Anhörung via Bild- und Tonübertragung geplant

In der Bundesratssitzung am 15. Mai 2020 wurde beschlossen, ein vom Land Nordrhein-Westfalen, Hessen, Niedersachsen und Saarland vorgeschlagenes „Gesetz zum Schutz vulnerabler Personen bei richterlichen Anhörungen im Betreuungs- und Unterbringungsverfahren“ im Bundestag einzubringen.

Zweck der Vorlage

§ 278 Abs. 1 FamFG sowie § 319 Abs. 1 FamFG für das unterbringungsrechtliche Verfahren sehen wegen des tiefen Grundrechtseingriffs einer möglichen freiheitsentziehenden Maßnahme grundsätzlich eine persönliche Anhörung und das Verschaffen eines persönlichen Eindrucks durch den Richter „im unmittelbaren Angesicht“ des Betroffenen vor. Nach dem Gesetzeswortlaut reichen hierzu weder telefonische oder schriftliche Anhörungen noch eine Anhörung per Videotelefonie.

Diese derzeitige gesetzliche Ausgestaltung der richterlichen Anhörungspflichten im Betreuungs- und Unterbringungsverfahren kann angesichts der hohen Ansteckungsgefahr des COVID-19-Virus zu einer ernsten gesundheitlichen Gefahr für besonders vulnerable Personen führen.

Zwar gibt es in engen Ausnahmen die Möglichkeit von einer persönlichen Anhörung des Betroffenen abzusehen Die Verpflichtung des Ge-richts, sich einen persönlichen Eindruck zu verschaffen, bleibt daneben grundsätz-lich bestehen. Ferner setzen die gesetzlichen Möglichkeiten, von der Anhörung bei Gefahr im Verzug durch Erlass einer einstweiligen Anordnung abzusehen, zwin-gend voraus, dass die Durchführung der persönlichen Anhörung des Betroffenen zeitlich nicht abgewartet werden kann. Zudem muss die Anhörung in solchen Fällen unverzüglich – also in der Regel noch vor dem Ende der Pandemie – nachgeholt werden, womit die dargestellte Problematik nicht gelöst wäre.

Nach derzeitiger Rechtslage bestehen damit nicht unbeträchtliche Unsicherheiten, wieweit die Richterinnen und Richter dieser Gefährdungslage begegnen können.

Flexible Anhörung nur unter engen Voraussetzungen

Dem beschriebenen Problem ist durch eine gesetzliche Einschränkung der Erforderlichkeit von persönlichem Kontakt bei entsprechenden Anhörungen während einer epidemische Lage von nationaler Tragweite gemäß § 5 Infektionsschutzgesetz (IfSG) sowie in den Lebensbereichen zu begegnen, in denen regelmäßig besonders vulnerable Personengruppe betroffen sind.

Hierbei soll auf eine Anhörung nicht vollständig verzichtet werden, vielmehr soll diese lediglich auch mittels zeitgleicher Bild- und Tonübertragung an einen anderen Ort möglich sein. Um ggf. bestehenden Vorbehalten Rechnung zu tragen, darf diese Form der Anhörung nur unter engen Voraussetzungen erfolgen:

  • Grundlegende Voraussetzung ist zunächst, dass der Deutsche Bundestag eine epi-demische Lage nach § 5 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) von nationaler Tragweite festgestellt hat.
  • Weiter ist erforderlich, dass die Gefährdung im Einzelfall nicht hinreichend ausgeschlossen werden kann. Daher muss die persönliche Anhörung in der üblichen Form etwa dann durchgeführt werden, wenn Schutzausrüstung, medizinische Masken oder Ähnliches zur Verfügung stehen bzw. wenn ein ausreichender Sicherheitsabstand zuverlässig hergestellt werden kann. Nur wenn solche Sicherungsmaßnahmen nicht kurzfristig ergriffen werden können, darf die Anhörung im Wege der Bild und Tonübertragung durchgeführt werden.
  • Zudem soll das Gericht verpflichtet werden, nach Beendigung der epidemischen Lage im Sinne des Infektionsschutzgesetzes die Anhörung unverzüglich in der üblichen Form nachzuholen.

Quelle: Bundesrat, Gesetzantrag 211/20 vom 15.5.2020

Intensivpflege – Gesetz weiter in der Kritik

Das Gesetz zur Stärkung von intensivpflegerischer Versorgung und
medizinischer Rehabilitation in der gesetzlichen Krankenversicherung
(Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz – GKV-IPReG) war auf FOKUS Sozialrecht schon mehrfach Thema (hier, hier, hier)

In der kommenden Woche, am 27.5.2020, wird der Gesetzentwurf erneut im Bundestag beraten. Auch in seiner aktuellen Fassung ruft es Widerstand vor allem bei den Betroffenen und ihren Verbänden hervor. Hauptkritikpunkt bleibt, dass zukünftig der Medizinische Dienst im Wege der Beurteilung darüber, ob eine dauerhafte Versorgung in der eigenen Häuslichkeit sichergestellt sei, entscheidet, wo und wie ein Mensch die nötige intensivpflegerische Versorgung erhält.

Ziele des Gesetzes

Fehlanreize in der Intensivpflege beseitigen

Ziel des Regierungsentwurfs ist es, Intensiv-Pflegebedürftige besser zu versorgen, Fehlanreize in der Intensivpflege zu beseitigen und die Selbstbestimmung der Betroffenen zu stärken. Dazu soll ein neuer Leistungsanspruch auf außerklinische Intensivpflege in das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) aufgenommen werden.

