Unfallversicherung – Weg zur Arbeit

Unstrittig ist, dass der Weg zur Arbeit unter dem Schutz der Unfallversicherung steht, sogar dann, wenn man wegen einer Fahrgemeinschaft Umwege fährt oder um die Kinder vorher in den Kindergarten zu bringen.

Arbeitsweg muss nicht von der Familienwohnung ausgehen

Was aber gilt, wenn man vorübergehend nicht in der Familienwohnung wohnt, sondern bei Verwandten oder Freunde? Gerade in diesen Pandemiezeiten gibt es dafür mitunter triftige Gründe, besipielsweise bei einer Quarantäne oder wenn man sich wegen der Erkrankung eines Familienmitglieds eine Zeitlang woanders aufhält.

Urteil des Bundessozialgerichts

Bislang war die Rechtsprechung zu dieser Frage teilweise uneinheitlich. Nun hat das Bundessozialgericht am 30.1.2021 in zwei Urteilen entschieden, dass für die Bewertung des Schutzes in der Gesetzlichen Unfallversicherung im Fall der Wegeunfälle von einem sog. dritten Ort keine einschränkenden Kriterien mehr gelten (Az.: B 2 U 2/18 R, B 2 U 20/18 R).

Dritter Ort

Ein dritter Ort liegt dann vor, wenn der Arbeitsweg nicht von der Wohnung aus angetreten wird, sondern von einem anderen Ort, oder wenn der Arbeitsweg nicht an der Wohnung, sondern an einem anderen Ort endet. Erfasst sind z. B. die Wohnung von Freunden, Partnern oder Verwandten. Das BSG hat in seinen Urteilen ausdrücklich klargestellt, dass es für den Versicherungsschutz insbesondere weder auf den Zweck des Aufenthaltes an dem dritten Ort noch auf einen Angemessenheitsvergleich mit der üblichen Weglänge und Fahrzeit des Arbeitsweges ankommt. Denn diese Kriterien sind im dafür maßgeblichen Siebten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) nicht genannt und würden ansonsten zu ungerechten Ergebnissen führen.

Egal ob 5 km oder 200 km

So ist es z. B. unerheblich, wenn an Stelle des üblichen Arbeitsweges von 5 km eine Strecke von 200 km zurückgelegt wird. Es ist auch nicht hinderlich, wenn der Aufenthalt am dritten Ort rein privaten Zwecken dient. Entscheidend ist, ob der Weg unmittelbar zum Zweck der Aufnahme der beruflichen Tätigkeit bzw. unmittelbar nach deren Beendigung zurückgelegt wird.

Vergleiche

Die Träger der Gesetzlichen Unfallversicherung haben in Umsetzung dieser Urteile unter anderem in anhängigen Gerichtsverfahren Vergleiche zugunsten der Betroffenen geschlossen.

Quelle: Pressemitteilung des Bayerischen Sozialgerichts

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Aufnahme von Flüchtlingen

Seit April 2020 hat die deutsche Bundesregierung mehr als 2.500 Schutzsuchende mit Charterflügen von Griechenland nach Deutschland gebracht. Das Programm läuft nun aus.

Gemeinsam mit 10 weiteren Organisationen – darunter Amnesty International, Deutscher Caritasverband, Diakonie, pro asyl, save the children, world vision – appelliert der Paritätische Wohlfahrtsverband an die Bundesregierung, die Aufnahme von Flüchtlingen von den griechischen Inseln fortzusetzen.

Kein warmes Wasser, keine sanitäre Versorgung, dazu die ständige Angst vor Gewalt, Übergriffen und einer möglichen Ansteckung mit dem Corona-Virus. Von einem Leben in Würde und Sicherheit sind viele Geflüchtete, die derzeit in Griechenland in überfüllten Lagern ausharren müssen, weit entfernt. Vor allem Kinder leiden unter den katastrophalen Zuständen in den Lagern auf den Inseln Lesbos oder Samos. 

Die Behörden in Griechenland sind mit der Situation überfordert, das Asylsystem ist heillos überlastet. So gab es im Januar 2021 laut UNO-Flüchtlingshilfe noch fast 90.000 unbearbeitete Asylfälle, deren Bearbeitung oft mehrere Jahre dauert. 

Mit dem letzten Charterflug am 31. März 2021 endete das Aufnahmeprogramm. Bisher gibt es allerdings keine Anzeichen der deutschen Bundesregierung, es fortzuführen. Die Situation vieler weiterer Schutzsuchender in Griechenland hat sich kaum verändert.

Die gemeinsamen Forderungen der Organisationen lauten:

Deutschland sollte die bestehenden Aufnahmeprozesse fortsetzen: Die deutsche Bundesregierung hat bereits verschiedene Verfahren auf Bundesebene geschaffen, um schutzbedürftige Menschen aus den griechischen Inseln aufzunehmen. Anstatt die Umsiedlung weiterer Menschen mit hohem Schutzbedarf nun zu beenden, sollten die Aufnahmeprozesse fortgesetzt werden. Dies wäre ein weiteres Zeichen der Menschlichkeit und europäischen Solidarität. Mehrere Bundesländer haben zudem zugesagt, Schutzsuchende aus den griechischen Lagern aufzunehmen.

Die enorme Aufnahmebereitschaft in Deutschland sollte gehört werden: Der Weihnachtsappell, der von mehr als 240 Bundestagsabgeordneten unterzeichnet wurde und in dem die Abgeordneten weitere Aufnahmen fordern, das ständig wachsende „Bündnis Städte Sicherer Häfen“, sowie die konkreten Aufnahmezusagen von Bundesländern sind eindrucksvolle Beispiele für das große zivilgesellschaftliche Engagement. Die Stimmen der Bürgerinnen und Bürger, der Vereine, Städte und Kirchen, Bewegungen, die sich seit Jahren für weitere Aufnahmen einsetzen, müssen gehört und ihrer Aufnahmebereitschaft Rechnung getragen werden.

