Wohngelderhöhung 2025

Nach § 43 Absatz 1 des Wohngeldgesetzes (WoGG) sind zum 1. Januar 2025 die Höchstbeträge für Miete und Belastung (Anlage 1 zu § 12 Absatz 1 WoGG) und die Parameterwerte der Wohngeldformel nach § 19 WoGG fortzuschreiben. Eine regelmäßige Fortschreibung des Wohngeldes ist erforderlich, damit dessen Leistungsfähigkeit als sozialpolitisches Instrument der Wohnungspolitik erhalten und die mit der Wohngeldreform zum 1. Januar 2023 erreichte Entlastungswirkung bestehen bleibt. Eine regelmäßige Fortschreibung des Wohngeldes gewährleistet zudem, dass die Reichweite des Wohngeldes mit Blick auf den Kreis der Anspruchsberechtigten erhalten bleibt, da das systematische „Herauswachsen“ aus dem Wohngeld reduziert sowie der Wechsel zu den Leistungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) begrenzt wird.

15 Prozent mehr

Die Fortschreibung des Wohngeldes führt im Jahr 2025 für die bestehenden Wohngeldhaushalte zu einer durchschnittlichen Erhöhung des Wohngeldes um rund 30 Euro pro Monat (+15 Prozent). Für die bestehenden Wohngeldhaushalte wird mit der Fortschreibung sichergestellt, dass das nach Wohnkosten verbleibende verfügbare Einkommen der Wohngeldhaushalte dieselbe reale Kaufkraft besitzt wie zum Zeitpunkt der Wohngeld-Plus-Reform zum 1. Januar 2023.

Wer profitiert?

Von der Wohngelderhöhung profitieren laut diesen Simulationsrechnungen im Jahr 2025 rund 1,9 Millionen Haushalte. Darunter sind rund 255 000 Haushalte, die durch die Fortschreibung des Wohngeldes erstmals oder wieder einen Wohngeldanspruch erhalten.

Insgesamt profitieren drei Gruppen von der Wohngelderhöhung durch die Fortschreibung des Wohngeldes:

  • Die bisherigen Wohngeldhaushalte, die im Jahr 2025 auch ohne Anpassung Wohngeld bezogen hätten: Im Jahr 2025 sind das nach den Simulationsrechnungen des IW rund 1,6 Millionen Haushalte.
  • So genannte Hereinwachserhaushalte, deren Einkommen bislang die Grenzen für einen Wohngeldanspruch überschritten haben und die aufgrund der Fortschreibung des Wohngeldes 2025 erstmals oder wieder mit Wohngeld bei den Wohnkosten entlastet werden. Im Jahr 2025 sind das nach den Simulationsrechnungen des IW voraussichtlich rund 190 000 Haushalte.
  • So genannte Wechslerhaushalte, die zuvor Leistungen nach dem SGB II oder nach dem SGB XII bezogen haben. Im Jahr 2025 werden nach den Simulationsrechnungen des IW voraussichtlich rund 65 000 Haushalte aus dem SGB II oder aus dem SGB XII in das Wohngeld wechseln.

Quellen: Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, FOKUS-Sozialrecht

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Leistungsbeträge in der sozialen Pflegeversicherung 2025

Nach § 30 SGB XI steigen Beträge für die Leistungen der Pflegeversicherung zum 1. Januar 2025 um 4,5 Prozent. Es geht um alleim Vierten Kapitel SGB XI aufgeführten Leistungen. Das Bundesgesundheitsministerium hat die Beträge nun vorab veröffentlicht. Die vorgesehene formale Bekanntmachung im Bundesanzeiger erfolge in Kürze.

Pflegesachleistung

(§ 36 Absatz 3 SGB XI)

bis 31.12.2024ab 01.01.2025
Pflegegrad 10 €0 €
Pflegegrad 2761 €796 €
Pflegegrad 31.432 €1.497 €
Pflegegrad 41.778 €1.859 €
Pflegegrad 52.200 €2.299 €

Pflegegeld für selbst beschaffte Pflegehilfen

(§ 37 Absatz 1 Satz 3 SGB XI)

bis 31.12.2024ab 01.01.2025
Pflegegrad 10 €0 €
Pflegegrad 2332 €347 €
Pflegegrad 3573 €599 €
Pflegegrad 4765 €800 €
Pflegegrad 5947 €990 €

Tagespflege und Nachtpflege

(§ 41 Absatz 2 Satz 2 SGB XI)

bis 31.12.2024ab 01.01.2025
Pflegegrad 10 €0 €
Pflegegrad 2689 €721 €
Pflegegrad 31.298 €1.357 €
Pflegegrad 41.612 €1.685 €
Pflegegrad 51.995 €2.085 €

Vollstationäre Pflege

(§ 43 Absatz 2 Satz 2 und Absatz 3 SGB XI)

bis 31.12.2024ab 01.01.2025
Pflegegrad 1125 €131 €
Pflegegrad 2770 €805 €
Pflegegrad 31.262 €1.319 €
Pflegegrad 41.775 €1.855 €
Pflegegrad 52.005 €2.096 €

Für alle Pflegegrade erhöhen sich jeweils folgende Leistungen:

  • Zusätzliche Leistungen für Pflegebedürftige in ambulant betreuten Wohngruppen (§ 38a Absatz 1 Satz 1 SGB XI) – von 214 € auf 224 €.
  • Zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel (§ 40 Absatz 2 Satz 1 SGB XI) – von 40 € auf 42 €.
  • Leistungsanspruch beim Einsatz digitaler Pflegeanwendungen (§ 40b Absatz 1 SGB XI) – von 50 € auf 53 €.
  • Entlastungsbetrag (§ 45b Absatz 1 Satz 1 SGB XI) – von 125 € auf 131 €.
  • Berechnung und Zahlung des Heimentgelts gemäß § 87a Absatz 4 Satz 1 SGB XI (Betrag bei Rückstufung des Pflegebedürftigen) von 2.952 € auf 3.085 €.
  • Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen (§ 40 Absatz 4 Satz 2 bis 4 SGB XI) – von 4.000 € auf 4.180 €. Maximaler Gesamtbetrag je Maßnahme zur Verbesserung des gemeinsamen Wohnumfeldes – von 16.000 € auf 16.720 €.
  • Anschubfinanzierung zur Gründung von ambulant betreuten Wohngruppen (§ 45e
    Absatz 1 Satz 1 und 2 SGB XI) – 2.500 € auf 2.613 €. Maximaler Gesamtbetrag je Wohngruppe – von 10.000 € auf 10.452 €.

Für Pflegegrade 2 bis 5 erhöhen sich jeweils folgende Leistungen:

  • Häusliche Pflege bei Verhinderung der Pflegeperson (§ 39 Absatz 1 Satz 3 SGB XI) – von 1.612 € auf 1.685 €.
  • Kurzzeitpflege, Leistungsbetrag gemäß § 42 Absatz 2 Satz 2 SGB XI – von 1.774 € auf 1.854 €.

Leistungsbetrags – Übertragung

Häusliche Pflege bei Verhinderung der Pflegeperson, Leistungsbetrags – Übertragungsmöglichkeit gemäß § 39 Absatz 2 SGB XI. Der Leistungsbetrag kann um bis zu 843 € (2024: 806 €) aus noch nicht in Anspruch genommenen Mitteln der Kurzzeitpflege auf insgesamt bis zu 2.528 € im Kalenderjahr erhöht werden. (2024: 2.418 €)

Quelle: BMG

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Mindestvergütung für Azubis ab 2025

Das Gesetz zur Modernisierung und Stärkung der beruflichen Bildung sieht seit 1.1.2020 in § 17 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) eine Mindestausbildungsvergütung vor. Das Gesetz sieht keine Differenzierung zwischen betrieblicher und außerbetrieblicher Berufsausbildung vor. Die Mindestausbildungsvergütung gilt danach grundsätzlich auch für außerbetriebliche Berufsausbildungen.

Nur außerhalb der Tarifbindung

Die Regelung gilt nur für Ausbildungsverträge, die außerhalb der Tarifbindung liegen. Sie gilt nicht für Berufe, die über das jeweilige Landesrecht geregelt sind, zum Beispiel Erzieher, und ebenso wenig für die reglementierten Berufe im Gesundheitswesen, zum Beispiel Physiotherapeut, Logopäde oder Ergotherapeut.

Höhe und Anpassung

Die Höhe der Mindestvergütung wird zum 1. Januar eines jeden Jahres fortgeschrieben. Die Fortschreibung entspricht dem rechnerischen Mittel der jährlichen Bundesstatistik über die bei Vertragsabschluss vereinbarte Vergütung für jedes Ausbildungsjahr im Vergleich der beiden dem Jahr der Bekanntgabe vorausgegangenen Kalenderjahre.

Bekanntmachung

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung gibt jeweils spätestens bis zum 1. November eines jeden Kalenderjahres die Höhe der Mindestvergütung, die für das folgende Kalenderjahr maßgebend ist, im Bundesgesetzblatt bekannt. Für das Jahr 2025 erschien die Bekanntmachung am 14.10.2024 im Bundesgesetzblatt.

Mindestvergütung 2025

Die Mindestvergütung für Auszubildende beträgt demnach ab 1. Januar 2025:

  • im ersten Ausbildungsjahr 682 Euro (2024: 649 Euro)
  • im zweiten Ausbildungsjahr 805 Euro (2024: 766 Euro)
  • im dritten Ausbildungsjahr 921 Euro (2024: 876 Euro)
  • im vierten Ausbildungsjahr 955 Euro (2024: 909 Euro).

Quellen: Bundesministerium für Bildung und Forschung, Bundesgesetzblatt, FOKUS-Sozialrecht

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Ampel-Pläne, was bleibt, was nicht?

Nach dem Aus der Ampelkoalition werden einige Gesetzespläne, über die wir hier berichtet haben, erst mal auf Eis gelegt. Eine neue Regierung muss sich wieder neu darum kümmern, wenn sie das denn will. Hier ein Überblick über den Stand der Dinge bei den Vorhaben, die sozialrechtliche Relevanz haben.

