Befugnis­erweiterung in der Pflege

Mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD hat der Bundestag am Donnerstag, 6. November 2025, den Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege“ verabschiedet. Dabei wurde der Gesetzentwurf durch die Fassung des Gesundheitsausschusses noch einmal deutlich verändert.

Attraktivität des Pflegeberufs

Bei den Pflegekräften gingen die Prognosen angesichts des demografischen Wandels von künftigen Engpässen aus, heißt es in der Vorlage weiter. So habe das Bundesinstitut für Berufsbildung 2024 einen Bedarf von 150.000 zusätzlichen Pflegekräften für das Jahr 2040 prognostiziert. Daher müsse die Attraktivität des Pflegeberufs weiter gestärkt werden. Die Stärkung der Pflegefachpersonen und ihrer Befugnisse sei ein wichtiges Ziel, um den Beruf noch attraktiver zu machen und damit gegen den in der Pflege festzustellenden Fachkräfteengpass anzugehen.

Um die Rahmenbedingungen in der Pflege zu verbessern, sollen die vielfältigen Kompetenzen von Pflegefachpersonen in der Versorgung stärker genutzt werden. Demnach sollen Pflegefachpersonen künftig neben Ärzten eigenverantwortlich weitergehende Leistungen als bisher und, je nach Qualifikation, auch Leistungen erbringen können, die bisher Ärzten vorbehalten waren. Dies soll zu einer besseren Versorgung, etwa beim Management chronischer Erkrankungen sowie in der Prävention und Gesundheitsförderung, führen. Im Gesetz genannt werden Aufgaben in den Bereichen diabetische Stoffwechsellage, chronische Wunden und Demenz.

Die konkreten Aufgaben von Pflegefachpersonen in der Versorgung sollen in einem sogenannten „Muster-Scope of Practice“ differenziert beschrieben werden. Diese Beschreibung soll Grundlage für weitere Entwicklungsschritte hinsichtlich der leistungsrechtlichen Befugnisse von Pflegefachpersonen werden.

Kompetenzen in der Heilkunde

Im Pflegeberufegesetz soll der Vorlage zufolge klargestellt werden, dass Pflegefachpersonen im Rahmen der erworbenen Kompetenzen Heilkunde ausüben dürfen. Zugleich wird für Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in einem neuen Paragrafen 15a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V, Krankenversicherung) und parallel in Paragraf 28 Absatz 5 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI, Pflegeversicherung) festgelegt, dass Pflegefachpersonen bestimmte Aufgaben der ärztlichen Behandlung eigenverantwortlich erbringen dürfen. 

Ergänzend wird für die beiden Sozialversicherungen (SGB V und SGB XI) grundsätzlich klargestellt, dass die berufsrechtlich geregelten Vorbehaltsaufgaben von Pflegefachpersonen nach dem Pflegeberufegesetz (Pflegeprozessverantwortung) bei der inhaltlichen Ausgestaltung der Leistungen und der Leistungserbringung zu berücksichtigen sind.

Eigenverantwortliche Leistungen

In einem neuen Paragrafen 73d des SGB V können künftig Leistungen der ärztlichen Behandlung, die von Pflegefachpersonen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung oder der häuslichen Krankenpflege eigenverantwortlich erbracht werden dürfen, in einem Vertrag vereinbart werden. Zudem können Leistungen vereinbart werden, die in der häuslichen Krankenpflege von Pflegefachpersonen eigenverantwortlich als Folgeverordnung veranlasst werden können, einschließlich der benötigten Hilfsmittel.

Die Regelung sehe abgestufte Umsetzungsmöglichkeiten sowohl für beruflich als auch hochschulisch qualifizierte Pflegefachpersonen vor, heißt es. Pflegefachpersonen sollen in der hochschulischen Pflegeausbildung oder über bundesweit einheitliche Weiterbildungen zusätzliche heilkundliche Kompetenzen erwerben können. 

Quelle: Bundestag

Abbildung: AdobeStock_235656439jpeg

Lebendorganspende

Der Gesetzentwurf zur Lebendorganspende-Reform wurde in der 20. Legislaturperiode am 17. Juli 2024 im Kabinett verabschiedet. Eine Befassung im Bundestag erfolgte durch den Bruch der damaligen Koalition nicht.

