Regelbedarf und Mehrbedarf 2023

Details zum Bürgergeld (6)

Regelbedarf

Die Regelleistungen werden in 6 Stufen unterteilt. Mit diesen Geldleistungen müssen alle aufkommenden Kosten gedeckt werden. Nur in Ausnahmefällen kann auf andere Leistungen, z. B. Leistungen des SGB XII, zurückgegriffen werden. Die monatliche Höhe der Regelbedarfe (RB) beträgt je nach Regelbedarfsstufe (RBS) ab 1.1.2023:

Mehr zum Sofortzuschlag siehe hier.

Mehrbedarfe

Bestimmte Personengruppen oder Personen in Sondersituationen erhalten über die Regelleistung hinaus höhere Leistungen (Mehrbedarfe). Diese werden (meist) in Form prozentualer Anteile vom monatlichen Regelbedarf (mtl. RB) berücksichtigt.

Werdende Mütter

Mehrbedarf bei Schwangerschaft wird ab der 12. Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, anerkannt. Die Zahlung erfolgt bis zum tatsächlichen Entbindungstermin. Voraussetzung ist, dass die Schwangere erwerbsfähig und hilfebedürftig ist. Die Höhe der Leistung beträgt 17% der maßgebenden Regelbedarfstufe. Daraus ergibt sich:

  • bei Regelbedarfsstufe 1 (502 Euro): 85,34 Euro
  • bei Regelbedarfsstufe 2 (451 Euro): 76,67 Euro
  • bei Regelbedarfsstufe 3 (402 Euro): 68,34 Euro

Alleinerziehende

Alleinerziehende können wegen der erhöhten Kosten für die Kindererziehung Anspruch auf zusätzliche Leistungen haben. Voraussetzung ist, dass das Kind oder die Kinder minderjährig sind und der Alleinerziehende allein für die Pflege und Erziehung sorgt. Es muss also der Fall vorliegen, dass innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft keine andere Person in wirtschaftlicher Hinsicht an der Pflege und Erziehung beteiligt ist. Ausgehend von der Regelbedarfsstufe 1 (502 Euro) wird ein anteiliger Mehrbedarf je nach Anzahl und Alter der Kinder gezahlt:

Erwerbsfähige Menschen mit Behinderung:

Die Höhe des Mehrbedarfs beträgt 35% des maßgeblichen Regelsatzes:

  • bei Regelbedarfsstufe 1 (502 Euro): 175,70 Euro
  • bei Regelbedarfsstufe 2 (451 Euro): 157,85 Euro
  • bei Regelbedarfsstufe 3 (402 Euro): 140,70 Euro

Nichterwerbsfähige Menschen mit Behinderung:

Nicht erwerbsfähige Schwerbehinderte, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt sind und deshalb einen Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen G haben und die keine vorrangigen Leistungen nach dem SGB II erhalten, bekommen einen Bedarf in Höhe von 17%. Dies gilt aber nicht, wenn bereits ein anderer Mehrbedarf geltend gemacht wird.

Mehrbedarf für Schulbücher und Arbeitshefte

Hintergrund ist die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom Mai 2019 (Az. u. a. B 14 AS 6/18 R), wonach die Kosten für Schulbücher als Härtefall-Mehrbedarf zu übernehmen sind, wenn Schülerinnen und Schüler mangels Lernmittelfreiheit ihre Schulbücher selbst kaufen müssen.

Mit dem eigenständigen Mehrbedarf als Ausgleich für Aufwendungen für Kauf oder entgeltlicher Ausleihe von Schulbüchern sind auch Arbeitshefte umfasst, soweit sie den Schulbüchern gleichstehen. Das ist der Fall, wenn sie über eine ISBN-Nummer verfügen. Voraussetzung für die Anerkennung als Mehrbedarf ist, dass für die betreffende Schülerin bzw. den Schüler im jeweiligen Bundesland oder in der jeweiligen Schule – ganz oder teilweise – keine Lernmittelfreiheit und damit keine Möglichkeit einer unentgeltlichen Anschaffung oder Ausleihe der Schulbücher bzw. der Arbeitshefte besteht. Zudem muss die Benutzung des Buches bzw. Arbeitshefts durch die Schule oder den jeweiligen Fachlehrer vorgegeben sein.

Mehrbedarf für Ernährung

Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen eine kostenaufwändige Ernährung benötigen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt. Bei der Prüfung der Voraussetzungen ist ein dreistufiges Prüfschema anzuwenden.

  • Stufe 1:
    Hier ist ein Kausalzusammenhang zwischen einer Erkrankung und einer hierdurch indizierten Ernährungsweise nachzuweisen. Dieser Nachweis wird in der Regel durch eine ärztliche Bescheinigung erbracht.
  • Stufe 2:
    Hier ist glaubhaft zu machen, dass ein konkreter Bedarf bestehen, diese angeziegte kostenaufwändige Ernährung in Anspruch zu nehmen. Der Leistungsberechtigte muss konkrete Umstände vortragen, dass er sich der Notwendigkeit der Diät bewusst ist und sich diätgemäß ernährt bzw. ernähren will.
  • Stufe 3:
    Hier erfolgt ein Kostenvergleich zwischen der notwendigen aufwendigeren Ernährung und dem in der Regelleistung anerkannten Betrag für Ernährung und Getränke.

