Regelbedarf und Mehrbedarf 2023

Details zum Bürgergeld (6)

Regelbedarf

Die Regelleistungen werden in 6 Stufen unterteilt. Mit diesen Geldleistungen müssen alle aufkommenden Kosten gedeckt werden. Nur in Ausnahmefällen kann auf andere Leistungen, z. B. Leistungen des SGB XII, zurückgegriffen werden. Die monatliche Höhe der Regelbedarfe (RB) beträgt je nach Regelbedarfsstufe (RBS) ab 1.1.2023:

Mehr zum Sofortzuschlag siehe hier.

Mehrbedarfe

Bestimmte Personengruppen oder Personen in Sondersituationen erhalten über die Regelleistung hinaus höhere Leistungen (Mehrbedarfe). Diese werden (meist) in Form prozentualer Anteile vom monatlichen Regelbedarf (mtl. RB) berücksichtigt.

Werdende Mütter

Mehrbedarf bei Schwangerschaft wird ab der 12. Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, anerkannt. Die Zahlung erfolgt bis zum tatsächlichen Entbindungstermin. Voraussetzung ist, dass die Schwangere erwerbsfähig und hilfebedürftig ist. Die Höhe der Leistung beträgt 17% der maßgebenden Regelbedarfstufe. Daraus ergibt sich:

  • bei Regelbedarfsstufe 1 (502 Euro): 85,34 Euro
  • bei Regelbedarfsstufe 2 (451 Euro): 76,67 Euro
  • bei Regelbedarfsstufe 3 (402 Euro): 68,34 Euro

Alleinerziehende

Alleinerziehende können wegen der erhöhten Kosten für die Kindererziehung Anspruch auf zusätzliche Leistungen haben. Voraussetzung ist, dass das Kind oder die Kinder minderjährig sind und der Alleinerziehende allein für die Pflege und Erziehung sorgt. Es muss also der Fall vorliegen, dass innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft keine andere Person in wirtschaftlicher Hinsicht an der Pflege und Erziehung beteiligt ist. Ausgehend von der Regelbedarfsstufe 1 (502 Euro) wird ein anteiliger Mehrbedarf je nach Anzahl und Alter der Kinder gezahlt:

Erwerbsfähige Menschen mit Behinderung:

Die Höhe des Mehrbedarfs beträgt 35% des maßgeblichen Regelsatzes:

  • bei Regelbedarfsstufe 1 (502 Euro): 175,70 Euro
  • bei Regelbedarfsstufe 2 (451 Euro): 157,85 Euro
  • bei Regelbedarfsstufe 3 (402 Euro): 140,70 Euro

Nichterwerbsfähige Menschen mit Behinderung:

Nicht erwerbsfähige Schwerbehinderte, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt sind und deshalb einen Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen G haben und die keine vorrangigen Leistungen nach dem SGB II erhalten, bekommen einen Bedarf in Höhe von 17%. Dies gilt aber nicht, wenn bereits ein anderer Mehrbedarf geltend gemacht wird.

Mehrbedarf für Schulbücher und Arbeitshefte

Hintergrund ist die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom Mai 2019 (Az. u. a. B 14 AS 6/18 R), wonach die Kosten für Schulbücher als Härtefall-Mehrbedarf zu übernehmen sind, wenn Schülerinnen und Schüler mangels Lernmittelfreiheit ihre Schulbücher selbst kaufen müssen.

Mit dem eigenständigen Mehrbedarf als Ausgleich für Aufwendungen für Kauf oder entgeltlicher Ausleihe von Schulbüchern sind auch Arbeitshefte umfasst, soweit sie den Schulbüchern gleichstehen. Das ist der Fall, wenn sie über eine ISBN-Nummer verfügen. Voraussetzung für die Anerkennung als Mehrbedarf ist, dass für die betreffende Schülerin bzw. den Schüler im jeweiligen Bundesland oder in der jeweiligen Schule – ganz oder teilweise – keine Lernmittelfreiheit und damit keine Möglichkeit einer unentgeltlichen Anschaffung oder Ausleihe der Schulbücher bzw. der Arbeitshefte besteht. Zudem muss die Benutzung des Buches bzw. Arbeitshefts durch die Schule oder den jeweiligen Fachlehrer vorgegeben sein.

Mehrbedarf für Ernährung

Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen eine kostenaufwändige Ernährung benötigen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt. Bei der Prüfung der Voraussetzungen ist ein dreistufiges Prüfschema anzuwenden.

  • Stufe 1:
    Hier ist ein Kausalzusammenhang zwischen einer Erkrankung und einer hierdurch indizierten Ernährungsweise nachzuweisen. Dieser Nachweis wird in der Regel durch eine ärztliche Bescheinigung erbracht.
  • Stufe 2:
    Hier ist glaubhaft zu machen, dass ein konkreter Bedarf bestehen, diese angeziegte kostenaufwändige Ernährung in Anspruch zu nehmen. Der Leistungsberechtigte muss konkrete Umstände vortragen, dass er sich der Notwendigkeit der Diät bewusst ist und sich diätgemäß ernährt bzw. ernähren will.
  • Stufe 3:
    Hier erfolgt ein Kostenvergleich zwischen der notwendigen aufwendigeren Ernährung und dem in der Regelleistung anerkannten Betrag für Ernährung und Getränke.

Die Höhe des Mehrbedarfs bestimmt sich dann nach dem ernährungswissenschaftlich erforderlichen Bedarf. Hier werden häufig – sowohl von der Bundesagentur für Arbeit wie auch den Gerichten – die „Empfehlungen für die Gewährung von Krankenkostenzulagen“ (DV 25/08 AF III) des deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge zugrunde gelegt (siehe auch www.deutscher-verein.de).

Mehrbedarf bei dezentraler Warmwassererzeugung

Bei dezentral erzeugtem Warmwasser erfolgt die Abrechnung aber über die Haushaltsenergie (Strom oder Gas). Die Haushaltsenergie ist zwar grundsätzlich mit dem Regelbedarf abgedeckt, Nicht berücksichtigt ist jedoch ein erhöhter Energieverbrauch, wie er durch die dezentrale Warmwassererzeugung mit Strom oder Gas entsteht. Zum Ausgleich dieses Mehraufwands ist bei betroffenen Leistungsberechtigten ein in der Regel pauschalierter Mehrbedarf anzuerkennen.

