Testpflicht für Urlauber

Ab dem 1. August 2021 gilt eine Testpflicht für Reiserückkehrer. Dazu wurde kurzfristig die Einreiseverordnung geändert. Die Bundesregierung beruft sich dabei auf die Verordnungsermächtigung nach § 36 Absatz 8 Satz 1 und Absatz 10 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes.

Was ist neu?

Bislang gilt die Testpflicht schon für die Einreise mit dem Flugzeug aus jedem anderen Land. Ab Sonntag gilt sie auch für Reisen mit der Bahn, im Bus, auf dem Schiff und im Individualverkehr.

Nun müssen alle Personen ab 12 Jahren bei ihrer Einreise in die Bundesrepublik Deutschland einen aktuellen Testnachweis vorlegen, es sei denn, sie sind geimpft oder genesen. 

Hochrisikogebiete

Zugleich werden die Einreiseregeln vereinfacht, indem die Kategorie der „einfachen“ Risikogebiete entfällt. Es gelten künftig nur noch zwei Kategorien: Die bisherigen Hochinzidenzgebiete werden zu Hochrisikogebieten. Als Virusvariantengebiete gelten weiterhin Länder und Regionen, in denen besonders gefährliche Virusvarianten nachgewiesen sind. Das sind insbesondere solche Varianten, gegen die in Deutschland  eingesetzte Impfstoffe keinen oder nur einen eingeschränkten Schutz bieten. Welche Staaten und Regionen derzeit als Hochrisikogebiet gelten, kann man beim Robert-Koch-Institut nachlesen.

Virusvariantengebiete

Die Regelungen für Virusvariantengebiete bleiben unverändert. Allerdings wird ein Virusvariantengebiet nur dann als solches ausgewiesen, wenn es besonders gefährliche Virusvarianten in diesem Gebiet gibt. Das sind insbesondere solche Virusvarianten, gegen die bestimmte in der Europäischen Union zugelassene Impfstoffe oder eine vorherige Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 keinen oder nur einen eingeschränkten Schutz bieten oder die andere ähnlich schwerwiegende Eigenschaften aufweisen, weil sie z. B. schwerere Krankheitsverläufe oder eine erhöhte Mortalität verursachen.

Für diese Gebiete bleiben die strengen Regeln bestehen. Es gilt das Beförderungsverbot aus Virusvariantengebieten. Personen, die nach Voraufenthalt in einem Virusvariantengebiete einreisen (z. B. Personen mit Wohnsitz und Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland, die vom Beförderungsverbot ausgenommen sind), müssen über einen Testnachweis verfügen, sich über die digitale Einreiseanmeldung registrieren und sich in der Regel für 14 Tage absondern.

Zurzeit gelten nur Uruguay und Brasilien als Virusvariantengebiet.

Welche Tests gelten?

Alle Einreisenden müssen entweder einen Nachweis erbringen, dass sie geimpft oder genesen sind. Oder sie müssen ein negatives Testergebnis vorweisen können. Bei Antigentests darf es maximal 48 Stunden alt sein, bei PCR-Tests 72 Stunden. Bei Einreise aus einem Virusvariantengebieten muss ein Testnachweis vorgelegt werden (72 h PCR-Test, Antigentest hier nur 24 h).

Kosten

Der Test muss vor Einreise erfolgen. Wenn es im Reiseland keine kostenlosen Tests gibt, müssen Einreisende die Kosten also selbst tragen.

Kinder

Kinder unter 12 Jahren benötigen bei der Einreise keinen Nachweis – die Nachweispflicht gilt erst für Personen ab 12 Jahre.

Nach Voraufenthalt in einem Hochrisiko- oder Virusvariantengebiet müssen sich Kinder jeglichen Alters – wie bislang – in Quarantäne begeben. Es gelten dieselben Regeln wie für Erwachsene.

Personen unter 12 Jahren werden bei Voraufenthalt in einem Hochrisikogebiet 5 Tage nach der Einreise automatisch von der Quarantäne befreit. Bislang war hierfür ein Testnachweis oder Genesenennachweis nötig.

Ausnahmen

Ausnahmen von der Nachweispflicht sind z. B. für Grenzpendler und Grenzgänger (Personen, die aus beruflichen Gründen, zu Studien- oder Ausbildungszwecken regelmäßig eine Grenze überqueren) sowie Tagespendler (die sich weniger als 24 Stunden in Deutschland aufhalten bzw. nach  weniger als 24 Stunden wieder in Deutschland einreisen) vorgesehen. Grenzgänger, Grenzpendler und Tagespendler müssen bei Einreise aus einem Hochrisikogebiet oder Virusvariantengebiet allerdings über einen Nachweis verfügen. Personen, die keinen Impfnachweis oder Genesenennachweis haben, benötigen einen Testnachweis lediglich zweimal pro Woche. Für Einreisen per Flugzeug gelten diese Ausnahmen nicht.

Mehr Informationen

Beim Bundesgesundheitsministerium gibt es zu den neuen Regelungen eine „Frage und Antwort„-Seite, sowie eine Kurzübersicht über die neuen Regelungen.

Quellen, BMG, RKI

Abbildung: pixabay.com corona-5198347_1280.jpg

Impfbereitschaft im Medizinsektor

Impfstoff gibt es genug in Deutschland. Im Gegensatz zu vielen Ländern wie etwa in Afrika, Asien. Trotzdem gerät die Impfkampagne ins Stocken, weil sich zu viele nicht impfen lassen wollen oder zumindest zögern, sich impfen zu lassen. Dazu kommen die, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können und vor allem Kinder und Jugendliche.

