Häusliche Pflege am Limit

Mehr als 80 Prozent der 4,1 Millionen Pflegebedürftigen in Deutschland werden zu Hause von nahestehenden Menschen versorgt, entweder von diesen allein oder mit Hilfe von ambulanten Pflegediensten (3,3 Millionen). Nach einer vom Sozialverband VdK in Auftrag gegebene Studie ziehen auch in Zukunft die meisten Deutschen die Pflege zu Hause der in einem Pflegeheim vor. Nur zehn Prozent können sich vorstellen in einem Pflegeheim versorgt zu werden, bei den Pflegebedürftigen sind es sogar nur 2,3 Prozent.

12 Milliarden nicht genutzt

Zur Unterstützung der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen sieht das SGB XI eine Reihe Leistungen vor, von Pflegesachleistungen über Pflegegeld bis Pflegehilfsmittel. Nun ergab die erwähnte Online-Befragung des VDK mit 56.000 Teilnehmern, dass weniger als die Hälfte der Leistungen, auf die sie Anspruch hätten, überhaupt abgerufen wird, je nach Art der Leistung zwischen 63 und 93 Prozent. Damit werden Pflegeleistungen in Höhe von 12 Milliarden Euro nicht genutzt.

Die Studie zeigt auch, woran das liegt. Beklagt werden

  • zu wenig Kapazitäten
  • zu viel Bürokratie
  • zu hohe Zuzahlungen

Beispiel Hilfe im Haushalt:

Demnach stehen monatlich 125 Euro für die Unterstützung im Haushalt zur Verfügung. 80 Prozent der Pflegebedürftigen rufen diesen Betrag nicht ab, damit entgehen ihnen jährlich knapp vier Milliarden Euro. Für die Inanspruchnahme muss den Angaben zufolge insbesondere nachgewiesen werden, dass anerkannte Dienstleister im Haushalt helfen. Jedes Bundesland regele das allerdings unterschiedlich. Hilfen in Baden-Württemberg etwa müssen eine bis zu 120-stündige Fortbildung nachweisen.

Beispiel Kurzzeitpflege:

Kurzzeitpflege, die Angehörigen bei Krankheit oder zur Erholung eine Auszeit ermöglichen soll, von 86 Prozent noch nie beantragt worden sei. Die Voraussetzungen, die pflegende Angehörige erbringen müssten, um Leistungen abzurufen, seien „teilweise absurd und unangebracht“, sagte VdK-Präsidentin Verena Bentele der „Welt am Sonntag“. Ihr Verband fordert, einige der Leistungen in einem Budget zusammenzufassen und dieses Pflegebedürftigen unkompliziert zur Verfügung zu stellen.

zu wenig Plätze

Nicht genügend Kapazitäten gibt es bei den Plätzen für Tagespflege. Der VDK fordert daher einen Rechtsanspruch auf einen Tagespflegeplatz, so wie es einen Anspruch auf einen Kindergartenplatz gebe.

Wann kommt das flexibel einsetzbare Entlastungsbudget?

Sinnvoll sei ein einheitliches Budget, in das alle Ansprüche einfließen. Dann würden nicht genutzte Leistungen auch nicht mehr verfallen. Man nutzt das Geld für die Leistung, die einem was bringt. Zudem muss es möglich sein, dass damit auch die Personen bezahlt werden, die die Betroffenen schnell und verlässlich unterstützen und entlasten können: die Nachbarin, jemand aus dem Freundeskreis, Ehrenamtliche. Es würde das System zudem übersichtlicher machen und vereinfachen. Schon 2020 gab es dazu ein Diskussionspapier des Pflegebeauftragten der Bundesregierung

Bessere Beratung

Nötig sei auch ein verbessertes und unabhängiges Beratungsangebot.  Denn die Studie zeige auch: Erhält ein pflegender Angehöriger keine Beratung, werden deutlich weniger Pflegeleistungen in Anspruch genommen. Wird beraten, steigt die Wahrscheinlichkeit eine Pflegeleistung zu nutzen um ein Vielfaches – etwa bei der Tagespflege von 17 auf 83 Prozent.

Pflegende am Limit

Die Befragung zeigt auch, dass den pflegenden Angehörigen selbst durch die Pflege und vor allem durch mangelnde Unterstützung gesundheitlicher Schaden droht. Die Mehrheit der Pflegenden sind weiblich (72 Prozent), Die Hälfte der Pflegenden ist selbst im Rentenalter. 59 Prozent gaben an, wegen der Pflege die eigene Gesundheit zu vernachlässigen.

Kampagne des VDK

Um auf die Missstände aufmerksam zu machen und dringende Reformen zu fordern, startete der VDK am 9.5.2022 eine Kampagne unter der Überschrift „Nächstenpflege braucht Kraft und Unterstützung“. Die Forderungen des VdK, die Studienergebnisse, weitere Hintergrundinformationen und Bildmaterial gibt es auf der Kampagnen-Seite des VDK, ebenso Informationen für die Presse.