RBSMehrbedarf in %Mehrbedarf in Euro
12,3%11,55
22,3%10,37
32,3%9,25
41,4%5,88
51,2%4,18
60,8%2,54

Dann gibt es noch atypische Bedarfslagen, Härtefälle, Einmalbedarfe und Sonderbedarfe, alles ausführlich beschrieben in der Sozialleistungsdatenbank SOLEX.

Quellen: Bundesregierung, SOLEX, Fokus-Sozialrecht

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Bürgergeldbonus

Details zum Bürgergeld (5)

Das Bürgergeldgesetz beschert uns ab 1. Juli 2023 die neue Vorschrift 16j SGB II, mit der ein finanzieller Anreiz für Weiterbildungen geboten wird.

75 Euro im Monat

Erwerbsfähige Leistungsberechtigte erhalten unter bestimmten Voraussetzungen einen Bürgergeldbonus in Höhe von 75 Euro monatlich. Gemeint sind Weiterbildungen, die nicht auf einen Berufsabschluss abzielen. Wer eine Weiterbildung absolviert, deren Ziel ein Berufsabschluss ist, kann stattdessen Weiterbildungsgeld nach dem ebenfalls ab Juli 23 gültigen § 87a im SGB III erhalten.

Voraussetzung

Voraussetzung ist die Teilnahme

  • an einer Berufliche Weiterbildung mit Dauer von mind. 8 Wochen ohne Anspruch auf Weiterbildungsgeld. Zu den Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung zählen auch Weiterbildungen, die der Anerkennung eines ausländischen Abschlusses dienen. Gleiches gilt für Leistungsberechtigte, die im Rahmen einer Rehabilitation an einer beruflichen Weiterbildung nach § 49 Absatz 3 Nummer 4 SGB IX teilnehmen (Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben im SGB IX),
  • an einer Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme zur Förderung der Aufnahme einer Berufsausbildung; ebenso für eine Berufsvorbereitung einschließlich einer wegen der Behinderung erforderlichen Grundausbildung im Rahmen einer Rehabilitation nach § 49 Absatz 3 Nummer 2 SGB IX teilnehmen; oder
  • an einer Maßnahme zur Förderung schwer zu erreichender junger Menschen. Mit dem Bonus sollen die schwer zu erreichenden Jugendlichen motiviert werden, an sozialpädagogischen Angeboten und Maßnahmen teilzunehmen und diese nicht vorzeitig abzubrechen.

Für eine Einstiegsqualifizierung (sozialversicherungspflichtiges Praktikum) wird kein Bonus gezahlt, weil die Vergütung dafür beim Bürgergeld anrechnungsfrei ist.

Zahlung und Ende der Zahlung

Der Bonus wird nachträglich im Folgemonat für die Teilnahme an einer Maßnahme gezahlt. Bei Teilmonaten zu Beginn und Ende der Maßnahme werden für jeden Kalendertag 1/30 der Monatspauschale von 75 Euro erstattet. Sofern eine Maßnahme, für die ein Bonus gezahlt wird, abgebrochen wird, besteht kein Anspruch auf Weiterzahlung des Bonus. Dies gilt auch, wenn die Leistungsberechtigten den Abbruch der Maßnahme nicht zu vertreten haben.

Den Bürgergeldbonus gibt es ab 1.7.2023.

Quellen: BMAS, SOLEX

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Absetzbeträge und Freibeträge im Bürgergeld

Details zum Bürgergeld (4)

§ 11b SGB II

Nicht nur für Jugendliche und junge Erwachsene bringt das Bürgergeld ab Juli diesen Jahres Verbesserungen, wenn sie leistungsberechtigt sind und zusätzlich Erwerbseinkommen verdienen. Geregelt wird dies im § 11b SGB II und in der Bürgergeldverordnung.

Absetzbeträge

Jeder Leistungsberechtigte kann folgende Positionen vom Einkommen abzusetzen:

  • auf das Einkommen zu entrichtende Steuern und Beiträge (für Nicht-Versicherungspflichtige: Beiträge in angemessener Höhe),
  • Sozialversicherungsbeiträge, soweit gesetzlich vorgeschrieben (sog. Pflichtbeiträge) oder nach Grund und Höhe angemessen,
  • „Vorsorgeversicherungen“ für den Krankheits- oder Pflegefall oder für die Altersvorsorge oder sonstige Versicherungen, soweit diese gesetzlich vorgeschrieben sind oder nach Grund und Höhe angemessen sind,
  • Geförderte Altersvorsorgebeiträge (siehe § 82 EStG), z.B. „Riester-Rente“, in Höhe des Mindesteigenbetrags
  • Freibetrag nach § 82a SGB XII bei Bezug von Grundrente
  • Werbungskosten (i. d. R. Fahrkosten entsprechend § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG – Entfernungspauschale),
  • den Erwerbstätigenfreibetrag, (siehe unten),
  • Aufwendungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen bis zu dem in einem Unterhaltstitel oder in einer notariell beurkundeten Unterhaltsvereinbarung festgelegten Betrag, (§ 11 Abs. 2 Nr. 7 SGB II); zu etwaigen Abzweigungen siehe das gesonderte Thema,
  • bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, deren Einkommen nach dem Vierten Abschnitt des Bundesausbildungsförderungsgesetzes oder § 67 oder § 126 SGB III bei der Berechnung der Leistungen der Ausbildungsförderung für mindestens ein Kind berücksichtigt wird, der nach den Vorschriften der Ausbildungsförderung berücksichtigte Betrag.

Bagatellgrenze (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Bürgergeld-V)

Das sind Einnahmen, die innerhalb eines Kalendermonats 10 EUR nicht übersteigen.

