Heizkostenzuschuss reicht nicht

Der von den Fraktionen der SPD, Bündnis 90 / Die Grünen und FDP vorgelegte Entwurf eines Gesetzes zur Gewährung eines einmaligen Heizkostenzuschusses war Gegenstand einer Anhörung im Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen.

Einmaliger Heizkostenzuschuss

Der Gesetzentwurf sieht vor, bedürftigen Bürgern einen einmaligen Heizkostenzuschuss zu gewähren. Der Entwurf entstand vor dem Hintergrund gestiegener Heizkosten und soll unter anderem an Wohngeld-Empfänger ausgezahlt werden. Anspruchsberechtigt sollen laut Entwurf außerdem „nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) und dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz Geförderte“ sowie Beziehende von Berufsausbildungsbeihilfe und Ausbildungsgeld sein. Für Wohngeldberechtigte soll der Zuschuss 135 Euro (ein berücksichtigtes Haushaltsmitglied) beziehungsweise 175 Euro (zwei berücksichtigte Haushaltsmitglieder) betragen, für jedes weitere berücksichtigte Haushaltsmitglied kommen zusätzlich 35 Euro dazu. Für die übrigen Anspruchsberechtigten soll der Zuschuss 115 Euro betragen.

Mehrausgaben knapp 190 Millionen

Laut Entwurf sollen von dem Zuschuss „rund 710.000 wohngeldbeziehende Haushalte, rund 370.000 nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz Geförderte, rund 75.000 mit Unterhaltsbeitrag nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz Geförderte sowie rund 65.000 Personen, die Berufsausbildungsbeihilfe oder Ausbildungsgeld beziehen“, profitieren. Dem Bund sollen durch den Zuschuss im Jahr 2022 Mehrausgaben in Höhe von rund 189 Millionen Euro entstehen.

Die Berechnungen zu diesem Gesetz stammen aus dem November 2021. Das Gesetz wird am Donnerstag, 17. März im Bundestag in zweiter und dritter Lesung beraten.

Zuschuss zu niedrig

Die Anhörung der Verbände und Experten ergab, dass der Heizkostenzuschuss viel zu niedrig angelegt ist, nicht zuletzt durch den russischen Krieg gegen die Ukraine, der die Energiekosten noch zusätzlich in die Höhe getrieben hat.

500 pro Monat?

Der Präsident des Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmer sprach sich für Beihilfen in der Größenordnung um 500 Euro pro Monat aus.

dauerhafte Lösung nötig

Auch die Sprecher des Paritätischen Wohlfahrtverbands und des Deutschen Caritasverbands fordern eine Nachjustierung.  Zum einen falle der Zuschuss zu gering aus, zum anderen sollten auch BAföG-Empfänger die Hilfen ohne Antragstellung erhalten. Darüber hinaus müssten Leistungen wie das Wohngeld reformiert werden, zudem sei eine dauerhafte Energiekosten- und Klimakomponente notwendig.

aktuelle Preisentwicklung berücksichtigen

Ein Sprecher des Institut der deutschen Wirtschaft rechnete vor, dass bei gleicher Berechnungsmethode ein Heizkostenzuschlag für einen 1-Personen-Haushalt in Höhe von 220 Euro, für einen 2-Personen-Haushalt in Höhe von 285 Euro und für jede weitere Person im Haushalt von weiteren 55 Euro herauskäme, wenn man die aktuelle Preisentwicklung zugrunde legt statt die vom letzten November.

Ausweitung des Zeitraums

Weitere Experten forderten die Einführung eines dauerhaften Heizkostenzuschusses und die Erhöhung der jetzt vorgeschlagenen Zuschüsse. Der Sprecher des Deutschen Studentenwerks erinnerte daran, dass zur Zeit nur 11,3 Prozent der Studierenden BAföG gewährt werde, folglich auch der Heizkostenzuschuss maximal diesen Anteil der Studierenden erreiche. Diejenigen, die mit der angekündigten raschen ersten Stufe der BAföG-Reform erst im Herbst 2022 erreicht würden – insbesondere diejenigen, die jetzt knapp eine BAföG-Förderung verfehlten -, würden trotz ihrer derzeitigen knappen Finanzlage ausgeklammert. Den einmaligen Heizkostenzuschuss sollen laut Entwurf nur diejenigen BAföG-Geförderten bekommen, denen für mindestens einen Monat im Zeitraum vom 1. Oktober 2021 bis 31. März 2022 das BAföG bewilligt wurde. Deshalb sollte eine Ausweitung des Zeitraums auf die Heizsaison erwogen werden.

