Abschiebungen

Es ist erstaunlich bis erschreckend, wie es den Rechtsradikal-Populisten gelingt, den öffentlichen Diskurs so zu bestimmen, dass die Mehrheit der Deutschen „Migration“ für das größte Problem hält. Natürlich helfen dabei die Medien und zwar nicht nur Springerpresse und Telegrammkanäle, sondern auch die sogenannten seriösen Medien von Tagesschau bis FAZ. Aufgescheuchte Politiker der demokratischen Parteien versuchen sich in Schadensbegrenzung, indem sie die populistischen Forderungen in Gesetze umwandeln wollen.

Klima? War da was?

Die zunehmende Klimakatastrophe wir nur noch am Rande als Problem wahrgenommen und die Gegenmaßnahmen an allen Ecken und Enden aufgeweicht und verzögert. Wahrscheinlich so lange, bis jedem deutlich wird, dass diese Politik uns einen massiven Wohlstandsverlust bescheren wird und zu einer Migrationswelle aus den nicht mehr bewohnbaren Teilen der Erde von nie dagewesenen Ausmaß führen wird. Dann haben wir tatsächlich Probleme.

Rückführungsverbesserungsgesetz

Der jüngste Versuch, den rechten bis faschistischen Teil unserer Gesellschaft mit plumpem Aktionismus zu beschwichtigen (Spoiler: das wird nicht gelingen) kommt aus dem Innenministrium und heißt: „Rückführungsverbesserungsgesetz„. Mit „Rückführung“ ist natürlich „Abschiebung“ gemeint. Das klingt etwas freundlicher.

Kaum Zeit für Stellungnahmen

Der Paritätische Gesamtverband hat dazu eine Stellungnahme verfasst, obwohl er wegen der angeblichen Dringlichkeit nur zwei Tage Zeit dazu hatte. Ergebnis ist, dass die meisten der geplanten Gesetzesänderungen weder mit dem Grundgesetz noch mit der UN-Kinderrechtskonvention noch mit der Flüchtlingskonvention zu vereinbaren sind.

Klima der Angst

Zum Beispiel sollen bei Abschiebungen auch die Wohnungen Dritter betreten werden können und Abschiebungen können vermehrt auch nachts durchgeführt werden. Dies soll auch bei Familien mit Kindern geschehen können. Das wird beiden betroffenen Familien zu ständiger Angst und Unruhe führen und mit Sicherheit einem erfolgreichen Ankommen der Schutzsuchenden in der Gesellschaft entgegen.

gegen die UN-Kinderrechtskonvention

Ablehnend äußert sich der Paritätische auch zum Vorhaben, die Ankündigung der Abschiebung auszusetzen. Ausgenommen von dieser Regelung seien zukünfitg nur noch Familien mit Kindern bis 12 Jahren, wenn deren Abschiebung länger als 1 Jahr ausgesetzt war. Nicht nur sei die Altersgrenze willkürlich gezogen und verstoße somit gegen die UN-Kinderrechtskonvention, die Regelung werde darüber hinaus noch mehr Menschen in Angst und Unsicherheit leben lassen und somit ihrer gesellschaftlichen Teilhabe abträglich sein.

Verlängerung der Abschiebehaft

Abschiebhaft soll bis zu 28 Tage (bisher 10 Tage) möglich sein. Mildere Mittel als Haft sind nicht mehr vorgesehen. Haft für nicht begangene Verbrechen ist sowieso reichlich problematisch.

Neue Straftatbestände

Es werden neue Straftatbestände eingeführt. So sollen sich Personen bereits bei einem einmaligen Verstoß gegen Meldepflichten oder räumliche Beschränkungen strafbar machen. Also etwa, wenn jemand in einer Nachbargemeinde einen Bekannten besucht. Solche Vorstrafen können später dazu führen, dass die Personen die Bleiberechtsregelungen nicht nutzen und somit auf Dauer von gesellschaftlicher Teilhabe ausgeschlossen werden. Zukünftig sollen sich zudem Asylsuchende strafbar machen, wenn sie keine, unrichtige oder unvollständige Angaben im Asylverfahren machen oder Dokumente nicht vorlegen. Auch hier fehlt die Betrachtung milderer Mittel, zudem wird das für eine erfolgreiche Anhörung so wichtige Vertrauensverhältnis durch solche Strafandrohungen stark beeinträchtigt.