Pauschbeträge

  • In § 6  Bürgergeld-V werden Pauschbeträge für vom Einkommen abzusetzende Beträge genannt, z. B.
  • für private Versicherungen monatlich 30 EUR (dies gilt sowohl für volljährige als auch für minderjährige Hilfebedürftige)
  • Die Absetzung von 1/12 der Jahresbeiträge zu gesetzlich vorgeschriebenen Pflichtversicherungen (§ 11b Abs. 1 Nr.3 SGB II),
  • für Wegstrecken zur Ausübung der Erwerbstätigkeit monatlich 0,20 EUR für jeden Entfernungskilometer (Pendlerpauschale). Obergrenze in § 6 Abs. 2 Bürgergeld-V: Ist der errechnete Betrag der Pendlerpauschale im Vergleich mit einem „zumutbaren“ öffentlichen Verkehrsmittel „unangemessen“ hoch, dann wird die Pauschale auf die Kosten des Verkehrsmittels begrenzt.
  • für Mehraufwendungen für Verpflegung bei auswärtiger Tätigkeit bei mindestens zwölfstündiger nachgewiesener Abwesenheit 6 EUR je Kalendertag (§ 6 Abs. 3 Bürgergeld-V).

Freibeträge (Pauschale Absetzung) bei Erwerbstätigen

An Stelle der Beträge von Versicherungen, Altersvorsorge und Werbungskosten (= Beträge nach Abs. 1 Satz 1 Nummer 3 bis 5 ) ist ein Betrag von insgesamt 100 EUR von dem Einkommen aus Erwerbstätigkeit monatlich abzusetzen.

Beträgt das monatliche Einkommen mehr als 400 EUR, kann der Leistungsberechtigte die tatsächlichen Beträge absetzen, wenn er nachweist, dass die Summe der Beträge den Betrag von 100 EUR übersteigt.

Aufwandsentschädigungen für ehrenamtliche Tätigkeiten und Übungsleiter bis 250 EUR monatlich werden nicht auf den Regelsatz angerechnet (sog. Übungsleiterpauschale).

Von dem Taschengeld des Bundesfreiwilligendienstes oder des Jugendfreiwilligendienstes ist ein Betrag von insgesamt 250 Euro monatlich abzusetzen.

Erwerbstätigenfreibetrag bis 30. Juni 2023

Die ersten 100 EUR pro Monat sind anrechnungsfrei; darüber hinaus gehende Einkünfte sind wie folgt anzurechnen:

  • 20% des Brutto von 100,01 EUR bis 1.000 EUR,
  • 10% des Brutto von 1.000,01 EUR bis 1.200 EUR,
  • 10% des Brutto von 1.200,01 EUR bis 1.500 EUR, wenn der Leistungsberechtigte entweder mit mindestens einem minderjährigen Kind in Bedarfsgemeinschaft lebt oder er mindestens ein minderjähriges Kind hat.

Berechnungsbeispiele bei Zusammentreffen von Arbeitslosengeld II und Arbeitseinkommen (bis 30.06.2023):

Bruttolohnpauschale Absetzung
nach § 11b Abs. 2 SGB II
Erwerbstätigenfreibetrag
nach §  11b Abs. 3 SGB II
Gesamtfreibetrag
100 EUR100 EUR100 EUR
200 EUR100 EUR20 EUR120 EUR
300 EUR100 EUR40 EUR140 EUR
400 EUR100 EUR60 EUR160 EUR
600 EUR100 EUR100 EUR200 EUR
800 EUR100 EUR140 EUR240 EUR
1000 EUR100 EUR180 EUR280 EUR
1100 EUR100 EUR190 EUR290 EUR
1200 EUR100 EUR200 EUR300 EUR
1500 EUR *)100 EUR230 EUR *)330 EUR *)

*) nur bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die mit mindestens einem minderjährigen Kind in Bedarfsgemeinschaft leben oder die mindestens ein minderjähriges Kind haben

Erwerbstätigenfreibetrag ab 1.Juli 2023

Die ersten 100 EUR pro Monat sind anrechnungsfrei; darüber hinaus gehende Einkünfte sind wie folgt anzurechnen:

  • 20% des Brutto von 100,01 EUR bis 520 EUR,
  • 30% des Brutto von 520,01 EUR bis 1.000 EUR,
  • 10% des Brutto von 1.000,01 EUR bis 1.200 EUR,
  • 10% des Brutto von 1.200,01 EUR bis 1.500 EUR, wenn der Leistungsberechtigte entweder mit mindestens einem minderjährigen Kind in Bedarfsgemeinschaft lebt oder er mindestens ein minderjähriges Kind hat.

Berechnungsbeispiele bei Zusammentreffen von Arbeitslosengeld II und Arbeitseinkommen (ab 01.07.2023):

Bruttolohnpauschale Absetzung
nach § 11b Abs. 2 SGB II
Erwerbstätigenfreibetrag
nach §  11b Abs. 3 SGB II
Gesamtfreibetrag
100 EUR100 EUR100 EUR
200 EUR100 EUR20 EUR120 EUR
300 EUR100 EUR40 EUR140 EUR
400 EUR100 EUR60 EUR160 EUR
600 EUR100 EUR108 EUR208 EUR
800 EUR100 EUR168 EUR268 EUR
1000 EUR100 EUR228 EUR328 EUR
1100 EUR100 EUR238 EUR338 EUR
1200 EUR100 EUR248 EUR348 EUR
1500 EUR *)100 EUR278 EUR *)378 EUR *)

*) nur bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die mit mindestens einem minderjährigen Kind in Bedarfsgemeinschaft leben oder die mindestens ein minderjähriges Kind haben.

Quellen: BundesregierungSOLEX, Thomas Knoche: Grundlagen – SGB II: Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende, Walhalla Fachverlag; 3., aktualisierte Edition (28. Februar 2023)

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Einkommensanrechnung bei Ausbildung, Nebenjobs und Ferienjobs

Details zum Bürgergeld (3)

Mit dem Bürgergeldgesetz gibt es zum 1. Juli 2023 deutliche Verbesserungen bei der Behandlung von Einkommen junger Menschen, die auf Bürgergeld angewiesen sind. Das betrifft sowohl

  • Ferienjobs von Schülern,
  • Einnahmen während einer Ausbildung oder eines Studiums und
  • Einkünfte aus der Ausbildungsförderung, wie BAFöG, Berufsausbildungsbeihilfe oder Meister-BAFöG.