Verordnen dürfen die außerklinische Intensivpflege nur besonders qualifizierte Ärztinnen und Ärzte. Damit Patientinnen und Patienten in der Intensivpflege dauerhaft qualitätsgesichert versorgt werden, ist vorgesehen, dass die Medizinischen Dienste im Auftrag der Krankenkassen im Rahmen einer persönlichen Begutachtung am Leistungsort jährlich prüfen, ob die medizinische und pflegerische Versorgung sichergestellt werden kann.

Zugang zur medizinischen Rehabilitation erleichtern

Außerdem soll der Zugang zur medizinischen Rehabilitation erleichtert werden: Die verordnenden Ärztinnen und Ärzte sollen die medizinische Notwendigkeit einer geriatrischen Rehabilitation feststellen. Die Krankenkassen sind laut Bundesregierung an diese Feststellung gebunden.

Mit dem Gesetz soll auch das Wunsch- und Wahlrecht der Versicherten gestärkt werden: Der Mehrkostenanteil, den Versicherte tragen müssen, wenn sie eine andere als die von der Krankenkasse zugewiesene Reha-Einrichtung wählen, soll halbiert und die Mindestwartezeit für eine erneute Reha von Kindern und Jugendlichen gestrichen werden.

Gegenposition und Änderungsvorschläge

Die Änderungsungsvorschläge stammen von AbilityWatch e.V.

§ 37c Abs. 2 Satz 2 soll so gefasst werden, dass einerseits gegen Abrechnungsbetrug, Missbrauch und ungenügende Versorgung vorzgegangen werden kann, andererseits die Autonomie und Selbstbestimmung der Versicherten zu gewährleistet werden.

§ 37c Abs. 2 Satz 5: Die Unverletzlichkeit der Wohnung gilt auch für Menschen mit Behinderungen. Eine Verweigerung des Eindringens in die Privatsphäre darf nicht mit einer Heimeinweisung sanktioniert werden.

§ 37c Abs. 4: Eine finanzielle Schlechterstellung der ambulanten Wohnform durch einen höheren Eigenanteil als im stationären Bereich darf nicht erfolgen.

§ 37d (neu): Einführung des Arbeitgebermodells in der gesetzlichen Krankenversicherung. Menschen mit Behinderungen, die ihr Leben durch Assistenz selbst organisieren, sind in der Lage eine eigene Einschätzung über die Sicherstellung ihrer Versorgung zu treffen. Die Beurteilung, ob eine Versorgung tatsächlich und dauerhaft sichergestellt ist, muss dieser Personengruppe selbst überlassen bleiben.

Quellen: AbilityWatch e.V., Bundestag, FOKUS-Sozialrecht

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CO2-Entlastung bei Heizkosten

Letzte Woche wurde das Wohngeld-CO2-Bepreisungsentlastungsgesetz (WoGCO2BeprEntlG) verabschiedet.

Wohngeldreform ohne Klimakomponente

Schon während des Gesetzgebungsverfahrens zur Wohngeldreform war von vielen Seiten bemängelt worden, dass es keine Klimakomponente enthielte. Die Klimakomponente sollte dazu dienen, Wohngeldhaushalten zu ermöglichen, Wohnungen mit höheren Energiestandards anzumieten bzw. ihre Wohnungen nach energetischen Sanierungen zu behalten. Nun soll es mit dem „Gesetz zur Entlastung bei den Heizkosten im Wohngeld“ immerhin eine Regelung geben, mit der Wohngeldempfänger/innen bei den Heizkosten entlastet werden sollen, wenn die CO2-Bepreisung durch das Klimaschutzprogramm 2030 steigt.

Das Klimaschutzprogramm 2030 sieht eine CO2-Bepreisung für die Sektoren Wärme und Verkehr ab 2021 vor. Um Wohngeldhaushalte entsprechend zu entlasten, plant der Gesetzentwurf eine nach Haushaltsgröße gestaffelte CO2-Komponente, um soziale Härten zu vermeiden. Dies soll ebenfalls ab 01.01.2021 geschehen. Da das Klimaschutzpaket nach Einschätzung aller Experten bei weitem nicht ausreicht, um die von der Regierung im Pariser Klimaabkommen befürworteten Ziele einzuhalten, wird sich gerade
in diesem Bereich in den nächsten Jahren noch so einiges tun – es sei denn, Deutschland verabschiedet sich auch offiziell aus dem Pariser Abkommen.

Monatliche Beträge

Als monatliche Beträge zur Entlastung bei den Heizkosten werden folgende Werte für die jeweilige Haushaltsgröße gelten:

Anzahl der zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder Betrag zur Entlastung bei den Heizkosten in Euro
1 14,40
2 18,60
3 22,20
4 25,80
5 29,40
Mehrbetrag für jedes weitere zu berücksichtigende Haushaltsmitglied 3,60

Quellen. Bundesrat, Thomas Knoche: „WoGG – Das neue Wohngeldrecht“, Walhalla-Verlag, 2020

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Sozialschutz-Paket 2 – Kosten der Mittagsverpflegung, Videoschaltungen

Eine Reihe vorübergehender Gesetzesänderungen soll sicherstellen, dass Kinder aus bedürftigen Familien in Zeiten von pandemiebedingten Kita- oder Schulschließungen weiterhin das kostenlose Mittagessen erhalten, das ihnen über das Bildungspaket zusteht. Auch Beschäftigte in Behinderten-Werkstätten sollen bei geschlossenen Einrichtungen weiterhin mit Mittagessen versorgt werden.

