Abbau unnötiger bürokratischer Hürden – Beschluss der 96. Justizministerkonferenz

Die Justizministerkonferenz (JuMiKo) hat sich auf seiner Tagung vom 4. bis 6. Juni 2025 klar für den Abbau unnötiger bürokratischer Hürden im Betreuungsrecht ausgesprochen, um eine qualitativ hochwertige Betreuung auch künftig nachhaltig zu sichern. Die Länder betonen, dass die hohe Qualität der rechtlichen Betreuung – angesichts des demografischen Wandels und des wachsenden Bedarfs – nur erhalten werden kann, wenn sowohl ehrenamtliche als auch berufliche Betreuer von übermäßigen bürokratischen Belastungen entlastet werden.

Konkret fordern die Justizministerinnen und Justizminister

  • Eine Überprüfung und Reduzierung der Berichts-, Genehmigungs- und Rechnungslegungspflichten für Betreuer auf das unbedingt notwendige Maß, das zum Schutz der Betreuten erforderlich ist. Dies betrifft insbesondere:
    • die Vorgaben für Jahresberichte,
    • die Rechnungslegungspflichten, auch wenn keine Vermögensgefährdung vorliegt,
    • die Genehmigungspflicht bei der bargeldlosen Annahme von Erlösen aus zulässigen Veräußerungen.
  • Die Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz wird gebeten, diese Pflichten auf mögliche Vereinfachungen hin kritisch zu überprüfen, um die Betreuungspraxis zu entlasten und die Qualität der Betreuung zu sichern.

Erleichterung der Registrierung beruflicher Betreuer

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Erleichterung der Registrierung als beruflicher Betreuer. Bislang ist eine Registrierung nur für Selbstständige oder Mitarbeiter von Betreuungsvereinen möglich. Künftig soll auch Angestellten eines beruflichen Betreuers die Registrierung ermöglicht werden, um die Nachwuchsgewinnung zu erleichtern und eine bessere Einarbeitung sowie Übergabe bei altersbedingten Rückzügen zu gewährleisten.

Hintergrund und Zielsetzung

Die Länder reagieren damit auf den zunehmenden Nachwuchsmangel im Bereich der rechtlichen Betreuung und den steigenden Bedarf durch den demografischen Wandel. Ziel ist es, das Ehrenamt und den Beruf des Betreuers attraktiver zu machen und unnötige bürokratische Hürden abzubauen, ohne den Schutz der betreuten Menschen zu gefährden.

Den Beschluss im Wortlaut kann man hier nachlesen: https://www.justiz.sachsen.de/smj/download/Beschluesse96JuMiKoFruehjahr.pdf

DIN-Norm für Leichte Sprache

Was ist der Unterschied zwischen Alltagssprache, Leichter Sprache und Einfacher Sprache?

Leichte Sprache ist die sehr vereinfachte Form der Alltagssprache, die Menschen mit Leseschwierigkeiten die Teilhabe an Gesellschaft und Politik ermöglicht. Die Leichte Sprache verzichtet beispielsweise auf Nebensätze und erklärt einzelne Wörter. Die Einfache Sprache ist eine weniger stark vereinfachte Form der Alltagssprache, die eine größere Zielgruppe anspricht, z.B. ältere Menschen, Personen, die Deutsch als Fremdsprache lernen oder Tourist*innen.

DIN-Norm zum Download

Für den Gebrauch der „Deutschen Leichten Sprache“ gibt es nun erstmals eine vom DIN e.V. veröffentlichte Empfehlung als neue DIN-Norm. Das Dokument ist bei DIN Media als barrierefreies PDF im Download kostenlos erhältlich.

Damit stehen erstmals einheitliche Empfehlungen zur Deutschen Leichten Sprache zur Verfügung. Zuvor bestehende Empfehlungen wurden aufgegriffen und zusammengeführt. Dabei wurden sie auch weiterentwickelt oder aktualisiert. Die nun vorliegenden Empfehlungen sind ein Gesamtkonzept und umfassen auch Hinweise zur visuellen Gestaltung von Schrift- und Bildsprache oder Hinweise zu geeigneten Medienformaten, ihrer Gestaltung und zu technischen Anforderungen, damit die Produkte gut wahrnehmbar und verständlich sind. Die DIN SPEC enthält außerdem Empfehlungen zur Beteiligung von Menschen mit Lernschwierigkeiten im Prozess der Erarbeitung von Produkten in Leichter Sprache.