Ferienjobs (§ 11a Abs. 7 SGB II)

Einnahmen aus Ferienjobs von Schülern allgemein- oder berufsbildender Schulen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, werden vollständig freigestellt und werden als Einnahmen nicht mehr berücksichtigt.

Durch eine in den Schulferien ausgeübte Erwerbstätigkeit können sich leistungsberechtigte Schülerinnen und Schüler Wünsche, die auf Grund der Hilfebedürftigkeit der Eltern nicht umsetzbar sind, selbstbestimmt durch eigene Arbeitsleistung erfüllen.

Nebenjobs, Einkünfte während der Ausbildung
(§ 11b Abs. 2b Satz 1 SGB II)

Es gilt ein Freibetrag für Einkünfte während der Ausbildung und/oder aus Nebenjobs junger Menschen bis zum 25. Lebensjahr in Höhe von 520 EUR bei

  • außerhalb der Schulferien erzieltem Erwerbseinkommen beim Besuch einer allgemeinbilden-den oder berufsbildenden Schule,
  • Erwerbseinkommen während einer dem Grunde nach BAföG-förderfähigen Ausbildung,
  • Erwerbseinkommen neben einer mit Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) förderfähige Ausbildung.

Ausbildungsvergütung und Erwerbseinkommen, das nicht neben einer der genannten Schul-, Hochschul- oder Berufsausbildungen erzielt wird, wird nach den „normalen“ Regeln angerechnet.

Der Betrag von 520 Euro entspricht dem Betrag der Geringfügigkeitsgrenze nach § 8 Abs. 1a SGB IV. Er wird also bei einer Änderung der Geringfügigkeitsgrenze angepasst, was wiederum mit der Entwicklung des Mindestlohns zusammenhängt.

Bislang haben nur Auszubildende, insbesondere Studierende, die die vorrangigen Leistungen nach dem BAföG beziehen, in der Ausbildungsförderung einen monatlichen Freibetrag in Höhe von 520 Euro. Für Studierende, die Ausbildungsförderung nach dem BAföG und zusätzlich Leistungen nach dem SGB II beziehen, bleiben mithin Einnahmen aus einer geringfügigen Beschäftigung zwar im BAföG komplett unberücksichtigt, bei der Berechnung der Leistungen nach dem SGB II werden sie jedoch als Einkommen berücksichtigt.

Die Anhebung des monatlichen Absetzbetrages bedeutet daher eine Angleichung an die Regelung aus dem Berufsausbildungsförderungsgesetz und die Beseitigung eines systemischen Unterschieds und damit einer Ungleichbehandlung

Einkünfte aus der Ausbildungsförderung
(§ 11b Abs. 2b Satz 2 SGB II)

Freibetrag für Einkünfte aus Ausbildungsförderung für über 25jährige. Es gilt ein Freibetrag für Einkünfte von 100 € für folgende Einkünfte aus Ausbildungsförderung:

  • BAföG und vergleichbare Leistungen der Begabtenförderungswerke mit Ausnahme des BAföG-Kinderbetreuungszuschlags,
  • Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) mit Ausnahme der Kinderbetreuungspauschale des BAB,
  • Reisekosten bei Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben von der Agentur für Arbeit nach § 127 Absatz 1 Satz 1 SGB III in Verbindung mit § 73 SGB IX,
  • Ausbildungsgeld,
  • Unterhaltsbeitrag des Aufstiegsförderungsgesetzes (Meister-BAföG).

Höhere Freibeträge für diese Leistungen gibt es nur, für konkret nachgewiesene Kosten, für bestimmte Versicherungen, bestimmte Ausgaben für die Altersvorsorge oder notwendige Ausgaben für die Ausbildung.

Diese Regelung betrifft alle, die nicht von der obigen Regelung nach § 11b Abs. 2b Satz 1 profitieren, also hauptsächlich Leistungsberechtigte in Ausbildung, die 25 Jahr und älter sind.

Beispiel:

Mara ist 21 Jahre alt und macht eine Ausbildung. Sie verdient 700 Euro Brutto und hat damit 600 Euro netto.

bis 30.6.2023

Bislang hätte sie einen Grundfreibetrag von 100 Euro plus den Erwerbstätigenfreibetrag (20% von 600 Euro), also 120 Euro. 600 minus 220, also 380 werden angerechnet. Von ihrem Nettolohn blieben ihr also 220 Euro.

ab 1.7.2023

Nun hat sie einen Grundfreibetrag von 520 Euro und einen Erwerbstätigenfreibetrag von 24 Euro (30% von 80). Vom Nettolohn werden nur noch 56 Euro angerechnet (600 minus 520 minus 24). Mara kann also 544 Euro von ihrer Ausbildungsvergütung behalten.

Quelle: Bundesregierung, SOLEX, Thomas Knoche: Grundlagen – SGB II: Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende, Walhalla Fachverlag; 3., aktualisierte Edition (28. Februar 2023)

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Schonvermögen

Details zum Bürgergeld (2)

Der Begriff Schonvermögen bezeichnet im Sozialrecht die Einschränkung der Verpflichtung zum Einsatz eigenen Vermögens beim Bezug von Sozialleistungen.

Neuregelung mit dem Bürgergeld

Die Regelungen zur Berücksichtigung von Vermögen bei der Bedürftigkeitsprüfung wurden im Zusammenhang mit der Einführung des Bürgergeldes neu gefasst und entbürokratisiert. Eine Karenzzeit von einem Jahr soll dazu beitragen, dass sich Bürgergeldberechtigte zunächst keine Sorgen um ihr ggf. Erspartes machen muss.

Karenzzeit

Während der Karenzzeit muss Vermögen erst dann eingesetzt werden, wenn es höher als 40.000 Euro für die erste Person der Bedarfsgemeinschaft ist. Für jede weitere Person bleiben jeweils weitere 15.000 Euro geschützt. Nach einem Jahr Karenzzeit bleibt Vermögen bis 15.000 Euro pro Person in der Bedarfsgemeinschaft unangetastet.