Mit dem Gesetzentwurf soll die Überkreuzlebendspende für Nieren ermöglicht und Rechtsgrundlagen für den Aufbau eines Programms für die Überkreuzlebendnierenspende geschaffen werden. Gleichzeitig soll der Schutz der Lebendspenderinnen und Lebendspender von Organen und Gewebe gestärkt werden. Mit dem vorliegenden Referentenentwurf wird die Lebendorganspende-Reform in aktualisierter Form erneut auf den Weg gebracht.

Überkreuzlebendspende

Eine Überkreuzlebendspende ist ein Austauschprogramm, bei dem zwei oder mehr Paare, die jeweils aus einem kranken Empfänger und einem spendenbereiten Angehörigen bestehen, die Nieren untereinander tauschen. Dieser Prozess kommt zum Einsatz, wenn Spender und Empfänger des ursprünglichen Paares aus medizinischen Gründen, wie etwa einer inkompatiblen Blutgruppe oder Gewebemerkmalen, nicht direkt transplantieren können.

Derzeitige Rechtslage

Aktuell ist die Organspende zu Lebzeiten in Deutschland nach geltendem Recht nur in engen Grenzen zugelassen. Nach § 8 Absatz 1 TPG ist die Lebendorganspende auf einen engen Spender-Empfängerkreis begrenzt. Derzeit ist sie nur zulässig bei einer Spende an Verwandte ersten oder zweiten Grades, Ehegatten, eingetragene Lebenspartner, Verlobte oder andere Personen, die der Spenderin oder dem Spender in besonderer persönlicher Verbundenheit offenkundig nahestehen.

Vor dem Hintergrund der zu niedrigen Organspendezahlen bei verstorbenen Spenderinnen und Spendern (postmortale Organspende) und der langen Wartezeiten von bis zu acht Jahren auf eine Nierentransplantation soll mit der Novellierung der Regelungen zur Lebendorganspende die Versorgungssituation der Patientinnen und Patienten verbessert werden.

Was ändert sich?

Mit dem Gesetzesentwurf wird der Organspender- und Organempfängerkreis bei der Lebendorganspende erweitert. Abweichend von dem Erfordernis eines besonderen Näheverhältnisses nach § 8 Absatz 1 Satz 2 TPG (Verwandte ersten oder zweiten Grades, Ehegatten, eingetragene Lebenspartner, Verlobte oder andere Personen in besonderer persönlicher Verbundenheit) werden die Voraussetzungen für eine Überkreuzlebendnierenspende und eine sog. ‚nicht gerichtete anonyme Nierenspende‘in Deutschland geschaffen. Gleichzeitig wird der Schutz der Lebendspenderinnen und Lebendspender von Organen und Gewebe gestärkt.

Schutz der Spenderinnen und Spender

Mit der Erweiterung der Möglichkeiten einer Lebendorganspende wird gleichzeitig der Schutz der Spenderinnen und Spender deutlich gestärkt. Die Organlebendspende ist kein Heileingriff. Sie ist vielmehr eine chirurgische Maßnahme, die in die körperliche Unversehrtheit der Spenderin oder des Spenders eingreift und mit gesundheitlichen Risiken verbunden ist. Spenderinnen und Spender sind zudem oftmals in einer emotional außergewöhnlich belastenden Situation, in der eine potenziell lebensverändernde Entscheidung zu treffen ist, und werden mit Ängsten und Unsicherheiten konfrontiert. Besondere Maßnahmen zum Spenderschutz sind daher geboten.

Ziel des Gesetzesentwurfs ist es daher auch, über die bestehenden Maßnahmen zum Spenderschutz hinaus eine umfassende Aufklärung zu gewährleisten sowie eine unabhängige psychosoziale Beratung und Evaluation der Spenderinnen und Spender vor einer Spende und eine individuelle Betreuung im Transplantationszentrum über den gesamten Spendeprozess vor, während und nach der Spende sicherzustellen.

Im Rahmen der nicht gerichteten anonymen Nierenspende werden besondere Anforderungen an die Aufklärung gestellt. Die Spenderin oder der Spender sind umfassend über die nicht gerichtete anonyme Nierenspende und ihre Folgen aufzuklären. Die psychosoziale Beratung und Evaluation hat im besonderen Maße die Bewegründe des Spenders und dessen geistige Fähigkeit oder Bereitschaft, die Risiken zu erfassen und in den Eingriff einzuwilligen, zugrunde zu legen.

