Unabhängige Patientenberatung

Die zur Stiftung umgebaute UPD hat nach einer monatelangen Unterbrechung Anfang Mai 2024 wieder ihre Beratungstätigkeit aufgenommen, bisher allerdings ausschließlich telefonisch. Das Angebot soll im Laufe des Jahres u.a. um Regionalstandorte erweitert werden.

Die Stiftung Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) ist eine gemeinnützige Organisation, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Ratsuchende umfassend über gesundheitliche und gesundheitsrechtliche Fragen zu informieren und zu beraten.

Die Beratungsthemen sind unter anderem:

  • Arzneimittel und pharmazeutische Beratung
  • Befunderläuterung
  • Behandlungsfehler
  • Kranken- und Pflegeversicherungsfragen
  • Gesundheitsinformationen und geeignete Anlaufstellen im Gesundheitswesen
  • Patientenrechte
  • Psychotherapie und psychosoziale Unterstützung

Schwerpunkt der Beratung ist das Vermitteln von Verständnis der gesundheitlichen und gesundheitsrechtlichen Sachverhalte, sowie das Erkennen von Handlungsoptionen.
Nicht zu Beratung gehören dagegen

  • Erstellen von Diagnosen
  • Vermittlung von Arztterminen,
  • Empfehlungen für Arztpraxen oder Krankenhäuser,
  • Prüfen von Arztrechnungen oder
  • rechtliche Vertretung

Kostenfrei und vertraulich

Die Beratung ist für alle zugänglich, unabhängig vom Versicherungsstatus, ob gesetzlich, privat oder nicht versichert. Das Beratungsangebot der UPD ist kostenfrei und streng vertraulich. Die Finanzierung erfolgt durch öffentliche Fördermittel.

Im Beratungsteam arbeiten ausschließlich professionelle Patientenberater*innen. Dabei handelt es sich um Jurist*innen, Sozialversicherungsfachangestellte sowie medizinische und psychosoziale Fachkräfte. Um die Qualität und Aktualität der Beratung zu sichern, soll sich das Team regelmäßig über den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse und der rechtlichen Rahmenbedingungen informieren. Die UPD verpflichtet sich zur Unabhängigkeit und Neutralität. Die Beratungsinhalte werden nicht von Pharma-Unternehmen, Versicherungen, Krankenhäusern oder Behörden beeinflusst.

Rechtliche Grundlage

Rechtliche Grundlage dafür ist § 65b SGB V. Die Vorschrift verpflichtet den Spitzenverband Bund der Krankenkassen dazu, die Arbeit der Stiftung zu finanzieren. Auch die private Krankenversicherung kann sich, entsprechend ihrem Anteil an den Versicherten, beteiligen. Beide Geldgeber dürfen auf die Tätigkeit der Stiftung keinen Einfluss nehmen.

Aufbauphase

Die Stiftung UPD befindet sich noch in der Aufbauphase. Das Beratungsangebot soll schrittweise erweitert werde, um eine umfassende und barrierefreie Beratung sicherzustellen. Dazu sollen regionale Beratungsstellen aufgebaut werden. Auch neue Wege der Beratung (z. B. Online-Chat, Videocall, mobile Beratung) sollen geprüft und gegebenenfalls in das Regelangebot integriert werden.

Empfehlung für Gesundheitsinformationen

Für gezielte fundierte und wissenschaftlich geprüfte Gesundheitsinformationen empfiehlt die UPD die Website gesundheitsinformation.de, die vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) betrieben wird. Hier gibt es zuverlässige und verständliche Informationen, die helfen, gesundheitsbezogene Entscheidungen zu treffen.