Deutschland sollte vorangehen und sich weiterhin für eine langfristige europäische Lösung einsetzen: Neben Deutschland beteiligen sich derzeit viele weitere EU-Mitgliedstaaten an der Aufnahme von schutzbedürftigen Menschen aus den griechischen Inseln. Diese Solidaritätsmaßnahmen müssen fortgesetzt und ausgebaut werden. Deutschland sollte auch weiterhin vorangehen und sich für geordnete, menschenwürdige Aufnahmeverfahren durch aufnahmebereite Mitgliedstaaten einsetzen. Langfristig braucht es einen europäischen Rechtsrahmen, der die Verteilung von Schutzsuchenden auf aufnahmebereite Länder regelt.

Die Situation vor Ort muss endlich verbessert werden: Das Leid auf den ägäischen Inseln muss ein Ende haben. Es ist nicht hinnehmbar, dass schutzsuchende Familien, Kranke und Kinder in der EU hinter Zäunen, in Zelten und im Schlamm leben müssen. Die beteiligten Akteure müssen aktiver werden und menschenwürdige Bedingungen in den Aufnahmelagern schaffen. Dies sollte insbesondere den Zugang zu gesundheitlichen und sozialen Diensten und zu Rechtsberatung einschließen. Mit großer Sorge sehen wir außerdem die Bestrebungen, geschlossene Zentren an der Grenze einzurichten. Diese verhindern faire Asylverfahren und verschlimmern die Situation der Perspektivlosigkeit.

Bisherige Aufnahmen

Seit April 2020 hat Deutschland über 2.500 Schutzsuchende aus Griechenland über verschiedene Verfahren aufgenommen:

Im Rahmen einer europäischen Hilfsaktion nahm Deutschland 53 unbegleitete Minderjährige und 243 kranke Kinder einschließlich ihrer Kernfamilien auf (Koalitionsbeschluss vom 8. März 2020).

Nach dem Brand auf Lesbos beteiligte sich Deutschland an einer europäischen Aufnahme von unbegleiteten Minderjährigen und hat 150 unbegleitete Minderjährige aufgenommen.

Neben den unbegleiteten Minderjährigen entschied Deutschland nach den Bränden im Lager Moria, zusätzlich 1.553 Personen von den griechischen Inseln aufzunehmen, deren Schutzberechtigung bereits von den zuständigen griechischen Behörden festgestellt wurde.

News from The Borders

Über die Situation in den Flüchtlingslagern berichtet immer wieder ausführlich und eindrucksvoll Erik Marquardt, Fotograf und Mitglied des Europaparlaments, in seinem Blog News from The Borders

Quellen: DPWV, Amnesty, Eric Marquardt

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Barrierefreiheit

Am 24. März hat das Bundeskabinett das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) beschlossen. Es regelt die Barrierefreiheitsanforderungen für bestimmte Produkte und Dienstleistungen und beseitigt Barrieren beim Zugang zu Informationen und Kommunikation.

Umsetzung der EU-Richtlinie

Mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz wird die EU-Richtlinie zur Barrierefreiheit (European Accessibility Act, kurz: EAA) umgesetzt. Der Gesetzentwurf hat zum Ziel, die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen in der Europäischen Union zu harmonisieren und somit die Barrierefreiheit für Menschen mit Behinderungen zu verbessern. Durch einheitliche EU-Anforderungen soll das BFSG auch kleinen und mittleren Unternehmen helfen, die Möglichkeiten des europäischen Binnenmarktes auszuschöpfen. 

4 Jahre Zeit

Die Regelungen des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes sind grundsätzlich ab dem 28. Juni 2025 anzuwenden. Für Selbstbedienungsterminals wurde eine Übergangsfrist von 15 Jahren festgelegt.

Produkte und Dienstleistungen

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz gilt zum Beispiel für folgende Produkte:

  • Computer,
  • Tablets,
  • Geldautomaten,
  • Ticketautomaten,
  • Mobiltelefone,
  • Router,
  • Fernseher mit Internetzugang und
  • E-Book-Lesegeräte.

Daneben werden unter anderem für die folgenden Dienstleistungen Barrierefreiheitsanforderungen aufgestellt:

  • Internetzugangsdienste,
  • Telefondienste,
  • Messenger-Dienste,
  • Personenbeförderungsdienste,
  • Bankdienstleistungen,
  • E-Books und
  • der Online-Handel. 

Beratungsangebot

Für Kleinstunternehmen, die barrierefreie Dienstleistungen anbieten und erbringen, soll ein Beratungsangebot bei der Bundesfachstelle Barrierefreiheit geschaffen werden. 

Aufgabe der Bundesländer

Die Bundesländer üben die Marktüberwachung über die Einhaltung der Barrierefreiheitsanforderungen und damit über den Vollzug des Umsetzungsgesetzes als eigene Angelegenheit aus. 

Klagemöglichkeit und Schlichtung

Wenn bestimmte Produkte oder Dienstleistungen den Anforderungen zur Barrierefreiheit nicht entsprechen und Verbraucherinnen und Verbraucher daher die Produkte oder Dienstleistungen nicht oder nur eingeschränkt nutzen können, können sie von der zuständigen Landesbehörde der Marktüberwachung Maßnahmen zur Beseitigung des Verstoßes beantragen. Wird dies von der Behörde abgelehnt, steht den Antragstellenden der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten offen. Dazu können sich Verbraucherinnen und Verbraucher durch einen Verband vertreten lassen oder der Verband kann an Stelle des Verbrauchers im eigenen Namen handeln (gesetzliche Prozessstandschaft). Auch ein eigenes Verbandsklagerecht für Verbände und qualifizierte Einrichtungen ist vorgesehen. 

