Kriminalisierung der Seenotrettung?

Am Mittwoch, 18. Januar 2024, wird im Bundestag das „Rückführungsverbesserungsgesetz“ verabschiedet.

Gesetzesinhalt

Das Gesetz sieht vor, dass Abschiebehaft und Abschiebegewahrsam verschärft werden und Wohnungen auch ohne richterlichen Beschluss durchsucht werden können. Abschiebungen in der Nacht sollen vereinfacht werden, Behörden dürfen demnach Mobiltelefone und Datenträger auslesen, ohne dass die Verhältnismäßigkeit dieser Maßnahme geprüft werden muss. Des Weiteren eröffnet das Gesetz die Möglichkeit, humanitäre Hilfe fortan als Schleusertätigkeit zu verfolgen.

Strafbarkeit von altruistischer Hilfe möglich

Gerade der letzte Punkt sorgte für große Aufregung. Sollten etwa Seenotrettungen künftig strafbar sein? Das Innenministerium bestreitet dies Absicht: Zur Bekämpfung der Schleusungskriminalität sei eine Verschärfung der bisherigen Strafandrohungen für entsprechende Delikte vorgesehen. Zugleich werde klargestellt, dass die Rettung Schiffbrüchiger auch künftig nicht strafbar sei.

Rechtsgutachten

Ein Rechtsgutachten von Prof. Dr. Aziz Epik und Prof. Dr. Valentin Schatz der Universitäten Hamburg und Lüneburg bestätigt aber die Befürchtung, dass eine Kriminalisierung bei entsprechender Auslegung unklarer Begriffe zumindest nicht ausgeschlossen ist.

Gefahr einer Kriminalisierung

Die vom BMI vorgeschlagene Ausweitung des § 96 Abs. 4 AufenthG auf Fälle
uneigennütziger Hilfeleistung zur unerlaubten Einreise berge potenziell die Gefahr einer Kriminalisierung ziviler Seenotrettung, so das Gutachten. Nach der hier vertretenen Auffassung sei das Verhalten ziviler Seenotretter*innen beim Rettungsvorgang und bei der Verbringung in einen Ausschiffungshafen zwar nach § 34 StGB gerechtfertigt. Diese Position ist jedoch weder unstreitig noch ist die künftige Rechtspraxis insoweit hinreichend antizipierbar.

Keine tragfähige Begründung

Das Gutachten bemängelt, dass es bislang keine tragfähige Begründung für die Notwendigkeit einer entsprechenden Ausweitung der Strafbarkeit gebe. Daher bleibe im Dunkeln, welchen legitimen Zweck die neue Strafvorschrift erfüllen solle. Sofern zu Beginn der Diskussion auf die Erfassung von bewaffneten Grenzdurchbrüchen in altruistischer Motivation an der kroatischen Außengrenze abgestellt worden sei, ließe sich die vermeintlich bestehende Schutzlücke ohne Weiteres durch eine Ausweitung des § 96 Abs. 4 AufenthG auf Taten nach § 96 Abs. 2 Nr. 3 AufenthG (Beisichführen einer Schusswaffe) schließen.

Empfehlung der Gutachter

Die geplante Gesetzesänderung berge die Gefahr eines chilling effects auf die vor allem aus Deutschland koordinierte zivile Seenotrettung im Mittelmeer. Dem Gesetzgeber empfehlen die Autoren, von der geplanten Ausweitung der Strafbarkeit Abstand zu nehmen. Mindestens aber sei ein Tatbestandsausschluss für Fälle humanitärer Unterstützung vorzusehen, wie er den Mitgliedstaaten der EU ausdrücklich in Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2002/90/EG für alle Formen
humanitärer Unterstützung ermöglicht werde. Ein solcher könnte unter Rückgriff auf den Wortlaut der Richtlinie erfolgen. Dementsprechend könnte ein möglicher § 96 Abs. 6 AufenthG lauten: „Absatz 1 Nr. 1 und Absatz 4 sind nicht anzuwenden, wenn die Hilfeleistung mit dem Ziel der humanitären Unterstützung der betroffenen Person erfolgt.“ Ein solcher Tatbestandsausschluss müsste – ebenfalls in Umsetzung der Richtlinie – konsequenterweise auch auf die Beihilfe zur unerlaubten Einreise gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG, § 27 StGB erstreckt werden.

Quellen: Bundestag, demokratieteam.org, A. Epik und V. Schatz, Kriminalisierung der Seenotrettung? Gutachten zur geplanten Neufassung des § 96 Abs. 4 AufenthG, 2023, EUR-Lex, wikipedia

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Festzuschüsse zum Zahnersatz

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) bestimmt nach § 56 Absatz 1 SGB V in Richtlinien die zahnmedizinischen Befunde, für die Festzuschüsse zum Zahnersatz nach § 55 SGB V gewährt werden und ordnet den Befunden zahnprothetische Regelversorgungen zu („befundbezogenes Festzuschusssystem“).

befundbezogene Festzuschüsse

Versicherte haben Anspruch auf medizinisch notwendige Versorgung mit Zahnersatz (zahnärztliche Behandlung und zahntechnische Leistungen).