Im Auftrag des BMAS

Die Empfehlungen wurden im Auftrag des Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) beim DIN e. V. von einem Konsortium entwickelt. In dem Konsortium arbeiteten viele verschiedene Vertreterinnen und Vertreter zusammen: aus der Forschung und der Wissenschaft, der öffentlichen Hand, aus dem Kreis der Übersetzenden und Prüfenden, aus dem Kreis der visuell Gestaltenden, aus Verbänden von Menschen mit Behinderungen sowie Menschen mit technischer Expertise und Menschen mit Lernschwierigkeiten.

Texte für alle verständlicher

Texte in Leichter Sprache informieren in einer verständlicheren Form. Sie richten sich an Menschen mit Einschränkungen beim Lesen und Verstehen. Leichte Sprache umfasst dabei Sprach- und Rechtschreibregeln sowie Empfehlungen zu Typografie und Mediengebrauch. Das heißt: Texte werden durch Leichte Sprache verständlicher – weil einfache Wörter, kurze Sätze, ein aktiver und verbaler Schreibstils, ein bestimmter Textaufbau und visuelle Gestaltung verwendet werden.

Entwickelt von der Behindertenrechtsbewegung

Entwickelt wurde die Leichte Sprache aus der Behindertenrechtsbewegung und von Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen beziehungsweise mit Lernschwierigkeiten. Die 1974 gegründete US-Organisation „People First“ entwickelte in den 1990er Jahren das Konzept des „Easy Read“. Texte, Informationen, Dokumente sollten für alle Menschen verständlich sein. Mit einfachen Wörtern, kurzen Sätzen und dem Einsatz von Bildern wurde eine Schriftsprache entwickelt, die sich zunächst an Menschen mit Lernschwierigkeiten wendete. 1997 entstand in Deutschland ein erstes Netzwerk von Menschen mit Lernschwierigkeiten. 2001 gründete sich der Verein Mensch zuerst, er gab später zwei Wörterbücher in Leichter Sprache heraus.

Nutzerkreis wird größer

Der Nutzerkreis hat sich inzwischen ausgeweitet. Die Leichte Sprache erleichtert nicht nur Menschen mit Lernschwierigkeiten das Verstehen. Von ihr profitieren auch Menschen mit funktionalem Analphabetismus, mit Aphasie (erworbene Sprachstörung), prälingualer Hörschädigung oder Demenz. Auch Menschen, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, können von Informationen in Leichter Sprache profitieren.

Quellen: DIN Media, BMAS, wikipedia, FOKUS-Sozialrecht

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Rentenwert 2025 im Bundesrat

Die noch von der alten Bundesregierung erlassene Rentenwertbestimmungsverordnung 2025 steht im nächsten Plenum am 13.6.2025 auf der Tagesordnung des Bundesrates. Diese enthält unter anderem die Bestimmung des ab dem 1. Juli 2025 geltenden Rentenwertes in der gesetzlichen Krankenversicherung sowie des allgemeinen Rentenwertes für Landwirte.

Anhebung des aktuellen Rentenwertes

Durch die Verordnung wird der aktuelle Rentenwert ab dem 1. Juli 2025 bundeseinheitlich auf 40,79 Euro festgesetzt. Dies entspricht einem Anstieg um 3,74 Prozent. Für eine Standardrente bei durchschnittlichem Verdienst und 45 Beitragsjahren bedeute die Rentenanpassung einen Anstieg um 66,15 Euro im Monat, so die Bundesregierung. Der allgemeine Rentenwert in der gesetzlichen Krankenversicherung ist der Gegenwert, der einem Rentenpunkt (oder Entgeltpunkt) entspricht. Er gibt an, wieviel monatliche Rente ein Rentner für jeden gesammelten Rentenpunkt erhält. Die Anpassung an die wirtschaftliche Situation erfolgt jährlich durch die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates.