Außergerichtliche Einigungen können durch die Schlichtungsstelle Behindertengleichstellungsgesetz niederschwellig unterstützt werden.

Quelle: BMAS

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Sozialgericht Karlsruhe legt nach

Das Sozialgericht Karlsruhe hatte am 11.02.2021 entschieden, dass das Jobcenter einem Arbeitssuchenden zusätzlich zum Regelsatz entweder als Sachleistung wöchentlich 20 FFP2-Masken zuschicken oder als Geldleistung hierfür monatlich weitere 129,- € zahlen müsse.

In der Folge gab es gegenteilige Urteile vom

Arroganz der Gutprivilegierten

Die Begründungen ähneln sich. Masken seien billig, können wiederverwendet werden, es reichten ja auch OP-Masken (die Gesundheit von Hartz IV-Empfängern ist demnach nicht so wichtig), 10 Euro im Monat würden ausreichen, das könne bei Lebensmitteln oder durch weniger gesellschaftliche Teilhabe, die sei ja sowieso eingeschränkt, eingespart werden. Harald Thome von Tacheles e. V. schreibt dazu in seinem Newsletter treffend: „Mit der Arroganz der Gutprivilegierten werden die Anträge auf pandemische Zuschläge durch die Bank weggewischt.“

Das Sozialgericht Karlsruhe hat nun in einem weiteren Urteil klargemacht, dass der Corona-Zuschuss aus dem Sozialschutzpaket III zu gering und verfassungswidrig ist.

Leitsatz

Im Leitsatz des Urteils schreibt das Gericht, der mit dem Sozialschutzpaket III eingeführte § 70 SGB II sei unbeachtlich, da er gegen das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verstoße. § 70 SGB II komme sowohl nach dem subjektiven Willen des Bundesgesetzgebers als auch nach Maßgabe einer objektiven Auswertung der durch das Coronavirus SARS-Cov-2 bedingten Veränderungen der Verbrauchsausgaben einkommensschwacher Haushalte eine existenzsichernde
Funktion zu.

  • Im Widerspruch zu den verfassungsgerichtlich erkannten Beurteilungsmaßstäben ist den BT-Drucksachen zu § 70 SGB II in verfassungswidriger Weise nicht ansatzweise zu entnehmen, warum eine Einmalzahlung für den Monat Mai 2021 in Höhe von 150,- € den Mehrbedarf aufgrund der COVID-19-Epidemie für die Monate Januar 2021 bis Juni 2021 decken sollte.
  • Ferner werde das Grundrecht aus Art. 1 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 1 GG auch verletzt, weil § 70 SGB II n. F. in seiner künftigen Gestalt ohne hinreichenden Grund für die bereits in den Leistungsmonaten Januar 2021 bis April 2021 gegebenen Mehrbedarfe lediglich eine nachträgliche Leistungsgewährung im Mai 2021 vorsehe, obgleich es sodann wegen des zwischenzeitlichen Zeitablaufs evidenter Maßen schon zu spät sein werde, die Leistungen noch zweckentsprechend einzusetzen.
  • Des Weiteren verletze § 70 SGB II n. F. den Anspruch auf die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums für die Monate Januar 2021 bis April 2021 sowie Juni 2021 auch deswegen, weil in aus einem nicht verfassungslegitimen Grund die Leistungsgewährung existenzsichernder Mittel nicht nur vom Ausmaß der aktuellen Hilfebedürftigkeit abhängen solle, sondern auch davon, ob diese zu einem späteren bzw. früheren Zeitpunkt – nämlich: im Mai 2021 – vorliegen werde.
  • Schließlich verletze § 70 SGB II n. F. auch das allgemeine Gleichheitsgrundrecht, da kein Grund solcher Art und solchen Gewichts ersichtlich ist, der eine Diskriminierung von Grundsicherungsempfänger:innen rechtfertigt, welche im Mai 2021 aufgrund irgendwelcher Zufälligkeiten nicht im grundsicherungsrechtlichen Sinne hilfebedürftig sind und infolgedessen vom Schutzbereich der Norm nach ihrem unmissverständlichen Wortlaut auch in den übrigen Kalendermonaten der ersten Jahreshälfte des Jahres 2021 gänzlich ausgeschlossen würden.

27 Seiten Begründung

Auf einer 27 Seiten langen Begründung benennt das Gericht weitere Belastungen, die die Leistungsempfänger zur Zeit zu tragen haben. Die aktuelle Pandemie führt zu höheren und längeren Bedarfsspitzen, die Hilfebedürftige nicht durch Minderausgaben in anderen Bereichen kompensieren können und für die keine Vorsorge betrieben werden konnte. Mehrkosten entstehen nicht nur durch Masken, sondern auch durch

  • Homeschooling,
  • teurere Lebensmittel,
  • Wegfall von Lebensmittelausgaben der Tafel,
  • ausgefallenes Schulessen,
  • gestiegene Stromkosten,
  • gestiegene Spritpreise
  • die Verringerung des verfügbaren Einkommens durch Jobverluste und Kurzarbeit,
  • Wegfall von Einnahmequellen „auf der Straße“ für darauf angewiesene Menschen (ob durch den Verkauf von Straßenzeitungen, Straßenmusik oder auch Bettelei).

Zugang zu den Lebenschancen

Grundsicherungsempfänger*innen bezögen existenzsichernde Leistungen, so die Karlsruher Richter, in aller Regel nicht aus Bequemlichkeit, sondern, weil sie aus individuellen und gesellschaftlichen Gründen keinen gleichen Zugang zu den Lebenschancen hätten, welche der – insofern privilegierte und in Teilen ignorante – Großteil der Bevölkerung für selbstverständlich halte.

