Soziale Arbeit und Klimaanpassung

Der Klimawandel stellt soziale Einrichtungen in Deutschland vor eine zunehmende und dringende Bedrohung, da vulnerable Gruppen überproportional von Extremwetterereignissen betroffen sind. Eine umfassende und proaktive Anpassung ist daher unerlässlich. Effektive Strategien umfassen eine vielschichtige Kombination aus baulichen und naturbasierten Lösungen, organisatorischer Planung, verhaltensbezogenen Anpassungen und gezielter sozialer Unterstützung. Die Bundesregierung stellt hierfür Förderprogramme und einen verbindlichen Rechtsrahmen bereit. Die Wohlfahrtsverbände betonen die Notwendigkeit maßgeschneiderter und zugänglicher Finanzierungsmechanismen, um soziale Gerechtigkeit zu gewährleisten.

Der Paritätische Gesamtverband hat gemeinsam mit der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit e. V. (KLUG) und der KlimaKom eG einen neuen Leitfaden herausgegeben: „Klimaanpassung in der Sozialen Arbeit. Ein Leitfaden für Einrichtungen und Dienste“. Damit sollen soziale Organisationen bei der Anpassung an die veränderten klimatischen Bedingungen unterstützt werden und sich besser auf Extremwetterereignisse vorbereiten können.

Ziel des Leitfadens

Der Leitfaden soll soziale Einrichtungen und Dienste dabei unterstützen,

  • die Risiken der Klimakrise für ihre Arbeit und ihre Zielgruppen besser zu erkennen,
  • konkrete Maßnahmen zur Klimaanpassung zu planen und umzusetzen,
  • sowie Mitarbeitende und Organisationen für das Thema zu sensibilisieren und zu qualifizieren.

Er richtet sich an Verantwortliche in sozialen Trägern ebenso wie an Fachkräfte und Ehrenamtliche in der Praxis und bietet praxisnahe Orientierung sowie erste Handlungsschritte.

Inhalte im Überblick

Der Leitfaden bietet einen strukturierten Überblick über:

  • Die Notwendigkeit der Klimaanpassung in der Sozialen Arbeit – Warum soziale Einrichtungen sich jetzt mit dem Thema beschäftigen müssen.
  • Extremwetterereignisse und ihre Auswirkungen auf die Gesundheit – Welche gesundheitlichen Risiken die Klimakrise für Klient*innen und Mitarbeitende birgt.
  • Wer ist besonders gefährdet und warum? – Eine Analyse der besonders betroffenen Zielgruppen und deren spezifische Bedürfnisse.
  • Klimaanpassung ist Arbeitsschutz – Warum Klimaanpassungsmaßnahmen auch als Schutz für Mitarbeitende betrachtet werden müssen.
  • Klimaanpassung in der Sozialen Arbeit: Anforderungen an die Profession – Wie die Soziale Arbeit aktiv zum Klimaschutz und zur Anpassung beitragen kann.
  • Gesetzliche Rahmenbedingungen und Vorgaben zur Klimaanpassung – Wichtige gesetzliche Grundlagen, die soziale Träger bei der Umsetzung wissen müssen.
  • Klimaanpassungskonzepte: Strategische Maßnahmenentwicklung und -umsetzung – Anleitung zur Entwicklung und praktischen Umsetzung eines Klimaanpassungskonzepts.
  • Klimaanpassung mit wenig Ressourcen – Wo fangen wir an? – Tipps und Sofortmaßnahmen für Einrichtungen, die mit begrenzten Mitteln starten möchten.

Anpassung und Klimaschutz gemeinsam denken

Zwar liegt der Schwerpunkt des Leitfadens auf der Klimaanpassung, doch er macht auch deutlich: Für eine nachhaltige Zukunft ist der Klimaschutz ebenso unverzichtbar. Anpassungsmaßnahmen können nur dann langfristig wirksam sein, wenn gleichzeitig die Ursachen der Erderwärmung – vor allem der Ausstoß von Treibhausgasen – konsequent reduziert werden.

Quellen: Bundesministerium für Umwelt, Paritätischer Gesamtverband, KLUG, KlimaKom

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Kinder und Klimakrise

Vorbemerkung: Dies ist mein 1000. Beitrag hier auf FOKUS-Sozialrecht – zu einem Thema, das mir besonders am Herzen liegt.

Dass die neue Wirtschaftsministerin meint, der Klimaschutz sei „in den letzten Jahren überbetont“ gewesen, lässt vor allem für unsere Kinder und Enkelkinder nichts Gutes von der neuen Bundesregierung erhoffen. Gut, dass sich vor einigen Wochen schon besorgte Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte an die Koalitionäre gewandt haben und den Schutz von Kindern vor den Folgen der Klimakrise einfordern.

Notfalldiagnose

In ihrem Schreiben stellen die Expertinnen und Experten für die körperliche, geistige und emotionale Entwicklung von Kindern eine Notfalldiagnose: Von Hitze und Extremwetter, der Verschmutzung von Luft, Wasser und Boden, veränderten Ernährungs- und Mobilitätsbedingungen sowie neuen Infektionskrankheiten geht eine besondere Bedrohung für heranwachsende Generationen aus. Obwohl sie für die Klimakrise nicht verantwortlich sind, werden sie deren Folgen tragen müssen. Sowohl medizinischer Sachverstand als auch die UN-Kinderrechtskonvention gebieten demnach einen entschlossenen Einsatz für die Einhaltung des Pariser Klimaabkommens und wirksame Klimaschutz-Maßnahmen. „Gesunde Kinder gibt es nur auf einer gesunden Erde“ – dazu sind jetzt zukunftsweisende politische Entscheidungen gefragt. 

