Tag der Seltenen Erkrankungen

Zum 18. Mal fand am 28. Februar 2025 weltweit der Rare Disease Day statt, der internationale Tag der Seltenen Erkrankungen. Auch der Verband der Universitätsklinika Deutschlands (VUD) und der GKV-Spitzenverband erinnern daran.

Wann ist eine Erkrankung selten?

In der Europäischen Union gilt eine Erkrankung als selten, wenn nicht mehr als 5 von 10.000 Menschen von ihr betroffen sind. Es gibt allerdings mehr als 8.000 Seltene Erkrankungen und jährlich werden weitere entdeckt. Die Gesamtzahl der Betroffenen ist deshalb trotz der Seltenheit der einzelnen Erkrankung hoch. Allein in Deutschland leben Schätzungen zufolge etwa vier Millionen Menschen mit einer Seltenen Erkrankung, in der gesamten EU geht man von circa 30 Millionen Betroffenen aus.

Viele Seltene Erkrankungen sind schwer zu erkennen und haben genetische Ursachen. Die Diagnosestellung ist entscheidend für die weitere Versorgung und Betreuung der erkrankten Menschen. Mit herkömmlichen Methoden ist dies nicht immer möglich.

Modellvorhaben im Rahmen des SGB V

Seit 2021 erlaubt der § 64e SGB V ein Modellvorhaben zur umfassenden Diagnostik und Therapiefindung mittels Genomsequenzierung sowohl bei seltenen als auch bei onkologischen Erkrankungen. Das Modellvorhaben Genomsequenzierung wird aktuell an 27 Spitzenzentren der Universitätsklinika durchgeführt, die hierfür gemeinsam einen Vertrag mit dem GKV-Spitzenverband geschlossen haben. Dies berichtet der GKV in einer Pressemitteilung anlässlich des Tags der Seltenen Erkrankungen.

umfangreichen Qualitätsanforderungen

Die umfangreichen Qualitätsanforderungen führen dazu, dass die Versorgung auf die Einrichtungen konzentriert wird, die in multidisziplinären Teams eine umfassende Expertise mit Seltenen Erkrankungen haben und bei denen Forschung und Versorgung Hand in Hand gehen. Damit wird gewährleistet, dass zielgerichtet die Patientinnen und Patienten mit Verdacht auf eine Seltene Erkrankung ausgewählt werden, bei denen genetische Veränderungen als Ursache vermutet werden.

neue Therapiemöglichkeiten

Das Modellvorhaben verfolgt den Ansatz einer wissensgenerierenden Versorgung, bei der klinische und genomische Daten in einer gemeinsamen Dateninfrastruktur zusammengeführt und gleichzeitig für Ärztinnen und Ärzte sowie Forschende auswertbar gemacht werden. So können in Zukunft noch mehr Patientinnen und Patienten mit Seltenen Erkrankungen von dem Modellvorhaben profitieren, wenn durch die hier gewonnenen Erkenntnisse neue Therapiemöglichkeiten entwickelt werden. Auch die Evaluation des Modellvorhabens wird so ermöglicht.

Erste Erfolge

Mit der Genomsequenzierung steht nun das modernste und anspruchsvollste Verfahren zur Verfügung, um das Vorliegen einer Seltene Erkrankung mit einer genetischen Ursache zu untersuchen. So berichtet eines der teilnehmenden Zentren für Seltene Erkrankungen an einem Universitätsklinikum, dass bereits zu Beginn des Modellvorhabens bei drei von vier kritisch kranken Kindern auf der Kinder-Intensivstation durch die Genomsequenzierung Diagnosen gestellt werden konnten, die nicht nur maßgeblich die Behandlung beeinflusst, sondern auch den Angehörigen die lange Ungewissheit genommen haben.

Quellen: achse (Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen), GKV-Spitzenverband, BMG, tagesschau

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Schwankende Netto-Rente

Bezieher der gesetzlichen Rente müssen sich darauf einstellen, dass ihre Netto-Rente in den nächsten Monaten mal sinkt, mal steigt. Bis sie im August ihr endgültiges stabiles Niveau erreicht.

Krankenkassen-Zusatzbeitrag

Die teilweise drastische Erhöhung des Krankenkassen-Zusatzbeitrags zu Beginn des Jahres 2025 macht sich bei den Renten erst im März bemerkbar. Beispiel: Bei einer Erhöhung des Zusatzbeitrags um 0,8 Prozent sinkt die Nettorente um 0,4 Prozent (die Hälfte zahlt der Rentenversicheungsträger). Das bedeutet für eine Brutto-Rente von 1.200 Euro (vor Abzug der Sozialversicherungsbeiträge) eine Einbuße von 4,80 Euro.

Kinder in der Pflegeversicherung

Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung mit mehreren Kindern werden seit Juli 2023 ab dem zweiten bis zum fünften Kind mit einem Abschlag in Höhe von 0,25% für jedes Kind entlastet. Bei der Ermittlung des Abschlags nicht berücksichtigungsfähig sind Kinder, die das 25. Lebensjahr vollendet haben. Der Abschlag gilt bis zum Ablauf des Monats, in dem das jeweilige Kind das 25. Lebensjahr vollendet hat.