Quellen: VDK, Tagesschau, T-Online, SOLEX, FOKUS-Sozialrecht

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Sofortzuschlag und Einmalzahlung – Update

Das „Gesetz zur Regelung eines Sofortzuschlages für Kinder und einer Einmalzahlung an erwachsene Leistungsberechtigte der sozialen Mindestsicherungssysteme aus Anlass der COVID-19-Pandemie“ – Sofortzuschlags- und Einmalzahlungsgesetz wird am kommenden Donnerstag, den 12. Mai 2022 in zweiter und dritter Lesung im Bundestag behandelt.

Änderungsantrag

Dazu gibt es einen Änderungsantrag der Koalitionsparteien. Zunächst wird schon mal die Überschrift geändert. Sie lautet nun: „Gesetz zur Regelung eines Sofortzuschlages und einer Einmalzahlung in den sozialen Mindestsicherungssystemen sowie zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes und weiterer Gesetze“. Das deutet darauf hin, dass in den Gesetzentwurf noch einiges hineingepackt wurde.

Zuschlag bleibt – Einmalzahlung verdoppelt

Im Vergleich zum ursprünglichen Entwurf bleibt es bei dem Zuschlag von 20 Euro beim Kinderzuschlag – der Höchst-Kinderzuschlag steigt damit von 209 auf 229 Euro ab Juli -, die Einmalzahlung für Leistungsempfänger Grundsicherungen wird auf 200 Euro verdoppelt. Die Zahlung soll im Juli 2022 erfolgen.

Rechtskreiswechsel für Ukraine-Flüchtlinge

Mit ihm Gesetzespaket ist der zwischen Bund und Ländern vereinbarte Wechsel von hilfebedürftigen geflüchteten Menschen aus der Ukraine vom AsylbLG in das SGB II oder SGB XII . Die Regelung tritt zum 1. Juni 2022 in Kraft.

Voraussetzung ist, dass sie einen Aufenthaltstitel zum vorübergehenden Schutz beantragt haben, im Ausländerzentralregister erfasst wurden und die sonstigen Voraussetzungen für Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II oder SGB XII erfüllen.

Sofern Betroffene in Deutschland eine nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) förderungsfähige Ausbildung absolvieren, können sie unter den gleichen Voraussetzungen Leistungen nach dem BAföG erhalten.

Durch den Rechtskreiswechsel werden künftig umfassende Hilfen zur Sicherung des Lebensunterhalts, für die Gesundheitsversorgung und die Integration gewährleistet. Die aus der Ukraine geflüchteten Menschen werden damit den im Asylverfahren anerkannt Schutzberechtigten leistungsrechtlich gleichgestellt. Dem entsprechend werden zur Gewährleistung und Erleichterung der Integration der Arbeitsmarktzugang klargestellt und Erleichterungen bei Wohnsitzauflagen insbesondere in Fällen der Aufnahme einer Beschäftigung, beim Besuch von Integrationskursen und von Weiterbildungsmaßnahmen vorgenommen.

Quellen: BMAS, FOKUS-Sozialrecht, Bundestag

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Mobilitätsprämie

In einer kleinen Anfrage der Linksfraktion und in der Antwort der Bundesregierung dazu geht es unter anderem um die Mobilitätsprämie.

Was ist das?

Eingeführt wurde die Mobiltätsprämie noch von der letzten Regierungkurz vor den Wahlen. Weil das Bundesverfassungsgericht das ursprünglich Klimaschutzgesetz gründlich verrissen hatte, bedurfte es einer umfassenden Nachbesserung.

Das Gesetz sah unter anderem eine Erhöhung der Pendlerpauschale vor, die aber Menschen mit geringen Einkommen gar nichts brachte. Es handelt sich schließlich um eine Steuerentlastung. Arbeitnehmer*innen, die unterhalb der Steuerfreigrenze liegen, profitieren nicht davon, müssen aber nichtsdestotrotz genauso die aufgrund des steigenden CO2-Preises höheren Kosten für Fahrten zur Arbeit stemmen.

Um hier einen Ausgleich zu schaffen, wurde im Einkommenssteuergesetz die Mobilitätsprämie eingeführt (§§ 101 EStG).

Ausgleich für wenig Verdienende

Die Bundesregierung wollte damit für Pendlerinnen und Pendler, die mit ihrem zu versteuernden Einkommen innerhalb des Grundfreibetrags liegen, die Möglichkeit geschaffen, alternativ zu den erhöhten Entfernungspauschalen von 35 Cent ab dem 21. Entfernungskilometer eine Mobilitäts-prämie in Höhe von 14 Prozent dieser erhöhten Pauschale zu wählen. 14 Prozent entspricht dem Eingangssteuersatz im Einkommensteuertarif. Hierdurch sollen all diejenigen Bürgerinnen und Bürger entlastet werden, bei denen ein höherer Werbungskosten- oder Betriebsausgabenabzug zu keiner entsprechenden steuerlichen Entlastung führt. In die Bemessungsgrundlage der Mobilitätsprämie werden die vollen 35 Cent ab dem 21. Entfernungskilometer einbezogen und nicht nur der aktuelle Erhöhungsbetrag von 5 Cent.

