Wem hilft Kinderwohngeld?

Im letzten Sommer war das Kinderwohngeld hier schon einmal Thema. Damals im Zusammenhang mit der Auszahlung des Kinderfreizeitbonus als Teil des Programms „Aufholen nach Corona„.

Nachbesserung beim Kinderfreizeitbonus

Schnellstmögliches Beantragen von Kinderwohngeld sollte bewirken, dass auch die in der Gesetzesformulierung (§ 71 SGB II) „vergessenen“ Kinder den Kinderfreizeitbonus beanspruchen können. Es ging hierbei um Kinder in einer Bedarfsgemeinschaft, die wegen der Zahlung von Kindergeld und Unterhalt, bzw. Unterhaltsvorschuss, keinen eigenen Anspruch auf SGB II oder SGB XII – Leistungen hatten und somit vom Kinderfreizeitbonus zunächst ausgeschlossen waren. Eine spätere Nachbesserung brachte den ca. 160.000 betroffenen dann doch im Dezember eine entsprechende Nachzahlung.

Kinderwohngeld – und es lohnt sich doch

Damals schreib ich hier, dass sich Kinderwohngeld, abgesehen von der akuten Ausnahme, sich in der Regel nicht lohne. Offenbar wurden und werden (nicht nur von mir) die Möglichkeiten des Kinderwohngelds bei der Schließung einer Bedarfslücke aufgrund nicht anerkannter Unterkunftsbedarfe unterschätzt.

Bernd Eckhardt zeigt in Sozialrecht-Justament, einer Online-Publikation zum Sozialrecht, wie sich mit Hilfe des Kinderwohngelds Lösungen des Problems unangemessener Unterkunftsbedarfe für Bedarfsgemeinschaften Alleinerziehender finden lassen.

Was ist Kinderwohngeld?

Wenn Eltern oder ein Elternteil Hartz IV beziehen, ist für sie Wohngeld ausgeschlossen. Es sei denn, mit Wohngeld kann die Hilfebedürftigkeit überwunden werden. Diese Regelung ist für jedes Haushaltsmitglied einzeln anzuwenden. Bei Eltern oder Lebenspartnern wird das vorhandene Einkommen gleichmäßig auf beide verteilt. Deswegen kommt es so gut wie nie vor, dass in einer Bedarfsgemeinschaft einer der Partner Wohngeld bezieht und der andere Hartz IV.

Das Einkommen von Kindern wird aber gesondert berechnet. Kinder, die mit dem bei ihnen angerechneten Einkommen die Hilfebedürftigkeit überwinden, gehören dann nicht mehr zur Bedarfsgemeinschaft. Daher ist es möglich, dass für Kinder Wohngeld beantragt werden kann. Kinderwohngeld wird rechtlich ebenfalls als Einkommen des Kindes angesehen. Das Kind kann damit, beispielsweise mit

  • Kindergeld,
  • Unterhaltsvorschuss und
  • Kinderwohngeld

die Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB II überwinden.

Höhere Grenzen beim Wohngeld

Wichtig hierbei ist, dass das beim Wohngeld, also auch beim Kinderwohngeld, die Höhe der Miete nicht wie bei Hartz IV durch Regelungen der Angemessenheit (Mietobergrenzen) beschränkt ist. Die Höchstbeträge beim Wohngeld sind deutlich höher als die Mietobergrenzen bei Hartz IV.

Tatsache ist, dass bei vielen Bedarfsgemeinschaften die Mietkosten nicht in voller Höhe übernommen werden, teilweise auch wegen rechtswidrig zu niedriger Richtwerte für Miete und Heizung. Im Jahr 2018 betraf das 546.000 Bedarfsgemeinschaften.

Wenn aber nun beim Hartz IV – Bezug, ob rechtswidrig oder nicht, weniger Unterkunftskosten übernommen werden als tatsächlich anfallen, kann diese Lücke zumindest teilweise mit dem Kinderwohngeld geschlossen werden.

Berechnungen und Beispiele

Wie das genau geht und wie es berechnet wird, zeigt Bernd Eckhardt in der Februar 2022 – Ausgabe von Sozialrecht-Justament (ab Seite 11) sehr anschaulich an Hand von Berechnungsbeispielen.

