Eine Kontrollbetreuung kann erneut angeordnet werden – vorausgesetzt, es gibt neue Hinweise, die eine Prüfung rechtfertigen. Das gilt besonders dann, wenn es um hohe Geldbeträge geht, die möglicherweise zu Unrecht übertragen wurden und der Bevollmächtigte zugleich derjenige ist, gegen den sich mögliche Rückforderungen richten. Der BGH entschied in seinem Beschluss vom 26. März 2025 (XII ZB 178/24), dass in einem solchen Fall ein erheblicher Interessenkonflikt vorliegt, der eine Kontrollbetreuung notwendig macht.
Sachverhalt
Die inzwischen 90-jährige Betroffene lebt seit 2019 in einem Pflegeheim und ist an Demenz erkrankt. Sie hatte 2004 ihren beiden Söhnen eine notarielle General- und Vorsorgevollmacht erteilt, jedoch die Vollmacht gegenüber dem älteren Sohn (Beteiligter zu 1) im Jahr 2015 widerrufen. Der andere Sohn (Beteiligter zu 2) blieb weiterhin bevollmächtigt.
Im Juli 2018 erhielt der Beteiligte zu 2 von der Betroffenen Geschenke in Höhe von insgesamt 900.000 Euro. Aufgrund eines Verdachts auf Missbrauch wurde 2021 eine Kontrollbetreuerin eingesetzt. Diese konnte jedoch keinen Missbrauch feststellen, woraufhin das Amtsgericht die Betreuung 2022 wieder aufhob.
Im Jahr 2022 stellte der Beteiligte zu 1 erneut einen Antrag auf Kontrollbetreuung. Er meinte, die Betroffene sei schon im Jahr 2018 geschäftsunfähig gewesen, wodurch die damaligen Schenkungen unwirksam seien. Das Amtsgericht lehnte ab, das Landgericht jedoch ordnete erneut eine Kontrollbetreuung an. Dagegen wandte sich der Beteiligte zu 2 mit einer Rechtsbeschwerde.
So hat der BGH entschieden
Die Rechtsbeschwerde hatte keinen Erfolg. Der Bundesgerichtshof bestätigte die Entscheidung des Landgerichts und sah die Anordnung der Kontrollbetreuung als rechtmäßig an.
Keine Bindung an frühere Entscheidung
Der Bundesgerichtshof stellte zunächst klar, dass die frühere Aufhebung der Kontrollbetreuung im Jahr 2022 nicht verbindlich ist. Anders als in Streitverfahren entsteht in Betreuungssachen keine „materielle Rechtskraft“. Gerichte dürfen also – gerade bei neuen Informationen – jederzeit neu prüfen, ob eine Betreuung erforderlich ist.
Betroffene kann ihre Rechte nicht mehr selbst wahrnehmen
Nach Ansicht des Gerichts ist die Betroffene aufgrund ihrer Demenzerkrankung nicht mehr in der Lage, selbst zu beurteilen, ob sie ihre Schenkungen zurückfordern möchte. Damit ist die erste Voraussetzung für eine Kontrollbetreuung nach § 1820 Abs. 3 Nr. 1 BGB erfüllt.
Konkrete Anhaltspunkte für Betreuungsbedarf
Es liegen konkrete Hinweise vor, dass der Bevollmächtigte – also der Beteiligte zu 2 – die Angelegenheiten der Betroffenen nicht im Sinne ihres mutmaßlichen Willens regelt (§ 1820 Abs. 3 Nr. 2 BGB). So ist nicht auszuschließen, dass sie bei den Schenkungen 2018 nicht geschäftsfähig war. Da der Bevollmächtigte von den Zuwendungen selbst profitiert hat, liegt ein möglicher Interessenkonflikt vor. Das rechtfertigt eine Kontrolle durch eine unabhängige Betreuerin.
Interessenkonflikt macht neutrale Prüfung erforderlich
Ein Kontrollbetreuer ist besonders dann notwendig, wenn die betroffene Person dem Bevollmächtigten gegenüber mögliche Rückforderungen durchsetzen müsste. Der Beteiligte zu 2 müsste im Grunde gegen sich selbst vorgehen, was eine neutrale Bewertung unmöglich macht. Deshalb ist eine unabhängige dritte Person nötig.
Betreuung ist verhältnismäßig
Auch die Verhältnismäßigkeit wurde geprüft. Angesichts der Höhe der Schenkungen (insgesamt 900.000 Euro) sei die Prüfung durch eine Kontrollbetreuerin im objektiven Interesse der Betroffenen. Die Betreuerin soll unter anderem Krankenakten einholen und klären, ob die Betroffene im Juli 2018 geschäftsunfähig war.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26.03.2025 – XII ZB 178/24