Sozialpflichtigkeit

Das bundesdeutsche Verfassungsrecht sehe in Art. 1 Abs. 1, Art. 14 Abs. 2 Satz 1 und 2 und Art. 20 Abs. 1 GG die Sozialpflichtigkeit nicht bei den Menschen, die bereits am untersten Rand des Menschenwürdigen lebten, sondern bei denen, die über ausreichend Privateigentum verfügten, denn dessen Gebrauch solle zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen, während die Würde des Menschen und das Prinzip des Sozialstaats unantastbar seien, vgl. Art. 79 Abs. 3 GG.

Quelle: Sozialgericht Karlsruhe, juris, Tacheles e.V., FOKUS-Sozialrecht

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Testpflicht nach dem Urlaub

Viele Äußerungen und Entscheidungen unserer offiziellen Krisenbewältiger lösen mittlerweile nur noch ungläubiges Kopfschütteln aus. So erzählt der Ministerpräsident von NRW im Landtag, man habe ja vor einigen Wochen noch gar nicht wissen können, dass die Virusmutationen so gefährlich seien. Hätte er damals mal den Wissenschaftlern zugehört. Ein weiteres vielbenutztes Märchen verbreitet ein anderer Ministerpräsident in einer Talkshow: Man habe lockern müssen, weil der Druck aus der Bevölkerung so groß geworden sei. Während der ganzen Pandemie gab es immer eine große Mehrheit für die Eindämmungsmaßnahmen, zuletzt sogar für deren Verschärfung. Ein Bundesland verkündet bei der Feststellung des „Notbremse“-Wertes über 100 strengere Maßnahmen, das andere Lockerungen. Am gleichen Tag.

Mallorca

In diese Reihe gehört auch die Mallorca-Geschichte. Letztes Jahr wurden die Fluggesellschaften mit vielen Milliarden Hilfen bedacht, sodass sie jetzt tolle Billigflugangebote für Reisen nach Mallorca machen können. Passend dazu wird rechtzeitig die Einstufung von Mallorca als Risikogebiet aufgehoben, streng nach Zahlen, ungeachtet der Ausbreitung der viel gefährlicheren Virusvarianten. Da bleibt als Regierungshandeln nur noch der Appell übrig, doch bitte vernünftig zu sein, nach dem Motto, wenn wir schon nicht vernünftig sind, dann seid ihr es wenigstens.

Ergänzung der Testverordnung

Jetzt sollen es die Tests richten. Dazu wurde die Testverordnung geändert. Ab dem 30. März müssen Flugreisende vor Abflug nachweisen, dass sie nicht mit dem Coronavirus infiziert sind. Für alle anderen Einreisenden gelten weiterhin die Regelungen je nach Einstufung des Gebietes als Risiko-, Hochrisiko- oder Virusvariantengebiet.

Die Regelungen für Flugreisende, die nach Deutschland einreisen wollen, sind um eine generelle Testpflicht ergänzt worden. Dies wurde im Rahmen der Änderung der Coronavirus-Einreiseverordnung am 26. März 2021 vom Bundeskabinett beschlossen. Die neue Testpflicht gilt ab dem 30. März 0 Uhr bis einschließlich zum 12. Mai 2021. Ein negatives Testergebnis muss dann bei Flugreisenden vor Abreise vorliegen. Der Test darf maximal 48 Stunden alt sein. Nur, wer einen negativen Testnachweis erbringen kann, darf befördert werden. Flugreisende müssen den Test selbst bezahlen.

Was weiterhin gilt:

Neben diesen Neuerungen gelten die bisherigen Regelungen weiterhin für alle Reisenden, die mit Bus oder Bahn, Auto oder Schiff einreisen.

Unterschieden werden drei Arten von Risikogebieten im Ausland:

  • Gebiete, für die das Bundesgesundheitsministerium im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt und dem Bundesinnenministerium ein erhöhtes Risiko für eine Infektion mit einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit festgestellt hat
  • Hochinzidenzgebiete mit einer Inzidenz, die ein Mehrfaches über derjenigen von Deutschland liegt, mindestens aber 200 beträgt
  • Gebiete, in denen besonders ansteckende Virusmutationen verbreitet sind

Nach Aufenthalt in einem Risikogebiet müssen Einreisende grundsätzlich und wie bisher eine digitale Einreiseanmeldung ausfüllen. Spätestens 48 Stunden nach ihrer Einreise müssen sie über einen Nachweis verfügen, dass sie bei Einreise nicht mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infiziert sind, und diesen auf Anforderung der zuständigen Behörde vorlegen.

Wer aus einem Risikogebiet einreist, in dem besonders hohe Inzidenzen bestehen oder besonders ansteckende Virusvarianten verbreitet sind, muss den Nachweis bereits bei Einreise mit sich führen und auf Anforderung des Beförderers bei Abreise, der zuständigen Behörde bei Einreise oder bei polizeilicher Kontrolle vorlegen.

Beim Robert-Koch-Institut gibt es eine Übersicht der aktuell ausgewiesenen Risikogebiete, Hochinzidenzgebiete und Gebiete mit nachgewiesenen Virusmutationen.

Quarantänepflichten unverändert

An der Pflicht, sich nach Einreise aus Risikogebieten in Selbstisolation, also Quarantäne zu begeben, wird festgehalten. Reisende, die aus dem Ausland einreisen und sich innerhalb der letzten zehn Tage vor der Einreise in einem als Risikogebiet eingestuften Gebiet aufgehalten haben, sind verpflichtet, sich unverzüglich nach der Einreise für die Dauer von zehn Tagen in Quarantäne zu begeben.

Unter bestimmten Voraussetzungen ergeben sich Ausnahmen von der Verpflichtung, sich in Quarantäne zu begeben. Die Bundesländer erlassen die für alle Einreisenden aus Risikogebieten verbindlichen Quarantäneregelungen einschließlich ihrer Ausnahmen. Hier eine Übersicht über die in den Ländern geltenden Bestimmungen.