Keine flächendeckende Überlastung

Der Paritätische Gesamtverband weist darauf hin, dass sich die aktuelle
Aufnahmesituation zwar vielerorts herausfordernd, jedoch auf kommunaler Ebene
bundesweit sehr heterogen darstellt. Einer aktuellen Expertise nach ist entgegen der teils hitzig geführten Debatte nicht von einem Notstand und einer flächendeckenden
Überlastung auszugehen. Überforderungen vor Ort sind u.a. auch darauf zurückzuführen, dass in den letzten Jahren vielerorts Strukturen der Integrationsarbeit und Flüchtlingsaufnahme abgebaut oder nicht weiterentwickelt wurden.

Frühere Versäumnisse

Das Fehlen von bezahlbarem Wohnraum sowie ausreichenden Kita- und Schulplätzen trifft nicht nur schutzsuchende Menschen und wurde seit Jahren nicht hinreichend konsequent angegangen. Zudem sind es nicht nur die hohen Zahlen neu ankommender Schutzsuchende, die das Aufnahmesystem unter Druck setzen, sondern auch die Menschen, die schon lange im Aufnahmesystem sind und aufgrund des Wohnraummangels keine eigene Wohnung finden.

Gesetz läuft ins Leere

Ähnlich wie die in den vergangenen Jahren verabschiedeten Gesetze zur Beschleunigung von Abschiebungsverfahren und der Ausweitung der Abschiebungshaft wird auch dieses Gesetz absehbar nicht dazu führen, dass viel mehr Menschen abgeschoben werden. Viele der ausreisepflichtigen Menschen sind aufgrund von Abschiebungshindernissen geduldet und können gar nicht abgeschoben werden. Darüber hinaus fehlt es oft an der Rücknahmebereitschaft der Herkunftsländer. Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt, dass rechtliche Verschärfungen in diesem Bereich in der Praxis zwar oft zu härteren, nicht aber zwingend zu mehr Abschiebungen führen.

Quellen: Der Paritätische, Bundesinnenministerium, Mediendienst Integration, FOKUS-Sozialrecht

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Populismus – wer kann es am besten?

In der Frage, wie man mit Menschen umgeht, die vor Krieg, Verfolgung und Elend gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen, überschlagen sich gerade alle Parteien mit rechtspopulistischen Vorschlägen in der Hoffnung, den einen oder anderen Wähler davon abzuhalten, auch rechtspopulistisch zu wählen.

Wie immer wird das keinen davon abhalten, AFD zu wählen. Im Gegenteil, ihre menschenverachtenden Positionen werden dadurch geadelt, dass andere sie nachplappern. Ich erspare mir hier weitere Faktenchecks – die gibt es überall zu lesen – die belegen, welchen Unsinn beziehungsweise welche Lügen vor allem von CDU-Seite verbreitet werden.

Sachleistungen?

Auch die Forderung nach Sachleistungen, das wissen wir seit den 90er Jahren, sind schwachsinnig, bürokratischer Unsinn und diskriminierend. Aus gutem Grund haben fast alle Kommunen und Länder die Sachleistungen als nicht zielführend eingestellt, obwohl sie rein rechtlich weiter möglich sind.

Europa schottet sich weiter ab

Der europäische Kompromiss zur Asylfrage mit der sogenannten Krisenverordnung erlaubt nun bei einem besonders starken Anstieg der Migration, dass der Zeitraum verlängert werden kann, in dem Menschen unter haftähnlichen Bedingungen festgehalten werden können. EU-Staaten können den Schutzstatus nun auf ein zweifelhaft niedriges Niveau absenken.