Positionspapier

In dem Brief verweist die Gruppe auf das von der AG Pädiatrie von KLUG – der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit e.V. – verfasste und von zahlreichen Fachgesellschaften, Verbänden, Organisationen und Einzelpersonen unterzeichnete Positionspapier „Kinder vor den Folgen der Klimakrise schützen“.

Konkrete Gesundheitsrisiken

Kinderärzte und medizinische Fachverbände (z.B. KLUG, BVKJ, AAP, WHO) warnen, dass der Klimawandel schwerwiegende, direkte und indirekte Gesundheitsrisiken für Kinder birgt, da diese physiologisch anfälliger sind als Erwachsene. Kinder sind aufgrund ihrer sich entwickelnden Organsysteme, höherer Stoffwechselraten (z.B. atmen sie pro Körpergewicht mehr Luft), weniger effizienter Thermoregulation, größerer Exposition gegenüber Schadstoffen (z.B. näher an bodennaher Verschmutzung) und Abhängigkeit von Bezugspersonen besonders anfällig. Säuglinge und Kleinkinder können ihren Wasserhaushalt nicht selbstständig regulieren, was bei hohen Temperaturen schnell zu Dehydrierung führt.

Die spezifischen gesundheitlichen Auswirkungen umfassen:

  • Hitze und Extremwetterereignisse: Erhöhtes Risiko für Dehydrierung, Hitzschlag und andere hitzebedingte Erkrankungen. Krankenhausaufenthalte steigen während Hitzewellen. Auswirkungen während der Schwangerschaft: Hitzewellen sind mit Frühgeburten, Herzfehlbildungen, Totgeburten und niedrigem Geburtsgewicht verbunden. Extremwetter (Überschwemmungen, Stürme, Dürren) verursachen Verletzungen, Vertreibung und zerstören kritische Infrastruktur wie Häuser und Schulen.  
  • Luftverschmutzung: Kinder leiden unverhältnismäßig stark unter Feinstaub, bodennahem Ozon, Mikroplastik und anderen Schadstoffen. Dies führt zu Kopfschmerzen, Husten, Atembeschwerden, Entzündungsreaktionen, beeinträchtigtem Lungenwachstum und langfristigen systemischen Schäden (Herz-Kreislauf, neurologisch). Die Exposition schwangerer Frauen ist mit einem geringeren Geburtsgewicht verbunden. Durch den Klimawandel verschärfter Waldbrandrauch ist besonders schädlich und verursacht Asthmaanfälle und Atemwegsprobleme.  
  • Infektionskrankheiten: Der Klimawandel verändert Temperatur- und Niederschlagsmuster, was die Verbreitung und Übertragungssaison von vektorübertragenen Krankheiten (z.B. Lyme-Borreliose, Malaria, Dengue, Zika, Chikungunya) und wasserübertragenen Krankheiten (z.B. Durchfallerkrankungen durch kontaminiertes Wasser) begünstigt.  
  • Ernährungssicherheit und -versorgung: Klimafolgen wie Hitze, Dürre und Überschwemmungen führen zu Ernte- und Viehverlusten, beeinträchtigen den Zugang zu Nahrungsmitteln und erhöhen die Mangelernährung. Steigende CO2-Konzentrationen können den Nährstoffgehalt (Proteine, Zink, Eisen) in Grundnahrungsmitteln reduzieren.  
  • Chemikalien und Kontaminanten: Bedenken bestehen hinsichtlich endokriner Disruptoren (aus Kunststoffen), PFAS und Glyphosat, die die Fortpflanzungsfähigkeit, Entwicklung beeinträchtigen und langfristige Krankheitsrisiken erhöhen, insbesondere für ungeborene und junge Kinder. Auch die Wasserverunreinigung mit Nitraten, Pharmazeutika und Mikroplastik stellt ein Risiko dar.  
  • Psychische Gesundheit: Extremwetterereignisse verursachen Traumata, die zu posttraumatischen Belastungsstörungen, Depressionen, Angstzuständen und Aggressionen führen können. Zukunftsängste („Öko-Angst“) nehmen zu; 80% der Kinder machen sich Sorgen um ihre Zukunft aufgrund der Klimakrise. Zwangsmigration verschärft den psychosozialen Stress.  
  • Zugang zur Gesundheitsversorgung: Der Klimawandel beeinträchtigt die Gesundheitsversorgung durch beschädigte Infrastruktur, Stromausfälle (die medizinische Geräte und Impfstofflagerung betreffen) und Engpässe in der Lieferkette.  

Verletzung der Kinderrechte

Kinderrechtsorganisationen wie UNICEF und Save the Children betonen, dass die Klimakrise eine direkte Verletzung der in der UN-Kinderrechtskonvention (UN-KRK) verankerten Rechte darstellt und globale Ungleichheiten verschärft. Obwohl die 1989 verabschiedete UN-KRK den Klimawandel nicht explizit vorhersah, sind ihre Prinzipien heute unmittelbar bedroht. Der UN-Kinderrechtsausschuss und die UN-Generalversammlung haben das Menschenrecht auf eine saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt inzwischen anerkannt. Untätigkeit von Regierungen und Unternehmen wird mittlerweile als Kinderrechtsverletzung betrachtet.

Besonders betroffen sind grundlegende UN-KRK-Artikel wie Artikel 3 (Kindeswohl), Artikel 6 (Recht auf Leben, Überleben und Entwicklung), Artikel 12 (Recht auf Beteiligung), Artikel 24 (Recht auf Gesundheit), Artikel 27 (Recht auf einen angemessenen Lebensstandard) und Artikel 29 (Bildungsziele, einschließlich Respekt vor der Natur).