Diese Regelung gilt natürlich auch für Rentner mit minderjährigen Kindern, allerdings kam bei den Rentnern diese Entlastung lange Zeit nicht an.

Aufgrund fehlender Daten wurde dies bei manchen rentenbeziehenden Eltern nicht berücksichtigt, was jetzt nachträglich behoben werden soll. Die Deutsche Rentenversicherung plant, die zu viel gezahlten Pflegebeiträge ab April/Mai 2025 zu erstatten. Im Einzelfall sind hier mehrere 100 Euro Beitragserstattung möglich. Die Nettorente wird dann wieder ein wenig steigen.

Rentenwert steigt

Ab Juli 2025 wird wie jedes Jahr der Rentenwert neu bestimmt. Der Rentenwert bestimmt unter anderem die Höhe der Rente. Dieses Jahr wird mit einer Erhöhung von 3,6 Prozent gerechnet. Das wären bei einer 1.200 Euro – Bruttorente 43 Euro mehr. Gleichzeitig wird aber im Juli erstmals in diesem Jahr die seit Anfang des Jahres geltende Erhöhung der Pflegeversicherungsbeiträge von 0,2 Prozent eingerechnet. So bleiben von den 43 Euro mehr nur noch 40,50 Euro. Außerdem sind rückwirkend für die ersten 6 Monate des Jahres 6 mal 0,2 Prozent nachzuzahlen, also rund 14 Euro.

Ab August stabil

Für das restliche Jahr sollte die Nettorente monatlich die gleiche Höhe haben, da dann alle Sonderregelungen eingerechnet sind.

Quellen: Finanztip, FOKUS-Sozialrecht

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Evaluationsbericht der Bedarfsplanungs-Reform

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat die wesentlichen Änderungen seiner Bedarfsplanungs-Reform aus dem Jahr 2019 evaluiert und den erstellten Ergebnisbericht am 21. Februar 2025 veröffentlicht. In dem Bericht wird auf die mit den einzelnen Themen verbundenen Fragestellungen und auch die möglichen methodischen Herausforderungen eingegangen. Die Auswirkungen der wesentlichen Änderungen der Reform der Bedarfsplanung von 2019 werden dezidiert im Zeitablauf dargestellt und analysiert. Unbenommen von der nun vorliegenden Evaluation wird der G-BA auch weiterhin die maßgeblichen Veränderungen in den bundesweiten Versorgungsstrukturen sowie bei den gesetzlichen Rahmenbedingungen beobachten und bei Bedarf die Richtlinie anpassen.

Wesentliche Ergebnisse des Evaluationsberichts

Der Morbiditätsfaktor eignet sich – trotz Limitationen – besser als der vormalige Demografiefaktor, um den sich verändernden Versorgungsbedarf der Bevölkerung arztgruppenspezifisch differenzierter über die Verhältniszahlen in der Bedarfsplanung zu berücksichtigen. Dennoch wird der G-BA auch weiterhin regelmäßig überprüfen, ob sich eine Verbesserung der Methodik anbietet und den Morbiditätsfaktor dementsprechend anpassen.

Um die Erreichbarkeit von Arztpraxen stärker in den Fokus zu rücken, wurden für vier verschiedene Arztgruppen (Hausärzte, Kinder- und Jugendärzte, Augenärzte, Frauenärzte) Schwellenwerte, welche bei der Prüfung des zusätzlichen Versorgungsbedarfs herangezogen werden sollen, definiert. Die Abfrage bei den Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) zeigte, dass andere Instrumente der Bedarfsplanung bevorzugt eingesetzt werden und dieses Instrument entsprechend seltener zur Anwendung kommt. Da die arztgruppenspezifischen Erreichbarkeitskriterien von den KVen dennoch ausdrücklich begrüßt werden, hält der G-BA an den derzeitigen Regelungen fest.

Bei den Quotenregelungen, welche auf eine verbesserte Steuerung der Zusammensetzung der Arztgruppen nach Fachgebieten, Facharztkompetenzen oder Schwerpunktkompetenzen bei der Besetzung von Arztsitzen abzielen, zeigt sich für die fachinternistische Versorgung, dass sowohl die Mindestquote für die Rheumatologen als auch die Maximalquoten ihren Zweck erfüllen. So kam es bereits zu einem leichten Anstieg an Rheumatologen in der Versorgung, weitere Quotensitze sind noch frei. Eine Erhöhung der Quote von 8 % auf 10 % soll zum Stichtag 31.12.2026 überprüft werden. Die Maximalquoten im fachinternistischen Bereich werden bislang in keiner der Arztgruppen ausgeschöpft. Da deren Anteile jedoch seit 2019 stetig ansteigen, werden sie ihren Zweck erfüllen, die Anteile konstant zu halten. Auch mit Blick auf die Quoten in der nervenärztlichen und der psychotherapeutischen Versorgung sind aus der Evaluation keine Änderungsbedarfe hervorgegangen.  