Fakten zur Mobilitätsprämie

  • Die Mobilitätsprämie wird für die Jahre 2021 bis 2026 gewährt. Der Anspruch darauf entsteht mit Ablauf des Jahres. Somit wird die Prämie erstmals in 2022 für 2021 ausgezahlt.
  • Bemessungsgrundlage für die Mobilitätsprämie sind grundsätzlich die erhöhten Entfernungspauschalen von 35 Cent bzw. 38 Cent ab dem 21. Entfernungskilometer.
  • Um die Mobilitätsprämie zu beantragen, muss eine (komplette) Steuererklärung abgegeben werden.
  • Von der Mobilitätsprämie profitieren, wer die Werbungskostenpauschale in Höhe von 1.000 Euro überschreitet.
  • Die Mobilitätsprämie muss mindestens 10 Euro betragen, um ausgezahlt zu werden – eine Auszahlung von Beträgen unter 10 Euro nehmen die Finanzämter nicht vor.
  • Die Mobilitätsprämie ist gedeckelt, das heißt, sie wird nicht in unbegrenzter Höhe ausgezahlt: Sie ist begrenzt auf den Betrag, um den das zu versteuernde Einkommen den Grundfreibetrag unterschreitet (bei zusammen veranlagten Ehegatten gilt das gemeinsame zu versteuernde Einkommen und der doppelte Grundfreibetrag). 

Antwort auf die kleine Anfrage

In der der oben erwähnten parlamentarischen Anfrage ging es darum, in wie vielen Fällen die Mobilitätsprämie in Anspruch genommen wurde und wird und wie hoch die daraus resultierenden Mindereinnahmen geschätzt werden.

Die Bundesregierung erwartet, dass etwa 250.000 Pendler*innen Anspruch auf eine Mobilitätsprämie haben und diese auch beantragen. Die Zahl der Steuerpflichtigen, die ab dem Veranlagungszeitraum 2021 einen Anspruch auf die Mobilitätsprämie geltend gemacht haben, werde zwar statistisch erfasst. Allerdings liege die Aufbereitung der Lohn- und Einkommensteuerstatistik für den Veranlagungszeitraum 2021 erst mit einem Zeitverzug von mehreren Jahren vor. Nach bisherigen Schätzungen könnten die Steuermindereinnahmen für die öffentlichen Haushalte in den Jahren 2021 bis 2023 pro Jahr rund 40 Millionen Euro betragen.

Quellen: Bundestag, Bundesfinanzministerium

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Kontaktstelle für Geflüchtete mit Behinderung

Das Deutsche Rote Kreuz hat zusammen mit den Bundesministerien für Gesundheit und für Arbeit und Soziales eine neue Kontaktstelle für geflüchtete Menschen mit Behinderungen und/oder Pflegebedürftige eingerichtet.

Fluchtrouten sind nicht barrierefrei

Täglich kommen Tausende Geflüchtete in Deutschland an. Darunter viele, die auf spezielle Hilfe angewiesen sind. Laut der Lebenshilfe haben in der Ukraine offiziell mehr als 261.000 ukrainische Menschen eine Behinderung, unter ihnen 159.000 Kinder. Fluchtrouten sind in der Regel nicht barrierefrei. Eigenständige Flucht ohne Hilfe ist für viele Menschen mit Behinderung und/oder Pflegebedürftige nicht möglich.

Sprachbarrieren

Wenn sie hier ankommen, drohen oft unerträglich lange Wartezeiten. Keiner weiß, wie und wo er die Hilfen, die er benötigt schnellstmöglich bekommen kann. Auch die Verständigung ist oft schwierig.

Sputnik e.V.

Es gibt eine Vereinigung russischsprachiger Familien mit Kindern mit Beeinträchtigungen in Deutschland, „Die Sputniks e.V.„, der als erste Hilfsorganisation in Deutschland ein spezieller Etat zur Verfügung gestellt wurde, in dessen Rahmen geflüchtete Familien mit Kindern mit Behinderung temporäre kostenlose Unterkünfte angeboten werden können. Der Verein ist in Berlin tätig, hat aber mittlerweile auch ein paar Zweigstellen in anderen Bundesländern.

Tausende Familien haben sich mittlerweile an die Sputniks gewandt, die mit ihren ehrenamtlichen Helfern an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen. Über die Schwierigkeiten von ukrainischen Flüchtlingen mit Behinderung oder mit Kindern mit Beeinträchtigungen schrieb Sonja Smolenski in einem lesenswerten Artikel in der TAZ vom 6. April 2022.