Kindergrundsicherung

Mit der Kindergrundsicherung sollte ursprünglich nicht nur das Leistungsniveau erhöht, sondern auch mehr Familien und ihre Kinder mit Unterstützungsbedarf erreicht werden. Bisherige finanzielle Förderungen wie das Kindergeld, die Leistungen für Kinder und Jugendliche nach dem SGB II/XII, dem Asylbewerberleistungsgesetz, den Kinderzuschlag und Teile des Bildungs- und Teilhabepaketes sollten in einer Leistung gebündelt, die aus zwei Bestandteilen bestehen wird, dem für alle Kinder und Jugendlichen zu zahlenden Garantiebetrag sowie ergänzend einem einkommensabhängigen Zusatzbetrag. Die Schnittstellen zu Unterhaltsleistungen und Unterhaltsvorschuss, Wohngeld und BAföG sollen möglichst reibungsslos geregelt werden. Die Kindergrundsicherung soll einfach und unbürokratisch sein, das Antragsverfahren digitalisiert und weitgehend automatisiert.

Familienzeit

Umsetzungsversuch einer EU-Richtlinie, gescheitert an der Finanzierung. Kernpunkt sollte ein zweiwöchiger Sonderurlaub nach einer Geburt sein, parallel zum Mutterschaftsurlaub. Zehn Arbeitstage sollten Partnerinnen oder Partner der Mutter künftig nach der Geburt freigestellt werden. Alleinerziehende hätten eine Person aus ihrem Bekanntenkreis benennen können, der der Anspruch auf den Sonderurlaub dann zugesprochen wird.

Rente

Die Reform der privaten Altersvorsorge (pAV-Reformgesetz) ist erst mal gescheitert, das war ein Projekt von Ex-Finanzminister Lindner. Damit sollte es möglich sein, mit Steuerförderung in ETFs ( börsengehandelte Fonds) zu investieren. Dagegen hofft der Bundesarbeitsminister darauf, dass sein Rentenpaket 2 die parlamentarischen Hürden noch vor den Neuwahlen schafft. Die Chancen stehen allerdings nicht gut. In dem Rentenpaket 2 geht es vor allem um die Stabilisierung des Rentenniveaus und um die Einführung des „Generationenkapitals“ (Aktienrente). 

Krankenhausreform

Die Krankenhausreform sollte eigentlich am 22.11.24 abschließend im Bundesrat beschlossen werden. Noch ist aber nicht entschieden, ob der Bundesrat nicht doch den Vermittlungsausschuss anruft und die Reform damit auch erstmal blockiert.

Kindergeld, Kinderfreibetrag, Kindersofortzuschlag

Die jeweiligen Anpassungen stecken im „Steuerfortentwicklungsgesetz„. Dieses Gesetz möchte die Bundesregierung dringend noch verabschieden. Eigentlich dürfte das kein Problem sein, denn auch FDP und CDU/CSU haben keine Einwände. Allerdings umfasst das Gesetz noch weitere Punkte, ist insgesamt ziemlich umfangreich und muss auch noch durch den Bundesrat. Das könnte zu Verzögerungen führen. Im Zweifel würden die neuen Beträge aber auch rückwirkend gelten.

Rechengrößen in der Sozialversicherung

Auf die neuen Beitragsbemessungsgrenzen und die Bezugsgröße in der Sozialversicherung hat sich die Ampel am Mittwoch, wenige Stunden vor ihrem Aus, noch geeinigt. Dadurch zahlen Gutverdienende mehr Sozialabgaben. Es gibt ab 1. Januar 2025 keine Unterschiede mehr zwischen „neuen“ und „alten“ Bundesländern. Nur der Bundesrat muss am 22. November noch zustimmen.

SGB III und SGB II – Sanktionen

Die SGB II und SGB III Änderungen im Rahmen der „Wachstumsinitiative“ werden nun nicht mehr verabschiedet werden. Das heißt die Regelungen zu den Verschärfungen im Sanktionsrecht, zu monatlichen Meldeterminen, höhere zumutbare Pendelzeiten werden erst einmal nicht kommen.

Quellen: Bundestag, FOKUS-Sozialrecht, ZEIT, Tagesschau, Frankfurter Rundschau

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Kostenloses Mittagessen in Schulen

Eine dringende Empfehlung des Bürgerrats an die Politiker war die Einführung eines kostenlosen Mittagessens an Schulen und Kitas. Damit solle eine gesunde Ernährung von Kindern gefördert und einer Mangelernährung entgegengewirkt werden. Außerdem solle es die Chancengleichheit zwischen den Kindern fördern und Eltern bei der täglichen Bereitstellung des Essens für ihre Kinder entlasten.

Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste

Rechtliche und finanzielle Maßnahmen für die Einführung eines kostenfreien Mittagessens in Kitas und Schulen für Kinder und Jugendliche hat der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft am 6.11.2024 diskutiert. Das Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages zur „Gesetzgebungskompetenz für kostenfreies Kita- und Schulessen“ (WD 3 – 079/24) kommt zu dem Ergebnis, dass eine direkte und zweckgebundene Finanzierung der Bereitstellung kostenfreier Mittagessen an Kitas und Schulen aus dem Bundeshaushalt nach den vorstehenden Ausführungen eine Änderung des Grundgesetzes (GG) erforderlich machen würde.