Zu den Verhältniszahlanpassungen bei den Kinder- und Jugendärzten, den Nervenärzten, den Psychotherapeuten sowie den fachärztlich tätigen Internisten wird festgehalten, dass sie den dahinterstehenden Zielsetzungen – Kapazitätsausweitung und flächendeckendere Versorgung – entsprechen. Bei allen der genannten Arztgruppen kam es zu einer Erhöhung der Niederlassungsmöglichkeiten, die in den Folgejahren zunehmend besetzt werden konnten sowie entsprechend auch zu einer kontinuierlichen Zunahme an Behandlungskapazitäten.

Quelle: G-BA,

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Kein Zusammenhang zwischen Ausländeranteil und Kriminalitätsrate

Das ist das Ergebnis einer Untersuchung des Münchner ifo Instituts. Ausländer sind in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) gegenüber ihrem Bevölkerungsanteil überrepräsentiert. Dies nährt die Sorge, Migration gefährde die Sicherheit durch eine vermeintlich höhere Kriminalitätsneigung von Ausländern.

ortsspezifische Faktoren

Die Studie analysiert Daten der PKS (2018-2023) nach Kreisen und erörtert bestehende Erkenntnisse aus der Forschung zur Auswirkung von Zuwanderung auf Kriminalität. Die Ergebnisse zeigen, dass die höhere Kriminalitätsrate von Ausländern überwiegend durch ortsspezifische Faktoren, etwa ihre Konzentration in Ballungsräumen mit hoher Kriminalitätsdichte, erklärt wird. Ihre Demografie (jünger und männlicher) spielt dagegen eine geringere Rolle. Im Zeitraum 2018-2023 lässt sich kein Zusammenhang zwischen einer Veränderung im regionalen Ausländeranteil und der lokalen Kriminalitätsrate nachweisen. Die Ergebnisse decken sich mit Befunden der internationalen Forschung: (Flucht-) Migration hat keinen systematischen Einfluss auf die Kriminalität im Aufnahmeland.

Migration ist kein Sicherheitsrisiko

Deutschland kämpft mit massivem Fachkräftemangel und Finanzierungsdruck auf die Sozialsysteme aufgrund der demografischen Alterung. Zum Beispiel geht seit 2023 der Anstieg beschäftigter Beitragszahler in die Sozialversicherung ausschließlich auf ausländische Personen zurück. Dennoch erschweren Fehlwahrnehmungen und Vorurteile, die Migration als Sicherheitsrisiko sehen, mehrheitsfähige Strategien zur Gewinnung ausländischer Arbeitskräfte. Dies verursacht erhebliche volkswirtschaftliche Kosten.

kein systematischer Zusammenhang

Die Studie zeigt, dass Migranten in der Kriminalstatistik zwar überrepräsentiert sind, ein höhererMigrantenanteil aber nicht zu mehr lokaler Kriminalität führt. Vielmehr ist die Überrepräsentation weitgehend auf Standortfaktoren zurückzuführen: Zuwanderer leben häufiger in Gegenden mit generell höheren Kriminalitätsraten – auch unter Einheimischen. Daneben belegt die internationale Forschung keinen
systematischen Zusammenhang zwischen Einwanderung und Kriminalität.

effektive politische Maßnahmen nötig

Die Bundesregierung hat zuletzt mehrere Maßnahmen zur Förderung der Integration von Migranten umgesetzt. Darunter schnellere Einbürgerungen und die Einführung von Aufenthaltserlaubnissen für beschäftigte Asylbewerber (Spurwechsel) und abgelehnte Asylbewerber (Chancenaufenthaltsgesetz). Es ist wichtig zu evaluieren, wie sich einzelne Maßnahmen auf die Integrationschancen von Migranten auswirken – nicht nur in Bezug auf Kriminalität, sondern
insbesondere mit Blick auf die Arbeitsmarkt- und gesellschaftliche Integration. Nur so können effektive politische Maßnahmen entwickelt werden, die die gesellschaftliche Akzeptanz von Asylrecht und Fachkräftezuwanderung stärken.

Quellen: ifo-Institut, Zeit, FOKUS-Sozialrecht, Gemeinnützige Gesellschaft zur
Unterstützung Asylsuchender e. V.

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Letzte Bundesratssitzung vor den Wahlen

In ihrer ersten Sitzung des Jahres und der zugleich letzten in dieser Legislaturperiode behandelten die Mitglieder des Bundesrates mehr als 60 Punkte, darunter 17 Gesetze aus dem Bundestag, die nun in Kraft treten können. Darunter sind auch einige aus dem Bereich Sozialrecht:

Gewalthilfegesetz

Das Grundgesetz verpflichtet den Staat, sich schützend und fördernd vor das Leben und die körperliche Unversehrtheit des Einzelnen zu stellen, heißt es in der Gesetzesbegründung. Geschlechtsspezifische und häusliche Gewalt seien ein strukturelles Problem mit massiven Folgen für die Betroffenen, aber auch für die Gesellschaft insgesamt. Nach wie vor fänden nicht alle Betroffenen bedarfsgerechten Schutz und Unterstützung. Beratungsstellen und Schutzeinrichtungen seien nicht flächendeckend vorhanden. Zudem fehle es an Personal und passgenauen Angeboten.