Die Krankenkassen gewähren zu den Aufwendungen für Zahnersatz befundbezogene Festzuschüsse. Patientinnen und Patienten können beim Zahnersatz zwischen jeder medizinisch anerkannten Versorgungsform wählen (vgl. § 55 Abs. 1 SGB V). Der Festzuschuss beträgt 60 % der festgelegten Kostenobergrenzen für bestimmte Zahnersatzleistungen. Gute Zahnpflege und nachgewiesene regelmäßige Kontrolluntersuchungen führen zu höheren Zuschüsse. Wer seine Zähne in den letzten fünf Jahren jeweils jährlich hat untersuchen lassen, kann den Zuschuss um einem Bonus auf 70 % erhöhen. Bei Minderjährigen ist zur Erlangung dieses Vorteils der Nachweis einer halbjährlich Untersuchung erforderlich. Gelingt der Nachweis der regelmäßigen Untersuchung sogar in den letzten 10 Jahren, so erhöht sich der Bonus noch einmal auf 75 % des Festbetrages.

jährliche Anpassung

Jedes Jahr passt der G-BA die Höhe der auf die Regelversorgung entfallenden Beträge bei der Versorgung mit Zahnersatz (ZE) an die Ergebnisse der Verhandlungen über den zahnärztlichen ZE-Punktwert und die zahntechnischen Bundesmittelpreise an.

Auf Grundlage der Ergebnisse der diesjährigen Verhandlungen zwischen den jeweiligen Vertragspartnern Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV),
Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) und dem Verband Deutscher Zahntechniker-Innungen (VDZI), wurde die Höhe der auf die Regelversorgung entfallenden Beträge bei der Versorgung mit Zahnersatz mit Wirkung vom 1. Januar 2024 angepasst.

4,22 Prozent mehr

Dabei wurden die zahnärztlichen Leistungen auf Basis des aufgrund der Anhebung des bundeseinheitlichen durchschnittlichen Punktwertes für Zahnersatz entsprechend der Vereinbarung zwischen der KZBV und dem GKV-Spitzenverband ab dem 1. Januar 2024 in Höhe von 1,0827 € (+ 4,22 % ggü. JD 2023) berechnet.
Die Berechnungen für die zahntechnischen Leistungen basieren auf der Vereinbarung der bundeseinheitlichen durchschnittlichen Preise zwischen dem VDZI und dem GKV-Spitzenverband vom November 2023. Die Kosten für das Verbrauchsmaterial Praxis und die Kosten für die Prothesenzähne wurden analog
zu den Veränderungen der Preise der zahntechnischen Leistungen (+4,22 % ggü. Jahr 2023) fortgeschrieben.

Beispiel

Der Festzuschuss für eine Metallische Vollkrone beträgt demnach 2024 365,96 Euro, bestehend aus 184,59 Euro zahnärztlicher Leistung und 181,37 Euro zahntechnischer Leitung. Im Jahr 2023 betrug der Gesamtfestzuschuss 351,14 Euro.

Der Versicherte erhält einen Zuschuss von

  • 60 Prozent (ohne Bonus): 219,58 Euro
  • 70 Prozent (mit Bonus 1): 256,17 Euro
  • 75 Prozent (mit Bonus2): 274,477 Euro
  • 100 Prozent (Härtefall): 365,96 Euro

Härtefall

Versicherte mit einem geringen Einkommen (zum Beispiel Sozialhilfeempfänger, Empfänger von Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung, Empfänger von Bürgergeld und Ausbildungsförderung), die Zahnersatz benötigen, bekommen von ihrer Krankenkasse einen zusätzlichen Festzuschuss; damit erhalten sie die Regelversorgung kostenfrei. Dies gilt auch für Versicherte, die in einem Heim oder einer ähnlichen Einrichtung leben, dessen Kosten von einem Träger der Sozialhilfe oder der Sozialen Entschädigung getragen werden.

Geringes Einkommen

Ebenfalls 100 Prozent Zuschuss erhalten Versicherte, deren monatliche Bruttoeinnahmen 40% der monatlichen Bezugsgröße nicht überschreiten, das das heißt für das Jahr 2024 monatliche Bruttoeinnahmen bis zu 1.414,00 EUR für Alleinstehende. Die Einkommengrenze erhöht sich für den ersten im Haushalt lebenden Angehörigen um 530,25 EUR und für jeden weiteren Angehörigen um 353,50 EUR.

Übersteigt das Einkommen diese Einkommensgrenzen, so steigen die einzubringenden Eigenmittel kontinuierlich an. Versicherte mit höherem Einkommen müssen bis zum Dreifachen des Betrages selbst leisten, um den ihr Einkommen die maßgeblichen Einkommensgrenze übersteigt. Wer beispielsweise als Alleinstehender 1.442,00 EUR verdient, liegt 28,00 EUR über der Zuzahlungsbefreiungsgrenze (1.414,00 EUR) und muss daher für die Regelversorgung maximal 84,00 EUR an Eigenbeteiligung leisten.