Quelle: Bundestag

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BAföG 2022/2023

Die Reform der Ausbildungsförderung wurde im Koalitionsvertrag angekündigt. Danach soll das BAföG elternunabhängiger werden. Der elternunabhängige Garantiebetrag im Rahmen der Kindergrundsicherung soll künftig direkt an volljährige Anspruchsberechtigte in Ausbildung und Studium ausgezahlt werden.

Ankündigungen im Kolitionsvertrag

  1. eine deutliche Erhöhung der Freibeträge,
  2. eine Anhebung der Altersgrenzen,
  3. die Erleichterung eines Studienfachwechsel,
  4. die Verlängerung der Förderhöchstdauer,
  5. eine Anhebung der Bedarfssätze auch vor dem Hintergrund steigender Wohnkosten,
  6. eine regelmäßige Anpassung von Freibeträgen und Bedarfssätzen
  7. eine Absenkung des Darlehensanteils.
  8. Studierende aus Bedarfsgemeinschaften sollen eine neue Studienstarthilfe bekommen.
  9. Die Beantragung und Verwaltung des BAföG soll schlanker, schneller und digitaler werden.

Gesetzentwurf

Nun hat die Bundesbildungsministerin einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt, den Entwurf eines siebenundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (27. BAföGÄndG)

Vergleich

Wenn man die neun Punkte aus dem Koalitionsvertrag durchgeht, fällt auf, dass einige Ankündigungen es nicht in den Gesetzentwurf deschafft haben. Aber der Reihe nach:

Punkt 1: Erhöhung der Freibeträge
Die Freibeträge werden um rund 20 Prozent angehoben.
Der Vermögensfreibetrag für Geförderte wird auf 45.000 Euro angehoben und so dem für mit einem Unterhaltsbeitrag nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz bereits derzeit geltenden Vermögensfreibetrag gleichgestellt.

Punkt 2: Anhebung der Altersgrenzen
Die Altersgrenze bei Beginn der geförderten Ausbildung wird vereinheitlicht und auf 45 Jahre angehoben, ein unmittelbar an ein Bachelorstudium anschließendes Masterstudium ist auch danach noch förderungsfähig.

Punkt 3: Erleichterung eines Studienfachwechsel
kommt im Gesetzentwurf nicht vor.

Punkt 4: Verlängerung der Förderhöchstdauer
Über eine Verordnungsermächtigung wird es der Bundesregierung ermöglicht, bei gravierenden Krisensituationen, die den Hochschulbetrieb nicht nur regional erheblich einschränken, die Förderungshöchstdauer nach dem BAföG entsprechend angemessen zu verlängern.

Punkt 5: Anhebung der Bedarfssätze
Die Bedarfssätze werden um rund 5 Prozent angehoben. Der Wohnzuschlag für auswärts Wohnende wird auf 360 Euro angehoben.

Punkt 6: Anpassung von Freibeträgen und Bedarfssätzen
kommt im Gesetzentwurf nicht vor.

Punkt 7: Absenkung des Darlehensanteils
kommt im Gesetzentwurf nicht vor.
Aber: Die Erlassmöglichkeit der Darlehensrestschuld nach 20 Jahren wird auch für Rückzahlungsverpflichtete in Altfällen eröffnet.

Punkt 8: Studienstarthilfe für Studierende aus Bedarfsgemeinschaften
kommt im Gesetzentwurf nicht vor.

Punkt 9: Vereinfachung der Beantragung
Für die Antragstellung auf Ausbildungsförderung wird auf das Schriftformerfordernis verzichtet, insbesondere um die digitale Antragstellung zu erleichtern.