Verlässliches Hilfesystem schaffen

Ziel des Gesetzes sei es daher, ein verlässliches Hilfesystem zu schaffen. Der Zugang von Gewaltbetroffenen zu Schutz und Beratung soll durch die Einführung eines Rechtsanspruchs sichergestellt werden. Die Länder werden verpflichtet, hierfür ein ausreichendes Netz von Schutz- und Beratungseinrichtungen vorzuhalten. 

Änderung des Mutterschutzgesetzes

Nach der Entbindung gilt für Mütter eine achtwöchige Schutzfrist, in der sie nicht arbeiten dürfen. Frauen, die ihr Kind vor der 24. Schwangerschaftswoche durch eine Fehlgeburt verloren haben, stand dieser Mutterschutz nach bisheriger Rechtslage nicht zu.

Die Neuregelung sieht bei Fehlgeburten einen Mutterschutz ab der 13. Schwangerschaftswoche vor. Dieser ist hinsichtlich der Dauer der Schutzfrist gestaffelt. Ab der 13. Schwangerschaftswoche beträgt sie bis zu zwei Wochen, ab der 17. bis zu sechs Wochen und ab der 20. bis zu acht Wochen. Das Beschäftigungsverbot gilt jedoch nur, wenn sich die Betroffene nicht ausdrücklich zur Arbeitsleistung bereit erklärt.

Bundesrat hatte Ausweitung des Mutterschutzes gefordert

Der Bundesrat hatte am 5. Juli 2024 in einer Entschließung an die Bundesregierung das Eingreifen des Mutterschutzes deutlich vor der 20. Woche gefordert. Dadurch könne verhindert werden, dass sich Frauen nach einer Fehlgeburt unnötigen Belastungen am Arbeitsplatz aussetzten. Bei Mutterschutz, der zeitlich über eine Krankschreibung hinausginge, entfiele so das Abrutschen in den Krankengeldbezug, hatten die Länder argumentiert.

Verbesserung der Gesundheitsversorgung in der Kommune

Ein zentrales Ziel des Gesetzes ist es, Patientinnen und Patienten den Zugang zu Hausarztterminen zu erleichtern. Es umfasst unter anderem folgende Maßnahmen:

Abschaffung der Budgets

Alle hausärztlichen Leistungen, einschließlich Hausbesuchen, werden zukünftig ohne Kürzungen vergütet. Die Einführung von Quartalsbudgets entfällt, so dass die Honorare steigen können, wenn neue Patientinnen und Patienten aufgenommen werden oder mehr Leistungen erbracht werden als bisher.

Versorgungs- und Vorhaltepauschalen

Müssen viele chronisch kranke Patientinnen und Patienten derzeit aus abrechnungstechnischen Gründen in jedem Quartal neu einbestellt werden, kann künftig stattdessen eine Versorgungspauschale für bis zu ein Jahr abgerechnet werden. Somit entfallen unnötige Abrechnungstermine. Darüber hinaus sollen Praxen, die einen wesentlichen Beitrag zur hausärztlichen Versorgung leisten, durch eine Vorhaltepauschale besonders honoriert werden.

Schnellere Bewilligungsverfahren für Hilfsmittel

Das Gesetz sieht ebenso vor, die Bewilligungsverfahren für medizinisch notwendige Hilfsmittel zu vereinfachen und zu beschleunigen. Menschen mit schweren Krankheiten oder Behinderungen sollen so schneller und unbürokratischer Zugang zu wichtigen Hilfsmitteln erhalten.

Erweiterte Notfallverhütung

In Fällen von sexuellem Missbrauch oder Vergewaltigung können zukünftig alle Frauen – und nicht nur unter 23-Jährige – Notfallverhütungsmittel vom Hausarzt oder der Hausärztin verordnet bekommen.

Entschädigungsleistungen für Opfer des SED-Regimes

Das Gesetz sieht vor, die Opfer des SED-Regimes in der ehemaligen DDR angesichts der gestiegenen Lebenshaltungskosten besser abzusichern. So steigt die monatliche Rente für ehemalige DDR-Häftlinge ab Juli 2025 von 330 auf 400 Euro. Außerdem steigt die Opferrente künftig automatisch mit der allgemeinen Rentenentwicklung und ist nicht mehr an die Bedürftigkeit der Empfänger gekoppelt.

Auch für in der DDR beruflich Verfolgte steigt ab Juli 2025 die Ausgleichsleistung von 240 auf 291 Euro. Ab dem Jahr 2026 ist dafür ebenfalls eine Dynamisierung vorgesehen. Die erforderliche Mindestverfolgungszeit für den Bezug dieser Leistung wird um ein Jahr verkürzt.

Quellen: Bundesrat, FOKUS-Sozialrecht

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Höhere Entschädigung für SED-Opfer

Der Bundesrat hat einem Gesetz zugestimmt, das zum einen Entschädigungsleistungen für Opfer des SED-Regimes erheblich verbessert.