Diskussion über Impfpflicht

Das lässt nichts Gutes erwarten für den kommenden Herbst und Winter. Deswegen wird sogar eine Impfpflicht diskutiert oder zumindest eine Impfpflicht für einzelne Berufsgruppen. Natürlich denkt man da zunächst an die Menschen, die im medizinischen und pflegerischen Bereich tätig sind. Gerade hier gab es zu Beginn des Jahres beunruhigende Meldungen über mangelnde Impfbereitschaft beim medizinischen Personal.

Befragung des RKI

Nun hat das Robert-Koch-Institut eine umfassende Befragung veröffentlicht, die Aufschluss geben kann über die tatsächliche Impfbereitschaft beim Krankenhauspersonal.

Studiendesign

KROCO: die Krankenhausbasierte Online-Befragung zur COVID-19-Impfung, dessen erster Ergebnisbericht am 14.7.21 veröffentlicht wurde. Die Arbeit im Gesundheitssektor ist seit dem Frühjahr 2020 stark von den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie betroffen. Insbesondere das Krankenhauspersonal kommt vermehrt mit SARS-CoV-2 in Kontakt und ist im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung einem höheren Infektionsrisiko ausgesetzt. Dadurch kann Klinikpersonal ungewollt als Multiplikator für das Virus dienen. Andererseits wird Krankenhauspersonal in der Bevölkerung als Gesundheitsexpert:innen wahrgenommen und hat eine Vorbildfunktion für das Gesundheitsverhalten. Für den Erfolg der COVID-19-Impfstrategie kommt dem Krankenhauspersonal daher eine entscheidende Bedeutung zu. Die KROCO-Studie schätzt die aktuelle Impfquote unter dem Krankenhauspersonal in Deutschland und die Bereitschaft, sich gegen COVID-19 impfen zu lassen und erfragt Beweggründe für und gegen eine Impfung.

Impfquote

Danach waren am Ende des ersten Befragungszeitraums, am 12.4.2021,

  • 48 % vollständig geimpft,
  • 35 % mit der ersten Dosis geimpft.

Zum Vergleich die Quote in der Gesamtbevölkerung am 12.4.2021:

  • 6,1 % vollständig geimpft,
  • 16,5 % mit der ersten Dosis geimpft.

Natürlich liegt der Vorsprung bei der Impfquote vor allem daran, dass medizinisches Personal bei der Impfung die gleich hohe Priorität wie Alte und Vorerkrankte hatte. Trotzdem scheinen sich die Befürchtungen über mangelnde Impfbereitschaft im Gesundheitswesen nicht bestätigt zu haben. Dies belegen auch die weiteren Feststellungen aus der KROCO-Befragung:

Weitere Ergebnisse

  • Im Zeitraum der Studie, vom 22.03.2021 bis 12.04.2021, hatten 83 % des teilnehmenden Krankenhauspersonals bereits mindestens eine Dosis eines SARS-CoV-2-Impfstoffes erhalten und 48 % waren bereits vollständig geimpft.
  • Bei Klinikpersonal mit besonderem Expositionsrisiko oder Kontakt zu vulnerablen Patient:innen-Gruppen waren die Impfquoten noch höher (90 % mindestens eine Dosis, 68 % vollständig geimpft).
  • Die Impfquote unterschied sich deutlich zwischen Berufsgruppen (Ärzteschaft: 78 % vollständig geimpft – Pflegepersonal: 61 % vollständig geimpft) und Einsatzorten (OP: 94 % vollständig geimpft – Normalstation: 54 % vollständig geimpft).
  • Ein Großteil der Nicht-Geimpften gab an, sich “auf jeden Fall impfen” zu lassen (49 %) oder äußerte sich eher positiv (15 %).
  • 15 % der Nicht-Geimpften gaben an, sich “auf gar keinen Fall” impfen lassen zu wollen und 13 % äußerten sich eher negativ.
  • Die Hauptgründe gegen eine Impfung waren neben dem fehlenden Impfangebot die Furcht vor starken Nebenwirkungen oder vor bleibenden Schäden, die Sorge, dass die neuen Impftechnologien nicht sicher sein könnten und der Wunsch noch abwarten zu wollen.
  • Die Hauptgründe für eine Impfung waren der Wunsch sich selbst und das private Umfeld, sowie Kolleg:innen und Patient:innen zu schützen und eine Aufforderung durch den Arbeitgeber erhalten zu haben.

Fortsetzung folgt

Die vorgestellten Ergebnisse sind vorläufig und können sich ggf. noch ändern. Die nächste Befragungswelle der Studie wird im Juli 2021 abgeschlossen sein. Der Bericht erscheint in den darauffolgenden Wochen.

Quelle: RKI

Abbildung: pixabay.com white-male-1743470_1280.jpg

Kinder sind die Verlierer

Trotz hehrer Lippenbekenntnisse von allen politischen Seiten, dass man immer das Wohl der Kinder in den Vordergrund stellen müsse, ist es in der Realität keine gute Zeit für Kinder:

Kinderrechte im Grundgesetz?

Wieder ist eine Legislaturperiode vergangen, ohne dass die Kinderrechte im Grundgesetz verankert wurden. Blockiert hauptsächlich von denjenigen, die Kinderrechte nicht „vorrangig“ berücksichtigen wollen, sondern nur „angemessen“, damit sie die Entscheidung, was angemessen sei, nur nicht aus der Hand geben müssen.