Globale Ungerechtigkeit

Die globale Ungerechtigkeit der Klimakrise zeigt sich darin, dass fast jedes Kind weltweit (99%) mindestens einer Klimaauswirkung ausgesetzt ist und eine Milliarde Kinder als „extrem stark gefährdet“ gelten. Kinder im Globalen Süden sind unverhältnismäßig stark betroffen; sie leben in Ländern, die minimal zu den globalen CO2-Emissionen beitragen, aber die höchsten Risiken tragen. So sind 33 Länder, die nur 9% der weltweiten CO2-Emissionen verursachen, für Kinder „extrem risikoreich“. Zwischen 2016 und 2021 wurden über 43 Millionen Kinder aufgrund wetterbedingter Katastrophen vertrieben. Ein Kind, das 2020 geboren wurde, wird im Durchschnitt fast siebenmal so viele Hitzewellen erleben wie die Generation seiner Großeltern.

Lösungsvorschläge

Kinderrechtsorganisationen und Kinderärzte sind sich einig in ihrem dringenden Appell für umfassende, systemische und sozial gerechte Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels und zur Anpassung an seine Auswirkungen.

Die vorgeschlagenen Lösungen beider Gruppen sind vielfältig und umfassen:

  • Minderung: Drastische Reduzierung der Treibhausgasemissionen, Übergang zu erneuerbaren Energien, Beendigung der Nutzung fossiler Brennstoffe.  
  • Anpassung: Aufbau klimaresilienter Gesundheitssysteme, Umsetzung von Hitze- und UV-Schutzmaßnahmen, Sicherstellung des Zugangs zu sauberem Wasser und gesunden Lebensmitteln.  
  • Bildung und Beteiligung: Stärkung von Kindern und Jugendlichen, Integration von Klima- und Gesundheitsbildung, Förderung der Selbstwirksamkeit.  
  • Umweltschutz: Verbesserung der Luftqualität, Schutz der Biodiversität, Vermeidung von Umweltverschmutzung.  
  • Soziale Gerechtigkeit: Bekämpfung globaler und nationaler Ungleichheiten, die durch den Klimawandel verschärft werden, und Sicherstellung, dass die Schwächsten geschützt und in Lösungen einbezogen werden.

Die übergreifende Botschaft ist klar: Ein gesunder Planet ist eine grundlegende Voraussetzung für gesunde Kinder und die vollständige Verwirklichung ihrer Rechte.

Quellen: Focus-online, Tagesschau, Deutsche Allianz für Klimawandel und Gesundheit (KLUG), wikipedia, unicef, American Academy of Pediatrics,

Abbildung: privat

Grundgesetz, Klimaneutralität, Sozialrecht

Gerade hat der Bundestag Änderungen des Grundgesetzes beschlossen. Damit könnten unter anderem finanzielle Mittel für den Klima- und Transformationsfonds (KTF) frei werden, um mehr in den Kampf gegen den Klimawandel zu investieren, sofern der Bundesrat dem am Freitag, 21.3.2025 zustimmt. Auch die Worte „Klimaneutralität bis 2045“ tauchen jetzt im Grundgesetz auf (Artikel 143h). Dies allerdings nicht als Staatsziel, sondern laut Gesetzesbegründung wird klargestellt, dass Bewilligungen aus dem Sondervermögen auch für Investitionen zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2045 verwendet werden können.

Klimaneutralität als Staatsziel

Klimaneutralität als Staatsziel wurde vom Bundesverfassungsgericht im Jahr 2021 verankert und zwar in Artikel 20a, in dem es um den „Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen“ geht. „Art. 20a GG verpflichtet den Staat zum Klimaschutz und zielt auf die Herstellung von Klimaneutralität“, heißt es in der Entscheidung.

Sozialrecht

Was hat die Grundgesetzänderung und Klimaneutralität mit dem Sozialrecht und der Sozialgesetzgebung zu tun?

Artikel 20a GG ist primär auf den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen und der Tiere ausgerichtet, erweist sich aber als indirekt relevant für den Schutz von Kindern und sozial benachteiligten Personen. Die „Verantwortung für die künftigen Generationen“ impliziert den Schutz der Umwelt für Kinder, während das Prinzip der Umweltgerechtigkeit eine Verbindung zum Schutz sozial Benachteiligter herstellt, die oft unverhältnismäßig stark von Umweltbelastungen betroffen sind.

Nachhaltigkeit und Verantwortung für die nachfolgenden Geneartionen

Als Staatszielbestimmung beeinflusst Artikel 20a GG zunehmend die Sozialgesetzgebung, insbesondere im Hinblick auf Nachhaltigkeit und intergenerationelle Verantwortung. Die Integration von Umweltaspekten in verschiedene Bereiche der Sozialpolitik wird immer wichtiger, um eine gerechte und nachhaltige Zukunft für alle Generationen zu gewährleisten. Die sich entwickelnde Interpretation von Artikel 20a GG, insbesondere im Kontext des Klimawandels und der intertemporalen Freiheitssicherung, deutet auf eine wachsende Anerkennung hin, dass Umweltschutz und Einhaltung der Klimaziele nicht nur eine ökologische Notwendigkeit, sondern auch eine grundlegende Voraussetzung für soziales Wohlergehen und die Verwirklichung grundlegender Rechte für gegenwärtige und zukünftige Generationen sind.

sozial benachteiligte Bevölkerungsgruppen sind eher betroffen

Mehr finanzielle Mittel für das Erreichen der Klimaziele bedeuten den Schutz der Freiheitsrechte und Sicherung der Lebensqualität auch künftiger Generationen. Umweltbelastungen wie Luft- und Wasserverschmutzung oder der Klimawandel treffen oft vor allem sozial benachteiligte Bevölkerungsgruppen. Diese Gruppen haben häufig weniger Möglichkeiten, sich vor schädlichen Einflüssen zu schützen, etwa durch den Zugang zu medizinischer Versorgung oder durch bessere Wohnbedingungen. Daher hat der Staat die Pflicht, solche Risiken zu minimieren, was zugleich zu einer Verringerung sozialer Ungleichheiten beitragen kann.