Pullfaktoren?

Tatsache ist, dass die Erzählungen von Pullfaktoren wissenschaftlich widerlegt sind. Kein Mensch flieht vor Hunger, Krieg und Extremklima, um sich in Deutschland die Zähne zu sanieren. Auch wird die Aussicht auf Sach-, statt Geldleistungen keinen davon abhalten, zu versuchen, sein Leben zu retten.

Warum ist es nicht möglich, die Kommunen kurzfristig so auszustatten, dass Flüchtlinge gut untergebracht werden und Integrationschancen bekommen? Warum ist es nicht möglich, den krisengeschüttelten Ländern vor Ort bei der Überwindung von Krieg und Katastrophen zu helfen, so dass möglichst viele gar nicht fliehen müssen? Ach ja, die Schuldenbremse….

Quellen:

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Europa schottet sich ab

Am 8. und 9. Juni 2023 treffen sich die EU-Innenminister*innen im Rat der Europäischen Union (EU), um sich politisch auf Regelungen zu einigen, die schwerwiegende Folgen haben würden: Unter anderem wird diskutiert, verpflichtende Grenzverfahren einzuführen, das Konzept der „sicheren Drittstaaten“ auszuweiten und am Dublin-System festzuhalten.

Vor 30 Jahren: Asylkompromiss

Wieder, wie schon vor 30 Jahren beim „Asylkompromiss„, ist die SPD maßgeblich an einer weiteren Einschränkung des Flüchtlingsschutzes beteiligt, diesmal in Gestalt von Bundesinnenministerin Nancy Faser.

Die Klimakatastrophe wird Flüchtlingsströme ungeheuren Ausmasses auslösen, was sollen Menschen machen, deren Heimat zunehmend lebensfeindlicher wird?

Klimaschutz und Flüchtlingsschutz?

Nun könnte man ja zunächst mal versuchen, mit allen Mitteln, die zur Verfügung stehen – und es stehen alle nötigen Mittel zur Verfügung – die Katastrophe zumindest abzumildern. Weiter sollte versucht werden, die Flüchtlingsströme zu kanalisieren, sichere Fluchtwege zu schaffen und allen, die ihre Heimat verlassen müssen, eine menschenwürdige Perspektive zu ermöglichen.

Nichts davon passiert. In einer besipiellosen Kampagne werden hierzulande auch die kleinsten Ansätze einer vernünftigen Klimapolitik verunglimpft. Flüchtlingspolitik beteht nur noch in der Aushöhlung und letztlichen Abschaffung des Grundrechts auf Asyl.

Fluchtgründe zählen nicht mehr

Bei Treffen der EU-Innenminister*innen am 8.Juni 2023 sollen Regelungen beschlossen werden, die schwerwiegende Folgen haben würden: Unter anderem wird diskutiert, verpflichtende Grenzverfahren einzuführen, das Konzept der „sicheren Drittstaaten“ auszuweiten und am Dublin-System festzuhalten.

In den geplanten verpflichtenden Grenzverfahren werden absehbar keine Fluchtgründe der Schutzsuchenden geprüft, sondern nur, in welchen außereuropäischen Drittstaat die fliehenden Menschen geschickt werden können. Schutzsuchende könnten dann in ein außereuropäisches Land abgeschoben werden, in dem sie möglicherweise nicht in allen Landesteilen sicher sind oder in dem sie noch nie waren. Flüchtlingsschutz gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention müsste dort ebenfalls nicht gewährt werden – nach der deutschen Position soll der Schutz zwar im Wesentlichen der Genfer Flüchtlingskonvention entsprechen und eine Verbindung zu dem Land soll bestehen, gemäß anderer im Rat diskutierter Vorschläge liegen die Anforderungen an den Schutz jedoch weit unter diesem Niveau. Setzt sich ein solcher Vorschlag durch, wird dies voraussichtlich massiv die Gefahr völkerrechtswidriger Kettenabschiebungen in Herkunftsländer wie Syrien oder Afghanistan erhöhen.

