Bundestag beschließt Berufsbildungsvalidierungs- und digitalisierungsgesetz (BVaDiG)

Inhalt des Gesetzes

Die Bundesregierung hat den Bundestag heute abschließend über das „Berufsbildungsvalidierungs- und -digitalisierungsgesetz (BVaDiG) beraten lassen. Das Gesetz enthält unterschiedlichste Regelungen: Neben der Feststellung der individuellen beruflichen Handlungsfähigkeit unabhängig von einem formalen Berufsausbildungsabschluss (Validierung) und der Einführung von digitalen Dokumenten und Verfahren in der beruflichen Bildung (Digitalisierung) enthält der Gesetzesentwurf auch Regelungen zur Inklusion von Menschen mit Behinderung, zur Teilzeitausbildung und zum digitalen mobilen Ausbilden. Von den Änderungen betroffen sind das Berufsbildungsgesetz, das Registermodernisierungsgesetz, die Handwerksordnung und das Jugendarbeitsschutzgesetz.

Validierung der individuellen beruflichen Handlungsfähigkeit

Die „Validierung der individuellen beruflichen Handlungsfähigkeit“ bezieht sich auf ein Verfahren, bei dem die beruflichen Kompetenzen einer Person, die unabhängig von einem formalen Berufsausbildungsabschluss erworben wurden, festgestellt und bescheinigt werden. Dieses Verfahren ermöglicht es, die individuelle berufliche Handlungsfähigkeit einer Person zu dokumentieren und mit den Anforderungen eines bestimmten Berufs zu vergleichen. Durch die Validierung können berufliche Kompetenzen sichtbar gemacht und anerkannt werden, auch wenn sie nicht durch eine formale Ausbildung erworben wurden. Mit diesem Gesetz öffnet sich schließlich auch für solche Personen, die auf alternativen Wegen ihre Fähigkeiten erworben haben, der Zugang zu Weiter- und Fortbildung.

Inklusion von Menschen mit Behinderung

Der geplante neue § 50d BBiG regelt spezielle Regeln für Menschen mit Behinderungen, die Schwierigkeiten haben, ihre beruflichen Fähigkeiten vollständig nachzuweisen. Diese Regeln sollen sicherstellen, dass Menschen mit Behinderungen trotz ihrer Einschränkungen fair behandelt werden. Es wird anerkannt, dass ihre Fähigkeiten möglicherweise nicht genau mit den Anforderungen eines bestimmten Berufs übereinstimmen, aber dennoch ihre individuellen Stärken und Fähigkeiten berücksichtigt werden. Es gibt auch klare Anweisungen, wie ihre Fähigkeiten bewertet werden sollen, auch wenn sie spezielle Unterstützung oder spezielle Arbeitsplätze benötigen. Diese Regeln sollen sicherstellen, dass Menschen mit Behinderungen die gleichen Chancen haben, ihre beruflichen Fähigkeiten zu zeigen und erfolgreich in ihrem Beruf zu sein. So soll beispielsweise die individuelle berufliche Handlungsfähigkeit am Maßstab eines Referenzberufs auch dann festgestellt und bescheinigt werden, wenn sie nicht vollständig vergleichbar mit der für den Referenzberuf erforderlichen Handlungsfähigkeit ist.

Teilzeitausbildungen

Im Gesetzentwurf werden verschiedene Änderungen bezüglich der Teilzeitausbildung vorgeschlagen, um die Flexibilität und Attraktivität dieses Ausbildungsmodells zu erhöhen. Beispielsweise soll ein Kürzungsmechanismus eingeführt werden, der es ermöglicht, die Ausbildungsdauer für Teilzeitauszubildende zu verkürzen, insbesondere für leistungsstarke Auszubildende mit bestimmten Qualifikationen oder Verpflichtungen wie einem dualen Studium oder Familien- bzw. Pflegeaufgaben. Auch soll eine automatische Verlängerung der Ausbildungsdauer möglich sein, wenn dies aufgrund der reduzierten wöchentlichen Arbeitszeit nötig ist. Auch soll ein effizienterer Ausbildungs- und Prüfungsablauf ermöglicht werden.

Neue Regelungen zur Digitalisierung

Im Gesetzentwurf BVaDiG werden verschiedene Neuerungen im Bereich der Digitalisierung in der beruflichen Bildung vorgeschlagen. Darunter die praxisgerechte digitale Abfassung von Ausbildungsverträgen, die Einführung medienbruchfreier digitaler Prozesse, Ermöglichung digitaler Dokumente und Verfahren und neue Rahmenbedingungen zum digitalen mobilen Ausbilden.