Mehrkosten werden übernommen

Im Gegensatz zum ersten Entwurf des zweiten Sozialschutz-Pakets wird jetzt klargestellt, dass auch pandemiebedingte Mehrkosten sowie die Kosten für die Lieferung des Essens übernommen werden.

Abgesehen von dieser Änderung hat der Gesetzgeber das Zweite Sozialschutz-Paket so durchgewunken, wie hier ausführlich beschrieben.

Entschließung des Bundesrats

Der Bundesrat verabschiedete zum Themenschwerpunkt Videoschaltung zur Vereinfachung von Gerichtsverhandlungen eine Stellungnahme.

Darin kritisiert er, dass die pandemiebedingten Vereinfachungen von Gerichtsverfahren nur für die Arbeits- und Sozialgerichte gelten sollen. Schließlich seien alle Gerichtsbarkeiten von der Ausbreitung betroffen. Ein Verfahrensstau drohe nicht nur bei den Arbeits- und Sozialgerichten, weshalb eine solche Insellösung nicht tragfähig sei.

Erhebliche Bedenken äußert der Bundesrat angesichts der Möglichkeiten des Bundessozial- und Bundesarbeitsgerichts, im schriftlichen Verfahren gegen den Willen des Beteiligten entscheiden dürfen. Bei rechtlichen Grundsatzfragen, die von den Gerichten entschieden würden, habe die Transparenz einer öffentlichen Verhandlung besondere Bedeutung.

Weiter unterstreicht der Bundesrat in der Entschließung, dass aus den erweiterten Möglichkeiten, Videoverhandlungen zu nutzen, kein Ausstattungsanspruch der Gerichte abzuleiten sei. Es sei vielmehr weiterhin Sache der Länder, ihm Rahmen ihrer technischen und finanziellen Möglichkeiten darüber zu entscheiden.

Vorsorglich weist der Bundesrat daraufhin, dass die Umsetzung der neuen Regelungen noch während der Corona-Pandemie in den meisten Ländern nicht möglich sein wird. Anders als in der Gesetzesbegründung ausgeführt, sei die für Videokonferenzen notwendige Ausstattung noch nicht flächendeckend vorhanden. Private Software dürfe sie nicht ersetzen, unterstreicht der Bundesrat.

Quellen: Bundesrat, FOKUS-Sozialrecht

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Keine Auswirkung einer zweckwidrigen Verwendung auf Kfz-Steuervergünstigung

Im Bundesgesetzblatt I vom 30.04.2020 wurde die „SARSCoV2-Kraftfahrzeugsteuer-Verordnung“ veröffentlicht, die für schwerbehinderte Menschen, die eine Steuerbefreieung bzw. -ermäßigung für ihr Kfz erhalten, wichtig sein kann.

Denn diese Verordnung regelt, dass sich aufgrund der derzeitigen Ausnahmesituation zweckfremde bzw. zweckwidrige Verwendung von begünstigten Fahrzeugen nicht auf die Steuerpflicht auswirken.

Hintergrund:

Die Steuervergünstigung nach § 3a KraftStG soll nach ihrer Zweckbestimmung nur der schwerbehinderten Person zugute kommen. Sie kann deshalb nicht auf andere Personen übertragen oder ausgedehnt werden. Entspricht die Benutzung des Kraftfahrzeuges nicht dem Zweck des Gesetzes, führt dies zum Verlust der Steuervergünstigung.

Als zweckfremd wurde bisher insbesondere auch angesehen, wenn das begünstigte Kraftfahrzeug durch dritte Personen – auch Familienangehörige! – genutzt wird, sofern diese Nutung nicht der Haushaltsführung bzw. der Fortbewegung der schwerbehinderten Person dient. Beispiele hierfür sind Fahrten von Eltern zur Arbeitsstätte oder Fahrten von dritten Personen in den Urlaub.

Auch eine „Mitbeförderung“ dritter Personen wird als kritisch eingesetzt. Stuert die schwerbehinderte Person im eigenen Interesse ein Ziel an und nimmt bei dieser Gelegenheit eine dritte Person mit, ist dies in Ordnung und wirkt sich nicht auf die Steuervergünstigung aus. Wird die Fahrt allerdings im alleinigen Interesse dritter Personen durchgeführt, so ist der Tatbestand der zweckwidrigen Mitbeförderung erfüllt.

Zur Vermeidung unbilliger Härten im Rahmen der durch die SARS-CoV-2-Pandemie ausgelösten Ausnahmesituation werden diese Vorgaben bis 31. Dezember 2020 ausgesetzt.