Weitere Bestimmungen

Auch für Landwirte wird der allgemeine Rentenwert von 18,15 Euro auf 18,83 Euro erhöht. Für die gesetzliche Unfallversicherung werden der Mindest- und der Höchstbetrag des Pflegegeldes auf 462 Euro und 1838 Euro monatlich festgesetzt.

Quellen: Bundesrat

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Betreuerbestellung trotz unbekannten Aufenthalts möglich

Ein Betreuer kann auch dann bestellt werden, wenn der Aufenthaltsort der betroffenen Person unbekannt ist. Das hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom vom 9. April 2025 (XII ZB 235/24) in einem Fall bestätigt, in dem eine demenziell erkrankte Person seit Monaten verschwunden ist. Voraussetzung ist, dass der Betreuer trotz dieser Unkenntnis rechtlich im Sinne der Person handeln kann oder ein konkreter Betreuungsbedarf entstehen könnte, falls der Aufenthalt ermittelt wird oder die Person zurückkehrt. Entscheidend ist, dass das Gericht von der Betreuungsbedürftigkeit überzeugt ist.

Folgender Sachverhalt lag vor:

Der Betroffene leidet an einer kognitiven Störung mit Verdacht auf Demenz. Bereits 2018 hatte er einer anderen Person eine umfassende Generalvollmacht erteilt. Später bestellte das Amtsgericht einen professionellen Betreuer, der diese Vollmacht widerrief. Nach erneuter Prüfung ordnete das Gericht zusätzlich einen sogenannten „Einwilligungsvorbehalt“ für die Vermögenssorge an. Im Dezember 2023 verließ der Betroffene seine Wohneinrichtung, seither ist sein Aufenthaltsort unbekannt. Gegen die gerichtlichen Maßnahmen legte der Betroffene Rechtsbeschwerde ein.

So hat das Gericht entschieden:

Die Rechtsbeschwerde hatte keinen Erfolg. Der Bundesgerichtshof bestätigte die vorherigen Entscheidungen.

Betreuung ist auch bei unbekanntem Aufenthaltsort möglich

Ein Betreuer darf bestellt werden, wenn es dafür einen konkreten Bedarf gibt. Auch wenn der aktuelle Aufenthaltsort der betroffenen Person nicht bekannt ist, kann dieser Bedarf bestehen – etwa wenn der Betreuer durch rechtliche Schritte das Wohl der Person sichern kann oder absehbar ist, dass bei einer Rückkehr Betreuungsaufgaben anfallen würden (§ 1814 Abs. 3 Satz 1 BGB, § 1815 Abs. 1 Satz 3 BGB). Das Gericht muss dabei alle verfügbaren Informationen ausschöpfen (§ 26 FamFG).

Der Betreuungsbedarf war ausreichend belegt

Der Bundesgerichtshof sah den Bedarf an Betreuung für verschiedene Lebensbereiche als gut begründet an. So könne es jederzeit nötig werden, medizinische Entscheidungen zu treffen, etwa bei Gesundheitsproblemen oder einem neuen Krankenhausaufenthalt. Auch eine geeignete Wohnsituation müsse gegebenenfalls organisiert werden. Für die Vermögenssorge bestand Handlungsbedarf, weil der Betreuer versuchte, unrechtmäßig verwendetes Geld für den Betroffenen zurückzufordern. Post- und Behördenangelegenheiten konnte der Betroffene ebenfalls nicht mehr eigenständig regeln.

Einwilligungsvorbehalt war rechtlich gerechtfertigt

Der Einwilligungsvorbehalt im Bereich Vermögen war laut Gericht notwendig, weil der Betroffene in der Vergangenheit finanziell stark beeinflussbar war. Es bestand die Gefahr, dass er ohne Schutz sein Einkommen verlieren würde (§ 1825 Abs. 1 Satz 1 BGB).

Keine „Unbetreubarkeit“ trotz fehlenden Kontakts

Dass der Betroffene verschwunden ist, reichte nicht aus, um eine Betreuung als sinnlos anzusehen. Selbst ohne direkten Kontakt könne der Betreuer rechtlich im Sinne der Person handeln – etwa durch Anträge bei Sozialversicherungen oder Wohnungsorganisation. Zudem war in der Vergangenheit eine Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung nötig, was auch in Zukunft wieder der Fall sein könne.

