Notfallrettung als Kassenleistung

Der Referentenentwurf für das Notfallgesetz (NotfallG) ist ein weiteres Projekt, dass die ehemalige Ampel-Regierung nicht zu Ende führen konnte.

Wesentliche Ziele

Es sollen die verschiedenen Bereiche der Notfallversorgung:

  • vertragsärztlicher Notdienst,
  • Notaufnahmen der Krankenhäuser,
  • Rettungsdienste

besser vernetzt und die Steuerung der Hilfesuchenden in die richtige Versorgungsebene optimiert werden. Dadurch sollen Überlastungen, Fehlsteuerungen und unnötige Inanspruchnahmen insbesondere von Notaufnahmen und Rettungsdiensten verringert werden. Wichtige Maßnahmen sind

  • die Einführung von Akutleitstellen,
  • die Etablierung flächendeckender Integrierter Notfallzentren,
  • die Stärkung der telemedizinischen und aufsuchenden Versorgung sowie
  • die Anerkennung der medizinischen Notfallrettung als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung.

Reform der sozialversicherungsrechtlichen Regelungen des Rettungsdienstes

Bislang hat die gesetzliche Krankenversicherung die medizinische Notfallrettung indirekt als Fahrkostenersatz finanziert. Der Entwurf sieht vor, die medizinische Notfallrettung als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung zu verankern. Somit wird das medizinische Notfallmanagement, die medizinische Versorgung vor Ort und die fachlich-medizinische Betreuung während des Transports ausdrücklich als Teile der Krankenbehandlung anerkannt und nicht länger allein der Transportauftrag als akzessorische Nebenleistung der Krankenkassen finanziert. Wesentlich ist hierfür die Konkretisierung des Leistungsanspruchs im neuen § 30 des SGB V.

rettungsdienstlicher Notfall

Ein rettungsdienstlicher Notfall liegt laut Gesetzesbegründung vor, wenn aus „objektiver Sicht hinreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sich der Versicherte in unmittelbarer Lebensgefahr befindet, sein Gesundheitszustand eine lebensbedrohende Verschlechterung erwarten lässt oder schwere gesundheitliche Schäden zu befürchten sind, sofern nicht unverzüglich eine medizinische Versorgung erfolgt.

Dies soll auch gelten, wenn die Notwendigkeit einer präklinischen Notfallversorgung medizinisch nicht ausgeschlossen werden kann. Für die Beurteilung des Vorliegens eines rettungsdienstlichen Notfalls wird eine objektivierte ex ante-Betrachtung
zugrunde gelegt. Maßstab ist immer ein gut ausgebildeter Durchschnittsdisponent, -notarzt oder -notfallsanitäter in der konkreten Situation.

Leistungen der Notfallrettung

Der Anspruch auf medizinische Notfallrettung umfasst:

  • Notfallmanagement (Annahme und Bearbeitung von Notrufen, ggf. telefonische/telemedizinische Beratung, Anleitung zu Sofortmaßnahmen, digitale Alarmierung von Ersthelfern)
  • Notfallmedizinische Versorgung vor Ort durch Rettungsfachpersonal, Notfallsanitäter oder Notärzte (auch telemedizinisch möglich)
  • Notfalltransport in eine geeignete Einrichtung (Krankenhaus oder ggf. andere geeignete Einrichtungen) einschließlich medizinischer Versorgung während des Transports,

Notverlegungen und Intensivtransporte sind eingeschlossen.

Die Zuzahlungen für Notfallrettung werden auf 10 Euro pro Einsatz begrenzt, auch wenn mehrere Leistungen (z.B. Versorgung vor Ort und Transport) zusammenfallen.

Leistungserbringer sind Ländersache

Leistungen der medizinischen Notfallrettung nach dem neuen § 30 SGB V werden ausschließlich durch Leistungserbringer erbracht, die nach Landesrecht dafür vorgesehen oder damit beauftragt worden sind.

Quellen: BMG, FOKUS-Sozialrecht, bundestagszusammenfasser.de

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Reform der Notfallversorgung

Ziel des Gesetzesentwurfs ist die Verbesserung und Vernetzung der bisherigen Teilbereiche der medizinischen Notfall- und Akutversorgung. Hierfür sollen sog. Integrierte Notfallzentren eingerichtet und so künftig bundesweit eine einheitliche sektorübergreifende Notfallinfrastruktur gewährleistet werden. Zudem sollen die notdienstliche Akutversorgung der Kassenärztlichen Vereinigung ausgebaut bzw. durch die verpflichtende Einrichtung eines telemedizinischen Versorgungsangebots eine bessere Erstversorgung der Patientinnen und Patienten sichergestellt werden.