Seit 1. März müssen Betreiber von Mobilfunknetzen ihre Kunden per SMS über die in Deutschland geltenden Einreise- und Infektionsschutzmaßnahmen informieren.

Die Bundesregierung veröffentlicht einen Überblick über die geltenden Regelungen für alle Reisende und Pendler. 

Quelle: Bundesregierung

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Zugang zum Kurzarbeitergeld

Das Bundeskabinett hat am 24.3.2021 die Zweite Verordnung zur Änderung der Kurzarbeitergeldverordnung verabschiedet. Sie soll noch Ende März in Kraft treten.

Antragsfrist verlängert

Unternehmen können den erleichterten Zugang zu Kurzarbeitergeld weiterhin in Anspruch nehmen. Die Bundesregierung verlängert die Antragsfrist um drei Monate bis zum 30. Juni 2021. Auch Leiharbeiter profitieren. Über die erste Änderung der Kurzarbeitergeldverordnung berichteten wir im November 2020.

Die Zugangserleichterungen zum Kurzarbeitergeld werden mit der Verordnung auch für Fälle verlängert, in denen Kurzarbeit (anstatt wie bislang bis zum 31. März 2021) bis spätestens zum 30. Juni 2021 neu oder nach einer Unterbrechung von mindestens drei Monaten erneut eingeführt wird. Damit wird der Zugang zu den Zugangserleichterungen um drei Monate erweitert.

Anteil der Kurzarbeiter bei mindestens 10 Prozent

Für Betriebe, die bis zum 30. Juni 2021 (statt bisher 31. März 2021) Kurzarbeit einführen, bleibt der Anteil der Beschäftigten, der für den Zugang zum Kurzarbeitergeld von Arbeitsausfall betroffen sein muss, weiter auf mindestens zehn Prozent abgesenkt, und auf den Aufbau negativer Arbeitszeitsalden vor der Gewährung des Kurzarbeitergeldes wird weiterhin verzichtet. Diese Erleichterungen sind weiterhin bis zum 31. Dezember 2021 befristet.

Für Kurzarbeit, mit der ab 1. Juli 2021 begonnen wird, gelten die erleichterten Zugangsvoraussetzungen nicht mehr.

Leiharbeitnehmer*innen

Die befristete Öffnung des Kurzarbeitergeldes für Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer bis zum 31. Dezember 2021 gilt auch für Verleihbetriebe, die bis zum 30. Juni 2021 (statt bisher 31. März 2021) Kurzarbeit eingeführt haben. Danach tragen die Verleihbetriebe das branchenübliche Risiko verleihfreier Zeiten wie vor der Einführung der pandemiebedingten Sonderregelungen wieder selbst.

Quelle: Bundeskabinett

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Rentenwert 2021

Die Überschrift lautet dieses Jahr nicht „Rentenerhöhung“, wie in den vergangenen Jahren. 2021 wird es keine Rentenerhöhung geben, jedenfalls nicht im Westen, im Osten nur minimal.

In der Pressemitteilung vom 18.3.2021 des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales heißt es: „Die Renten bleiben stabil.“ Da die gesetzlich verankerte Rentengarantie Rentenkürzungen verhindere, verbleibe in Westdeutschland der ab 1. Juli 2021 geltende aktuelle Rentenwert weiterhin bei 34,19 Euro, obwohl die rechnerische Rentenanpassung negativ sei. In den neuen Ländern schreite die Rentenangleichung voran. Der aktuelle Rentenwert für die neuen Bundesländer steige entsprechend der gesetzlich vorgegebenen Angleichungsstufe um 0,72 Prozent auf 97,9 Prozent des aktuellen Rentenwerts West und betrage damit 33,47 Euro.

Rente folgt der Lohnentwicklung

Grundlage für die Rentenanpassung ist die Lohnentwicklung. Die für die Rentenanpassung maßgebliche Lohnentwicklung beträgt in den alten Ländern -2,34 Prozent. Sie basiert auf den vom statistischen Bundesamt gemeldeten Bruttolöhnen- und -gehältern je Arbeitnehmer nach den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR), wobei der Einfluss der Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigungen („Ein-Euro-Jobs“) außer Acht bleibt. Wegen der COVID-19-Pandemie und der damit verbundenen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt sind die VGR-Löhne in den alten Bundesländern im vergangenen Jahr leicht gesunken. Darüber hinaus wird die beitragspflichtige Entgeltentwicklung der Versicherten berücksichtigt, die für die Einnahmesituation der gesetzlichen Rentenversicherung entscheidend ist. In diesem Jahr kommt hier ein Sondereffekt zum Tragen, da die DRV Bund als Folge des Flexirentengesetzes die statistische Abgrenzung der beitragspflichtigen Entgelte geändert hat und nun deutlich mehr geringfügig Beschäftigte statistisch erfasst, weshalb die durchschnittlichen beitragspflichtigen Entgelte um rund 2 Prozent geringer ausfallen. Wegen der ohnehin negativen rechnerischen Rentenanpassung und der damit verbundenen Anwendung der Rentengarantie hat dies jedoch keinen Einfluss auf die Höhe der diesjährigen Rentenanpassung.

Nachhaltigkeitsfaktor

Neben der Lohnentwicklung wird die Höhe der Rentenanpassung noch durch den Nachhaltigkeitsfaktor und den Faktor Altersvorsorgeaufwendungen bestimmt. Mit dem Nachhaltigkeitsfaktor wird die Entwicklung des zahlenmäßigen Verhältnisses von Rentenbeziehenden zu Beitragszahlenden bei der Anpassung der Renten berücksichtigt. Auch hier kommt es zu negativen Auswirkungen aufgrund der COVID-19-Pandemie. Deswegen wirkt sich der Nachhaltigkeitsfaktor in diesem Jahr mit -0,92 Prozentpunkten anpassungsdämpfend aus. Durch den Faktor Altersvorsorgeaufwendungen wird die Veränderung der Aufwendungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beim Aufbau ihrer Altersvorsorge auf die Anpassung der Renten übertragen. Da sich der Beitragssatz in der allgemeinen Rentenversicherung im Jahr 2020 nicht verändert hat, wirkt sich dieser Faktor nicht auf die diesjährige Rentenanpassung aus. 