Ein gesunder Lebensraum ist ein wesentlicher Faktor sozialer Teilhabe und Gerechtigkeit.

Lebensbedingungen schutzbedürftiger Gruppen verbessern

Die Idee der Nachhaltigkeit, ist nicht nur ökologisch, sondern auch sozial motiviert. Nachhaltige Maßnahmen sollen sicherstellen, dass zukünftige Generationen und benachteiligte Gruppen nicht unter den Folgen gegenwärtiger Umweltschäden leiden. Dies wirkt sich direkt auf die Gestaltung der Sozialgesetzgebung aus, etwa in Bereichen wie Wohnungsbau, öffentlicher Nahverkehr oder im Gesundheitswesen.

Sozialgesetzliche Maßnahmen können beispielsweise so ausgestaltet werden, dass sie nicht nur unmittelbare soziale Probleme adressieren, sondern auch langfristig die Umweltqualität verbessern und dadurch indirekt die Lebensbedingungen der besonders schutzbedürftigen Gruppen verbessern.

Präventionsstrategien

Angesichts der Tatsache, dass Umweltschäden häufig sozial ungleich verteilt auftreten, kann der Staat über die Sozialpolitik gezielte Präventionsstrategien entwickeln. Diese beinhalten beispielsweise Förderprogramme für umweltfreundliche Sanierungen in sozial schwachen Vierteln oder den Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel in belasteten Gebieten.

Chancengleichheit und soziale Teilhabe

Der Schutz der Umwelt und die Einhaltung der Klimaziele werden damit zu Instrumenten der sozialen Gerechtigkeit, die in die Sozialgesetzgebung integriert werden müssen. Es zeigt sich, dass ein gesunder Lebensraum nicht nur ein ökologisches, sondern auch ein soziales Gut ist, dessen Erhalt zentral für die nachhaltige Sicherung von Chancengleichheit und sozialer Teilhabe ist.

Quellen: wikipedia, Bundesverfassungsgericht, Bundestag, FOKUS-Sozialrecht

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Gleichstellungsbericht der Bundesregierung

Der Vierte Gleichstellungsbericht der Bundesregierung befasst sich mit der „Gleichstellung in der sozial-ökologischen Transformation” in Deutschland. Bundesfrauenministerin Lisa Paus hat den Bericht nun im Kabinett vorgestellt.

Alle vier Jahre

Der Gleichstellungsbericht der Bundesregierung wird seit 2011 alle vier Jahre von der Bundesregierung vorgelegt. Die Berichte dokumentieren den Stand der Gleichstellung in Deutschland und geben konkrete Empfehlungen, wie Gleichstellung erreicht werden kann.

Dabei widmet sich der Bericht zum einen Handlungsfeldern, die mit dem Klimawandel in Zusammenhang stehen. Dazu zählen die Energieerzeugung, Kreislaufwirtschaft und die Stadt- und Raumentwicklung. Zum anderen betrachtet der Bericht Handlungsfelder, die für die Gleichstellungspolitik von besonderer Bedeutung sind, beispielsweise die Gesundheit oder der Arbeitsmarkt.

Wesentliche Inhalte

  • Die ökologische Krise ist in ihren Ursachen und Auswirkungen eng mit strukturellen Ungleichheiten verbunden und überschneidet sich dadurch mit Gleichstellungsfragen.
  • Die bestehenden Ungleichheiten – unter anderem zwischen den Geschlechtern – in Verbindung mit anderen Dimensionen der Ungleichheit bestimmen, wie stark die Menschen von den Folgen der ökologischen Krise betroffen sein werden und in welchem Maße sie sich dagegen schützen können.
  • Es zeigen sich Ungleichheiten darin, wer den Klimawandel verursacht und wer von den Folgen betroffen ist. Zudem sind Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel mit sehr unterschiedlichen Belastungen und Gestaltungschancen für die Geschlechter verbunden.

Mehr zu den Inhalten des Berichts hier.

Quelle: Bundesregierung, walhalla.de

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Hitzeschutzpläne vorgestellt

Vor knapp einem Jahr luden das Gesundheitsministerium und das Umweltschutzministerium Vertreterinnen und Vertreter aus der Pflege, der Ärzteschaft, der Kommunen sowie Expertinnen und Experten aus Praxis und Wissenschaft zu einem Auftaktgespräch über einen nationalen Hitzeplan ein. Jetzt hat Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach gemeinsam mit Expertinnen und Experten aus allen Bereichen des Gesundheitswesens Bundesempfehlungen für den Hitzeschutz in Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern vorgelegt. 

Der Klimawandel werde Hitzeschutz zu einem Dauerproblem machen, so Lauterbach. Darauf müsse Deutschland systematisch vorbereitet werden. Sonst stürben in jedem Sommer tausende Bürger unnötigerweise. Gesundheitliche Folgen haben hohe Temperaturen besonders für Ältere, Kranke und Menschen im Freien. Ihnen sollen die Handlungsempfehlungen und Informationspakete helfen, die für Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, Kommunen oder auch für Großereignisse wie die Fußball-EM entwickelt wurden.

Empfehlungen im Einzelnen

Handlungsempfehlungen zur Erreichbarkeit vulnerabler Gruppen zum Hitzeschutz:

  • Das Konzept für die Umsetzung einer Kommunikationsstrategie und Kommunikationsleitfäden zu fünf ausgewählten Risikogruppen (Freiarbeit, Kinder, Pflege, Senioren und Wohnungslose) ist auf der Webseite hitzeservice.de abrufbar.