Klimakatastrophe trifft vor allem die jüngere Generation

Die Klimakatastrophe wird immer sichtbarer, bald müsste allen klar sein, was auf uns zukommt. Diejenigen, die die Versäumnisse der letzten Jahrzente vor allem ausbaden müssen, sind die Kinder. Selbst nach dem Urteil des Verfassungsgerichts, dass einer Ohrfeige für die bisherige Klimapolitik der Regierenden darstellt, wird eher auf die Bremse gedrückt, weil doch der Wohlstand erhalten bleiben müsse. Wie schnell der Wohlstand verloren gehen kann, wenn die Probleme zu halbherzig angeht, zeigen die jüngsten Naturkatastrophen.

Hauptsache Schule findet statt

In der Pandemiepolitik werden Kinder gerne schon mal komplett vergessen, außer es geht um das Offenhalten der Schulen. Luftfilter in jedem Klassenraum wird es aber nicht geben. Dabei dürfte der vorrangige Grund sein, dass die Arbeitnehmer nicht durch zuviel Kinderbetreuung beim Homeschooling daran gehindert werden, ihre Arbeit zu machen. Dass viele Politiker während der Pandemie plötzlich ihre Sorge um Kinder aus den unteren Schichten entdecken, die natürlich am meisten unter den Schulschließungen gelitten haben, wirft die Frage auf, wieso für diese Familien nicht schon längst mehr getan wurde.

Wachsende Kinderarmut

Dazu passt die von der Paritätischen Forschungsstelle Mitte Juli veröffentlichte Studie über den Stand der Kinderarmut. Hier wird die Entwicklung der Kinderarmut in Deutschland über einen Zehn-Jahres-Zeitraum untersucht. Während weniger Kinder und Jugendliche Hartz IV-Leistungen bekommen, ist die Einkommensarmut gestiegen, so ein zentraler Befund: Rund 2,8 Millionen Kinder und Jugendliche (20,5 Prozent) lebten inzwischen in Armut. Besonders hart und häufig treffe es unverändert Alleinerziehende und kinderreiche Familien. Insgesamt seien die Leistungen der Grundsicherung deutlich zu niedrig bemessen und ergänzende familienpolitische Maßnahmen nicht ausreichend, um Familien und Kinder effektiv vor Armut zu schützen, so die Kritik. „Jüngere Reformen bei Leistungen wie Kinderzuschlag und Unterhaltsvorschuss holen zwar verstärkt Familien mit Kindern aus dem SGB-II-Bezug, aber sind mitnichten armutsfest”, erläutert der Autor der Studie Dr. Andreas Aust von der Paritätischen Forschungsstelle.

Unterschiede Ost und West

Die Studie, die auch Länder-Trends untersucht, belegt dabei eine konträre Entwicklung zwischen Ost- und Westdeutschland, bei starker regionaler Differenzierung. Während sich die Lage der Kinder und Jugendlichen in den neuen Bundesländern (ausgehend von sehr hohem Niveau) positiv entwickelt, wachsen die Probleme in verschiedenen westdeutschen Ländern wie Bremen, Hessen, Niedersachsen oder Nordrhein-Westfalen teilweise dramatisch. Gewarnt wird in der Studie zudem vor einer aktuellen Verschärfung der Lage, die sich (noch) nicht in den amtlichen Daten abbildet: Die Folgen der Corona-Pandemie belasteten gerade einkommensarme Familien zusätzlich, wie die Autoren skizzieren.

Gesellschaftspolitisches Versagen

„Es ist beschämend und erschütternd, wie sich Kinderarmut in diesem reichen Land verschärft und verhärtet. Das Ausmaß und die Entwicklung der Armut von Kinder und Jugendlichen sind nicht nur besorgniserregend, sondern skandalös und ein Ausdruck armuts- und gesellschaftspolitischen Versagens”, so Dr. Joachim Rock, Leiter der Forschungsstelle sowie der Abteilung Arbeit, Soziales und Europa im Paritätischen Gesamtverband.

Kindergrundsicherung dringend gefordert

Der Verband fordert die Einführung einer bedarfsgerechten, einkommensabhängigen Kindergrundsicherung und einen Rechtsanspruch auf Angebote der Jugendarbeit. Um Armut von Kindern und ihren Eltern wirksam zu beseitigen, müsse darüber hinaus sowohl am Arbeitsmarkt als auch bei der Grundsicherung angesetzt werden. Schließlich müssten auch Verteilungsfragen neu diskutiert werden: „Alle Maßnahmen, die geeignet sind, die Kluft zwischen arm und reich zu schließen, kommen auch Familien und damit Kindern zugute”, heißt es in der Studie.

Quellen: Pressemitteilung des Paritätischen vom 14.07.2021, FOKUS-Sozialrecht

Abbildung: pixabay.com KinderSchule.jpg

Ökobonus über die Post

Wieder aktuell ist die Diskussion um die Maßnahmen zur Bekämpfung der Erderhitzung. Ein Mittel dazu ist eine Erhöhung des CO2-Preises.

Sozialverträglich

Die Frage der Sozialverträglichkeit von Maßnahmen wird aktuell insbesondere im Zusammenhang mit der CO2-Bepreisung aufgeworfen. Alternativ werden dazu die weitere Absenkung bzw. Abschaffung der EEG-Umlage einerseits und ein Ökobonus andererseits diskutiert, mit dem die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung in Form einer einheitlichen pro-Kopf-Pauschale an die Bürger*innen zurückerstattet werden soll.