Rentengarantie

Aufgrund der genannten Einflüsse ergibt sich eine rechnerische Rentenanpassung von -3,25 Prozent. Wegen der Rentengarantie bleibt aber der ab 1. Juli 2021 geltende aktuelle Rentenwert weiterhin bei 34,19 Euro. Die Rentengarantie stellt seit dem Jahr 2009 sicher, dass die Anwendung der Rentenanpassungsformel nicht zu einer Minderung des aktuellen Rentenwerts führt. 

Bei der Rentenanpassung für die neuen Bundesländer sind die im Rentenüberleitungs-Abschlussgesetz festgelegten Angleichungsschritte relevant. In diesem Jahr ist der aktuelle Rentenwert (Ost) mindestens so anzupassen, dass er 97,9 Prozent des Westwerts erreicht. Mit dieser Angleichungsstufe fällt die Rentenanpassung Ost höher aus als nach der tatsächlichen Lohnentwicklung Ost. 

Auf Basis der vorliegenden Daten beträgt der ab dem 1. Juli 2021 geltende aktuelle Rentenwert weiterhin 34,19 Euro und der aktuelle Rentenwert (Ost) steigt mit der diesjährigen Rentenanpassung von 33,23 Euro auf 33,47 Euro. Dies entspricht einer Rentenanpassung in den neuen Ländern von 0,72 Prozent.

Auswirkungen

Durch die Anhebung des Rentenwerts steigen nicht nur die Renten bei der

  • Altersrente,
  • Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung,
  • Rente wegen voller Erwerbsminderung,
  • Witwen- und Witwerrenten,
  • Waisenrente,
  • Sozialversicherung der Landwirte,

auch die Hinzuverdienstgrenzen sind betroffen:

  • für Rentner wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung, deren Rentenbeginn vor dem 30.6.2017 lag,
  • für die Bezieher von Witwen- oder Witwerrenten.

Auch für die Unfallversicherung ist der Rentenwert relevant:

Die Höhe des Pflegegeldes nach § 44 SGB VII wird jährlich entsprechend der Rentenentwicklung angepasst. Das Pflegegeld beträgt unter Berücksichtigung der Art oder Schwere des Gesundheitsschadens sowie des Umfangs der erforderlichen Hilfe ab 1.7.2021 monatlich

zwischen 387 EUR und 1.542 EUR in den alten Bundesländern
(keine Änderung) und

zwischen 362 EUR und 1.494 EUR in den neuen Bundesländern
(bis 30.6.2021: zwischen 359 EUR und 1.483 EUR) festzusetzen.

Die Blindenhilfe ist ebenfalls an den Rentenwert (West) gekoppelt:

So bleibt das Blindengeld zum 1. Juli 2021

  • für Personen über 18 Jahren bei 765,43 EUR und
  • für Personen unter 18 Jahren bei 383,37 EUR.

Das betrifft auch die Blindenhilfe einiger Bundesländer, die ihre Leistung an den Rentenwert gekoppelt haben. Es sind dies:

  • Bayern
  • Berlin
  • Bremen
  • Hamburg
  • Hessen
  • Nordrhein-Westfalen.

Quelle; BMAS, SOLEX

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Krankschreibung und andere Sonderregeln

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat am 18. März die Corona-Sonderregeln für die Ausstellung von Krankschreibungen, für ärztlich verordnete Leistungen und Krankentransporte sowie für die telefonische Beratung in der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung über den 31. März hinaus um weitere drei bzw. sechs Monate verlängert.

Grund ist das wieder steigende Infektionsgeschehen; Ziel die Entlastung der Arztpraxen und das Gering-Halten der Arzt-Patienten-Kontakte.

Es geht um folgende Sonderregeln:

  • Arbeitsunfähigkeit: Patientinnen und Patienten, die an leichten Atemwegserkrankungen leiden, können wie bisher telefonisch für bis zu 7 Kalendertage krankgeschrieben werden. Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte müssen sich dabei persönlich vom Zustand der Patientin oder des Patienten durch eine eingehende telefonische Befragung überzeugen. Eine einmalige Verlängerung der Krankschreibung kann telefonisch für weitere 7 Kalendertage ausgestellt werden. 
    Gilt bis 30. Juni 2021.
  • ASV: In der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) bleibt der Behandlungsumfang um die Möglichkeit zur telefonischen Beratung für alle Patientengruppen erweitert. 
    Gilt bis 30. Juni 2021.
  • Entlassmanagement: Krankenhausärztinnen und -ärzte können weiterhin im Rahmen des Entlassmanagements eine Arbeitsunfähigkeit für eine Dauer von bis zu 14 Kalendertagen statt bis zu 7 Tagen nach Entlassung aus dem Krankenhaus bescheinigen. Ebenso können sie für die Dauer von bis zu 14 Tagen häusliche Krankenpflege, spezialisierte ambulante Palliativversorgung, Soziotherapie sowie Hilfs- und Heilmittel verordnen, insbesondere dann, wenn das zusätzliche Aufsuchen einer Arztpraxis vermieden werden soll. Außerdem können die Verordnungsmöglichkeiten von Arzneimitteln bei der Entlassung aus dem Krankenhaus wie bisher flexibler gehandhabt werden. 
    Gilt bis Ende der epidemischen Lage.
  • Erleichterte Vorgaben für Verordnungen: Heilmittel-Verordnungen bleiben auch dann gültig, wenn es zu einer Leistungsunterbrechung von mehr als 14 Tagen kommt. Darüber hinaus bleiben Ausnahmen für bestimmte Fristen bei Verordnungen im Bereich der häuslichen Krankenpflege bestehen: Folgeverordnungen müssen nicht in den letzten 3 Arbeitstagen vor Ablauf des verordneten Zeitraums ausgestellt werden. Außerdem können Ärztinnen und Ärzte Folgeverordnungen für häusliche Krankenpflege für bis zu 14 Tage rückwirkend verordnen. Ebenfalls muss vorübergehend eine längerfristige Folgeverordnung von häuslicher Krankenpflege nicht begründet werden. 
    Gilt bis 30. September 2021.
  • Krankentransport: Krankentransportfahrten zu nicht aufschiebbaren zwingend notwendigen ambulanten Behandlungen von nachweislich an Corona erkrankten Versicherten oder von Versicherten, die aufgrund einer behördlichen Anordnung unter Quarantäne stehen, bedürfen wie bisher vorübergehend nicht der vorherigen Genehmigung durch die Krankenkasse. 
    Gilt bis Ende der epidemischen Lage.
  • Verlängerung der Vorlagefrist für Verordnungen: Die Frist zur Vorlage von Verordnungen bei der Krankenkasse bleibt weiterhin für häusliche Krankenpflege, Soziotherapie sowie spezialisierte ambulante Palliativversorgung von 3 Tagen auf 10 Tage verlängert. 
    Gilt bis 30. September 2021.
  • Verordnungen nach telefonischer Anamnese: Folgeverordnungen für häusliche Krankenpflege, Hilfsmittel und Heilmittel dürfen weiterhin auch nach telefonischer Anamnese ausgestellt werden. Voraussetzung ist, dass bereits zuvor aufgrund derselben Erkrankung eine unmittelbare persönliche Untersuchung durch die Ärztin oder den Arzt erfolgt ist. Die Verordnung kann dann postalisch an die Versicherte oder den Versicherten übermittelt werden. Dies gilt im Bereich der Heilmittel auch für Folgeverordnungen von Zahnärztinnen und Zahnärzten. Ebenso sind weiterhin Verordnungen von Krankentransporten und Krankenfahrten aufgrund telefonischer Anamnese möglich. 
    Gilt bis 30. September 2021.
  • Videobehandlung: Eine Behandlung kann weiterhin auch per Video stattfinden, wenn dies aus therapeutischer Sicht möglich und die Patientin oder der Patient damit einverstanden ist. Diese Regelung gilt für eine Vielzahl von Heilmitteln, die von Vertrags(zahn)ärztinnen und -ärzten verordnet werden können. Auch Soziotherapie und psychiatrische häusliche Krankenpflege können mit Einwilligung der Patientin oder des Patienten per Video erbracht werden. 
    Gilt bis 30. September 2021.

Der Beschluss trat am 18. März 2021 in Kraft.

Quelle: G-BA

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Zwischenbericht zum Teilhabechancengesetz

Seit dem 1. Januar 2019 gilt das Teihabechancengesetz (nicht zu verwechseln mit dem Teilhabestärkungsgesetz, bei denen es um Änderungen im SGB IX geht.). Mit dem Teihabechancengesetz sollte ein neuer sozialer Arbeitsmarkt entstehen, durch den die Beschäftigungschancen von arbeitsmarktfernen Menschen verbessert und damit soziale Teilhabe ermöglicht würde.

Zwischenbericht

Mittlerweile werden rund 55.000 Arbeitsverhältnisse gefördert. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hat die Wirkung des Gesetzes untersucht und bewertet es in seinem Zwischenbericht durchweg sehr positiv. 

Die drei wichtigsten Erkenntnisse des IAB sind:

  • Die Jobcenter empfinden vor allem die Förderung der „Teilhabe am Arbeitsmarkt“ (§ 16i SGB II) als innovativ und als Bereicherung für die Eingliederung von arbeitsmarktfernen Menschen.
  • Mit dem Teilhabechancengesetz werden die richtigen Zielgruppen erreicht: Arbeitsmarktferne langzeitarbeitslose Menschen, meist ohne Berufsabschluss, darunter viele ältere Menschen.
  • Klar bestätigt wird, dass der neue Ansatz, geförderte Beschäftigung mit einem begleitenden Coaching zu verbinden, zu einer nachhaltigeren Beschäftigungsaufnahme führt. Dies sichert eine Stabilisierung im Alltag und im Beruf.

Worum geht’s?

Es handelt sich um Instrumente der Jobcenter, deren Rechtsgrundlage im SGB II geregelt ist:

  • § 16e SGB II: Eingliederung von Langzeitarbeitslosen und
  • § 16i SGB II: Teilhabe am Arbeitsmarkt

Eingliederung von Langzeitarbeitslosen

Bei diesem Instrument geht es um die Besetzung vorhandener Arbeitsplätze mit Langzeitarbeitslosen und deren Verbesserung von Beschäftigungsfähigkeit und Beschäftigungschancen.

Gefördert werden sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse bei allen Arten von Arbeitgebern mit dem Ziel der Integration in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Lohnkostenzuschüsse stellen für Arbeitgeber einen besonderen Anreiz dar, Langzeitarbeitslose zu integrieren. Die Ausgestaltung als klassischer Lohnkostenzuschuss ist für Arbeitgeber attraktiv. Anders als bei einer Maßnahme besteht keine temporäre Zuweisung; die Förderung knüpft allein daran an, dass ein mindestens zweijähriges Arbeitsverhältnis begründet wird.

Teilhabe am Arbeitsmarkt

Damit sollten zusätzliche Arbeitsplätze für langzeitarbeitslose Menschen über 25 Jahren geschaffen werden. Neben der Verbesserung von Beschäftigungsfähigkeit und -chancen soll auch die soziale Teilhabe gefördert werden.