Zweites Corona Schutz-Paket (Teil 2)

In der kommenden Woche berät der Bundestag über den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite. Einen Teil der wesentlichen Bestandteile des Entwurfs wurden in dem Beitrag Zweites Corona Schutz-Paket (Teil 1) beschrieben. Im zweiten Teil geht es hauptsächlich um vorübergehende Änderungen des SGB XI, unter anderem umdie „Corona-Prämie“:

  • Befristete Hilfsmaßnahmen für nach Landesrecht anerkannte Angebote zur Unterstützung im Alltag (§ 45a des Elften Buches Sozialgesetzbuch) und Vereinfachungen für die Inanspruchnahme des Entlastungsbetrages (§ 45b des Elften Buches Sozialgesetzbuch). (§ 150 Abs.5a bis 5c SGB XI)

Für nach Landesrecht anerkannte Angebote zur Unterstützung im Alltag soll die Möglichkeit geschaffen werden, coronabedingte außerordentliche Aufwendungen und Einnahmeausfälle zumindest teilweise zu kompensieren. Außerordentliche Aufwendungen können durch zusätzlichen Personalaufwand begründet sein, der entsteht, weil Betreuungskräfte pandemiebedingt vorübergehend ausfallen. Einnahmeausfälle können insbesondere dadurch entstehen, dass betreute Pflegebedürftige die Leistungen auf Grund der Coronavirus-CoV-2-Pandemie nicht mehr in Anspruch nehmen können oder wollen. Der Ausgleichsanspruch für Einnahmeausfälle ist auf 125 Euro je Pflegebedürftigen im Monat beschränkt. Dies entspricht dem Kostenerstattungsbetrag, den die Pflegekasse im Monat nach § 45b des Elften Buches Sozialgesetzbuch als Entlastungsbetrag je Pflegebedürftigem für Angebote zur Unterstützung im Alltag aufwenden kann.

Für Pflegebedürftige des Pflegegrades 1 soll ein möglichst flexibler Einsatz des Entlastungsbetrages ermöglicht werden, um coronabedingte Versorgungsengpässe zu vermeiden. Daher wird die Gewährung des Entlastungsbetrages bis zum 30. September 2020 uch auf sonstige Hilfen ausgedehnt, die der Sicherstellung der Versorgung der Pflegebedürftigen dienen. Dies kann von professionellen Angeboten bis zur Inanspruchnahme nachbarschaftlicher Hilfe reichen. An den Nachweis gegenüber der Pflegekasse zur Erstattung der Kosten sollen die Pflegekassen im Interesse einer zügigen und unbürokratischen Abwicklung keine überhöhten Anforderungen stellen.

Die Übertragbarkeit von angesparten Leistungsbeträgen nach § 45b des Elften Buches Sozialgesetzbuch aus dem Vorjahr, die für angesparte Leistungsbeträge aus dem Jahr 2019 nach geltendem Recht auf das erste Kalenderhalbjahr des Jahres 2020 beschränkt ist, wird einmalig auf den 30. September 2020 erweitert. Diese Erweiterung soll für Pflegebedürftige aller Pflegegrade ermöglicht werden.

  • Die Voraussetzungen für den Bezug des Pflegeunterstützungsgeldes (§ 44a des Elften Buches Sozialgesetzbuch) werden für coronabedingte Arbeitsverhinderungen angepasst. (§ 150 Abs.5d SGB XI)

Die Regelung soll bis zum 30. September 2020 sicherstellen, dass bei einem durch das Coronavirus-CoV-2 verursachten pflegerischen Versorgungsengpass Pflegeunterstützungsgeld als Lohnersatz für bis zu 10 Tage gewährt werden kann, wenn Beschäftigte auf Grund einer anderweitig nicht behebbaren Versorgungslücke die pflegerische Versorgung eines nahen Angehörigen im Sinne des Pflegezeitgesetzes in dieser Zeit selbst organisieren oder sicherstellen müssen. Dies muss in geeigneter Weise glaubhaft gemacht werden. Dies kann zum Beispiel durch eine Bestätigung des behandelnden Arztes oder der Pflegeeinrichtung geschehen, die auf Grund des Coronavirus-CoV-2 ihr Angebot ganz oder teilweise einstellt oder einstellen muss oder durch die Bestätigung einer Pflegeperson, dass sie coronabedingt ausgefallen ist. Der Anspruch setzt nicht voraus, dass die Beschäftigten zunächst gegebenenfalls vorhandene Urlaubsansprüche nutzen.

  • Im Falle der Inanspruchnahme von Kurzzeitpflege in stationären Vorsorge- oder Rehabilittionseinrichtungen erhalten Pflegebedürftige vorübergehend einen höheren Leistungsanspruch gegenüber der Pflegeversicherung, um höhere Vergütungssätze auszugleichen. (§ 149 Abs.2 SGB XI)

Die vorübergehende Erhöhung des Leistungsbetrags der Kurzzeitpflege dient der Verhinderung höherer Eigenanteile der Pflegebedürftigen, die sich ergeben können, wenn in der in Anspruch genommenen Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtung gegenüber einer durchschnittlichen Kurzzeitpflegeeinrichtung ein höherer Vergütungssatz gilt. Statt über eine komplexe und bürokratische Berechnung im Einzelfall soll dieses Ziel über die pauschale Anhebung des Leistungsbetrages erreicht werden. Abweichend von § 42 Absatz 2 Satz 2 (1.612 Euro) übernehmen die Pflegekassen bei Kurzzeitpflege in dem Zeitraum vom Inkrafttreten dieses Gesetzes bis einschließlich 30. September 2020 in Einrichtungen, die stationäre Leistungen zur medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation erbringen, Aufwendungen bis zu einem Gesamtbetrag von 2.418 Euro.