Quellen: G-BA, SOLEX, FOKUS-Sozialrecht

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Studienstarthilfe und Flexibilitätssemester

Das sind zwei Begriffe aus der anstehenden Bafög-Reform. Dass eine Erhöhung der Bedarfssätze nicht geplant ist, aber einige Freibeträge schon und andere Anpassungen erfolgen sollen, ist im verlinkten Artikel nachzulesen. Hier nun mehr zu Studienstarthilfe und Flexibilitätssemester.

Flexibilitätssemester

Das Flexibilitätssemester (§ 15 Abs. 3 BAFöG) soll jedem Studierenden einmalig die Möglichkeit geben, ohne Angabe von Gründen über die Förderungshöchstdauer hinaus für ein Semester gefördert zu werden.

Bei Studiengängen an Hochschulen und Akademien wird Ausbildungsförderung grundsätzlich nur bis zum Ende der Förderungshöchstdauer (Regelstudienzeit) geleistet. Die tatsächliche Studienzeit überschreitet jedoch in vielen Fällen die Regelstudienzeit. Dieser Entwicklung soll Rechnung getragen werden, indem Auszubildende künftig ohne Angabe besonderer Gründe ein sogenanntes Flexibilitätssemester in Anspruch nehmen können. Das Flexibilitätssemester wird pro Person einmalig bewilligt. Das heißt beispielsweise bei mehrstufigen Studiengängen im Bachelor-/Mastersystem entweder einmalig im Bachelor oder einmalig im Master. Es soll dem Auszubildenden mehr Flexibilität bei der Durchführung seines Studiums und dem Umgang mit studienverlängernden Umständen geben, da er ohne Angabe besonderer Gründe auch nach Überschreiten der Förderungshöchstdauer noch gefördert werden kann.

Studienstarthilfe

Jungen Menschen aus einkommensschwachen Haushalten soll durch Einführung einer Studienstarthilfe (§ 56 BAFöG) als ein strukturell neues Instrument die Entscheidung für eine ihrer Eignung und Neigung entsprechende Hochschulausbildung erleichtert werden, und finanzielle Eingangshürden abgebaut werden.

Dabei sollen gerade die zu Beginn des Studiums in besonderem Maße anfallenden Aufwendungen (beispielsweise Mietkaution, IT-Ausstattung, Bücher) finanziert werden, deren Charakter als Anfangsinvestition durch die sonst gleichmäßig als monatlicher Auszahlungsbetrag geleistete Förderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz nicht abgebildet ist. Die Ausgestaltung als Zuschuss soll zudem Bedenken mit Blick auf eine zukünftige Rückzahlungspflicht
ausräumen.

Voraussetzung

Studienstarthilfe kann beantragen, wer als Auszubildender oder Studierender das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und

  • Leistungen nach dem SGB II,
  • Leistungen der Sozialhilfe nach dem SGB XII,
  • Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder
  • selbst oder ihre Eltern für sie einen Kinderzuschlag nach dem Bundeskindergeldgesetz beziehen.

1.000 Euro

Die Studienstarthilfe wird einmalig als Zuschuss zum Beginn der Ausbildung in
Höhe von 1.000 Euro geleistet. Die Studienstarthilfe ist bei Sozialleistungen, deren Gewährung einkommensabhängig erfolgt, und bei Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Die Studienstarthilfe wird auch nicht auf leistungs- oder begabungsabhängige Stipendienleistungen aus öffentlichen Mitteln angerechnet.

Quellen: BMBF, FOKUS-Sozialrecht

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BAföG-Reform 2024

Studienstarthilfe und Flexibilitätssemester: Das sind Begriffe aus der kommenden BAföG-Reform. Der Referentenentwurf dazu liegt vor. Die schlechte Nachricht zuerst: Eine Eine Erhöhung des BAföG-Sätze ist nicht vorgesehen. Damit würde das BAföG mindestens drei Jahre ohne Erhöhung bleiben, wahrscheinlich sogar vier, denn 2025 dürfte es wegen der Bundestagswahlen gar keine BAföG-Anpassung geben. Offenbar ist die FDP-Bildungsministerin der Ansicht, Student*innen seien von steigenden Preisen und Inflation nicht betroffen.

Keine Erhöhung der Bedarfsätze

Über eine Anpassung der BAföG-Sätze berät der Bundestag am Mittwoch, 17. Januar 2024. Den Abgeordneten liegt dazu der „Dreiundzwanzigste Bericht nach Paragraf 35 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) zur Überprüfung der Bedarfssätze, Freibeträge sowie Vomhundertsätze und Höchstbeträge nach Paragraf 21 Absatz 2“ (20/9870) als Unterrichtung vor. Er umfasst die Jahre 2021 und 2022, wie aus der Vorlage hervorgeht. Nach 40-minütiger Debatte ist die Überweisung an den federführenden Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung vorgesehen.