Opferrente steigt dynamisch

Das Gesetz sieht vor, die Opfer des SED-Regimes in der ehemaligen DDR angesichts der gestiegenen Lebenshaltungskosten besser abzusichern. So steigt die monatliche Rente für ehemalige DDR-Häftlinge ab Juli 2025 von 330 auf 400 Euro. Außerdem steigt die Opferrente künftig automatisch mit der allgemeinen Rentenentwicklung und ist nicht mehr an die Bedürftigkeit der Empfänger gekoppelt.

Auch für in der DDR beruflich Verfolgte steigt ab Juli 2025 die Ausgleichsleistung von 240 auf 291 Euro. Ab dem Jahr 2026 ist dafür ebenfalls eine Dynamisierung vorgesehen. Die erforderliche Mindestverfolgungszeit für den Bezug dieser Leistung wird um ein Jahr verkürzt.

Vermutungsregelung kommt

Das Gesetz vereinfacht außerdem die Anerkennung gesundheitlicher Folgeschäden bei SED-Opfern: Liegen bestimmte schädigende Ereignisse und bestimmte gesundheitliche Schädigungen vor, wird zukünftig vermutet, dass ein ursächlicher Zusammenhang wahrscheinlich ist.

Auch die Einmalzahlung für Opfer von Zwangsaussiedlungen steigt: Sie beträgt zukünftig 7.500 Euro. Außerdem können Opfer von Zersetzungsmaßnahmen außerhalb des Beitrittsgebietes eine Einmalzahlung in Höhe von 1.500 Euro erhalten.

Fonds für Härtefälle

Das Gesetz sieht ebenso vor, dass die Stiftung für ehemalige politische Verfolgte Leistungen aus einem geplanten Härtefallfonds beziehen kann. Zuvor hatte der Möbelhändler IKEA angekündigt, den Fonds mit sechs Millionen Euro zu unterstützen. Das Unternehmen hatte in der Vergangenheit von der Zwangsarbeit in DDR-Gefängnissen profitiert.

Im September 2024 berichteten wir hier ausführlich über den Inhalt des Gesetzes.

Quelle: Bundesrat, Bundestag, FOKUS-Sozialrecht

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Keine Änderung beim § 218

Vor der Bundestagswahl wird es keine Abstimmung über eine Neuregelung des § 218 (Schwangerschaftsabbrüche) geben. Im Rechtsausschuss verhinderten CDU und FDP den dazu nötigen Beschluss.

Vorausgegangen war eine ausführliche Anhörung von Sachverständigen zum Gesetzentwurf von über 300 Abgeordneten des Bundestags.

Sachverstänigen-Anhörung im Rechtsausschuss

Der von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der Gruppe Die Linke sowie vom fraktionslosen Abgeordneten Stefan Seidler getragene Gesetzentwurf sieht vor, die bisher in den Paragrafen 218 und 218a des Strafgesetzbuches normierten Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch zu reformieren. Danach soll ein Schwangerschaftsabbruch bis zum Ende der zwölften Schwangerschaftswoche grundsätzlich nicht mehr rechtswidrig sein. Voraussetzung ist eine Beratung. Diese Regelung und die Einzelheiten sollen im Schwangerschaftskonfliktgesetz verankert werden, im Gegenzug soll der Paragraf 218a gestrichen werden.

Thematisiert wurde bei der Anhörung auch ein Antrag der gleichen Personengruppe (20/13776), laut dem die vom Bundesministerium für Gesundheit geförderte sogenannte ELSA-Studie zeige, dass fast 60 Prozent der befragten Frauen, die eine ungewollte Schwangerschaft abbrechen, Schwierigkeiten haben, den Schwangerschaftsabbruch zu organisieren, insbesondere weil sie den Schwangerschaftsabbruch geheim halten wollen oder müssen. Die Abgeordneten fordern von der Bundesregierung unter anderem, sicherzustellen, dass Schwangerschaftsabbrüche kostendeckend durch die Krankenkassen finanziert werden und Teil des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenkassen werden.

Ergebnisse der ELSA-Studie

Rona Torenz, wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Forschungsverbundprojekt „ELSA – Erfahrungen und Lebenslagen ungewollt Schwangerer. Angebote der Beratung und Versorgung“ an der Hochschule Fulda, sagte, die Ergebnisse der ELSA-Studie stützten in weiten Teilen sowohl die vorgeschlagene Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des Strafrechts als auch die Notwendigkeit einer Verbesserung der medizinischen Versorgung. Die Rechtmäßigkeit des Schwangerschaftsabbruchs trage dazu bei, Stigmatisierungserfahrungen für ungewollt Schwangere sowie Ärztinnen und Ärzte, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, zu reduzieren, befand sie.

Prof. Dr. med. Matthias David, Gynäkologe am Charité Campus Virchow Klinikum Berlin und Koordinator der Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) für die aktuelle Leitlinie zum Schwangerschaftsabbruch, hielt dem entgegen, dass Hinweise auf eine Verschlechterung der Versorgungslage in den letzten Jahren nicht nachweisbar seien. Die bisher veröffentlichen Ergebnisse der ELSA-Studie erscheinen aus seiner Sicht nicht dafür geeignet, ein „Versorgungsproblem“ zu beweisen. Vielmehr unterstrichen diese Resultate „eine gute bis sehr gute Erreichbarkeit und Versorgung“. „Die Versorgungslage mit Schwangerschaftsabbrüchen ist nicht prekär“, sagte David, der eine Frist zwischen Beratung und Abbruch von zwei bis drei Tagen als „sehr wichtig“ bezeichnetet. 