Verwaltungsaufwand

Die Entlastungswirkung des Ökobonus wäre umgekehrt proportional zum Einkommen. Einkommensschwache Haushalte hätten dadurch nach allen einschlägigen Studien im Saldo ein Plus zu verzeichnen. Dies schließt auch Haushalte mit Pendler*innen mit ein. Als Argument gegen diese Form der Kompensation wird auf den zusätzlichen Verwaltungsaufwand aufmerksam gemacht oder auch angeführt, dass es völlig unklar sei, wie der Bonus ausgezahlt werden könne.

Lösungsvorschlag

Der Paritätische Gesamtverband hat dazu zusammen mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) einen Vorschlag gemacht, wie das Problem gelöst werden kann.

In ihrem Papier „Soziale Ausgestaltung höherer CO2-Preise über einen Ökobonus – Vorschlag zur administrativen Umsetzung“ bringen sie den Rentenservice der Deutschen Post ins Spiel.

Kriterien zur Umsetzung

Sie gehen davon aus, dass die Umsetzung der Auszahlung eines Ökobonus folgende Kriterien erfüllen muss:

Die beauftragte Stelle muss

  • mit der Verwaltung großer Datenmengen,
  • mit Massenauszahlungen
  • und der Identitätsprüfung

vertraut sein.

  • Die Zahlung muss als Ökobonus sichtbar sein.
  • Es sollte zudem sichergestellt sein, dass auch jene ein Prozent der Menschen, die kein Bankkonto haben, den Bonus erhalten.

Erfahrung bei Rentenzahlung

Deswegen schlagen der Paritätische und BUND den Renten-Service der Deutschen Post bzw. DHL vor. Dieser sei für die administrative Umsetzung besonders geeignet. Nach § 119 SGB VI übernehme die Deutsche Post umfassende Dienstleistungen bei der Auszahlung von Renten, inklusive Zahlung, Anpassung, Statistik und Bestandspflege. Der Renten-Service organisiere damit regelmäßig sehr große Einzelzahlungen, sei auf die Massenverwaltung spezialisiert und könne auf das Filialnetz der Post zurückgreifen. Wer kein Konto habe, könne in einer Filiale eine Barauszahlung erhalten, in der Regel mit einem kurzen zeitlichen Vorlauf. Dabei sei die namentliche Prüfung, die für die Barauszahlung des Ökobonus eine Voraussetzung sei, im Alltagsgeschäft der Post Standard.

Vorteile gegenüber anderen Lösungen

Dem Verfahren über die Post werden in dem Papier andere Methode gegenübergestellt, die aber die geforderten Kriterien nicht so umfassend erfüllen können wie der Renten-Service der Deutschen Post.

Auszahlung am Anfang des Jahres

Um soziale Härten zu vermeiden, solle der Ökobonus einmal jährlich am Anfang eines Jahres ausgezahlt werden. Die Höhe solle aufgrund einer Schätzung bestimmt werden. Im darauffolgenden Jahr wird der Bonus mit dem Differenzbetrag zu den tatsächlich erzielten Einnahmen verrechnet.

Quellen: DPWV, BUND

Abbildung: pixabay.com coins-1726618_1920.jpg

Pflegegeld rückwirkend

„Versicherte erhalten die Leistungen der Pflegeversicherung auf Antrag. Die Leistungen werden ab Antragstellung gewährt, frühestens jedoch von dem Zeitpunkt an, in dem die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen. Wird der Antrag nicht in dem Kalendermonat, in dem die Pflegebedürftigkeit eingetreten ist, sondern später gestellt, werden die Leistungen vom Beginn des Monats der Antragstellung an gewährt.“ So steht es im Gesetz (§ 31 SGB XI). Das bedeutet in der Praxis, dass die rückwirkende Zahlung von Pflegegeld ausgeschlossen ist.

Mangelhafte Beratung

Das Bundessozialgericht (Az: B 3 P 5/19 R) hat nun entschieden, dass die Pflegekasse unter bestimmten Umständen für einen weitaus längeren rückwirkenden Zeitraum zahlen muss. Vorraussetzung ist,

  • dass die Pflegebedürftigkeit schon länger besteht und
  • dass die Beantragung der Leistungen wegen einer mangelhaften Beratung nicht zustande gekommen ist.

Im vorliegenden Fall entschied das BSG, dass die Eltern des Klägers im Krankenhaus unzureichend über mögliche Leistungen der Pflegeversicherung im Anschluss an die Tumorbehandlung ihres Sohnes beraten worden sind und die verspätete Antragstellung deshalb nicht seinem Begehren entgegensteht, Pflegegeld seit Eintritt der Pflegebedürftigkeit zu erhalten.

Beratung über mögliche Ansprüche erforderlich

Eine verspätete Antragstellung sei nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs aber dann unschädlich, wenn Versicherte von der Pflegekasse nicht ausreichend über mögliche Leistungen im Pflegefall beraten worden seien und deshalb eine rechtzeitige Beantragung von Pflegeleistungen unterlassen hätten. Das gelte vergleichbar, wenn in einem Krankenhaus über mögliche Ansprüche auf Pflegeleistungen im Anschluss an eine stationäre Versorgung unzureichend beraten worden sei, obwohl dazu objektiv Anlass bestanden habe. Das berühre nicht nur für die Pflegeversicherung grundsätzlich unbeachtliche Pflichten im Verhältnis zwischen Krankenhaus und Patient. Vielmehr hätten die Krankenhäuser insoweit (auch) sozialrechtliche Informations- und Beratungspflichten, deren Verletzung sich die Pflegekassen wie eigene Beratungsfehler zurechnen lassen müsse.