Quellen: Stiftung Unabhängige Patientenberatung, Paritätischer Gesamtverband, FOKUS-Sozialrecht

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Kindergrundsicherung – der Check

Mit der Einführung der Kindergrundsicherung werden auch neue Begriffe eingeführt. Über die verschiedenen Formen von „Gemeinschaften“ berichteten wir Anfang Oktober 23. Das neue Gesetz (BKG) wird am 1. Januar 2025 das seit 1. Juli 1964 geltende Bundeskindergeldgesetz (BKGG) ablösen. Die bei der Bundesanstalt für Arbeit angesiedelte „Familienkasse“, zuständig für die Auszahlung des Kindergelds, wird in „Familienservice“ umbenannt. Das Familienministerium begründet die Umbenennung damit, dass zukünftig die Beratung und Unterstützung von Kindern und Familien stärker in den Vordergrund treten soll. So wird – nach Einwilligung der Eltern – mit dem „Kindergrundsicherungs-Check“ automatisch geprüft, ob einem Kind der Kinderzusatzbetrag möglicherweise zusteht. In diesem Fall wird die Familie proaktiv durch den Familienservice informiert und auf die Möglichkeit der Antragstellung hingewiesen.

Kindergrundsicherungs-Check

Jedem Kind, beziehungsweise seinen Eltern steht der Kindergarantiebetrag zu in Höhe des bisherigen Kindergeldes. Darüber hinaus haben bedürftigere Kinder Anspruch auf einen Kinderzusatzbetrag.

Antrag erforderlich

Für den Kindergarantiebetrag und den Kinderzusatzbetrag müssen jeweils Anträge gestellt werden, da beide Leistungen das Existenzminimum des Kindes sichern sollen. Damit die Höhe der Leistung im Einzelfall und bedarfsgerecht berechnet werden kann, ist die Abfrage von Informationen nötig, die bei Behörden nicht erfasst sind und daher nicht automatisch verarbeitet werden können. Das sind insbesondere die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Kindesunterhaltszahlungen. Diese sind in der Regel nur den Familien bekannt, da beispielsweise Mietverträge und Kontoauszüge der Verwaltung nicht vorliegen.

Automatisierte Verfahren

Beim Antrag auf Kinderzusatzbetrag und im Kindergrundsicherungs-Check kommen jedoch automatisierte Verfahren zum Einsatz, die den Weg zur Leistung erleichtern.

Mit dem „Kindergrundsicherungs-Check“ prüft der Familienservice, ob Familien Anspruch auf den Kinderzusatzbetrag haben könnten. Ist das der Fall, informiert der Familienservice proaktiv die Eltern und bietet an, sie zu beraten. Der Familienservice kann dafür eine Vorprüfung der Einkommenssituation und Bedarfe der Familiengemeinschaft vornehmen anhand der Daten, die digital vorliegen. Voraussetzung ist, dass die Familien dies ausdrücklich wünschen. Dieses Angebot sollen alle künftigen Kindergarantiebetragbeziehenden erhalten. Neuen Eltern wird der Check zudem im Antrag auf den Kindergarantiebetrag angeboten.

Beratungsangebot

Bei dem Check handelt es sich um ein Beratungsangebot. Er kann nicht die detaillierte Prüfung ersetzen, die bei einem Antrag notwendig ist. Der Check soll schnell und für die Bürgerinnen und Bürger einfach sein. Er wird deshalb aber nicht hundertprozentig genau sein können. Dies liegt unter anderem an folgenden Umständen:

  • Die für eine konkrete Berechnung erforderlichen Daten liegen nur teilweise digital vor. Es können aber nur solche Daten genutzt werden, die digital und abrufbar vorliegen.
  • Manche Einkommensdaten liegen zwar digital und in abrufbarer Form vor, sind aber nicht aktuell.
  • Dem Ergebnis des Checks liegt zudem stets die Annahme zugrunde, dass die Einkommens- und Bedarfsentwicklung bis zur Antragstellung unverändert bleibt. Für die konkrete Berechnung im Antragsverfahren müssen aber die aktuellen Daten aus dem gesetzlich festgelegten Bemessungszeitraum zugrunde gelegt werden. Daher können die bereits abgerufenen Daten aus dem Check nicht in den Antrag überführt werden.
  • Untypische Ereignisse bei der Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben der Familiengemeinschaft können sich erheblich auf den Antrag auswirken, jedoch im Kindergrundsicherungs-Check nicht antizipiert werden.