  • Freie Kapazitäten in stationären Vorsorge- oder Rehabilittionseinrichtungen können für die vorübergehende Versorgung und Betreuung pflegebedürftiger Menschen genutzt werden, denen etwa nach einem Krankenhausaufenthalt eine quarantänebedingte Rückkehr in die vollstationäre Pflegeeinrichtung vorübergehend nicht möglich ist. (§ 149 Abs.3 SGB XI)

Die Regelung ist grundsätzlich auf maximal 14 Kalendertage begrenzt. Im begründeten Einzelfall kann in Abstimmung mit der Pflegekasse des betreffenden Pflegebedürftigen eine Verlängerung vorgesehen werden. Für die Dauer der vorübergehenden pflegerischen Versorgung bleibt die Zahlungsverpflichtung der Heimentgelte der Pflegebedürftigen und ihrer Kostenträger unverändert gegenüber der bisherigen vollstationären Pflegeeinrichtung bestehen. Das führt zugleich dazu, dass auch die Leistungsbeträge nach § 43 von den Pflegekassen für die betreffenden Zeiträume unverändert an die Einrichtung weiter zu zahlen sind. Dadurch entstehen der bisherigen Pflegeeinrichtung keine Mindereinnahmen. Der Pflegeplatz des Pflegebedürftigen ist von der vollstationären Pflegeeinrichtung während dieser Abwesenheit entsprechend freizuhalten.

  • Pflegeeinrichtungen werden zur Zahlung von gestaffelten Sonderleistungen (Corona-Prämien) an ihre Beschäftigten verpflichtet. Die Aufwendungen für diese Corona-Prämien werden den Pflegeeinrichtungen durch die soziale Pflegeversicherung und im ambulanten Bereich anteilig durch die Gesetzliche Krankenversicherung im Wege der Vorauszahlung erstattet. (§ 150a SGB XI)

Die Prämie soll als individueller steuer- und sozial versicherungsfreier Anspruch der Beschäftigten ausgestaltet werden. Insgesamt sollen für Beschäftigte in der direkten Pflege und Betreuung
– bei jeweils mindestens 35 Arbeitsstunden/Woche 1.500 Euro,
– für mindestens im Umfang von 25 Prozent der Arbeitszeit in diesen Bereichen eingesetzte Beschäftigte 1.000 Euro und
– für die übrigen Beschäftigten der Pflegeeinrichtung 500 Euro Bonus gezahlt werden.
– Für Auszubildende in der Pflege wird ein Bonus von 900 Euro vorgeschlagen.
In der zweiten Hälfte des Jahres 2020 werden das Bundesministerium für Gesundheit und das Bundesministerium der Finanzen miteinander festlegen, in welchem Umfang die Gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung Zuschüsse des Bundes zur Stabilisierung der jeweiligen Beitragssätze erhalten. Dies wird auch die Frage der Refinanzierung dieser einmaligen Prämie umfassen.

  • Kostenaufteilung bei der Erstattung pandemiebedingter Mehrausgaben und Mindereinnahmen von Hospizen. (§ 150 Abs.4 Satz 1 SGB XI)

Hospize, die als nach § 72 des Elften Buches Sozialgesetzbuch zugelassene Pflegeeinrichtungen für Patienten und Patientinnen mit unheilbaren Krankheiten in der letzten Lebensphase eine palliativ-pflegerische Versorgung und Betreuung sicherstellen, können coronavirusbedingte Erstattungen von außerordentlichen Aufwendungen und Einnahmeausfällen geltend machen. Auf Basis der Finanzstatistik der gesetzlichen Krankenversicherung ergibt sich in etwa ein Verhältnis von 80:20 zwischen Kranken- und Pflegeversicherung. Entsprechend wird eine Beteiligung der Krankenkassen an den Erstattungen in diesem Umfang vorgesehen.

  • Als vorbeugender Schutz der Bevölkerung vor Influenza und um eine Belastung des Gesundheitssystems zusätzlich durch Influenza für den Fall, dass sich die COVID-19-Pandemie fortsetzt, so niedrig wie möglich zu halten, werden Vorkehrungen für die Versorgung der Versicherten mit saisonalem Grippeimpfstoff für die Grippesaison 2020/2021 getroffen. ( § 106b Abs.1a SGB V)

Die Versorgung der Patientinnen und Patienten mit saisonalen Grippeimpfstoffen erfolgt durch Ärztinnen und Ärzte. Die Abschätzung des tatsächlichen Bedarfs an Grippeimpfstoff für die Impfsaison 2020/2021 ist aufgrund der aktuellen COVID-19-Pandemie erheblich erschwert, insbesondere weil verlässliche Aussagen zur Weiterentwicklung der COVID-19-Pandemie und auch derzeit nur eine Einschätzung der Impfbereitschaft der Bevölkerung in der Grippeimpfsaison 2020/2021 getroffen werden können. Zur Vermeidung einer Unterversorgung der Bevölkerung mit saisonalem Grippeimpfstoff wird den Ärztinnen und Ärzten deshalb ein höherer „Sicherheitszuschlag“ für die Bestellung von saisonalem Grippeimpfstoff eingeräumt, um das Risiko von Regressforderungen der Krankenkassen wegen unwirtschaftlicher Verordnung zu verringern. Eine Überschreitung der Verordnung von saisonalen Grippeimpfstoffen im Wege des Sprechstundenbedarfs von bis zu 30 Prozent gegenüber den tatsächlich erbrachten Impfungen gilt grundsätzlich nicht als unwirtschaftlich.