Teil des Entlassmanagements

Krankenversicherungsrechtliche Grundlage dessen sind die 2007 und 2012 eingeführten und seither sukzessive näher ausgeformten Vorschriften über das Versorgungs- und Entlassmanagement im Krankenhaus. Hiernach haben Versicherte Anspruch allgemein auf ein Versorgungsmanagement und umfasst die Krankenhausbehandlung im Besonderen ein Entlassmanagement zur Lösung von Problemen beim Übergang in die verschiedenen Versorgungsbereiche bzw. nach der Krankenhausbehandlung. Als Nebenleistung zur eigentlichen Behandlung können die Versicherten danach als Leistung der Krankenversicherung grundsätzlich alle Maßnahmen beanspruchen, die sicherstellen sollen, dass die Versorgung, auf die sie Anspruch haben, auch tatsächlich erreicht und wirksam wird. Zu erfüllen sind diese Ansprüche von den Krankenkassen mittels der beteiligten Leistungserbringer, die für eine sachgerechte Anschlussversorgung sorgen und von den Krankenkassen zu unterstützen sind.

Beratung auch über mögliche Folgen

Die Beratungsleistungen eines Krankenhauses nach dem Versorgungs- und Entlassmanagement, so das BSG-Urteil, habe sich auf alle Folgen zu erstrecken, die – hier bezogen auf einen etwaigen Pflegebedarf – nach Entlassung des Versicherten bei Behandlungsabschluss als möglich erscheinen könnten. Dazu müsse Pflegebedürftigkeit nicht bereits eingetreten sein oder mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald eintreten. Nach dem Zweck des Versorgungs- und Entlassmanagements müsse die Beratung vielmehr auch solche nicht fernliegende Komplikationen einbeziehen, die mit der jeweiligen Behandlung typischerweise einhergehen könnten und auf die Versicherte und Angehörige deshalb vorbereitet sein sollten. Dazu gehöre hier auch die ‑ aus Sicht des Krankenhauses bei Entlassung des Klägers noch nicht bestehende, aber objektiv nicht untypische ‑ Möglichkeit des Eintritts von Pflegebedürftigkeit, die sich schließlich alsbald nach der Krankenhausentlassung realisiert habe.

Überprüfung lohnt sich

Es lohnt sich also, wenn nach einer Krankenhausbehandlung Pflegebedürftigkeit eintritt, zu überprüfen, ob die dortige Beratung auf Leistungen der Pflegeversicherung hingewiesen hat.

Quellen: Bundessozialgericht, Carmen P. Baake: Beraterbrief Pflege Ausgabe Juli 2021/13

Abbildung: seminar_pflege-pflegeheim_AdobeStock_272812000_600x600@2x.jpg

Klimakrise und Menschen mit Behinderung

Zwölf Bewohner einer Einrichtung der Behindertenhilfe sind bei der Unwetterkatastrophe in Sinzig gestorben. Das Wasser hatte das Erdgeschoss des Wohnheims geflutet. Die Menschen konnten sich nicht retten und nicht gerettet werden.

Das legt den Fokus darauf, ob Menschen mit Behinderungen generell stärker durch Katastrophen gefährdet sind. Katastrophen, die durch den Klimawandel immer häufiger auftreten werden.

Auswirkungen

In einem Beitrag in dem Projekt „Die Neue Norm“ des Vereins Sozialhelden e.V. hat die Autorin Andrea Schöne beschrieben, welche Auswirkungen der Klimawandel speziell auf Menschen mit Behinderungen hat.

Es geht um die Fragen:

  • Sind behinderte Menschen stärker gefährdet?
  • Wie kann man sie besser schützen?
  • Wie barrierefrei und inklusiv sind Proteste gegen die Klimakrise?
  • Was tun behinderte Menschen selbst, um das Klima zu retten?
  • Was sagt die Wissenschaft zum Verhältnis von Klima und Behinderung?

Untersuchung zu Katrina

Aktuell ist gerade die erste Frage relevant. Andrea Schöne kommt zu dem Ergebnis, dass behinderte Menschen mehr von Naturkatastrophen bedroht sind, weil sie etwa in Notfällen schlechter flüchten können. Als Beispiel wird eine Untersuchung über die Auswirkungen des Hurrikans Katrina 2005 genannt: Damals waren Menschen mit Behinderung stark betroffen, sowohl vor und während als auch nach der Katastrophe:

  • Vor der Katastrophe: Keine barrierefreien Warnsysteme oder Berichterstattung, sodass behinderte Menschen über die Situation nicht Bescheid wissen. Beispielsweise war die Gebärdensprachdolmetschung beim Hurrikan Katrina im Fernsehen nicht gut sichtbar und somit unverständlich.
  • Während der Katastrophe: Barrierefreie Evakuierung und Unterbringung oftmals nicht gegeben. Die Notunterkünfte beim Hurrikan Katrina hatten keine barrierefreien Toiletten und Betten oder waren erst gar nicht zugänglich.
  • Nach der Katastrophe: Erschwerter Zugang zu neuen Wohnmöglichkeiten, Essen, Wasser und Gesundheitsversorgung. Nach dem Hurrikan Katrina fehlten vielen Familien mit behinderten Kindern wichtige Dokumente über deren Behinderung, was deren Zugang zu Nachteilsausgleichen in der Bildung erschwerten, weil sie dann keine Assistenz mehr erhielten. 