Quellen: FOKUS-Sozialrecht, Sozialrecht-Justament, Ulrike Müller, Referentin für Existenzsicherung bei der Fraktion DIE LINKE im Bundestag, Bundestag

Abbildung: pixabay.com houses-1719055_1280.png

Kinderwohngeld

Eine Sonderform des Wohngeldes ist das sogenannte Kinderwohngeld. Seine Auszahlung kommt lediglich dann in Betracht, wenn die Eltern Arbeitslosengeld II beziehen und das Kind eigenen Lebensunterhalt bezieht, wobei auch Kindergeld oder Unterhalt als Einkommen des Kindes zählen.

Ausschluss vom Wohngeld bei SGB II-Leistungen

Nach den gesetzlichen Bestimmungen sind Hartz-IV-Bezieher von Wohngeldzahlungen ausgeschlossen. Sie können aber dennoch für ihr Kind „Kinderwohngeld“ erhalten. Dieses wird dann gezahlt, wenn das Kind weitere Einkünfte wie Unterhalt und Kindergeld hat und diese so hoch sind, dass es zusammen mit dem gezahlten Wohngeld nicht mehr auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen ist. Das Kinderwohngeld wird dabei anteilig nach den im Haushalt lebenden Personen berechnet.

In der Regel lohnt sich Kinderwohngeld nicht…

In vielen Fällen lohnt sich aber die Beantragung von Kinderwohngeld nicht, weil die Bewilligung sofort zur Verringerung der Hartz-IV-Leistungen bei den Eltern oder dem Elternteil führt. Der über den Bedarf des Kindes hinausgehende Anteil des Kindergeld wird dann nämlich bei dem ALG II beziehenden Elternteil mindernd angerechnet.

…in diesem Fall aber schon

Warum sich es jetzt doch lohnen könnte, schnell Kinderwohngeld zu beantragen, darauf hat Sozialrecht-Justament aufmerksam gemacht. Dort wird anhand eines Beispiels erläutert, warum es sich lohnen kann, Kinderwohngeld zu beantragen.

Wenn das Kind durch den beispielsweise Bezug von Kindergeld und Unterhaltsgeld über so „hohe“ Einnahmen verfügt, dass es gar nicht zur Bedarfsgemeinschaft mit seinem Elternteil oder seinen Eltern dazugehört, also keine SGB II-Leistungen bezieht, hat es aktuell auch keinen Anspruch auf den Kinderfreizeitbonus.

Kinderfreizeitbonus

Der Kinderfreizeitbonus wurde im Rahmen des Aktionsprogramms der Bundesregierung „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ als weitere finanzielle Hilfe für bedürftige Familien beschlossen. Die Einmalzahlung in Höhe von 100 Euro sollen minderjährige Kinder und Jugendliche erhalten, um Angebote zur Ferien- und Freizeitgestaltung wahrnehmen und Versäumtes nachholen zu können. Die Einmalzahlung wird nicht auf Sozialleistungen angerechnet.

Nicht alle Familien erhalten den Kinderfreizeitbonus. Es gibt ihn für Kinder, die …

  • am 1. August 2021 noch nicht 18 Jahre alt sind und
  • für die Kindergeld oder eine vergleichbare Leistung bezogen wird.

Zusätzlich muss eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt sein: Die Familie bezieht für ihre Kinder …

  • Kinderzuschlag (KiZ),
  • Wohngeld (gegebenenfalls parallel zu KiZ),
  • Sozialhilfe nach Zwölften Sozialgesetzbuch (SGB XII),
  • Grundsicherung nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II) (gegebenenfalls parallel zu KiZ),
  • Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) oder
  • Leistungen im Rahmen der Ergänzenden Hilfe zum Lebensunterhalt im Sozialen Entschädigungsrecht nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). 

Noch im August beantragen

Wenn das Kind also keinen Anspruch auf Hartz IV- Leistungen hat und das Kindergeld zu seinen Einnahmen gezählt wird, hat es keinen Anspruch auf den Kinderfreizeitbonus. Es sei denn, es beantragt rechtzeitig, und zwar noch in diesem August Wohngeld.

Quellen: FOKUS-Sozialrecht, Sozialrecht-Justament

Abbildung: pixabay.com children-593313_1280.jpg