  • Der Bund übernimmt die Kosten für europäische Intensivpatienten, die in deutschen Krankenhäusern wegen mangelnder Kapazität im Heimatland behandelt werden. (§ 219a Abs.6 SGB V)

Einige von der Coronavirus SARS-CoV-2- Pandemie besonders betroffene europäische Staaten haben sich mit der Bitte an Deutschland bzw. an einzelne Länder gewandt, angesichts begrenzter eigener Kapazitäten schwer erkrankte Patientinnen und Patienten in deutschen Krankenhäusern zu behandeln. Aufgrund der lebensbedrohlichen Situation der Patientinnen und Patienten rechtfertigt dies eine Finanzierung aus Bundesmitteln zur Bekämpfung des Ausbruchs des neuen Coronavirus. Es handelt sich dabei ausschließlich um Covid-19-bedingte Fälle, für die die jeweiligen Kapazitäten der betreffenden Mitgliedstaaten oder des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland nicht ausreichten oder ausreichen.

  • Rückkehrrecht privat Krankenversicherter in ihren vorherigen Versicherungstarif (§ 204 Abs.2 des Versicherungsvertragsgesetz – tritt rückwirkend mit Wirkung vom 16. März 2020 in Kraft).

Die Krise könnte viele privat versicherte Selbstständige und Kleinunternehmer zwingen, wegen finanzieller Probleme in einen günstigeren Basistarif ihrer Krankenkasse mit weniger Leistungen zu wechseln. Mit dem Gesetz sollen Betroffene ein vereinfachtes Rückkehrrecht in den ursprünglichen Tarif bekommen, wenn es ihnen finanziell wieder besser geht – ohne erneute Gesundheitsprüfung und damit möglicherweise höhere Beiträge.

Im kommenden Beitrag geht es um das zweite Sozialschutzpaket zur Corona-Krise.

Quelle: Bundesregierung

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Zweites Corona Schutz-Paket (Teil 1)

In der kommenden Woche berät der Bundestag über den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite.
Das erste Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite trat Ende März in Rekordzeit in Kraft. Dort wurden im Wesentlichen die rechtlichen Grundlagen für die Einschränkungen  von Grundrechten gelegt, mit dem Ziel einer Eindämmung der Pandemie in Deutschland.  Diese Einschränkungen enden spätestens am 31.3.2021 oder früher, wenn der Bundestag die epidemische Lage von nationaler Tragweite für beendet erklärt.

Zweites Gesetz zum Schutz der Bevölkerung

Mit dem Gesetzesentwurf sind unter anderem folgende Regelungen zur weiteren Abmilderung der mit der Corona-Pandemie verbundenen Folgen vorgesehen:

  • Die außerordentliche kurze Frist zur Geltendmachung eines Anspruchs nach § 56 Abs. 5 IfSG (Entschädigung bei Tätigkeitsverboten, Absonderungen und Wegfall der Betreuungseinrichtungen) soll von drei auf zwölf Monate verlängert werden.

Im ersten Gesetz zum Schutzder Bevölkerung wurde im Infektionsschutzgesetz eine Entschädigungsregelung für Eltern geschaffen, deren Kindern der Besuch einer Betreuungseinrichtung durch entsprechende behördliche Schließungen nicht mehr möglich ist. Sie erhalten bis zu sechs Wochen 67 % ihres Verdienstausfalls (maximal 2016 Euro).

  • Einschränkungen der Grundrechte bei Schutzmaßnahmen nur so lange, wie sie medizinisch notwendig sind. (§ 28 Absatz 1 Satz 3 IfSG)

Durch die Gesetzesänderung wird klargestellt, dass gegenüber Personen, die nicht (mehr) ansteckungsfähig sind, Schutzmaßnahmen nach § 28 nicht (mehr) angeordnet werden können. Hierdurch wird dem Umstand Rechnung getragen, dass es insbesondere während des Ausbruchsgeschehens von COVID-19 in verstärktem Maße zu Diskussionen darüber gekommen ist, inwieweit die auf der Grundlage von § 28 ergriffenen Maßnahmen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen. Bei Vorliegen wissenschaftlicher Beweise für den Aufbau einer Immunität nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 können insbesondere bei gleichzeitiger Feststellung fehlender Ansteckungsfähigkeit daraus weitreichende Schlüsse für den weiteren Umgang mit Schutzmaßnahmen und vulnerablen Personengruppen gezogen werden.

  • Eine dauerhafte gesetzliche Meldepflicht in Bezug zu COVID-19 und SARS-CoV-2, dies betrifft auch neu eingeführte Meldepflichten zur Genesung und bei negativen Labortests. (§ 6 IfSG)

Die Gesundheitsämter sollen in die Lage versetzt werden, durch Einleitung von Maßnahmen der Kontaktpersonenermittlung, der Absonderung (d. h. Quarantäne bei gesunden Personen und Isolation bei erkrankten Personen) weitere Übertragungen zu verhindern und das Ausbruchsgeschehen zu stoppen. Hierzu muss die Meldepflicht nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 auf den Verdacht, die Erkrankung sowie den Tod an COVID-19 ausgedehnt werden. Durch die Gesetzesänderung wird ausdrücklich bereits der Verdacht einer Erkrankung in Bezug auf eine bedrohliche übertragbare Krankheit in die Meldepflicht nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 aufgenommen. Die Maßnahme setzt die Erfahrungen mit COVID-19 als neuer bisher unbekannter Erkrankungsform um. Mit solchen Ereignissen muss erneut gerechnet werden. Durch die Änderung wird die Meldepflicht nach § 6 auch auf diejenigen Fälle erstreckt, in denen nach einer Erkrankung an COVID-19 eine Genesung eingetreten ist. Durch diese Meldung kann der ÖGD künftig in die Lage versetzt werden, den Verlauf der COVID-19 Pandemie in der Bundesrepublik besser einzuschätzen.