Finanzhilfen des Bundes an die Länder

Außerdem ließe sich in Erwägung ziehen, die Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer zugunsten der Länder zu verändern, um diesen über die Steuerverteilung einen finanziellen Ausgleich für die Bereitstellung der Mittagessen an Kitas und Schulen zu gewähren. Gemäß Artikel 106 Absatz 3 Satz 3 GG werden die Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, festgesetzt. Bei dem in Bezug genommenen Bundesgesetz handele es sich um das Finanzausgleichsgesetz. Einfacher sei es jedoch, dass der Bund den Ländern für Baumaßnahmen im Bereich von Schulküchen und Schulmensen nach bestehender Rechtslage unter den Voraussetzungen des Artikels 104c GG Finanzhilfen gewähre.

Positionen der Parteien

  • Die Gruppe Die Linke verdeutlichte, wie wichtig die Umsetzung der Forderung des Bürgerrates sei. Es gebe seit Jahren Forderungen nach gesunder Ernährung und nach Bildungsangeboten, wie gesundes Essen zubereitet werden kann. Beide Aspekte würden erfüllt, wenn in Deutschland in Kitas und Schulen ein kostenloses Mittagessen angeboten werden würde. Ein schwieriger Begründungsaufwand könne nicht als Argument gelten, ein solches Vorhaben nicht umzusetzen.
  • Die FDP-Fraktion sprach sich für einen anderen Ansatz aus. Die Vertreterin betonte, dass die Verpflegung in Kitas und Schulen die Aufgabe der Länder und der Kommunen sei. Der Bund unterstütze bereits jetzt mit Bildungs- und Teilhabeangeboten. Einige Bundesländer hätten bereits Erfahrungen mit der Ausgabe von kostenlosem Mittagessen, in Berlin würden beispielsweise 30 Prozent der Gratis-Mittagessen weggeworfen, das sei kein erstrebenswertes Ziel.
  • Der Redner der AfD-Fraktion verwies auf das grundlegende Problem, das der Bürgerrat Ernährung am Ende seiner Arbeit habe. Das Thema Schulessen sei Ländersache, und das hätte vor Arbeitsaufnahme des Bürgerrates offen kommuniziert werden müssen. Die Wissenschaftlichen Dienste hätten nun zwei Möglichkeiten aufgetan, wie das kostenlose Mittagessen an Schulen und Kitas nun doch noch umgesetzt werden könne, jedoch sei es nicht vertretbar, dass alle Kinder, egal, aus welchen Elternhäusern sie kommen, kostenlose Mittagessen erhalten sollten. Das würde die Haushalte der öffentlichen Hand noch weiter belasten.
  • Dem widersprach die Vertreterin der SPD-Fraktion. Seit Jahren gebe es den Trend, dass immer mehr Kinder in der Gemeinschaftsverpflegung essen. Ab dem Jahr 2026 komme noch die verpflichtende Ganztagsschule hinzu. Es sei zudem erwiesen, dass ein gesundes Mittagessen die Lernleistungen und das Gemeinschaftsleben an Schulen positiv beeinflusse, aus diesem Grund sollten Wege gefunden werden, die es den Schulen und Kitas ermöglichen, Mittagessen kostenlos abzugeben.
  • Die CDU/CSU-Fraktion sprach sich dafür aus, auszuloten, was nötig und möglich ist, um Baumaßnahmen im Bereich von Schulküchen und Schulmensen umzusetzen und gesundes Schulessen möglich zu machen. Ein mögliches Programm sollte nachhaltig und verlässlich finanziert sein.
  • Eine Vertreterin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gab zu bedenken, dass die Kosten für ein kostenloses Mittagessen sehr viel geringer ausfallen dürften als die Kosten, die durch ernährungsbedingte Erkrankungen anfallen. Alleine die Krankenkassen würden dafür jährlich 30 Milliarden Euro ausgeben, der volkswirtschaftliche Schaden belaufe sich gar auf 63 Milliarden Euro jährlich. Eine gute Kita- und Schulverpflegung sei auch deshalb notwendig, weil Bildung einer der wenigen Rohstoffe sei, über die dieses Land verfüge.

Quellen: Bundestag, FOKUS-Sozialrecht, Deutsches Netzwerk für Schulverpflegung e.V.

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15. Existenzminimumbericht

Die Bundesregierung hat dem Bundestag am 5. November 2024 den Bericht über die Höhe des steuerfrei zu stellenden Existenzminimums von Erwachsenen und Kindern für das Jahr 2026 (15. Existenzminimumbericht) als Unterrichtung zugeleitet.

Entsprechend dem Beschluss des Deutschen Bundestags vom 2. Juni 1995 legt die Bundesregierung alle zwei Jahre einen Bericht über die Höhe des von der Einkommensteuer freizustellenden Existenzminimums von Erwachsenen und Kindern vor. Der Existenzminimumbericht ist dabei prognostisch angelegt.

