit erkannt, dass es im Einzelfall sinnvoll und pädagogisch notwendig sein kann, über das 18. Lebensjahr hinaus in der Wohngruppe zu verbleiben, insbesondere um Brüche im Leistungsgeschehen zu vermeiden, die bei jungen Menschen gravierende Folgen haben können. Dem wird in Bezug auf das Leistungserbringungsrecht mit der Ausnahmeregelung des § 134 Abs. 4 SGB IX teilweise Rechnung getragen. Danach gilt die Sonderregelung des § 134 Abs. 1 bis 3 SGB IX auch über die Volljährigkeit hinaus, wenn Leistungsberechtigte eine Internatsschule speziell für Menschen mit Behinderung besuchen.

In allen übrigen Fällen, insbesondere also auch in den bisher und auch zukünftig stationären Wohneinrichtungen für minderjährige Leistungsberechtigte, sollte hingegen ab 01.01.2020 innerhalb einer Wohnform strikt zwischen minderjährigen und volljährigen Bewohnern unterschieden werden. Der Leistungserbringer, der in seiner Wohngruppe für Minderjährige die Trennung der Leistungen gem. § 134 SGB IX nicht vollzogen hat, müsste dies ab dem Tag der Volljährigkeit für diese einzelnen Leistungsberechtigten, die noch übergangsweise verbleiben, vollziehen. D. h. er müsste zwei völlig unterschiedliche Systeme der Vertragsgestaltung, Leistungserbringung und -abrechnung in einer Wohngruppe vorhalten und organisieren. Dieser Aufwand wäre für Leistungserbringer in der Regel nicht leistbar, zumal die Wohngruppen dem jungen Alter der Menschen angepasst in der Regel klein sind, bestehend oftmals aus 6-8 Bewohner/innen.

Volljährige in Einrichtungen für Kinder und Jugendliche

Dieser Problematik soll zum 1.1.2020 mit Hilfe einer durch das Angehörigen-Entlastungsgesetz eingebrachten Ergänzung des Absatz 4 entsprochen werden.

Danach müssen jedoch kumulativ folgende Voraussetzungen im Einzelfall erfüllt sein:

  • Das Konzept des Leistungserbringers muss auf Minderjährige als zu betreuenden Personenkreis ausgerichtet sein. Bezieher der Leistungen des  Leistungserbringers sind daher primär Minderjährige und nur vereinzelt Volljährige.
  • Der Leistungsberechtigte hat von diesem Leistungserbringer vor Vollendung des 18. Lebensjahres bereits Leistungen über Tag und Nacht erhalten und erhält diese ohne zeitliche Unterbrechung mit dem Erreichen der Volljährigkeit weiter.
  • Der volljährige Leistungsberechtigte bezieht die Leistungen für eine kurze Zeit und grundsätzlich nicht länger als bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres weiter.

Gründe dafür, dass ein Wechsel zu einem Leistungserbringer, dessen Konzept auf Volljährige als zu betreuenden Personenkreis ausgerichtet ist, unmittelbar mit Vollendung des 18. Lebensjahres nicht möglich ist, können sein:

  • Die kontinuierlich von demselben Leistungserbringer erbrachten Leistungen dienen dazu, dass der Leistungsberechtigte Teilhabeziele, die er bereits als Minderjähriger anvisiert hat, zeitnah erreichen kann. Hierzu zählt insbesondere, dass eine bereits begonnene Schulausbildung mithilfe der Leistungen abgeschlossen werden soll.
  • Neben Leistungen der Eingliederungshilfe werden auch weiterhin Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe nach dem SGB VIII benötigt, die durch den Verbleib bei dem Leistungserbringer weiterhin gemeinsam mit den Leistungen der Eingliederungshilfe aus einer Hand erbracht werden können.
  • Der Umzug zu einem Leistungserbringer, dessen Konzept auf Erwachsene als zu betreuenden Personenkreis ausgerichtet ist, ist beabsichtigt, aber aus tatsächlichen Gründen unmittelbar mit Vollendung des 18. Lebensjahres nicht realisierbar (z.B. hat der ausgewählte und geeignete Leistungserbringer erst ein paar Monate nach Vollendung des 18. Lebensjahres Kapazitäten frei).