Zusätzlich will die Bildungsministerin mit der BAföG-Reform die Förderung einjähriger, in sich abgeschlossener Studiengänge in Drittstaaten (außerhalb der EU) ermöglichen.

Höchstsatz

Der in den Medien immer wieder genannte BAföG-Höchstsatz steigt laut Gesetzentwurf von 861 Euro im Wintersemester 2021/2022 auf 903 Euro im Wintersemester 2022/2023. Der Höchstsatz ergibt sich aus dem Betrag für Studierende an Hochschulen, der Zulage für die Unterkunft für nicht bei den Eltern wohnende Studierende und die Beitragszuschüsse für Kranken- und Pflegeversicherung.

Natürlich hängt der individuelle BAföG-Satz von vielen Faktoren ab und wird in einem kompliziertem Verfahren errechnet. Wie die einzelnen Erhöhungen der Bedarfssätze und Freibeträge aussehen sollen, wird demnächst hier zu lesen sein.

Quelle: BMBF

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BAföG Digital

Das Bundesinnenministerium hat auf seinem Portal „onlinezugangsgesetz.de“ am 21.9.2021 mitgeteilt, dass BAföG nun in der ganzen Bundesrepublik digital beantragt werden kann.

Bundeseinheitlich

Es sei eine „datensparsame“ und „übersichtliche“ Möglichkeit, Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) zu beantragen. Mit der Einführung von „BAföG Digital“ würden die individuellen Antragsangebote der Bundesländer abgelöst. Der Assistent sei unter der Federführung des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI), des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) sowie des Landes Sachsen-Anhalt entwickelt worden. Als letztes Land habe sich nun Mecklenburg-Vorpommern angeschlossen. Das BMI fungiere als OZG-Programmmanagement und habe die Entwicklung des Antrags inklusive Digitalisierungslabor finanziert.

70.000 Anträge erfolgreich

„BAföG digital“ wurde zunächst ein halbes Jahr in Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz, Berlin, Hessen und Nordrhein-Westfalen getestet und dann sukzessive von weiteren Bundesländern übernommen. Über 70.000 Anträge wurden bereits erfolgreich gestellt. Mit der bundesweiten Verfügbarkeit werden jetzt die individuellen und bisher unterschiedlichen Antragsangebote der Bundesländer abgelöst.

„Einer für alle“

„BAföG digital“ ist die erste föderale Verwaltungsleistung, die nach dem sogenannten „Einer für alle“-Prinzip digitalisiert wird. Es bedeutet, dass ein Land die Leistung zentral entwickelt und betreibt – und sie anschließend anderen Ländern und Kommunen zur Verfügung stellt. So kann das Verfahren nahezu reibungslos übernommen werden.

Behördengänge digital

Das Projekt ist Teil des gemeinsamen Vorhabens von Bund, Ländern und Kommunen, alle wesentlichen Behördengänge bis Ende 2022 digital zu ermöglichen – so wie es das Onlinezugangsgesetz vorsieht. Ziel ist es unter anderem, dass Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen online für jedes Anliegen im Schnitt nur noch halb so viel Zeit benötigen wie offline.

Quelle: BMI,

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BAföG-Bedarfssatz vor Gericht

Das Bundesverwaltungsgericht hat am 20.5.2021 entschieden, dem Bundesverfassungsgericht die Frage der Vereinbarkeit des Bedarfssatzes mit den Bestimmungen des Grundgesetzes zur Entscheidung vorzulegen.

Anspruch auf Existenzminimum

Die Regelung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG), nach der im Zeitraum von Oktober 2014 bis Februar 2015 ein monatlicher Bedarf für Studierende in Höhe von 373 Euro galt (§ 13 Abs. 1 Nr. 2 BAföG), verstößt nach Überzeugung des Bundesverwaltungsgerichts gegen den aus dem verfassungsrechtlichen Teilhaberecht auf chancengleichen Zugang zu staatlichen Ausbildungsangeboten folgenden Anspruch auf Gewährleistung des ausbildungsbezogenen Existenzminimums (Art. 12 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz – GG – in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG). 