Krankenhäuser

Die Bundesempfehlung „Musterhitzeschutzplan für Krankenhäuser“ wurde gemeinsam mit dem Aktionsbündnis Hitzeschutz Berlin, der Deutschen Krankenhausgesellschaft e.V. (DKG), dem Deutschen Pflegerat e.V. (DPR) und unter Einbeziehung von Stellungnahmen verschiedener Akteurinnen und Akteure des Gesundheitswesens erarbeitet. Empfohlen werden unter anderem:

  • Benennung einer verantwortlichen Person für den Hitzeschutz und die Erstellung eines Hitzeschutzplans.
  • Umfangreiche Aufklärung der Patientinnen und Patienten besonders in den Sommermonaten. Erfassung und Berücksichtigung individueller Risiken für hitzebedingte Gesundheitsbeeinträchtigungen.
  • Angemessene Lagerung wärmeempfindlicher Medikamente und Materialien.
  • Bestimmung von Kühl-Zonen oder Erstellung von Lüftungskonzepten.
  • Gesonderte Empfehlungen für die Hitze-Warnstufen 1 und 2, z.B.:
    • Anpassung der Speise- und Getränkeversorgung.
    • Verstärkte Beobachtung vor allem der vulnerablen Patientinnen und Patienten. Besonders heiße Zimmer sollten geschlossen werden.
  • Mittel- bis langfristig: Berücksichtigung des Hitzeschutzes bei Neubauten, Umbauten und Renovierungsarbeiten. Umsetzung von technischen Hitzeschutzmaßnahmen (z.B. Fassadenbegrünung).
  • Den Kliniken steht der Musterhitzeschutzplan (PDF, barrierefrei, 2 MB) als unverbindliche Empfehlung zur Verfügung.

Pflegeinrichtungen

Die „bundeseinheitliche Empfehlung zum Einsatz von Hitzeschutzplänen in Pflegeeinrichtungen und -diensten“ wurde auf Initiative des BMG durch den Qualitätsausschuss Pflege beschlossen. Empfohlen werden unter anderem:

  • Erstellung individueller Hitzeschutzpläne und Benennung einer verantwortlichen Person für den Hitzeschutz.
  • Anmeldung zum Newsletter des Hitzewarnsystems des Deutschen Wetterdienstes.
  • Ausreichende Sensibilisierung der pflegebedürftigen Personen und ihrer Angehörigen.
  • Vor und während der Hitzeereignisse sollten Pflegeeinrichtungen und -dienste u.a.:
    • Einrichtungen abdunkeln und Kühl-Zonen einrichten,
    • Wasser-, Wäsche-, Bedarfsartikel- und Hilfsmittelvorräte überprüfen,
    • Pflegebedürftige Personen, Angehörige und Mitarbeitende umfassend aufklären,
    • Pflegebedürftige hinsichtlich hitzebedingter Symptome verstärkt beobachten.
  • Den Pflegeeinrichtungen und -diensten steht die bundeseinheitliche Empfehlung zur Verfügung.

Gesundheitlicher Hitzeschutz auf kommunaler Ebene:

  • Die BZgA hat ein Infopaket „Hitzeschutz“ entwickelt und verschickt dieses an alle Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der rund 11.000 Kommunen in Deutschland.
  • Für die Zeit der Fußball-EM wird die BZgA gemeinsam mit dem Veranstalter mehrsprachige Verhaltenstipps auf www.klima-mensch-gesundheit.de präsentieren.

Quellen: BMG, Paritätischer, FOKUS-Sozialrecht

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Hitzeschutz

In den vergangenen Jahren sind regelmäßig tausende Menschen an Hitze gestorben. Nach früheren Angaben der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit, der Bundesärztekammer und des Deutschen Pflegerats starben 2022 insgesamt 4.500 Menschen hitzebedingt. Im Jahr 2018 mit einem besonders heißen Sommer seien es sogar 8.700 Hitzetote gewesen.

Das Gesundheitsministerium und das Umweltschutzministerium lud am 26.6.23 Vertreterinnen und Vertreter aus der Pflege, der Ärzteschaft, der Kommunen sowie Expertinnen und Experten aus Praxis und Wissenschaft zu einem Auftaktgespräch über einen nationalen Hitzeplan ein. Grundlage dafür ist ein Impulspapier. Ziel ist, Warnung und Reaktion bei Hitzewellen zu verbessern.

Ausgangssituation

Das Impulspapier beschreibt als Ausgangssituation, dass mit dem Klimawandel das Auftreten von Hitzewellen immer wahrscheinlicher geworden sei. Diese beeinflussten Gesundheit, Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit unserer
Gesellschaft. Deshalb müsse sich Deutschland für kommende Hitzewellen noch besser aufstellen. Jährlich führe Hitze nicht nur zu Todesfällen, sondern beeinflusse auch das Krankheitsgeschehen.

Ziele

Anknüpfend an Erfahrungen anderer Länder, die – wie Frankreich nach dem Hitzesommer 2003 – schon entsprechende Hitzeschutzpläne haben, sollen folgende Ziele verfolgt werden:

  1. Sensibilisierung der Bevölkerung sowie insbesondere der vulnerablen Gruppen zur
    Vornahme von Schutzmaßnahmen bei auftretenden Hitzeschutzwellen.
  2. Reduzierung und Vermeidung von Todesfällen sowie Abmilderung von
    Krankheitsverläufen.
  3. Auslösen von Interventions- und Kommunikationskaskaden (Auslösen von
    Schutzmaßnahmen) durch gezielte Information.
  4. Verbesserung und Verbreitung der wissenschaftlichen Evidenz.

Strategie

Die Strategie basiert auf folgenden 5 Bausteinen:

1. Nutzung des Hitzewarnsystems zum Standard machen. Das Hitzewarnsystem des Deutschen Wetterdienstes (DWD) ist eine hervorragende Möglichkeit, auch über digitale Lösungen, Menschen vor bevorstehenden Hitzewellen zu warnen und könnte perspektivisch Grundlage für das Auslösen von Interventionskaskaden sein.