Rechtliche Grundlage

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 87, 153 [169]) muss dem Steuerpflichtigen nach Erfüllung seiner Einkommensteuerschuld von seinem Erworbenen zumindest so viel verbleiben, wie er zur Bestreitung seines notwendigen Lebensunterhalts und – unter Berücksichtigung von Artikel 6 Absatz 1 des Grundgesetzes (GG) – desjenigen seiner Familie bedarf (Existenzminimum).

Diese Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts gelten sinngemäß auch für die Ermittlung des sächlichen Existenzminimums (Sachbedarf) eines Kindes.

Steuerfortentwicklungsgesetz

Der 15. Existenzminimumbericht beziffert das sächliche Existenzminimum für Alleinstehende im Jahr 2025 auf 11.940 Euro pro Jahr und 2026 auf 12.096 Euro pro Jahr. Derzeit liegt der steuerliche Freibetrag mit 11.604 noch darunter. Das im parlamentarischen Verfahren steckende Steuerfortentwicklungsgesetz sieht indes vor, den Grundfreibetrag 2025 auf 12.084 Euro und 2026 auf 12.336 Euro zu erhöhen. Der Kinderfreibetrag soll 2025 auf 6.672 Euro und 2026 auf 6.828 Euro steigen. Derzeit liegt er bei 6.384 Euro. Der Bericht beziffert das sächliche Existenzminimum für Kinder auf 6.648 Euro für 2025 und 6.696 Euro für 2026.

Das Steuerfortentwicklungsgesetz ist allerdings noch im parlamentarischen Verfahren. Es gibt dazu auch noch keine abschließende Beschlussempfehlung des Finanzausschusses. Es steht dort in dieser Woche auch nicht auf der Tagesordnung. 

Überblick des Existenzminimumberichts

Alleinst.Alleinst.EhepaareKinderKinder
Jahr20252026202620252026
Regelsatz6.7566.75612.1444.7644.764
Bildung und Teilhabe348348
Kosten der Unterkunft4.0924.2126.3241.2361.272
Heizkosten1.0921.1281.524300312
sächliches Existenzminimum11.94012.09619.9926.648*6.696*

* dazu kommt jeweils der Freibetrag für den Ausbildungsbedarf in Höhe von 2.928 Euro.

Rückwirkende Erhöhung 2024

Der Grundfreibetrag für Alleinstehende aus § 32a EStG und der Freibetrag für das sächliche Existenzminimum eines Kindes aus § 32 EStG sollen rückwirkend für 2024 auf 11 784 Euro (Grundfreibetrag) und auf 6 612 Euro (Kinderfreibetrag) erhöht werden. (siehe FOKUS-Sozialrecht vom 16. August 2024).

Quellen: Bundestag, FOKUS Sozialrecht

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Stärkung der Herzgesundheit

Der Bundestag berät am 6.11.2024 den Gesetzentwurf „zur Stärkung der Herzgesundheit“ (Gesundes-Herz-Gesetz – GHG). Damit sollen Früherkennung und Versorgung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbessert werden. Beraten wird auch ein Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel “Primärprävention stärken – Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung erhalten“

Gesetzentwurf der Bundesregierung

Die Regelung soll laut Regierung zur Senkung der Krankheitslast durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen und zur Stärkung der Herz-Kreislauf-Gesundheit beitragen. Die im westeuropäischen Vergleich geringere Lebenserwartung in Deutschland werde insbesondere auf die kardiovaskuläre Sterblichkeit zurückgeführt, heißt es in der Vorlage. Herz-Kreislauf-Erkrankungen seien hierzulande die häufigste Todesursache, die 2021 ein Drittel aller Todesfälle umfasst habe. Mit rund 57 Milliarden Euro hätten Krankheiten des Kreislaufsystems 2020 die höchsten Kosten für das Gesundheitssystem verursacht.

Die vorgesehenen Leistungen zur Früherkennung von Krankheiten sollen neben die Förderung einer gesunden Ernährung und mehr Bewegung treten. Konkret geplant ist die Verbesserung der Früherkennung bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen.

Erweiterte Leistungen zur Früherkennung

Daher wird ein gesetzlicher Anspruch auf erweiterte Leistungen zur Früherkennung einer Fettstoffwechselerkrankung im Rahmen der Untersuchungen für Kinder und Jugendliche (U/J) vorgesehen. Es wird festgelegt, dass die Krankenkassen zur Teilnahme an der Jugendgesundheitsuntersuchung J1 einladen.

Für Erwachsene im Alter von 25, 40 und 50 Jahren sind in Ergänzung der bestehenden Gesundheitsuntersuchung (GU) sogenannte Check-ups im Bereich der Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorgesehen. Um die Teilnahme an der erweiterten GU zu fördern, sollen die Krankenkassen dazu einladen. Versicherte erhalten zudem Gutscheine für eine erweiterte Beratung mit Messungen zu Risikofaktoren, etwa Diabetes, in Apotheken.

Krankenkassen sollen außerdem dazu verpflichtet werden, ihren Versicherten sogenannte strukturierte Behandlungsprogramme (Disease-Management-Programm DMP) anzubieten. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) soll Anforderungen an ein neues DMP für Versicherte mit hohem Risiko für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung beschließen. 