Flucht erschwert

In vielen Regionen der Erde wird den Menschen kaum etwas anderes übrig bleiben als zu fliehen, wenn die Lage vor Ort lebensbedrohlich wird. Aber auch dabei sind Menschen mit Behinderung benachteiligt. Oft sind sie gar nicht in der Lage zu fliehen und müssen bleiben ohne sichere Wohnverhältnisse, Arbeit, unterstützende Netzwerke oder Gesundheitsversorgung.

Bildung

Besonders wichtig scheint es zu sein, den Zugang zu Bildung für behinderte Menschen weltweit mehr zu fördern, um sie auf Naturkatastrophen besser vorzubereiten.

International

Der UN-Menschenrechtsrat verabschiedete am 12. Juli 2019 eine Resolution über die Zusammenhänge von Menschenrechten und dem Klimawandel, wobei explizit auch auf die Lage und den Schutz von behinderten Menschen im Klimawandel eingegangen wird. Darin wird festgehalten, dass Menschen mit Behinderungen häufig zu den am stärksten betroffenen Menschen im Notfall gehören. Sie haben eine unverhältnismäßig höhere Morbiditäts- und Sterblichkeitsrate und gehören gleichzeitig zu denjenigen, die am wenigsten Zugang zu Nothilfe haben.

Klimaproteste

Ausführlich beschreibt Andrea Schöne in ihrem Beitrag, wie es um die Teilhabe an den Protesten gegen die aktuell unzureichende Politik gegen den Klimawandel bestellt ist. Auch hier gibt es Nachholbedarf wahrzunehmen, dass Klimagerechtigkeit auch ein Thema für behinderte Menschen ist. In den großen Netzwerken der Klimabewegung wie Fridays For Future und Extinction Rebellion sind Aktivist*innen mit Behinderung deutlich in der Unterzahl, oftmals fehle es an Wissen zu Barrierefreiheit auf Seiten der Netzwerke, um Menschen mit Behinderung für eine Mitarbeit bei ihren Organisationen zu interessieren und zu erreichen.

Ein Anstoß?

Die Katastrophe von Sinzig könnte ein Anstoß sein, Menschen mit Behinderungen bei den Folgen des Klimawandels besser wahrzunehmen, sie besser zu schützen und sie gleichberechtigt in der gesellschaftlichen Debatte teilhaben zu lassen.

Quelle: Andrea Schöne, dieneuenorm.de: Inklusion in Zeiten der Klimakrise
Human Rights Watch, Spiegel

Abbildung: pixabay.com fridays-for-future-4161573_1280.jpg

Kinder, Corona Unfallversicherung

Eine COVID-19-Erkrankung kann grundsätzlich einen Versicherungsfall der gesetzlichen Unfallversicherung darstellen. Das gilt unter bestimmten Umständen auch für Kita- und Schulkinder.

Murmeltier-Effekt

Wie im letzten Sommer wird auch dieses Jahr kaum etwas für die Sicherheit der Schulkinder in der Corona-Pandemie getan.

  • Impfungen für unter 12jährige gibt es nicht,
  • Luftfilter in den Klassenräumen werden nur zögerlich bezuschusst,
  • Präsenzunterricht soll auf jeden Fall stattfinden.

Keine Menschen?

Den Äußerungen einiger Politiker ist zu entnehmen, dass Kinder für sie nicht unter die Kategorie Menschen gehören. Für alle Menschen gäbe es ja im August ein Impfangebot, war zu hören.

Es scheint, als sei die Durchseuchung der Kinder eingeplant oder sie wird achselzuckend in Kauf genommen. Gut, dass der Unions-Kanzlerkandidat schon lange für Luftfilter in seinem Landtag gesorgt hat.

Langzeitfolgen auch bei Kindern

Die Folgen einer Covid-Infektion für Kinder sind in der Regel nicht groß, allerdings gibt es auch beunruhigende Studien über Langzeitfolgen bei Kindern. Derzeit sprechen Experten von bis zu fünf bis zehn Prozent der Fälle. Belastbare Zahlen oder Quoten etwa für Deutschland gibt es derzeit jedoch nicht, auch im Ausland werden sie meist nicht ausreichend systematisch erhoben. Bei Kindern können monatelange Schulausfälle durch ein Post-Covid-Syndrom auch zu sozialen oder psychischen Problemen führen, ähnlich wie Erwachsene den Verlust der Arbeitsstelle fürchten.

Selbst, wenn nur jedes hundertste Kind unter 12 von Langzeitfolgen betroffen ist, handelt es sich hier um 100.000 Kinder.

Arbeitsunfall

Wenn Kinder sich, wie zu befürchten, mit SarsCov2 infizieren und die Infektion oder die Folgen nicht harmlos sind, macht es Sinn, darüber nachzudenken,ob man die Erkrankung nicht als Arbeitsunfall bei der Unfallversicherung melden soll.

Ein Artikel in Buzzfeeds-News, ein Online-Nachrichten-Blog, beschreibt, unter welchen Umständen auch Kinder eine Covid-Infektion als Arbeitsunfall melden können.

Bessere Versorgung durch die Unfallkassen

Sollten sich Kinder in der Schule oder Kita anstecken, würden sie durch eine Anerkennung als Arbeitsunfall durch die Unfallversicherung besser versorgt. Sie bekämen, so ist im Artikel zu lesen, zum Beispiel aufwändige Reha-Leistungen und ärztliche Behandlungen bezahlt, müssten keinerlei Zuzahlungen leisten und bekämen auch Fahrtkosten erstattet. Sollte es aufgrund der Coronavirus-Erkrankung zu Spätfolgen kommen und das Kind später nicht voll arbeiten können, müssten die Unfallkassen zudem eine möglicherweise lebenslange Rente zahlen. Diese betrage je nach Alter des Kindes bei der Infektion bis zu mehrere hundert Euro im Monat.