Zum Antrag bewegen

Mithilfe von statistischen Annahmen soll der Check eine Aussage darüber treffen, ob ein Anspruch auf den Kinderzusatzbetrag bestehen könnte oder nicht. So sollen Bürgerinnen und Bürger, bei denen ein Anspruch auf den Kinderzusatzbetrag mit hoher Wahrscheinlichkeit vorliegt, dazu bewegt werden, den Antrag zu stellen. Der genaue Anspruch kann dann nur im Antragsverfahren ermittelt werden.

Quelle: BMFSFJ

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Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung

Mit dem Bundesteilhabegesetz wurde zum 01.01.2018 die ergänzende unabhängige Teilhabeberatung (EUTB) eingeführt. Diese ist unabhängig von Leistungserbringern oder Leistungsträgern und nur dem Ratsuchenden verpflichtet. Als niederschwelliges Beratungsangebot soll sie wohnortnah sein, zeitnah agieren und mit dem Betroffenen auf „Augenhöhe“ sprechen. Um die Unabhängigkeit zu gewährleisten, sollen die Beratungsstellen aus Fördermitteln des BMAS finanziert werden. Bei der Förderung besonders berücksichtigt werden sollen Beratungsangebote von Betroffenen für Betroffene (Peer-to-Peer-Counseling).

Ziele

Ziel der EUTB soll sein, „die Position von Menschen mit (drohenden) Behinderungen gegenüber den Leistungsträgern und Leistungserbringern im sozialrechtlichen Dreieck durch ein ergänzendes, allein dem Ratsuchenden gegenüber verpflichtetes Beratungsangebot zu stärken und insbesondere im Vorfeld der Beantragung konkreter Leistungen die notwendige Orientierungs-, Planungs- und Entscheidungshilfe zu geben. Das Angebot soll ganzheitlich die individuelle Persönlichkeit und Situation der Ratsuchenden aufgreifen und deren gesamtes soziales Umfeld mit dem Ziel einbeziehen, die Eigenverantwortung und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen zu stärken. Ratsuchenden soll dafür ein unabhängiges, d. h. insbesondere von ökonomischen Interessen und der Kostenverantwortung der Leistungsträger und Leistungserbringer weitgehend freies Beratungsangebot zur Verfügung stehen“ (so die Förderrichtlinie zur Durchführung der „Ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung“ für Menschen mit Behinderungen vom 17.05.2017).

wissenschaftliche Begleitung

Mit der Einführung der EUTB begann auch die wissenschaftliche Begleitung. Der Evaluationsbericht wurde im April von der Prognos AG und von infas GmbH, die die Untersuchung im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales durchführten, vorgestellt.

Mit der EUTB wurden rund 500 Angebote in ganz Deutschland geschaffen, in denen Menschen mit Behinderungen und ihre Angehörigen über Fragen der Rehabilitation und Teilhabe informiert und beraten werden. Das deutschlandweite Beratungsaufkommen liegt seit 2020 bei durchschnittlich rund 15.000 Beratungen im Monat.

Ratsuchende sind zufrieden

Die wissenschaftliche Begleitung der EUTB adressiert grundsätzliche Fragen zu den Umsetzungs- und Wirkungsbedingungen der EUTB. Ihre Ergebnisse zeigen, dass es der EUTB auftragsgemäß gelungen ist, ein breit akzeptiertes Informations- und Beratungsangebot zu entwickeln, das die vorhandene Beratungsinfrastruktur im Bereich Rehabilitation und Teilhabe ergänzt. Im Zuge ihrer Etablierung konnte für die EUTB – in der Regie der Fachstelle Teilhabeberatung – ein umfassendes System der Qualifizierung und Qualitätssicherung entwickelt werden, so dass zum Ende der Förderphase einheitliche Qualitätsstandards für die Beratung vorliegen und weiterentwickelt werden können. Die Zufriedenheit der Ratsuchenden mit der Beratung durch die EUTB ist hoch. Die Klärung ihrer Anliegen und die Erreichung der wichtigsten Ziele gelingt nach ihrer Selbsteinschätzung häufig. Damit kann die EUTB nachweislich zur Stärkung der Selbstbestimmung und gesellschaftlichen Teilhabe der Ratsuchenden beitragen. Die Beratung von Betroffenen für Betroffen als „Peer-Beratung“ trägt zu einer wesentlichen Unterstützung des Angebots bei.