Information und Koordination

Die Situation für die Betroffenen zu verbessern ist Ziel der neuen Kontaktstelle beim Roten Kreuz. Die Bundeskontaktstelle stellt grundlegende Informationen rund um das Thema Flucht und Behinderung/Pflegebedarf über einen Internetauftritt sowie eine Hotline zur Verfügung. Sie fungiert als Schaltstelle der zahlreichen in das Fluchtgeschehen involvierten Akteure, an der wichtige Informationen zusammenlaufen und zügig weitergeleitet werden. In Zusammenarbeit mit den für die Versorgung primär zuständigen Ländern trägt die Bundeskontaktstelle so dazu bei, schnell passende Hilfsangebote zu vermitteln. Mit einem Monitoring über bereits erfolgte und anstehende Transporte hilft sie ferner dabei, das Fluchtgeschehen transparenter zu gestalten.

Landeskoordinierungsstellen geplant

Je länger der russische Angriffskrieg auf die Ukraine andauert, desto länger wird es auch einen Bedarf an bundesweiter Koordinierung der Aufnahme und Versorgung von Menschen mit Behinderungen und pflegebedürftigen Personen geben. Dieser Herausforderung gerecht zu werden, setzt die Bereitschaft zur Kooperation aller betroffenen staatlichen und nichtstaatlichen Ebenen voraus. Mit der Bundeskontaktstelle werden daher gleichzeitig von den Ländern 16 Landeskoordinierungsstellen aufgebaut, die die Betreuungssituation vor Ort im Blick haben und auch konkrete Unterbringungsangebote vermitteln können.

Die Bundeskontaktstelle erreichen Sie auf folgendem Weg:

Tel.: 030 – 85 404 789 (von 9 bis 17 Uhr) oder Bundeskontaktstelle – Aktuelles – DRK Wohlfahrtspflege (drk-wohlfahrt.de)

Quellen: DRK, BMG, BMAS, TAZ

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Pfändungsfreigrenzen

Durch das geplante Steuerentlastungsgesetz 2022 werden auch die Pfändungsfreigrenzen stärker steigen als ursprünglich vorgesehen.

Die Pfändungsfreigrenzen nach § 850c ZPO maßgebenden Beträge ändern sich jedes Jahr entsprechend der Entwicklung des steuerlichen Grundfreibetrags nach § 32a Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes. Bis zum 1.7.2021 geschah dies nur alle zwei Jahre. Der nun jährliche Rhythmus wird damit begründet, dass vor dem Hintergrund der zunehmenden Digitalisierung und Automatisierung bei der Berechnung des unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens der dafür höhere Verwaltungsaufwand von immer geringerer Bedeutung sei.

Die jährliche Erhöhung wird jeweils in einer eigenen Bekanntmachung veröffentlicht. Zu verwenden sind die Freigrenzen, die sich aus der jeweiligen Bekanntmachung ergeben.

Wann kommt die neue Pfändungstabelle?

Das Finanzministerium hält aber die aktuelle Bekanntmachung, die ab 1.7.2022 gelten soll noch zurück, wohl damit das Steuerentlastungsgesetz 2022 berücksichtigt werden kann. Dort wird nämlich der steuerliche Grundfreibetrag rückwirkend zum 1.1.2022 erhöht. Ursprünglich sollte der Steuerfreibetrag zum letzten Jahreswechsel von 9.744 Euro auf 9.984 Euro im Jahr 2022 steigen. Nun soll der Freibetrag aber 2022 auf 10.374 Euro steigen.

Pfändungsfreibetrag und Unterhaltsfreibeträge

Das bedeutet, dass die Pfändungsfreigrenze zum 1. Juli nicht auf 1.283,49 Euro steigen wird, sondern auf 1.330,16 Euro.

Der pfändungsfreie Sockelfreibetrag für den Schuldner kann im Einzelfall aufgestockt werden. So können auch Freibeträge gewährt werden, wenn der Schuldner einer oder mehreren Personen Unterhalt gewährt. Der pfändungsfreie Betrag erhöht sich in diesem Fall zum 1.7.2022:

  • für die erste Person, der Unterhalt gewährt wird, um 500,61 EUR, (ursprünglich vorgesehen: 483,05 EUR)
  • für die zweite bis fünfte Person, der Unterhalt gewährt wird, um 278,90 EUR, (ursprünglich vorgesehen: 269,11 EUR).

Pfändungsschutz, grundsätzliches

Die Leistung des Sozialstaates besteht nicht nur darin, dem bedürftigen Bürger Geld- oder Sachleistungen zu gewähren, sondern diese Leistungen, die in der Regel gerade ein Existenzminimum sichern, vor dem Zugriff Dritter zu schützen. Dies stellt u.a. der Pfändungsschutz sicher.

Arbeitseinkommen ist grundsätzlich pfändbar; dies gilt auch für Hinterbliebenenbezüge und Renten. Eine ganze Reihe von Einkommensarten sind jedoch unpfändbar. Mehr dazu in SOLEX.