Automatisch versichert

Kita-Kinder, Schüler:innen und Studierende sind in Deutschland automatisch über die Unfallkassen versichert und können eine Infektion mit dem Coronavirus als Arbeitsunfall melden. Versichert sind Kinder, wenn sie sich bei der Arbeit, also in einer Tageseinrichtung, einer Schule oder Universität infizieren. Dazu zählen auch die Pausen, die Wege zur Schule und zurück, Schulfeste oder Betriebspraktika. Wichtig hierbei: Der reine Nachweis des Virus reicht nicht aus, es müssen auch Symptome der Erkrankung vorhanden sein.

Vorraussetzungen wie bei Erwachsenen

Die Voraussetzung für eine Anerkennung eines Coronavirus-Arbeitsunfall ist für Kinder und Jugendliche genau gleich wie für Erwachsene: Sie müssen den intensiven Kontakt mit einer infizierten Person nachweisen oder belegen, dass es mehrere infizierte Personen im Arbeitsumfeld gegeben hat. Gleichzeitig muss geprüft werden, ob sich die Kinder und Jugendlichen die Infektion nicht auch außerhalb der Kita, Schule oder Uni hätten einfangen können.

Quellen: buzzfeed.news, DGUV (Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung), Quarks

Abbildung: pixabay.com cold-1972619_1280.jpg

Beweislast beim GdB

Der GdB, Grad der Behinderung, ist die Kennzahl fürdie Schwere einer Behinderung.

Schwerbehinderung

Menschen sind schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt. Die Behinderung misst sich also nach dem Grad der Behinderung (im Folgenden mit GdB abgekürzt). Dieser GdB wird auf Antrag des Betroffenen festgestellt.

Bemessen wird der GdB in Zehnerschritten zwischen 20 und 100. Hat ein Mensch mehrere Beeinträchtigungen, so wird der GdB im Wege einer Gesamtschau festgesetzt.

Antrag beim Versorgungsamt

Der Antrag auf einen Schwerbehindertenausweis muss beim zuständigen Versorgungsamt bzw. der nach Landesrecht zuständigen Behörde gestellt werden.

Zur Prüfung werden vom Amt außer Angaben zur Person auch Angaben zu den Gesundheitsstörungen, zu ärztlichen Behandlungen, Krankenhausaufenthalten, Rehabilitationsverfahren etc. benötigt.

Beweislast beim Antragsteller

Der Antragsteller muss also beweisen, dass und wie sehr er beeinträchtigt ist, er hat die Beweislast.

Verschlechtert sich der Gesundheitszustand, kann ein Antrag zur Neufeststellung des GdB (sog. Verschlimmerungsantrag) gestellt werden. Hierzu ist wie beim Erstantrag zu verfahren. Behandelnde Ärzte und Krankenhäuser werden dann erneut um Auskunft gebeten.

Ergibt die Prüfung der Voraussetzungen, dass sich der Gesundheitszustand gebessert hat oder die vorherige Bewertung unrichtig war, kann der GdB herabgesetzt werden.

Beweislast beim Versorgungsamt

An diesem Punkt ändert sich nun die Beweislast. Die hat nämlich nun das Versorgungsamt. Dies hat jetzt das Landessozialgericht  Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 09.04.2020 zum Akten­zeichen L 13 SB 91/18 entschieden: Die Beweislast in diesen Absenkungs­verfahren trägt das Versorgungs­amt.

In dem Verfahren war das Versorgungs­amt war der Ansicht, dass der sich gegen die Absenkung wendende Kläger nachweisen müsse, dass die Voraus­setzungen des bisherigen GdB weiterhin vorliegen. Dem folgte das Landes­sozial­gericht nicht. Lässt sich bei einer Absenkung des bisherigen GdB nicht nachweisen, dass die Voraussetzungen des bisherigen GdB nicht mehr gegeben sind, kann das Versorgungs­amt keine Absenkung vornehmen. Daher hat das Gericht den Absenkungs­bescheid des Versorgungs­amtes aufgehoben und der Kläger behielt seinen bisherigen GdB.

Quelle: LSG Berlin-Brandenburg, Thomas Knoche: Finanzielle Hilfen für Menschen mit Behinderung, Walhalla-Verlag

Abbildung: Fotolia_42155042_Subscription_XL.jpg

Schulden mit Hartz IV bezahlen?

Dies ist nach dem Wortlaut des § 42 Abs. 4 SGB II nicht möglich. Dort heißt es: „Der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes kann nicht abgetreten, übertragen, verpfändet oder gepfändet werden.“

Wohlverstandenes Interesse

Allerdings folgt noch ein zweiter Satz: „Die Abtretung und Übertragung nach § 53 Absatz 2 des Ersten Buches bleibt unberührt.“ Nun stellt sich die Frage, was denn die angesprochene Vorschrift im SGB I bestimmt:

„Ansprüche auf Geldleistungen können übertragen und verpfändet werden

  1. zur Erfüllung oder zur Sicherung von Ansprüchen auf Rückzahlung von Darlehen und auf Erstattung von Aufwendungen, die im Vorgriff auf fällig gewordene Sozialleistungen zu einer angemessenen Lebensführung gegeben oder gemacht worden sind oder,
  2. wenn der zuständige Leistungsträger feststellt, daß die Übertragung oder Verpfändung im wohlverstandenen Interesse des Berechtigten liegt.“

Unbestimmter Rechtsbegriff

Bei dem „wohlverstandenen Interesse“ handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Anwendung voller gerichtlicher Prüfung unterliegt. Ein wohlverstandenes Interesse an der Übertragung eines Sozialleistungsanspruchs auf einen Dritten, so hat das Bundessozialgericht es definiert, setzt dabei einen gleichwertigen Vorteil zugunsten des Sozialleistungsberechtigten voraus.