Quelle: BMG

Abbildung: pixabay.com hospital-840135_1280.jpg

KV Zusatzbeitrag

Steigt er? Oder bleibt er gleich? Glaubt man der Ansage der CDU-Gesundheitsministerin in der Tagesschau, so bleibt der Beitrag 2026 stabil. Also so wie letztes Jahr? 2,5 Prozent? Nein, er wird auf 2,9 Prozent steigen. Dies errechnete auch der Schätzerkreis der „Bundesstelle für Soziale Entschädigung“. „Stabil“ ist allerdings nicht völlig falsch, die durchschnittlichen Zusatzbeiträge der Krankenkassen lagen im Jahr 2025 tatsächlich bei etwa 2,9 Prozent. Die Krankenkassen sind für das kommende Jahr allerdings weniger optimistisch als die Ministerin. Sie gehen davon aus, dass die Beiträge steigen werden, trotz angekündigtem Sparpaket.

Keine einvernehmliche Prognose

Wie dem auch sei: Ein „offizieller“ durchschnittlicher Beitragssatz wird gebraucht, etwa für die Berechnung der studentischen Krankenversicherung, beim Basistarif in der privaten Krankenversicherung oder bei den Sozialversicherungabzügen bei Midi-Jobs. Nun ist der Schätzerkreis aber zu keiner einvernehmlichen Prognose der Höhe der Ausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung gekommen. Daher wurden die 2,9 Prozent durchschnittlicher Zusatzbeitrag nur unter Vorbehalt empfohlen. Endgültig soll der Prozentsatz das Bundesministerium für Gesundheit – nach Auswertung der Ergebnisse des Schätzerkreises – festlegen und zum 1. November im Bundesanzeiger bekanntgeben.

Krankenkassenliste des GKV

Zu vermuten ist, dass das Gesundheitsministerium bei den 2,9 Prozent für 2026 bleiben wird, damit die Aussage: „die Beiträge bleiben stabil“ wenigstens halbwegs wahr bleibt. Zu vermuten ist weiter, dass die Krankenkassen ihre individuellen Zusatzbeiträge weiter erhöhen. Ende nächsten Jahres werden wir dann wissen, wie hoch der tatsächliche durchschnittliche Zusatzbeitrag dann war. Auf der Krankenkassenliste des GKV wird man in den nächsten Wochen verfolgen können, welche Kassen wann ihre Beiträge erhöhen. Gegebenfalls kann man sich dort eine günstigere Kasse aussuchen und dorthin wechseln.

Quellen: Tagesschau, Merkur, Bundesstelle für Soziale Entschädigung, FOKUS-Sozialrecht, GKV

Abbildung: seminar_krankenkasse_strassenschild_AdobeStock_163175060_600x600@2x.jpg

Anerkennung ausländischer Heilberufsabschlüsse

Das Bundeskabinett hat am Mittwoch, den 1. Oktober 2025, einen Gesetzentwurf zur Beschleunigung der Anerkennungsverfahren ausländischer Berufsqualifikationen in Heilberufen beschlossen. Mit diesem Entwurf werden die Anerkennungsverfahren von Ärztinnen und Ärzten, Zahnärztinnen und Zahnärzten, Apothekerinnen und Apothekern sowie Hebammen deutlich entbürokratisiert, vereinheitlicht und digitalisiert. Dies soll zu einer Beschleunigung der Verfahren beitragen.

Der Gesetzentwurf wird noch durch Regelungen in den jeweiligen Verordnungen der Berufe ergänzt, die in einem eigenen Verordnungsgebungsverfahren zeitnah im Anschluss an dieses Gesetzgebungsverfahren folgen.

Die wichtigsten Regelungen:

  • Die direkte Kenntnisprüfung wird zum Regelfall der Anerkennung ärztlicher, zahnärztlicher oder pharmazeutischer Berufsqualifikation aus Drittstaaten. Das Verfahren der dokumentenbasierten Gleichwertigkeitsprüfung wird nur noch wahlweise angeboten. Dies entlastet antragstellende Personen wie auch die zuständigen Stellen der Länder gleichermaßen und ist ein wichtiger Schritt zur Entbürokratisierung des Verfahrens.
  • Im Hebammengesetz wird ein Wahlrecht bezüglich der Durchführung einer dokumentenbasierten Gleichwertigkeitsprüfung aufgenommen. Es kann nunmehr ein Verzicht auf die dokumentenbasierte Gleichwertigkeitsprüfung erklärt werden, sodass die antragstellende Person mit Berufsqualifikation aus einem Drittstaat direkt eine Kenntnisprüfung oder einen Anpassungslehrgang absolvieren kann.
  • Durch die Einführung der direkten Kenntnisprüfungen bzw. des Wahlrechts im Hebammengesetz ergibt sich ein Einsparungspotenzial für Bürgerinnen und Bürger sowie Verwaltung von knapp 16 Millionen Euro im Jahr.
  • Der Gesetzentwurf regelt, dass als Alternative zur schriftlichen Übermittlung auch eine elektronische Übermittlung (z.B. Datenaustausch zwischen Behörden) sowie als Alternative zur Schriftform auch die elektronische Form (z.B. Verzicht auf die Approbation) zulässig ist.
  • Um einen rechtssicheren Informationsaustausch zwischen den Ländern zu gewährleisten, werden Regelungen eingeführt, die den Ländern untereinander die Klärung ermöglichen, bereits bestehende Verfahren auf Erteilung einer Approbation oder einer Erlaubnis zur Berufsausübung zu überprüfen.
  • Die Erlaubnis zur Ausübung des ärztlichen Berufs beziehungsweise der Zahnheilkunde kann in Ausnahmefällen künftig auch unbefristet erteilt werden. Diese Möglichkeit schafft Rechtssicherheit für die betroffenen Personen und die zuständigen Behörden – etwa im Falle einer vorliegenden Erkrankung, die der Approbationserteilung im Wege stehe – und trägt zudem höchstrichterlicher Rechtsprechung Rechnung.
  • Mit dem Gesetzentwurf werden zudem die rechtlichen Voraussetzungen zur Umsetzung des Artikels 4f der Richtlinie 2005/36/EG hinsichtlich der Möglichkeit einer partiellen Berufserlaubnis für den ärztlichen, zahnärztlichen und pharmazeutischen Beruf geschaffen. Dies betrifft Berufsqualifikationen, die in EU/EWR/gleichgestellten Staaten erworben wurden und dem Berufsbild in Deutschland nur partiell entsprechen.
  • Außerdem enthält der Gesetzentwurf weitere Klarstellungen und Erleichterungen des Anästhesietechnische- und Operationstechnische-Assistenten-Gesetzes (ATA-OTA-G) sowie des Hebammengesetzes. So wird unter anderem die Nachweisfrist für Schulen zur staatlichen Anerkennung nach dem ATA-OTA-G um vier Jahre verlängert.

Das Gesetz bedarf der Zustimmung des Bundesrates.

Quelle: Bundesgesundheitsministerium

Abbildung: AdobeStock_113250270-scaled.jpeg

Pflegekompetenzgesetz – Wiedervorlage

Das Pflegekompetenzgesetz (PKG) wurde am 18. Dezember 2024 im Kabinett der Ampelregierung verabschiedet und wird nun in aktualisierter Form erneut auf den Weg gebracht. In der vorangegangenen Legislaturperiode war eine Befassung im Bundestag aufgrund des Bruchs der Koalition nicht erfolgt. Der Gesetzentwurf zielt darauf ab, die Pflegekompetenz zu stärken und umfasst verschiedene Maßnahmen zur Verbesserung der Pflegequalität und der Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte.

eigenverantwortliche Heilkundeausübung

Ein Kernpunkt ist die explizite Anerkennung und Erweiterung der „eigenverantwortlichen Heilkundeausübung“ von Pflegefachpersonen im Rahmen des SGB V und SGB XI. Dies umfasst die Befugnis für Pflegefachpersonen, Präventionsempfehlungen auszusprechen, Pflegehilfs- und Hilfsmittel zu verordnen sowie Folgeverordnungen für die häusliche Krankenpflege (HKP) auszustellen.

Aktualisierungen und Ergänzungen

Der aktuelle Referentenentwurf (25. Juni 2025) ist inhaltlich „nahezu deckungsgleich“ mit dem Kabinettsentwurf aus der vorherigen 20. Legislaturperiode (18. Dezember 2024). Der neue Referentenentwurf enthält aber auch spezifische Aktualisierungen und Ergänzungen. Zu den Änderungen gehören:

  • Die Einführung einer neuen Regelung in § 73a SGB XI, die Maßnahmen zur Sicherstellung der Pflegeversorgung bei absehbaren und bereits eingetretenen Rahmenbedingungen vorschreibt und damit „Corona-Regelungen“ verfestigt.
  • Eine Erhöhung des Betrags für die Nutzung digitaler Pflegeanwendungen (DiPA) von 50 auf 70 Euro, mit einer Differenzierung basierend auf den Kosten der DiPA selbst und der Unterstützung bei deren Anwendung.
  • Die Aufnahme eines neuen § 45h SGB XI bezüglich „Leistungen in gemeinschaftlichen Wohnformen mit Verträgen zur pflegerischen Versorgung“.