Weiterentwicklung

Zentrale Handlungsfelder für die Weiterentwicklung der EUTB betreffen ihre Vernetzung (intern und extern), die Klärung der fallbegleitenden und rechtlichen Beratungsaufgaben der EUTB, die Weiterentwicklung des Schulungsangebotes der Beraterinnen und Berater, eine stärkere Einbindung der Träger von EUTB- Angeboten, die Erreichung bisher unterrepräsentierter Teilgruppen und die Vertiefung (Qualifizierung) und Ausweitung der beschriebenen Peer-Beratung.

Dauerhafte Förderung seit 2023

Mit dem Angehörigen-Entlastungsgesetz (seit 2020) wurde die rechtliche Grundlage für die Entfristung der ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB) geschaffen. Sie wird seit dem Jahr 2023 dauerhaft finanziert. Ausführungsvorschriften zur Förderung bzw. Finanzierung sind in der Verordnung zur Weiterführung der Ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung (Teilhabeberatungsverordnung – EUTBV) zu finden. Sie trat am 01.01.2022 in Kraft und regelt u. a. die künftige Finanzierung und die Verteilungsschlüssel für die einzelnen Bundesländer nach Vollzeitäquivalenz (vgl. Tabelle in § 3 EUTBV) Gefördert werden Personal- und Sachausgaben. Die Fördersumme ist jährlich auf 95.000 Euro pro Vollzeitäquivalenz begrenzt. Die Finanzierung erfolgt jeweils für die Dauer von sieben Jahren. Der erste Bewilligungszeitraum läuft vom 01.01.2023 bis zum 31.12.2029.

Quellen: SOLEX, BMAS, FOKUS-Sozialrecht

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Unabhängige Patientenberatung soll unabhängig werden

Seit mehr als 20 Jahren gibt es die UPD (Unabhängige Patientenberatung), zunächst als Modellvorhaben, später als gemeinnützige GmbH. Seit 1. Januar 2016 übernimmt der Gesundheitsdienstleister Sanvartis die Beratung von Kassen- und Privatpatienten. 2018 wurde Sanvartis incl. UPD von der Sanvartis Careforce Holding GmbH übernommen.

Unabhängig?

Danach wurde der Vorwurf laut, dass sich private Investoren an Fördergeldern für die Patientenberatung bereicherten, die Gemeinnützigkeit der UPD stehe infrage. Careforce rekrutiere und qualifiziere vornehmlich Pharmareferenten.

Unbekannt!

Nicht nur die Nähe zur Pharmaindustrie wurde zum Problem. Auch der mangelnde Bekanntheitsgrad wurde kritisiert. So vermerkte Stiftung Warentest 2020, die UPD sei vielen unbekannt.  So wurden 2018 nur 128 600 Anfragen an die UPD gerichtet – da sollten es nach eigenen Ziel­stel­lungen schon wenigs­tens 222 500 Beratungen sein. Außerdem kritisierten sie, dass der Beratungserfolg reine Glücksache sei. Die Qualität der Antworten hinge vom jeweiligen Mitarbeiter ab.

Eine Stiftung soll es richten

Die Ampel-Koalition hat nun am 16. März 2023 den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neustrukturierung der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (20/5334) in einer vom Gesundheitsausschuss geänderten Fassung (20/6014) gebilligt.

Die UPD soll künftig in einer Stiftung bürgerlichen Rechts verstetigt werden. Das Ziel sei, die UPD in eine dauerhafte, staatsferne und unabhängige Struktur unter Beteiligung der maßgeblichen Patientenorganisationen zu überführen, heißt es in dem Gesetzentwurf der Bundesregierung. Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und die privaten Krankenversicherungsunternehmen (PKV) sollen der Stiftung mit Jahresbeginn 2024 einen Gesamtbetrag von jährlich 15 Millionen Euro zuweisen. Der Anteil der PKV soll bei sieben Prozent liegen.