So würde eine Abtretung dann als im wohlverstandenen Interesse anzusehen sein, wenn der Berechtigte ohnehin die Geldleistung zu seinem notwendigen Lebensunterhalt verwenden müsste, sodass sich die Abtretung lediglich wie eine Anweisung zur Zahlung an Dritte auswirkt.

Aktueller Fall

Genau darum ging es bei einem Rechtstreit, der jetzt vom Landessozialgericht Niedersachsen/Bremen entschieden wurde. Ein Vermieter verlangte vom Jobcenter die Auszahlung von Grundsicherungsleistungen seiner ehemaligen Mieterin. Hierzu legte er mehrere Vereinbarungen vor, wonach die Frau ihm unwiderruflich je 50 € pro Monat von der Regelleistung abgetreten habe. Es bestünden knapp 2.000 € Rückstände für Betriebs- und Nebenkosten aus den Vorjahren, die hierdurch ratenweise getilgt werden sollten.

Jobcenter lehnt ab

Das Jobcenter lehnte eine monatliche Abzweigung ab. Zur Begründung führte es aus, dass eine solche Auszahlung nicht im wohlverstandenen Interesse der Frau liege. Es gehe nicht um die Abtretung laufender Unterkunftskosten, sondern um die Tilgung von Altschulden. Hierfür habe der Mann bereits Vollstreckungstitel durch das Amtsgericht erwirkt. Grundsicherungsleistungen dienten nicht der Schuldentilgung, sondern der laufenden Existenzsicherung.

LSG bestätigt

Das LSG hat die Rechtsauffassung des Jobcenters bestätigt. Eine Abtretung sei nach den gesetzlichen Vorgaben nur im wohlverstandenen Interesse des Leistungsberechtigten zulässig. Voraussetzung hierfür sei ein gleichwertiger Vermögensvorteil, wie etwa der Schutz der aktuellen Wohnung vor Kündigung. Dies sei schon deshalb nicht mehr möglich, weil die Frau zwischenzeitlich ausgezogen sei.

Außerdem läge es nicht im wohlverstandenen Interesse, Betriebs- und Nebenkosten aus der Regelleistung zu zahlen. Denn durch die Regelleistung solle der laufende Lebensunterhalt gedeckt werden, der durch die Abtretung geschmälert werde. Die Abtretung von zweimal 50 EUR pro Monat sei auch mehr, als ein Jobcenter von einem Hartz-IV-Empfänger zur Darlehenstilgung einbehalten dürfte – nämlich 10 % des Regelsatzes. Grundsätzlich sei die Tilgung von Altschulden aus der Regelleistung mit dem Gedanken der aktuellen Sicherung des Lebensnotwendigen nicht vereinbar. Nach dem Auszug aus der Wohnung dürfe das Jobcenter der Frau auch kein Darlehen zur Tilgung der Mietschulden mehr gewähren.

Quellen: Openjur, Haufe, EU-Schwerbehinderung

Abbildung: webinar_sozialrecht_AdobeStock_83227398_600x600@2x.jpg

Weg mit der Beitragsbemessungsgrenze?

Die Beitragsbemessungsgrenze ist eine Rechengröße im deutschen Sozialversicherungsrecht. Sie bestimmt, bis zu welchem Betrag die beitragspflichtigen Einnahmen von gesetzlich Versicherten für die Beitragsberechnung der gesetzlichen Sozialversicherung herangezogen werden. Der Teil der Einnahmen, der die jeweilige Grenze übersteigt, bleibt für die Beitragsberechnung außer Betracht.

Die Folge dieser Regelung ist, dass Menschen, die weniger verdienen, überproportional viel Geld in die Sozialkassen einzahlen. Das geht aus der Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine Parlamentsanfrage der Linksfraktion im Bundestag hervor.

So sieht die Verteilung aus

JahreseinkommenAnteil am GesamteinkommenAnteil Sozialabgaben
bis 30.000 Euro24 Prozent36 Prozent
30.000 bis 50.00023 Prozent26 Prozent
50.000 bis 70.00017 Prozent18 Prozent
70.000 bis 110.00013 Prozent11 Prozent
mehr als 110.00023 Prozent9 Prozent
Die Zahlen beziehen sich dem Bericht zufolge auf das Jahr 2016 und sind nach Ministeriumsangaben wegen Fristen für Einkommensteuererklärungen die jüngsten verfügbaren.

Das heißt: Je mehr man verdient, desto weniger muss man in die Sozialkassen zahlen.

Abschaffung gefordert

Der Fraktionschef der Linken Dietmar Bartsch fordert daher eine Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenzen: „Es ist ungerecht und nicht hinnehmbar, dass Durchschnittsverdiener auf ihren kompletten Lohn Abgaben zahlen müssen, Spitzeneinkommen nur auf einen kleinen Teil. Der zwanzigtausendste Euro, den man im Monat verdient, darf nicht bei den Abgaben bessergestellt sein als der zweitausendste Euro.“

Quellen: Die Zeit, Linksfraktion

Abbildung: pixabay.com astryd_md.jpg