Stellungnahme der BAGFW

Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) hat am 14. Juli 2025 eine umfassende Stellungnahme abgegeben, in der sie den aktuellen PKG-Entwurf grundsätzlich als wichtigen Schritt zur Stärkung der Pflegekompetenzen begrüßt. Besonders positiv werden die gesetzliche Verankerung der eigenständigen Heilkundeausübung durch Pflegefachpersonen im SGB XI und SGB V, die Anerkennung der Pflegeprozessverantwortung sowie die Regelungen zu Präventionsempfehlungen und der Verordnung von Hilfsmitteln hervorgehoben. Die BAGFW begrüßt zudem die erhöhte Förderung für digitale Pflegeanwendungen (DiPA) und die Verfestigung von Maßnahmen zur Sicherstellung der Versorgung unter veränderten Rahmenbedingungen (§ 73a SGB XI).

Herausforderungen

Wie die umfassende Stellungnahme der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) jedoch deutlich macht, wird der Erfolg des PKG maßgeblich von der Bewältigung erheblicher praktischer, finanzieller und bürokratischer Herausforderungen abhängen. Während die Kompetenzerweiterung begrüßt wird, unterstreichen Bedenken hinsichtlich angemessener Vergütung, zugänglicher Weiterbildung, beschleunigter Pflegesatzverhandlungen und umfassender Entbürokratisierung die Notwendigkeit eines ganzheitlichen Ansatzes, der sowohl die berufliche Entwicklung der Pflegekräfte als auch die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Pflegeanbieter unterstützt.

Quellen: BMG, Paritätischer Gesamtverband, FOKUS-Sozialrecht

Abbildung: AdobeStock_235656439jpeg

Referentenentwurf zum Pflegekompetenzgesetz veröffentlicht: Leistungsrechtliche Änderungen geplant!

Am 6. September 2024 hat das Bundesministerium für Gesundheit den Referentenentwurf zum Pflegekompetenzgesetz vorgestellt. Neben den Neuerungen zur Stärkung der Kompetenzen von Pflegefachpersonen, insbesondere in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung, enthält der Entwurf auch wesentliche Änderungen zum Leistungsrecht in der sozialen Pflegeversicherung, darunter auch die sog. „stambulante“ Versorgung.

Die „stambulante“ Versorgung nach § 45j SGB XI

Die „stambulante“ Versorgung wird im neuen § 45j SGB XI geregelt und soll die Lücke zwischen den bereits heute in der häuslichen Versorgung bestehenden ambulanten Versorgungsformen und der vollstationären Pflege schließen. Es wird zudem klargestellt, dass die Regelungen für die „stambulante“ Versorgungsform in Einrichtungen und Räumlichkeiten nach § 71 Abs. 4 SGB XI keine Anwendung finden. Dazu gehören u. a. Krankenhäuser sowie Einrichtungen und Räumlichkeiten der Eingliederungshilfe.

Zudem erfordert diese Versorgungsform den Abschluss eines Vertrags zwischen den Pflegekassen und den Pflegediensten, der wesentliche Aspekte wie Pflegemaßnahmen, Betreuungsleistungen und die Qualitätssicherung regelt. Der neue Vertrag soll die Bereitstellung eines Basispakets an Pflege- und Betreuungsleistungen sicherstellen. Darüber hinaus können erweiterte Leistungen durch Angehörige oder ehrenamtliche Helfer erbracht werden. Auch die Vergütung und Abrechnung der Leistungen wird in diesem Vertrag festgelegt.

Damit will der Gesetzgeber ganz klar Einsparungen bei Leistungen der sozialen Pflegeversicherung erreichen.

Ausweitung des Umwandlungsanspruchs

Weitere relevante Neuerungen betreffen die Ausweitung des Umwandlungsanspruchs. Danach können Pflegebedürftige mit mindestens Pflegegrad 2, die häuslich versorgt werden, künftig bis zu 50 Prozent statt der bisherigen 40 Prozent des Leistungsanspruches auf Pflegesachleistungen nach § 36 SGB XI für Leistungen eines nach Landesrecht anerkannten Angebotes zur Unterstützung im Alltag umwandeln. Zusätzlich können diese Klienten künftig bis zu 50 Prozent ihres Leistungsanspruchs auf Tages- oder Nachtpflege für Leistungen eines nach Landesrecht anerkannten Angebotes zur Unterstützung im Alltag umwidmen.