Die Höhe des Mehrbedarfs bestimmt sich dann nach dem ernährungswissenschaftlich erforderlichen Bedarf. Hier werden häufig – sowohl von der Bundesagentur für Arbeit wie auch den Gerichten – die „Empfehlungen für die Gewährung von Krankenkostenzulagen“ (DV 25/08 AF III) des deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge zugrunde gelegt (siehe auch www.deutscher-verein.de).

Mehrbedarf bei dezentraler Warmwassererzeugung

Bei dezentral erzeugtem Warmwasser erfolgt die Abrechnung aber über die Haushaltsenergie (Strom oder Gas). Die Haushaltsenergie ist zwar grundsätzlich mit dem Regelbedarf abgedeckt, Nicht berücksichtigt ist jedoch ein erhöhter Energieverbrauch, wie er durch die dezentrale Warmwassererzeugung mit Strom oder Gas entsteht. Zum Ausgleich dieses Mehraufwands ist bei betroffenen Leistungsberechtigten ein in der Regel pauschalierter Mehrbedarf anzuerkennen.

RBSMehrbedarf in %Mehrbedarf in Euro
12,3%11,55
22,3%10,37
32,3%9,25
41,4%5,88
51,2%4,18
60,8%2,54

Dann gibt es noch atypische Bedarfslagen, Härtefälle, Einmalbedarfe und Sonderbedarfe, alles ausführlich beschrieben in der Sozialleistungsdatenbank SOLEX.

Quellen: Bundesregierung, SOLEX, Fokus-Sozialrecht

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Einmalige Bedarfe im SGB II

Seit Anfang 2021 ist mit dem § 21 Abs.6 im SGB II verankert, dass Hartz IV – Berechtigte nicht mehr nur auf laufende, sondern auch auf einmalige unabweisbare Bedarfe einen Anspruch haben. Zum Beispiel bei der Anschaffung eines digitalen Endgeräts, einer Waschmaschine oder einer Brille.

Weisung der Bundesagentur für Arbeit

Damit kam der Gestzgeber (endlich) einer Forderung des Bundesverfassungsgerichts, des Bundesrats und der Sozial- und Wohlfahrtsverbände nach. Nun hat die Bundesagentur für Arbeit eine Dienstanweisung zu den besonderen Bedarfen herausgegeben. Dort heißt es:

„Bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung für die Anerkennung eines Mehrbedarfs nach § 21 Absatz 6, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Letzteres ist der Fall bei Bedarfen, die nicht vom Regelbedarf erfasst werden. Bei einmaligen Bedarfen, die vom Regelbedarf erfasst sind, kommt dagegen grundsätzlich ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 in Betracht. Dieses kann aber ausnahmsweise nicht zumutbar sein, insbesondere wenn die leistungsberechtigte Person aufgrund eines nicht absehbaren und nicht selbst zu verantwortenden Notfallseinen außergewöhnlich hohen Finanzbedarf hat.
Kurzfristige Bedarfsspitzen (z. B. Waschmaschine, Wintermantel) sind im Regelfall durch ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 auszugleichen.“

Weisungen des BA sind zwar keine Gesetze, aber für alle BA-Mitarbeiter verbindlich. Mit dieser Weisung wird der Anspruch auf einmalige Bedarfe weitgehend ausgehebelt.

Kurz vor der Verfassungswidrigkeit

Harald Thome erklärt dazu in seinem Tacheles-Newsletter vom 24.20.21, die BA versuche mit dieser Weisung die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zu unterlaufen, welches im zweiten Regelsatzurteil klar und deutlich vorgegeben habe, dass die Regelbedarfe in einer Höhe bemessen sind, die kurz vor der Verfassungswidrigkeit lägen und in dem außerdem vorgegeben werde, dass eine Anspruchsgrundlage für Elektrogroßgeräte, Brillen und einmalige Bedarfe zu schaffen sei (BVerfG 23.7.2014 – 1 BvL 10/12).

73 Jahre Sparen für eine Waschmaschine

Beispiel Elektrogroßgeräte. In den Regelbedarfen ist für Waschmaschinen, Wäschetrockner, Geschirrspülmaschinen und Bügelmaschinen insgesamt ein Bedarf von 1,60 Euro vorgesehen, für eines dieser 4 Geräte, etwa eine Waschmaschine, also ein Viertel davon, also 40 Cent pro Monat. Der Hartz IV – Bezieher ist angehalten, für eine Neuanschaffung einer Waschmaschine aus dem laufenden Regelsatz Geld anzusparen. Täte er das gewissenhaft, müsste er mit 4,80 Euro im Jahr und bei einem Preis von etwa 350 Euro für eine einigermaßen energiesparende Waschmaschine knapp 73 Jahre lang sparen.