Haftlager außerhalb der EU

In Kombination mit der Anwendung des Konzepts der “Fiktion der Nicht-Einreise“ können die Grenzverfahren auch nur durch Inhaftierung der Schutzsuchenden umgesetzt werden.

Zudem soll am eigentlich gescheiterten Dublin-System – das zur Überlastung von Außengrenzstaaten führt – festgehalten und dieses sogar noch verschärft werden. Ein wirksamer Solidaritätsmechanismus bei dem Asylsuchenden auch von anderen Mitgliedstaaten als den Außengrenzstaaten aufgenommen werden, wird dagegen nicht ernsthaft verhandelt. Denn aktuell soll die „Solidarität“ auch durch Geldzahlungen oder materiellen Leistungen erbracht werden können – sogar in außereuropäischen Drittstaaten. Anstatt Flüchtlingsaufnahme, würde so also die Externalisierung des europäischen Grenzschutzes als Solidarität verbucht werden.

Appell an die Bundesregierung

Pro Asyl und 50 andere Organisationen richten daher einen gemeinsamen Appell an die Bundesregierung: Keine Kompromisse auf Kosten des Flüchtlingsschutzes bei der europäischen Asylrechtsreform!

Quellen: Pro Asyl, wikipedia

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Die antastbare Würde

Am 26. Mai 1993 wurde das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) als Begleitinstrument der vorangegangenen Änderung des Grundgesetzes Artikel 16 „Politisch Verfolgte genießen Asyl“ und der Einführung des Artikels 16a im Bundestag beschlossen.

Kampagne von BILD und Co.

Vorausgegangen war ein Anstieg der Flüchtlingszahlen, insbesondere durch den Bürgerkrieg in Jugoslawien und eine beispiellose Hetzkampagne vor allem der Springerpresse („Das Boot ist voll“, Asylmißbrauch“, „Überfremdung“). Die Rhetorik wurde gerne von rechtsradikalen Parteien, aber auch von den Unionsparteien, vor allem in Wahlkämpfen übernommen.

Nicht verwunderlich war es daher, dass es Menschen gab, die den vermeintlichen Volkswillen in die Tat umsetzten, mit Mord- und Brandanschlägen auf Asylbewerberheime und Wohnhäusern von ausländischen Bürgern. (Rostock-Lichtenhagen, Mölln, Solingen, Lübeck usw.) Der rechte Terror forderte viele Todesopfer.
Eine gute Zusammenfassung der Ereignisse findet man in wikipedia.

Asylkompromiss

Statt einer wirksamen Bekämpfung des rechten Terrors und verbesserten Schutz von ausländischen Mitbügern und Flüchtlingen, fiel der Politik nichts anderes ein als ein Einknicken vor der Gewalt. Mit dem sogenannten „Asylkompromiss“ wurde, auch mit den Stimmen der SPD, das Grundgesetz geändert. Dadurch wurde das individuelle Grundrecht auf Asyl stark eingeschränkt. Seitdem können Asylsuchende ohne Anhörung zurückgewiesen werden, wenn sie aus einem sicheren Drittstaat oder einem sicheren Herkunftsstaat einreisen. Da alle Nachbarländer Deutschlands als sichere Drittstaaten gelten, war es für Asylsuchende praktisch nicht mehr zielführend, auf dem Landweg einzureisen.

Flankiert wurde die Grundgesetzänderung durch das Asylbewerberleistungsgesetz. Dieses verschlechterte die materiellen Bedingungen für Asylbewerber deutlich. Es vollzog die Trennung der Fürsorgepflicht für Asylbewerber von den Rechtsansprüchen auf Sozialhilfe. Sachleistungen ersetzten nun Bargeldleistungen, Gesundheitsleistungen wurden auf Notwendiges reduziert.