Verfassungsmäßigkeit

Umstritten blieb während der Anhörung auch die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung. Aus Sicht von Prof. Dr. Frauke Brosius-Gersdorf von der Universität Potsdam ist der Gesetzentwurf verfassungsrechtlich zulässig. Zwar habe das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass ein Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich für die gesamte Dauer der Schwangerschaft rechtswidrig – wenngleich nicht zwingend strafbar – sei und Ausnahmen nur bei Unzumutbarkeit der Fortsetzung der Schwangerschaft wie der medizinischen, der kriminologischen und der embryo- beziehungsweise fetopathischen Indikation gelten würden. Der Gesetzgeber sei bei einer Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs jedoch nicht an die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts gebunden, sondern dürfe eine eigene verfassungsrechtliche Neubewertung vornehmen, sagte sie.

Prof. Dr. Dr. Frauke Rostalski von der Universität Köln plädierte dafür, den Gesetzentwurf nicht weiter zu verfolgen. Es gebe keine Veranlassung, an der geltenden Rechtslage zu rütteln, befand sie. Weder empirisch noch normativ habe sich in Sachen Schwangerschaftsabbruch etwas geändert, „dass nicht bereits ausführlich durch das Bundesverfassungsgericht in dessen Entscheidungen einbezogen wurde“, sagte sie. Ein vermeintlicher breiter gesellschaftlicher Wertewandel sei empirisch, „wie so vieles, was im Entwurf behauptet wird“, nicht nachgewiesen. Zudem sage das Gericht selbst, dass es „verfassungsrechtlich unbeachtlich“ wäre, sollten sich Anschauungen über die Schutzbedürftigkeit werdenden Lebens einmal ändern.

Gesetzentwurf und Antrag

Der Gesetzentwurf sieht vor, die bisher in den Paragrafen 218 und 218a des Strafgesetzbuches normierten Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch zu reformieren. Danach soll ein Schwangerschaftsabbruch bis zum Ende der zwölften Schwangerschaftswoche grundsätzlich nicht mehr rechtswidrig sein. Voraussetzung ist eine Beratung. Diese Regelung und die Einzelheiten sollen im Schwangerschaftskonfliktgesetz verankert werden, im Gegenzug soll der Paragraf 218a gestrichen werden. 

Die Versorgungslage von ungewollt Schwangeren zu verbessern, wird in dem Antrag gefordert (20/13776). Eine Studie, die durch das Bundesministerium für Gesundheit gefördert und im April veröffentlicht wurde, habe gezeigt, dass fast 60 Prozent der befragten Frauen, die eine ungewollte Schwangerschaft abbrechen, Schwierigkeiten haben, den Schwangerschaftsabbruch zu organisieren, insbesondere weil sie den Schwangerschaftsabbruch geheim halten wollen oder müssen. 

Fast 60 Prozent der Befragten hätten demnach Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Informationen, zitiert der Antrag die Studienergebnisse weiter. Die Abgeordneten fordern von der Bundesregierung unter anderem, sicherzustellen, dass Schwangerschaftsabbrüche kostendeckend durch die Krankenkassen finanziert werden und Teil des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenkassen werden. 

Quellen: Bundestag-Rechtsausschuss, Tagesschau, FOKUS-Sozialrecht

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Immer mehr Frauen brauchen Grundsicherung im Alter

Immer mehr Frauen sind im Rentenalter auf Grundsicherung im Alter angewiesen. Wie aus einer Antwort der Bundesregierung (20/14874) auf eine Kleine Anfrage (20/13164) der Gruppe Die Linke hervorgeht, ist die Zahl von 312.388 im Jahr 2014 auf 413.955 im vergangenen Jahr gestiegen.

ungenutztes Arbeitskräftepotenzial von Frauen

Die Bundesregierung äußert sich in der Antwort unter anderem zu Auswirkungen von Kindererziehungszeiten auf die Rente, zum Gender Pension Gap oder zur Erwerbsbeteiligung von Frauen in Deutschland. Diese sei in den vergangenen zehn Jahren von 2014 bis 2023 von 73,1 Prozent auf 77,2 Prozent gestiegen. Im dritten Quartal 2024 lag die Erwerbstätigenquote von Frauen demnach bei 77,6 Prozent. Mit diesen Zahlen liege Deutschland über dem EU-Durchschnitt von 71,0 Prozent, wie die Regierung betont. Sie verweist aber darauf, dass das ungenutzte Arbeitskräftepotenzial von Frauen weiterhin hoch sei. Denn noch immer würden die Hälfte aller Frauen in Teilzeit arbeiten und die durchschnittliche Arbeitszeit vergleichsweise gering sein. „Die hohe Teilzeitquote und die durchschnittlich niedrigen Wochenarbeitszeiten weisen auf unzureichende Rahmenbedingungen für die substanzielle Erwerbstätigkeit von Frauen hin“, stellt die Bundesregierung fest.