Da dies völlig unrealistisch ist, müsste hier der Mehrbedarfs-Absatz 6 im § 21 greifen. Da die Waschmaschine aber im Regelbedarf aufgelistet ist, kommt nach den aktuellen Weisungen nur ein Darlehen in Frage.

Mit Darlehen unter dem Existenzminimum

Darlehen müssen in der Regel mit 10 Prozent des jeweiligen Regelbedarfs zurückgezahlt werden. Das wären bei einem Bezieher von Regelbedarfsstufe 1 immerhin 44,90 Euro im Monat. Er müsste also von dem Existenzminimum, dass laut Bundesverfassungsgericht knapp an der Verfassungswidrigkeit vorbeischrammt, monatelang in anderen Bereichen einsparen. Vielleicht bei der Ernährung der Kinder?

Wenn ein einmaliger Bedarf nicht in der Regelbedarfsauflistung abgebildet ist, ist laut Gesetz „ein Darlehen wegen der Art des Bedarfs nicht möglich“. Wie dann zu verfahren ist, daüber steht in der Weisung kein Wort.

angeordneter Rechtsbruch

Harald Thome dazu: „Aus meiner Sicht wird mit der Weisung Rechtsbruch angeordnet.“

Quellen: Bundesagentur für Arbeit, Tacheles e.V.

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Mehrbedarfe für digitale Endgeräte für den Schulunterricht

Die aktuelle Weisung der Bundesagentur für Arbeit sieht vor, Kosten für digitale Endgeräte durch die Jobcenter zu bezuschussen, wenn diese für das Homeschooling benötigt, aber nicht von den Schulen bereitgestellt werden.

Auch bei einmaligem Bedarf

Aufgrund des „Gesetzes zur Ermittlung der Regelbedarfe und zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch sowie weiterer Gesetze vom 09.12.2020“ (BGBl. I-S. 2855) wurde u. a. der Mehrbedarf nach § 21 Absatz 6 SGB II angepasst. Daher ist nun unter bestimmten Voraussetzungen auch bei einmaligen unabweisbaren besonderen Bedarfen ein Zuschuss möglich.

Pandemiebedingt

Digitale Endgeräte sind grundsätzlich aus dem Regelbedarf zu beschaffen (oder gegebenenfalls über ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 SGB II). Doch war es bislang nicht erforderlich, dass jedem Schüler und jeder Schülerin ein digitales Endgerät für die Teilnahme am Schulunterricht zur Verfügung steht. Durch die pandemiebedingte Aussetzung des Präsenzunterrichtes hat sich diese Ausgangslage geändert. Aufgrund der aktuellen Beschlusslage auf Landesebene findet derzeit Schulunterricht flächendeckend nahezu ausschließlich digital statt.

zu viel für ein Darlehen

Soweit den betreffenden Schülerinnen und Schülern von ihrer jeweiligen Schule digitale Endgeräte nicht zur Verfügung gestellt werden, besteht ein einmaliger unabweisbarer besonderer Bedarf, der über den Regelbedarf hinausgeht. Dieser Bedarf ist aufgrund seiner Höhe auch nicht über ein Darlehen nach § 21 Absatz 6 SGB II i. V. m. § 24 Absatz 1 SGB II zu decken. Der Bedarf ist daher in diesen Fällen durch einen Zuschuss zu decken.

Berechtigte

Grundsätzlich berechtigt sind alle Schülerinnen und Schüler bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, die eine allgemein- oder berufsbildende Schule besuchen. Berechtigt sind auch solche Schülerinnen und Schüler, die eine Ausbildungsvergütung erhalten.

Rückwirkend zum 1.1.2021

Die Anerkennung dieses Mehrbedarfs kommt mit Wirkung vom 1. Januar 2021 in Betracht.

Höhe

Die Höhe des Mehrbedarfs ist im Einzelfall (soweit vorhanden) auf der Grundlage der schulischen Vorgaben zu ermitteln und sollte im Regelfall den Gesamtbetrag von 350,00 EUR je Schülerin oder Schüler für alle benötigten Endgeräte (z. B. Tablet/PC jeweils mit Zubehör, z. B. Drucker, Erstbeschaffung von Druckerpatronen) nicht übersteigen. Dabei ist der auf einen Drucker entfallende Anschaffungspreis auf alle zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden Schülerinnen und Schüler nach Köpfen aufzuteilen. Gegebenenfalls kann ein Mehrbedarf auch nur zur Beschaffung eines Druckers anerkannt werden.

Urteile zum Mehrbedarf

In der Vergangenheit hat es schon mehrfach Urteile von Sozialgerichten gegeben, die den Mehrbedarf für digitale Endgeräte anerkannt haben.

Quelle: Bundesagentur für Arbeit, FOKUS-Sozialrecht

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