Laut Gesetz sind „die Bedarfssätze, Freibeträge sowie die Vomhundertsätze und Höchstbeträge nach Paragraf 21 Absatz 2 alle zwei Jahre zu überprüfen und durch Gesetz gegebenenfalls neu festzusetzen. Dabei ist der Entwicklung der Einkommensverhältnisse und der Vermögensbildung, den Veränderungen der Lebenshaltungskosten sowie der finanzwirtschaftlichen Entwicklung Rechnung zu tragen. Die Bundesregierung hat hierüber dem Deutschen Bundestag und dem Bundesrat zu berichten“.

Preisentwicklung im Blick behalten

In den Berichtszeitraum fällt den Angaben zufolge ein Gesetz zur Zahlung einer einmaligen Energiepreispauschale in Höhe von 200 Euro für Studenten, Fachschüler und Berufsfachschüler. Die entsprechende Rechtsgrundlage trat zum 21. Dezember 2022 in Kraft. Mehr als 3,55 Millionen Antragsberechtigte an mehr als 4.500 Ausbildungsstätten konnten die Einmalzahlung nach einer Pilotphase ab dem 28. Februar 2023 und bundesweit ab dem 15. März und bis zum 2. Oktober 2023 beantragen. Es wurden dem Bericht zufolge rund 2,84 Millionen Anträge bewilligt und insgesamt mehr als 568 Millionen Euro ausgezahlt.

Der Bericht empfiehlt nicht ausdrücklich eine Erhöhung der BAFöG-Sätze, sondern empfiehlt, „das Spannungsverhältnis zwischen gestiegenen Verbraucherpreisen, der finanzwirtschaftlichen Gesamtentwicklung und dem Vertrauen in ein bedarfsgerechtes BAföG als selbstverständliche Rahmenbedingung für Ausbildungsentscheidungen andererseits im Blick zu behalten.“

Klage läuft

Ob das BAföG in seiner aktuellen Form gegen das Grundgesetz verstößt, prüft zur Zeit das Bundesverfassungsgericht. Die anstehende BAFöG-Reform kostet laut Bildungsministerium 62 Millionen Euro. Der Haushaltsauschuss hatte dafür ursprünglich 150 Millionen vorgesehen. Dann wäre ja noch Spielraum,sollte es zu einer Klatsche aus Karlsruhe kommen.

Was bringt die BAFöG-Reform sonst?

  • Einführung eines Flexibilitätssemesters, das jedem Studierenden einmalig die Möglichkeit gibt, ohne Angabe von Gründen über die Förderungshöchstdauer hinaus für ein Semester gefördert zu werden,
  • Verschiebung der Frist für die förderungsunschädliche Vornahme eines Fachrichtungswechsels aus wichtigem Grund und Erweiterung der Regelvermutung für das Vorliegen eines wichtigen Grundes um jeweils ein Semester,
  • Einführung einer Studienstarthilfe. Der einmalige Zuschuss zum Studienstart soll jungen Menschen aus finanzschwachen Familien einen Anreiz zur Studienaufnahme geben und finanzielle Hürden beim Übergang in ein Hochschulstudium abbauen.
  • Die Anhebung der Freibeträge, die für Leistungen nach dem BAföG gelten, sowie der
    Freibeträge für die Rückzahlung des Darlehensanteils um fünf Prozent. Der Freibetrag für eigenes Einkommen der Auszubildenden wird so angepasst, dass die ab dem 1. Januar 2025 geltende Geringfügigkeitsgrenze des § 8 Absatz 1a SGB IV berücksichtigt ist und Auszubildende damit ohne Anrechnung auf ihre Förderung bis zum Umfang eines sogenannten Minijobs einer ausbildungsbegleitenden Erwerbstätigkeit nachgehen können.

Außerdem werden die Kranken- und Pflegeversicherungszuschüsse an Veränderungen der Beitragssätze und der Bemessungsgrundlagen angepasst und dabei auch der für 2024 geltende Durchschnittswert für den kassenindividuellen Zusatzbeitrag berücksichtigt.

Quellen: Studis online, BMBF, Bundestag, FOKUS-Sozialrecht

Abbildung: bafoeg-digital.jpg (Startseite des online-portals BAFöG-Digital)

Stärkung der hausärztlichen Versorgung

Viele Hausärztinnen und Hausärzte sind mit ihren Arbeitsbedingungen extrem unzufrieden. Ihre Wartezimmer sind oft übervoll – und nach Feierabend müssen die Hausärztinnen und -ärzte weiter am Schreibtisch sitzen, um den „Papierkram“ mit den Krankenkassen zu machen, damit sie für all ihre Leistungen bezahlt werden. Dabei falle viel zu viel Bürokratie an, sagen sie. Ihr größtes Problem ist aber dies: Sie werden nicht für alle Untersuchungen und Behandlungen, die sie an Patienten vornehmen, bezahlt.