Für Bewilligungszeiträume, die schon 2022 begonnen haben, gelten noch die Freigrenzen der Corona-Sonderregelungen, also 60.000 Euro plus 30.000 Euro pro weiterer Person in der Bedarfsgemeinschaft.

Mit dem Start des Bürgergelds am 1.1.2023 bekommen alle Bürgergeldbeziehenden eine Karenzzeit, also auch Menschen, die vor Einführung des Bürgergelds am 1.1.2023 schon Leistungen bezogen haben.

Was noch zum Schonvermögen gehört

Bei den Vermögensgegenständen, die zum nicht verwertbaren Vermögen gehören, muss das Jobcenter außer beim Hausrat keine Angemessenheitsprüfung mehr vornehmen. Zum nicht verwertbaren Vermögen zählen nach § 12 Abs. 1 SGB II:

  • angemessener Hausrat,
  • ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person; die Angemessenheit wird vermutet, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt,,
  • für die Altersvorsorge bestimmte Versicherungsverträge; zudem andere Formen der Altersvorsorge, wenn sie nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge gefördert werden z.B. „Riester“-Rente oder Banksparpläne,
  • andere Formen der Altersvorsorge bei hauptberuflich Selbständigen (insbesondere Fondssparpläne, Gold, Wertpapierdepots oder Bargeld), Als angemessen wird ein Betrag angesehen, der sich an der Beitragszahlung zur allgemeinen Rentenversicherung bei einem Verdienst in Höhe des Durchschnittsentgelts orientiert (das sind 2023 etwa 8.000 Euro),
  •  selbstbewohntes Haus oder eine selbstbewohnte Eigentumswohnung;
    • bei bis zu 4 Bewohnenden: ein Haus bis 140 m² Wohnfläche oder eine Eigentumswohnung bis 130 m² Wohnfläche
    • bei über 4 Bewohnenden: bis zu 20 m² mehr je weiterer Person
  • Vermögen, das zur baldigen Beschaffung bzw. Erhaltung eines Hausgrundstücks oder einer Eigentumswohnung bestimmt ist, soweit es zu Wohnzwecken behinderter/pflegebedürftiger Menschen dient bzw. dienen soll und dieser Zweck durch Einsatz/Verwertung des Vermögens gefährdet wäre,
  • Sachen/Rechte, deren Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde.

Außer dem in § 12 Abs. 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch genannten Vermögen sind Vermögensgegenstände nicht als Vermögen zu berücksichtigen, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind.

Fachliche Weisungen

Genaue Auskünfte wie die Jobcenter Vermögen bewerten und berücksichtigen, kann man in den „Fachlichen Weisungen“ der Agentur für Arbeit nachlesen. Stand: 1.1.2023, also aktuell.

Quellen:

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Karenzzeit

Details zum Bürgergeld (1)

Nach der Umgestaltung des SGB II gibt es einige neue Begriffe, Leistungen und Vorschriften, die in der Reihe „Details zum Bürgergeld“ hier in loser Folge in den nächsten Wochen erscheinen.

Die Vorschriften des Bürgergeldgesetzes traten nicht alle zu Jahresbeginn 2023 in Kraft, einiges gilt erst ab Juli 2023. Über die wichtigste Änderung zum 1.1., die Anhebung der Regelsätze, haben wir hier schon berichtet.

Zweimal Karenzzeit

Der Begriff „Karenzzeit“ taucht im SGB II in der Fassung vom 1.1.2023 zweimal auf:

  • beim zu berücksichtigen Vermögen (§ 12) und
  • bei den Bedarfen für Unterkunft und Heizung (§ 22).

Vermögen

Wer Bürgergeld erhält, darf seit dem 1. Januar 2023 im ersten Jahr des Leistungsbezugs das Ersparte behalten. So muss Vermögen erst dann eingesetzt werden, wenn es höher als 40.000 Euro für die erste Person der Bedarfsgemeinschaft ist. Für jede weitere Person bleiben jeweils weitere 15.000 Euro geschützt.

Nach einem Jahr Karenzzeit bleibt Vermögen bis 15.000 Euro pro Person in der Bedarfsgemeinschaft unangetastet.

Für Bewilligungszeiträume, die schon 2022 begonnen haben, gelten noch die Freigrenzen der Corona-Sonderregelungen, also 60.000 Euro plus 30.000 Euro pro weiterer Person in der Bedarfsgemeinschaft.

Mit dem Start des Bürgergelds am 1.1.2023 bekommen alle Bürgergeldbeziehenden eine Karenzzeit, also auch Menschen, die vor Einführung des Bürgergelds am 1.1.2023 schon Leistungen bezogen haben.

Unterkunftskosten

Die tatsächlichen Kosten für die Wohnung / das Eigenheim werden in diesem Zeitraum, der Karenzzeit genannt wird, für ein Jahr übernommen. Die Heizkosten werden im angemessenen Umfang gewährt, um auf einen sparsamen Umgang mit Energie hinzuwirken. Die Höhe der angemessenen Kosten für Heizung bestimmen die Kommunen selbstständig.

Diese Regelungen lehnen sich an das an, was bereits seit Beginn der Pandemie galt und sich bewährt hat: Gerade in der ersten Zeit des Leistungsbezugs sind die Chancen, den Weg in Arbeit zu finden, besonders hoch. Die Menschen sollen den Kopf frei haben für die Arbeitssuche oder Qualifizierung, statt sich um einen Umzug in eine günstigere Wohnung bemühen zu müssen.

Nach einem Umzug innerhalb der Karenzzeit werden in der Regel nur noch die angemessenen Kosten der Unterkunft übernommen, denn die Karenzzeit soll nur ermöglichen, dass Menschen trotz einer kurzfristigen Notlage in ihrem Zuhause bleiben können. Es sei denn, der Umzug erfolgt mit Zustimmung des Jobcenters oder des Sozialamtes oder der Umzug erfolgt, weil es keine verfügbare Wohnung zu einem angemessenen Preis gibt, etwa wenn eine behindertengerechte Wohnung nötig ist.