Bundesgerichtshof vom 9. April 2025 (XII ZB 235/24)

Erneute Einrichtung einer Kontrollbetreuung möglich

Eine Kontrollbetreuung kann erneut angeordnet werden – vorausgesetzt, es gibt neue Hinweise, die eine Prüfung rechtfertigen. Das gilt besonders dann, wenn es um hohe Geldbeträge geht, die möglicherweise zu Unrecht übertragen wurden und der Bevollmächtigte zugleich derjenige ist, gegen den sich mögliche Rückforderungen richten. Der BGH entschied in seinem Beschluss vom 26. März 2025 (XII ZB 178/24), dass in einem solchen Fall ein erheblicher Interessenkonflikt vorliegt, der eine Kontrollbetreuung notwendig macht.

Sachverhalt

Die inzwischen 90-jährige Betroffene lebt seit 2019 in einem Pflegeheim und ist an Demenz erkrankt. Sie hatte 2004 ihren beiden Söhnen eine notarielle General- und Vorsorgevollmacht erteilt, jedoch die Vollmacht gegenüber dem älteren Sohn (Beteiligter zu 1) im Jahr 2015 widerrufen. Der andere Sohn (Beteiligter zu 2) blieb weiterhin bevollmächtigt.

Im Juli 2018 erhielt der Beteiligte zu 2 von der Betroffenen Geschenke in Höhe von insgesamt 900.000 Euro. Aufgrund eines Verdachts auf Missbrauch wurde 2021 eine Kontrollbetreuerin eingesetzt. Diese konnte jedoch keinen Missbrauch feststellen, woraufhin das Amtsgericht die Betreuung 2022 wieder aufhob.

Im Jahr 2022 stellte der Beteiligte zu 1 erneut einen Antrag auf Kontrollbetreuung. Er meinte, die Betroffene sei schon im Jahr 2018 geschäftsunfähig gewesen, wodurch die damaligen Schenkungen unwirksam seien. Das Amtsgericht lehnte ab, das Landgericht jedoch ordnete erneut eine Kontrollbetreuung an. Dagegen wandte sich der Beteiligte zu 2 mit einer Rechtsbeschwerde.

So hat der BGH entschieden

Die Rechtsbeschwerde hatte keinen Erfolg. Der Bundesgerichtshof bestätigte die Entscheidung des Landgerichts und sah die Anordnung der Kontrollbetreuung als rechtmäßig an.

Keine Bindung an frühere Entscheidung

Der Bundesgerichtshof stellte zunächst klar, dass die frühere Aufhebung der Kontrollbetreuung im Jahr 2022 nicht verbindlich ist. Anders als in Streitverfahren entsteht in Betreuungssachen keine „materielle Rechtskraft“. Gerichte dürfen also – gerade bei neuen Informationen – jederzeit neu prüfen, ob eine Betreuung erforderlich ist.

Betroffene kann ihre Rechte nicht mehr selbst wahrnehmen

Nach Ansicht des Gerichts ist die Betroffene aufgrund ihrer Demenzerkrankung nicht mehr in der Lage, selbst zu beurteilen, ob sie ihre Schenkungen zurückfordern möchte. Damit ist die erste Voraussetzung für eine Kontrollbetreuung nach § 1820 Abs. 3 Nr. 1 BGB erfüllt.

Konkrete Anhaltspunkte für Betreuungsbedarf

Es liegen konkrete Hinweise vor, dass der Bevollmächtigte – also der Beteiligte zu 2 – die Angelegenheiten der Betroffenen nicht im Sinne ihres mutmaßlichen Willens regelt (§ 1820 Abs. 3 Nr. 2 BGB). So ist nicht auszuschließen, dass sie bei den Schenkungen 2018 nicht geschäftsfähig war. Da der Bevollmächtigte von den Zuwendungen selbst profitiert hat, liegt ein möglicher Interessenkonflikt vor. Das rechtfertigt eine Kontrolle durch eine unabhängige Betreuerin.

Interessenkonflikt macht neutrale Prüfung erforderlich

Ein Kontrollbetreuer ist besonders dann notwendig, wenn die betroffene Person dem Bevollmächtigten gegenüber mögliche Rückforderungen durchsetzen müsste. Der Beteiligte zu 2 müsste im Grunde gegen sich selbst vorgehen, was eine neutrale Bewertung unmöglich macht. Deshalb ist eine unabhängige dritte Person nötig.