2. Früherkennung durch Monitoring verbessern. Das Robert Koch-Institut (RKI) erstellt im Auftrag des BMG im Zeitraum von Juni bis September 2023 erstmals aussagekräftige wöchentliche Auswertungen zur Übersterblichkeit durch Hitze in Deutschland. Die erste Auswertung wurde am 22. Juni 2023 auf der RKI-Website veröffentlicht: www.rki.de/hitzemortalitaet.

3. Hitzeschutzkampagne durch das BMG. Handlungswissen im Alltag zu fördern, ist ein wichtiger Schutzfaktor. Dies ist laienverständlich auf der Webseite www.klima-mensch-gesundheit.de der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) aufbereitet und wird systematisch erweitert.

4. Schutz vulnerabler Gruppen. Der Schutz vulnerabler Gruppen – wie Ältere, Kinder, Vorerkrankte, Pflegebedürftige, Alleinlebende, Menschen mit Behinderungen, Obdachlose – ist oberstes Ziel der Hitzeprävention.

5. Hitzeschutz auf Bundesebene institutionell verankern. Um Hitzeprävention und Hitzeschutz wirksam betreiben zu können, sind zahlreiche nichtadministrative Akteurinnen und Akteure einzubeziehen. Das BMG schlägt deswegen gemeinsam mit den Beteiligten des „Klimapakt Gesundheit“ und weiteren für den Hitzeschutz zentralen Akteuren eine „Konzertierte Aktion Hitze“ vor.

Notfall

Darüber hinaus braucht es für den Fall einer sehr intensiven, außergewöhnlichen Hitzewelle, z.B. mit Dürre, Trinkwasserknappheit, Überlastung von Krankenhäusern, Stromausfällen, Waldbränden übergreifende Lösungen und Reaktionsmöglichkeiten.

Quelle: BMG, RKI, BZgA

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Europa schottet sich ab

Am 8. und 9. Juni 2023 treffen sich die EU-Innenminister*innen im Rat der Europäischen Union (EU), um sich politisch auf Regelungen zu einigen, die schwerwiegende Folgen haben würden: Unter anderem wird diskutiert, verpflichtende Grenzverfahren einzuführen, das Konzept der „sicheren Drittstaaten“ auszuweiten und am Dublin-System festzuhalten.

Vor 30 Jahren: Asylkompromiss

Wieder, wie schon vor 30 Jahren beim „Asylkompromiss„, ist die SPD maßgeblich an einer weiteren Einschränkung des Flüchtlingsschutzes beteiligt, diesmal in Gestalt von Bundesinnenministerin Nancy Faser.

Die Klimakatastrophe wird Flüchtlingsströme ungeheuren Ausmasses auslösen, was sollen Menschen machen, deren Heimat zunehmend lebensfeindlicher wird?

Klimaschutz und Flüchtlingsschutz?

Nun könnte man ja zunächst mal versuchen, mit allen Mitteln, die zur Verfügung stehen – und es stehen alle nötigen Mittel zur Verfügung – die Katastrophe zumindest abzumildern. Weiter sollte versucht werden, die Flüchtlingsströme zu kanalisieren, sichere Fluchtwege zu schaffen und allen, die ihre Heimat verlassen müssen, eine menschenwürdige Perspektive zu ermöglichen.

Nichts davon passiert. In einer besipiellosen Kampagne werden hierzulande auch die kleinsten Ansätze einer vernünftigen Klimapolitik verunglimpft. Flüchtlingspolitik beteht nur noch in der Aushöhlung und letztlichen Abschaffung des Grundrechts auf Asyl.

Fluchtgründe zählen nicht mehr

Bei Treffen der EU-Innenminister*innen am 8.Juni 2023 sollen Regelungen beschlossen werden, die schwerwiegende Folgen haben würden: Unter anderem wird diskutiert, verpflichtende Grenzverfahren einzuführen, das Konzept der „sicheren Drittstaaten“ auszuweiten und am Dublin-System festzuhalten.

In den geplanten verpflichtenden Grenzverfahren werden absehbar keine Fluchtgründe der Schutzsuchenden geprüft, sondern nur, in welchen außereuropäischen Drittstaat die fliehenden Menschen geschickt werden können. Schutzsuchende könnten dann in ein außereuropäisches Land abgeschoben werden, in dem sie möglicherweise nicht in allen Landesteilen sicher sind oder in dem sie noch nie waren. Flüchtlingsschutz gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention müsste dort ebenfalls nicht gewährt werden – nach der deutschen Position soll der Schutz zwar im Wesentlichen der Genfer Flüchtlingskonvention entsprechen und eine Verbindung zu dem Land soll bestehen, gemäß anderer im Rat diskutierter Vorschläge liegen die Anforderungen an den Schutz jedoch weit unter diesem Niveau. Setzt sich ein solcher Vorschlag durch, wird dies voraussichtlich massiv die Gefahr völkerrechtswidriger Kettenabschiebungen in Herkunftsländer wie Syrien oder Afghanistan erhöhen.

Haftlager außerhalb der EU

In Kombination mit der Anwendung des Konzepts der “Fiktion der Nicht-Einreise“ können die Grenzverfahren auch nur durch Inhaftierung der Schutzsuchenden umgesetzt werden.

Zudem soll am eigentlich gescheiterten Dublin-System – das zur Überlastung von Außengrenzstaaten führt – festgehalten und dieses sogar noch verschärft werden. Ein wirksamer Solidaritätsmechanismus bei dem Asylsuchenden auch von anderen Mitgliedstaaten als den Außengrenzstaaten aufgenommen werden, wird dagegen nicht ernsthaft verhandelt. Denn aktuell soll die „Solidarität“ auch durch Geldzahlungen oder materiellen Leistungen erbracht werden können – sogar in außereuropäischen Drittstaaten. Anstatt Flüchtlingsaufnahme, würde so also die Externalisierung des europäischen Grenzschutzes als Solidarität verbucht werden.