Tatsächlich nahm die Zahl der Asylbewerber danach ab, dafür stieg die Zahl der illegalen Einwanderung.

Proteste und gerichtliche Erfolge

In den zurückliegenden 30 Jahren gab es, auch von den Betroffenen selbst, kontinuierliche bundesweite Protestaktionen gegen soziale Ausgrenzung, Ungleichheit und die Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes. Obwohl das hiesige Existenzminimum bereits niedrig gerechnet wird und nicht für ein menschenwürdiges Leben ausreicht, erhalten Personen im AsylbLG noch weniger. Zwar konnte immer wieder kleinere juristische Erfolge gefeiert werden, wie z.B. 2012, als das BVerfG Leistungskürzungen aus migrationspolitischen Erwägungen ablehnte oder wie erst kürzlich geurteilt wurde, dass die niedrigere „Sonderbedarfsstufe“ für alleinstehende erwachsene Asylbewerber*innen in Sammelunterkünften gegen das Grundgesetz verstößt.

Zwei Menschenwürden

Dennoch wird nach wie vor intensiv in die Selbstbestimmung Betroffener eingegriffen und bis heute werden Geflüchtete in Ankunftszentren und Erstaufnahmeeinrichtungen – denen sogar eine selbstbestimmte Ernährung verboten wird – entmündigt.

Die unantastbare Würde des Menschen wurde in Deutschland mit der Grundgesetzänderung und dem Asylbewerberleistungsgesetz antastbar. Seit dem gibt es zwei Menschenwürden in diesem Land.

Bundesweite Aktionswoche

Der „Arbeitskreis kritische soziale Arbeit Freiburg“ ruft daher zu einer bundesweiten Aktionswoche auf vom 20. – 26. Mai 2023: „30 Jahre Protest gegen das Asylbewerberleistungsgesetz

Quellen: wikipedia, Politik und Unterricht, aks Freiburg

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Kontaktstelle für Geflüchtete mit Behinderung

Das Deutsche Rote Kreuz hat zusammen mit den Bundesministerien für Gesundheit und für Arbeit und Soziales eine neue Kontaktstelle für geflüchtete Menschen mit Behinderungen und/oder Pflegebedürftige eingerichtet.

Fluchtrouten sind nicht barrierefrei

Täglich kommen Tausende Geflüchtete in Deutschland an. Darunter viele, die auf spezielle Hilfe angewiesen sind. Laut der Lebenshilfe haben in der Ukraine offiziell mehr als 261.000 ukrainische Menschen eine Behinderung, unter ihnen 159.000 Kinder. Fluchtrouten sind in der Regel nicht barrierefrei. Eigenständige Flucht ohne Hilfe ist für viele Menschen mit Behinderung und/oder Pflegebedürftige nicht möglich.

Sprachbarrieren

Wenn sie hier ankommen, drohen oft unerträglich lange Wartezeiten. Keiner weiß, wie und wo er die Hilfen, die er benötigt schnellstmöglich bekommen kann. Auch die Verständigung ist oft schwierig.

Sputnik e.V.

Es gibt eine Vereinigung russischsprachiger Familien mit Kindern mit Beeinträchtigungen in Deutschland, „Die Sputniks e.V.„, der als erste Hilfsorganisation in Deutschland ein spezieller Etat zur Verfügung gestellt wurde, in dessen Rahmen geflüchtete Familien mit Kindern mit Behinderung temporäre kostenlose Unterkünfte angeboten werden können. Der Verein ist in Berlin tätig, hat aber mittlerweile auch ein paar Zweigstellen in anderen Bundesländern.

Tausende Familien haben sich mittlerweile an die Sputniks gewandt, die mit ihren ehrenamtlichen Helfern an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen. Über die Schwierigkeiten von ukrainischen Flüchtlingen mit Behinderung oder mit Kindern mit Beeinträchtigungen schrieb Sonja Smolenski in einem lesenswerten Artikel in der TAZ vom 6. April 2022.