Betreuung ist verhältnismäßig

Auch die Verhältnismäßigkeit wurde geprüft. Angesichts der Höhe der Schenkungen (insgesamt 900.000 Euro) sei die Prüfung durch eine Kontrollbetreuerin im objektiven Interesse der Betroffenen. Die Betreuerin soll unter anderem Krankenakten einholen und klären, ob die Betroffene im Juli 2018 geschäftsunfähig war.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26.03.2025 – XII ZB 178/24

Änderungen beim Mutterschutz

Seit 1. Juni 2025 gibt es Verbesserungen für Frauen, die eine Frühgeburt oder eine Totgeburt erlitten haben:

Staffelung

Mutterschutzfristen nach Fehlgeburten werden künftig nach Schwangerschaftswochen (SSW) gestaffelt:

  • Ab der 13. SSW: 2 Wochen Mutterschutz
  • Ab der 17. SSW: 6 Wochen Mutterschutz
  • Ab der 20. SSW: 8 Wochen Mutterschutz

Während dieser Fristen besteht ein Beschäftigungsverbot, es sei denn, die betroffene Frau erklärt sich ausdrücklich bereit, zu arbeiten.

Information an den Arbeitgeber

Frauen müssen sich nicht mehr ärztlich krankschreiben lassen, um Anspruch auf Schutzfristen und Leistungen zu erhalten. Sie haben automatisch Anspruch auf Mutterschaftsgeld während der Schutzfrist. Allerdings müssen sie ihren Arbeitgeber über die Fehlgeburt informieren. Der Arbeitgeber kann dafür einen Nachweis verlangen.

Der bereits bestehende viermonatige Kündigungsschutz nach einer Fehlgeburt ab der 12. Schwangerschaftswoche bleibt bestehen und wird durch die neuen Mutterschutzfristen ergänzt.

Totgeburten ab 24. Woche

Bei Totgeburten ab der 24. Schwangerschaftswoche gilt weiterhin eine einheitliche Mutterschutzfrist von 14 Wochen. Ein Verzicht auf diese Schutzfrist ist frühestens ab der dritten Woche nach der Entbindung und nur mit ärztlichem Attest möglich.

Quelle: SOLEX, Zeit.de

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Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes

Das Bundeskabinett hat eine Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes beschlossen. Die Möglichkeit einer Einbürgerung bereits nach drei Jahren Aufenthalt soll entfallen.

Fünf Jahre mindestens

Bereits mit der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts 2024 war die reguläre Voraufenthaltszeit von acht auf fünf Jahre verkürzt worden. Zusätzlich ermöglichte die Reform eine Einbürgerung nach nur drei Jahren bei besonderen Integrationsleistungen. Diese Möglichkeit entfällt nun.

Zukünftig gilt für alle Antragstellenden eine Mindestaufenthaltszeit von fünf Jahren – vorausgesetzt, die weiteren gesetzlichen Voraussetzungen werden erfüllt. Dazu zählen unter anderem auskömmliche Deutschkenntnisse oder eine eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts. 

Spürbar mehr Einbürgerungen

Die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts, die im Juni letzten Jahres in Kraft trat, hatte – vor allem auch im Vorfeld, in Erwartung der Reform – spürbar zu mehr Einbürgerungen geführt. Sie verkürzte die allgemeine Mindestaufenthaltszeit von acht auf fünf Jahre und ermöglicht eine Einbürgerung bereits nach drei Jahren bei Nachweis „besonderer Integrationsleistungen“. Eine zentrale Neuerung war zudem die generelle Hinnahme von Mehrstaatigkeit, die eine langjährige Hürde für viele Antragstellende beseitigte.

Wie auch auf der Homepage des Bundesinnenministeriums nachzulesen ist, deuten erste Daten für 2024 und Anfang 2025 deuten auf einen deutlichen Anstieg der Einbürgerungsanträge und tatsächlichen Einbürgerungen hin. (Mehr Zahlen dazu beim Mediendienst-Integration) Im Jahr 2024 gab es bundesweit rund 250.000 Einbürgerungen, ein signifikanter Zuwachs gegenüber 200.095 im Jahr 2023 und 168.545 im Jahr 2022. Dieser Aufwärtstrend wird maßgeblich durch die Erwartung und Umsetzung des neuen Gesetzes getragen, insbesondere durch die Akzeptanz der doppelten Staatsbürgerschaft, die viele, insbesondere Personen türkischer Herkunft, zuvor von einer Einbürgerung abhielt.