Quellen: Bundesfinanzministerium, FOKUS-Sozialrecht, SOLEX

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9 Euro-Ticket

Das Bundeskabinett hat am 27.4. das zweite Entlastungspaket auf den Weg gebracht. Dazu wird das Steuerentlastungsgesetz 2022 geändert. Dort soll der 100-Euro-Zuschlag (Kinderbonus 2022) und die Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro an einkommensteuerpflichtige Erwerbstätige untergebracht werden.

Für die temporären Absenkung der Energiesteuer für Kraftstoffe bastelt das Finanzministerium an einem Energiesteuersenkungsgesetz (EnergieStSenkG).

Um die das 9 Euro-Ticket auf den Weg zu bringen bedarf es einer Änderung im Regionalisierungsgesetz.

Regionalisierungsgesetz

Das Regionalisierungsgesetz war Teil der Bahnreform 1994. Es beinhaltete den Wechsel der Zuständigkeit für den schienengebundenen Personen-Nahverkehr (SPNV) vom Bund auf die Länder zum 1. Januar 1996. Der Wechsel der Zuständigkeit umfasst auch einen finanziellen Ausgleich. So erhalten die Länder vom Bund jährlich sogenannte Regionalisierungsmittel, die für die Finanzierung des SPNV vorgesehen sind. An dieser Stelle soll das 9 Euro Ticket eingebaut werden, wobei der Bund davon ausgeht, dass die dafür bereitgestellten 2,5 Milliarden Euro ausreichen. Das bezweifeln die Länder allerdings. Neben der Kritik an der Finanzierung werden auch Stimmen laut, die die ganze Aktion für ein schnell verpuffendes Strohfeuer halten. Das Geld sei besser angelegt, wenn es für zusätzliche Verbindungen mit Bahn und Bus und für eine bessere Taktung verwendet würde.

Drei Monate

Ab dem 1. Juni 2022 wird drei Monate lang ein stark verbilligtes ÖPNV-Ticket für 9 Euro pro Kalendermonat in Deutschland angeboten. Das Ticket gilt deutschlandweit in Bussen und Bahnen im Nah- und Regionalverkehr. Ausgenommen sind der Fernverkehr der DB AG, also z.B. ICE, IC, EC sowie die Flix-Züge und Busse. Das Ticket soll über die üblichen Vertriebswege wie Automaten und Schalter angeboten werden. Es ist derzeit auch eine gemeinsame Online-Plattform geplant, über die das Ticket digital gebucht werden kann.

Abonennten

Kunden und Kundinnen mit Abo zahlen für drei Monate jeweils nur 9 Euro. Der Differenzbetrag wird in den Folgemonaten ausgeglichen. Gleichzeitig bleiben alle Abo-Vorteile im jeweils geltenden Verkehrsverbund bzw. Verkehrsunternehmen erhalten. Auch für diese Tickets arbeiten die Verkehrsunternehmen an der Erstattung für den Zeitraum Juni bis August.

und langfristig? Eine Arbeitsgruppe!

Dazu schreibt das Verkehrsministerium: „Auf Vorschlag von Herrn Bundesminister Dr. Wissing wurde eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Erarbeitung eines Ausbau- und Modernisierungspaktes für den ÖPNV eingesetzt, um den ÖPNV auch langfristig zu verbessern. In dieser Arbeitsgruppe unter paritätischer Leitung des VMK-Vorsitzlandes und des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr sollen die Themen Mindeststandards, Qualitätskriterien, Erreichbarkeit, Attraktivitätssteigerung, Digitalisierung, Vernetzung und Tarife sowie Kapazitätsverbesserungen erörtert und dazu Vorschläge entwickelt werden. Bis zur Verkehrsministerkonferenz im Herbst soll ein Ausbau- und Modernisierungspakt erarbeitet und beschlossen werden. Damit haben wir nicht nur die Chance, die Finanzierung des ÖPNV langfristig auf solide Füße zu stellen, sondern vor allem die Möglichkeit, den ÖPNV für alle Bürgerinnen und Bürger deutlich komfortabler und attraktiver zu machen.“

Quellen: wikipedia, Bundesverkehrsministerium, Bundesfinanzministerium, FOKUS-Sozialrecht, RND

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Inklusiver Arbeitsmarkt

Am 25. April befasste sich der Ausschuss für Arbeit und Soziales mit Vorschlägen und Anträgen der CDU und der Linken zur Förderung des inklusiven Arbeitsmarktes. Dazu eingeladen waren Fachverbände, Gewerkschaft und Arbeitgebervertreter und Betroffenen-Organisationen.

Antrag der CDU

Die Unionsfraktion fordert in ihrem Antrag  unter anderem eine bessere wirtschaftliche Absicherung von Inklusionsbetrieben und den Ausbau von Beratungsangeboten für Arbeitgeber. Das Budget für Arbeit solle durch eine Erhöhung der Lohnkostenzuschüsse attraktiver gemacht werden. Außerdem soll nach den Vorstellungen der Abgeordneten ein bundesweites Förderprogramm dafür sorgen, die barrierefreie digitale Infrastruktur in außerbetrieblichen Ausbildungsstätten und die digitale Kompetenz von Auszubildenden und deren Ausbildern zu verbessern.