Unser gesetzliches Krankenversicherungssystem, in dem etwa neun von zehn Deutschen versichert sind, funktioniert so: Einer (der Arzt) erbringt eine Leistung, ein Zweiter (der Patient) bekommt diese Leistung, und ein Dritter (die Krankenkasse) bezahlt dafür. Diese Dreiecksbeziehung ist anfällig für das, was Volkswirte „Fehlanreize“ nennen.

Zum Beispiel: Der Patient bestellt beim Arzt Behandlungen oder Medikamente, die er gar nicht unbedingt braucht. Der Arzt bietet sie an, weil er daran verdient. Und bezahlen muss dafür am Ende die Allgemeinheit mit steigenden Krankenkassenbeiträgen. Um das zu verhindern, sind die Einnahmen der niedergelassenen Ärzte (also solche mit eigener Praxis mit Kassensitz) gedeckelt. Das soll verhindern, dass die Kosten aus dem Ruder laufen. 

Gesundheitsminister Lauterbach hat sich Anfang Januar mit den Ärztevertretern getroffen und schlägt folgendes Maßnahmepaket vor.

Reform der hausärztlichen Honorierung

  • Entbudgetierung aller Leistungen der allgemeinen hausärztlichen Versorgung nach ähnlicher Systematik wie für die Kinder- und Jugendärzte.
  • Einführung einer jahresbezogenen hausärztlichen Versorgungspauschale für die Be-
    handlung von erwachsenen Versicherten mit chronischer Erkrankung (mit kontinuierlichem Arzneimittelbedarf).
  • Hausärztliche Vorhaltepauschale: Für echte Versorgerpraxen, die maßgeblich die hausärztliche Versorgung aufrechthalten, wird eine Vorhaltepauschale gesetzlich vorgegeben. Diese ist abrechenbar, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind (z.B. Hausbesuche, Mindestanzahl an Versicherten in Behandlung).
  • Einführung einer einmal jährlich abrechenbaren Vergütung für Hausärzte für eine qualifizierte Hitzeberatung vulnerabler Gruppen. Ziel: Zahl der Hitzetoten soll weiter gesenkt werden (Schätzungen RKI Hitzetote 2022: 4.500 – 2023: 3.200).

Entbürokratisierung

  • Einführung einer wirkungsvollen Bagatellgrenze bei den Wirtschaftlichkeitsprüfun-
    gen von ärztlich verordneten Leistungen.
  • Festsetzung einer Ausschlussfrist von zwei Jahren für Beratungen im Rahmen der
    Wirtschaftlichkeitsprüfung
  • Abschaffung des zweistufigen Antragsverfahrens in der Kurzzeittherapie (Psychotherapie)
  • Vereinfachung bei den Vorgaben zur Einholung eines Konsiliarberichts bei ärztlich
    überwiesenen Patientinnen und Patienten (Psychotherapie)
  • Abschaffung der Präqualifizierungspflicht für Vertragsärztinnen und -ärzte, die Hilfs
    mittel an Versicherte abgeben

Digitalisierung

  • Entlastung der Praxen durch die Möglichkeit zur Ausstellung von elektronischen Re-
    zepten und Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bei bekannten Patientinnen und Patienten lediglich durch telefonische Konsultation,
  • Flexibilisierung des Umfangs, in dem Videosprechstunden erbracht werden können und Ermöglichung von Homeoffice für Ärzte,
  • Umstellung des bisherigen BtM-Rezeptes auf einen digitalisierten Verschreibungsprozess, einschließlich digitaler Nachweisführung.

Sektorenübergreifende Versorgung

  • Förderung der Ambulantisierung bislang unnötig stationär erbrachter Leistungen,
  • Im Rahmen der Krankenhausreform wird die sektorenübergreifende Zusammenarbeit insbesondere durch die Einführung von Level 1i-Krankenhäusern gestärkt.

Die meisten dieser Punkte sollen durch die angekündigten Versorgungsstärkungsgesetze und die Digitalisierungsgetze in Angriff genommen werden, die Lauterbach letzten Sommer ankündigte und die seitdem in Arbeit oder im Beratungsprozess sind.

Quellen: Deutschlandfunk, Tagesspiegel, correctiv, Bundestag, FOKUS-Sozialrexht

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EuGH Urteil zu Freizügigkeit und Sozialleistungen

Obwohl es sich bei dem zugrunde liegenden Fall um Rumänen in Irland handelt, hat dieses Urteil auch für Deutschland Bedeutung. Familienangehörige, denen von einer als Arbeitnehmer*in tätigen Unionsbürger*in Unterhalt geleistet wird (bzw.: wurde), haben stets einen Anspruch auf Leistungen nach SGB II oder XII. Eine Ablehnung mit Verweis auf die dann wegfallende Unterhaltsleistung und das fehlende Freizügigkeitsrecht ist unzulässig. Auch die Verweigerung von Eingliederungshilfeleistungen nach dem SGB IX oder Leistungen in besonderen sozialen Schwierigkeiten oder anderen Lebenslagen nach dem SGB XII ist unzulässig.