Besondere Integrationsleistungen

Der Weg zur Einbürgerung nach drei Jahren aufgrund „besonderer Integrationsleistungen“ soll schnelle und vorbildliche Integration fördern. Die Kriterien hierfür sind anspruchsvoll und umfassen Deutschkenntnisse auf C1-Niveau, herausragende schulische, berufliche oder berufsqualifizierende Leistungen sowie bürgerschaftliches Engagement und finanzielle Eigenständigkeit. Spezifische, auf diese dreijährige Regelung bezogene Statistiken nach Inkrafttreten des Gesetzes sind aufgrund der kurzen Zeitspanne und der Datenverfügbarkeit noch nicht öffentlich zugänglich. Es wird jedoch erwartet, dass diese Bestimmung zu schnelleren Einbürgerungen eines hochintegrierten Teils der Zuwanderungsbevölkerung beitragen wird.

Fachkräfte unerwünscht?

Der paritätische Gesamtverband kritisiert in seiner Stellungnahme die Abschaffung der Einbürgerung nach 3 Jahren, weil sie sich negativ auf die Gewinnung von Fachkräften auswirken dürfte, wie selbst die Bundesregierung in der Begründung des Referentenentwurfs einräumt. Sollte das Gesetz so beschlossen werden, fordert der Paritätische eine Übergangsregelung, die es ermöglicht, bereits vor Inkrafttreten der Regelung gestellte Anträge auf Einbürgerung nach der derzeit geltenden Rechtslage zu bewilligen.

Vulnerable von der Einbürgerung weiter ausgeschlossen

Darüber hinaus weist der Paritätische darauf hin, dass die in der vorigen Reform abgeschafften Ausnahmen von der Pflicht zur Sicherung des Lebensunterhalts wiederhergestellt werden sollten. Ohne solche Ausnahmen würden auch weiterhin Menschen mit einer chronischen Erkrankung oder Behinderung und ihre pflegenden Angehörigen, aber auch ältere Menschen sowie Alleinerziehenden dauerhaft von der Möglichkeit einer Einbürgerung ausgeschlossen. (siehe auch hier)

Quellen: Bundeskabinett, FOKUS-Sozialrecht, Bundesinnenministerium, Mediendienst-Integration

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Rechtzeitige Information des Energieversorgers bei Umzug

Ab 6. Juni 2025 wird der sogenannte 24-Stunden-Lieferantenwechsel eingeführt. Ziel ist es, Stromanbieterwechsel künftig innerhalb eines Werktages technisch umsetzen zu können. Diese Neuerung dient der Beschleunigung der Abläufe und soll den Wettbewerb auf dem Strommarkt fördern. Diese Verbesserung hat aber auch einen Haken: Rückwirkende An- und Abmeldungen sind dann nicht mehr möglich. Gerade bei Umzügen kann dies zur Herausforderung werden.

Keine rückwirkenden Meldungen mehr möglich

Künftig sind Stromverträge ausschließlich mit Wirkung für die Zukunft an- oder abzumelden. Die bisher übliche Möglichkeit, Änderungen bis zu sechs Wochen rückwirkend vorzunehmen, entfällt ersatzlos.

Bei Ein- oder Auszügen ist damit eine rechtzeitige Planung zwingend erforderlich. Der Energieversorger sollte frühzeitig – idealerweise 14 Tage vor dem geplanten Wohnungswechsel – informiert werden. Durch pünktliche Abmeldung kann verhindert werden, dass weiter Stromkosten für leerstehende oder bereits verlassene Wohnungen entstehen.

MaLo-ID wird Pflichtangabe

Eine weitere zentrale Änderung betrifft die Identifikation der Verbrauchsstelle. Ab dem 6. Juni 2025 ist die Angabe der Marktlokations-Identifikationsnummer (MaLo-ID) bei jeder An-, Ab- oder Ummeldung verpflichtend. Diese ersetzt die bisher übliche Zählernummer als primäres Identifikationsmerkmal.