Quelle: BMAS

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Streit um das Bürgergeld

Die CDU droht beim Bürgergeld mit einer Blockade im Bundesrat. Zusammen mit Industrie-, Handwerks-, Mittelstands- und Arbeitgeberverbänden begann sie eine regelrechte Kampagne, um das Bürgergeldgesetz noch zu verhindern. Hierbei wird die Erhöhung der Regelsätze angesichts der aktuellen Inflationsraten zunehmend von der Kritik ausgenommen – ins Zentrum sind inzwischen die geplanten Regelungen zum Schonvermögen sowie zur Übernahme der Wohnkosten und die für die ersten Monate vorgesehene weitgehend sanktionsfreie Leistungsgewährung gerückt.

Neid-Kampagne, wie gehabt

Dabei sind die „Berechnungsbeispiele“, nach denen sich bei Einführung des Bürgergelds Arbeit nicht mehr lohne, sehr erfolgreich in den sozialen Medien und Teilen der Presse, allerdings oft falsch und irreführend. Wie die Fake-Berechnungen funktionieren und was daran falsch ist, hat der Volkswirt Dr. Johannes Steffen ausführlich in einem Interview mit der Frankfurter Rundschau beschrieben.

Mit ähnliche Kampagnen wurde schon bei Einführung des Arbeitslosengeldes II (2005) und man glaubt es kaum, schon bei Einführung der Sozialhilfe 1962, versucht die ärmsten Schichten der Bevölkerungen gegeneinander auszuspielen.

Konsens bei Regelsatzerhöhung

Trotz der „Arbeit muss sich lohnen“- Kampagne soll die Regelsatzerhöhung ja gar nicht verhindert werden. Die Regelsatzerhöhung könne man ja vom Gesetz abrennen und gesondert beschließen, so der Oppositionsführer Merz.

Dies hat die Ampelregierung natürlich abgelehnt, weil sie die Reform des SGB II als Gesamtpaket sieht mit den vebesserten Weiterbildungsangeboten und einer grundsätzlichen Strukturreform auch im Umgang mit den Leistuingsempfängern.

Wesentliche Teile erst im Juli 23

Wesentliche Teile des Gesetzes sollen ohnehin erst zum Juli 2023 in Kraft treten, unter anderem die neuen Regelungen zu

  • Kooperationsplan,
  • Vertrauenszeit und Kooperationszeit,
  • Schlichtungsverfahren,
  • Bürgergeldbonus,
  • Leistungsminderungen,
  • Weiterbildungsprämie und Weiterbildungsgeld.

Herausforderung für die Jobcenter

In der Anhörung im Auschuss Arbeit und Soziales zeigte sich auch die Vertreterin der Bundesarbeitsagentur darüber erleichtert, weil „die Arbeit im Jobcenter sich wesentlich verändern wird, dafür brauchen wir mehr Vorlaufzeit.“ Gefordert wurde dafür, auch von anderen Verbänden und vom DGB eine deutliche Aufstockung der Mittel im Haushalt 2023.

Abstriche möglich

Vermutlich wird Arbeisminister Heil nicht dran vorbeikommen, etwa bei den Plänen zum Schonvermögen sowie zur Übernahme der Wohnkosten und/oder bei den Sanktionsregelungen noch Abstriche zu machen. Was wiederum die Sozialverbände nicht begeistert hinnehmen werden. Es bleibt spannend.

Quellen: Bundesrat, Bundestag, Tagesschau, Frankfurter Rundschau, FOKUS-Sozialrecht

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Bundesrat zum Entlastungspaket

Die Ländervertreter haben am 28. Oktober in einer Stellungnahme zum dritten Entlastungspaket der Bundesregierung („Doppelwumms“) eine höhere Beteiligung des Bundes an den Kosten dafür gefordert.

Hohe Kosten für die Länder

Die Länder sähen sich in der Mitverantwortung, einen angemessenen Beitrag zur Abmilderung der Folgen der hohen Energiepreise zu leisten. Ohne eine nachhaltige Beeinträchtigung bei der Finanzierung der übrigen notwendigen Aufgaben in ihren Haushalten könnten die Länder einen solchen Beitrag allerdings nur leisten, wenn eine Verständigung über die Höhe einer tragbaren Länderbelastung erfolge und es zu einer deutlichen Reduzierung der Belastung der Länder durch den Bund komme.

Konkret geht es um die Kosten für

  • die Nachfolgeregelung zum 9-Euro-Ticket,
  • die Wohngeldreform,
  • die außerordentlich steigenden Energie- und Sachkosten bei den Krankenhäusern einschließlich der Krankenversorgung der Universitätskliniken sowie Pflegeeinrichtungen und
  • für die Unterbringung, Betreuung und Integration von geflüchteten Menschen.

Änderungenwünsche bei Gesetzesvorhaben

Der Bundesrat äußerte sich zu Gesetzentwürfen der Bundesregierung – wie den Plänen für ein Bürgergeld, für eine umfassende Wohngeldreform und für ein Inflationsausgleichsgesetz. Mit den Änderungsvorschlägen gehen diese Gesetze nun zur weiteren Beratung zurück in den Bundestag.

Inflationsausgleichgesetz

Hier lautet die Forderung, dass auch das Kindergeld für das vierte und jedes weitere Kind angehoben werden müsse,undzwar von 250 auf 262 Euro. Die starken
Preissteigerungen belasteten gerade Familien mit mehr als drei Kindern, da für
alle Familienmitglieder unter anderem Lebensmittel zu stark gestiegenen
Preisen beschafft werden müssen. Da Mehrkindfamilien überdurchschnittlich
oft von Armut betroffen seien, müssten gerade Familien mit mehr als drei
Kindern besonders gut vor den Folgen der Preissteigerungen geschützt werden.