Kostenbeteiligung

Die ursprünglich geplante Kostenbeteiligung der Eltern volljähriger Kinder, die Internatsschulen speziell für Menschen mit Behinderungen besuchen wie beispielsweise eine Internatsschule für blinde oder taubblinde Kinder, wurde aufgrund des des Angehörigen-Entlastungsgesetzes gestrichen.
Für minderjährige Leistungsberechtigte werden bei einer Unterbringung beispielsweise in Internaten die Eltern zu einem Kostenbeitrag für die Verpflegung zur Kasse gebeten, soweit es ihnen zumutbar ist. Das soll einen Ausgleich darstellen für die zu Hause eingesparte Verpflegung.

Quelle: Bundestag, Thomas Knoche: Bundesteilhabegesetz Reformstufe 3: Neue Eingliederungshilfe, Walhalla-Verlag

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Grundrente

Ende letzten Jahre einigte sich die große Koalition nach langem Hin und Her auf das Konzept der Grundrente, was entsprehend gefeiert wurde. Nun legt Bundesarbeitsminiter Heil einen neuen Kabinettsentwurf des Gesetzes vor, in dem die Kompromisse eingebaut sind. Über die Eckpunkte der Einigung berichteten wir hier am 11.11.2019.

ein bisschen Grundrente schon ab 33

Der wichtigste Unterschied zum ursprünglichen Entwurf vom Mai 2019 ist die Veränderung des neuen § 76g SGB VI, „Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung“, so die Umschreibung für die Grundrente im Gesetzesjargon. Hier wird nun nicht nur die Berechnung der Grundrente für 35 Beitragsjahre geregelt, sondern auch in einem aufwendigen Rechenverfahren die verminderte Grundrente für 33 bis 35 Beitragsjahre festgelegt.

Anspruch

Anspruch auf Grundrente hat, wer weniger als 80 Prozent Beiträge gezahlt hat als ein Durchschnittsverdiener, aber mehr als 30 Prozent. Der daraus resultierende Rentenanspruch wird dann verdoppelt, darf aber 80 % der Durchschnittsrente nicht übersteigen. Von dem Rentenzuschlag müssen dann noch mal 12,5 % abgezogen werden. Damit soll weiterhin, zumindest ein wenig, das Äquivalenzprinzip gelten, wonach die Rente eigentlich von der Höhe der Beitragszahlungen abhängt. Dies wird ebenfalls im neuen § 76g SGB VI geregelt.

Einkommensanrechnung

Da es laut Koalitionsvereinbarung eine Einkommensanrechnung geben soll, muss ein neuer § 97a her: „Einkommensanrechnung beim Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung“. Dafür werden zwei Faktoren festgelegt, die, multipliziert mit dem aktuellen Rentenwert (West – aber gültig für ganz Deutschland), die Höhe der Freibeträge, für Alleinstehende und für Paare, bestimmen. Damit werden die Freibeträge mit jeder Erhöhung des Rentenwertes ansteigen.
Über die Höhe der beiden Faktoren sagt der Gesetzesentwurf noch nichts. In der Begründung aber wird deutlich, dass sie, multipliziert mit dem Rentenwert, 1.250 Euro, bzw. 1.950 Euro ergeben sollen. Da das Gesetz zum 1.1.2021 in Kraft treten soll, wird zur Berechnung der Rentenwert ab 1.7.2020 herangezogen, der aber frühestens im März 2020 bekannt wird. Dementsprechend werden dann für die Endfassung des Gesetzes die Faktoren gewählt werden, so dass die gewünschten Ergebnisse (1.250 und 1.950 Euro) dabei herauskommen.