Der Fall

Eine rumänische Staatsangehörige ist die Mutter einer rumänischen und irischen Staatsangehörigen, die in Irland wohnt und dort arbeitet. Die Mutter zog 2017 ihrer Tochter nach Irland hinterher und hält sich dort seither als Verwandte in gerader aufsteigender Linie einer Arbeitnehmerin mit Unionsbürgerschaft rechtmäßig auf. Im Jahr 2017 verschlechterte sich der Gesundheitszustand der Mutter infolge ihrer Arthritis. Daher stellte sie nach irischem Recht einen Antrag auf Gewährung von Invaliditätsbeihilfe. Dieser Antrag wurde mit der Begründung abgelehnt, dass die Mutter im Fall der Beihilfegewährung nicht mehr von ihrer Tochter unterhalten würde, sondern die irischen Sozialhilfeleistungen unangemessen in Anspruch nähme und somit ihr Aufenthaltsrecht verlieren würde. Ein irisches Gericht möchte vom Gerichtshof wissen, ob das Unionsrecht dieser Ablehnung entgegensteht.

Die Entscheidung

Der Gerichtshof stellt fest, dass das Unionsrecht einer Regelung entgegensteht, die es erlaubt, einem Verwandten in gerader aufsteigender Linie, dem von einem Arbeitnehmer mit Unionsbürgerschaft Unterhalt gewährt wird, eine Sozialhilfeleistung zu versagen oder sogar das Recht, sich für mehr als drei Monate in diesem Mitgliedstaat aufzuhalten, zu entziehen, weil die Gewährung der Sozialhilfeleistung dazu führen würde, dass er keinen Unterhalt mehr von diesem Wanderarbeitnehmer beziehen und damit die Sozialhilfeleistungen unangemessen in Anspruch nehmen würde.

Begründung

Ein Verwandter in gerader aufsteigender Linie, dem von einem Arbeitnehmer mit Unionsbürgerschaft Unterhalt gewährt wird, ist mittelbarer Nutznießer der diesem Arbeitnehmer zuerkannten Gleichbehandlung. Wenn man diesem Verwandten in gerader aufsteigender Linie eine Sozialhilfeleistung, die für den Wanderarbeitnehmer eine „soziale Vergünstigung“ darstellt, versagte, wäre dieser Wanderarbeitnehmer in seinem Recht auf Gleichbehandlung verletzt. Die Eigenschaft als Verwandter in aufsteigender Linie, dem „Unterhalt gewährt“ wird, darf durch die Gewährung einer Sozialhilfeleistung im Aufnahmemitgliedstaat nicht berührt werden. Andernfalls könnte die Gewährung einer solchen Leistung dem Betroffenen die Eigenschaft eines Familienangehörigen, dem Unterhalt gewährt wird, nehmen und folglich die Streichung dieser Leistung oder sogar den Verlust seines Aufenthaltsrechts rechtfertigen. Eine solche Lösung würde es in der Praxis dem Familienangehörigen, dem Unterhalt gewährt wird, verbieten, diese Leistung zu beantragen.

Da der Wanderarbeitnehmer im Rahmen seiner unselbständigen Erwerbstätigkeit Abgaben an den Aufnahmemitgliedstaat entrichtet, trägt er zur Finanzierung der sozialpolitischen Maßnahmen dieses Mitgliedstaats bei. Er muss davon daher unter den gleichen Bedingungen profitieren können wie die inländischen Arbeitnehmer.
Daher kann das Ziel, eine übermäßige finanzielle Belastung für den Aufnahmemitgliedstaat zu vermeiden, eine Ungleichbehandlung von Wanderarbeitnehmern und inländischen Arbeitnehmern nicht rechtfertigen.

Fazit

Ein Verwandter in gerader aufsteigender Linie eines Arbeitnehmers aus der Union kann, wenn ihm durch diesen Unterhalt gewährt wird, Sozialhilfeleistungen
beantragen, ohne dass dadurch sein Aufenthaltsrecht in Frage gestellt wird.

Quellen: EuGH, tacheles e.V.

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Ende des Bürgergeldbonus

Kaum eingeführt, wird der Bürgergeldbonus nach knapp einem halben Jahr wieder eingestampft. Arbeitsminister Heil hatte am 15. Dezember in einer Jahresbilanz zum Bürgergeld unter anderem den Bürgergeldbonus noch gepriesen als Teil der Abschaffung des Vermittlungsvorrangs durch das Bürgergeldgesetz und Stärkung der Weiterbildung. Da war aber schon klar, dass dieses gelobte Instrument der Sparpolitik zum Opfer fallen würde.