Soziale Gegensätze ausgleichen

Dieses Teilhaberecht verpflichtet den Gesetzgeber, für die Wahrung gleicher Bildungschancen Sorge zu tragen und im Rahmen der staatlich geschaffenen Ausbildungskapazitäten allen entsprechend Qualifizierten eine (Hochschul-) Ausbildung in einer Weise zu ermöglichen, die den Zugang zur Ausbildung nicht von den Besitzverhältnissen der Eltern abhängig macht, sondern ihn so gestaltet, dass soziale Gegensätze hinreichend ausgeglichen werden und soziale Durchlässigkeit gewährleistet wird.

Ermittlung des Bedarfssatzes

Konkret geht es um die Ermittlung des Bedarfssatzes. Somit hat die Vorlage des BVerwG eine grundsätzliche Bedeutung, auch wenn es im konkreten Fall um eine Berechnung aus dem Jahr 2016 ging.

Das Deutsche Studentenwerk erklärt dazu, dass es seit Jahren die Bundesregierung auffordert, den Bedarfssatz der Studierenden empirisch sauber festzustellen und nicht einfach von Jahr zu Jahr fortzuschreiben. Nach den Berechnungen einer Anfang 2019 vom DSW vorgestellten Studie zur Ermittlung der Lebenshaltungskosten von Studierenden hätte der BAföG-Grundbedarf bereits im Jahr 2016 zwischen 500 und 550 Euro im Monat betragen müssen.

Das BVerwG führt dazu aus, dass dem Gesetzgeber dabei ein weiter Gestaltungsspielraum zustehe und dass das tatsächliche Gebrauchmachen von dem verfassungsrechtlichen Teilhaberecht nicht an einer unzureichenden finanziellen Ausstattung von Ausbildungswilligen scheitert. 

Kein taugliches Berechnungsverfahren

Die Ermittlung des Bedarfssatzes unterliegt der Prüfung, ob der Gesetzgeber im Rahmen seines Gestaltungsspielraums ein zur Bemessung taugliches Berechnungsverfahren gewählt hat, ob er die erforderlichen Tatsachen im Wesentlichen vollständig und zutreffend ermittelt und schließlich, ob er sich in allen Berechnungsschritten mit einem nachvollziehbaren Zahlenwerk innerhalb dieses gewählten Verfahrens und dessen Strukturprinzipien im Rahmen des Vertretbaren bewegt hat. Dieser Prüfung hält der streitige Bedarfssatz nicht stand. Eine den vorgenannten Anforderungen gerecht werdende Festsetzung kann unter anderem deshalb nicht nachvollzogen werden, weil das gewählte Berechnungsverfahren im Unklaren lässt, zu welchen Anteilen der Pauschalbetrag auf den Lebensunterhalt einerseits und die Ausbildungskosten andererseits entfällt und diese abdecken soll. Zudem fehlt es an der im Hinblick auf die Lebenshaltungs- und Ausbildungskosten gebotenen zeitnahen Ermittlung des entsprechenden studentischen Bedarfs. Hier lag der Festsetzung aus dem Jahre 2010, die bis 2016 galt, eine Erhebung aus dem Jahr 2006 zugrunde.

Strukturelle BAföG-Reform

Die BAföG-Novellierungen der vergangenen Jahre holten nicht auf, so das DSW, was man in der Vergangenheit versäumt habe. 2012 gab es 671.000 BAföG-geförderte Studierende; 2019 waren es noch 489.000. Deshalb fordert das DSW, die Elternfreibeträge so schnell wie möglich um weitere 15 Prozent zu erhöhen.

Das DSW fordert eine grundlegende, strukturelle BAföG-Reform:

  • BAföG an die Lebens- und Studienrealität anpassen
  • die Förderungshöchstdauer nicht mehr an die Regelstudienzeit koppeln
  • Altersgrenzen weg
  • Förderung in Richtung Vollzuschuss.

Bundesverfassungsgericht muss entscheiden

Weil das Bundesverwaltungsgericht als Fachgericht nicht befugt ist, die Verfassungswidrigkeit eines Parlamentsgesetzes selbst festzustellen, hat es das Revisionsverfahren ausgesetzt und die Frage dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Quellen. Bundesverwaltungsgericht, DGB, Deutsches Studentenwerk

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