Freibeträge

Freibeträge für Empfänger von Grundsicherung bei Erwerbsminderung und Alter waren auch schon im ersten Entwurf vorgesehen. Dazu kommen jetzt noch Freibeträge für Empfänger von

  • Hilfe zum Lebensunterhalt
  • Hartz IV
  • Wohngeld
  • Entschädigungsleistungen

Dagegen wurde die Absenkung der Krankenkassenbeiträge aus dem Entwurf vom letzten Mai gestrichen.

Ausgang ungewiss

Mittlerweile gibt es viel Gegenwind gegen den neuen Entwurf. Dabei geht es hauptsächlich um die Finanzierung der Grundrente aus Steuermitteln. Die dafür favorisierte Finanztransaktionsteuer ist noch lange nicht in trockenen Tüchern. Auch inhaltlich werden Fragen gestellt, etwa wieso Rentner, die nur 30 oder 31 Jahre Beitragszahlungen nachweisen können immer noch außen vor bleiben.

Ob das Gesetz, wie vorgesehen im Februar vom Kabinett abgesegnet wird, ist noch nicht abzusehen.

Quelle: BMAS, Fokus-Sozialrecht, SOLEX

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Pressemitteilungen des G-BA

Der Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat in den letzten Wochen einige Mitteilungen veröffentlicht. Inhalt sind Richtlinien, die der G-BA innerhalb des vom Gesetzgeber bereits vorgegebenen Rahmens festlegt, welche Leistungen der medizinischen Versorgung von der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) im Einzelnen übernommen werden. Zudem macht der G-BA Vorgaben im Bereich des Qualitätsmanagements und der Qualitätssicherung in der vertragsärztlichen, vertragszahnärztlichen und stationären medizinischen Versorgung.

Richtlinie zur Krankenbeförderung

Mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz erhalten Krankenhäuser die Möglichkeit, bei Entlassung von Patientinnen und Patienten eine Krankenbeförderungsleistung zu verordnen.
Die gesetzlichen Regelungen sahen bislang vor, dass Krankenfahrten zur ambulanten Behandlung – beispielsweise zur Dialyse oder Chemotherapie – generell vorab durch die Krankenkassen genehmigt werden müssen. Mit Inkrafttreten des Pflegepersonals-Stärkungsgesetzes (PpSG) am 1. Januar 2019 gilt für dauerhaft mobilitätsbeeinträchtigte Personen eine sogenannte Genehmigungsfiktion: Bei anerkannter Schwerbehinderung (Merkzeichen „aG“, „Bl“ oder „H“, Pflegegrad 3 mit dauerhafter Mobilitätsbeeinträchtigung, 4 oder 5) gilt die Genehmigung der Krankenfahrt mit einem Taxi oder Mietwagen mit Ausstellung der Verordnung als erteilt. Diese gesetzliche Regelung wird nun in der Krankentransport-Richtlinie nachvollzogen.

Aufnahme weiterer Erkrankungen in die ASV-Versorgung

Die ambulante spezialfachärztliche Versorgung (ASV) ist ein Angebot für Patientinnen und Patienten mit bestimmten seltenen oder komplexen, schwer therapierbaren Erkrankungen. Gesetzliche Grundlage ist § 116b SGB V. Spezialisierte Ärztinnen und Ärzte verschiedener Fachrichtungen arbeiten in einem Team zusammen und koordinieren Diagnostik und Behandlung. Die ASV kann sowohl von Krankenhäusern als auch von niedergelassenen Fachärztinnen und Fachärzten als ambulante, koordinierte Leistung angeboten werden. Bei onkologischen Erkrankungen ist die sektorenübergreifende Kooperation verpflichtend.

Zukünftig können Patientinnen und Patienten, die an einer Sarkoidose leiden oder an Tumoren der Lunge und des Thorax erkrankt sind, vom Behandlungsangebot der ASV profitieren.