Bürgergeld

Zahlreiche Änderungsvorschläge gibt es beim Bürgergeld. Unter anderem empfiehlt der Bundesrat, dass die im Entwurf vorgesehene Anhebung der Hinzuverdienstgrenzen bei einem monatlichen Erwerbseikommen von 520 Euro bis 1 000 Euro auch für Einkommen aus Ausbildungsvergütungen oder Qualifizierungen beziehungsweise Teilqualifizierungen gelten. Weitere Punkte unter anderem:

  • die Angemessenheitsprüfung für die Heizkosten solle auch während der zweijährigen Karenzzeit gelten,
  • bei nicht erforderlichen Umzügen unmittelbar vor Antragstellung oder
    während des laufenden Bezuges solle keine Karenzzeit gelten.
Karenzeit im Bürgergeld-Entwurf
Damit die Bürgergeld-Leistungsberechtigten sich weitgehendst auf die Arbeitssuche fokussieren können und gleichzeitig ihre Existenz gesichert wissen, bestehen in den ersten zwei Jahren des Leistungsbezugs Karenzzeiten für Wohnen und  für den Einsatz von angespartem Vermögen.  In diesen zwei Jahren wird bei der Bedürftigkeitsprüfung Vermögen nicht berücksichtigt. Allerdings gilt eine Erheblichkeitsgrenze.
Das gilt auch für selbst genutztes Wohneigentum. Es  wird unabhängig von seiner Fläche von der Vermögensberücksichtigung ausgenommen. Zudem werden die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in diesem Zeitraum in tatsächlicher Höhe anerkannt. Das gilt auch und insbesondere für Mietwohnungen.

Außerdem bemängelt der Bundesrat, dass Flüchtlinge aus der Ukraine, die in Gemeinschaftsuntekünften ohne Selbstverpflegungsmöglichkeit leben unter Umständen eine Vollverpflegung zusätzlich zum vollen Bürgergeld erhalten könnten. Dies solle aus Gerechtigkeitsgründen vermieden werden. (Für Ukraine-Flüchtlinge gilt seit Juni 2022 das SGB II und nicht das Asylbewerberleistungsgesetz.)

Jobcenter-Personal überfordert?

Unterdessen wurde bekannt, dass die Personalräte der Jobcenter eine Verschiebung der Hartz-IV-Reform fordern. In einem offenen Brief berichten die Personalräte von einer akuten Überlastung der Behörden. Diese sei in dieser Form nicht hinnehmbar und tragbar. Zusätzlich seien Etatkürzungen geplant, die die Situation weiter verschärfen wird, so die Autoren des Brandbriefs. Die Verschiebung solle aber nicht die Leistungserhöhungen sowie die Erhöhung der Vermögensfreigrenzen betreffen.

Wohngeld Plus

Bei der Wohngeld-Reform mahnt der Bundesrat vor allem Maßnahmen zur Entbürokratisierung an. So fordert er unter anderem gravierende und umfassende Vereinfachungen und Nachweiserleichterungen im Wohngeldrecht. Dabei sei auch eine schnelle und unbürokratische Vollzugslösung für pauschale Vorauszahlungen zu finden, die den Interessen der Bürgerinnen und Bürger Rechnung trägt, ohne zugleich zu einer Verdoppelung des Aufwands in den Wohngeldbehörden zu führen.

Beschlossene Gesetze

Grünes Licht gab es vom Plenum des Bundesrats für einige Gesetze aus dem Bundestag, unter anderem zum Heizkostenzuschuss, zur Energiepreispauschale für Rentner und Versorgungsempfänger sowie zur Finanzreform der gesetzlichen Krankenversicherung. Zugestimmt haben die Länder auch der Finanzierung eines „Abwehrschirms“ in Höhe von 200 Milliarden Euro, der die Folgen der gestiegenen Gas- und Strompreise abmildern soll.

Quelle: Bundesrat, FOKUS-Sozialrecht, gegen-hartz.de

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Bürgergeld im Bundestag

Gestern, am 13. Oktober wurde im Bundestag über den Gestzentwurf zum Bürgergeld teilweise heftig gestritten, so dass sich die Bundestagspräsidentin genötigt fühlte, die Abgeordneten zu ermahnen, auf Beschimpfungen zu verzichten.

wesentlicher Inhalt

Die Bundesregierung möchte mit dem Gesetz, „Hartz IV hinter sich lassen“. Geplant sind unter anderem grundlegende Reformen in der Zusammenarbeit zwischen Arbeitssuchenden und Jobcenter-Mitarbeitern (Kooperationsplan statt Eingliederungsvereinbarung), die Einführung einer zweijährigen Karenzzeit, in der das Vermögen und die Angemessenheit der Wohnung nicht überprüft werden und die Stärkung der Qualifizierung und Weiterbildung unter anderem durch finanzielle Anreize. Ferner soll der Soziale Arbeitsmarkt verstetigt und Sanktionen deutlich abgemildert werden. Außerdem werden die monatlichen Regelleistungen um einen Inflationsausgleich deutlich angehoben (siehe dazu auch Eckpunkte zum Bürgergeld, Bürgergeld – Referentenentwurf und Bürgergeld – Kabinettsentwurf).

„eklatante Gerechtigkeitslücke“

Die Kritik der CDU zielt darauf ab, dass die Regelsätze so hoch seien, so dass es sich nicht lohne, arbeiten zu gehen, dass die Sanktionen entschärft würden und dass es eine „eklatante Gerechtigkeitslücke“ sei,  in den ersten zwei Jahren des Bürgergeldbezugs Vermögen und Wohnung nicht zu prüfen.

„Verarsche auf dem Rücken der Langzeitarbeitslosen“

Die Linksfraktion sieht ein verbessertes Hartz IV, eine bedarfsgerechte Erhöhung der Regelsätze gebe es aber nicht und die Ideen für einen Sozialen Arbeitsmarkt und Weiterbildung seien „Verarsche auf dem Rücken der Langzeitarbeitslosen“, wenn gleichzeitig die Mittel dafür gestrichen würden.

dauerhafte Arbeitsmarktintegration

Die Koalitionsfraktionen betonen, dass Menschen im Leistungsbezug sich stärker auf Qualifizierung, Weiterbildung und Arbeitsuche konzentrieren können sollen. Ziel sei eine dauerhafte Arbeitsmarktintegration. Außerdem solle die Berechnung der Regelbedarfe neu gestaltet werden: Die Bedarfe sollen künftig nicht mehr rückwirkend, sondern vorausschauend an die Teuerungsraten angepasst werden.

zwei Jahre Karenzzeit

Damit die Leistungsberechtigten sich auf die Arbeitsuche zu konzentrieren können, soll laut Bundesregierung in den ersten zwei Jahre des Bürgergeldbezugs eine sogenannte Karenzzeit gelten: Die Kosten für Unterkunft und Heizung würden in tatsächlicher Höhe anerkannt und übernommen. Vermögen werde nicht berücksichtigt, „sofern es nicht erheblich ist“. Nach Ablauf der Karenzzeit werde eine entbürokratisierte Vermögensprüfung durchgeführt. Es sollen zudem höhere Freibeträge gelten.