Freistellungen für Sorgearbeit

In der Begründung der Fragestellung heißt es:

Frauen nehmen nach wie vor deutlich häufiger Freistellungen für Sorgearbeit wie Elternzeit in Anspruch. Nach der Schonzeit kommt es jedoch immer wieder zu Kündigungen, und die Diskriminierung von Eltern und Pflegenden im Job ist weit verbreitet. Abgesehen davon müssen Menschen mit negativen Konsequenzen auf dem Arbeitsmarkt rechnen, wenn sie sich entscheiden, Kinder zu bekommen oder Angehörige zu pflegen. Besonders Mütter, aber auch Väter, erleben aufgrund der Elternschaft schlechtere Karrierechancen, niedrigere Erwerbseinkommen und Renten.

Armutsrisiko von Rentnerinnen steigt

Zuletzt wurde die Abschaffung der sogenannten Mütterrente diskutiert, was die Situation von Frauen noch weiter verschlechtern würde, so die Befürchtungen vieler Expertinnen und Experten. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung warnt, dass die Abschaffung der Mütterrente die Altersarmut und den Gender Pension Gap verstärken würde. Eine bessere Lösung wäre es, der Ungleichheit während der Erwerbsphase entgegenzuwirken. Fiele die vor zehn Jahren eingeführte Mütterrente wieder weg, könnte die Bundesregierung jährlich zwar rund 14 Milliarden Euro sparen. Fast neun Millionen Rentnerinnen, die vor 1992 Kinder geboren haben, würden aber durchschnittlich 107 Euro im Monat fehlen. Insbesondere träfe es Frauen aus den unteren Einkommensgruppen, Frauen mit mehr als drei Kindern und geschiedene Frauen. Die Armutsrisikoquote der Rentnerinnen stiege von 19,4 auf 22,3 Prozent.

Mütterrente

Kindererziehungszeiten bis zu einem Jahr nach dem Monat der Geburt, bei Geburten ab 1992 bis zu drei Jahren, sind Pflichtbeitragszeiten für die Rentenversicherung. Mütter (und Väter) erhalten seit 1.7.2014 zwei volle Entgeltpunkte pro Jahr (0,0833 pro Monat) zugeschrieben (sog. Mütterrente). Dadurch wirkt sich ein Jahr Kindererziehung zurzeit mit einem Betrag in Höhe des doppelten aktuellen Rentenwerts (39,32 EUR) aus.

Quellen: Bundestag, SOLEX, DIW

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Aufarbeitung und Prävention von sexuellem Missbrauch

Mit dem Gesetz zur Stärkung der Strukturen gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen soll der Schutz von Minderjährigen vor sexuellem Missbrauch verbessert werden. Strukturen, die dazu beitragen, sexuelle Gewalt zu verhindern, will die Bundesregierung stärken. Zum einen durch eine vom Parlament gewählte Person als Unabhängige Bundesbeauftragte oder Unabhängiger Bundesbeauftragter, zum anderen durch einen dort angesiedelten Betroffenenrat und eine Unabhängige Aufarbeitungskommission.

Bundesbeauftragte und Aufarbeitungskommission sollen der Neuregelung entsprechend künftig regelmäßig über das Ausmaß sexuellen Kindesmissbrauchs und den aktuellen Stand zu Schutz, Hilfen, Forschung und Aufarbeitung in Deutschland berichten, damit zielgerichteter gehandelt werden kann.

Konstant hohe Opferzahlen

Kinder und Jugendliche vor allen Formen von Gewalt, insbesondere vor sexueller
Gewalt und Ausbeutung, zu schützen, zählt zu den grundlegenden Aufgaben des Staates und der Gesellschaft. Aus den in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) für das Jahr 2023 ersichtlichen Entwicklungen resultiert ein gesetzgeberischer Handlungsbedarf.

Denn die Daten der jährlichen PKS zu kindlichen Gewaltopfern weisen ein konstant hohes Niveau aus, das nicht hingenommen werden kann. Die PKS weist 3.443 Fälle von Kindesmisshandlung mit insgesamt 4.336 Opfern aus. Insbesondere aber die Fallzahlen des sexuellen Missbrauchs von Kindern sind mit 16.375 Fällen (2022: 15.520) konstant hoch. Insgesamt weist die PKS hier 18.497 Opfer aus, 75,6 Prozent davon waren weiblich. 16.291 Opfer waren zwischen sechs und 14 Jahren alt, 2.206 betroffene Kinder waren jünger als sechs Jahre.

Ziele des Gesetzes

Der Gesetzentwurf verfolgt daher folgende Ziele:

  1. Stärkung der Strukturen gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen
    und Einführung einer forschungsbasierten Berichtspflicht,
  2. stärkere Beachtung der Belange von Menschen, die in ihrer Kindheit oder Jugend sexuelle Gewalt oder Ausbeutung erfahren oder erfahren haben,
  3. Fortentwicklung von Aufarbeitungsprozessen in Deutschland und Sicherstellung beratender Unterstützung zur individuellen Aufarbeitung und
  4. die weitere Stärkung von Prävention und Qualitätsentwicklung im Kinderschutz.