Defizite bei der Steuerung

Laut Bundesministerium für Gesundheit gebe es Defizite bei der effizienten Steuerung von Hilfesuchenden in die richtige Versorgungsebene, so dass Hilfesuchende zunächst selbst über den für sie richtigen Versorgungsbereich entscheiden. Erschwerend kommt hinzu, dass derzeit die Steuerung von Hilfesuchenden grundsätzlich durch zwei unterschiedliche telefonische Anlaufstellen erfolgt – einerseits über die Telefonnummer 116117 der Kassenärztlichen Vereinigungen andererseits durch die Notrufnummer 112, die bei den Rettungsleitstellen entgegengenommen werden.

Akutleitstelle

Die bisherigen Aufgaben der Terminservicestelle im Bereich der Akutfallvermittlung soll zukünftig die sogenannte Akutleitstelle der Kassenärztlichen Vereinigung wahrnehmen. Deren Vernetzung mit den Rettungsleitstellen soll eine bessere Steuerung von Hilfesuchenden ermöglichen. Dabei soll die digitale Fallübergabe mit medienbruchfreier Übermittlung bereits erhobener Daten wechselseitig möglich sein. Im Ergebnis werden durch diese bedarfsgerechte Steuerung sowohl Notaufnahmen als auch Rettungsdienste entlastet.

telemedizinische und aufsuchende Versorgung

Darüber hinaus soll die notdienstliche Akutversorgung der Kassenärztlichen Vereinigungen durch Konkretisierung des Sicherstellungsauftrages ausgebaut werden. Zur Sicherstellung einer medizinisch notwendigen Erstversorgung von Patientinnen und Patienten mit akutem Behandlungsbedarf werden die Kassenärztlichen Vereinigungen verpflichtet, durchgängig eine telemedizinische und eine aufsuchende Versorgung bereitzustellen. Durch die stärkere Nutzung der Möglichkeiten der Telemedizin kann die Versorgung von Patientinnen und Patienten verbessert und gleichzeitig eine Entlastung von Ärztinnen und Ärzten erreicht werden. Eine aufsuchende und telemedizinische Versorgung trägt der demografischen Entwicklung und dem Wohl immobiler Patientinnen und Patienten Rechnung.

Integrierte Notfallzentren

Integrierte Notfallzentren werden als sektorenübergreifende Notfallversorgungsstrukturen etabliert. In diesen arbeiten zugelassene Krankenhäuser und die Kassenärztlichen Vereinigungen verbindlich so zusammen, dass immer eine bedarfsgerechte ambulante medizinische Erstversorgung bereitsteht. Die Integrierten Notfallzentren bestehen

  • aus der Notaufnahme eines Krankenhauses,
  • einer Notdienstpraxis der Kassenärztlichen Vereinigung im oder am Krankenhausstandort
  • und einer zentralen Ersteinschätzungsstelle.

Die Kassenärztlichen Vereinigungen und ausgewählte Krankenhäuser werden verpflichtet, sich an Integrierten Notfallzentren zu beteiligen. Zusätzlich sollen zu Sprechstundenzeiten vertragsärztliche Leistungserbringer als „Kooperationspraxen“ an Integrierte Notfallzentren angebunden werden können.

Standorte

Die Standorte für Integrierte Notfallzentren werden von den Selbstverwaltungspartnern nach bundeseinheitlichen Rahmenvorgaben im erweiterten Landesausschuss nach § 90 Absatz 4a Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch innerhalb von sechs Monaten ab Inkrafttreten dieses Gesetzes festgelegt. Im Falle nicht fristgemäßer Einigung entscheidet das jeweilige Land über die Standortfestlegung. Integrierte Notfallzentren werden flächendeckend etabliert.

Notfallzentren für Kinder

Für Integrierte Notfallzentren für Kinder und Jugendliche können geeignete Standorte ausgewählt werden, an denen ein besonderer Bedarf an einer integrierten Notfallversorgungseinrichtung für Kinder und Jugendliche besteht. Wo die Einrichtung von speziellen Integrierten Notfallzentren für Kinder und Jugendliche nicht möglich ist, wird eine telemedizinische Unterstützung von Integrierten Notfallzentren durch Fachärztinnen und – ärzte für Kinder- und Jugendmedizin gewährleistet.

