Aufgerissenes Papier mit Asylrecht

Asylgesetzänderung in der Kritik

Das Bundes­ka­binett beschloss am 1. August 2018 einen Gesetz­entwurf, der die Mitwir­kungs­pflicht von inter­na­tional Schutz­be­rech­tigten im Widerrufs- und Rücknah­me­ver­fahren regelt, inklusive entspre­chender Sanktionen bei Verstößen.
Nun hat der Deutsche Anwalt­verein (DAV) die Forderung nach Verschärfung der asylrecht­lichen Mitwir­kungs­pflicht im Widerrufs- und Rücknah­me­ver­fahren kriti­siert.

Bislang besteht eine ausdrückliche Regelung zur Mitwirkungspflicht der Betroffenen lediglich im Asylantragsverfahren, nicht aber in Widerrufs- und Rücknahmeverfahren. Künftig werden nun die Schutzberechtigten auch in diesen zur Mitwirkung verpflichtet. Bei einem Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht ohne hinreichende Gründe oder ohne unverzügliches Nachholen wird das BAMF ermächtigt, den Schutzberechtigten entweder mit den Mitteln des Verwaltungszwangs – insbesondere des Zwangsgelds und unter weiteren Voraussetzungen auch der Zwangshaft – zur Erfüllung seiner Mitwirkungspflichten anzuhalten. Die SPD-Fraktion fordert darüber hinaus, die Sanktionsmöglich­keiten dahin­gehend zu verschärfen, dass ein Unter­lassen der Mitwirkung zur gesetz­lichen Vermutung führt, dass der Asylantrag als zurückgenommen und der Schutz­status als erloschen gilt.

Diese Forderungen verstoßen laut DAV gegen EU-Recht. Die Voraussetzungen für Rücknahme und Widerruf des Flüchtlingsschutzes seien in zwei EU-Richtlinien abschließend geregelt. Die Vorschriften seien unmittelbar anwendbar, sodass sich der Einzelne auf sie berufen könne. Sie bildeten den Rahmen, in dem sich gesetzliche Regelungen der EU-Mitgliedstaaten zu bewegen hätten. Ein „Verstoß gegen Mitwirkungspflichten“ sei nach den EU-Richtlinien kein möglicher Erlöschensgrund für den Schutzstatus. Erweiterungen des abschließenden Katalogs durch nationale Regelungen verstießen gegen vorrangiges Unionsrecht und dürften daher nicht angewandt werden.

Nach geltendem Recht könne der zugesprochene Schutzstatus aberkannt werden, wenn die Person beispielsweise nicht mehr schutzberechtigt ist (oder es nie war). Dies müssten die Mitgliedstaaten – ungeachtet bereits geltender Mitwirkungspflichten – nachweisen. Eine Beweislastumkehr, wie sie die SPD-Fraktion fordere, verstoße gegen diese Grundsätze. Und bereits durch eine Einführung scheinbar harmloser Sanktionen bei unterlassenen Mitwirkungspflichten, wie vom Kabinett gefordert, würde eine solche Beweislastumkehr mittelbar geschaffen.

Pro Asyl bemängelt darüber hinaus, dass entgegen der Geschäftsordnung der Bundesregierung, die vorschreibt, dass Fachverbände und Organisationen frühzeitig im Gesetzgebungsverfahren anzuhören sind, diese kaum Zeit gehabt hätten, den Gesetzesentwurf zu prüfen, da zwischen Einladung zur Beteiligung (etwa 19 Uhr am 26.7.18) und Abgabefrist einer Stellungnahme (15 Uhr am 27.7.18) nicht einmal ein Tag Zeit gewesen sei.

Quellen: BundesregierungDeutscher Anwaltsverein; Pro Asyl

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