Sarkoidose: Im ASV-Kernteam zur Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Sarkoidose müssen Fachärztinnen und -ärzte für Innere Medizin und Pneumologie sowie Innere Medizin und Rheumatologie vertreten sein. Sofern Kinder und Jugendliche behandelt werden, ist zusätzlich eine entsprechende pädiatrische Expertise in das Team zu integrieren.

Tumoren der Lunge und des Thorax: Im ASV-Kernteam zur Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Tumoren der Lunge und des Thorax müssen Fachärztinnen und -ärzte für Innere Medizin und Pneumologie, Innere Medizin und Hämatologie und Onkologie, Strahlentherapie und Thoraxchirurgie vertreten sein. Bei der Behandlung von Herztumoren gilt zusätzlich, dass Fachärztinnen und -ärzte für Herzchirurgie und Innere Medizin und Kardiologie hinzuzuziehen sind.

Änderungen der Rehabilitations-Richtlinie: Erleichterungen für pflegende Angehörige

Die Rehabilitations-Richtlinie wird an die Regelungen des Pflegepersonal-Stärkungsgesetzes angepasst. Für pflegende Angehörige entfällt demnach das geltende Prinzip einer gestuften Versorgung „ambulant vor stationär“. Der Anspruch auf eine stationäre Rehabilitation besteht nunmehr auch, wenn ambulante Leistungen aus medizinischer Sicht ausreichend wären. Zudem sieht die Änderung vor, dass der oder die Pflegebedürftige für die Dauer der Rehabilitation in der Klinik versorgt werden kann.

Quelle: Gemeinsamer Bundesausschuss

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Studie zur Bedarfsermittlung

Das BMAS hat nach § 13 SGB IX in den Jahren 2018 und 2019 eine bundesweite Studie zur Bedarfsermittlung für die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen durchführen lassen. Die Studie erstellt hat die Kienbaum GmbH.

In dieser Untersuchung wurde bei den Rehabilitationsträgern nach § 6 SGB IX untersucht, welche konkreten Verfahren die Rehabilitationsträger entwickelt haben, um Teilhabebedarfe von Menschen mit Behinderungen zu identifizieren, Teilhabeziele zu definieren und diesen Zielen entsprechende Leistungen zu erbringen.

Grundlage der Studie ist die Novellierung des Teils I des SGB IX. Da Teil II (Eingliederungshilfe) erst zum 1.1.2020 in Kraft trat, nahmen von den Rehabilitationsträgern hauptsächlich die Agentur für Arbeit, Unfallversicherung, Rentenversicherung und Krankenversicherung teil. Träger der Eingliederungshilfe waren kaum vertreten.

Ziel der Untersuchung  ist die Darstellung der aktuelle Verwaltungspraxis und die Nutzung von Instrumenten zur Ermittlung des Rehabilitationsbedarfs nach § 13 SGB IX. Es sollen Vorschläge erarbeitet werden, wie trägerübergreifend nach einheitlichen Maßstäben bei der Ermittlung des Rehabilitationsbedarfs zusammenzuarbeitet werden kann. Nach § 13 SGB IX werden die Rehabilitationsträger verpflichtet, systematische Arbeitsprozesse und standardisierte Arbeitsmittel zu verwenden, aufgrund derer die Ermittlung des Rehabilitationsbedarfs bei dem jeweiligen Rehabilitationsträger einheitlich und nachprüfbar durchgeführt werden kann. Die Anforderungen an die Instrumente der Bedarfsermittlung sind in § 13 Abs.2 festgeschrieben:

„Die Instrumente nach Absatz 1 Satz 1 gewährleisten eine individuelle und funktionsbezogene Bedarfsermittlung und sichern die Dokumentation und Nachprüfbarkeit der Bedarfsermittlung, indem sie insbesondere erfassen, 1. ob eine Behinderung vorliegt oder einzutreten droht, 2. welche Auswirkung die Behinderung auf die Teilhabe der Leistungsberechtigten hat, 3. welche Ziele mit Leistungen zur Teilhabe erreicht werden sollen und 4. welche Leistungen im Rahmen einer Prognose zur Erreichung der Ziele voraussichtlich erfolgreich sind.“

Insgesamt kommt die Studie zum dem Ergebnis, dass die Rehabilitationsträger die Feststellungen weiterhin überwiegend auf dem vorliegenden Leistungsantrag und damit auf die trägerspezifischen Leistungsvoraussetzungen bezogen vornehmen. Grundlage der Bedarfsermittlung ist eine ICD-Diagnose, wohingegen die Beeinträchtigung der Aktivitäten bisher nur teilweise und dann auch nur in sehr knapper und abstrakter Form erhoben und dokumentiert wird. Die Nutzung der ICF, ihrer Möglichkeiten, aber auch ihre Beschränkungen hinsichtlich der Anwendung im Bereich der Bedarfsermittlung seien bei einer Vielzahl der Träger noch entwicklungsfähig.

Die Studie enthält zudem Handlungsempfehlungen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen der Zusammenarbeit, zur Sicherstellung einer einheitlichen Qualität der Bedarfsermittlung, zur Orientierung am bio-psycho-sozialen Modell der ICF, zum Thema Datenschutz sowie zu weiteren rechtlichen Anpassungen.

Quelle: BMAS

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BTHG: Wirksamkeit und Leichte Sprache

Im Bundesteilhabegesetz kommt das Wort „Wirksamkeit“ 16 mal vor, davon 6 mal im SGB IX, Teil 2, der Eingliederungshilfe. Das Wort „Wirkungskontrolle“ ist vier mal vorhanden, davon zweimal in der Eingliederungshilfe.

Dass diese Wörterüberhaupt im Bundesteilhabegesetz auftauchen, war ziemlich umstritten. Wenn Wirkung gefordert wird, muss das auch kontrolliert werden können. Kontrolliert wird am sichersten mit Messungen. Bei den Teilhabeleistungen zur medizinischen Rehabilitation oder bei der Teilhabe an Arbeit, lässt sich das vielleicht noch ganz gut messen. Schwieriger wird es bei der sozialen Teilhabe. Es kann ja vorkommen, dass das höchste Teilhabeziel ist, dass eine Verschlimmerung der Situation verhindert werden soll, beispielsweise wachsende Isolation durch Kontakte verhindert wird.
Befürchtet wurde, dass Menschen mit Behinderungen in zwei Klassen eingeteilt werden: Bei den einen lässt sich soziale Teilhabe verbessern, andere fallen aus der Förderung heraus, weil sich nichts „verbessern“ lässt.

Die Begriffe „Wirksamkeit“ und „Wirkungskontrolle“ sind nun im BTHG festgeschrieben. In der Eingliederungshilfe betreffen sie folgende Regelungen:

§ 121 SGB IX Gesamtplan, das ist die individuelle Ebene:

  • dient der Steuerung, Wirkungskontrolle,
  • Aussagen: Maßstäbe u. Kriterien der Wirkungskontrolle

§ 125 und 131 SGB IX Inhalte der Vereinbarung, das ist die vertragliche Ebene

  • Inhalte, Umfang, Qualität, einschl. der Wirksamkeit der Leistung

Dann gibt es noch § 128 Wirtschaftlichkeits- u. Qualitätsprüfung, (einschl. der Wirksamkeit).

Ungeklärt ist bisher, wie sich die Begriffe mit Inhalt füllen lassen und wenn Inhalte definiert sind, ist es nötig, dass die Definitionen und Kriterien einheitlich gehandhabt werden.