Apotheken

Zudem soll die Versorgung von Patientinnen und Patienten von Notdienstpraxen mit Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukten durch die Einführung von Versorgungsverträgen mit öffentlichen Apotheken verbessert werden.

Quellen: BMG, Kompetenzzentrum Jugendcheck

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Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung

Ein weiteres umfangreiches Gesetz aus dem Bundesministerium für Gesundheit steht am 26.2.2021 zur Beratung im Bundestag an: das Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (GVWG)

Ziele des Gesetzes

Mit dem Gesetz soll

  • die Qualität und Transparenz in der Gesundheitsversorgung durch verschiedene Maßnahmen gesteigert werden,
  • die aktuelle, dauerhafte und den Qualitätserfordernissen genügende Verfügbarkeit verlässlicher Daten zu den ökonomischen Strukturen und personellen Ressourcen im Gesundheitswesen durch eine entsprechende gesetzliche Verankerung sichergestellt werden,
  • Verbesserungen für gesetzlich Krankenversicherte erreicht werden, u. a. durch erweiterte Leistungsansprüche und -angebote,
  • die Hospiz- und Palliativversorgung durch die Koordination in Netzwerken gefördert und die ambulante Kinderhospizarbeit gestärkt werden.

Der Gesetzentwurf enthält Änderungen an 15 Gesetzen und Verordnungen. Interessante und wichtige Punkte sind die Ausweitung der gesetzlichen Vorgaben zum Recht auf Zweitmeinung bei planbaren Operationen, die Stärkung der Hospiz- und Palliativversorgung und die Entlastung der ambulanten Notfallversorgung

Zweitmeinung

Das Zweitmeinungsverfahren gemäß § 27b SGB V bei geplanten Eingriffen ermöglicht Patienten, sich über die Notwendigkeit der Durchführung des Eingriffs oder alternative Behandlungsmöglichkeiten von einer anderen Ärzt*in beraten zu lassen. Diese sollen über besondere Fachkenntnisse und Erfahrungen verfügen. Das Einholen einer Zweitmeinung nach diesem Verfahren wird von der Krankenkasse bezahlt. Allerdings gibt es bisher nur wenige planbare Operationen, für die der Gemeinsame Bundesausschuss in seinen Richtlinien zum Zweitmeinungsverfahren konkret den Anspruch und das Verfahren festgelegt hat:

  • Mandeloperationen
  • Gebärmutterentfernungen
  • Arthroskopische Eingriffe an der Schulter
  • Implantationen einer Knieendoprothese

Das neue Gesetz verpflichtet den G-BA ab 2022 pro Jahr mindestens zwei weitere Verfahren in die Richtlinie aufzunehmen. Durch die Ausweitung der Regelungen zum Zweitmeinungsverfahren auf weitere Eingriffe, für die Anspruch auf Einholung der Zweitmeinung im Einzelnen besteht, soll der Rechtsanspruch der Versicherten, sich vor sogenannten mengenanfälligen planbaren Eingriffen eine unabhängige ärztliche Zweitmeinung zur medizinischen Notwendigkeit und Sachgerechtigkeit des vorgesehenen Eingriffs einzuholen, gestärkt werden.

Hospiz- und Palliativversorgung

  • Die Koordination in Hospiz- und Palliativnetzwerken wird gefördert: Krankenkassen sollen künftig unter bestimmten Voraussetzungen Zuschüsse zahlen und sich gemeinsam mit kommunalen Trägern der Daseinsvorsorge an dem Aufbau und der Förderung von bedarfsgerechten, regionalen Hospiz- und Palliativnetzwerken beteiligen.
  • Die ambulante Kinderhospizarbeit wird dadurch gestärkt, dass künftig eine gesonderte Rahmenvereinbarung für Kinder und Jugendliche abzuschließen ist.

Entlastung der ambulanten Notfallversorgung

  • Es soll ein einheitliches Ersteinschätzungsverfahren für die ambulante Notfallbehandlung im Krankenhaus eingeführt werden, die Anwendung dieses Verfahrens soll künftig als Voraussetzung für die Abrechnung ambulanter Notfallleistungen gelten.
  • Darüber hinaus soll der Zugang zur Terminvermittlung durch die Terminservicestellen nach Vorstellung in der Notfallambulanz dadurch erleichtert werden, dass keine Überweisung mehr erforderlich ist.

Quelle: BMG

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