Aber: Der umgewandelte Leistungsanspruch der Tages- oder Nachtpflege darf nur für ein nach Landesrecht anerkanntes Angebot zur Unterstützung im Alltag verwendet werden, in dem eine regelmäßige mehrstündige Betreuung in Gruppen angeboten wird.

Begutachtungsverfahren zur Feststellung von Pflegegraden

Ein weiterer Punkt des Entwurfs betrifft das Begutachtungsverfahren zur Feststellung von Pflegegraden. Zukünftig soll es schwieriger werden, einen höheren Pflegegrad zu erhalten, da das Begutachtungsassessment in eine strengere Richtung evaluiert werden soll.

Fazit

Insgesamt enthält der Referentenentwurf weitreichende Neuerungen, die das Leistungsspektrum und die Struktur der Pflegeversicherung erheblich beeinflussen könnten. Allerdings wird es im weiteren Gesetzgebungsverfahren noch zu Anpassungen kommen, insbesondere in Bezug auf die Praktikabilität der neuen Regelungen.

Quellen: Beraterbrief Pflege 2024/18

Bild: AdobeStock_235656439jpeg

Haftung bei Off-Label Corona-Impfungen

Impfungen, nicht nur gegen Corona, dürfen Ärzte ihren Patienten auch dann verabreichen, wenn sie nicht von der StIKo empfohlen sind, voeausgesetzt,sie sind zugelassen. Allerdings hat das Folgen für die Haftung und Entschädigungen, falls es zu einem Impfschaden kommt. Denn dann können keine Versorgungsansprüche nach dem Infektionsschutzgesetz geltens gemacht werden. Eventuell kann auch der Arzt haftbar gemacht werden.

Änderung der Verordnung

Nun wurde mit Wirkung zum 18.12.2021 die Coronavirus-Impfverordnung dahingehend geändert, dass in § 1 Abs. 2 S. 1 die Wörter „im Rahmen der arzneimittelrechtlichen Zulassung oder im Rahmen nichtkommerzieller klinischer Studien,“ gestrichen und nachfolgenden Sätze ergänzt werden: „Die Verabreichung des Impfstoffes soll grundsätzlich im Rahmen der arzneimittelrechtlichen Zulassung erfolgen. Eine davon abweichende Verabreichung kann erfolgen, wenn sie nach dem Stand der Wissenschaft medizinisch vertretbar ist oder im Rahmen nichtkommerzieller klinischer Studien erfolgt.“

Erklärung der Änderung

Das bedeutet, dass Ärzte und Ärztinnen künftig nicht nur abrechenbar nach der CoronaImpfVerordnung unter 18jährige mit Auffrischungsimpfungen und unter 5jährige Kinder mit Grundimmuninität versorgen können, sondern vor allem. dass der Bund die Haftung für diese Impfungen nach § 60 Abs. 1a übernimmt, da es sich bei der (Änderung der) Corona-Impfverordnung um eine VO iSv. § 20 i Abs. 3 S. 2 Nummer 1a SGB 5 handelt.

So kommentierte Rechtsanwältin Nina Diercks aus Hamburg auf Twitter die aktuelle Änderung der Impfverordnung.

BMG rudert zurück?

Allerdings zeigte sich das Bundesgesundheitsministerium auf einmal über seine eigene Verordnung erschrocken und twitterte schnell:

„Hallo @RAinDiercks, Off-Label-Kinderimpfungen (Boosterimpfungen von Kinder und Jugendlichen, Impfungen unter 5 Jahren) sind NICHT umfasst. Diese werden aktuell weder von STIKO noch von PEI empfohlen. Hier übernimmt die Ärztin bzw. der Arzt die volle Verantwortung.“

Die Antwort der Anwältin war eindeutig: „STIKO und PEI waren und sind juristisch komplett irrelevant. Grundsätzlich. Und erst recht, wenn wie hier die Haftung durch den Bund übernommen wird. Lesen Sie bitte ihre eigenen Gesetze doch einmal durch.“

Eher resigniert dann der Kommentar von RA Diercks: „Es wäre so bezeichnend, wenn das BMG nun eine erneute Änderung veranlasst und die Haftungsübernahme wieder rausnehmen lässt und erklärt, das wäre ein „Fehler“ gewesen. Aber gut. Was hab ich in der Pandemiepolitik eigentlich auch erwartet.“

Wie heißt noch mal der Gesundheitsminister?

Quelle: Bundesanzeiger, @RAinDiercks (Twitter)

Abbildung: pixabay.com: white-male-1743470_1280.jpg