Der Stiftungsrat soll 15 Personen umfassen, darunter sieben Vertreter von Patientenorganisationen. Die GKV soll zwei Vertreter stellen. Der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange der Patienten soll dem Stiftungsrat vorstehen. Die UPD berät Bürger in rechtlichen, medizinischen und psychosozialen Gesundheitsfragen.

Mehr Beratungsangebote gefordert

Der Bundesrat hatte einige Präzisierungen am Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umstrukturierung der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland gefordert. Das geht aus einer Unterrichtung (20/5662) der Bundesregierung hervor.

Der Bundesrat legt unter anderem Wert darauf, dass die regionalen „physischen“ Informations- und Beratungsangebote in jedem Land vorgehalten werden. Diese Angebote könnten von Betroffenen in Anspruch genommen werden, die keine Möglichkeiten hätten, digitale und telefonische Informations- und Beratungsangebote zu nutzen. Die Bundesregierung stimmte diesem Ergänzungsvorschlag im Gesetzentwurf zu. 

„Modell 2024“

Zur Zeit gibt es zwar in einigen Städten Beratungsstellen, die Mehrheit der Ratsuchenden muss sich aber mit telefonischer oder Online-Beratung zufrieden geben. Auf der ihrer Homepage informiert die UPB ausführlich über Standorte und Beratungsangebote und Beratungsthemen. Auch ein Papier, dass die Weiterentwicklung der UPB skizziert, ist unter dem Titel „Modell 2024“ verfügbar. Darin wird beschrieben, wie die Beratungsintensität erweitert werden soll, neue Beratungswege und -formate etabliert werden können und wie die Qualität der Beratung sichergestellt werden kann.

Quellen: Bundestag, UPB, wikipedia, Stiftung Warentest

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Ombudstellen

Das Wort Ombud ist abgeleitet von dem altnordischen Begriff für ‚Auftrag‘ oder ‚Vollmacht‘. Ein Ombudsmann bzw. Ombudsfrau oder Ombudsperson erfüllt die Aufgabe einer unparteiischen Schiedsperson. In Deutschland gibt es mit den ‚Beauftragten‘ (Wehrbeauftragter, Gleichstellungsbeauftragter, Behindertenbeauftragter) schon mehrere bei der Bundes-, oder Landesregierung oder kommunalen Verwaltungen angesiedelte Stellen, deren Aufgabe als Vermittler zwischen Bürger*innen und Staat den Ombudspersonen ähnelt.

Ombudsstellen in der Kinder- und Jugendhilfe

§ 9a SGB VIII

Mit dem Inkrafttreten des Kinderjugendstärkungsgesetz (KJSG) am 10. Juni 2021 ist erstmals die verbindliche Einrichtung von unabhängigen, fachlich nicht weisungsgebundenen Ombudsstellen durch die Länder gesetzlich geregelt.

Zu finden sind die Ombudsstellen über das „Bundesnetzwerk Ombudschaft Kinder- und Jugendhilfe“. Dort findet man die Ombudsstellen der Budesländer.

Entwicklung

Initiativen zur ombudschaftlichen Beratung und Unterstützung, die seit einigen Jahren die herkömmlichen Beratungs- und Unterstützungsangebote der Kinder- und Jugendhilfe ergänzen, sind aus dem wachsenden Bewusstsein entstanden, dass die Kinder- und Jugendhilfe in besonderer Weise von einer strukturellen Machtasymmetrie zwischen professionellen Helfern und Hilfe- bzw. Leistungsempfängern geprägt ist.

Die erste Ombudsstelle, Berliner Rechtshilfefonds Jugendhilfe e.V., wurde 2002 gegründet; in den folgenden Jahren entstanden weitere Ombudsstellen und Initiativen mit dem Ziel Betroffene in der Sicherstellung ihrer Rechte zu unterstützen. Anlass für diese Entwicklung, insbesondere in Berlin, waren die drastischen Kürzungen öffentlicher Ausgaben in der Kinder- und Jugendhilfe, die dazu führten, dass es Personensorgeberechtigten (Anspruchsberechtigte bei Hilfen zur Erziehung) und jungen Volljährigen sehr schwer gemacht oder gar verwehrt wurde, ihren Anspruch auf Leistungen nach dem SGB VIII zu realisieren.