Eine Broschüre („Wirkungen und Nebenwirkungen des Bundesteilhabegesetzes„) des Paritätischen Gesamtverbandes aus dem letzten Herbst beleuchtet das Thema sowie mögliche Auswirkungen aus unterschiedlichen Perspektiven.

Nun ist dazu in Zusammenarbeit mit dem Kompetenz-Zentrum Leichte Sprache auch eine „Übersetzung“ in leichter Sprache erschienen: „Wirkungen und Nebenwirkungen von dem Bundes-Teilhabe-Gesetz In Leichter Sprache„. Hier steht zum Thema Wirkung und Kontrolle:

„Es ist schwer Hilfe zu messen. Das Messen kann auch Probleme bringen. Zum Beispiel: Es wird nur noch die Hilfe gemacht, die man gut messen kann. Das ist aber vielleicht nicht die beste Hilfe.“

Die Broschüre hat 120 Seiten und erklärt zunächst anschaulich den Inhalt und die Zielsetzung des Bundesteilhabegesetzes. Anschließend werden die Fachbeiträge aus der Broschüre des Paritätischen zusammengefasst und in „Leichter Sprache geschrieben, damit ihn alle gut lesen können.“

Quelle: Paritätischer Gesamtverband

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Neuerungen für freiwillig Wehrdienstleistende

Mit dem Gesetz zur nachhaltigen Stärkung der personellen Einsatzbereitschaft der Bundeswehr (Bundeswehr-Einsatzbereitschaftsstärkungsgesetz – BwEinsatzBerStG) will die Bunderegierung die Bundeswehr als „attraktiven und wettbewerbsfähigen Arbeitgeber“ stärken.
Teile des Gesetzespakets waren die Neufassung des Unterhaltssicherungsgesetz und des Wehrsoldgesetz.

Regelung bis 2019

Bis Ende 2019 regelte das USG die finanzielle Absicherung von freiwillig Wehrdienstleistenden und ihren Familienangehörigen.
Die Leistungen umfassten unter anderem:

  • Erstattung von Aufwendungen für Wohnraum
  • Beiträge zu einer gesetzlichen oder privaten Kranken- und Pflegeversicherung
  • Leistungen an Angehörige
  • Überbrückungszuschuss

Neuregelung

Die Neufassung des Wehrsoldgesetzes (WSG) und des Unterhaltssicherungsgesetzes (USG) trat zum 1. Januar 2020 in Kraft.
Der Anspruch auf Geld- und Sachbezüge nach diesen Gesetzen regelt seitdem wie folgt:

  • für freiwilligen Wehrdienst Leistende (FWDL) vollumfänglich aus dem WSG und
  • für Reservistendienst Leistende (RDL) vollumfänglich aus dem USG.

Was ändert sich?

  • Freiwillig Wehrdienstleistende erhalten ihren Wehrsold nach dem Wehrsoldgesetz (Anlage)
  • In Bezug auf den bisherigen Leistungsumfang für FWDL nach dem USG ergeben sich folgende Änderungen:
  • Alle bisherigen Leistungen nach dem USG entfallen ab dem 1.1.2020 für FWDL, da das USG ab diesem Zeitpunkt nicht für FWDL gilt.
  • FWDL erhalten für jedes kindergeldberechtigte Kind einen Kinderzuschlag in Höhe von monatlich 100 Euro (ersetzt die bisherigen Leistungen nach §§ 16 bis 19 USG).
  • FWDL werden die Kosten für Beiträge an eine gesetzlich oder private Kranken- und Pflegeversicherung für Angehörige ohne eigenes Einkommen in Höhe des Basistarifes erstattet (ersetzt die bisherigen Leistungen nach § 20 USG).
  • Da es keine Entsprechung für § 13 USG (alte Fassung) geben wird, der Erstattung von Aufwendungen für Wohnraum, haben Freiwillig Wehrdienstleistende jetzt unter Umständen Anspruch auf Wohngeld.
  • Ein Überbrückungszuschuss kann nach dem geänderten § 13 Soldatenversorgungsgesetz gewährt werden.