Information und Koordination

Die Situation für die Betroffenen zu verbessern ist Ziel der neuen Kontaktstelle beim Roten Kreuz. Die Bundeskontaktstelle stellt grundlegende Informationen rund um das Thema Flucht und Behinderung/Pflegebedarf über einen Internetauftritt sowie eine Hotline zur Verfügung. Sie fungiert als Schaltstelle der zahlreichen in das Fluchtgeschehen involvierten Akteure, an der wichtige Informationen zusammenlaufen und zügig weitergeleitet werden. In Zusammenarbeit mit den für die Versorgung primär zuständigen Ländern trägt die Bundeskontaktstelle so dazu bei, schnell passende Hilfsangebote zu vermitteln. Mit einem Monitoring über bereits erfolgte und anstehende Transporte hilft sie ferner dabei, das Fluchtgeschehen transparenter zu gestalten.

Landeskoordinierungsstellen geplant

Je länger der russische Angriffskrieg auf die Ukraine andauert, desto länger wird es auch einen Bedarf an bundesweiter Koordinierung der Aufnahme und Versorgung von Menschen mit Behinderungen und pflegebedürftigen Personen geben. Dieser Herausforderung gerecht zu werden, setzt die Bereitschaft zur Kooperation aller betroffenen staatlichen und nichtstaatlichen Ebenen voraus. Mit der Bundeskontaktstelle werden daher gleichzeitig von den Ländern 16 Landeskoordinierungsstellen aufgebaut, die die Betreuungssituation vor Ort im Blick haben und auch konkrete Unterbringungsangebote vermitteln können.

Die Bundeskontaktstelle erreichen Sie auf folgendem Weg:

Tel.: 030 – 85 404 789 (von 9 bis 17 Uhr) oder Bundeskontaktstelle – Aktuelles – DRK Wohlfahrtspflege (drk-wohlfahrt.de)

Quellen: DRK, BMG, BMAS, TAZ

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Aufnahme von Flüchtlingen

Seit April 2020 hat die deutsche Bundesregierung mehr als 2.500 Schutzsuchende mit Charterflügen von Griechenland nach Deutschland gebracht. Das Programm läuft nun aus.

Gemeinsam mit 10 weiteren Organisationen – darunter Amnesty International, Deutscher Caritasverband, Diakonie, pro asyl, save the children, world vision – appelliert der Paritätische Wohlfahrtsverband an die Bundesregierung, die Aufnahme von Flüchtlingen von den griechischen Inseln fortzusetzen.

Kein warmes Wasser, keine sanitäre Versorgung, dazu die ständige Angst vor Gewalt, Übergriffen und einer möglichen Ansteckung mit dem Corona-Virus. Von einem Leben in Würde und Sicherheit sind viele Geflüchtete, die derzeit in Griechenland in überfüllten Lagern ausharren müssen, weit entfernt. Vor allem Kinder leiden unter den katastrophalen Zuständen in den Lagern auf den Inseln Lesbos oder Samos. 

Die Behörden in Griechenland sind mit der Situation überfordert, das Asylsystem ist heillos überlastet. So gab es im Januar 2021 laut UNO-Flüchtlingshilfe noch fast 90.000 unbearbeitete Asylfälle, deren Bearbeitung oft mehrere Jahre dauert. 

Mit dem letzten Charterflug am 31. März 2021 endete das Aufnahmeprogramm. Bisher gibt es allerdings keine Anzeichen der deutschen Bundesregierung, es fortzuführen. Die Situation vieler weiterer Schutzsuchender in Griechenland hat sich kaum verändert.