Schwerpunkte

In der Arbeit der Beschwerde- und Ombudsstellen in der Jugendhilfe sind heute zwei Schwerpunkte zu beobachten:

  1. die Unterstützung der Ratsuchenden zur Sicherstellung ihrer Rechte bei der Leistungsgewährung durch ein Jugendamt und
  2. die Unterstützung während der Leistungserbringung durch einen Träger der freien Jugendhilfe.

Die Ombudsstellen dienen als Anlaufstellen für junge Menschen und ihre Familien zur Vermittlung und Klärung von Konflikten im Kontext sämtlicher Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe. Zum Aufgabenprofil der Ombudsstellen gehört die Beratung junger Menschen und ihrer Familien im Kontext der Vermittlung und Klärung von Konflikten zwischen Leistungsträgern und Leistungsempfängern, nicht jedoch die allgemeine Beratung.

Vorgaben

Die Länder sind verpflichtet – vorbehaltlich Artikel 84 Absatz 1 Satz 2 Grundgesetz (Bundesaufsicht bei landeseigener Verwaltung) – zur Sicherstellung einer bedarfsgerechten Infrastruktur Ombudsstellen einzurichten. Dabei ist zu gewährleisten, dass im Hinblick auf den Gesamtbestand und die jeweilige Ausstattung ausreichend Ombudsstellen zur Verfügung stehen, um den Bedarf junger Menschen und ihrer Familien nach ombudsschaftlicher Beratung und Unterstützung zu befriedigen.

Unabgängig – nicht weisungsgebunden

Ombudsstellen müssen unabhängig arbeiten und dürfen fachlich nicht weisungsgebunden sein, damit die mit der verbindlichen Einrichtung von Ombudsstellen intendierte Stärkung unterstützender Strukturen zur Sicherung der Rechte von Kindern und Jugendlichen und ihren Familien realisiert werden kann. Nur dann ist ein niedrigschwelliger Zugang für die betroffenen Eltern, Kinder und Jugendlichen sichergestellt und kann eine für die Beratung, Unterstützung und Aufarbeitung häufig sehr komplexer Fallkonstellationen notwendige Vertrauensbasis und Akzeptanz entstehen.

Verpflichtung der Länder

Die Verpflichtung zur Errichtung einer zentralen Ombudsstelle wird in § 9a Satz 4 SGB VIII bei den Ländern geregelt, die nun gefordert sind, bedarfsgerecht regionale Ombudsstellen einzurichten. Gleichzeitig ermöglicht der Landesvorbehalt, dass schon bestehende „ombudschaftliche“ Strukturen erhalten bzw. weiterentwickelt werden können. Für den Aufbau der Ombudsstellen wird ein Erfüllungsaufwand von 108 Tsd. Euro veranschlagt, für den Unterhalt der Ombudsstellen auf regionaler Ebene wird ein jährlicher Aufwand von 26 Mio. Euro geschätzt (Drs. 19/26107, S. 61).

Quellen: Bundestag, SOLEX, Walhalla Fachredaktion Kinder- und Jugendstärkungsgesetz: Weiterentwicklung des SGB VIII

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Pflegegeld rückwirkend

„Versicherte erhalten die Leistungen der Pflegeversicherung auf Antrag. Die Leistungen werden ab Antragstellung gewährt, frühestens jedoch von dem Zeitpunkt an, in dem die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen. Wird der Antrag nicht in dem Kalendermonat, in dem die Pflegebedürftigkeit eingetreten ist, sondern später gestellt, werden die Leistungen vom Beginn des Monats der Antragstellung an gewährt.“ So steht es im Gesetz (§ 31 SGB XI). Das bedeutet in der Praxis, dass die rückwirkende Zahlung von Pflegegeld ausgeschlossen ist.

Mangelhafte Beratung

Das Bundessozialgericht (Az: B 3 P 5/19 R) hat nun entschieden, dass die Pflegekasse unter bestimmten Umständen für einen weitaus längeren rückwirkenden Zeitraum zahlen muss. Vorraussetzung ist,

  • dass die Pflegebedürftigkeit schon länger besteht und
  • dass die Beantragung der Leistungen wegen einer mangelhaften Beratung nicht zustande gekommen ist.