Übergangsregelung

Für FWDL, deren Wehrdienstverhältnis vor dem 1. Januar 2020 beginnt und über den 1. Januar 2020 hinaus andauert, gilt folgendes:

  • Die betroffenen FWDL werden ab dem 1. Januar 2020 automatisch in das neue Wehrsoldsystem überführt.
  • FWDL mit Ansprüchen auf Erstattung von Aufwendungen für Wohnraum (§ 13 USG) oder Leistungen für Angehörige im gemeinsamen Haushalt (§§ 17 und 22 USG) nach Maßgabe des USG in der bis zum 31. Dezember 2019 (a.F.) geltenden Fassung erhalten einen Ausgleichsbetrag in Höhe der Differenz zwischen der Summe der Beträge aus dem Wehrsold nach den §§ 2 Abs. 1 und 8c WSG in der bis zum 31. Dezember 2019 geltenden Fassung und einer Leistung nach den §§ 13, 17 und/oder 22 USG a.F. und dem Wehrsold nach Maßgabe von § 4 WSG in der ab dem 1. Januar 2020 geltenden Fassung, sofern die o.a. Bezüge nach altem Recht höher waren.

Quellen: Bundeswehr, Bundestag

Abbildung:  pixabay.com soldier-870387_1280.jpg

Kinderzuschlag, zweite Stufe ab 1.1.2020

Im Rahmen des Starke-Familien-Gesetz vom April 2019 wurde der Kinderzuschlag in zwei Stufen weiterentwickelt. Der monatliche Höchstbetrag des Kinderzuschlag deckt zusammen mit dem für ein erstes Kind zu zahlenden Kindergeld den steuerfrei zu stellenden monatlichen sächlichen Existenzminimum eines Kindes entsprechend dem jeweils jüngsten Existenzminimumbericht der Bundesregierung abzüglich des Anteils für Bildung und Teilhabe.

In der ersten Stufe (seit Juli 2019) mindert das zu berücksichtigendes Einkommen des Kindes (z. B. Unterhalt / Unterhaltsvorschuss) den Höchstbetrag des Kinderzuschlag nur noch um 45 Prozent statt bisher um 100 Prozent.

Ab der zweiten Stufe (1.1.2020) mindert das den elterlichen Bedarf übersteigende und zu berücksichtigende Elterneinkommen den Gesamt-Kinderzuschlag nur noch um 45 Prozent statt bis dahin um 50 Prozent. Außerdem entfällt das Überschreiten der bisherigen Höchsteinkommensgrenze (Elternbedarf plus Gesamt-Kinderzuschlag) als Ausschlusskriterium für die Kinderzuschlag-Berechtigung.

Der Kinderzuschlag wird ab 1.1.2020 über die bisherige „Abbruchkante“ (schlagartiger Einkommensverlust) hinaus gewährt und fließend gemindert.

Abschaffung der „Abbruchkante“

Streichung von § 6a Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 4 BKGG;
Neufassung von § 6a Abs. 1 Nr. 3 BKGG

Zum 1.1.2020 wird die individuelle Höchsteinkommensgrenze abgeschafft. Durch die Abschaffung der individuellen Höchsteinkommensgrenze wird der Kinderzuschlag über die bisherige Einkommensgrenze hinaus fließend gemindert. Der schlagartige Einkommensverlust wird durch ein kontinuierliches Auslaufen der Leistung bis auf 0 Euro ersetzt, um den Verlauf wie in anderen Rechtsbereichen leistungsgerecht zu gestalten. Damit soll der bisherige negative Arbeitsanreiz der Höchsteinkommensgrenze überwunden werden und der Kinderzuschlag deutlich mehr Familien erreichen.