Teil der UN-Agenda

Dieser Gesetzentwurf steht im Kontext der gefährdeten rechtzeitigen Erreichung
der Ziele der Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 25. September 2015 „Transformation unserer Welt: die UN-Agenda 2030 für
nachhaltige Entwicklung“ und trägt insbesondere zur Erreichung des Nachhaltigkeitsziels 16 bei, leistungsfähige, rechenschaftspflichtige und transparente Institutionen auf allen Ebenen aufzubauen und Missbrauch und Ausbeutung von
Kindern, den Kinderhandel, Folter und alle Formen von Gewalt gegen Kinder zu
beenden.

Quellen: Bundestag, UNO, FOKUS-Sozialrecht, Tagesschau

Abbildung: unric.org https://e4k4c4x9.delivery.rocketcdn.me/de/wp-content/uploads/sites/4/2019/11/SDG-16-Graphic.jpg

Gewalthilfegesetz beschlossen

Mit dem Gesetzentwurf von SPD und Bündnis 90/Die Grünen sollen Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt künftig besser unterstützt werden. Das Gesetz (20/1402520/14798) zielt auf ein verlässliches Hilfesystem bei geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt, auf das verschiedene Verbände schon länger gedrungen hatten. Die Fraktionen beziehen sich in dem Entwurf auf aktuelle Zahlen: „In Deutschland werden laut Lagebild Häusliche Gewalt des Bundeskriminalamtes (Berichtsjahr 2023) jeden Tag mehr als 364 Frauen Opfer von Partnerschaftsgewalt, das heißt von strafbaren Gewalthandlungen durch ihren aktuellen oder früheren Lebenspartner. Im Jahr 2023 ist nahezu jeden zweiten Tag eine Frau durch Partnerschaftsgewalt gestorben. Das ‚Lagebild Geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichtete Straftaten‘ des Bundeskriminalamtes weist für das Jahr 2023 insgesamt 938 Frauen und Mädchen als Opfer von versuchten und vollendeten Tötungsdelikten aus.“

Zu wenig Schutzeinrichtungen

Das Angebot an Schutzeinrichtungen und Fachberatungsstellen sei nicht flächendeckend und regional sehr unterschiedlich ausgeprägt, hieß es zur Begründung in dem Entwurf. Auch würden Kapazitäten in Schutzeinrichtungen und Fachberatungsstellen fehlen. Darüber hinaus verhinderten fehlende passgenaue Angebote für Menschen mit besonderen Bedarfen, wie zum Beispiel Frauen mit Behinderungen oder Frauen mit (mehreren) Kindern oder jugendlichen Söhnen den Zugang zu Schutz- und Beratungsangeboten. 

Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung

Hauptelement des Gesetzes ist die Absicherung des Zugangs zu Schutz und Beratung der gewaltbetroffenen Person. Dies soll über die Einführung eines Rechtsanspruchs auf Schutz und Beratung bei Gewaltbetroffenheit gesichert werden. Die Länder werden verpflichtet, ein Netz an zahlenmäßig ausreichenden und den Bedarf verschiedener Personengruppen berücksichtigenden Schutz- und Beratungsangeboten sicherzustellen. Deshalb sollen die Länder in einem ersten Schritt den tatsächlichen Bedarf an Schutz- und Beratungsangeboten in angemessener geografischer Verteilung analysieren und die Entwicklung des Netzes an Schutz- und Beratungsangeboten planen.

Gesetz wurde in namentlichen Abstimmung mit 390 Stimmen verabschiedet. Es gab keine Gegenstimme und 70 Enthaltungen. Zu beiden Abstimmungen lagen Beschlussempfehlungen des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vor (20/1478420/14785 Buchstabe a). Der Ausschuss hatte im parlamentarischen Verfahren an beiden Entwürfen noch zahlreiche Änderungen vorgenommen.

Geflüchtete Frauen vergessen?

PRO ASYL vermisst in dem Gesetzentwurf notwendige Verbesserungen für geflüchtete Frauen und Frauen ohne Aufenthaltsstatus. Denn:

• Lange Aufenthalte in Erstaufnahmeeinrichtungen mit restriktiven Residenzpflichten und mangelhafter Gesundheitsversorgung sorgen dafür, dass geflüchtete Frauen von Beginn ihres Aufenthalts an in Deutschland unzureichend geschützt sind.
• In kommunalen Gemeinschaftsunterkünften gibt es meist keine verbindlichen Gewaltschutzstandards.
• Wohnsitzauflagen verhindern in der Praxis oft den Zugang zu Frauenhäusern, trotz bestehender Härtefallregelung.
• Die behördliche Meldepflicht sorgt dafür, dass Frauen ohne Aufenthaltsstatus aus Angst vor Abschiebung keine Hilfe vor Gewalt suchen.

PRO ASYL fordert von der derzeitigen und der zukünftigen Regierung, endlich den Gewaltschutz-Verpflichtungen aus der Istanbul-Konvention im Hinblick auf marginalisierte und besonders schutzbedürftige Gruppen nachzukommen.

Quellen: Bundestag, Pro Asyl, FOKUS-Sozialrecht

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