Digitales mobiles Ausbilden

Beim digitalen mobilen Ausbilden werden Ausbildungsinhalte ohne gleichzeitige Anwesenheit von Lehrlingen (Auszubildenden) und Ausbildern am gleichen Ort vermittelt. Laut Gesetzentwurf sollen dafür geeignete Informationsmittel, Orte, Inhalte und Qualitätsstandards festgelegt werden.

So geht’s weiter

Die meisten Regelungen zum Feststellungsverfahren sollen ab dem 1. Januar 2025 gelten. Um die Umsetzung zu erleichtern, kann die dem Verfahren zugrundeliegende Verordnung bereits zum 01. August 2024 in Kraft treten. Bisher sind 16 Berufe von der Validierung betroffen, etwa 300 weitere würden dafür in Frage kommen. Das Gesetz wird nun dem Bundesrat zur Abstimmung vorgelegt. Ein Inkrafttreten des Gesetztes ab ersten August ist auch bei einer Annahme des Gesetztes durch den Bundesrat wohl eher unwahrscheinlich.

Quellen: bundestag.de (176. Sitzung des Bundestages), Gesetzentwurf eines Berufsbildungsvalidierungs- und -digitalisierungsgesetzes (BVaDiG), bmbf.de (Bundesministerium für Bildung und Forschung). 

Freiwilligen-Teilzeitgesetz

Die Bundesregierung hat den Entwurf eines Gesetzes zur Erweiterung der Teilzeitmöglichkeit in den Jugendfreiwilligendiensten sowie im Bundesfreiwilligendienst für Personen vor Vollendung des 27. Lebensjahres und zur Umsetzung weiterer Änderungen (Freiwilligen-Teilzeitgesetz) vorgelegt.

Teilzeit ohne spezielle Begründung

Das neue „Freiwilligen-Teilzeitgesetz“ soll jungen Menschen unter 27 Jahren ermöglichen, einen Freiwilligendienst in Teilzeit zu absolvieren, ohne dafür ein berechtigtes Interesse nachweisen zu müssen. Bisher konnten sie nur mit einem solchen Interesse einen Teilzeitdienst von mehr als 20 Stunden pro Woche leisten.

Mit der Änderung sollen die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden, dass die Dienste auch ohne berechtigtes Interesse in Teilzeit absolviert werden können. Voraussetzung ist eine wöchentliche Dienstzeit von mehr als 20 Stunden und das Einverständnis der Einsatzstelle, des Trägers und der Freiwilligen. Ein Anspruch auf eine Reduzierung der Dienstzeit wird jedoch nicht geschaffen.

Obergrenze für Taschengeld

Die Obergrenze für ein angemessenes Taschengeld ist seit der Einführung des Bundesfreiwilligendienstes und für die Jugendfreiwilligendienste dynamisch an die in der allgemeinen Rentenversicherung geltende Beitragsbemessungsgrenze gekoppelt. Der prozentuale Anteil ist jedoch seitdem unverändert und wird deshalb angehoben. Dadurch wird den Trägern und Einsatzstellen die Möglichkeit eröffnet, ein höheres angemessenes Taschengeld zu zahlen.

8% statt 6%

Aktuell beträgt die Obergrenze für ein angemessenes Taschengeld bei 6 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze, das sind bei der für 2024 geltenden monatlichen BBG von 7.550 Euro West und 7.450 Euro Ost 453 Euro, bzw. 447 Euro.

Geplant sind ab 2025 Obergrenzen von 8 Prozent der dann geltenden Beitragsbemessungsgrenzen. Bei den für dieses Jahr geltenden Zahlen wären dies 604 Euro, bzw. 596 Euro. Für Teilzeit-Dienstleistende reduziert sich die Obergrenze je nach Arbeitsumfang natürlich-

Weitere gesetzliche Klarstellungen und Verbesserungen:

  • Die Freiwilligen erhalten in der Praxis oftmals auch Mobilitätszuschläge von ihren Trägern oder Einsatzstellen. Dabei erfolgt mit Blick auf die Taschengeldobergrenze keine Anrechnung der neuen Mobilitätszuschläge auf das Taschengeld.
  • Zum Schutz und zur Anerkennung der Freiwilligen können durch die Teilnahme an einem Seminar dann dienstfreie Tage entstehen, wenn Seminarzeit auf in der Einsatzstelle dienstfreie Tage fällt.
  • Die Einsatzstellen sind bereits nach geltender Rechtslage verpflichtet, Beitragszuschüsse insbesondere zur freiwilligen gesetzlichen oder zur privaten Krankenversicherung an die betroffenen Freiwilligen zu zahlen. Es wird gesetzlich klargestellt, dass diese Ausgaben im Bundesfreiwilligendienst vom Bund im Rahmen der BFD-Zuschuss-Obergrenze ersetzt werden.

Quellen: Bundestag

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