Die MaLo-ID ist in der Regel auf der letzten Stromrechnung oder im Kundenportal des Versorgers zu finden. Rechtliche Betreuer sollten diese Information im Rahmen der Aktenführung griffbereit halten und auf ihre Richtigkeit prüfen, denn ohne sie ist eine An- oder Abmeldung künftig nicht mehr möglich.

„Verbaler Beitrag zur Spaltung der Gesellschaft“

So bezeichnet eine Kommentatorin der Tagesschau heute, am 28. Mai 2025, das Pressestatement von Innenminister Dobrindt zu dem gerade erfolgten Kabinettsbeschluss zur Aussetzung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten. Die Bundesregierung habe, so Dobrindt, Entscheidungen getroffen zur Reduzierung der illegalen Migration. Dabei verdeutlicht der Tagesschau-Kommentar, dass gerade der Familiennachzug eine der wenigen kontrollierten Instrumente regulärer Migration ist, die Deutschland hat.

Inhalt der geplanten Gesetzesänderung

Zunächst soll künftig im Aufenthaltsgesetz nicht nur die Steuerung, sondern auch die Begrenzung der Zuwanderung als gesetzliches Ziel genannt werden. Diese Ergänzung soll in der Praxis dazu beitragen, migrationspolitische Entscheidungen stärker an den Belastungsgrenzen von Staat, Gesellschaft und Integrationssystemen auszurichten.

Ebenfalls beschlossen wurde eine vorübergehende Aussetzung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten für zwei Jahre. Damit soll eine Überlastung von Aufnahmeeinrichtungen und Integrationsangeboten vermieden werden – insbesondere in den Ländern und Kommunen. Härtefallregelungen bleiben selbstverständlich bestehen, um besondere individuelle Lebenslagen weiterhin zu berücksichtigen.

Was bedeutet subsidiärer Schutz?

Subsidiären Schutz erhalten Menschen, denen weder Asyl noch Flüchtlingsschutz gewährt werden kann, die aber in ihrem Herkunftsland ernsthafter Gefahr für Leib oder Leben ausgesetzt wären – etwa durch Folter oder die Todesstrafe (§ 4 Asylgesetz).

Kritik schon im Vorfeld

Die beiden großen christlichen Kirchen in Deutschland wenden sich gegen den Plan den Familiennachzug von vielen Geflüchteten auszusetzen. In der Folge müssten Bürgerkriegsflüchtlinge längere Zeit getrennt von ihren engsten Familienmitgliedern leben. Das sei ethisch überaus fragwürdig und wirke sich auch negativ auf die Integration aus. Das Grundgesetz stelle die Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung.

Stellungnahme des Paritätischen

Der Paritätische Gesamtverband fasste die Kritik in einer Stellungnahme zusammen:

  • Das Vorhaben verstößt gegen das grund- und menschenrechtlich garantierte Recht auf Wahrung der Familieneinheit (Art. 8 EMRK, Art. 3, 10 UN-KRK, Art. 7, 24 Abs. 2 GRCh und Art. 6 GG) der Betroffenen, die in der Regel schon seit Jahren auf ein Visum zum Familiennachzug warten.
  • Sichere Zugangswege, wie der Familiennachzug, sind die einzigen Einreisemöglichkeiten für Schutzsuchende, insbesondere für Frauen und Kinder, bei denen sie sich nicht auf lebensgefährliche Wege begeben müssen.
  • Die Aussetzung entlastet weder Gerichte noch Behörden, sondern führt zu erheblicher Mehrbelastung durch unzählige Eilverfahren und Verfahren zur Aufnahme im Einzelfall gemäß §§ 22, 23 AufenthG.
  • Eine dauerhafte Trennung von der Familie schadet der Integration derjenigen, die bereits hier leben und perspektivisch auch bleiben werden.