Im vorliegenden Fall entschied das BSG, dass die Eltern des Klägers im Krankenhaus unzureichend über mögliche Leistungen der Pflegeversicherung im Anschluss an die Tumorbehandlung ihres Sohnes beraten worden sind und die verspätete Antragstellung deshalb nicht seinem Begehren entgegensteht, Pflegegeld seit Eintritt der Pflegebedürftigkeit zu erhalten.

Beratung über mögliche Ansprüche erforderlich

Eine verspätete Antragstellung sei nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs aber dann unschädlich, wenn Versicherte von der Pflegekasse nicht ausreichend über mögliche Leistungen im Pflegefall beraten worden seien und deshalb eine rechtzeitige Beantragung von Pflegeleistungen unterlassen hätten. Das gelte vergleichbar, wenn in einem Krankenhaus über mögliche Ansprüche auf Pflegeleistungen im Anschluss an eine stationäre Versorgung unzureichend beraten worden sei, obwohl dazu objektiv Anlass bestanden habe. Das berühre nicht nur für die Pflegeversicherung grundsätzlich unbeachtliche Pflichten im Verhältnis zwischen Krankenhaus und Patient. Vielmehr hätten die Krankenhäuser insoweit (auch) sozialrechtliche Informations- und Beratungspflichten, deren Verletzung sich die Pflegekassen wie eigene Beratungsfehler zurechnen lassen müsse.

Teil des Entlassmanagements

Krankenversicherungsrechtliche Grundlage dessen sind die 2007 und 2012 eingeführten und seither sukzessive näher ausgeformten Vorschriften über das Versorgungs- und Entlassmanagement im Krankenhaus. Hiernach haben Versicherte Anspruch allgemein auf ein Versorgungsmanagement und umfasst die Krankenhausbehandlung im Besonderen ein Entlassmanagement zur Lösung von Problemen beim Übergang in die verschiedenen Versorgungsbereiche bzw. nach der Krankenhausbehandlung. Als Nebenleistung zur eigentlichen Behandlung können die Versicherten danach als Leistung der Krankenversicherung grundsätzlich alle Maßnahmen beanspruchen, die sicherstellen sollen, dass die Versorgung, auf die sie Anspruch haben, auch tatsächlich erreicht und wirksam wird. Zu erfüllen sind diese Ansprüche von den Krankenkassen mittels der beteiligten Leistungserbringer, die für eine sachgerechte Anschlussversorgung sorgen und von den Krankenkassen zu unterstützen sind.

Beratung auch über mögliche Folgen

Die Beratungsleistungen eines Krankenhauses nach dem Versorgungs- und Entlassmanagement, so das BSG-Urteil, habe sich auf alle Folgen zu erstrecken, die – hier bezogen auf einen etwaigen Pflegebedarf – nach Entlassung des Versicherten bei Behandlungsabschluss als möglich erscheinen könnten. Dazu müsse Pflegebedürftigkeit nicht bereits eingetreten sein oder mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald eintreten. Nach dem Zweck des Versorgungs- und Entlassmanagements müsse die Beratung vielmehr auch solche nicht fernliegende Komplikationen einbeziehen, die mit der jeweiligen Behandlung typischerweise einhergehen könnten und auf die Versicherte und Angehörige deshalb vorbereitet sein sollten. Dazu gehöre hier auch die ‑ aus Sicht des Krankenhauses bei Entlassung des Klägers noch nicht bestehende, aber objektiv nicht untypische ‑ Möglichkeit des Eintritts von Pflegebedürftigkeit, die sich schließlich alsbald nach der Krankenhausentlassung realisiert habe.

Überprüfung lohnt sich

Es lohnt sich also, wenn nach einer Krankenhausbehandlung Pflegebedürftigkeit eintritt, zu überprüfen, ob die dortige Beratung auf Leistungen der Pflegeversicherung hingewiesen hat.

Quellen: Bundessozialgericht, Carmen P. Baake: Beraterbrief Pflege Ausgabe Juli 2021/13

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