§ 16j wird aufgehoben

In der Vorabversion des Referentenentwurfs „Entwurf eines Zweiten Haushaltsfinanzierungsgesetzes 2024 (Beitrag BMAS Abteilung II „Arbeitsmarkt“ heißt es lapidar: „§ 16j wird aufgehoben.“. In der Begründung wird zwar noch mal der „Kerngedanke des Bürgergeldgesetzes“ beschworen, durch Weiterbildung mehr dauerhafte Arbeitsmarktintegrationen zu erreichen. Ein wichtiger Teil davon ist aber nun Geschichte.

Die finanziellen Anreize Weiterbildungsgeld und Weiterbildungsprämie werden weiterhin an Teilnehmende berufsabschlussbezogener Weiterbildungen gezahlt. Teilnehmende, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes eine mit dem Bürgergeldbonus förderfähige Maßnahme angetreten haben, erhalten den Bonus bis zum Austritt aus oder dem Abschluss der Maßnahme.

Bürgergeldbonus und Weiterbildungsgeld

Erwerbsfähige Leistungsberechtigte sollten unter bestimmten Voraussetzungen einen Bürgergeldbonus in Höhe von 75 Euro monatlich erhalten. Gemeint sind Weiterbildungen, die nicht auf einen Berufsabschluss abzielen. Dies ist nun nicht mehr möglich. Wer eine Weiterbildung absolviert, deren Ziel ein Berufsabschluss ist, kann stattdessen Weiterbildungsgeld nach dem ebenfalls ab Juli 23 gültigen § 87a im SGB III erhalten.

Wer abseits von Populismus und Propaganda eine realistische Einschätzung des Bürgegelds lesen will, dem sei der Spiegel-Artikel von Florian Diekmann vom 3. Januar 2024 empfohlen.

Quellen: tacheles e.V., BMAS, sgb2.info, FOKUS-Sozialrecht, Spiegel

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Zurück zu Hartz IV

Bundesarbeitsminister Heil sieht sich genötigt beim Bürgergeld eine Rolle rückwärts zu machen. Vorausgegangen war eine beispiellose Fakenews-Kampagne, dass sich arbeiten nicht mehr lohne, weil das Bürgergeld so hoch sei und es keine Sanktionen mehr gäbe. Schon zu Beginn des letzten Jahres wurden solche hauptsächlich von der AFD verbreiteten Märchen widerlegt. Trotzdem ließen es sich einige CDU und FDP Politiker nicht nehmen, weiter in die Kerbe zu hauen, begleitet von den üblichen Verdächtigen aus der Medienwelt.

Lernfähigkeit?

Nun versucht die SPD, wie auch schon in anderen Politikbereichen wie der Migrationspolitik, angesichts dürftiger Umfrageergebnisse zum xten Mal Wähler zurückzuholen, in dem man auf die Positionen des rechten Randes umschwenkt. Zum xten Mal wird dies nicht funktionieren. Die Lernfähigkeit scheint völlig verschwunden zu sein.

170 Millionen

Hubertus Heil will also das Haushaltsgesetz 2024 mit einem Passus zu Einsparungen aus seinem Haus ergänzen. 170 Millionen sollen es sein, in dem die vom Verfassungsgericht für unzulässig erklärten Vollsanktionen wieder eingeführt werden. Das wären etwa 100.000 Vollsanktionen im Jahr.

Zum Vergleich: der jährliche Gesamtwirtschaftliche Schaden durch Steuerhinterziehung beträgt etwa 100.000.000.000 (100 Milliarden) Euro.

Dünnes Eis

Der Arbeitsminister bezieht sich auf einen Passus des Verfassungsgerichtsurteils, in dem es heißt, „wenn und solange Leistungsberechtigte es selbst in der Hand haben, durch Aufnahme einer ihnen angebotenen zumutbaren Arbeit (§ 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II) ihre menschenwürdige Existenz tatsächlich und unmittelbar durch die Erzielung von Einkommen selbst zu sichern,“ sei ein vollständiger Leistungsentzug zu rechtfertigen. Allerdings sagt das Urteil einschränkend, dies sei nur dann möglich, wenn deren Situation mit denen vergleichbar seien, bei denen keine Bedürftigkeit vorliege, weil Einkommen oder Vermögen aktuell verfügbar und zumutbar einsetzbar sei. Nur wenn eine solche tatsächlich existenzsichernde und zumutbare Erwerbstätigkeit ohne wichtigen Grund willentlich verweigert werde, obwohl im Verfahren die Möglichkeit bestand, dazu auch etwaige Besonderheiten der persönlichen Situation vorzubringen, die einer Arbeitsaufnahme bei objektiver Betrachtung entgegenstehen könnten, sei ein vollständiger Leistungsentzug zu rechtfertigen.

Da werden die geplanten Einsparungen sicher schnell durch die Gerichtskosten aufgebraucht.

Lesenswert dazu auch der Beitrag von Dr. Joachim Rock, Leiter der Abteilung „Arbeit, Soziales und Europa“ beim Paritätischen Gesamtverband.