Antrag der Linken

Die Linken fordern in ihrem Antrag die volle Partizipation von Menschen mit Behinderungen und ihren Organisationen zu garantieren. Diese sei Kernelement der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), jedoch im politischen Handeln noch nicht selbstverständlich, kritisiert die Fraktion. Sie verlangt transparente Kriterien für eine barrierefreie, volle Partizipation von Menschen mit Behinderungen und ihren Organisationen und Verbänden mit diesen zusammen zu erarbeiten. Barrierefreie Partizipation soll nicht nur räumliche, sondern auch kommunikative und digitale Barrierefreiheit umfassen. Alle Bedarfe für alle Menschen mit unterschiedlichen Behinderungsformen müssen dabei abgedeckt werden, verlangen die Abgeordneten. Die Regierung soll außerdem einen Gesetzentwurf vorlegen, um im Rahmen der Selbsthilfeförderung bedarfsdeckende finanzielle Mittel für Selbstvertretungsorganisationen zuzuweisen.

Ziele werden begrüßt

Die Sachverständigen begrüßten die Ziele,  Beratungsangebote für Arbeitgeber zur Schaffung inklusiver Arbeitsplätze auszubauen, Inklusionsbetriebe zu stärken und die Budgets für Arbeit und Ausbildung zu entbürokratisieren und so weiterzuentwickeln. Auch für die stärkere politische Teilhabe von Menschen mit Behinderungen müssten noch viele Hindernisse aus dem Weg geräumt werden.

Höhere Ausgleichsabgabe

Darüber hinausgehend forderte der Deutsche Gewerkschaftsbund, eine vierte Stufe der Ausgleichsabgabe einzuführen, um die Unternehmen stärker in die Pflicht zu nehmen, Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderungen zu schaffen. Nötig seien höhere Beiträge der Ausgleichsabgabe.

Förderung von Inklusionsfirmen

Claudia Rustige von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Inklusionsfirmen e. V. nannte die Forderung nach Zugang der Inklusionsfirmen zu Wirtschaftsförderprogrammen längst überfällig. Aufgrund ihrer Gemeinnützigkeit seien diese Betriebe davon häufig ausgeschlossen, das sei ein Wettbewerbsnachteil. Auch übten diese Betriebe schon lange mehr als eine „Brückenfunktion“ aus, sagte Rustige.

Träger für Ausbildungen unterstützen

Matthias Münning von der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und der Eingliederungshilfe BAGüS mahnte an, das Budget für Ausbildung funktioniere nicht allein für sich und nicht allein über Geld. Man brauche immer auch einen Träger, der begleitende Maßnahmen anbiete.

Ptenziale in Unternehmen nutzen

Monika Labruier von der ProjektRouter gGmbH verwies darauf, dass die Unternehmen viel stärker darin unterstützt werden müssten, ihre Potenziale zu nutzen. „Wenn sie die nötige Unterstützung bekommen, haben sie schon ein großes Interesse daran, Menschen mit Behinderungen einzustellen“, betonte sie.

Menschen sichtbar machen

Stephan Göthling vom Mensch zuerst-Netzwerk People First Deutschland e.V. verwies darauf, dass Menschen mit Lernschwierigkeiten im politischen Prozess nicht sichtbar seien. Für eine solche Mitarbeit aber bräuchten sie Zeit, zum Beispiel, um Texte zuerst einmal in Leichte Sprache zu übersetzen. Die Fristen für die Abgabe von Stellungnahmen seien aber oft viel zu kurz dafür, kritisierte Göthling.

Entgeltsystem in Werkstätten

Die Lebenshilfe fordert in ihrer ausführlichen Stellungnahme auch eine auskömmliche Entlohnung für die in Werkstätten und bei anderen Leistungsanbietern beschäftigten Menschen mit Behinderung.

Quellen: Bundestag, FOKUS-Sozialrecht, SOLEX

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Minijob und Midijob

Mit dem Gesetz zur Erhöhung des Mindestlohns, das vermutlich im Mai im Bundestag behandelt wird, wird zugleich die Geringfügigkeitsgrenze von 450 Euro auf 520 Euro angehoben. Ebenfalls ausgeweitet wird der sogenannte Übergangsbereich, der dann für Verdienste zwischen 520,01 Euro und 1.600 Euro gilt. (Zur Zeit noch: 450,01 bis 1.300 Euro). Über das Gesetzespaket berichteten wir im schon im Februar 2022.