Für Familien im Kinderzuschlag, die zusätzliches eigenes Einkommen erwirtschaften und dadurch Hilfebedürftigkeit auch ohne den Kinderzuschlag knapp vermeiden können, entfällt nach der Gesetzeslage bis Ende 2019 der Kinderzuschlag – wie auch bei Überschreiten der Höchsteinkommensgrenze – vollständig. Diese erwerbsorientierten Familien im unteren Einkommensbereich erfahren dadurch häufig erhebliche Einkommensverluste, wenn sie ihre Erwerbstätigkeit ausdehnen. Durch die Aufhebung beider oberen Einkommensgrenzen, also der Höchsteinkommensgrenze und der Grenze Vermeidung von Hilfebedürftigkeit, entfällt die Abbruchkante des Kinderzuschlags.

Ab 1.1.2020 kann auch Kinderzuschlag bezogen werden, wenn ohne Kinderzuschlag der Bedarf der Familie gedeckt werden kann; in diesen Fällen steht nur ein je nach Einzelfall deutlich abgeschmolzener Betrag zu.

Erweiterte Zugangsmöglichkeit

§ 6a Abs. 1a BKGG

Der zum 1.1.2020 eingefügte § 6a Abs. 1a eröffnet eine erweiterte Zugangsmöglichkeit zum Kinderzuschlag für Personen mit Erwerbseinkommen. So besteht auch ein Anspruch auf Kinderzuschlag, wenn

1.

Berechtigten, die bisher kein Arbeitslosengeld II beziehen und auch keinen Antrag auf Arbeitslosengeld II gestellt haben, denen mit ihrem ermittelten Einkommen – inklusive Kinderzuschlag und eventuell Wohngeld –, höchstens ein Betrag von 100 Euro fehlt, um Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II vermeiden zu können,

2.

sich bei der Ermittlung des Elterneinkommens nach dem SGB II Absetzbeträge in Höhe von mindestens 100 Euro ergeben,
(Bei der Ermittlung des zu berücksichtigenden Einkommens aus Erwerbstätigkeit werden gemäß § 11b Abs.2 und 3 SGB II Absetz- und Freibeträge berücksichtigt, wodurch Einkommen verschont wird und ein finanzieller Spielraum – eine Art Einkommenspuffer – entsteht)

3.

kein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft Leistungen nach dem SGB II oder XII erhält oder beantragt hat.

Die Berechtigten sollten, so die Vorgabe aus der Gesetzesbegründung an die zuständigen Behörden, sachgerecht und ausführlich über ihren Anspruch auf Kinderzuschlag beraten werden und – auch im Bescheid – auf die Möglichkeit hingewiesen werden, dass sie gegebenenfalls höhere Geldleistungen nach dem SGB II in Anspruch nehmen können oder flankierende Leistungen wie beispielsweise die Befreiung vom Rundfunkbeitrag oder andere Kostenbefreiungen. Zwar ergeben sich hier unweigerlich für die Berechtigten Entscheidungsschwierigkeiten, zumal es im Einzelfall nicht leicht zu überblicken sein wird, in welcher Höhe zum Beispiel Vorteile durch Kostenbefreiungen entfallen, wenn statt Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII Kinderzuschlag gewählt wird. Diese Schwierigkeiten sind im Hinblick darauf, dass es sich bei der Möglichkeit, statt Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII Kinderzuschlag zu beziehen, um ein zusätzliches Angebot handelt, um gerade auch Familien aus der sogenannten verdeckten Armut zu erreichen, hinzunehmen. Die getroffene Entscheidung kann für die Zukunft jederzeit wieder geändert werden.

Der erweiterte Zugang zum Kinderzuschlag wird auf drei Jahre bis zum 31. Dezember 2022 befristet eingeführt (§ 20 Abs.2 BKGG). Es ist vorgesehen, dass dem Bundestag bis zum 31.Juli 2022 auch über die Auswirkungen dieser Regelung ein Bericht vorgelegt wird.

Quelle: SOLEX

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