Antrag der Union

Die Unionsfraktion fordert eine Stärkung der Primärprävention, um schwere Erkrankungen möglichst zu vermeiden. Das Risiko für eine koronare Herzerkrankung oder einen Herzinfarkt sowie andere Erkrankungen könne durch einen gesunden Lebensstil erheblich verringert werden, heißt es in ihrem Antrag.

Wer sich regelmäßig bewege, auf ein Körpergewicht im Normalbereich achte, nicht rauche und wenig Alkohol trinke, trage wesentlich zur effektiven Vorbeugung bei, schreiben die Abgeordneten. Die Stärkung der Primärprävention sei daher unverzichtbar, um Krankheiten zu vermeiden und gleichzeitig das Gesundheitssystem zu stärken. 

Kritik am „Gesundes-Herz-Gesetz“

Nicht geboten sei die Einführung von unbegründeten bevölkerungsweiten Screening-Programmen, heißt es in dem Antrag in Anspielung auf das Gesundes-Herz-Gesetz der Bundesregierung. Fachverbände befürchten einen Anstieg der Medikalisierung innerhalb großer Bevölkerungsgruppen, der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), die „Verabschiedung vom Leitgedanken der Prävention“. Dazu gibt es eine ausführliche Stellungnahme des Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA). Den Stand der Diskussion Ende August beschreibt das Ärzteblatt.

Gesundheitsbildung in Schulen

Die Abgeordneten fordern in ihrem Antrag, eine gezielte Förderung von Vorsorge- und Früherkennungsuntersuchungen etwa bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen sicherzustellen. Es müssten Vorhaben unterlassen werden, die den Trend hin zu einer stärkeren Medikalisierung verstärken. Ferner sollte sich die Bundesregierung mit den Ländern dafür einzusetzen, Schulgesundheitsfachkräfte zu etablieren und verpflichtende Einheiten zur Gesundheitsbildung in Schulen einzuführen, die gesunde Ernährung und regelmäßige Bewegung in den Lehrplan integrieren.

Unterstützung durch Kardiologen

Eine überwiegend positive Beurteilung des Gesetzesvorhaben veröffentlichte die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung (DGK) im Juli 2024.

Weiterberatung in den Ausschüssen

Sowohl der Gesetzentwurf als auch der Oppositionsantrag wird nach der Bundestagsdebatte in den Ausschüssen weiterberaten. Dabei soll jeweils der Gesundheitsausschuss die Federführung übernehmen.

Quellen: Bundestag, G-BA, DKG, aerzteblatt.de

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Einsetzen der Sozialhilfe

Sozialhilfe muss nicht beantragt werden, sondern setzt unmittelbar ein, sobald dem Träger der Sozialhilfe bekannt wird, dass die Leistungsvoraussetzungen gegeben sind. Eine Ausnahme bilden lediglich die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel. Der entsprechende Paragraf (§ 18 SGB XII) lässt allerdings Raum für unterschiedliche Interpretationen und beschäftigt daher oft die Sozialgerichte.

Urteil des LSG Baden Württemberg

Unklarheit herrscht meistens darüber, was genau die Behörde wissen muss, damit man von „Kenntnis“ darüber sprechen kann, dass jemand seinen Lebensbedarf nicht selbst decken kann.

Leitsatz

Eine Entscheidung des Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg vom 9.9.2024 hat sich mit dieser Problematik befasst. Der Leitsatz des Urteils besagt: „Wird ein Antrag auf Sozialhilfeleistungen gestellt, wirkt die Kenntnis des Sozialhilfeträgers von der Bedarfslage bei späterem Nachweis der Anspruchsvoraussetzungen auf den Zeitpunkt der Antragstellung zurück, auch wenn der Antrag unvollständig gewesen ist.“

Sachverhalt

Es ging in diesem Fall also hauptsächlich um rückwirkende Leistungen. Eine pflegebedürftige ältere Dame, die spätere Klägerin, kam in ein Pflegeheim in Albstadt-Ebingen, konnte aber die Heimkosten mit ihrer Rente nicht decken. Vermögen hatte sie nicht. Ihr Betreuer wandte sich an das Sozialamt des zuständigen Landkreises (den Beklagten), um die Übernahme der ungedeckten Kosten zu beantragen, wie ein Vermerk des Beklagten festhielt. Er legte verschiedene Unterlagen vor, aus denen sich unter anderem die Rentenhöhe, die Heimkosten und aufgelaufene Rückstände ergaben. Angaben zum Vermögen machte er nicht. Der Beklagte bat den Betreuer schriftlich um weitere Unterlagen und wies darauf hin, dass Leistungen der Hilfe zur Pflege erst ab dem Bekanntwerden der Notlage gewährt werden könnten. Eine Reaktion des Betreuers erfolgte nicht und auch der Beklagte unternahm nichts Weiteres, auch nicht auf eine Nachfrage des Pflegeheims. Erst nachdem eine neue Betreuerin bei dem Beklagten nochmals Leistungen geltend machte, gewährte der Beklagte Hilfe zur Pflege. Für die vorangegangene Zeit lehnte der Beklagte Leistungen ab. Die Leistungen könnten erst nach positiver Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen bestehen. Insbesondere zum Vermögen hätten zuvor keine Nachweise vorgelegen.