Appell an die Bundesregierung

Pro Asyl und 50 andere Organisationen richten daher einen gemeinsamen Appell an die Bundesregierung: Keine Kompromisse auf Kosten des Flüchtlingsschutzes bei der europäischen Asylrechtsreform!

Quellen: Pro Asyl, wikipedia

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Die Zeit zu handeln ist jetzt

Das ist die Kernaussage des Anfang April veröffentlichten drittten und letzte Teils des sechsten Sachstandsberichts des UNO-Weltklimarates (IPCC). Im ersten Teil, veröffentlicht im letzten August, ging es um die naturwissenschaftlichen Grundlagen; der Ende Februar veröffentlichte Teil behandelt die Folgen des Klimawandels und der Anpassung. Im nun veröffentlichten dritten Teil geht es um den Sachstand und die Möglichkeiten zur Reduktion von Treibhausgasen.

Leider ist der Bericht in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen worden und von den Medien eher unter „ferner liefen“ behandelt worden. Sicher auch der dramatischen Lage in der Ukraine und des faschistischen Angriffskriegs Russlands geschuldet.

Wo stehen wir?

Obwohl seit Jahrzehnten bekannt ist, dass die Treibhausemissionen sinken müssen, sind sie immer weiter gestiegen. Sowohl der CO2 – Ausstoß als auch die Emission anderer Treibhausgase wie Methan und Lachgas ist überall auf dem Höchststand.

Was ist nötig?

Damit die Temperatur nicht um mehr als 1,5 Grad Celsius – geschweige denn 2 Grad Celsius – gegenüber dem vorindustriellen Niveau steigt, müssten die globalen CO₂-Emissionen zwischen 2020 und 2025 ihren Höhepunkt erreichen – also spätestens in drei Jahren sinken. Für 1,5 Grad müsste die Treibhausgasmenge schon 2030 um 43 Prozent gegenüber 2019 zurückgehen. Und spätestens Anfang der 2050er-Jahre müsste die Welt komplett CO₂-neutral wirtschaften, heizen, kühlen, sich fortbewegen und ernähren.

1,5° global = 3° auf den Landfläche

Vielfach wird übersehen, dass es sich bei den 1,5 Grad um eine globale Mitteltemperatur handelt. Die Meerestemperatur steigt viel langsamer als die Temperatur über Land. Das heißt, dass in vielen Gebieten der Erde die Temperaturen um 3 und mehr Grad ansteigen bei einem globalen Mittelwert von 1,5 Grad. Damit werden viele Gebiete auf der Erde praktisch unbewohnbar mit den massiven Folgen Hunger, Tod und Flucht.

Das ist also das optimistischste Szenario, was so gerade noch erreicht werden könnte, wenn man weltweit jetzt beginnt gegenszusteuern.

Lösungen, Instrumente und Technologien sind vorhanden

Dabei zeigt der IPCC-Bericht ganz klar, dass es gute Lösungen gibt, dass alle Instrumente und Technologien bereit stehen. Man muss sie nur benutzen.

Quellen: IPCC, Spektrum.de, ZEIT, Klima-Arena

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Lebensmittelknappheit

Während hierzulande höhere Lebensmittelpreise für Unmut sorgen und für manche Menschen in prekären Verhältnissen bedrohlich werden, steigt in anderen Ländern die Angst vor Hungersnöten. Dabei hat die Krise gerade erst begonnen und wird sich im Laufe des Jahres und erst recht nächstes Jahr richtig zuspitzen, wenn nicht mit aller Kraft gegengesteuert wird.

In einem Beitrag für das Wissenschaftsmagazin Spectrum beschreibt der Chemiker und Wissenschaftsjournalist Lars Fischer eindrucksvoll, wie es dazu kommen konnte, was uns droht und welche Lösungsansätze es gibt.

Klima

Dabei spielen die seit Jahren verschlafenen und verhinderten Maßnahmen, um den Klimawandel eine wesentliche Rolle. Der Raubbau an den Wäldern, die überwiegende Nutzung der Ackerflächen für Tierfutter und die Nutzung von laut UFOP-Bericht von 2020 global gesehen neun Prozent der Erntemenge aus der Pflanzenproduktion für Bioethanol und fünf Prozent für Biodiesel. Zudem sorgt der ungebremste Klimawandel für immer mehr Extremwetterereignisse, die weitere Ernteausfälle zur Folge haben.

Pandemie

Dann kam die Pandemie, die weltweit zur Unterbrechung von Lieferketten führte, es fehlten Schiffe und Container und in vielen Häfen konnte weniger als üblich umgeschlagen werden. Schon vor dem Überfall Putins auf die Ukraine war die Lebensmittelversorgung weltweit schwer belastet.

Krieg

Russland und die Ukraine standen bisher für über ein Viertel der globalen Weizenversorgung, dazu kommen große Anteile an anderen landwirtschaftlichen Produkten wie Sonnenblumenkerne und andere Getreidesorten.

Verschlimmern wird sich die Situation durch die kommenden Ernteausfälle und erst recht dadurch, dass nicht mehr genügend angebaut werden kann, wegen des Krieges oder weil Düngemittel fehlen.

Nicht die Menge, sondern die Verteilung

Trotz allem gibt es genug Lebensmittel, um eine noch größere Bevölkerung satt zu kriegen. Das Problem ist nicht die Menge, sondern die Verteilung. Ärmere Länder können die Lebensmittel für ihre Bevölkerung nicht bezahlen. Statt dessen werden sie von den reicheren Ländern aufgekauft und als Futtermittel oder Biokraftstoff benutzt.