Durch individuelle Beratung und intensive Betreuung sollen sie bei der Suche nach einem passenden Arbeitsplatz unterstützt werden. Arbeitgeber erhalten Zuschüsse zu den Lohnkosten, die Beschäftigten eine beschäftigungsbegleitende Unterstützung.

Es handelt sich um ein bewerberorientiertes Vorgehen der Jobcenter, insbesondere die gezielte Stellenakquise in der direkten Arbeitgeberansprache. Das Jobcenter bietet dazu eine ganzheitliche beschäftigungsbegleitende Betreuung (sog. Coaching) für diesen Personenkreis, der in absehbarer Zeit keine realistische Chance auf eine ungeförderte Beschäftigung hätte. Dies soll eine längerfristige Perspektive zur Teilhabe am Arbeitsmarkt eröffnen. Neben der Eröffnung von Teilhabechancen bleibt die Förderung von Beschäftigungsfähigkeit und damit der Übergang aus der geförderten in eine ungeförderte Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mittel- und langfristig das Ziel.

Entfristung

Die Regelungen des § 16i SGB II laufen zum Jahresende 2024 aus. Förderungen können bis bis zum 31. Dezember 2024 beginnen und längstens bis zum 31. Dezember 2029 erbracht werden.

Die positiven Ergebnisse und Erkenntnisse des IAB sowie die Rückmeldungen aus der Praxis sprechen bereits jetzt dafür, so das BMAS, § 16i SGB II „Teilhabe am Arbeitsmarkt“ zu entfristen und dauerhaft im Förderinstrumentarium des SGB II zu implementieren.

Quellen: BMAS, Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), FOKUS-Sozialrecht

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Mindestlohn auf 12 Euro?

Seit 1.1.2021 beträgt der Mindestlohn 9,50 Euro in der Stunde. Geplant und im Mindestlohngesetz bzw. in der Dritten Mindestlohnanpassungsverordnung (MiLoV3) festgelegt sind weitere Erhöhungen alle halbe Jahre:

• zum 01.07.2021: 9,60 Euro
• zum 01.01.2022: 9,82 Euro
• zum 01.07.2022: 10,45 Euro.

Eckpunkte

Bereits Ende 2018 schrieb Finanzminister Olaf Scholz in der Bild-Zeitung: „Ich finde, dass 12 Euro Mindestlohn angemessen sind. Am Lohn sollten Unternehmen nicht sparen.“ Nun hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) zusammen mit dem Bundesministerium der Finanzen (BMF) ein Eckpunktepapier vorgelegt, wie der Mindestlohn weiterentwickelt werden kann. Der Mindestlohn soll im Jahr 2022 auf mindestens 12 Euro ansteigen.

Median statt arithmetisches Mittel

Das Mindestlohngesetz soll dafür geändert werden. Dort soll künftig bei der Anpassungsentscheidung der Mindestlohnkommission der Medianlohn stärker berücksichtigt werden. Wenn der Medianlohn statt des Durchschnittslohns für die Berechnungen herangezogen wird, würde der Mindestlohn stärker an die allgemeine Lohnentwicklung gekoppelt und damit höher ausfallen. Im Gegensatz zum arithmetischen Mittel der Löhne teilt der Medianlohn die Verteilung genau in der Mitte: Die eine Hälfte der Beschäftigten erhält geringere, die andere Hälfte höhere Löhne. Mit dem Bezug zum Medianlohn soll sichergestellt werden, dass der Mindestlohn nicht bei jeder Erhöhung automatisch zu einer Erhöhung des Bezugspunktes führt, wie dies beim arithmetischen Mittel der Fall wäre.

Kommission hat sich bewährt

Das Eckpunktepapier bestätigt, dass sich die Anpassung des Mindestlohns durch eine Kommission sachnaher Sozialpartner grundsätzlich bewährt habe. Sie solle deshalb für die Anpassung des Mindestlohns zuständig bleiben. Allerdings habe die Evaluation gezeigt, dass in wirtschaftlich guten Zeiten Spielräume für eine stärkere Anhebung des Mindestlohns nicht genutzt worden seien. Es sei eine Frage der gesellschaftlichen Teilhabe, dass auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die zum Mindestlohn beschäftigt werden, an der allgemeinen Wohlstandsentwicklung partizipieren.

Living Wage

Der Mindestlohn solle deshalb in Richtung eines echten, auf Teilhabe gerichteten „Living Wage“*) fortentwickelt und damit der Erwerbsarmut entgegenwirkt werden. Richtig sei, dass Armut bzw. gesellschaftliche Teilhabe von einer Vielzahl von Faktoren abhängen. Richtig sei aber auch, dass für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer regelmäßig die Vergütungshöhe maßgeblich dafür ist, inwieweit gesellschaftliche Teilhabe möglich ist.

Armutsgefährdung berücksichtigen

Der in in § 9 Absatz 2 Mindestlohngesetz (MiLoG) vorgesehene Prüfkatalog soll daher präzisiert und ergänzt werden. Die Mindestlohnkommission soll im Rahmen des Prüfkriteriums „angemessener Mindestschutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“ auch den Gesichtspunkt der Armutsgefährdung maßgeblich berücksichtigen. Von einer Armutsgefährdung soll regelmäßig bei einem auf Vollzeitbasis erzielten Arbeitsentgelt unterhalb der Schwelle von 60 Prozent des Medianlohns ausgegangen werden.

*) Living Wage: Laut Wikipedia ein Familieneinkommen bzw. ein Lohn in der Höhe, das nicht das bloße physische Überleben, sondern die Existenz einschließlich sozialer und kultureller Teilhabe sichert.

Quelle: BMAS, FOKUS-Sozialrecht

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