Rechtliche Bedenken

Schon als im Januar die CDU scheiterte, mit Hilfe der AFD das „Zustrombegrenzungsgesetz“ durchzusetzen, in dem ebenfalls die Aussetzung des Familiennachzugs festgeschrieben war, schrieben Expertinnen im Verfassungsblog über das rechtlich dünne Eis, auf dem sich ein solcher Vorstoß bewegt, und darüber ob eine solche Regelung tatsächlich im öffentlichen Interesse sei. Denn: Familiennachzug erleichtert Integration, wirkt  gewaltpräventiv und dem demographischen Wandel entgegen. Das öffentliche Interesse an einer erneuten Aussetzung ist daher als marginal zu bewerten; das öffentliche Interesse und das Interesse der betroffenen Familien an einer Aufrechterhaltung und Ausweitung des Familiennachzugs überwiegen deutlich.

Behörden besser austatten

Im Kommentar der Tagesschau schreibt Bianca Schwarz dazu: „Dobrindt begründet die Maßnahme auch mit der Überlastung der Behörden. Gegenvorschlag: Warum nicht endlich etwas tun gegen die Überlastung der Behörden? Warum die Ausländerbehörden nicht nach zehn Jahren Debatte endlich mal mit mehr Personal ausstatten?“

Quellen: Bundeskabinett, Tagesschau, Paritätischer Gesamtverbvand, dejure, Verfassungsblog, wikipedia, gesetze-im-internet.de

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Bundesrat zu „Zwei-Mütter-Familien“

Mit einer am 23. Mai 2025 gefassten Entschließung ruft der Bundesrat die Bundesregierung dazu auf, das Abstammungsrecht bei Zwei-Mütter-Familien zu ändern. Die Initiative dazu geht von Rheinland-Pfalz, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen aus.

Entschließung

In der Entschließung stellt der Bundesrat fest, dass trotz der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare im Jahr 2017 eine Gleichstellung von Regenbogenfamilien im Abstammungsrecht nicht erreicht ist. Zwei-Mütter-Familien müssen aktuell noch immer den Weg der Stiefkindadoption beschreiten, damit das in die Familie geborene Kind zwei rechtliche Eltern hat. Bei Elternpaaren mit einem Mann und einer Frau wird hingegen durch das Abstammungsrecht als zweites Elternteil automatisch der Mann zugeordnet, welcher mit der gebärenden Mutter verheiratet ist oder die Elternschaft anerkennt.

Kindeswohl und Grundrechte

Gefordert wird die Abschaffung der Ungleichbehandlung zwischen Ehepaaren bzw. Partnerschaften mit einem Mann und einer Frau und Ehepaaren bzw. Partnerschaften zweier Frauen in Bezug auf die Erlangung der Elternstellung. Im Sinne des Kindeswohls und der Wahrung der Grundrechte, so der Bundesrat, muss es allen Kindern ermöglicht werden, unmittelbar nach ihrer Geburt zwei rechtliche Eltern zu haben.

Begründung

Nach der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare im Jahr 2017 wurde
das Abstammungsrecht nicht geändert, so die Begründung der Bundesrat-Entschließung. Bei Frauenpaaren mit Kinderwunsch führen die Definitionen von Elternschaft im Abstammungsrecht faktisch zu einer Exklusion der nicht-gebärenden Frau. Diese kann zur Erlangung der Elternschaft nur den Weg der Stiefkindadoption gehen, welcher für die Familie zum Zeitpunkt der Geburt eines Kindes nicht nur eine Belastung, sondern auch eine Phase der rechtlichen Unsicherheit bedeutet.

Weitere Reformvorhaben

Um für Zwei-Mütter-Familien auf schnellstem Wege die dringend gebotenen
Erleichterungen zu erreichen und ihre Diskriminierung zu beenden, fokussiert
sich diese Entschließung ausschließlich auf die genannte Zielgruppe. Weitere
Reformvorhaben, welche der Vielfalt an Familienkonstellationen in Deutschland Rechnung tragen, wie z.B. rechtliche Grundlagen für Konstellationen der
Mehrelternschaft in Regenbogen- oder Patchworkfamilien oder die Regelung
von Elternschaft von trans*- oder nicht-binären Personen, bleiben davon unbenommen.

Bundesregierung am Zug

Die Entschließung wird der Bundesregierung zugeleitet, die sich damit auseinandersetzen kann. Ob und wann sie dies tun muss, ist gesetzlich nicht geregelt.

Quelle: Bundesrat

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