Die gemeinsamen Forderungen der Organisationen lauten:

Deutschland sollte die bestehenden Aufnahmeprozesse fortsetzen: Die deutsche Bundesregierung hat bereits verschiedene Verfahren auf Bundesebene geschaffen, um schutzbedürftige Menschen aus den griechischen Inseln aufzunehmen. Anstatt die Umsiedlung weiterer Menschen mit hohem Schutzbedarf nun zu beenden, sollten die Aufnahmeprozesse fortgesetzt werden. Dies wäre ein weiteres Zeichen der Menschlichkeit und europäischen Solidarität. Mehrere Bundesländer haben zudem zugesagt, Schutzsuchende aus den griechischen Lagern aufzunehmen.

Die enorme Aufnahmebereitschaft in Deutschland sollte gehört werden: Der Weihnachtsappell, der von mehr als 240 Bundestagsabgeordneten unterzeichnet wurde und in dem die Abgeordneten weitere Aufnahmen fordern, das ständig wachsende „Bündnis Städte Sicherer Häfen“, sowie die konkreten Aufnahmezusagen von Bundesländern sind eindrucksvolle Beispiele für das große zivilgesellschaftliche Engagement. Die Stimmen der Bürgerinnen und Bürger, der Vereine, Städte und Kirchen, Bewegungen, die sich seit Jahren für weitere Aufnahmen einsetzen, müssen gehört und ihrer Aufnahmebereitschaft Rechnung getragen werden.

Deutschland sollte vorangehen und sich weiterhin für eine langfristige europäische Lösung einsetzen: Neben Deutschland beteiligen sich derzeit viele weitere EU-Mitgliedstaaten an der Aufnahme von schutzbedürftigen Menschen aus den griechischen Inseln. Diese Solidaritätsmaßnahmen müssen fortgesetzt und ausgebaut werden. Deutschland sollte auch weiterhin vorangehen und sich für geordnete, menschenwürdige Aufnahmeverfahren durch aufnahmebereite Mitgliedstaaten einsetzen. Langfristig braucht es einen europäischen Rechtsrahmen, der die Verteilung von Schutzsuchenden auf aufnahmebereite Länder regelt.

Die Situation vor Ort muss endlich verbessert werden: Das Leid auf den ägäischen Inseln muss ein Ende haben. Es ist nicht hinnehmbar, dass schutzsuchende Familien, Kranke und Kinder in der EU hinter Zäunen, in Zelten und im Schlamm leben müssen. Die beteiligten Akteure müssen aktiver werden und menschenwürdige Bedingungen in den Aufnahmelagern schaffen. Dies sollte insbesondere den Zugang zu gesundheitlichen und sozialen Diensten und zu Rechtsberatung einschließen. Mit großer Sorge sehen wir außerdem die Bestrebungen, geschlossene Zentren an der Grenze einzurichten. Diese verhindern faire Asylverfahren und verschlimmern die Situation der Perspektivlosigkeit.

Bisherige Aufnahmen

Seit April 2020 hat Deutschland über 2.500 Schutzsuchende aus Griechenland über verschiedene Verfahren aufgenommen:

Im Rahmen einer europäischen Hilfsaktion nahm Deutschland 53 unbegleitete Minderjährige und 243 kranke Kinder einschließlich ihrer Kernfamilien auf (Koalitionsbeschluss vom 8. März 2020).

Nach dem Brand auf Lesbos beteiligte sich Deutschland an einer europäischen Aufnahme von unbegleiteten Minderjährigen und hat 150 unbegleitete Minderjährige aufgenommen.

Neben den unbegleiteten Minderjährigen entschied Deutschland nach den Bränden im Lager Moria, zusätzlich 1.553 Personen von den griechischen Inseln aufzunehmen, deren Schutzberechtigung bereits von den zuständigen griechischen Behörden festgestellt wurde.

News from The Borders

Über die Situation in den Flüchtlingslagern berichtet immer wieder ausführlich und eindrucksvoll Erik Marquardt, Fotograf und Mitglied des Europaparlaments, in seinem Blog News from The Borders

Quellen: DPWV, Amnesty, Eric Marquardt

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