Mindestlohn bestimmt Minijobgrenze

Die Geringfügigkeitsgrenze soll zukünftig einer Wochenarbeitszeit von zehn Stunden zu Mindestlohnbedingungen entsprechen. Außerdem soll sie dynamisiert werden, das heißt, dass in Zukunft nicht mehr ein Euro-Betrag als Geringfügigkeitsgrenze festgelegt wird, sondern dass die Geringfügigkeitsgrenze von der Höhe des Mindestlohns abhängt. Der Mindestlohn für 10 Stunden wird dann mit 4 1/3 (das entspricht der durchschnittlichen Anzahl von Wochen in einem Monat) multipliziert und auf volle Euro aufgerundet. Ab Oktober also 10 mal 12 = 120; 120 mal 4 1/3 = 520. -> 520 Euro ist die monatliche Geringfügigkeitsgrenze.

Bis 1.600 im Übergangsbereich

Die Höchstgrenze für eine Beschäftigung im Übergangsbereich wird von monatlich 1.300 Euro auf 1.600 Euro angehoben. Diese Maßnahme soll dem Anstieg der Löhne
und Gehälter Rechnung tragen. Er soll eine weitergehende Entlastung von sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten mit geringem Arbeitsentgelt als bisher bewirken.

Übergang von Mini zu Midi geglättet

Zudem werden Beschäftigte im unteren Übergangsbereich noch stärker entlastet, um die Grenzbelastung beim Übergang in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu glätten und damit die Anreize für geringfügig Beschäftigte zu erhöhen, ihre Arbeitszeit über einen Minijob hinaus auszuweiten.

Änderung im Faktor F

Nach geltendem Recht leisten geringfügig Beschäftigte bei einer Befreiung von der Rentenversicherungspflicht keinen Beitrag zur Sozialversicherung. Bei einem Entgelt von nur einem Cent oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze setzen die Regelungen zum Übergangsbereich ein, wonach die Beschäftigten zunächst Beiträge in Höhe von rund 10 Prozent leisten müssen. Insoweit sinkt nach dem bisherigen Beitragsrecht der Nettolohn um rund 45 Euro, so dass ein Nettolohn von mehr als 450 Euro erst wieder ab einem Bruttolohn von etwa 510 Euro erreicht wird. Die Neuregelung beseitigt diesen Belastungssprung. Die Formel zur Entlastung der Beschäftigten im Übergangsbereich wird so geändert, dass der Belastungssprung im Beitragsrecht beim Übergang in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung künftig entfällt. Sie beseitigt damit einen Fehlanreiz für geringfügig Beschäftigte, ihre Arbeitszeit nur deshalb zu begrenzen, um Sozialversicherungsbeiträge zu sparen. Ermöglicht wird das durch eine Änderung der Berechnung des Faktors F, der für die Berechnung des Entgelts im Übergangsbereich wesentlich ist. Faktor F ergibt sich ab 1.10.2022, wenn 28% durch den Gesamtsozialversicherungsbetrag (2022: 39,95%) geteilt werden. (Bisher 30% geteilt durch 39,95%).

Familienversicherungsgrenze wird angepasst

Eine weitere Änderung im SGB V betrifft Menschen, die geringfügig beschäftigt sind und über ihren Partner oder ihre Partnerin familienversichert sind.

In der Regel können nur Personen in der gesetzlichen Krankenkasse mittels Familienversicherung kostenfrei mitversichert werden, wenn ihr regelmäßiges monatliches Gesamteinkommen ein Siebtel der monatlichen
Bezugsgröße nach § 18 SGB des Vierten Buches nicht überschreitet (2022: 470 Euro monatlich). Zukünftig gilt bei einer geringfügigen Beschäftigung die neue Geringfügigkeitsgrenze (520 Euro), die noch eine Familienversicherung möglich macht.

Quelle: BMAS

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Die Zeit zu handeln ist jetzt

Das ist die Kernaussage des Anfang April veröffentlichten drittten und letzte Teils des sechsten Sachstandsberichts des UNO-Weltklimarates (IPCC). Im ersten Teil, veröffentlicht im letzten August, ging es um die naturwissenschaftlichen Grundlagen; der Ende Februar veröffentlichte Teil behandelt die Folgen des Klimawandels und der Anpassung. Im nun veröffentlichten dritten Teil geht es um den Sachstand und die Möglichkeiten zur Reduktion von Treibhausgasen.

Leider ist der Bericht in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen worden und von den Medien eher unter „ferner liefen“ behandelt worden. Sicher auch der dramatischen Lage in der Ukraine und des faschistischen Angriffskriegs Russlands geschuldet.

Wo stehen wir?

Obwohl seit Jahrzehnten bekannt ist, dass die Treibhausemissionen sinken müssen, sind sie immer weiter gestiegen. Sowohl der CO2 – Ausstoß als auch die Emission anderer Treibhausgase wie Methan und Lachgas ist überall auf dem Höchststand.

Was ist nötig?