Quellen: tacheles e.V., BMAS, Tagesschau, dpa, Bundesverfassungsgericht

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Mindestvergütung für Azubis ab 2024

Das Gesetz zur Modernisierung und Stärkung der beruflichen Bildung sieht seit 1.1.2020 in § 17 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) eine Mindestausbildungsvergütung vor. Das Gesetz sieht keine Differenzierung zwischen betrieblicher und außerbetrieblicher Berufsausbildung vor. Die Mindestausbildungsvergütung gilt danach grundsätzlich auch für außerbetriebliche Berufsausbildungen.

Nur außerhalb der Tarifbindung

Die Regelung gilt nur für Ausbildungsverträge, die außerhalb der Tarifbindung liegen. Sie gilt nicht für Berufe, die über das jeweilige Landesrecht geregelt sind, zum Beispiel Erzieher, und ebenso wenig für die reglementierten Berufe im Gesundheitswesen, zum Beispiel Physiotherapeut, Logopäde oder Ergotherapeut.

Höhe und Anpassung

Die Höhe der Mindestvergütung wird zum 1. Januar eines jeden Jahres, erstmals zum 1. Januar 2024, fortgeschrieben. Die Fortschreibung entspricht dem rechnerischen Mittel der jährlichen Bundesstatistik über die bei Vertragsabschluss vereinbarte Vergütung für jedes Ausbildungsjahr im Vergleich der beiden dem Jahr der Bekanntgabe vorausgegangenen Kalenderjahre.

Bekanntmachung

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung gibt jeweils spätestens bis zum 1. November eines jeden Kalenderjahres die Höhe der Mindestvergütung, die für das folgende Kalenderjahr maßgebend ist, im Bundesgesetzblatt bekannt. Für das Jahr 2024 erschien die Bekanntmachung am 18.10.2023 im Bundesgesetzblatt.

Mindestvergütung 2024

Die Mindestvergütung für Auszubildende beträgt demnach ab 1.Januar 2024:

  • im ersten Ausbildungsjahr 649 Euro (2023: 620 Euro)
  • im zweiten Ausbildungsjahr 766 Euro (2023: 732 Euro)
  • im dritten Ausbildungsjahr 876 Euro (2023: 837 Euro)
  • im vierten Ausbildungsjahr 909 Euro (2023: 868 Euro).

Quellen: Bundesministerium für Bildung und Forschung, Bundesgesetzblatt, FOKUS-Sozialrecht

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Pflegekompetenzgesetz

Gesundheitsminister Lauterbach hat am 19.12.2023 Eckpunkte für ein Pflegekompetenzgesetz veröffentlicht. Ziel ist es, den Pflegeberuf attraktiver zu machen. Ein Weg dazu sei, die vorhandenen Potentiale bei den Pflegekräften besser zu nutzen und ihre Kompetenzen auszuweiten.

Eckpunkte

In den Eckpunkten wird festgestellt, dass Pflegekräfte aufgrund ihrer beruflichen
oder hochschulischen Ausbildung sehr gut qualifiziert seien. Sie verfügten häufig über eine oder mehrere teils umfassende Weiterbildungen und große Patientennähe. Sie könnten häufig mehr Aufgaben ausführen als sie rechtlich derzeit eigenständig dürfen.

  • Pflegekräfte können nach diesen Vorstellungen in Zukunft bspw. eigenständig in der Wundversorgung und Ernährungsberatung agieren sowie Katheter legen.
  • Fachkräfte mit Zusatzausbildung sollen bei der Therapie von Demenzpatienten mitwirken,
  • Fachkräfte mit akademischem Abschluss könnten selbst Hilfsmittel und Medikamente verschreiben,
  • sie könnten Gesundheitspraxen oder kleine Krankenhäuser leiten.

Selbständiger entscheiden

Pflegefachkräfte sollen unabhängig von Ärzt*innen selbstständiger entscheiden und therapieren dürfen. Dazu gehört z.B. auch die eigenständige Entscheidung über bestimmte Verbandsstoffe und Salben.

Geprüft werden soll den Eckpunkten zufolge, ob Pflegekräfte in Zukunft auch die Einstufung der Pflegebedürftigkeit übernehmen können.

Strukturell soll die zentrale berufsständische Vertretung des Pflegeberufs gestärkt werden. Diese soll mit Befugnissen zur Weiterentwicklung des Berufsverständnisses und der Berufsrollen ausgestattet werden – vorrangig in Fragen des Beruferechts, der Bildung und in fachlichen Versorgungsfragen, wie z.B. Leitlinien.  

Sicherstellung der Versorgung

Dabei geht es nicht darum, so Lauterbach, Befugnisse anderer Berufsgruppen im Gesundheitswesen zu beschneiden, sondern den Pool der fachkompetenten Personen in der Versorgung zu erweitern, insbesondere zur Sicherstellung der Versorgung in Zeiten des demografischen Wandels.

Quellen: BMG, Paritätischer Gesamtverband

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