Unvollständiger Antrag reicht

Das LSG hat den Beklagten zur Übernahme der ungedeckten Heimkosten verurteilt. Der entscheidende Senat hat zunächst festgehalten, dass der Beklagte – neben einer internen Verfügung – Kenntniserlangung bestätigt habe und diesbezüglich beim Wort zu nehmen sei. Der Beklagte könne insoweit nicht mit der im Verfahren getätigten Behauptung überzeugen, er habe die Notlage noch nicht einmal erahnen können. Dies könne jedoch im Ergebnis sogar dahinstehen. Denn die Kenntnis vom Bedarfsfall solle einen niederschwelligen Zugang zur Sozialhilfe gewährleisten. Das schließe aber die Möglichkeit einer Antragstellung keineswegs aus. In der Vorsprache des Betreuers sei eine solche – formlos mögliche – Antragstellung zu sehen.

Leistungen ab Antragstellung zu gewähren

Dies sei von dem Beklagten auch erkannt und entsprechend in dem diesbezüglichen Vermerk notiert worden. Werde ein formloser Antrag auf Sozialhilfeleistungen gestellt, der die Behörde ohne weitere Angaben des Antragstellers noch nicht in die Lage versetze, die Anspruchsvoraussetzungen zu prüfen, seien – soweit die Voraussetzungen im Weiteren erwiesen würden – Leistungen dennoch ab Antragstellung zu zahlen. Leistungsberechtigte von antragsgebundenen Leistungen würden sonst gegen den Willen des Gesetzgebers bevorzugt. Es wäre widersinnig, wenn antragsgebundene Leistungen auch bei einem unvollständigen Antrag bereits ab Antragstellung gewährt würden, während die Sozialhilfe im Übrigen trotz gleicher Ausgangslage erst später einsetzen würde.

Quellen: Landessozialgericht Baden-Württemberg 7. Senat Aktenzeichen: L 7 SO 2479/23, SOLEX, Haufe,

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Weniger für Asylbewerber

Die Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung für das Jahr 2025 ist nun im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden. Die Regelsätze ändern sich nicht. Nach den amtlichen Berechnungsvorschriften hätte es sogar eine Senkung der Regelsätze geben müssen, allerdings greift hier der Bestandschutz nach § 28a Absatz 5 SGB XII.

Kein Bestandschutz für Flüchtlinge

Genau dieser Bestandschutz gilt nach Auffassung der Bundesregierung aber nicht für das Asylbewerberleistungsgesetz. Und das, obwohl das Bundesverfassungsgericht schon 2012 deutlich gemacht hat, dass eine Ungleichbehandlung Geflüchteter nicht zulässig ist. In der Begründung zu dem Urteil 56/2012 vom 18. Juli 2012 schrieben die Richter damals: „Auch migrationspolitische Erwägungen, die Leistungen an Asylbewerberinnen und Asylbewerber sowie Flüchtlinge niedrig zu halten, um Anreize für Wanderungsbewegungen durch ein im internationalen Vergleich eventuell hohes Leistungsniveau zu vermeiden, können von vornherein kein Absenken des Leistungsstandards unter das physische und soziokulturelle Existenzminimum rechtfertigen. Die Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren.“

Bekanntmachung

Dessen ungeachtet hat das BMAS am 29. Oktober 2024 die „Bekanntmachung über die Höhe der Leistungssätze nach § 3a Absatz 4 des Asylbewerberleistungsgesetzes für die Zeit ab 1. Januar 2025“ im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Danach sinken die Leistungen für Asylbewerber im Schnitt um 20 EUro monatich.

Bedarfssätze ab 1.1.2025

Danach ergeben sich folgende Bedarfssätze zum 01.01.2025:

StufeNotwendiger BedarfNotwendiger persönlicher BedarfGrundleistung gesamt
1
(Alleinstehend oder Alleinerziehende)
245 EUR196 EUR441 EUR
2
(Paare in einer Wohnung/Unterbringung in Sammelunterkunft*)
220 EUR177 EUR397 EUR
3
(Erwachsene in einer stationären Einrichtung; Erwachsene unter 25 Jahren, die im Haushalt der Eltern leben)
196 EUR157 EUR353 EUR
plus 20 Euro Sofortzuschlag
4
(Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren)
258 EUR133 EUR391 EUR
plus 20 Euro Sofortzuschlag
5
(Kinder zwischen 6 und 13 Jahren)
196 EUR131 EUR327 EUR
plus 20 Euro Sofortzuschlag
6
(Kinder bis 5 Jahren)
173 EUR126 EUR299 EUR
plus 20 Euro Sofortzuschlag

Kritik

Deutliche Kritik kommt von vielen Sozialverbänden, dem Paritätischen Gesamtverband und Pro Asyl. Auf den Punkt gebracht hat es Harald Thome von tacheles e.V.: „Eine Nullrunde und Kürzungen sind der grundsätzlich falsche Weg. Menschenwürdiges Dasein und kulturelle Teilhabe sind mit diesem Hungergeld nicht umsetzbar. Damit sollen Sozialleistungsbeziehende dauerhaft in prekäre Beschäftigung und Niedriglohn im wahrsten Sinne des Wortes gehungert und die verschiedenen Gruppen gegeneinander ausgespielt, also die Gesellschaft weiter entsolidaritsiert werden.“