Damit die Temperatur nicht um mehr als 1,5 Grad Celsius – geschweige denn 2 Grad Celsius – gegenüber dem vorindustriellen Niveau steigt, müssten die globalen CO₂-Emissionen zwischen 2020 und 2025 ihren Höhepunkt erreichen – also spätestens in drei Jahren sinken. Für 1,5 Grad müsste die Treibhausgasmenge schon 2030 um 43 Prozent gegenüber 2019 zurückgehen. Und spätestens Anfang der 2050er-Jahre müsste die Welt komplett CO₂-neutral wirtschaften, heizen, kühlen, sich fortbewegen und ernähren.

1,5° global = 3° auf den Landfläche

Vielfach wird übersehen, dass es sich bei den 1,5 Grad um eine globale Mitteltemperatur handelt. Die Meerestemperatur steigt viel langsamer als die Temperatur über Land. Das heißt, dass in vielen Gebieten der Erde die Temperaturen um 3 und mehr Grad ansteigen bei einem globalen Mittelwert von 1,5 Grad. Damit werden viele Gebiete auf der Erde praktisch unbewohnbar mit den massiven Folgen Hunger, Tod und Flucht.

Das ist also das optimistischste Szenario, was so gerade noch erreicht werden könnte, wenn man weltweit jetzt beginnt gegenszusteuern.

Lösungen, Instrumente und Technologien sind vorhanden

Dabei zeigt der IPCC-Bericht ganz klar, dass es gute Lösungen gibt, dass alle Instrumente und Technologien bereit stehen. Man muss sie nur benutzen.

Quellen: IPCC, Spektrum.de, ZEIT, Klima-Arena

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Lebensmittelknappheit

Während hierzulande höhere Lebensmittelpreise für Unmut sorgen und für manche Menschen in prekären Verhältnissen bedrohlich werden, steigt in anderen Ländern die Angst vor Hungersnöten. Dabei hat die Krise gerade erst begonnen und wird sich im Laufe des Jahres und erst recht nächstes Jahr richtig zuspitzen, wenn nicht mit aller Kraft gegengesteuert wird.

In einem Beitrag für das Wissenschaftsmagazin Spectrum beschreibt der Chemiker und Wissenschaftsjournalist Lars Fischer eindrucksvoll, wie es dazu kommen konnte, was uns droht und welche Lösungsansätze es gibt.

Klima

Dabei spielen die seit Jahren verschlafenen und verhinderten Maßnahmen, um den Klimawandel eine wesentliche Rolle. Der Raubbau an den Wäldern, die überwiegende Nutzung der Ackerflächen für Tierfutter und die Nutzung von laut UFOP-Bericht von 2020 global gesehen neun Prozent der Erntemenge aus der Pflanzenproduktion für Bioethanol und fünf Prozent für Biodiesel. Zudem sorgt der ungebremste Klimawandel für immer mehr Extremwetterereignisse, die weitere Ernteausfälle zur Folge haben.

Pandemie

Dann kam die Pandemie, die weltweit zur Unterbrechung von Lieferketten führte, es fehlten Schiffe und Container und in vielen Häfen konnte weniger als üblich umgeschlagen werden. Schon vor dem Überfall Putins auf die Ukraine war die Lebensmittelversorgung weltweit schwer belastet.

Krieg

Russland und die Ukraine standen bisher für über ein Viertel der globalen Weizenversorgung, dazu kommen große Anteile an anderen landwirtschaftlichen Produkten wie Sonnenblumenkerne und andere Getreidesorten.

Verschlimmern wird sich die Situation durch die kommenden Ernteausfälle und erst recht dadurch, dass nicht mehr genügend angebaut werden kann, wegen des Krieges oder weil Düngemittel fehlen.

Nicht die Menge, sondern die Verteilung

Trotz allem gibt es genug Lebensmittel, um eine noch größere Bevölkerung satt zu kriegen. Das Problem ist nicht die Menge, sondern die Verteilung. Ärmere Länder können die Lebensmittel für ihre Bevölkerung nicht bezahlen. Statt dessen werden sie von den reicheren Ländern aufgekauft und als Futtermittel oder Biokraftstoff benutzt.

Dazu kommt eine gigantische Lebensmittelverschwendung vor allem in den westlichen Ländern, weil die Agrar- und Nahrungsmittelindustrie ineffizient arbeitet, vieles im Müll landet oder ein kleiner Teil der Weltbevölkerung mehr verzehrt als nötig.

Was könnte helfen?

Die Politik muss dringend dafür sorgen, dass Menschen

  • weniger Lebensmittel in den Müll werfen,
  • weniger Fleisch essen und
  • weniger Bioethanol nutzen.

Dringend muss das UNO Welternährungsprogramm (WFP) mit genügend Geld ausgestattet werden, um Hilfsmaßnahmen und Verteilung in den drohenden Hungerkrisen zu organisieren. Das WFP ist die größte humanitäre Organisation der Welt, dem aber das Geld fehlt, um die Aufgaben zu erfüllen.

Quelle: Lars Fischer in Spektrum.de : „Wie ein lokaler Krieg eine globale Krise auslöst“

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