Kooperationsplan

Vorgesehen ist auch, die bisherige Eingliederungsvereinbarung durch einen Kooperationsplan abzulösen, der von den Leistungsberechtigten und den Integrationsfachkräften gemeinsam erarbeitet wird. Dieser Plan diene dann als „roter Faden“ im Eingliederungsprozess und sei ein Kernelement des Bürgergeld-Gesetzes, betont die Bundesregierung. Mit Abschluss des Kooperationsplans gelte eine Vertrauenszeit. In diesem Zeitraum werde ganz besonders auf Vertrauen und eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe gesetzt. Lediglich wiederholte Meldeversäumnisse würden sanktioniert – mit maximal zehn Prozent Leistungsminderung.

umfassende Betreuung

Abgeschafft werden solle der „Vermittlungsvorrang in Arbeit“. Stattdessen sollen Geringqualifizierte auf dem Weg zu einer abgeschlossenen Berufsausbildung unterstützt werden, um ihnen den Zugang zum Fachkräftearbeitsmarkt zu öffnen. Eine umfassende Betreuung solle Leistungsberechtigten helfen, „die aufgrund vielfältiger individueller Probleme besondere Schwierigkeiten haben, Arbeit aufzunehmen“.

weitere Beratung

Im Anschluss an die Debatte wurde der Gesetzentwurf zur weiteren Beratung an den federführenden Ausschuss für Arbeit und Soziales überwiesen. 

Quellen: Bundestag, FOKUS-Sozialrecht

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Bürgergeld – Kabinettsentwurf

Heute, am 14. September 2022, hat das Bundeskabinett das Bürgergeld (Kabinettsentwurf) auf den parlamentarischen Weg gebracht. Was im Referentenentwurf noch fehlte war die Höhe der Regelsätze für 2023. Folgende Regelsätze sind geplant:

RegelbedarfsstufenPersonenkreis
20232022
Regelbedarfsstufe 1Alleinstehende
502 EUR449 EUR
Regelbedarfsstufe 2volljährige Partner 
innerhalb Bedarfsgemeinschaft
451 EUR404 EUR
Regelbedarfsstufe 3Erwachsene unter 25 Jahren
im Haushalt der Eltern
402 EUR360 EUR
Regelbedarfsstufe 4Jugendliche zwischen 14 bis 17 Jahren
420 EUR376 EUR
Regelbedarfsstufe 5Kinder zwischen 6 – 13 Jahren
348 EUR311 EUR
Regelbedarfsstufe 6Kinder von 0 bis 5 Jahren
318 EUR285 EUR

Keine Änderung an der Systematik

Anders als noch bei der Vorstellung des Referententwurfs angedeutet, wird an der Systematik der Regelbedarfsermittlung nichts geändert. Allerdings sieht der Beschluss des Koalitionsausschusses von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP vom 3./4. September 2022 vor, dass bei unveränderter Systematik der jährlichen Fortschreibung die zu erwartende Entwicklung des regelbedarfsrelevanten Preisindexes im Jahr der Anpassung mit einzubeziehen ist. Es wird bei stark steigender Preisentwicklung eine zeitnahe Reaktion gewährleistet, damit es nicht zu einer offensichtlichen und erheblichen Diskrepanz kommt zwischen der tatsächlichen Entwicklung der Preise von regelbedarfsrelevanten Gütern und Dienstleistungen im Vergleich zu der bei der Fortschreibung der Regelbedarfe berücksichtigten Entwicklung. Als Folgewirkung steigen die Regelbedarfe zum 1. Januar 2023 deutlich an.

Teilhabe nicht möglich

Trotzdem sind die Regelleistungen noch weit entfernt von den 678 Euro, die der Paritätische Gesamtverband und andere Sozialverbände fordern. Trotz Erhöhung bleibt das Bürgergeld weit unter dem Existenzminimum, das ein würdevolles Leben und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen sollte. Kinderarmut wird damit nicht bekämpft. Für Alte, Kranke und Menschen mit Behinderung bedeuten das, dass sie weiter lebenslang mit diesen Mangelleistungen auskommen müssen.

Sanktionen

Laut der Bundesagentur für Arbeit lebten im Mai dieses Jahres knapp 4,9 Millionen Menschen von Hartz-IV-Leistungen. 3,5 Millionen davon sind erwerbsfähige Leistungsbezieher, die bei Verstößen gegen Auflagen der Jobcenter sanktioniert werden können. Unter den 1,4 Millionen nicht erwerbsfähigen Beziehern sind vor allem Kinder unter 15 Jahren. Gerade die Sanktionen, die auch im neuen Bürgergeld weiter bestehen bleiben, sorgten in den vergangenen Tagen wieder für Schlagzeilen. Grund war die Veröffentlichung einer Langzeitstudie des Instituts für empirische Sozial- und Wirtschaftsforschung Berlin (INES). Ergebnis: Hartz IV-Sanktionen verfehlen ihre Wirkung. Anstatt Menschen nachhaltig in Arbeit zu bringen, haben Kürzungen der Grundsicherung bei Verstößen gegen Auflagen der Jobcenter einen einschüchternden Effekt und können sogar Krankheiten verursachen.

Kein Neustart

Mit dem Festhalten an Sanktionen und den immer noch zu niedrigen Regelleistungen kann man nicht wirklich von einem Neustart im SGB II reden. Immerhin haben wir dafür einen neuen Namen.

Quelle: BMAS, Paritätischer Gesamtverband, FOKUS-Sozialrecht

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