Quellen: Harald Thome, Bundesgesetzblatt, Bundesverfassungsgericht, Pro Asyl, FOKUS-Sozialrecht

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Arbeitsassistenz und Elternzeit

Menschen mit Behinderungen haben einen persönlichen Rechtsanspruch auf Arbeitsassistenz, also auf eine regelmäßige personale Unterstützung am Arbeitsplatz, wenn diese aus medizinischer Sicht und im Zusammenhang mit der zu erbringenden Arbeitsleistung erforderlich ist.

Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein:

  • Vorliegen einer Schwerbehinderung, also mindestens ein
    GdB von 50
  • Vorliegen eines regelmäßigen und dauerhaften Unterstützungsbedarfs zur Ausführung der Arbeiten
  • Sicherstellung, dass die Arbeitsassistenz nur Hilfstätigkeiten zum Ausgleich von behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen leistet (z. B. Vorlesen, Botengänge); die arbeitsvertraglichen Tätigkeiten muss der schwerbehinderte Arbeitnehmer selbst erbringen
  • Weniger aufwändige Maßnahmen (z. B. behinderungsgerechte Arbeitsplatzgestaltung, Kollegenhilfe) reichen aus, damit der schwerbehinderte Arbeitnehmer seine Tätigkeit ausführen kann.

Geldleistung

Behinderte Arbeitnehmer können Geldleistungen beantragen, um damit Arbeitsassistenten selbst anzustellen (Arbeitgebermodell) oder über eine Dienstleistungsgesellschaft „einzukaufen“, bei der die Arbeitsassistenz angestellt ist, etwa bei einem ambulanten Pflegedienst.

Verwaltungsgerichts-Urteil

Nun wurde vor dem Verwaltungsgericht Mainz ein Fall verhandelt, bei dem es um die Gültigkeit der Regelung auch während einer Elternzeit ging

Entscheidung

Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz müssen vom Integrationsamt auch dann übernommen werden, wenn die Schwerbehinderte bei einem bestehenden Arbeitsvertrag über 20 Wochenstunden während der Elternzeit nur 10 Stunden wöchentlich arbeitet. Der aufgrund von Elternzeit ruhende Teil des Arbeitsverhältnisses wird im Rahmen der gesetzlichen Mindestbeschäftigung von 15 Stunden mitgezählt.

Der Fall

Die Klägerin ist schwerbehindert. Nach dem mit ihrem Arbeitgeber geschlossenen Arbeitsvertrag hat sie eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden zu erbringen. Der Kostenträger übernahm in der Vergangenheit die der Klägerin durch die Inanspruchnahme einer notwendigen Arbeitsassistenz entstandenen Kosten. Nach der Geburt ihres Kindes nahm die Klägerin Elternzeit in Anspruch. Während dieser Zeit arbeitete sie in reduziertem Umfang von 10 Wochenstunden an ihrem bisherigen Arbeitsplatz; eine Änderung der vertraglichen Arbeitszeit erfolgte nicht. Die Klägerin beantragte bei dem Integrationsamt die Übernahme der Kosten der von ihr in der Zeit des reduzierten Arbeitsumfangs organisierten Arbeitsassistenz. Der Beklagte lehnte das unter Hinweis darauf ab, dass die entsprechende Vorschrift in dem SGB IX zur Kostenübernahmepflicht eine Mindestwochentätigkeit von 15 Stunden voraussetze; erst ab diesem Arbeitsumfang könne von einer beruflichen Erwerbstätigkeit gesprochen werden. Das von der Klägerin eingeleitete Widerspruchsverfahren blieb ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht gab der Klage hingegen statt.

Begründung

Es bestehe ein Anspruch auf die Übernahme der Kosten für die notwendige Arbeitsassistenz, die während der Elternzeit der Klägerin bei reduzierter Arbeitszeit angefallen seien. Dabei sei die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit zugrunde zu legen. Dies verlangten insbesondere Sinn und Zweck der Kostenübernahmeregelung: Für das Ziel, dass sich schwerbehinderte Menschen im Wettbewerb mit nicht behinderten Arbeitnehmern behaupten könnten, sei es unerlässlich, auch für die Fälle einer elternzeitbedingten temporären Arbeitszeitreduzierung den Anspruch auf Kostenübernahme für eine Arbeitsassistenz zu behalten. Die gesetzliche 15-Stunden-Grenze werde dabei nicht missachtet, weil das (teilweise ruhende) Arbeitsverhältnis nach der Elternzeit in vollem vertraglichem Umfang wieder auflebe und der Sicherung einer wirtschaftlichen Lebensgrundlage diene.

Quellen: Verwaltungsgericht Mainz, Urteil vom 10. Oktober 2024, 1 K 140/24.MZ), Thomas Knoche: „Finanzielle Hilfen für Menschen mit Behinderung„, Walhalla-Verlag

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