  • Testungen in Bezug zu COVID-19 sollen symptomunabhängig Bestandteil des Leistungskatalogs der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) werden, auch durch den öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) vorgenommene Testungen können bei Versicherten über die GKV abgerechnet werden. (§ 20i SGB V)

Durch die Gesetzesänderung wird in Satz 2 eine zusätzliche Verordnungsermächtigung zugunsten des Bundesministeriums für Gesundheit geschaffen. Hiernach kann das BMG ohne Zustimmung des Bundesrates festlegen, dass die gesetzliche Krankenversicherung für ihre Versicherten in Bezug auf bevölkerungsmedizinisch relevante übertragbare Krankheiten Testungen auf eine Infektion oder Immunität leisten muss. Mit dieser Maßnahme wird sichergestellt, dass auch dann Testungen von der GKV übernommen werden, wenn keine Symptome für COVID-19 vorhanden sind. Dies entspricht der verbreiteten Forderung der Wissenschaft nach repräsentativen bevölkerungsmedizinischen Tests. Auch könnten regelmäßig Tests im Umfeld besonders gefährdeter Personen durchgeführt werden. Entsprechendes gilt für mögliche Tests auf Immunität in Bezug zu COVID-19, sobald vom Standpunkt der medizinischen Wissenschaft sichergestellt ist, dass eine Immunität gegen COVID-19 für einen längeren Zeitraum möglich und eine gleichzeitige Ansteckungsfähigkeit ausgeschlossen ist.

  • Der ÖGD (öffentliche Gesundheitsdienst) soll durch Maßnahmen des Bundes während der epidemischen Lage von nationaler Tragweite unterstützt werden. (§ 5 Abs.2 Nr.9 IfSG)

Maßnahmen zur Stärkung des öffentlichen Gesundheitsdienstes in den Ländern, Finanzhilfen für Investitionen der Länder, Gemeinden und Gemeindeverbänden zur technischen Modernisierung der Gesundheitsämter und zum Anschluss an das elektronische Melde- und Informationssystem nach § 14 Für jedes der 375 Gesundheitsämter in der Bundesrepublik werden jeweils ca. 100.000 bis 150.000 Euro vorgesehen, um die Infrastruktur vor Ort zu verbessern. Die Mittel des Bundes werden zusätzlich zu eigenen Mitteln der Länder bereitgestellt. Sie sind befristet zu gewähren und hinsichtlich ihrer Verwendung in regelmäßigen Zeitabständen zu überprüfen.

  • Eine Verordnungsermächtigung für eine gesetzliche Verankerung einer laborbasierten Surveillance (epidemiologischer Überwachung) wird aufgenommen. (§ 13 Abs.4 IfSG)

Bestimmte Labore können verpflichtet werden, Daten über von ihnen untersuchten Proben in Bezug zu bestimmten Krankheitserregern pseudonymisiert zu übermitteln. Eine Wiederherstellung des Personenbezugs der übermittelten pseudonymisierten Daten ist auch in diesem Rahmen auszuschließen.

  • Eine Immunstatusdokumentation soll künftig analog der Impfdokumentation (auch zusammen in einem Dokument) die mögliche Grundlage dafür sein, eine entsprechende Immunität nachzuweisen. (§ 22 Abs.5 IfSG)

Durch die Gesetzesänderung wird ermöglicht, dass eine Immunstatusdokumentation künftig analog zu der Impfdokumentation (auch in einem einheitlichen Dokument) die Grundlage dafür bietet, die entsprechende Immunität einer Person nachzuweisen. Bei Vorliegen wissenschaftlicher Beweise für den Aufbau einer Immunität nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 können insbesondere bei gleichzeitiger Feststellung fehlender Ansteckungsfähigkeit daraus weitreichende Schlüsse für den weiteren Umgang mit Schutzmaßnahmen und vulnerablen Personengruppen gezogen werden.

Weitere Inhalte des Zweiten Corona-Schutz Pakets im nächsten Beitrag.

Quelle: Bundesregierung

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Handlungsempfehlungen in Zeiten des Coronavirus

Die Ausbreitung des neuen Coronavirus und die daraufhin eingeleiteten Maßnahmen des Bundes bzw. der einzelnen Bundesländer haben massive Auswirkungen auf das Berufsleben rechtlicher Betreuerinnen und Betreuer.

Die Berufsverbände haben daher Informationen und Handlungsempfehlungen veröffentlicht.

Behandelt werden wichtige Aspekte, wie z. B.