Dazu kommt eine gigantische Lebensmittelverschwendung vor allem in den westlichen Ländern, weil die Agrar- und Nahrungsmittelindustrie ineffizient arbeitet, vieles im Müll landet oder ein kleiner Teil der Weltbevölkerung mehr verzehrt als nötig.

Was könnte helfen?

Die Politik muss dringend dafür sorgen, dass Menschen

  • weniger Lebensmittel in den Müll werfen,
  • weniger Fleisch essen und
  • weniger Bioethanol nutzen.

Dringend muss das UNO Welternährungsprogramm (WFP) mit genügend Geld ausgestattet werden, um Hilfsmaßnahmen und Verteilung in den drohenden Hungerkrisen zu organisieren. Das WFP ist die größte humanitäre Organisation der Welt, dem aber das Geld fehlt, um die Aufgaben zu erfüllen.

Quelle: Lars Fischer in Spektrum.de : „Wie ein lokaler Krieg eine globale Krise auslöst“

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Nur noch ein kleines Zeitfenster

Das ist eine der Kernaussagen des am 28.2.2022 veröffentlichten Berichts des UNO-Weltklimarates (IPCC). Es handelt sich um den zweiten Teil des sechsten Sachstandsberichts. Im ersten Teil, veröffentlicht im letzten August, ging es um die naturwissenschaftlichen Grundlagen; im jetzt veröffentlichten Teil geht es um die Folgen des Klimawandels und der Anpassung. Ein weiterer, dritter Teil steht noch aus zur Reduktion von Treibhausgasen.

Kein Kontinent bleibt verschont

Fazit des Berichts über die Folgen des Klimawandels und der Anpassung ist, dass bereits jetzt schwere und dauerhafte Verluste und Schäden für Mensch und Natur entstehen. „Weltweit führt der Klimawandel zunehmend zu Verwundbarkeiten, Krankheiten, Unterernährung, Bedrohung der körperlichen und geistigen Gesundheit, des Wohlbefindens und sogar zu Todesfällen“, heißt es in der Zusammenfassung des Berichts. Es gebe keinen Kontinent, der verschont bleibt.

wir sind bei 1,2 Grad

An der Klimaanpassung führe kein Weg vorbei. Selbst wenn die Menschheit morgen schlagartig alle fossilen Kraftwerke abschaltet und den CO₂-Ausstoß drastisch senkt, gehe die Klimakrise noch weiter. Ein schnelles Handeln und ein Begrenzen auf maximal 1,5 Grad durchschnittliche globale Erwärmung (derzeit sind es rund 1,2 Grad), könnte die Verluste und Schäden eindämmen, aber nicht vollständig beseitigen.

Kostenfalle kein Klimaschutz

Einen informativen Spiegel-Artikel gibt es dazu von der Journalistin Susanne Götze, die zusammen mit Annika Joeres 2020 das „großartige, aber auch erschreckende Buch“ (Harald Lesch) „Die Klimaschmutzlobby: Wie Politiker und Wirtschaftslenker unsere Zukunft verkaufen.“ veröffentlichte. Leider benutzt auch der Spiegel oft reißerische Titel a la BILD wie neulich die Titelgeschichte zur Notwendigkeit der Sanierung von Altbauten. Titel: „Kostenfalle Klimaschutz„. Inhaltlich hätte allerdings die Überschrift: „Kostenfalle kein Klimaschutz“ besser gepasst.

Immer mehr Krisen

Nun ist es ja mehr als unangenehm, wenn wir nun schon wieder mit dem leidigen Thema Klima belästigt werden. Haben wir nicht mit der endlosen Pandemie und jetzt auch noch mit einem kriegslüsternen Autokraten genug Sorgen?

Dieser Krieg und die unweigerlich folgende Rüstungsspirale wird den CO2-Ausstoß weltweit weiter anfeuern. Eine weltweite Einigung auf Klimaschutzmaßnahmen wird durch den Krieg fast unmöglich, wenn man nicht mehr miteinander reden kann.

100 Milliarden Euro

Allerdings gibt es auch Lichtblicke: Für alle deutlich ist nun, dass ein schneller Ausstieg aus fossilen Energien nicht nur klimapolitisch geboten ist, sondern eine friedenssichernde Wirkung hat. Das schnelle Bereitstellen von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr zeigt, dass Geld verfügbar wäre für überlebenswichtige Aufgaben, wenn der politische Wille da ist. Das 100-Milliarden-Euro-Paket zeigt außerdem, dass Deutschland zu jedem Zeitpunkt fähig gewesen wäre, frühzeitig in erneuerbare Energien zu investieren und sich von Russland energiepolitisch unabhängig zu machen. Sowohl in der Pandemie wie auch in der Klimakrise wurden die notwendigen Investitionen zum Schutz von Menschen und Natur bisher aber nicht ermöglicht.

Über die 100 Milliarden freut sich erst mal die Rüstungsindustrie. Sie können für zukünftige Kriege nun kräftig produzieren und verkaufen. Der Ukraine wird damit aber aktuell kaum geholfen.

Klimastreik am 25.März

Um zu verhindern, dass die Regierungspolitik ihr wichtigstes Ziel, nämlich die Klimaneutralität, nicht aus den Augen verliert, ist es wichtig, dass Bürger, Gewerkschaften, Wissenschaftler und auch die Entscheider in der Wirtschaft gemeinsam mit Fridays For Future am 25. März 2022 auf die Straße gehen. Damit wir das kleine Zeitfenster, was bleibt, nutzen, um die schlimmsten Folgen des Klimwandels noch zu verhindern.

Quellen: Spiegel, Heinrich-Böll-Stiftung

Abbildung: fridaysforfuture.de