  • persönlicher Kontakt zwischen Betreuern und den von ihnen betreuten Personen,
  • Fragen der Gesundheitssorge,
  • Verpflichtungen nach dem Infektionsschutzgesetz,
  • Freiheitsentziehende Maßnahmen von positiv getesteten Heimbewohnern

Bundesverband der Berufsbetreuer/innen (BdB): Empfehlungen für den Berufsalltag

Bundesverband freier Berufsbetreuer (BVfB): Handlungsempfehlungen für rechtliche Betreuerinnen und Betreuer

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Pflegebegutachtung ohne Hausbesuch, Beratungsbesuche ausgesetzt

Das Bun­des­ge­sund­heits­mi­nis­ter­ium hat am 19. März 2020 in Absprache mit Pflegeverbänden Sofortmaßnahmen beschlossen, um das Infektionsrisiko von Pflegekräften und Pflegebedürftigen zu reduzieren:

Keine Hausbesuche mehr zur Einstufung in den Pflegegrad (§ 18 SGB XI)

Die Medizinischen Dienste werden aus Gründen des Infektionsschutzes keine persönlichen Pflegebegutachtungen in der ambulanten und stationären Pflege mehr durchführen.

Die Begutachtung zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit werden stattdessen künftig nach Aktenlage sowie – falls notwendig – in telefonischen oder digitalen leitfadengestützten Interviews durchgeführt. Gesprächspartner können dabei sein der Pflegebedürftige selbst, ein pflegender Angehöriger, die Pflegekraft und gegebenenfalls der rechtliche Betreuer.

Aussetzung der Beratungsbesuche (§ 37 SGB XI)

Beratungsbesuche zur Qualitätssicherung in der häuslichen Pflege (sog. Beratungseinsatz, § 37 Abs. 3 Satz 1 SGB XI) werden bis zum 30. September 2020 ausgesetzt.

An sich sind diese Beratungsbesuche für Personen, die ausschließlich Pflegegeld beziehen, verpflichtend – je nach Pflegegrad halb- oder vierteljährlich. Diese Besuche werden regelmäßig von zugelassenen Pflegediensten oder anerkannten Beratungsstellen in der Häuslichkeit des Pflegebedürftigen durchgeführt. Sie dienen der pflegepraktischen Unterstützung der pflegenden Angehörigen und sollen die Qualität der häuslichen Pflege sichern.

Das Pflegegeld wird gekürzt oder im Wiederholungsfall ganz entzogen, wenn Pflegebedürftige die Beratung nicht abrufen. Auch diese gesetzlich vorgesehenen Konsequenzen bei fehlendem Nachweis werden ausgesetzt. Dies gilt auch für eine rückwirkende Kürzung oder Entziehung des Pflegegelds.

Der Anspruch der Pflegebedürftigen auf Beratung bleibt allerdings bestehen; diese soll dann bei Bedarf telefonisch und oder digital stattfinden.

Quelle: GKV-Spitzenverband

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Grundsicherung – mehr als doppelt so viele hätten Anspruch

Ende letzten Jahres veröffentlichte das Deutsche Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) eine Studie zur Inanspruchnahme von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung.

62 Prozent verzichten auf Grundsicherung

Die Untersuchung ergab, dass knapp 62 Prozent oder hochgerechnet etwa 625.000 Privathaushalte, denen die Grundsicherung im Alter zustünde, diese nicht in Anspruch nehmen.
Besonders hoch ist die Quote bei Personen, die älter als 76 Jahre (73 Prozent) oder verwitwet (77 Prozent) sind. Auch ein niedriger Bildungsstatus geht damit einher, dass die Grundsicherung seltener in Anspruch genommen wird.

Vor allem aber nehmen diejenigen, die monatliche Beträge bis 200 Euro aus der Grundsicherung zu erwarten haben, diese häufig nicht in Anspruch (80 Prozent).

Dagegen nehmen vier von fünf Haushalten mit Ansprüchen von mehr als 600 Euro nehmen diese auch in Anspruch.

zu aufwendig, zu bürokratisch

Vielen ist das Verfahren vermutlich zu aufwendig – gerade bei kleinen Beträgen – oder sie wissen gar nicht, dass sie den Rechtsanspruch haben. Auch die Angst, als „Almosenempfänger“ abgestempelt zu werden, könne eine Rolle spielen.

Unter Umständen spielt auch noch die Angst eine Rolle, dass ihre Kinder die staatliche Hilfe zurückzahlen müssten. Die Gefahr besteht in der Regel nicht mehr. Mit dem Angehörigen-Entlastungsgesetz wurde die Einkommensgrenze, unter der unterhaltspflichtige Angehörige nicht zu den Kosten für Sozialhilfe-Leistungen herangezogen können zum 1.1.2020 auf 100.000 EUR angehoben.

Um diesem Missstand zu begegnen, wären bessere Informationen und vereinfachte Verfahren nötig.

Vorschläge

Vorschläge der Verfasser der Studie sind unter anderem:

  • Die Bewilligungsphase von derzeit zwölf Monate verlängern, da sich die Einkommenssituation der Seniorinnen und Senioren in der Regel nicht mehr häufig grundlegend ändert.
  • Keine aufwendige Vermögensprüfung, da Vermögende in der Regel hohe Kapitaleinkünfte haben, die schon in der Einkommensprüfung zu Buche schlagen

Eine vereinfachte Antragstellung und weniger Bürokratie könnte ein effizienter Weg sein, um die verdeckte Altersarmut etwas einzudämmen. Abschaffen kann man sie nur, wenn die Leistungen ohne Beantragung ausgezahlt würden.

Nähmen tatsächlich alle Grundsicherungsberechtigten ihre Ansprüche wahr, würde dies den Staat rund zwei Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich kosten.

Quellen: DIW, SOLEX

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